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Grundkurs Strafrecht II Prof. Dr. Luís Greco Teil 7: Diebstahl und Unterschlagung

Teil 7: Diebstahl und Unterschlagung

Grundkurs Strafrecht II Prof. Dr. Luís Greco Teil 7: Diebstahl und Unterschlagung A. Diebstahl

A. Diebstahl (§ 242 StGB) (1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

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I. Allgemeine Bemerkungen Diebstahl als Eigentumsdelikt. formale Rechtsposition ist das Entscheidende wirtschaftlicher Wert belanglos (s. bereits RGSt 44, 207, 209). Austausch vertretbarer Sachen, Auswahl und Wegnahme einer nur gattungsmäßig bestimmten

Sache, Wegnahme einer Sache unter Hinterlassung des Geldwertes, eigenmächtiges Geldwechseln: Diebstahl (+).

Wertlosigkeit höchstens Indiz für ein Einverständnis bzw. eine Einwilligung des Eigentümers

Rechtsgut: nach h.M. Eigentum und Gewahrsam. A.A.: nur Eigentum. Frage relevant für die Bestimmung des Strafantragsberechtigten, § 248a StGB.

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II. Tatobjekt: fremde bewegliche Sache 1. Sache = körperlicher Gegenstand. Körperlichkeit gleichgültig welcher Aggregatzustand. etwa Wasser (RGSt 14, 121), Dampf (RGSt 44, 335) fehlt bei: Rechten (etwa Forderungen, Urheberrechte); Energie (s.a. § 248c StGB), Kräften, Strahlen, Wellen, Daten i.S.v. § 202a II

StGB (BayOblG NJW 1992, 1777; and. bei Datenträgern).

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1. Sache = körperlicher Gegenstand Körperlichkeit … Tiere: i.Erg. auch Sachen i.S.v. § 242 (und auch insb. v. §§ 246, 303) StGB. S. § 90a BGB: „Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist“.

zwei denkbare Begründungen: keine verbotene, sondern eine vom Gesetzgeber angeordnete Analogie bzw. Gesetzesverweisung. eigenständiger strafrechtlicher Sachbegriff.

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1. Sache = körperlicher Gegenstand Körperlichkeit … menschlicher Körper, Körperteile, Prothesen und Implantate Körper eines lebenden Menschen ist keine Sache; Leiche ist eine Sache (h.M.; and. eine Mm.). Körperteile: Sachen erst bei Abtrennung. Prothesen, Implantate: soweit sie abnehmbar und leicht ersetzbar sind, bleiben Sachen. Einzelheiten str., s. etwa Schmitz, MK-StGB 2. Aufl. 2012 § 242 Rn. 29 m.w.N.

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II. Tatobjekt: fremde bewegliche Sache … 2. beweglich ist eine Sache, die man tatsächlich fortbewegen kann. zivilrechtliche Einordnung unerheblich. beweglich sind auch Gegenstände, die erst beweglich gemacht werden.

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II. Tatobjekt: fremde bewegliche Sache … 3. Fremd ist die Sache, die einem anderem gehört, genauer: verkehrsfähige und nicht herrenlose Sache, die zumindest auch im

Eigentum eines anderen steht, selbst als Mit- oder Gesamteigentümer. hier gelten die zivilrechtlichen Regeln der Eigentumszuordnung. Ausnahme: zivilrechtliche Rückwirkungsfiktionen, etwa bei Anfechtung (§ 142

BGB) oder Genehmigung (§ 184 BGB).

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3. Fremd … Nicht fremd sind: herrenlose Sachen, wie wilde Tiere (RGSt 60, 273) oder derelinquierte Sachen

entsorgte Sachen sind regelmäßig im Eigentum des Müllentsorgers.

Sachen eines Toten sind kraft Universalsukzession im Eigentum der Erben (§ 1922 BGB).

ferner verkehrsunfähige Sachen, wie freie Luft oder Gewässer.

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3. Fremd … Kompliziertere Fälle illegal erworbene Betäubungsmittel: BGH bejaht die Fremdheit (BGH NJW 2006, 72). § 134 BGB verhindert die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung; Eigentum liegt aber beim Produzenten, § 950 BGB. Ein-Mann-GmbH: Sachen sind auch für den alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter fremd. in der Regel liegt aber ein konkludentes Einverständnis vor, so dass es an der Wegnahme fehlt.

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3. Fremd … Kompliziertere Fälle … Leiche: idR herrenlos (s. RGSt 64, 313; OLG Bamberg NJW 2008, 1543, 1547) Möglichkeit der Störung der Totenruhe [§ 168 StGB] nicht übersehen – auch bei Wegnahme von Leichenteilen, Schrittmachern, Goldzähnen!).

Prothesen, Implantate: sollen grds. auch nach dem Tod herrenlos bleiben. s.a. OLG Bamberg NJW 2008, 1543.

Wechselgeldfalle, s.u. Selbstbedienungstanken ohne Zahlungsabsicht, s.u. unbefugtes Abheben von Bargeld am Bankautomaten, s.u.

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III. Tathandlung: Wegnahme 1. Allgemeines Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams und Begründung (nicht notwendig eigenen) Gewahrsams. Gewahrsam = tatsächliches Herrschaftsverhältnis über eine Sache, das von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird und dessen Grenzen nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen sind (ähnl. etwa BGHSt 8, 273, 274 f.).

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III. Tathandlung: Wegnahme 1. Allgemeines Gewahrsam … a.A. sozial-normativer Gewahrsamsbegriff: sozial-normative Zuordnung einer Sache zur Herrschaftssphäre einer Person (etwa Wessels/Hillenkamp BT/II Rn. 71). Prüfungsschritte in der Fallbearbeitung: ursprüngliche Gewahrsamsbestimmung; Begründung neuen Gewahrsams; Bruch.

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III. Tathandlung: Wegnahme … 2. Der Gewahrsamsbegriff a) tatsächliche Herrschaft „Wesentlich ist die Sachherrschaft, der unter Ausschluß fremder Einwirkungsmöglichkeiten kein Hindernis entgegenstehen darf“ (BGHSt 8, 273, 275; s. bereits RGSt 60, 271, 272). „Anschauungen des täglichen Lebens“ auch von entscheidender Bedeutung (BGHSt 20, 194, 195 f.). - faktische Herrschaft – auch der Gewahrsam eines Diebes kann gebrochen werden. - Verkehrsauffassung: anschaulich BGH NJW 1985, 1911.

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2. Der Gewahrsamsbegriff a) tatsächliche Herrschaft … sog. Gewahrsamslockerung beendet nicht den Gewahrsam. Haustiere (RGSt 50, 183, 184 f.), Pflug des Bauers, reisender Wohnungsinhaber, auf der Straße geparktes Auto.

verschlossene Behältnisse: schwer bewegliche Sachen sind im Gewahrsam des Schlüsselinhabers, leicht bewegliche Sachen im Gewahrsam des Behältnisverwahrers. etwa einerseits RGSt 45, 249, 252 f.; andererseits RGSt 5, 222, 223; BGHSt 22, 180, 182 f.

Räumlichkeiten, s.u. Gewahrsamsenklave, s.u.

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2. Der Gewahrsamsbegriff a) tatsächliche Herrschaft …

Mit-, Ober- und Untergewahrsam bzw. gestufter Gewahrsam. z.B. zwischen Eheleuten, Geschäftsleitern usw. Bruch des Mitgewahrsams genügt für Wegnahme; Gewahrsamsbruch nur von unten nach oben.

- Dienst-, Auftrags- und Arbeitsverhältnisse: Entscheidend ist, ob dem Diener usw. so viel Unabhängigkeit anerkannt wird, dass er den Alleingewahrsam inne hat (dann kein Gewahrsamsbruch mehr möglich). - Kassierer im Supermarkt: hat schon Alleingewahrsam, wenn er allein eine Kasse zu verwalten und über den Inhalt abzurechnen hat (BGHSt 8, 273, 275; NStZ-RR 2001, 268; bereits RGSt 30, 88, 90). - Filialleiter: i.d.R. Alleingewahrsam. - Lieferant (etwa ein LKW-Fahrer): je nachdem, wie unabhängig der Fahrer ist, ob er mit oder ohne fester Route fährt (im letzten Fall Alleingewahrsam).

etwa RGSt 52, 143; BGHSt 2, 317, 318.

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2. Der Gewahrsamsbegriff …

b) Herrschaftswille rein natürlicher Wille: fehlt nicht bei Geisteskranken (RGSt 2, 332, 334), Kindern oder Schlafenden. allein natürliche Personen können ihn haben. Rspr. ist manchmal ungenau und spricht vom Gewahrsam der juristischen Person, s. etwa OLG Düsseldorf, NJW 1983, 2153

Tote haben keinen Gewahrsamswillen (RGSt 58, 228, 229). irrelevant insb. die Besitzfiktion von § 857 BGB.

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b) Herrschaftswille … beim Inhaber eines räumlich umgrenzten Herrschaftsbereichs reicht ein sog. genereller Gewahrsamswille aus; der Gewahrsamsinhaber muss nicht von der Herrschaft über eine spezifische Sache wissen. Geschäftsräume (RGSt 30, 88, 89, 90; 50, 46, 49; 54, 343, 346), Schublade (RGSt 50, 46, 50), Bahnhof (RGSt 54, 231, 232f.); Münzen, die im Münzfernsprecher eingeschlossen sind (OLG Düsseldorf, NJW 1983, 2153; NJW 1988, 1335)

Verlust der Sache. Sie gehen aber in den Gewahrsam desjenigen, der den generellen Gewahrsamswillen über die Räumlichkeit hat, über, s. bereits RGSt 54, 231. vergessene Sache: sie befinden sich noch im Gewahrsam des Opfers, solange es noch weiß, wo sie sich befindet. Möglichkeit eines Mitgewahrsams des Inhabers des räumlich umgrenzten Herrschaftsbereichs aufgrund eines generellen Gewahrsamswillens.

versteckte Sachen: Begründung neuen Gewahrsams möglich, solange sie nicht verloren gehen, s. RGSt 53, 180.

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3. Begründung neuen Gewahrsams „Für die Frage der Vollendung ist entscheidend, ob der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, daß er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens.“ (BGHSt 23, 254, 255). instruktiv: RGSt 27, 395; LG Zwickau NJW 2006, 166.

Beutesicherung gehört nicht zum Tatbestand, sondern zur Beendigung. wichtig für eine Reihe von Fragen: Gegenwärtigkeit i.S.v. § 32 StGB, sukzessive Mittäterschaft, Beisichführen i.S.v. § 244 I Nr. 1 a StGB.

nicht notwendig eigenen Gewahrsams.

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3. Begründung neuen Gewahrsams … schwer transportierbare Sachen: notwendig ist das Wegtragen. s. BGH NStZ 1981, 435; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2005, 140.

kleine Gegenstände (insb. in Selbtsbedienungsläden) schon dann, wenn sie im Körper des Täters, also in dessen Tabusphäre, versteckt sind (sog. Gewahrsamsenklave).

s. RGSt 52, 75, 76; BGHSt 16, 271. s.a. OLG Köln NJW 1986, 392 (Austrinken); PfzOLG Zweibrücken NStZ 1995, 448; BayObLG NJW 1997, 332. Sicherungsetikett ändert hieran nichts (BayObLG NJW 1995, 3000), str.

Beobachtetsein: hindert nicht die Vollendung („Diebstahl ist kein heimliches Delikt“). Geldscheine, -stücke oder Schmuckstücke: Ergreifen, BGHSt 23, 254, 255; BGH NStZ 2014, 40. auch Mobiltelefon (BGH NStZ 2011, 36).

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4. Bruch fremden Gewahrsams liegt nicht vor beim Einverständnis aller Gewahrsamsinhaber. h.M.: der natürliche Wille genügt (RGSt 2, 332, 334). bedingtes Einverständnis bei Verkaufsautomaten

Opfer ist mit dem Gewahrsamswechsel nur unter der Bedingung einer ordnungsgemäßen Bedienung einverstanden. s. OLG Düsseldorf NJW 2000, 158.

vorgetäuschte Beschlagnahme: Bruch gegeben (BGH NJW 2011, 1979). sog. Diebesfalle: kein Bruch, BayObLG NJW 1979, 729.

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IV. Vorsatz bleibt erhalten, auch wenn der Täter ihn verengt, erweitert oder sonst ändert (RGSt 14, 312, 315; BGH NJW 1952, 1184; BGHSt 22, 350, 351), sog. Vorsatzwechsel.

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V. Absicht rechtswidriger Zueignung 1. Rechtswidrige Zueignung = Anmaßung einer eigentümerähnlichen Verfügungsgewalt durch die Betätigung des Willens, die fremde Sache oder den in ihr verkörperten Sachwert, wenn auch vorübergehend, dem eigenen Vermögen einzuverleiben (=Aneignung) und sich unter Ausschließung des Eigentümers ganz oder teilweise wirtschaftlich an dessen Stelle zu setzen (=Enteignung). Absicht sich oder einem Dritten die Sache (oder den in ihr verkörperten Sachwert) anzueignen und zumindest Inkaufnahme der endgültigen Enteignung. angestrebte Aneignung kann auch nur vorübergehend sein, Enteignung ist auf Dauer angelegt.

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V. Absicht rechtswidriger Zueignung … 2. Gegenstand der Zueignung a) Theorienstreit Substanztheorie: Gegenstand der Zueignung ist die Sache selbst.

v.a. drei Argumente: Schutzgut des Diebstahls ist das Eigentum, und Eigentum hat man auch an Sachen ohne wirtschaftlichen Wert; die Sachwerttheorie funktioniere Aneignungsdelikte in Bereicherungsdelikte um; das Gesetz verlange Zueignung einer Sache, nicht bloß ihres Werts.

Sachwertheorie: Gegenstand der Zueignung ist der in der Sache verkörperte Wert. Vereinigungstheorie (h.M.), etwa RGSt 10, 369, 371; 40, 10, 13.

nur der sog. lucrum ex re, nicht der lucrum ex negotio cum re erfasst. s. BGHSt 19, 287.

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2. Gegenstand der Zueignung … b) Problematische Konstellationen Entwendung eines Sparbuchs: Zueignung des Sachwerts RGSt 10, 369.

Entwendung einer EC-Karte: keine Zueignungsabsicht Rückveräußerung an den Eigentümer: Zueignung des Sachwerts RGSt 40, 12.

„Ausleihen“ eines Buchs: str.

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3. Inkaufnahme der dauernden Enteignung Enteignung = Verdrängung des Eigentümers aus seiner Position. muss auf Dauer angelegt sein, ansonsten sog. furtum usus bzw. Gebrauchsanmaßung. regelmäßig straflos, s. aber §§ 248b, 290 StGB. für diese muss ein unbedingter Wille des Täters bestehen, die Sache „unverbraucht“ (RGSt 44, 335, 336 f.), d.h. ohne wesentliche Wertminderung zurückzugeben. Beispiele: o. 2 b; ferner: Wegnahme eines Kfz: Rückführungswille schließt den Enteignungsvorsatz aus. Enteignungsvorsatz schon gegeben, wenn man vor hat, das Kfz nach der Nutzung irgendwo herrenlos stehen zu lassen. Fahrzeug muss in eine Lage zurückgeführt werden sollen, die es dem berechtigten ohne besondere Mühe ermöglicht, seine ursprüngliche Verfügungsgewalt wieder zu erlangen. s. BGHSt 22, 45; BGH NJW 1987, 266.

Sache (insb. solche bloß saisonalen Gebrauchs) darf nicht so lange ihrem Eigentümer entzogen werden darf, dass der Gebrauchs- oder Verkehrswert der Sache sich vermindert (etwa bei Notwendigkeit einer Ersatzbeschaffung). Leergut: Unterscheidung zw. standardisiertem und herstellerspezifischem Leergut (OLG Hamm NStZ 2008, 154; AG Tiergarten StV 2014, 298).

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4. Absicht, sich oder einem Dritten die Sache anzueignen a) Allgemein Täter muss die Sache selbst oder den in ihr verkörperten Wert „dem eigenen Vermögen einverleiben“ (RG) bzw. „wirtschaftlich nutzen“ wollen bzw. „irgendeinen wirtschaftlichen Vorteil oder Nutzen“ (BGH) erstreben. auch nur vorübergehend. Beispiele: Entwendung von Geld, um Gegenstand sofort zu erwerben (auch vom Opfer); Entwendung einer Sache, die dem Eigentümer zurückverkauft werden soll (RGSt 57, 199); Entwendung des Schlüssels, um aus dem Gefängnis zu entkommen (BGH NStZ 1981, 63 – Enteignungsvorsatz aber problematisch!)

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4. Absicht, sich oder einem Dritten die Sache anzueignen … b) fehlt: bei Wegnahme um die Sache zu zerstören, nicht aber, wenn die Sache durch den Verbrauch zerstört wird (Bsp.: Verzehr von Nahrung). RGSt 64, 250; BGH StV 2011, 412 Rn. 21 ff.

- bei der bloßen Sachentziehung, bei der dem Opfer die Sache entzogen wird, ohne dass sie in das Vermögen des Täters oder eines Dritten einverleibt wird. - wenn die Sache lediglich zu Täuschungs-, Erpressungs- oder Fälschungszwecken eingesetzt werden soll: sog. eigenmächtige Inpfandnahme, s. BGH NStZ-RR 1998, 235. Finderlohn-Fälle, s. RGSt 55, 59, 60.

- wenn aus einem Datenträger Dateien kopiert werden sollen (BayObLG NJW 1992, 1777) - wenn im Speicher eines Mobiltelefons nach Bildern gesucht und diese Bilder weiter verschickt werden sollen (BGH NStZ 2012, 627) - Sachen in Behältnissen (BGH NJW 1990, 2569; NStZ-RR 2000, 343; NStZ-RR 2010, 75): dem Täter geht es häufig nur um den Inhalt, nicht um das Behältnis. Ist das Behältnis also leer oder enthält er nur nutzlose Sachen: Diebstahlsversuch bzgl. des Inhalts, straflose Sachenziehung bezüglich des Behältnisses.

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4. Absicht, sich oder einem Dritten die Sache anzueignen …

c) Drittzueignungsabsicht - erst 1998 eingeführt. - regelmäßig wird bereits eine Selbstzueignung vorliegen.

so insb. bei Schenkungen und Veräußerungen an Dritte. Selbstzueignung, wenn der Täter einen irgendwie messbaren Vorteil erstrebt (etwa RGSt 67, 266 f.; BGHSt 17, 87, 92 f.). noch extensiver insb. Roxin: jede Verfügung zugunsten eines Drittens setze Selbstzueignung voraus (Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Aufl. 2006, S. 341 ff.). Überholt?

- die Drittzueignung erfasst grds. nur solche Fälle, in der sich der Täter für sich selbst gar keinen oder allenfalls einen mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil erstrebt.

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4. Absicht, sich oder einem Dritten die Sache anzueignen …

d) Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung = Täter darf keinen fälligen und einredefreien Anspruch auf die Übereignung der Sache haben. - bei Gattungsschulden muss der Schuldner nur Sachen mittlerer Güte leisten (§ 243 I BGB), s. BGHSt 17, 87, 88 f. („Moos raus!“). - Geldschulden sind nach hM Gattungschulden (RGSt 25, 172, 173 f.; BGHSt 17, 87, 88 f.) nur behandelt die Rspr. Geldschulden auf der subjektiven Ebene als Wertsummenschulden; am Vorsatz bzgl. der Rechtswidrigkeit der angestrebten Zueignung wird es regelmäßig fehlen (RGSt 25, 172, 174; BGHSt 17, 87, 90 f.).

Mm.: Wertsummentheorie, also keine rechtswidrige Zueignung, wenn der Täter einen Anspruch auf die Geldsumme hat (in diesem Sinne etwa Roxin, FS H. Mayer, 1966, S. 477 ff.; OLG Celle NJW 1974, 1833). Vorsatz muss sich auf Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung beziehen: irrige Vorstellung, es bestehe ein Anspruch auf die Sache, ist ein Tatbestandsirrtum.

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VI. Diebstahl in besonders schweren Fällen, § 243 StGB „(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter … (2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.“

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1. Allgemeine Fragen a) Rechtsnatur h.M.: Strafzumessungsvorschriften (so etwa BGHSt 26, 104, 105) daraus folgt: - Analogieverbot gilt nicht. - bloß indizielle Wirkung, setzt eine Gesamtwürdigung von Tat und Täter voraus. „ungeschriebene“ besonders schwere Fälle möglich, s.u.

- Regelbeispiele trotzdem „qualifikationsähnlich“; insb. sollen Regeln zum Vorsatz (§§ 15, 16 StGB analog), zur Beteiligung (§ 25 ff. StGB) und zum Versuch (s.u., str.) analog gelten.

- Klausurhinweise: § 243 StGB ist unter einem weiterem Punkt (etwa: „4. Strafzumessung“) in den Aufbau einer Prüfung von § 242 StGB zu integrieren; kann nicht eigenständig geprüft werden. Formulierung: „Irrtum gem. § 16 StGB analog“ usw.

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1. Allgemeine Fragen a) Rechtsnatur … a.A.: Regelbeispiele als Unrechtsmerkmale bzw. Qualifikationen. Verfassungswidrigkeit der unbenannten besonders schweren Fälle (Art. 103 II GG)?

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b) Versuchsproblem Wann ist der höhere Strafrahmen des § 243 StGB einschlägig? BGH: Regelwirkung tritt schon beim Versuch der Verwirklichung des Regelbeispiels ein. Arg.: Qualifikationsähnlichkeit der Regelbeispiele. s. BGHSt 33, 370, 374. Literaturmeinung 1: Regelwirkung erst, wenn das Regelbeispiel vollständig verwirklicht ist etwa Wessels/Hillenkamp BT/II Rn. 214. Arg.: §§ 22, 23 StGB gelten nicht für Strafzumessungsregeln. Literaturmeinung 2: Regelbeispiele sind Unrechtsmerkmale. Versuchsregeln also direkt anwendbar. Genau genommen drei Konstellation: „Grunddelikt“ vollendet, Regelbeispiel versucht; „Grunddelikt“ versucht, Regelbeispiel versucht (BGHSt 33, 370); „Grunddelikt“ versucht, Regelbeispiel vollendet (so BGH StV 1985, 103); Problematisch sind nur die 2 ersten.

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c) Beginn des Versuchs unmittelbares Ansetzen zu § 242 StGB ist vom Beginn der Verwirklichung eines Regelbeispiels völlig unabhängig.

d) Vorsatzbezug nach § 16 StGB analog. Diebstahlentschluss muss bereits bei Beginn des das Regelbeispiel begründenden Aktes gegeben sein.

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2. Die einzelnen Regelbeispiele a) § 243 I 2 Nr. 1 „1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält“.

3 Elemente: räumliche Befriedung; Begehungsweise; Zweckbezug zum Diebstahl.

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a) § 243 I 2 Nr. 1 aa) Die räumlichen Befriedungen umschlossener Raum = „jedes Raumgebilde, das nicht Gebäude oder Behältnis … ist, das (mindestens auch) dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, und das mit (mindestens teilweise künstlichen) Vorrichtungen umgeben ist, die das Eindringen von Unbefugten abwehren sollen“ (BGHSt GrS 1, 158, 164). Oberbegriff zu den anderen Räumlichkeiten. umschlossen ≠ verschlossen. insb.: muss nicht mit mit der Erdoberfläche verbunden sein (≠ „Gebäude“, s.u.), daher Wohnwagen, Schiff (+). Gebäude = „durch Wände und Dach begrenztes, mit dem Erdboden fest – wenn auch durch eigene Schwere – verbundenes Bauwerk, das den Eintritt von Menschen gestattet und das Unbefugte abhalten soll“ (BGHSt GrS 1, 158, 163). Diensträume, Geschäftsräume = §123 StGB

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a) § 243 I 2 Nr. 1 ... bb) Begehungsweise (1) Allgemein gilt: Täter muss immer von außen in die Räumlichkeit kommen. „… in ein…“ BGHSt GrS 1, 158, 160, 168. Berechtigung, sich in der Räumlichkeit aufzuhalten, schließt § 243 I 2 Nr. 2 StGB nicht aus, BGHSt 22, 127.

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a) § 243 I 2 Nr. 1 ... bb) Begehungsweise … (2) Einbrechen = gewaltsames Eröffnen einer den Zutritt verwehrenden Umschließung, ohne dass diese in ihrer Substanz verletzt zu werden braucht. Betreten des umschlossenen Raums nicht erforderlich, s. etwa BGH StV 1985, 103. Gewalt, also nicht unerheblicher Einsatz von körperlicher Kraft, erforderlich, s. etwa RGSt 13, 200, 206; BGH NStZ 2000, 143 (-). .

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a) § 243 I 2 Nr. 1 ... bb) Begehungsweise … (3) Einsteigen = setzt voraus, dass der Täter in den Raum durch Überwindung von Hindernissen oder Schwierigkeiten auf außergewöhnliche Weise eindringt.

Überwindung von Hindernissen oder Schwierigkeiten: s. etwa BGHSt 10, 132; BGH NStZ 2000, 143 (-).

zentrales Merkmal, das die „besondere Stärke und Zähigkeit des verbrecherischen Willens“ verkörpere (BGHSt 10, 132, 133).

nicht notwendig, dass der ganze Körper des Täters eindringt; Täter muss aber eine Stütze im Inneren finden, BGH NJW 1968, 1887. außergewöhnliche Weise: s. BGH NStZ-RR 2010, 374 (Terrassentür, [-]). aufsteigende Bewegung nicht notwendig.

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a) § 243 I 2 Nr. 1 ... bb) Begehungsweise …

(4) Eindringen mit falschem Schlüssel oder mit anderem nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug Eindringen = § 123 StGB. Schlüssel: auch mechanische oder elektromagnetische Kunststoffschlüssel erfasst (etwa Hotelkarten). Falschheit: maßgeblich ist der Wille des Berechtigten (s. bereits RGSt 4, 414, 415); falsch ist also jeder Schlüssel, den der Berechtigte überhaupt nicht, nicht mehr oder noch nicht zur Öffnung des konkreten Schlosses bestimmt hat. gestohlener Schlüssel: Entwidmung findet erst statt, wenn der Berechtigte den Diebstahl entdeckt (BGHSt 21, 189). gleichgestellte Werkzeuge: müssen auf den Verschluss einwirken, „Schlüsselersatzfunktion“ haben.

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a) § 243 I 2 Nr. 1 ... bb) Begehungsweise … (5) Sichverborgenhalten nicht erfüllt, wenn man ohne seinen Willen eingesperrt wird und sich dann entscheidet, die Gelegenheit auszunutzen.

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a) § 243 I 2 Nr. 1 ...

cc) Zweckbezug zur Wegnahme „zur Ausführung der Tat“ Handlungen müssen vom Diebstahlsentschluss begleitet werden. nicht nötig, dass aus dem Raum gestohlen wird, dessen Sicherung überwunden wird. Problem des Vorsatzwechsels, s.o. und u.

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c) Diebstahl besonders geschützter Gegenstände, § 243 I 2 Nr. 2 „2., eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist“

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c) Diebstahl besonders geschützter Gegenstände, § 243 I 2 Nr. 2 Behältnis = „ein zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden“ (BGHSt 1, 158, 163). Prototyp: Schmuckkasten, Tresor nicht aber Briefumschlag. verschlossen ist ein Behältnis, wenn sein Inhalt mittels einer technischen Schließeinrichtung oder auf andere Weise gegen den unmittelbaren ordnungswidrigen Zugriff von Außen gesichert ist.

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c) Diebstahl besonders geschützter Gegenstände, § 243 I 2 Nr. 2 … Schutzvorrichtung gegen Wegnahme = von Menschenhand geschaffene Vorrichtungen und technische Mittel, die ihrer Art nach geeignet und auch dazu bestimmt sind, die Wegnahme einer Sache erheblich zu erschweren. spezifischer Schutzzweck, „gewahrsamssichernder Zweck“ (OLG Stuttgart NStZ 1985, 76) erforderlich.

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c) Diebstahl besonders geschützter Gegenstände, § 243 I 2 Nr. 2 … Kasuistik: Nr. 2 wurde bejaht: - wenn Behältnis weggetragen wird, BGHSt 24, 248. str.; a.A.: Sicherung muss sich gegen Wegnahme des Inhalts des Behältnisses richten und nicht gegen Fortschaffung des ganzen Behältnisses. - bei einer Benutzung eines Schlüssels durch Unberechtigten (BGH NJW 2010, 3175; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2010, 48); - bei einer Täuschung von Jemandem, der die Sicherung ordnungsgemäß überwinden kann (KG NJW 2012, 1093)

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c) Diebstahl besonders geschützter Gegenstände, § 243 I 2 Nr. 2 … Kasuistik: Nr. 2 wurde abgelehnt: bei einem verschlossenen Briefumschlag (OLG Köln NJW 1961, 2360). bei vielen Verpackungen oder bei Sicherungsetiketten in Kaufhäusern (OLG Stuttgart NStZ 1985, 76). Begr.: Sicherungsetikett verhindere nicht die Gewahrsenklave, sondern wirke nur psychisch, sie erschwere die Entscheidung zur Wegnahme. bei Überlistung eines Automaten, s. OLG Düsseldorf NJW 1999, 3208; NJW 2000, 158. in beiden zuletzt genannten Fällen ist an einen ungeschriebenen besonders schweren Fall zu denken, s.u.

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d) Gewerbsmäßiger Diebstahl (§ 243 I 2 Nr. 3 StGB) „3. gewerbsmäßig stiehlt,“ Gewerbsmäßigkeit = Absicht des Täters, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Absicht, d.h.: ein einziger Diebstahl genügt. besonderes persönliches Merkmal (§ 28 II StGB).

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e) Kirchendiebstahl, § 243 I 2 Nr. 4 StGB „4., aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient.“ gewidmet = unmittelbarer Bezug erforderlich

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f) Diebstahl öffentlicher Sache, § 243 I 2 Nr. 5 StGB „5., eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemeinen zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist.“ v.a. Gegenstände aus Museen.

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g) „Schmarotzerdiebstahl“, § 243 I 2 Nr. 6 StGB „6., stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt.“ Hilflosigkeit hohes Alter: per se noch keine Hilflosigkeit. „gesunder“ Schlaf: ebensowenig, s. BGH NStZ 1990, 388. Unglücksfall = § 323c StGB auch selbstverschuldete Notsituation (wie Selbstmordversuch oder Rausch) erfasst. Ausnutzen auch Diebstahl zum Nachteil einer Person, die nicht selber verunglückt ist, erfasst, s. OLG Hamm NStZ 2008, 218.

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h) Waffen- und Sprengstoffdiebstahl, § 243 I 2 Nr. 7 StGB 7., eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

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3. ungeschriebene besonders schwere Fälle Beispiele aus der Rspr.: OLG Düsseldorf NJW 2000, 158, 159 (Tesa-Film-Fall, [+]) OLG Düsseldorf NJW 1999, 3208 (Benutzung von Joker-Münzen, bes. schw. Fall liege nahe). OLG Stuttgart NStZ 1985, 76 (Zerstörung des Sicherungsetiketts, [+]) OLG Köln, NStZ 1991, 585 (Absicht, Sache zu veräußern, [-])

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4. Ausschluss der Regelwirkung wegen Geringwertigkeit, § 243 II StGB Geringwertigkeit: ca. 50 €, so etwa OLG Hamm NJW 2003, 3145. Sache muss objektiv und subjektiv geringwertig sein. s. BGHSt 26, 104; BGH NStZ 2012, 571. Nach h.M. ist es möglich, dass die Indizwirkung der Regelbeispiele entfällt. Str.; a.A. § 16 II analog StGB. Diebstahl muss sich auf Sachen beziehen, die einen Geldwert haben (BGH NJW 1977, 1460). Vorsatzwechsel (P) h.M.: einheitlicher Diebstahl, s.o.; deshalb Regelwirkung (+). s. BGHSt 26, 104.

Mindermeinung: 2 Diebstähle (ein versuchter [ggf. strafloser, Rücktritt], ein vollendeter).

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VII. Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 StGB)* (1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, 2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder 3. einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. (4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist § 73d anzuwenden.

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1. Einführende Bemerkungen Qualifikationen, keine Regelbeispiele. Geringwertigkeitsprivileg (§ 243 II StGB): nicht anwendbar. Probleme des Vorsatzwechsels: auch möglich.

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2. Diebstahl mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen, § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt…“ aa) Waffe = „gefährliches Werkzeug, das nach seiner Beschaffenheit und nach seinem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen“ (BGHSt 45, 92). - nur Waffen im technischen Sinne; nur geborene Waffen, keine gewillkürten Waffen.

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2. Diebstahl mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen, § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt…“ a) Waffe … Gefährlichkeit bedeutet v.a., dass die Waffe muss gebrauchs- und einsatzbereit sein. ungeladene Pistole: grds. keine Waffe, fehlende objektive Gefährlichkeit (BGHSt 43, 103, 104 ff.). Munition zumindest griffbereit vorliegen, s. etwa BGH NStZ 1985, 547. Scheinwaffen: auch nicht (BGH NJW 1998, 2914; BGHSt 44, 103, 106 f.). Gaspistole, BGHSt 45, 92, 93. Schreckschusspistole: Waffe, s. BGHSt GrS 48, 197, 201 ff. Arg.: sind gleich gefährlich wie Gaspistolen, die ihrerseits Waffen sind (S. 201); sind Waffen iSd WaffG (S. 204).

Messer: teilw. schon Waffen, mind. gefährliche Werkzeuge.

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2. Diebstahl mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen, § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt…“ … b) Gefährliches Werkzeug (P) Problem: Gesetzgeber dachte irrig, gleicher Begriff wie § 224 I Nr. 2 Var. 2 StGB (BT-Drs. 13/9064, S. 18). Folge: Vielzahl von Theorien. (Achtung: Streit ist bei Waffen [s.o. a] irrelevant!)

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b) Gefährliches Werkzeug (P) … objektive Theorien

vor allem Verletzungseignung, BGHSt 52, 257, 269 f. auch Diebstahlswerkzeuge, s. BGH NStZ 2012, 571 (Schraubendreher).

Andere objektive Theorien (s. Nachw. in BGHSt 52, 257, 265 f.): Waffenähnlichkeit, Waffenersatzfunktion, Erlaubnispflichtigkeit des Gegenstands.

subjektive Theorien innerer Verwendungsvorbehalt, so etwa Wessels/Hillenkamp BT/II Rn. 275.

abl. BGHSt 52, 257, 267 f.: Wortlaut, Systematik.

„kasuistische“ Theorien: Ausschluss deliktstypischer Werkzeuge (etwa Schraubendreher, Stemmeisen), sozialadäquater und berufstypischer Werkzeuge (kleines Taschenmesser, Hammer).

hier werden an das entsprechende Bewusstsein bzw. Vorsatz strenge Anforderungen gestellt, s. etwa BGH NStZ-RR 2005, 340.

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2. Diebstahl mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen, § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt…“ … c) Beisichführen = der Täter (bzw. der andere Beteiligte) führt die Waffe oder das gefährliche Werkzeug bei sich, wenn sie ihm „‚zur Verfügung stehen‘, d.h. so in seiner räumlichen Nähe (sind), daß er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann“ (BGHSt 31, 105). - räumliche Nähe: s. BGHSt 31, 105. Nicht erforderlich, dass die Waffe in der Hand oder am Körper gehalten wird, sie muss nur jederzeit verfügbar sein. - Zeitaufwand: BayOblG NJW 1999, 2535

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2. Diebstahl mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen, § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt…“ … c) Beisichführen … - Zeitdimension („bei dem“): Lit. zwischen Versuch und Vollendung, Rspr.: bis zur Beendigung (BGHSt 20, 194, 197) Qualifikation kommt (nach beiden Auffassungen!) auch in Betracht, wenn die Waffe oder das gefährliche Werkzeug das Tatobjekt sind, s. etwa BGH NStZ 1985, 547.

- auch bei zum Waffentragen Verpflichteten zu bejahen (BGHSt 30, 44) hier soll aber der Vorsatz bzw. das Bewusstsein, die Waffe bzw. das gefährliche Werkzeug bei sich zu führen, problematisch sein, s. OLG Hamm NStZ 2007, 473 Rn. 6.

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3. Diebstahl mit sonstigen Werkzeugen oder Mitteln, § 244 I Nr. 1 b StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter … b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden.“

sonst ein Werkzeug oder Mittel = Gegenstand, der nach seiner Art und seinem Verwendungszweck in der konkreten Situation geeignet ist, Widerstand durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Auffangtatbestand insb. für ungefährliche Gegenstände. v.a. Scheinwaffe (BGH NJW 1998, 2914), d.h. Spielzeugpistolen, ungeladene Pistole auch: Klebeband als Fesselungswerkzeug (BGHSt 48, 365, 371), Reizgas (BGH NStZ-RR 2005, 373).

äußeres Erscheinungsbild maßgeblich, s. BGHSt 38, 116, 118 f. (Plastikrohr unter Jacke, [-]); NJW 1996, 2663 (Labello, [-]); NStZ 2007, 332; NStZ 2011, 703 (grellbunte Spielzeugpistole [-])

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4. Bandendiebstahl, § 244 I Nr. 2 StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter … 2., als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt.“ a) Bande = „Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen“ (BGHSt GrS 46, 321, 325). mindestens 3 Personen (BGHSt GrS 46, 321, 325). Bandenmitgliedschaft ist ein besonderes persönliches Merkmal nach § 28 II Bandenabrede also von zentraler Bedeutung; d.h. auch der erste Diebstahl reicht aus; Bandenabrede kann auch konkludent erfolgen, s. BGH NStZ-RR 2013, 208.

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4. Bandendiebstahl, § 244 I Nr. 2 StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter … 2., als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt.“ … b) unter Mitwirkung eines anderen Bandmitglieds örtliches und zeitliches Zusammenwirken am Tatort? Str., abl. BGHSt 46, 321, 332 ff. Mitwirkung in jeder Beteiligungsform möglich, BGHSt 46, 321, 338. c) als Mitglied Tat muss Ausfluss der Bandenabrede sein, fraglich insb. bei spontanen Taten, s. BGH NStZ-RR 2013, 208.

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5. Wohnungseinbruchsdiebstahl, § 244 I Nr. 3 StGB „… wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter … 3., einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.“

Wohnung = Räumlichkeiten, die dem Kernbereich der privaten Lebensführung dienen (ähnl. BGH NStZ 2008, 514, Rn. 4). Begriff also enger als der von § 123 StGB! gemischt genutzte Gebäude: Wegnahmehandlung muss nicht in der Wohnung erfolgen, s. BGH NJW 2001, 3203; es muss aber durchaus in die Wohnung eingebrochen, eingestiegen oder eingedrungen werden, BGH NStZ 2008, 514 („in eine“).

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VIII. Schwerer Bandendiebstahl, § 244a StGB „(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht. …“

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IX. Abschließende Bemerkungen 1. Strafantrag, §§ 247, 248 a StGB „Eine häusliche Gemeinschaft im Sinne des § 247 setzt den freien und ernstlichen Willen der Mitglieder zum Zusammenleben auf eine gewisse Dauer voraus. Wer von vornherein ein Zusammenleben allein dazu ausnutzen will, um strafbare Handlungen gegenüber Mitgliedern der Gemeinschaft zu begehen, hat einen solchen Willen nicht“. (BGHSt 29, 54, LS). 2. Konkurrenzen Schwierigkeiten insb. bzgl. des Verhältnisses von §§ 242, 243 I 2 Nr. 1 und § 123 StGB einerseits, §§ 242, 243 I 2 Nr. 2 und § 303 StGB andererseits. s. BGH NJW 2002, 150: Tateinheit, keine Gesetzeskonkurrenz.

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IX. Abschließende Bemerkungen …

3. Sondertatbestände der Gebrauchsanmaßung von Fahrzeugen (§ 248b StGB) und der Entziehung elektrischer Energie (§ 248c StGB) „Ingebrauchnahme bedeutet nur die bestimmungsgemäße Benutzung zum Zwecke der Fortbewegung.“ (BGHSt 11, 47, LS) liegt schon vor, wenn der Motor in Gang gesetzt wird (RGSt 68, 216, 217). Täter muss das Fahrzeug nicht von Anfang an unbefugt gebrauchen; nicht nur Ingangsetzen, auch Inganghalten (BGHSt 11, 47, 50). Verbrauch des Benzins ist kein eigenständiger Diebstahl )BGHSt 14, 386, 388).

4. Hinweise für die Fallbearbeitung

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B. Unterschlagung (§ 246 StGB) „(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. (3) Der Versuch ist strafbar.“

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I. Allgemeine Bemerkungen Rechtsgut: nur Eigentum. seit 1998 nicht mehr notwendig, dass der Täter die Sache in Besitz oder Gewahrsam hat.

früher waren etwa Fundunterschlagung, Leichenfledderei problematisch. allgemeiner Auffangtatbestand, Subsidiaritätsklausel. Bestimmtheitsprobleme

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II. Tatbestand 1. Tatobjekt: fremde bewegliche Sache = § 242 StGB

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2. Tathandlung: Zueignung Zueignung = Betätigung des Zueignungswillens in objektiv erkennbarer Weise (Sch/Sch/Eser/Bosch, § 246 Rn. 11), kürzer: Manifestation des Zueignungswillens. Zueignungswille: Wille zur Enteignung und Aneignung, grds. wie § 242 StGB s. etwa BayObLG NJW 1999, 1777. Absicht i.S.v. dolus directus 1. Grades nicht notwendig.

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2. Tathandlung: Zueignung … Manifestation: ein innerlich bleibender Entschluss reicht nicht aus (BGHSt GrS 14, 38, 41). Würdigung aller Tatumstände (BGHSt GrS 14, 38, 41).

- Eindeutigkeit des Willens nicht erforderlich (BGHSt GrS 14, 38, 41); „sicherer Schluss“ auf Zueignungswille muss aber möglich sein (BGHSt 34, 309, 312) and. die sog. „enge Manifestationstheorie“, s.u.

etwa: Verzehr, Verbrauch, Verarbeitung (§ 950 BGB), Verbindung mit einer anderen Sache (§ 947 II BGB), Vermischung fremden Geldes mit eigenem (§ 948 BGB), rechtsgeschäftliche Verfügung, Verkaufsofferte.

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2. Tathandlung: Zueignung … Manifestation: … Unterlassen der geschuldeten Rückgabe nicht per se Manifestation des Zueignungswillens (RGSt 4, 404). - hinzukommen muss etwa: Ableugnung des Besitzes (BGH wistra 2006, 227), Verfügung über die fremde Sache (BGHSt 16, 280, 281), Gebrauch, so dass die Sache an Sachwert verliert (BGHSt 34, 309, 312). - Begehungsdelikt (BGHSt 34, 309, 312)!

gewahrsamslose Zueignung - Bsp.: A verschenkt dem B das Auto des C, das in dessen Garage steht. - faktisches Näheverhältnis zur Sache (als Besitz bzw. besitzähnliches Verhältnis o.Ä.) erforderlich, damit nicht jede Manifestation des Zueignungswillens ohne Eigentumsschaden als vollendete Unterschlagung strafbar wird.

Alternative Ansätze: sog. „enge Manifestationstheorie“; „Enteignungstheorie“.

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3. Rechtswidrigkeit der Zueignung = § 242 StGB

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III. Veruntreuende Unterschlagung, § 246 Abs. 2 StGB „Anvertraut sind Sachen, deren Besitz oder Gewahrsam dem Täter in dem Vertrauen eingeräumt worden ist, er werde die Gewalt über sie nur im Sinne des Einräumenden ausüben.“ (BGHSt 16, 280, 282). z.B. Verkauf unter Eigentumsvorbehalt (BGHSt 16, 280, 282), Leihe. besonderes persönliches Merkmal, § 28 II StGB.

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IV. Sonstige Fragen 1.Subsidiaritätsklausel § 246 I HS 2: „… wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.“

„andere Vorschriften“ = alle Vorschriften, nicht nur Zueignungsdelikte (BGHSt 47, 238; str.). Arg.: insb. Wortlaut.

veruntreuende Unterschlagung auch von der Klausel erfasst (BGH NJW 2012, 3046).

2. Wiederholte Zueignung str.; Subsidiaritätsklausel nicht einschlägig („wenn die Tat nicht…“)

Tatbestandslösung: nach einer erfolgreichen Zueignung ist für eine zweite Zueignung schon begrifflich kein Raum mehr (BGHSt GrS 14, 38, 43). Zusatzargumente: Verjährung; Beihilfe (S. 45 f.).

Konkurrenzlösung: die an sich gegebene Unterschlagung ist ein mitbestrafte Nachtat.

3. Strafantrag, §§ 247, 248 StGB 4. Hinweise für die Fallbearbeitung