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Teil II: Leitfadeninterviews mit Absolventen der Fakultät für Sozialwissenschaft

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Teil II: Leitfadeninterviews mit Absolventen der Fakultät für

Sozialwissenschaft

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ..........................................................................................................................1

2 Theoretische Grundlagen und Vorgehensweise ................................................................3

2.1 Theoretische Grundlagen.............................................................................................3

2.1.1 Qualitative empirische Sozialforschung................................................................3

2.1.2 Interview-Typen ....................................................................................................4

2.1.3 Auswertungsmethode ............................................................................................6

2.2 Vorgehensweise...........................................................................................................8

2.2.1 Einordnung der empirischen Untersuchung ..........................................................8

2.2.2 Durchführung der Interviews und Verschriftlichung ..........................................10

2.2.3 Auswertung durch Datenkomprimierung ............................................................10

2.2.4 Weiterführende Auswertung durch Dateninterpretation und Hypothesen bildung.................................................................................................................12

3 Ergebnisbeschreibung und Interpretation........................................................................13

3.1 Thesen 1 - 4 ...............................................................................................................14

3.2 Thesen 5 - 9 ...............................................................................................................16

3.3 Thesen 10 - 13 ...........................................................................................................19

4 Fazit .................................................................................................................................23

Anhang .....................................................................................................................................25

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1 Einleitung Im Rahmen der kontinuierlichen Projektseminare wurde auch die Chance geboten, unmittelbare Erfahrungen mit der Planung, Durchführung und Auswertung von Leitfa-dengesprächen zu machen. Die Leitfadengespräche sollten generell die zurückliegenden Studienerfahrungen zum Thema haben und ergänzend und vertiefend Fragen behandeln, die so in der standardisierten Befragung nicht beantwortet werden konnten.

Dieser explorative Charakter und auch die Übungsabsicht führten dazu, dass die Aus-wahl der Interviewpartner den Studierenden überlassen wurde und auf eine geschichtete Stichprobe verzichtet wurde.1

Vorab soll auf einige Schwierigkeiten hingewiesen werden, welche unsere Forschungs-arbeit begleiteten. Obwohl die Orientierung der Interviewer an einem Leitfaden zu ei-nem gewissen Grad der Standardisierung der Antworten führte, zeigten sich dennoch beträchtliche Unterschiede hinsichtlich der Quantität, des formalen Aufbaus und der inhaltlichen Differenzierung der Interviews. Weiterhin erwiesen sich die Redeanteile der Interviewer bzw. der Interviewten in den einzelnen Interviews als uneinheitlich. Zudem wurden Zwischenbemerkungen von den meisten, nonverbale Äußerungen hingegen von niemandem wiedergegeben. Die genannten Probleme verweisen also auf die Uneinheitlichkeit des Ausgangsmaterials.

Es sei zudem auf die eingeschränkte Gültigkeit unserer Ausführungen verwiesen, wel-che sich einerseits aufgrund des geringen Umfangs der Fälle und andererseits wegen der Tatsache, dass die Befragten nicht nach dem Zufallsprinzip ausgesucht worden sind, ergibt. Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse sind daher eher der Hypothesen-generierung als der Bestätigung von Hypothesen zuzuordnen.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ausgehend von Analysekategorien, aus den Leit-fadeninterviews „Typen von Studierenden“ zu entwickeln bzw. zu versuchen, Gruppen von Studierenden zu identifizieren, welche hinsichtlich mehrerer Kategorien gleiche Antworten gaben und darauf aufbauend zu interpretieren, weshalb sich diese Typen zei-gen und dies anhand des vorliegenden Materials zu belegen. Die Interpretationen, die von der Arbeitsgruppe vorgenommen werden, stellen hierbei jedoch keine abschließen-den Erkenntnisse dar, sondern sollen vielmehr als Orientierungspunkte dienen, auf wel-che aufbauend weitere Forschung im Bereich der Hochschulsozialisation erfolgen kann.

Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit sei bemerkt, dass wir in Kapitel 2.1 einige theore-tische Grundlagen qualitativer Sozialforschung darlegen werden, welche uns als Orien-tierung für die vorliegende Arbeit dienten. Hierbei werden wir den Schwerpunkt auf die Ausführungen von Siegfried Lamnek legen, um dann in Kapitel 2.2 unsere eigenen Arbeitsschritte zu präsentieren, welche zu einer Themenmatrix führen, aufgrund derer wir in Kapitel 3 eine Typenbildung und Interpretation vornehmen.

1 Der folgende Bericht über die Auswertung der Leitfadengespräche wurde von einer studentischen Arbeitsgruppe erstellt und von Projektmitarbeitern redaktionell überarbeitet. Mitglieder dieser Gruppe waren: Kerstin Alms, Robert Brzezinski, Jacek Czarnota, Claudia Ell, Lisa Fleischmann, Martin Halotta, Christian Jansen, Badih Ben Khalifa, Thomas Krause, Jennifer Landwehrt, Christopher Meier, Christian Pihl, Marcus Roso, Esther Sebald, Charlotte Ullrich, Natascha Vugrin und Suat Yilmaz.

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Zu dem Vorgehen in Kapitel 3 ist zu bemerken, dass die einzelnen Gruppenmitglieder arbeitsteilig die Themenmatrix jeweils hinsichtlich einer Kategorie sortierten und dar-aufhin untersuchten, ob sich gleichzeitig bei anderen Kategorien Häufungen zeigten. Auffälligkeiten wurden festgehalten, unter den Mitgliedern aufgeteilt, von ihnen inter-pretiert und anhand der Interviews versucht zu belegen.

Im letzten Kapitel wird dann ein Fazit unserer Arbeit erfolgen, in welchem wir unsere Ergebnisse zum Gegenstand der Sozialisation und Qualifikation durch die Hochschule zusammentragen.

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2 Theoretische Grundlagen und Vorgehensweise Dieses Kapitel soll einen kurzen Überblick über theoretische Grundlagen der qualitati-ven empirischen Sozialforschung geben (Kap. 2.1). Sachgemäß wird dabei der Schwer-punkt auf qualitative Interviews gelegt.

Auf diesen Grundlagen aufbauend folgt in Kap. 2.2 die Beschreibung der Vorgehens-weise bei der Durchführung und Auswertung der qualitativen Interviews.

2.1 Theoretische Grundlagen

2.1.1 Qualitative empirische Sozialforschung

Qualitative empirische Sozialforschung lässt sich durch folgende drei Eigenschaften charakterisieren:

1. Es handelt sich um Sozialforschung: Das heißt (Sozialforschung) – in einem weiten Sinne –, dass sich sämtliche sozialwissenschaftliche Disziplinen dieser Forschungsrichtung bedienen (bspw. Soziologie, Ökonomie, Sozialpsychologie, Psychologie, Politologie). Das heißt aber auch (Sozialforschung), dass die Vor-gehensweise bei der Wissensgewinnung eine systematische ist: Sie geschieht unter bestimmten Zielen und mit zieladäquaten Methoden.2

2. Es handelt sich um Empirie: Das heißt, der Forschungsansatz nimmt die Realität als Ansatz und versucht durch Induktion Hypothesen zu bilden.3

3. Es handelt sich um qualitative Forschung: Qualitative Forschung steht der quantitativen gegenüber, wobei diese Einteilung historisch gewachsen4 und in vielen Fällen nicht eindeutig zu treffen ist. Für unsere Zwecke reicht folgende (Negativ-)Definition: Qualitative Forschung ist Forschung, die nicht primär eine Hypothesenbildung oder -bestätigung bzw. -verwerfung durch quantitative Daten zum Ziel hat.5

Während die quantitative Sozialforschung bis etwa Mitte der 60er Jahre in der theoreti-schen Forschung als dominierend angesehen werden konnte, vermochte es die qualitative Sozialforschung erst ab den 70er Jahren an Bedeutung zu gewinnen.6 Die

2 vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 4. Aufl., Reinbek (Rowohlt) 1998, S. 23-30 3 Der Gegensatz zur empirisch-induktiven Methode wäre die theoretisch-deduktive. 4 vgl. Kleining, Gerhard: Methodologie und Geschichte qualitativer Sozialforschung, in: Flick, Uwe; von Kardoff, Ernst; Keupp, Heiner; von Rosenstiel, Lutz; Wolff, Stephan (Hg.): Handbuch Qualitative Sozialforschung, München (Psychologie Verlags Union)1995, S. 4-5 5 Das heißt, das Unterscheidungskriterium zwischen qualitativer und quantitativer Forschung liegt nicht im Untersuchungsobjekt, sondern in der Untersuchungsmethode. Bortz und Döring formulieren mit ande-rem Schwerpunkt: „Ein erstes Unterscheidungsmerkmal zwischen qualitativer und quantitativer For-schung ist die Art des verwendeten Datenmaterials: während in der qualitativen Forschung Erfahrungsre-alität zunächst verbalisiert wird (qualitative, verbale Daten), wird sie im quantitativen Ansatz quantifiziert (Bortz, Jürgen; Döring, Nicola: Forschungsmethoden und Evaluation für Sozialwissenschaftler, 2. Aufl., Berlin u. a. (Springer) 1995, S. 271 6 Lamnek, Siegfried: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1: Methodologie, München (Psychologie Verlags Union), 1988, S. 5-6 und Bortz, Jürgen; Döring, Nicola (1995), S. 281

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Kritikpunkte, die gegen die quantitative Forschung gerichtet wurden, können wie folgt zusammengefasst werden:7

- Quantitative Erhebungsmethoden erfordern die Existenz von Hypothesen mit einem recht genauen Spezifizierungsgrad. Da solche Hypothesen jedoch in vielen Fällen nicht existieren, läuft die quantitative Forschung Gefahr, Ergebnisse nicht zielkonform darzustellen.

- Quantitative Forschung vermittelt durch die Darstellung von Ergebnissen in exakter (eben quantitativer) Form eine Genauigkeit, die de facto nicht (annähernd) der Realität entspricht (Scheingenauigkeit).

Diesen Kritikpunkten kann der qualitative Untersuchungsansatz insofern Stand halten, als dass bei diesem für den Untersuchungsvorgang ein viel geringerer Standardisie-rungsgrad erforderlich ist (bspw. bei Beobachtungen oder narrativen Interviews) und die Ergebnisse – zumindest nach der unmittelbaren Erhebung – einen erheblich höheren Detaillierungsgrad aufweisen.

Methoden der qualitativen empirischen Sozialforschung

Die Systematisierungsmöglichkeiten und Ausgestaltungen der Methoden der qualitati-ven empirischen Sozialforschung sind vielfältig. In der Literatur hat sich bislang keine einheitliche Klassifizierung durchgesetzt. In Anlehnung an Berg können die Methoden wie folgt in vier Gruppen differenziert werden:8

1. Interviews (oder allgemeiner: Befragungen),

2. Feldforschung,

3. nonreaktive Verfahren9 und

4. Inhaltsanalyse.

Gemäß des für unsere Zwecke definierten Forschungsdesigns soll im Folgenden das Interview als qualitative Methode im Vordergrund stehen.

2.1.2 Interview-Typen

Es kann eine Vielzahl von Formen des qualitativen Interviews unterschieden werden. Die wichtigsten sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.10

- Narratives Interview: Beim narrativen Interview handelt es sich um eine sehr offene Art des qualitativen Interviews. Der sich zurückhaltende Interviewer gibt lediglich zum Erzählen anregende Anstöße.

7 vgl. Lamnek, Siegfried (1988), S. 6-21 8 vgl. Berg, Bruce L.: Qualitative Research Methods for the Social Sciences, 4. Aufl., Long Beach (Allyn & Bacon) 2001, Kap.2 9 Nonreaktiv ist ein Verfahren, wenn das Untersuchungsobjekt nicht durch die Erhebung beeinflusst wird. Dies ist der Fall, wenn die Durchführung der Erhebung nicht bemerkt oder lediglich Verhaltensspuren beobachtet werden. 10 vgl. zu den folgenden Ausführungen Lamnek, Siegfried (1988), S. 68-103 und Schnell, Rainer; Hill, Paul B.; Esser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Aufl., München/Wien (Oldenbourg) 1999, S. 299-357

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- Problemzentriertes Interview: Ebenso ist das problemzentrierte Interview eine recht offene Art des qualitativen Interviews. Der wesentliche Unterschied zum narrativen Interview besteht darin, dass der forschende Interviewer bereits mit einem gewissen Vorverständnis und entsprechenden Erwartungen und Zielset-zungen in das Interview geht. Gemäß dem Vorwissen des Interviewers wird das Gespräch vorsichtig, aber bestimmt auf ein bestimmtes Problemfeld zentriert. Es können Leitfäden zur Gestaltung des Interviews eingesetzt werden.

- Fokussiertes Interview: Das fokussierte Interview ist ein der quantitativen Methodologie näher stehender Typus. Anhand eines Leitfadens wird auf bestimmte Themenkomplexe und Fragestellungen bei einer bestimmten Ziel-gruppe fokussiert. Dabei stehen im Regelfall schon eine oder mehrere Hypothe-sen im Vordergrund, die es zu überprüfen gilt.

- Tiefen- oder Intensivinterview: Das Tiefen- oder Intensivinterview ist eine Inter-viewform, bei welcher der forschende Interviewer versucht – auf der Basis von theoretischen Vorstellungen – dem Befragten eine bestimmte Bedeutungsstruk-turierung für die beschriebenen Sachverhalte zu geben. Dies geschieht in der Annahme, dass der Befragte selbst sich möglicherweise gar nicht der Bedeu-tungszuweisungen bewusst ist und es so fremder Hilfe bedarf, diese aufzude-cken. Insofern ist das Tiefen- oder Intensivinterview bei weitem nicht so offen wie bspw. das narrative oder problemzentrierte Interview.

- Rezeptives Interview: Die rezeptive Interviewform baut auf der Idee auf, dass der Interviewer selbst weitestgehend zuhören soll. Ziel ist es dabei, die bei den anderen Interviewformen gegebene Reaktivität so weit wie möglich auszu-schließen. Insofern sind rezeptive Interviews die offensten qualitativen Inter-views, zumal hier keine Prädetermination durch den Forschenden erfolgt.

Das Leitfaden-Interview wird häufig als explizite Interviewform angegeben.11 Hier soll es – definiert lediglich durch die Anwendung des Hilfsmittel eines Leitfadens – als (mögliche) Form für problemzentrierte, fokussierte und andere Typen von Interviews genannt werden.

Abbildung 1 gibt zusammenfassend eine Übersicht über mögliche Interviewformen und nennt wesentliche Charakteristika.

11 vgl. bspw. Bortz, Jürgen; Döring, Nicola (1995), S. 289

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Abb. 1: Übersicht über die wichtigsten Interviewformen12

narratives Interview

problem-zentriertes Interview

fokussiertes Interview

Tiefen-Interview

rezeptives Interview

Offenheit völlig weitgehend bedingt kaum völlig Kommunikation

erzählend zielorientiert fragend/ erzählend

Leitfaden fragend/ erzählend

erzählend/ beobachtend

Flexibilität hoch hoch bedingt hoch hoch Theoretische Voraussetzungen gering Konzept weitgehendes

Konzept Konzept Vorverständnis

Hypothesen Generierung Generierung /

Prüfung

eher Prüfung/ auch Generierung

eher Prüfung/ auch Generierung

Generierung/ Prüfung

Perspektive der Befragten gegeben gegeben bedingt bedingt absolut

2.1.3 Auswertungsmethode

Die Auswertung von Interviews kann grundsätzlich in zwei Richtungen gehen: Entwe-der sollen Hypothesen generiert oder Hypothesen geprüft werden (zur Anwendbarkeit der verschiedenen Interviewformen auf die beiden Auswertungsrichtungen vgl. Abb. 1).

Die Stärke von qualitativen Forschungsansätzen wird dabei gemeinhin bei der Hypothe-sengenerierung gesehen.

Lamnek stellt ein allgemeines Schema zur Auswertung von qualitativen Interviews vor, das für spezielle Forschungsdesigns angepasst werden kann. Dieses Schema ist in vier Phasen unterteilt (vgl. Abb. 2), welche im Folgenden vorgestellt werden.13

Abb. 2: Schema zur Auswertung qualitativer Interviews

- Phase 1: Transkription: Nach der Durchführung der Interviews beginnt der Pro-zess der Auswertung. Erster (eher technisch-pragmatischer) Schritt, ist hier die Transkribierung der Interviewdaten. Dabei wird das Datenmaterial, welches im Regelfall in Tonbandform vorliegt, zu Papier gebracht. Nonverbale Aspekte (bspw. Pausen, Räuspern, Lachen) werden ebenso verschriftlicht.14

- Phase 2: Einzelanalyse: Die einzelnen Interviews werden mit dem Ziel gelesen das Datenmaterial zu komprimieren. Der Detaillierungsgrad der vorliegenden

12 Modifizierte Abbildung aus Lamnek, Siegfried (1988), S. 90 13 vgl. zu den folgenden Ausführungen Lamnek, Siegfried (1988), S. 104-120 14 Als Transkription i. e. S. bezeichnet man die – möglichst genaue – Verschriftlichung von auditiven Daten. Im weiteren Sinne können auch Gedächtnisprotokolle o. Ä. darunter gefasst werden.

Transkription Einzel- analyse

Generalisierende Analyse

Kontroll- phase

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Daten sinkt, da aus den Texten unwichtige Passagen gestrichen werden, so dass ein stark gekürzter Text entsteht, welcher als Basis für die weitere Auswertung dient. Zudem werden die einzelnen Interviews durch prägnante und für die Hypothesenbildung bzw. -prüfung wichtig erscheinende Merkmale charakteri-siert. Es sollte beachtet werden, dass diese zweite Phase bereits eine subjektiv-wertende Exklusion von Daten enthält, die im nachfolgenden Prozess nicht mehr verarbeitet werden.

- Phase 3: Generalisierende Analyse: In der dritten Phase der Auswertung ver-sucht man, das Gemeinsame bzw. die Unterschiede zwischen den einzelnen Interviews zu entdecken. Zu diesem Zweck schlägt Lamnek vor eine Themen-matrix zu erstellen, die auf der Ordinate sämtliche in allen Interviews behandel-ten Themen und auf der Abszisse die jeweiligen Interviews zeigt. Wird ein Thema in einem Interview behandelt, so erhält das zugehörige Tabellenfeld eine Markierung. In Abb. 3 ist ein Ausschnitt aus einer beispielhaften Themenmatrix gezeigt.

Abb. 3: Ausschnitt aus einer beispielhaften Themenmatrix

Interview-Nr. Behandeltes Thema

1 2 3 4 (...)

Gesundheitliche Probleme

Kindheitserinnerungen

Probleme mit dem Partner

Kopfschmerzen

Erhöhte Benzinpreise

(...)

Zweck dieser Themenmatrix ist es zu erkennen, welche Themen schwerpunkt-mäßig behandelt wurden. Zur Hypothesengenerierung kann sie als optisches Hilfsmittel eingesetzt werden. Sie ist umso hilfreicher, desto unstrukturierter die Interviewform war. Insofern ist sie besonders bei narrativen Interviews zu empfehlen.

Der nächste Teilschritt enthält (a) den Versuch, die Hypothesen zu prüfen, vor deren Hintergrund man die Untersuchung geführt hat, oder (b) den Versuch, Hypothesen zu generieren. Im Falle von (b) ist es zweckmäßig, die Befragten nach bestimmten Typen zu sortieren. So könnte es für den Fall der Beispielmat-rix in Abb. 3 sinnvoll sein, einen Typ zu bilden, der benannt werden könnte mit „Personen, die Probleme mit ihrem Partner haben“ (Interviewte Nr. 1 und Nr. 4). Als Hypothese, die hinter dieser Typbildung steckt, könnte formuliert werden: „Personen, die Probleme mit ihrem Partner haben, haben auch häufig Kopf-schmerzen.“15

15 Oder – je nach Angemessenheit und Untersuchungszweck – könnte man formulieren: „Personen, die Probleme mit ihrem Partner haben, haben häufig Kopfschmerzen, aber denken wenig über die erhöhten Benzinpreise nach.“

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Diese Hypothesen können – je nach Fallzahl, statistisch evtl. nicht mit einem sinnvollen Signifikanzniveau – geprüft werden und als Ausgangsbasis für wei-tere – quantitative – Untersuchungen dienen.

- Phase 4: Kontrollphase: Die bisherige Auswertung der Interviews war mit einer stetigen Reduktion von Daten verbunden, was mit einer Erhöhung des Risikos von Fehlinterpretationen einhergeht. Entsprechend soll in der Kontrollphase geprüft werden, ob die Ergebnisse der dritten Phase (Aufstellung bzw. Prüfung von Hypothesen) mit dem Ursprungsmaterial (den transkribierten Interviews oder gar den Tonbandaufnahmen) in Einklang zu bringen sind. Ist dies nicht Fall, ist nach den Fehlerursachen zu suchen und es sind notwendige Verbesse-rungen durchzuführen.

Für die Auswertung der hier zu untersuchenden Interviews wurde eine Orientierung an dem vorgestellten Schema mit einigen Modifikationen als zweckmäßig angesehen.

2.2 Vorgehensweise Die folgenden Abschnitte (Kap. 2.2.1 bis 2.2.4) beschreiben und begründen das gewählte Forschungsdesign und die angewandte Auswertungsmethode.

2.2.1 Einordnung der empirischen Untersuchung

Wie bereits in der Einführung dargestellt, ist die Durchführung und Analyse der Inter-views im Zusammenhang mit dem gesamten Forschungsdesign des Leuchtturmprojek-tes „Berufsfeldorientierung im sozialwissenschaftlichen Studium“ zu sehen. Insofern liefern die qualitativen Interviews nur ein Teilergebnis.

Neben den weiteren Forschungsansätzen (vgl. Kap. 1) konnte das Ziel der qualitativen Interviews von Absolventen nur darin liegen, ergänzende Ergebnisse zu liefern, für die die qualitative Untersuchungsmethode prädestiniert erschien.

Entsprechend lag der Schwerpunkt des Teilprojektes in der Hypothesengenerierung, allerdings nicht ohne bestimmte konzeptionelle Vorstellungen. Entsprechend wurde eine Interviewform gewählt, die zwischen problemzentrierten und fokussierten Inter-view angesiedelt werden kann. Die konzeptionell-theoretischen Vorstellungen von den Faktoren, die in Bezug auf eine Verbesserung der Berufsorientierung von Bedeutung sein könnten, kommt in dem Leitfaden zu Tage, der für die Durchführung der Inter-views erstellt wurde (vgl. Abb. 4).

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Abb. 4: Leitfaden zur Durchführung der Interviews

Übersicht 0 Rahmen des Interviews (Ort, Zeit, etc.) 1 Kurzabriss Studium/Praktika/sonst. Tätigkeiten/beruflicher Werdegang 2 Studium 3 Beruf 4 Würden Sie Sozialwissenschaften nochmals studieren? Welche Tipps geben Sie heutigen Sowi-Studenten? 5 Angaben zur Person

Zu 1 Bitte geben Sie einen kurzen Überblick über ihren studentischen und beruflichen

Werdegang!

Zu 2 2.1 Aus welchem Grund entschieden Sie sich für das Fach Sozialwissenschaften?

(Erwartungen) 2.2 Welche Qualifikationen meinen Sie während des Studiums erworben zu haben? - Tätigkeiten? (Hatten diese Tätigkeiten aus Ihrer Sicht Studienbezug?) - Wurden Zusatzqualifikationen erworben? Wenn ja, welche? 2.3 Haben Sie schon während des Studiums an spätere Berufsmöglichkeiten

gedacht? - Wann kam dieser Gedanke auf? - Hatten diese Gedanken Konsequenzen für den Studienverlauf (Studienrichtung,

Seminarwahl, Praktika, oder eher Interessen-bezogenes Studium)? 2.4 Welche Meinung hatten Sie damals über den Zusammenhang von Studium und

Beruf?

Übergangsfragen: (a) Wurde der Übergang vom Studium zum Beruf als großer Einschnitt empfunden? (b) Fühlten Sie sich mit den erworbenen Qualifikationen gut gerüstet für den

Arbeitsmarkt?

Zu 3 3.1 In welchem Bereich haben Sie sich nach dem Studium beworben und welche

Voraussetzungen waren an diese Stelle(n) geknüpft? - Welches waren die ausschlaggebenden Faktoren für den Erhalt der Stelle

(Praktika (in der gleichen Firma), Sympathie, besondere Qualifikationen, Art der Präsentation, informelle Bekanntschaften („Vitamin B“), Flexibilität (Einkom-men, Mobilität, Inhalt der Tätigkeit, Risikobereitschaft, private Basis)) - Welche Opfer hätten Sie erbracht?

3.2 Wurden Ihre oben erfragten Erwartungshaltungen hinsichtlich des Studiums erfüllt? Wenn ja, in welchem Maße? Wenn nein, warum nicht?

Zu 4 4.1 Würden Sie Sozialwissenschaften nochmals studieren? 4.2 Welche Tipps würden Sie einem heutigen Sowi-Studenten geben?

Zu 5 Angaben zur Person: Alter, Zeitpunkt des Studiums, Dauer des Studiums,

Familienstand, usw.

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Der Leitfaden wurde von einer studentischen Arbeitsgruppe im Sommersemester 2001 erstellt.

2.2.2 Durchführung der Interviews und Verschriftlichung

Die Interviews wurden von verschiedenen Studierenden während des Sommersemesters 2001 im Rahmen eines Vertiefungsseminars durchgeführt. Jeder Studierende hatte dabei die Aufgabe, einen bis drei Absolventen der sozialwissenschaftlichen Fakultät anhand des Leitfadens zu interviewen, sich während des Interviews Notizen zu machen und das Interview anschließend zu verschriftlichen.

Die Auswahl der Absolventen war dabei den Studenten frei überlassen. Insgesamt wur-den 23 Absolventen von 12 Studenten befragt.

Die Ergebnisse der Durchführung in Form von Gedächtnisprotokollen wurden einer anderen studentischen Arbeitsgruppe übergeben, welche im Wintersemester 2001/2002 die Aufgabe hatte, die Interviews auszuwerten und die Auswertung zu dokumentieren. Letzteres geschieht durch die vorliegende Arbeit.

2.2.3 Auswertung durch Datenkomprimierung

Für die Auswertung der Daten wurde weitgehend das Schema von Lamnek verwendet (vgl. Kap. 2.1.3). Die Phase der Transkription entspricht hier der Verschriftlichung in Form eines Gedächtnisprotokolls (vgl. Kap. 2.2.2). Die weiteren Phasen (Einzelanalyse, Generalisierende Analyse, Kontrollphase) wurden zweckgemäß wie folgt modifiziert:

- Einzelanalyse und Erstellung eines Themenschemas: Die einzelnen Interviews wurden gelesen, wobei festgestellt wurde, dass sich zwei grobe Gruppen von Interviewten unterscheiden lassen. Etwa die Hälfte der Befragten hat ihren aktu-ellen Job im wissenschaftlich-universitären Bereich, während die andere Hälfte im privatwirtschaftlichen Bereich arbeitet. Im Folgenden sollte untersucht wer-den, ob bereits innerhalb dieser beiden Gruppen unterschiedliche Anforderungen an ein sozialwissenschaftliches, berufsfeldorientiertes Studium gesehen wurden. Zudem wurde ein Themenschema entworfen, welches die Themenkomplexe benennt, die in den einzelnen Interviews behandelt wurden. Sachgemäß ergab sich hier eine große Ähnlichkeit mit dem zugrunde liegenden Leitfaden, jedoch erschien nach der Ausführlichkeit der beantworteten Punkte eine leicht modifi-zierte Gliederung sinnvoll.

- Es ergab sich folgendes Themenschema (Abb. 5):

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Abb. 5: Themenschema zur Auswertung Hard Facts Alter, Geschlecht, Familienstand Gründe für / Erwartungen an das Studium Verlauf und Organisation des Studiums Dauer / Zeitraum / Schwerpunkte / Qualifikationen / Zusatzqualifikationen /

Nebentätigkeiten / Diplomarbeit / Kontakte / Sonstiges Einstieg in den Beruf (Übergang) Praxisschock / Gefühl der guten Vorbereitung durch die Universität / Probleme und Er-

folgserlebnisse / Konkrete Vorstellungen vorhanden / Sonstiges / Einflussfaktoren für Erhalt der ersten Stelle

Beruflicher Werdegang und jetzige Position Roter Faden / Kindererziehung / Kontakt mit dem Arbeitsamt / Weiterentwicklungen /

Tätigkeitsbereich (Nähe bzw. Ferne zur Sozialwissenschaft) / Sonstiges Bewertung des Studiums Nochmaliges Studium der Sozialwissenschaft / positive Aspekte / negative Aspekte /

Verbesserungsvorschläge / Tipps für jetzige Studenten / Sonstiges Sonstiges

- Erstellung einer Inhaltstabelle: Auf der Basis des Themenschemas (vgl. Abb. 5) wurde jedes Interview detailliert untersucht und ein verkürzter – den Wortlaut der ursprünglichen Interviews weitgehend behaltender – Text verfasst. Die Ergebnisse wurden in eine sog. Inhaltstabelle geschrieben.16

- Erstellung einer Themenmatrix: Die Inhaltstabelle wurde analysiert, so dass für jedes Thema typische Ausprägungen festgehalten wurden. Auf der Grundlage dieser Ausprägungen wurde eine neue Tabelle (sog. Themenmatrix17) erstellt, in der für jedes Interview binäre Felder angegeben werden konnten. Entweder die typische Ausprägung war bei dem Interviewten festzustellen oder nicht. Die Ergebnisse sind im Anhang 1 wiedergegeben.

- Sortieren der Themenmatrix nach unterschiedlichen Kriterien und Hypothe-senbildung: Die Themenmatrix wurde nach allen Themenausprägungen sortiert, so dass recht leicht optisch festgestellt werden konnte, ob sich bei der Sortierung nach einer Ausprägung eine hohe Korrelation mit einer oder mehreren anderen Ausprägungen vermuten lässt.18 Entsprechend konnten Hypothesen generiert werden. Dabei wurde auch eine Sortierung nach den bereits in der Einzelanalyse festgestellten Gruppen vorgenommen. Die Ergebnisse dieser Phase werden in Kap. 3 dargestellt.

16 Die Inhaltstabelle kann auf Wunsch bei den Autoren eingesehen werden. 17 Diese Themenmatrix ist vom Aufbau nicht zu verwechseln mit der Themenmatrix nach Lamnek, wie sie in Kap. 2.1.3 beschrieben wurde. Während bei Lamnek lediglich die Aussage aus der Matrix gezogen werden kann, ob ein Thema in einem Interview behandelt wird oder nicht, enthält die hier erstellte The-menmatrix die Information, ob ein Thema mit einer bestimmten inhaltlichen Ausprägung im Interview behandelt wurde oder nicht. Die hier erstellte Themenmatrix enthält also wesentlich mehr Informationen. 18 Im Anhang 2 ist ein exemplarisches Beispiel solcher Sortierungen angeführt.

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2.2.4 Weiterführende Auswertung durch Dateninterpretation und Hypothesen-bildung

Nach den Phasen der Datenkomprimierung fand in der letzten Phase der Auswertung der Interviews wieder ein Rückbezug zum ursprünglichen Datenmaterial statt:

- Hypothesenplausibilisierung und Kontrollphase: In dieser letzten Phase wurde versucht, die aufgestellten Thesen zu plausibilisieren: Dabei wurden mögliche kausale Verknüpfungen aufgezeigt. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden und weitere Vermutungen für Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu gewinnen, wurden die Inhaltstabelle sowie die ursprünglichen Gedächtnisprotokolle benutzt. Die Ergebnisse dieser Phase sind in Kap. 3 zu finden.

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3 Ergebnisbeschreibung und Interpretation Bei der Interpretation gingen wir von der Themenmatrix aus (siehe Anhang 1), welche anschließend nach verschiedenen Kategorien sortiert wurde. Diese Sortierungen waren Grundlage der folgenden detaillierten Auswertung. Es ergaben sich erste Auffälligkei-ten, welche in nachfolgenden Thesen festgehalten wurden19:

1. Wer seinen Berufsweg nicht an der Universität beginnt, berichtet von einem Praxis-schock.

2. Wer das Fach Sozialwissenschaft nicht noch einmal studieren würde, gab als Grund für die Wahl des Studiums sehr häufig Interesse an gesellschaftlichen Zusammen-hängen an.

3. Alle Absolventen, die als Studienrichtung „Arbeit, Organisation und Personal“ (AOP) gewählt haben, würden das Fach Sozialwissenschaft noch einmal studieren.

4. Wer konkrete Vorstellungen von seinem Berufsziel hat, erwirbt häufiger Zusatz-qualifikationen.

5. Fast alle Absolventen, die in den 90er Jahren ihr Studium aufgenommen haben, würden das Fach Sozialwissenschaft noch einmal studieren.

6. Absolventen, die in den 80er Jahren ihr Studium aufgenommen haben, gaben mehr-heitlich Interesse an Politik als Studienmotiv an und hatten eine Nebenbeschäfti-gung an der Universität.

7. Studentische Hilfskräfte haben häufiger konkrete Vorstellungen über ihr Berufsziel.

8. Wer als studentische Hilfskraft gearbeitet hat, findet seine erste Anstellung häufig an der Universität.

9. Studentische Hilfskräfte fühlen sich durch die Hochschule für das Berufsleben gut vorbereitet.

10. Diejenigen, die von Problemen beim Berufseinstieg berichten, haben kaum Praktika nachzuweisen.

11. Absolventen, die von Problemen beim Berufseinstieg berichten, hatten häufig eine Nebenbeschäftigung ohne Studienbezug.

12. Absolventen, die jetzt eine Tätigkeit ohne Studienbezug ausüben, hatten während ihres Studiums ebenfalls häufig eine Nebenbeschäftigung ohne Studienbezug.

13. Absolventen, die jetzigen Studenten ein Praktikum empfehlen, haben ein solches während des eigenen Studiums nicht unbedingt absolviert.

Diese Thesen werden im Folgenden näher ausgeführt, anhand der transkribierten Inter-views überprüft, und es wird zu ihnen Stellung genommen20.

19 Die zugrunde liegenden Sortierungen können auf Wunsch von den Autoren bezogen werden. 20 Die verschriftlichen Interviews können auf Wunsch von den Autoren bezogen werden.

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3.1 Thesen 1 - 4 Eine Sortierung der Themenmatrix nach der Kategorie „Berufseinstieg in die freie Wirt-schaft“ zeigte, dass Absolventen, die nicht an der Universität geblieben sind, angaben, einen Praxisschock erlebt zu haben. Dieses scheint auch nicht weiter verwunderlich, da viele der Absolventen, die an der Universität beschäftigt sind, bereits als studentische Hilfskräfte dort gearbeitet haben und ihnen somit die Arbeitsabläufe bereits bekannt waren. Der Hauptgrund für den Praxisschock liegt in der mangelnden Absolvierung von Praktika während des Studiums und der damit einhergehenden unzureichenden Vorbe-reitung auf das Arbeitsleben in der freien Wirtschaft. Auch waren die Nebentätigkeiten, welchen diese Gruppe der Befragten nachging, in den meisten Fällen nicht im Bereich der Sozialwissenschaft angesiedelt, sondern dienten in erster Linie der Finanzierung des Studiums und des Lebensunterhaltes. So konnten die Nebentätigkeiten nicht dazu genutzt werden, um einen Einblick in spezielle Arbeitsbereiche zu erhalten.

Die Änderung des Lebensrhythmus vom „Studentenleben“ zum geregelten Arbeitsleben wurde als großer Einschnitt empfunden: Von einer sehr freien Einteilung der Zeit hin zu einem relativ starren Tagesablauf (vgl. Interview 1). Es wurde bemängelt, dass im Stu-dium nur theoretische Grundlagen vermittelt werden, aber deren Anwendungsbezug nicht dargestellt wird. Ein großes Problem entsteht häufig beim Transfer theoretischen Wissens auf Praxisbelange, da viele mit den theoretischen Begriffen, die Ihnen während des Studiums vermittelt worden sind, in der Praxis nichts anfangen können. Teilweise wurde das an der Universität erworbene theoretische Wissen in der Praxis überhaupt nicht benötigt (vgl. Interview 8). Kritik wurde auch daran geübt, dass grundlegende Arbeitsweisen der freien Wirtschaft im Studium überhaupt nicht vermittelt wurden (vgl. Interview 6).

Die Sortierung nach „Zufälligem Entschluss, das Fach Sozialwissenschaft zu studieren“ ergab, dass die Mehrzahl der Befragten das Studium der Sozialwissenschaft nicht auf-grund von längeren Planungen und Informationen über den Lehrinhalt wählten, sondern sich eher spontan und nicht zielgerichtet dafür entschieden. Einige gaben auch an, das Fach nur gewählt zu haben, weil es nicht mit einem Numerus clausus (NC) oder sonsti-gen Zulassungsbeschränkungen belegt war und somit ein freier Zugang zum Fach bestand. Als Beispiel kann hier ein Absolvent angeführt werden, welcher primär eigent-lich das Fach Biologie auf Diplom studieren wollte und Sozialwissenschaft nur als interessantes Begleitstudium, aufgrund seines privaten Interesses an kritischen Theorien und Politik, gedacht hatte, sich aber anders entschied und das Diplom im Bereich Sozi-alwissenschaft machte (vgl. Interview 7). Auffällig ist auch, dass Absolventen, die zufällig bzw. nicht zielgerichtet das Fach Sozialwissenschaft belegt haben, ihren Ent-schluss nicht bereuten und sich wieder für dieses Fach einschreiben würden.

Bei einer Sortierung der Absolventen nach dem Kriterium „nicht noch mal ein Studium der Sozialwissenschaft aufzunehmen“ zeigt sich, dass diese vor Beginn des Studiums vor allem Interesse an gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhängen, sowie für Politik angaben. Als Gründe dafür, warum das Fach Sozialwissenschaft nicht mehr gewählt werden würde, lassen sich zwei unterscheiden:

Für einen Teil der Absolventen lieferte das Fach Sozialwissenschaft nicht die erhofften Antworten auf soziale Fragen und auch die Quantität des entsprechenden Lehrangebotes wurde kritisiert. Diese Absolventen hätten sich mehr Inhalte in Hinblick auf die sozialen

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Fragen gewünscht, die sie auch dazu bewogen haben, dieses Fach überhaupt zu studie-ren. Das Wort „sozial“ hat hier wohl zu falschen Erwartungshaltungen geführt.

Bei dem anderen Teil der Absolventen hat sich ein genau entgegengesetztes Bild ent-wickelt. Diese Gruppe hat die Behandlung sozialer Fragen dazu gebracht, das Fach Sozialwissenschaft als „Laberfach“ abzustempeln. Sie gaben an, bei einer neuerlichen Studienwahl einem Studium mit ökonomischer Ausrichtung den Vorzug zu geben, auch, um den Vorurteilen, mit denen das sozialwissenschaftliche Studium behaftet ist, zu entfliehen. Hier ist eine sehr starke Polarisierung bei den befragten Absolventen zu erkennen!

Wird eine Sortierung nach Studienrichtung21 vorgenommen, so zeigt sich, dass alle Absolventen, die den Schwerpunkt „Arbeit, Organisation und Personal (AOP)“ wählten, erneut ein Studium der Sozialwissenschaft aufnehmen würden.

Auffällig bei den Absolventen mit dem Studienschwerpunkt AOP war weiterhin, dass diese alle bereits während ihres Studiums konkrete Vorstellungen hatten, in diesem Bereich auch nach dem Studium arbeiten zu wollen. Dies schlug sich auch stark in der Planung des Studiums selbst nieder.

So wurden bereits während des Studiums Praktika in diesen Bereichen (hauptsächlich im Personalbereich) absolviert. Die Chance Praktika intensiv (!) zur Orientierung im Berufsleben zu nutzen wird auch den jetzigen Studenten als Tipp mit auf dem Weg gegeben (vgl. Interview 5). Als weiterer Vorteil im Schwerpunkt AOP ist die zielge-richtete Auswahl der Diplomarbeit, da durch diese bereits erste Kontakte zu zukünftigen Arbeitgebern geschaffen werden kann. Des Weiteren wurde von diesen Absolventen empfohlen, sich auch in anderen Bereichen des Personalwesens umzuschauen. Hier wurde vor allem der Bereich „Arbeitsrecht“ genannt (vgl. Interview 8). Eine Hauptfor-derung dieser Absolventen ist es, Praxisthemen aus dem Bereich Personal in das Stu-dium zu integrieren. So wurde ein Absolvent während eines Vorstellungsgespräches gefragt, ob er denn bereits ein Assessment Center (AC) konzipiert hätte. Bei den „AOP-Absolventen“ ist eine klarere Forderung nach mehr Praxisnähe auszumachen als bei Absolventen anderer Studienrichtungen (vgl. Interview 8). Auch wurde von diesen Absolventen mehr wert auf Zusatzqualifikationen gelegt. Hier wurden vor allem EDV- und Sprachkenntnisse sowie Kenntnisse aus dem Bereich der Moderations- und Kom-munikationstechniken genannt.

Eine weitere Sortierung wurde unter dem Aspekt „Absolventen, die bereits konkrete Vorstellungen bezüglich ihres Berufsziels besaßen“, vorgenommen. Hierbei wird deut-lich, dass sich diese Absolventen bereits während Ihres Studiums zielgerichtet Zusatz-qualifikationen aneigneten. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, da man sich bei konkreten Vorstellungen über den Bereich des späteren Berufs auch gezielt auf diesen vorbereiten kann (z.B. durch Anpassung an die jeweiligen Anforderungsprofile). Auf-fällig bei den Absolventen mit konkreten Vorstellungen, die im Bereich der Universität arbeiten, ist, dass diese alle spezifische Nebentätigkeiten in Form von studentischen Hilfskraftstellen ausübten. Da man im Rahmen dieser Stellen einen guten Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten erhält, lernt man auch die Anforderungen, die an eine Tätigkeit im universitären Bereich geknüpft sind, kennen und es ergeben sich bereits

21 Hier fallen alle Absolventen heraus, bei denen die Studienordnung noch keine Schwerpunkte im Rah-

men des Studiums der Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum vorgesehen hatte.

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erste informelle Kontakte, die für die Stellensuche in diesem Bereich genutzt werden können.

Weiterhin wurden von den meisten Absolventen, die im universitären Bereich arbeiten, gute EDV-Kenntnisse als unabdingbar betrachtet.

Bei Absolventen mit dem Studienschwerpunkt „Wirtschaft und Verbände“ fällt auf, dass diese während Ihres Studiums ökonomische Sachverhalte in den Vordergrund stellten, um sich auf dem Arbeitsmarkt gegen die Konkurrenz der wirtschaftwissen-schaftlichen Absolventen zu behaupten. Auch wurde bei der Diplomarbeit bereits auf den späteren Berufszweig geachtet und ein zielgerichtetes, praxisbezogenes Thema gewählt (vgl. Interview 12). Interessant ist weiterhin, dass Kenntnisse im Bereich Sta-tistik immer wieder als positiv bewertet und sehr hilfreich empfunden wurden. Auch Kenntnisse des computergestützten Statistik-Programms SPSS wurden durchweg als wichtig erachtet.

Auch wurden Fremdsprachkenntnisse als sehr hilfreich gesehen, da durch das immer stärkere Zusammenwachsen der Wirtschaftsmärkte im Zuge der Globalisierung Sprach-kenntnisse mit Sicherheit in Zukunft einen noch höheren Stellenwert erhalten werden.

Viele Absolventen, bei denen konkrete Vorstellungen über Ihr Berufsziel vorhanden waren, absolvierten während des Studiums Praktika, welche zum Teil dazu führten, die konkreten Vorstellungen nochmals zu überdenken oder gar zu revidieren. Hier zeigt sich ein weiterer wichtiger Aspekt von Praktika, da in Ihnen eine Chance liegt, Vor-stellungen, die im Studium entwickelt wurden, zu überprüfen und das Studium an die Bedürfnisse der späteren beruflichen Tätigkeit anzupassen.

3.2 Thesen 5 - 9 Bei einer Sortierung der Themenmatrix nach „Studienbeginn“ fällt auf, dass viele der Absolventen, die in den 90er Jahren ihr Studium der Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum begannen, Sozialwissenschaft noch einmal studieren würden. Allerdings würden viele von den „Wiederholungstätern“ zusätzliche Schwerpunkte außerhalb der Sowi-Fächerkanons wählen, um Defizite, die das sozialwissenschaftliche Studium aufweist, auszugleichen. Hier wurden vor allem Kenntnisse im Bereich der Ökonomie genannt und es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bereits wäh-rend des Studiums die Möglichkeit Praxisluft zu schnuppern ergriffen werden würde (vgl. Interview 20).

Eine Sortierung der Themenmatrix nach den Aspekten „Zeitpunkt des Studiums (Beginn)”, „Gründe und Erwartungen an das Sowi-Studium: Interesse an Politik” sowie „Nebentätigkeiten” (vgl. Themenmatrix, Anhang 1, Zeilen 3 und 56) zeigt, dass bis auf eine Ausnahme alle befragten Absolventen, die ihr Studium in den 80er Jahren aufge-nommen haben, als Grund für ihr Studium Interesse an Politik angaben, und zudem, wiederum bis auf eine Ausnahme, während ihres Studiums als Wissenschaftliche Hilfs-kräfte an der Universität tätig waren.

Im Vergleich zu den Sowi-Studenten der 90er Jahre scheint das Interesse der Studenten an Politik in den 80er Jahren besonders ausgeprägt zu sein. Eine plausible Erklärung dafür konnte jedoch auch unter Hinzuziehung der konkreten, transkribierten Interview-inhalte nicht eindeutig gefunden werden. Eine befragte Absolventin gab an, “... dass sie primär Politik studieren wollte, dieses Fach in Bochum aber nur im Rahmen des sozial-

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wissenschaftlichen Studiengangs angeboten wird. Da sie aber in Bochum studieren wollte, entschied sie sich für das Fach Sozialwissenschaften” (vgl. Interview 15).

Eine Verallgemeinerung dieser Erklärung in der Form, dass möglicherweise einige Abiturienten der 80er Jahre, die eigentlich eher an einem politikwissenschaftlichen Stu-diengang interessiert waren, aufgrund des fehlenden Angebots eines solchen Studien-gangs in der näheren Umgebung den sozialwissenschaftlichen Studiengang als Alterna-tive wählten, halten wir jedoch für nicht zulässig. Da das gehäufte Antreffen politisch interessierter Sowi-Studenten in den 80er Jahren durch die Interviewinhalte nicht weiter zu erklären ist und zudem auch nicht festzustellen ist, dass dieses Interesse bei den ent-sprechenden Absolventen so nachhaltig war, dass sich auch nur einer von ihnen für die Studienrichtung “Politik und Verwaltung” entschieden hätte, vermuten wir, dass dieser scheinbare Zusammenhang zwischen “Studienzeitpunkt” und “politischem Interesse als Studiumsgrund” auf die geringe Anzahl von Fällen (5 Personen, die in den 80er Jahren studiert haben) und die nicht-zufällige Auswahl der interviewten Personen zurückzufüh-ren ist. Das Gleiche ist für den Umstand, dass fast jeder dieser Absolventen als Wissen-schaftliche Hilfskraft an der Universität tätig war, festzustellen. Auch hier geben die Interviewinhalte keinen Hinweis darauf, dass der Zeitpunkt des Studiums oder das poli-tische Interesse der Studenten einen Einfluss auf den Erhalt solcher Stellen hatte.

Zu einer recht homogenen Gruppe lassen sich die während ihres Studiums im Wissen-schaftsbetrieb tätigen studentischen Hilfskräfte zusammenfassen, da bei ihnen, wie in kaum einer anderen Gruppierung an der Hochschule, Gemeinsamkeiten in den Zielvor-stellungen über das Studium und den späteren Beruf festzustellen sind. Ebenfalls lassen sich Ähnlichkeiten im Hinblick auf den beruflichen Werdegang dieser Absolventen identifizieren. Dies mag angesichts des spezifischen Interessen- und Qualifikationspro-fils, welches die meisten Nachwuchswissenschaftler verbindet, kaum verwundern.

Der Tätigkeitsbereich der studentischen Hilfskräfte ist kaum mit einem anderen (in vie-len Fällen auf Existenzsicherung gerichteten) Nebenerwerb während des Studiums ver-gleichbar. Nicht vorrangig die Höhe der Bezahlung erscheint ausschlaggebend für die Annahme der Stelle, sondern andere Faktoren, wie z.B. das fachliche Interesse, das Her-stellen informeller Kontakte und die Perspektive einer beruflichen Karriere an der Hochschule werden als relevante Gründe genannt. Dabei soll allerdings weder unter-stellt werden, nicht-studiumsrelevante Nebentätigkeiten dienten ausschließlich dem Gelderwerb und seien darüber hinaus völlig nutzlos, noch dürfen diese, oftmals auch studienbezogenen Tätigkeiten (z. B. bei einer Unternehmensberatung oder einer Zei-tung) vernachlässigt werden, da auch sie für den bevorstehenden Berufseinstieg von großer Bedeutung sein können.

Im Laufe der Sortierung nach der Kategorie „Inhaber von Hiwi-Stellen“ konnten wir unter anderem die folgende Beobachtung machen: Wer eine Hiwi-Stelle antritt, lernt nicht, wissenschaftlich zu arbeiten. Diese Feststellung erscheint auf den ersten Blick recht überraschend. Eine Gruppe der an der Universität agierender Hilfskräfte müsste erwartungsgemäß ein besonders hohes Qualifikationsniveau in diesem Bereich aufwei-sen. Das gegenteilige Resultat bedarf daher einer genaueren Betrachtung. Zwar kann dieses Ergebnis durch den folgenden Befund relativiert werden: Der Anteil derjenigen, die angeben, ihnen seien keine methodischen Arbeitsweisen vermittelt worden, ist unter den Hilfskräften nahezu genauso groß, wie unter den Nicht-Hilfskräften. Andererseits lautet die gängige Argumentation, dass speziell in der Gruppe der Nachwuchswissen-

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schaftler derartige Arbeitsmethoden nicht fehlen dürfen. Die vorliegenden Daten bestä-tigen diese Annahme jedoch nicht.

Zum einen bietet sich eine einfache Erklärung an: Aufgrund der mangelnden Repräsen-tativität der zugrunde liegenden Daten kann dieser Zusammenhang durchaus zufällig entstanden sein (dies gilt für andere Thesen ebenso). Es darf keinesfalls ausgeschlossen werden, dass die Erklärung mancher hier aufgestellten Thesen allein im Zufall ihre Begründung findet und somit wenig aussagefähig bleibt. Zum anderen kann der Befund auch darauf hinweisen, dass die Hilfskrafttätigkeit als nicht oder als nicht ausreichend qualifizierend angesehen wird.

Die Mehrheit der ehemaligen studentischen Hilfskräfte gibt im Weiteren an, schon im Laufe des Studiums ein klares Ziel in Hinsicht auf die spätere Betätigung vor Augen gehabt zu haben. Dies kann sich aus der in der nachfolgenden These vertretenen Ver-mutung erklären, dass die wissenschaftlich tätigen Studierenden meist eine Beschäfti-gung im universitären Umfeld anstreben und die Vorbereitung auf eine solche, sich ohne größere Reibungsverluste parallel zum Studium umsetzen lässt. Die örtliche Nähe des Arbeits- und des Studienplatzes, sowie die für eine spätere Weiterbeschäftigung, Habilitation oder ähnliches unentbehrlichen Kontakte sollten in diesem Kontext kei-neswegs unterschätzt werden.

Erfahrungen bestätigen immer wieder die oft geäußerte Vermutung, dass ohne eine bereits während des Studiums angenommene Position an einer wissenschaftlichen Ein-richtung eine universitäre Laufbahn, zumindest ohne Anlaufschwierigkeiten, kaum möglich ist. Einige der Interviewten verweisen überdies direkt auf den Zusammenhang zwischen den von ihnen ausgeübten Tätigkeiten im Hochschulbereich sowie den daraus erwachsenen Kontakten einerseits und Erfolgserlebnissen während der Phase der Arbeitssuche andererseits. So beantwortete ein Absolvent die Frage nach den Tipps für die derzeitigen Studenten mit den Worten: „... Hilfskraftstellen, um Kontakte zu knüpfen (sind wichtig), um später Studium und Beruf besser kombinieren zu können“ (vgl. Interview 10). Das begründet aber für die Anwärter auf eine Position im Wissen-schaftsbetrieb die Notwendigkeit, bereits im Laufe des Studiums (am besten schon zu Beginn des Hauptstudiums) klare Vorstellungen über Ihre Ziele zu erlangen, um so einige Jahre in einer solchen Anstellung verbringen zu können.

Ansonsten ist in diesem Zusammenhang eine weitere Auffälligkeit erwähnenswert: Nur eine Minderheit (2 Personen) der ehemaligen studentischen Hilfskräfte empfiehlt den nachfolgenden „Generationen“ der Studierenden, es ihnen gleichzutun und eine Stelle an der Hochschule anzunehmen. Allerdings werden stattdessen, zielverwandte Rat-schläge erteilt, wie die Aufnahme eines Praktikums oder das absichtsvolle Herstellen eines Zusammenhangs zwischen Studium und Beruf.

Differenziert betrachtet werden muss gleichermaßen der Zeitpunkt des individuellen „Bewusstwerdens“ derartiger Zielvorstellungen. Während einige Studierende schon am Anfang des Studiums um die Notwendigkeit der rechtzeitigen Konstituierung der per-sönlichen Berufsziele wussten, fiel es anderen spürbar schwer, diese zu entfalten.

Eng mit der vorhergehenden These hängt die Erkenntnis zusammen, dass die ehemali-gen studentischen Arbeitskräfte nach der Beendigung ihres Studiums eine Karriere an der Universität anstreben und an dieser Einrichtung auch bleiben. Dies gilt sogar lang-fristig: Die Stellen der wissenschaftlichen Mitarbeiter und ähnliche Positionen werden von den Absolventen des Diplomstudiengangs Sozialwissenschaft meist nicht als ein Sprungbrett in die Wirtschaft oder Verwaltung (z.B. nach einer gelungenen Habilita-

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tion) verstanden, sondern stellen durchaus eine scheinbar attraktive eigenständige Alter-native zu einer Laufbahn in der Privatwirtschaft dar.

„Diejenigen, die sich durch die Universität gut auf das Berufsleben vorbereitet fühlen, hatten eine Hiwi- Stelle“. Falls man nur die Gruppe der Hilfskräfte betrachtet, ergibt sich ein recht unklares Bild, da sich vier Personen als gut vorbereitet empfinden, drei dem nicht und zwei nur teilweise zustimmen. Zieht man allerdings die vollständige Matrix mit allen 23 Befragten zu Rate, wird erkennbar, dass insgesamt nur vier Befragte sich zu dieser Fragestellung positiv äußerten, welche alle ehemals studentische Hilfs-kräfte waren.

Eine nahe liegende Begründung dieses Phänomens ist die Annahme, dass die als Hilfs-kräfte beschäftigten Studierenden einen umfassenderen Kontakt mit der Materie haben (z. B. durch Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen). Dies gilt für die Häufigkeit ebenso wie für die Intensität dieses Kontaktes. Ferner ist denkbar, dass die derart tätigen Studenten auf einen eventuell studienfremden Nebenerwerb verzichten können, um sich so auf ihr Studium und die mit dem Studium verbundene Tätigkeit als studentische Hilfskraft zu konzentrieren. Dies gilt natürlich nur mit Einschränkungen, denn die Wochenarbeitszeit der Hilfskräfte liegt oftmals jenseits des für das eigene Stu-dium nützlichen Rahmens. Außerdem widmet sich eine Hilfskraft nicht zu jeder Zeit einer forschungsrelevanten Arbeit, da auch Tätigkeiten wie Sortieren oder Kopieren in seinen Aufgabenbereich gehören.

Eine weitere im Bereich des Möglichen liegende Begründung dieses Zusammenhanges könnte die Folgende sein. Da die studentischen Hilfskräfte, wie die vorhergehenden Thesen bezeugen, sich zumeist bereits im Laufe des Studiums durch exakte Vorstel-lungen über ihr späteres Berufsbild auszeichnen, verhilft Ihnen dieser Umstand dazu, gezielt auf diese Berufsvorstellung hinzuarbeiten. So verwundert das subjektive Gefühl der guten Vorbereitung von Seiten der ehemaligen Hilfskräfte nicht, zumal ein wissen-schaftlich fundiertes Studium, wie es das Studium der Sozialwissenschaften zweifellos darstellt, sowie die damit verbundenen Tätigkeiten wohl besser auf eine akademische als auf eine privatwirtschaftliche Karriere vorbereiten.

3.3 Thesen 10 - 13 „Absolventen, die Probleme beim Berufseinstieg haben, können keine Praktika vorwei-sen“. Dieser Befund entspricht den üblichen Vorstellungen von der Bedeutsamkeit der praktischen Fundierung der im Studium erworbenen, meist theoretischen Kenntnisse. Der Zusammenhang kann an dieser Stelle als hinreichend bestätigt gelten. Das Anforderungsprofil der Sozialwissenschaftler umfasst das Praktikum als eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Gestaltung der Arbeitssuche. In den Augen vieler Personalverantwortlicher ergibt das Studium der Sozialwissenschaften allein noch kein scharf umrissenes Berufsbild. Dies hat beispielsweise aufgrund von Differenzen der Studienordnungen an verschiedenen Studienorten durchaus seine Berechtigung. So sind die Personalabteilungen oftmals auf andere, „sekundäre“ Merkmale der jeweiligen Absolventen angewiesen, um über Anstellung oder Nicht-Anstellung zu urteilen. Als derartige Merkmale kommen außer Praktika z.B. auch Zusatzqualifikationen und studi-ums- oder berufsnahe Nebentätigkeiten infrage. Dies gilt insbesondere für Stellen, wel-che mehrere konkurrierende Studiengänge zulassen, so dass es eine direkte Konkurrenz durch die Absolventen der wirtschaftswissenschaftlichen oder juristischen Fakultät gibt.

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Auch ungeachtet der Auswahlkriterien der einzelnen Unternehmen ist die Relation zwi-schen der fehlenden Praxisnähe und den Misserfolgen beim Einstieg in das Arbeitsleben erkennbar. Das Praktikum bleibt, außer in vergleichsweise seltenen Fällen der Aus-übung einer berufsnahen Nebentätigkeit während des Studiums oder der vorherigen Ausbildung, die einzige Quelle der individuellen Auseinandersetzung mit dem Berufs-leben. Die Behauptung, der Einstieg gelänge ohne Praxiserfahrung nicht, gilt zwar nicht ausnahmslos, doch fallen die ersten Schritte im Beruf ohne jedwede vorherigen prakti-schen Kenntnisse spürbar schwerer.

Das Praktikum bietet nicht allein die Gelegenheit, den Umgang mit Organisations- und Hierarchiestrukturen zu erlernen, sondern ermöglicht eine realistischere Sichtweise des Arbeitsalltags im Ganzen und eines Berufs im Speziellen. Nicht zuletzt erlaubt es, die „ausprobierte“ Tätigkeit bei Nichtgefallen aufzugeben, was unter Umständen eine frust-rierende Konfrontation mit der Realität im gewählten Beruf nach Beendigung des Studiums erspart.

Wenn wir uns nun im Einzelnen anschauen, welche Schwierigkeiten Absolventen beklagen, die keine Praktika in ihren Lebenslauf einplanten, finden wir die obigen Ver-mutungen bestätigt. „Ungenügende Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt“ oder „schwerer Einstieg in den Beruf“ sind die meistgenannten Problemfelder. Der direkte Verweis auf fehlende praktische Erfahrung als verursachenden Faktor bleibt zwar aus, dennoch erscheint es nicht sinnwidrig, diesen Zusammenhang zu vermuten.

Dennoch darf ein fehlendes Praktikum nicht als alleinige Ursache für das Misslingen eines Karrierestarts betrachtet werden. Andere Faktoren wie Studiendauer, Diplomnote, Auslandsaufenthalte, persönliche Überzeugungskraft und viele andere mehr beeinflus-sen den Berufseinstieg in entscheidender Weise. Von den Befragten als signifikant angesehen und direkt angesprochen werden dabei andere wichtige Determinanten wie Kindererziehung, mangelnde Vorstellungen über die eigenen Präferenzen und das feh-lende Gefühl einer hinreichenden Vorbereitung durch das Studium.

Eine Sortierung der Themenmatrix nach der Kategorie „Probleme beim Einstieg in den Beruf“ (vgl. Themenmatrix, Anhang 1, Zeile 81) zeigt, dass Personen, die über Probleme beim Berufseinstieg berichteten, häufig einen Nebenjob ohne Studienbezug während des Studiums ausübten.

Wie lässt sich eine solche Beobachtung deuten? Man könnte vermuten, dass Stu-dierende, die einen Nebenjob ohne Studienbezug ausüben, ihr sozialwissenschaftliches Wissen nicht umsetzen bzw. praktisch anwenden können, sich dadurch eine Diskrepanz zwischen ausgeübter praktischer Tätigkeit und theoretischen Kenntnissen ergibt und falls nach dem Studium ein Einstieg in einem sozialwissenschaftlichen Beruf angestrebt wird, es eine Art Ernüchterung gibt, da die Erwartungen an den Beruf bzw. an den Inhalt nicht erfüllt werden. Um zu klären, ob sich Hinweise für eine solche Vermutung finden, oder ob es sich nur um ein beobachtetes Artefakt handelt, muss man sich den Interviewinhalten zuwenden.

Hier wird dann schnell ersichtlich, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen nicht stu-dienbezogenen Nebentätigkeiten und Problemen beim Berufseinstieg gibt. Vielmehr wird oft auf einen großen Einschnitt nach dem Eintritt ins Berufsleben verwiesen, des-sen Ursache in einer mangelnden Vorbereitung durch die Universität gesehen wird: „Wenn ich mich für eine Stellung im Bereich Personalwesen beworben habe, wurden teilweise Dinge erwartet, die ich trotz meiner Studienrichtung „Arbeit, Organisation und Personal“ nicht vermittelt bekommen habe“ (vgl. Interview 5).

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Des Weiteren wird auf Probleme verwiesen, die ihre Ursachen eher in der persönlichen Anspruchshaltung der Interviewten haben, wie z. B. die Tatsache, dass man sich unter-fordert fühlte, nicht wusste, wie man sich in der Arbeitswelt „richtig“ verhalten soll oder aufgrund unklarer Berufsvorstellungen häufig die Stelle wechselte (vgl. Interview 15).

Einige Befragte äußerten demgegenüber, dass sie sich durch „klassische“ nicht studien-bezogenen Nebentätigkeiten (wie z. B. im Gastronomiebereich), Sozialkompetenzen aneigneten, die sich später sogar als äußerst hilfreich erwiesen.

Somit lässt sich die Vermutung, dass eine nicht studienbezogene Tätigkeit Probleme beim späteren Berufseinstieg fördert, zurückweisen.

Wendet man sich nun der Kategorie „Tipps für jetzige Studenten“ zu und sortiert nach der Unterkategorie „Zusammenhang zwischen Studium und Beruf schaffen“ (vgl. The-menmatrix, Anhang 1, Zeile 180), kann man feststellen, dass keiner der Befragten, der diesen Tipp ausspricht, während seines Studiums ein Praktikum absolviert hat.

Die Vermutung wäre, wenn man zusätzlich noch bedenkt, dass die Aussagen im Rück-blick auf das Studium gemacht werden, dass die Befragten, weil sie selbst kein Prakti-kum absolviert haben und möglicherweise keine Verbindung zwischen Studium und späteren Beruf herstellen konnten, gerade deshalb die Wichtigkeit von Praktika betonen.

Die Aussagen der Befragten legen eine solche Vermutung nahe. So wird oft betont, dass der Übergang in den Beruf eine riesige Lücke hinterließ: „Da lagen für mich Welten zwischen“ (vgl. Interview 9). Oder es wird auf eine Orientierungslosigkeit verwiesen, da man nicht wusste, was man nach dem Abschluss machen sollte. In einem Fall wurde sogar davon berichtet, dass Praktika bei der Bewerbung ausdrücklich verlangt wurden, und dass der Interviewte daraufhin die Stelle nicht bekam (vgl. Interview 18). Auch deshalb wird der Nutzen von Praktika als sehr hoch bewertet. Nicht nur, dass darauf verwiesen wird, dass dadurch die Gedanken an eine spätere Berufstätigkeit gefördert werden, es wird auch auf die Möglichkeit der frühzeitigen Kontaktaufnahme mit Fir-men, also potentiellen Arbeitgebern, hingewiesen. (vgl. Interview 12).

Die Aussagen legen nahe, dass Praktika zur Verknüpfung von Studium und Beruf bei-tragen, und gerade von denen, die keine Praktika absolviert haben, nachdrücklich empfohlen werden.

In eine ganz ähnliche Richtung verweist die Sortierung nach der Kategorie Tipps für jetzige Studenten bzw. der Unterkategorie „Praktika“ (vgl. Themenmatrix, Anhang 1, Zeile 179). Nicht alle, welche dies als Empfehlung weitergeben, haben auch selbst Prak-tika während ihrer Studienzeit absolviert.

Da sich bei den Personen nach dieser Sortierung Überschneidungen zu der vorherge-henden Sortierung ergeben, soll nur noch auf einen weiteren Aspekt eingegangen wer-den, nämlich die Vorteile, welche die Befragten nennen, die die Absolvierung von Praktika als Tipp weitergeben und selbst ein solches besucht haben.

Hier wird vor allem angeführt, dass durch das Praktikum klar wurde, ob eine Position im angestrebten Berufsfeld eventuell ihren Erwartungen völlig widerspricht: „Ich wollte erst in den Sektor PR und Kultur, habe aber nach einem Praktikum dieses wieder ver-worfen“ (vgl. Interview 20), oder dass man noch ungenaue Berufsvorstellungen durch Praktika konkretisieren kann (vgl. Interview 21).

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Da auch die Entscheidung, nicht in ein Berufsfeld einzusteigen, als Nutzen eines Prakti-kums angesehen werden kann, zeigt sich wie wichtig Praktika im Hinblick auf die spä-tere Berufswahl sind. Die Empfehlung Praktika zu machen steht also in einem direkten Zusammenhang mit der eigenen Erfahrung. Es wird also der Nutzen in der Möglichkeit der positiven oder negativen Bewertung des angestrebten Berufes gesehen.

Wird die Sortierung der Themenmatrix anhand der Kategorie „sowi-ferne Tätigkeit“ vorgenommen (vgl. Themenmatrix, Anhang 1, Zeile 145), zeigt sich, dass fast alle Befragten, welche zum Zeitpunkt der Befragung eine sozialwissenschaftlich ferne Tä-tigkeit ausübten, während des Studiums eine Nebentätigkeit ohne Studienbezug hatten.

Es ließe sich aufgrund dieser Beobachtung spekulieren, dass eine Nebentätigkeit in einem nicht studienbezogenen Bereich Interesse für diesen weckt und es den Leuten somit leichter fällt, in einen sozialwissenschaftlich fernen Bereich einzusteigen, da sie mit diesem fremden Berufsfeld schon ein wenig vertraut sind

Bei den Nebentätigkeiten ohne Studienbezug muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass diese Tätigkeiten oft nur ausgeübt werden, um zusätzliches Geld zu verdienen (vgl. Interview 6). Die Möglichkeit, dass sich später daraus die Gelegenheit für einen Berufseinstieg ergibt, steht also nicht im Vordergrund, wird jedoch von einigen Befragten hervorgehoben. Sie wurden nach dem Studienabschluss durch den Arbeitge-ber übernommen, bei dem sie vorher eine nicht sozialwissenschaftliche Tätigkeit ausge-übt haben: „Aber durch das Engagement meines Lagerchefs habe ich nach einigen Monaten der Arbeitslosigkeit doch eine Stelle in diesem Unternehmen bekommen, in der Logistik Abteilung“ (vgl. Interview 4). Als Ausnahme dürfte die Tatsache einzu-schätzen sein, die sich nur bei zwei Befragten zeigte, nämlich dass sie sich in einem nicht sozialwissenschaftlichen Bereich, in dem sie eine Nebentätigkeit ausübten, selbst-ständig machten (vgl. Interview 19).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Zusammenhang zwischen einer sozialwis-senschaftlich fernen Tätigkeit jetzt und einer nicht studienbezogenen Nebentätigkeit während des Studiums zwar ansatzweise zu erkennen, jedoch in seiner Bedeutung nicht relevant ist.

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4 Fazit Bei der Auswertung der vorliegenden Leitfadeninterviews hat sich gezeigt, dass die Anzahl der Interviewten nicht ausreichend groß war und auch nicht repräsentativ aus-gewählt worden ist, so dass manche Ergebnisse zufällig erscheinen. So fällt bei der Auswahl der Befragten auf, dass die Gruppe der Absolventen, die an der Uni eine Anstellung gefunden haben, überrepräsentiert ist.

Auffällig bei der Gruppe der Befragten ist weiter, dass keine Absolventen darunter waren, die überhaupt keinen Einstieg in Berufsfelder für Hochschulabsolventen gefun-den haben, wie dieses oft beschrieben wird (Taxifahrer etc.).

Bei den befragten Absolventen lassen sich zwei verschiedene Typen von Studierenden erkennen.

Zum einen die Gruppe von Studierenden, die eine Karriere an der Uni und die andere Gruppe, die einen Berufsweg in der freien Wirtschaft eingeschlagen haben.

Bei den Studierenden, die zur Gruppe derer gehören, die an der Uni eine Anstellung gefunden haben, zeigt sich ein sehr typischer und konformer Verlauf. Diese Studieren-den haben als studentische Hilfskräfte an der Uni angefangen und sind dann nach Abschluss ihres Studiums als wissenschaftliche Hilfskräfte oder Mitarbeiter eingestellt worden. Dieser Weg scheint durchaus üblich und nahe liegend, da sie den entsprechen-den Lehrstuhl bzw. Arbeitsbereich und deren spezifische Arbeitsweisen bereits kannten.

Bei der Gruppe der Studierenden, die in die freie Wirtschaft gewechselt sind, zeigt sich ein vergleichbar einheitlicher Weg nicht. Besonders auffällig ist die Vielfältigkeit der Tätigkeitsbereiche, in denen die Absolventen der Sozialwissenschaften beschäftigt sind.

Es lassen sich weiterhin zwei Interessengruppen innerhalb der Studierenden erkennen. Eine Gruppe interessiert sich mehr für die theoretische Richtung der Sozialwissenschaft. Hier werden unter anderem die kritischen Theorien von Marx genannt.

Die andere Gruppe geht mehr in die praktische Richtung. Von dieser Gruppe werden vor allem mehr Themen gefordert, welche auch einen Praxisbezug haben. Hauptthemen sind hier Personalfragen und juristisches Grundwissen, vor allem im Arbeitsrecht.

Besonders auffällig bei den Auswertungen war, dass sich für die Gruppe von Studieren-den, die bereits während ihres Studiums Initiative gezeigt haben, in Form einer studenti-schen Hilfskraftstelle oder eines Praktikums, dieses Engagement auch im weiteren Verlauf sehr positiv auswirkte und oftmals direkt in ein Arbeitsverhältnis führte.

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Anhang

Anhang 1: Themenmatrix komplett

Anhang 2: Beispiel für Sortierung

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Anhang 1: Themenmatrix komplett

Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Gründe und Erwartungen an das Sowi-Studium bzw. Wechsel auf das Sowi-Studium

Interesse an Politik x x x x x x x x x Interesse an wirtschaftl. Zusammenhängen x Interesse an Frauen und Geschlechterforschung x Interesse an Publizistik x Interesse an gesellschaftl. Zusammenhängen x x x x x x x x x Zufall x x x Interdisziplinarität x x x x x x x x Bekanntschaft mit Sowi Studenten x x x x x kein NC x x Arbeitsbedingungen (z.B. Gruppenarbeit) x Negativauswahl x x x Ortsgebundenheit x x Sowi bereits in der Schule gehabt x x x nicht erste Wahl / anderes Fach nicht möglich x x x x x Berufserfahrung in einem sozialen Beruf x

Verlauf & Organisation des Studiums Schwerpunkte AOP x x x x WUV x x x x ALS x ANS x x inoffizielle Schwerpunkte Statistik x Frauen- und Geschlechterforschung x anderes x x

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Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Qualifikationen Methodenkenntnisse / Statistik x x x x x x x Theorien x x x x x x x wissenschaftliches Arbeiten x x x x x x x x x x x Präsentationstechniken x x wirtschaftliche Kenntnisse x x x soziale Kompetenzen x x x x x EDV Kenntnisse x Zusatzqualifikationen erworben durch Universität x x x SHK Stelle x x x x Tutorium x andere Institutionen x x x Nebenjob / freie Mitarbeit x x x x x x Praktikum x x privat x x x Auslandsaufenthalte x Art der Zusatzqualifikation Sprachen x x x Umgang mit Kunden x PC x x x x x x x Wirtschaftsbereich x x Journalismus x Moderation und Präsentation x x x empirische Arbeit x x Teamarbeit x x x x Zeitmanagement x

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Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Nebentätigkeiten Praktika x x x x x x x x x Unispezifische Tätigkeiten x x x x x x x x x x x HiWi x x x x x x x x x x x Fachschaft / andere Aktivitäten an der Uni x x x Tutorium x x Nebenjobs mit Studienbezug x x x x x x x x x x ohne Studienbezug x x x x x x x x x x x x Ehrenamt Diplomarbeit gezielt ausgewählt x x x x nicht gezielt ausgewählt x x x x x x x x x x x x x x x x x x x Kontakte Uni-Kontakte mit Lehrenden x x mit Studierenden x x x Hiwi Kontakte x x x Nebenjobs x x Privatwirtschaft x x Sonstiges Wechsel der Studienrichtung x x x x x x x Wechsel des Studienziels x x x x

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Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Einstieg in den Beruf (Übergang) Praxisschock ja x x x x x x x x x x x Mehrbelastung x x Umstellung von Theorie auf Praxis x x x x keine Anstellung im angestrebten Bereich x x x Tagesrhythmus x x x x Zurechtfinden im Unternehmen x nein x x x x x x x x x an der Uni geblieben x x x x vorher bereits berufstätig x x Firma oder MA bekannt x x x x keine Anstellung im angestrebten Bereich teilweise x x Gefühl der guten Vorbereitung durch Uni ja x x x x nein x x x x x x x x x teilweise x x x x x x Probleme/Erfolgserlebnisse Erfolge x x x x x x x x Sowi als Faktor für die Einstellung x x keine Benachteiligung gegenüber anderen x x gute Vorbereitung durch die Uni fließender Übergang x x x x x Probleme x x x x x x x x x x zu theorielastig x ungenügende Vorbereitung auf Arbeitsmarkt x x x x Zurechtfinden im Unternehmen x x

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Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Konkurs x kein gradliniger Karriereverlauf x schwerer Einstieg in den Beruf x x x Konkrete Vorstellungen vorhanden ja x x x x x x x x x x x nein x x x x x x x x x x teilweise x Einflussfaktoren für den Erhalt der ersten Stelle persönliche Kontakte x x x x x x x x x x dort bereits tätig während des Studiums x x außeruniversitäres Engagement x schnelle Studienzeit x Qualifikation x x x x x x x x Soft-Skills x x x x x x x x Beruflicher Werdegang & jetzige Position "roter Faden" (Jahre) Berufseinstieg in der Universität x x x x x x x x x x x Berufseinstieg in der freien Wirtschaft x x x x x x x Berufseinstieg im öffentl. Dienst x x ABM x arbeitslos x x jetzige Position an der Universität x x x x x x x x x jetzige Position in der freien Wirtschaft x x x x x x x x x x x jetzige Position im öffentlichen Dienst x x ABM x arbeitslos Verlauf ist kontinuierlich x x x x x x x x x x x x x x x x x x Verlauf ist diskontinuierlich x x x x x

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Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Kindererziehung ja x x x x nein x x keine Angaben x x x x x x x x x x x x x x x x x Kontakt mit dem Arbeitsamt ja x x x nein x x x keine Angaben x x x x x x x x x x x x x x x x x Tätigkeitsbereich (Sowi-nah/-fern) Sowi-nah x x x x x x x x x Sowi-fern x x x x x x x Bewertung des Studiums nochmaliges Sowi-Studium ja x x x x x x x x x x x x x x x x nein x x x x x weiß nicht x x positive Aspekte allg. Methodenkenntnisse x x x x x x gelernt sich in spez. Themen einzuarbeiten x spez. Kenntnisse in bestimmten Bereichen x x x breite Fächerung / Interdisziplinarität x x x x x x Gruppenarbeit / Trainieren von Teamfähigkeit x x x Freiheit in der Gestaltung des Studiums x x negative Aspekte zu niedrige Anforderungen x fehlenden Identifikation mit dem Studiengang x x x x Studium zu theorielastig / zu wenig Praxis x x x x x x zu geringes Studienangebot x x x schlechte Organisation x x x x

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Interview-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 schlechte Vorbereitung auf späteren Beruf x x x x nur oberflächliche Behandlung der Themen x x x zu wenig Kontakte mit Praxisleuten x Verbesserungsvorschläge höhere Anforderungen x Lehre am Bedarf der Studenten ausrichten x x wiss. Arbeitstechniken intensiver lernen x Überwindung der Distanz Prof. / Studenten x x Studienangebot vergrößern / verbessern x x x x Konzeption / organisatorische Neugestaltung x x x x mehr Interdisziplinarität x x Zusammenarbeit mit Leuten aus der Praxis x x x Tipps für jetzige Studenten sich spezialisieren x x x x x x x HIWI Stelle für spätere wiss. Karriere x x x Praktika x x x x x x x x x Zusammenhang zw. Studium / Beruf schaffen x x x x x x x x x wirtschaftl. Zusatzqualifikationen x x EDV Kenntnisse x x x Kontakte knüpfen x x x x x Strukturierung des Studiums x x x x x x x x x Fremdsprachenkenntnisse erwerben x x Soft Skills erwerben x Auslandsaufenthalte x

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Anhang 2: Beispiel für Sortierung

21 20 3 5 12 17 19 22 10

Auswertungsgruppe B B A A A A A A B

Nebentätigkeiten

Praktika x x x x x x

Tipps für jetzige Studenten

sich spezialisieren x

HIWI Stelle für spätere wiss. Karriere x x

Praktika x x x x x x x x x

Zusammenhang zw. Studium / Beruf schaffen x x

wirtschaftl. Zusatzqualifikationen

EDV Kenntnisse x

Kontakte knüpfen x x

Strukturierung des Studiums x x x x x

Fremdsprachenkenntnisse erwerben x

Soft-Skills erwerben x

Auslandsaufenthalte x

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