TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16...

44
TERROR

Transcript of TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16...

Page 1: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

1

TERROR

Page 2: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

ARTIKEL 1(1) DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR. SIE ZU ACHTEN UND ZU SCHUTZEN IST VERPFLICHTUNG ALLER STAATLICHEN GEWALT.

Page 3: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

Vorsitzender GUNNAR SCHMIDTLars Koch, Angeklagter HEISAM ABBASBiegler, Verteidiger KLAUS COFALKA-ADAMINelson, Staatsanwältin SITHEMBILE MENCKChristian Lauterbach SEBASTIAN REISSFranziska Meiser ANTONIA MOHR

Abstimmungshelferinnen & -helfer STATISTERIE DES STAATSTHEATERS

Regie MARTIN SCHULZEBühne & Kostüme PIA MARIA MACKERTLicht JOACHIM GRÜSSINGERDramaturgie AXEL PREUSSTheaterpädagogik VERENA LANY

TERRORvon Ferdinand von Schirach

PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUSAufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine PauseAufführungsrechte: Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH, Berlin

ARTIKEL 1(1) DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR. SIE ZU ACHTEN UND ZU SCHUTZEN IST VERPFLICHTUNG ALLER STAATLICHEN GEWALT.

Page 4: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

2

Regieassistenz ANN-KRISTIN EBERT / SARAH STEINFELDER Bühnenbildassistenz SOOJIN OH Kostümassistenz THERESA HELLBRÜGGE Soufflage DAGMAR WEBER Inspizienz JULIKA VAN DEN BUSCH Regiehospitanz EVA MALZER

Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühne Kleines Haus HENDRIK BRÜGGEMANN, EDGAR LUGMAIER Leiter der Beleuchtungsabteilung STEFAN WOINKE Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton TILL MEILER, DIETER SCHMIDT, FELIX WAGNER Leiter der Requisite WOLFGANG FEGER Requisite CLEMENS WIDMANN Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Konstrukteur MICHAEL KUBACH Malsaalvorstand GIUSEPPE VIVA Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO WEIMAR Polster- und Dekoabteilung UTE WIENBERG Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/in Herren PETRA ANNETTE SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER, ANNETTE GROPP Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER Schuhmacherei THOMAS MAHLER, VALENTIN KAUFMANN, NICOLE EYSSELE Modis-terei DIANA FERRARA, JEANETTE HARDY Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG Maske HATEY YALCIN, MARINA ZIEBOLD

Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind.

ICH GLAUBE AN DEN GEIST UNSERER VERFASSUNG, AN IHRE SOUVERÄNE TOLERANZ UND IHR FREUNDLICHES MENSCHENBILD

Page 5: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

3Sithembile Menck, im Hintergrund Antonia Mohr

Page 6: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

4

Ein Gerichtssaal. Verhandelt wird der Fall des Lars Koch, Major der Deutschen Luftwaffe. Der Angeklagte ist 31 Jahre alt, verheiratet und Vater eines zweijährigen Jungen. Sein Lebenslauf ist tadellos, sein Karriereweg zum Kampfpilot außerordent-lich.

Von der Staatsanwaltschaft wird ihm vorgeworfen „über der Ortschaft Oberap-persdorf am 26. Mai 2013 mit gemeinge-fährlichen Mitteln 164 Menschen getötet zu haben. Ihm wird zur Last gelegt, am 26. Mai 2013 um 20.21 Uhr mithilfe eines Luft-Luft-Lenkkörpergeschosses ein Passa-gierflugzeug des Flugzeugtyps Airbus In-dustrie A320-100/200, das sich im Auftrag der Deutschen Lufthansa AG als Flug unter der Bezeichnung LH 2047 von Berlin nach München befand, abgeschossen und damit die sich in dem Flugzeug befindlichen 164 Menschen getötet zu haben. Verbrechen des Mordes nach §§ 211 Absatz 2, Gruppe 2, Variante 3, 52 Absatz 1 des Strafgesetz-buches".

Die nun folgende Gerichtsverhandlung rekonstruiert die Geschehnisse jenes Abends: die Entführung der Passagierma-schine durch einen Terroristen, dessen Drohung, das Flugzeug in die voll besetzte Münchner Allianz Arena zu stürzen, die Reaktionen der militärischen und politi-schen Entscheidungsträger, die Tat des Eurofighter-Piloten Lars Koch.

Die Positionen der Staatsanwältin Nel-son und des Verteidigers Biegler stehen einander diametral gegenüber. Nelson plädiert auf schuldig, weil Koch weder ein militärisches Mandat noch eine rechtliche Grundlage gehabt habe, die 164 Passagie-re zu töten. Biegler hingegen plädiert auf Freispruch, weil sein Mandant nur so ein größeres Übel habe vermeiden und 70.000 Fußballfans retten können.

Auf die Plädoyers folgt die Abstimmung. Und die Entscheidung liegt bei Ihnen, den Besucherinnen und Besuchern, die diesen Prozess als Schöffen begleiten.

ZUM INHALT

URTEILEN

GELASSENSIE ALSORUHIGUND

Page 7: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

5Klaus Cofalka-Adami, im Hintergrund Gunnar Schmidt

Page 8: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

6

Terror beginnt mit einem hübschen Para-dox, wenn der Autor einen Schauspieler als vorsitzenden Richter auftreten lässt, der sich mit folgenden Worten an das Pu-blikum wendet: „In einem Gerichtsverfah-ren spielen wir die Tat nach, das Gericht ist eine Bühne. Natürlich führen wir kein The-aterstück auf, wir sind ja schließlich keine Schauspieler. Wir spielen die Tat durch Sprache nach, das ist unsere Art, sie zu erfassen.“ In seinem Essay „Wahrheit und Wirklichkeit“ betont Ferdinand von Schi-rach ebenfalls die Ähnlichkeit von Thea-terbühne und Gerichtssaal und beschreibt für die juristische Realität, dass ein Richter objektive Beweismittel brauche und die Aussagen von Zeugen „wissenschaftlich prüfen“ müsse, denn am Ende sei die „Wahrheit eines Verfahrens“ immer „nur eine Theorie über die Wirklichkeit“.

In Terror stehen sich Theorie und Praxis radikal gegenüber. In Letzterer wer-

den Anschläge verübt, die Szenarien der Bedrohung sind vielfältig und real. Politische Entscheider versuchen, hierauf zu reagieren. Doch die Architekturen der Inneren Sicherheit drohen immer wieder mit dem Grundgesetz zu kollidieren. So geschehen beim Luftsicherheitsgesetz, das am 11.1.2005 vom Deutschen Bundes-tag verabschiedet wurde, vergl. www.gesetze-im-internet.de/luftsig/. Ein gutes Jahr später wurde ein entschei-dender Passus vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe für nichtig erklärt: „§ 14 Abs. 3 Luftsicher-heitsgesetz (LuftSiG), der die Streitkräfte ermächtigt, Luftfahrzeuge, die als Tatwaf-fe gegen das Leben von Menschen einge-setzt werden sollen, abzuschießen, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. (…) Für die Regelung fehle es bereits an einer Gesetzgebungsbefugnis des Bundes. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG, der den Einsatz der Streitkräfte bei der Be-

ZUM STÜCK

EINE

WIRKLICHKEITTHEORIEÜBER DIE

Page 9: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

7

kämpfung von Naturkatastrophen oder be-sonders schweren Unglücksfällen regelt, erlaube dem Bund nicht einen Einsatz der Streitkräfte mit spezifisch militärischen Waffen. Darüber hinaus sei § 14 Abs. 3 LuftSiG mit dem Grundrecht auf Leben und mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht vereinbar, soweit von dem Einsatz der Waffengewalt tatunbetei-ligte Menschen an Bord des Luftfahrzeugs betroffen werden. Diese würden dadurch, dass der Staat ihre Tötung als Mittel zur Rettung anderer benutzt, als bloße Objekte behandelt; ihnen werde dadurch der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt.“

Um diesen Passus geht es in Terror. Obwohl der Angeklagte Lars Koch kein politisches Mandat hatte, das Passagier-flugzeug abzuschießen, tat er es. Seine Gründe scheinen profund, seine Haltung tadellos. Beides bewegt das zur Entschei-dung berufene Publikum dazu, heftig zu schwanken zwischen einem Schuld- und einem Freispruch. Doch unser Grundge-setz schließt die Tötung von Menschen kategorisch aus, da ihre Menschenwürde dadurch verletzt werden würde. Lesen Sie hierzu auch in diesem Programmheft den Aufsatz „Die Würde ist antastbar“, in dem Ferdinand von Schirach nachdrücklich für die strenge Beachtung des Grundgesetzes plädiert.

Dass er zugleich ein Theaterstück publi-ziert, in dem das Publikum aufgefordert wird, letztlich über eine Frage abzustim-men, die vom Bundesverfassungsgericht eindeutig beantwortet wurde, erregt die öffentlichen Gemüter, darunter die Libera-len Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, die der ARD empfehlen, auf die Ausstrahlung des gleichnamigen Films nach von Schi-

rachs Stück zu verzichten. Den Abdruck eines Interviews mit den beiden ehemali-gen Bundespolitikern finden Sie auf S.30.

Terror gehört zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Theaterstücken der letzten Jahre. Derzeit spielen es 39 Theater in Deutschland, hinzukommen Theater in Dänemark, Schweiz, Ungarn, Österreich, Slowenien, Venezuela, Israel und Japan. Die Quote für einen Freispruch liegt bei 59,6 Prozent. Der Verlag Gustav Kiepenheuer, der die Bühnenrechte an Terror hält, hat eigens eine Homepage eingerichtet, wo Interessierte die aktu-ellen Abstimmungsergebnisse nachlesen können: www.terror.theater. Auch das STAATSTHEATER KARLSRUHE wird dort regelmäßig die Abstimmungsergebnisse der einzelnen Vorstellungen einspeisen.

Wohl kein anderes Theaterstück bewegt die Theaterbesucher derzeit mehr. Das Stück wagt viel, sein Autor macht sich angreifbar. Doch wenn das Theater der Ort ist, der die Menschen wie bei keiner anderen Kunstform zusammenführen und miteinander ins Gespräch bringen kann, werden die stückbegleitenden Diskussio-nen und Fragen, wie wir es heute und in Zukunft mit der Menschenwürde halten wollen, welchen Wert mithin das Grundge-setz für unsere Gesellschaft besitzen soll und inwieweit wir uns von den Anfech-tungen eines internationalen, verbreche-rischen Terrors unser Leben diktieren lassen wollen, immer wieder kostbar sein. Denn sie können dazu beitragen, dass wir unsere je eigene Theorie über die Wirk-lichkeit hinterfragen oder sogar neu bilden können.

Page 10: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

8

Page 11: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

9Antonia Mohr, Sithembile Menck, Gunnar Schmidt, Heisam Abbas, Klaus Cofalka-Adami

Page 12: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

10

Ferdinand von Schirach wurde 1964 in München geboren. Er ist der Enkel von Baldur von Schirach (1907–1974), der 1946 wegen Verbrechen gegen die Mensch-lichkeit im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher verurteilt wurde. Von Schirach arbeitete zunächst als Straf-verteidiger, 2009 veröffentlichte er sein erstes Buch. Verbrechen, eine Sammlung mit Kurzgeschichten, hielt sich 54 Wochen in der Bestsellerliste des „Spiegel“. Sein zweites Buch, mit dem Titel Schuld, stieg sofort auf Platz eins der Bestsellerliste ein. Allein in Deutschland verkauften sich seine Bücher über 2,5 Millionen Mal.

Das Theaterstück Terror wurde am 3.10.2015 in Berlin und Frankfurt zeitgleich uraufgeführt. Am 14.10.2016 läuft in 100 Kinos einmalig die Filmproduktion, die am 17.10.2016 auch von der ARD ausgestrahlt wird.

Werke

Terror. Ein Theaterstück und eine RedeErschienen am 7.12.15

Die Würde ist antastbar. EssaysErschienen am 11.8.14

Tabu. RomanErschienen am 11.9.13

Carl Tohrbergs Weihnachten. StoriesErschienen am 12.11.12

Der Fall Collini. RomanErschienen am 2.9.11

Schuld. StoriesErschienen am 1.8.10

Verbrechen. StoriesErschienen am 1.8.09

ZUM AUTOR

VERBRECHENUNDSTORIES

Page 13: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

11Ferdinand von Schirach

Page 14: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

12

Terror ist ein Thriller. Obwohl kein Blut auf der Szene fließt und der Täter von Anfang an feststeht, ist das Stück außerordentlich spannend. Nicht Klingen werden gekreuzt, aber mit guten Argumenten gefochten. Unterschiedliche Haltungen treffen aufein-ander, juristische und moralphilosophische Positionen, die von den einzelnen Figuren mit allem Nachdruck vertreten werden in der Hoffnung, am Ende der Schöffen Urteil für sich zu gewinnen. Auf der einen Seite die Staatsanwältin Nelson sowie Franziska Meiser, die Nebenklägerin, auf der anderen der Verteidiger Biegler und sein Mandant, der Angeklagte Lars Koch.

Die Bühnenbildnerin Pia Maria Mackert hat einen strengen, auf die Kraft der Gedanken und Worte vertrauenden Raum entworfen. Links und rechts der Bühne steht ein schwarzes Portal, das den Raum dazwischen scharf begrenzt und auf die sechs Schauspielerinnen und Schauspieler fokussiert. Dazu schlichte schwarze Tische

für das Ensemble, dessen Kostüme ganz der Realität des Hier und Jetzt entliehen sind – Terror ist das Drama der Stunde, wie immer man dessen Form und Inhalt bewerten mag.

Zu Beginn des Theaterabends sehen die Zuschauerinnen und Zuschauer zunächst anstelle der Bühne eine mächtige Wand, die das gesamte Portal hermetisch ver-schließt. Der Clou des Bühnenbildes ist sein kippbarer Mittelteil.

Dem Regisseur Martin Schulze und seinem Team war es wichtig, dass die Zuschaue-rinnen und Zuschauer nicht nur durch die Schöffenrolle zu tragenden Mitspielern des Theaterabends werden, sondern auch wahrnehmen, dass die Schauspielerinnen und Schauspieler – wie das Publikum selbst – Mitglieder der Karlsruher Stadt-gesellschaft sind. Stellvertretend für alle im Theater versammelten Bürgerinnen und Bürger spielen sie von Schirachs Gerichts-

ZUR INSZENIERUNG

IM

VOLKESDESNAMEN

Page 15: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

13

drama durch, das wie eine moralische und juristische Versuchsanordnung wirkt. Darum treten die sechs Schauspielerin-nen und Schauspieler zu Beginn aus dem Publikum auf und tragen gewissermaßen private Kleidung. Erst wenn die Spielerin-nen und Spieler die Vorbühne betreten und gemeinsam den als Monolog verfassten Eröffnungstext ans Publikum gerichtet haben, fällt der Mittelteil der Wand nach hinten und eröffnet den eigentlichen Spiel-raum. Optisch dominiert wird dieser Raum in seiner ganzen Tiefe und Breite von der Leuchtschrift „Im Namen des Volkes“.

Erst hier, auf der Szene, verwandeln sich die Schauspielerinnen und Schauspieler von „bürgerlichen Theaterbesuchern“ zu Figuren des Dramas, indem sie sich Kostümteile überziehen, die ihren Rollen entsprechen.

Schirach scheint mit diesem Stück ein künstlerisches und intellektuelles Experi-ment gewagt zu haben, das auf die Wirk-lichkeit übergreift. Wenn das Publikum

allabendlich über die Schuld des Angeklag-ten abstimmt, wird es zum elementaren Bestandteil des Theaterspiels. Mit dem Einwurf der Stimmkarte in eine der Wahl-Urnen, die mit „Schuldig“ bzw. „Nicht Schuldig“ gekennzeichnet sind, nehmen die Zuschauerinnen und Zuschauer die Rolle der Schöffen endgültig an. Zur Abstimmung schreiten sie als Schöffen, damit das Spiel weitergehen kann. Doch das Dilemma, das von Schirachs Stück formuliert, arbeitet als realer Zwiespalt im Gewissen der Bürge-rinnen und Bürger. Theater und Realität fallen hier im Vorgang der Abstimmung untrennbar zusammen.

Es bleibt ein Unbehagen, das vom Ensemble aufgegriffen wird. Darum endet der Abend damit, dass die sechs Schauspielerinnen und Schauspieler die Funktionskostüme ihrer Figuren ablegen und sich zurückverwandeln in jene, die zu Beginn aus dem Publikum kommend auf die Bühne gestiegen sind. Was bleibt, sind Fragen wie die, was ein fiktives Abstimmungsergebnis für unsere Realität bedeuten könnte.

JEDER EINZELNE VON IHNEN GLAUBT, DASS ER SICH AUF SEINE MORAL, AUF SEIN GEWISSEN VERLASSEN KANN

Page 16: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

14 Gunnar Schmidt, Sithembile Menck, Heisam Abbas

Page 17: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

15

Page 18: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

16

Haben Sie das „Kanzlerduell“ gesehen, das auf allen Kanälen zum Höhepunkt des Wahlkampfs erklärt wurde? Stefan Raab fragte Peer Steinbrück dort immer wieder, ob die Kanzlerin ihren Amtseid verletze, weil sie zu wenig gegen die Abhörangriffe der NSA unternehme. Versäumte sie es, Schaden vom deutschen Volk abzuwen-den? Steinbrücks Antwort blieb merkwür-dig schwammig: „Frau Merkel hat ihren Amtseid wahrzunehmen.“ Es war richtig, die Frage zu stellen, sie streift die Oberflä-che eines grundsätzlichen Problems: des Rechtsbruchs unserer eigenen Regierun-gen. Unsere Freiheit wird im Namen der Sicherheit geopfert. Aber wir leben in einer Demokratie, wir können das ändern. Die Frage ist, ob wir das wollen.

In der Nacht zum 2.Mai 2011 erschossen amerikanische Soldaten den Terroristen Osama Bin Laden. Den Befehl dazu gab der Präsident der Vereinigten Staaten. Als der Tod des Terroristen verkündet wurde,

brach in Amerika Jubel aus, in New York tanzten Menschen auf der Straße. Barack Obama verkündete stolz: „Der Gerechtig-keit ist Genüge getan.“ Kurz darauf sagte die deutsche Bundeskanzlerin: „Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, Bin La-den zu töten.“ Und damit wir uns nicht über Merkels Freude wundern, erklärte Volker Kauder, die Kanzlerin habe sich natürlich ganz christlich gefreut: „Als Christ gibt es für mich das Böse in der Welt. Osama war böse. Und man darf sich als Christ freuen, wenn es weniger Böses auf der Welt gibt.“

Aber vielleicht ist es doch nicht so leicht. Darf ein einzelner Mann oder eine Regie-rung wirklich als Ankläger, Verteidiger und Richter in einer Person entscheiden, wer lebt und wer stirbt? Es gab eine Fülle von Rechtfertigungsversuchen, aber die meisten Völkerrechtler verwarfen sie. Und wenn wir genau hinsehen, sind all die Gesetze und völkerrechtlichen Regelungen, die wir gegen unser Bedürfnis nach Rache

VON FERDINAND VON SCHIRACH

WARUM DER TERRORISMUS ÜBER DIE DEMOKRATIE ENTSCHEIDET

DIE ISTWÜRDEANTASTBAR

Page 19: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

17

errichtet haben, Ausdruck für etwas ande-res, etwas was hinter ihnen steht und was größer ist als sie.

Am 5. Juli 1884 geriet die „Mignonette“, ein kleiner englischer Frachter, in einen Sturm. Das Schiff wurde auf das offene Meer abgetrieben. Etwa 1600 Meilen vor dem Kap der Guten Hoffnung kenterte es und sank. Die Mannschaft bestand aus vier Personen: dem Kapitän, zwei kräftigen Matrosen und einem 17-jährigen mageren Schiffsjungen. Sie konnten sich auf ein Beiboot retten. Als das Meer sich beruhigt hatte, überprüften sie ihre Vorräte. Es sah schlecht aus: An Bord waren lediglich zwei Dosen mit Rüben. Sie überlebten damit drei Tage. Am vierten Tag fingen sie eine kleine Schildkröte, sie aßen davon bis zum zwölften Tag. Wasser gab es nicht, nur manchmal konnten sie ein paar Tropfen Regen mit ihren Jacken auffangen. Am 18. Tag nach dem Sturm – inzwischen hatten sie sieben Tage lang nichts gegessen und fünf Tage lang nichts getrunken – schlug der Kapitän vor, einen aus ihrem Kreis zu töten, um die anderen zu retten. Drei Tage später hatte der Kapitän die Idee, Lose zu ziehen – wer verliere, solle getötet werden. Aber dann fiel ihnen ein, dass sie selbst

Familien hatten, der Junge aber nur eine Waisenkind sei. Sie verwarfen die Idee mit den Losen wieder. Der Kapitän war der Ansicht, dass es besser sei, einfach nur den Jungen zu töten. Am nächsten Morgen – noch immer war keine Rettung in Sicht – ging der Kapitän zu dem Jungen. Er lag halb verrückt vor Durst in einer Ecke des Bootes, er hatte Meerwasser getrunken, sein Körper war dehydriert. Es war klar, dass er in den nächsten Stunden sterben würde. Der Kapitän sagte zu ihm, seine Zeit sei gekommen. Dann stach er ein Messer in seinen Hals.

In den folgenden Tagen aßen die Seeleute Teile des Körpers des Jungen und tranken sein Blut. Am zweiten Tag nach der Tat entdeckten Passagiere eines vorbeifah-renden Schiffes das Boot. Die drei Überle-benden wurden gerettet und nach England gebracht. Jede Zeitung des Landes und fast jede Europas brachte die Geschichte. Es gab Zeichnungen der furchtbaren Ereig-nisse auf den Titelseiten, alle Einzelheiten wurden vor dem Publikum ausgebreitet. Die Stimmung in der Bevölkerung war für die Seeleute, sie hätten schon genug durchgemacht. Die Staatsanwaltschaft ließ sie trotzdem verhaften und stellte sie

WIR DÜRFEN NIEMALS EINEN UNSCHULDIGEN FUR UNSER EIGENES ÜBERLEBEN OPFERN

ANTASTBAR

Page 20: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

18

vor Gericht. Einer der beiden Matrosen hatte sich als Zeuge zur Verfügung gestellt, er selbst wurde nicht angeklagt. Der Fall ging unter dem Namen „Die Königin gegen Dudley und Stephens“, das waren die Namen der beiden Seeleute, in die Rechts-geschichte ein. Die einzige Frage des Prozesses lautete: Durften die Seeleute den Schiffsjungen töten, um ihr eigenes Leben zu retten? Drei Leben gegen eines. Das Gericht sollte darüber urteilen, ob eine solche Rechnung erlaubt ist.

Ich vermute, die meisten Menschen hätten bei einem Freispruch ein schlechtes Gefühl. Aber denken Sie einfach an andere Zahlen. Was wäre, wenn durch den Tod des Jungen nicht 3 Seeleute überlebt hätten, sondern 300? Ändert sich etwas, wenn es 30 000 oder 300 000 wären? Ist es tatsäch-lich eine Frage der Zahl? Das ist kein theo-retisches, sondern ein sehr aktuelles Prob-lem: Stellen Sie sich vor, auf dem Flughafen Köln/Bonn ist eine Maschine gestartet. Ein Mann verschafft sich Zugang zum Cock-pit, er tötet Pilot und Co-Pilot. Der Mann erklärt über Funk, er fliege die vollgetankte Maschine nach Berlin und lasse sie auf den Potsdamer Platz abstürzen. Vier Abfang-jäger der Bundeswehr sind aufgestiegen. Sie fliegen dicht neben der entführten Maschine. Die Bundeskanzlerin ist evaku-iert worden. Lässt die Bundesregierung die Maschine abschießen, rettet sie Tausende unschuldige Menschen. Sie hat sich die Passagierliste geben lassen. 164 Reisende, Geschäftsleute auf dem Weg nach Berlin, zwei schwangere Frauen, sechs Kinder, ein Hund. Die Regierung muss entscheiden: Was sind 164 gegen Tausende? Und wenn das Flugzeug abstürzt, würden den Reisen-den doch sowieso nur wenige Minuten bis zum sicheren Tod bleiben. Was würden Sie selbst tun?

Unser Grundgesetz beginnt mit dem Satz: „Die Würde des Menschen ist unantast-bar.“ Das ist natürlich falsch, denn die Würde wird dauernd angetastet. Es soll heißen, dass die Würde nicht angetastet werden darf. Der Satz steht nicht zufällig am Anfang unserer Verfassung. Er ist ihre wichtigste Aussage. Dieser erste Artikel besitzt eine „Ewigkeitsgarantie“, das heißt er kann nicht geändert werden, solange das Grundgesetz gilt. Aber was ist diese Würde, von der auch die Politiker gern reden, eigentlich? Das Bundesverfas-sungsgericht sagt, Würde bedeute, ein Mensch dürfe niemals zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht werden. Aber was soll das sein: „ein bloßes Objekt staatlichen Handelns?“

Die Idee geht auf Kant zurück. Der Mensch, sagte Kant, könne sich seine eigenen moralischen Gesetze geben und nach ihnen handeln, das unterscheide ihn von allen anderen Wesen. Er erkenne die Welt, er könne über sich selbst nachden-ken. Deshalb sei er Subjekt und nicht, wie ein Tier oder ein Stein, bloßes Objekt. Kant nennt ihn, den vernünftigen Menschen, „Person“, dem allein Würde zukomme.

Schopenhauer warf Kant vor, er habe den Begriff nicht hinreichend bestimmt. Ganz unrecht hat er damit wohl nicht: Weshalb ein Wesen, das sich seiner selbst bewusst ist, „Person“ sein soll und alle anderen Lebewesen nicht, erklärt Kant nicht. Ich glaube, er brauchte keine weitere Be-gründung. Denn ob wir es wollen oder nicht: Unser gesamtes Denken ist tief und in jedem Bereich vom Christentum beeinflusst. Dabei ist es ganz gleichgültig, ob wir an einen Gott glauben oder nicht. Das Neue dieser Religion war ja nicht die Erschaffung eines neuen Gottes. Das Neue

Page 21: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

19Antonia Mohr

Page 22: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

20

war die kompromisslose Achtung des Mitmenschen. Unsere Philosophie, unsere Kunst, unsere Kultur sind ohne diese Achtung nicht vorstellbar. Die Achtung vor dem anderen Menschen bedeutet nichts anderes, als ihn zum Subjekt zu machen. Die Verfassung geht daher auch weiter, als Kant das tat: Bei Kant können nur vernünf-tige Menschen Personen sein – ein Kind oder ein geistig Behinderter fällt nicht da-runter. Der Verfassung reicht es hingegen, wenn der Mensch ein Mensch ist. Schon dadurch ist er Subjekt und besitzt Würde. Wenn nun über einen Menschen bestimmt wird, ohne dass er darauf Einfluss nehmen kann, wenn also über seinen Kopf hinweg entschieden wird, wird er zum Objekt. Und damit ist klar: Der Staat kann ein Leben niemals gegen ein anderes Leben auf-wiegen. Keiner kann wertvoller sein als ein anderer, eben weil Menschen keine Gegenstände sind. Und das gilt auch für große Zahlen.

Ist das nur eine Idee der Professoren und der Philosophen? Eine Forderung der Verfassungsrichter, die weit weg von den Anstrengungen unseres normalen Lebens entscheiden? Nein, im Gegenteil: Stellen Sie sich nur einmal vor, was passieren würde, wenn wir ein Leben gegen ein anderes aufrechnen dürften: Drei Patien-ten sind sterbenskrank. Dem einen fehlt eine Niere, das Herz des zweiten bleibt gleich stehen, der dritte hat so viel Blut verloren, dass auch er sterben wird. Ein völlig gesunder Mann, nur mit Schnupfen, sitzt im Wartezimmer und liest Zeitung. Wenn wir Leben gegen Leben rechnen, muss der Arzt den Gesunden ausnehmen, um die anderen drei zu retten. Eins zu drei eben. In einer solchen Welt wäre es noch gefährlicher, zum Arzt zu gehen, als es ohnehin schon ist.

„Im echten Leben“, im Fall des Flugzeug-entführers, zweifeln wir trotzdem, ob die Wertung der Verfassung richtig ist. Wenn es gar nicht anders geht, dürfen und müssen wir den Mann töten, der kurz davor ist, eine Bombe zu zünden. Niemand, der vernünftig ist, kann das bestreiten. Aber wir dürfen niemals einen Unschuldigen für unser eigenes Überleben opfern, wir können Leben nicht gegen Leben abwä-gen – auch wenn das andere Leben „nur“ ein magerer, halbtoter Schiffsjunge ist oder wenn es „nur“ 164 Reisende in einem Flugzeug sind. Der Richter in dem Fall „Die Königin gegen Dudley und Stephens“ brachte es auf den Punkt: „Wie schrecklich die Versuchung war, wie schrecklich das Leiden (der Seeleute) … Aber wie soll der Wert von Leben verglichen werden?“ Dann heißt es weiter: „Soll es Kraft sein oder Intellekt oder etwas Anderes? … In dem Fall wurde das schwächste, das jüngste, das widerstandsloseste Leben gewählt. War es richtiger, ihn zu töten, als einen der erwachsenen Männer? Die Antwort muss lauten: Nein“.

Die Regierungen haben längst damit begon-nen, diese Grundsätze in Frage zu stellen. Mit immer komplizierteren Konstruktionen wird heute versucht, diese vollkommen klare Entscheidung für die Gleichwertigkeit der Menschen zu umgehen. Es gibt zahlrei-che Beispiele: Barack Obama erklärte kurz nach seinem Amtsantritt, die USA würden den Kampf gegen Gewalt und Terrorismus weiter verfolgen, aber auf eine Weise, „die unsere Werte und unsere Ideale achtet“. Er sagte, er werde das Lager in Guantanamo schließen, und bekam den Friedensnobel-preis. Endlich schien Amerika – dieses im letzten Jahrhundert so strahlende Land, der Bürge der Welt für Freiheit, Fairness und Anständigkeit – sich wieder auf seine

Page 23: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

21

Ideale zu besinnen. Es war ein glücklicher Moment. Die Erklärung des Präsidenten ist nun vier Jahre her. Seitdem werden in Guantanamo weiter rechtlose Menschen festgehalten, erniedrigt und gequält.

Auch in der Bundesrepublik gibt es seit Jahren eine solche Bewegung. Der Rechtswissenschaftler Günther Jakobs unterschied in einem Aufsatz 1985 zum ersten Mal zwischen Feindstrafrecht und Bürgerstrafrecht. Er berief sich dabei auf die Vertragstheorie von Thomas Hobbes: Ein Mensch, der die Gesellschaft verlasse, begebe sich in einen gesetzlosen Naturzu-stand und werde zum Feind. Und als Feind müsse er bekämpft werden. Terroristen, die den Staat und die Verfassung selbst an-greifen, sind danach vogelfrei, sie werden zu Rechtlosen. Nach dieser Theorie dürfen sie gefoltert oder getötet werden, wenn sie unsere Gesellschaft zerstören wollen – ein Lager wie in Guantanamo wäre auch in Deutschland legal. Das ist nicht bloß eine abstrakte Diskussion – sie wird erbittert geführt, und es gibt ernsthafte Leute, die einem solchen Feindstrafrecht zugeneigt sind. Nach dem 11. September 2001 fragte Jakobs, ob die Bindungen, die sich der

Rechtsstaat gegenüber seinen Bürgern auferlegt, gegenüber Terroristen nicht viel-leicht „schlechthin unangemessen“ seien.

Während aber Jakobs nur Terroristen und Mafia-Mitglieder nach Feindstrafrecht bekämpfen wollte, wurde bei dem Fall Magnus Gäfgen diskutiert, ob besonders abscheuliche Verbrechen nicht auch durch Folter aufgeklärt werden dürfen – zumin-dest, wenn ein anderes Leben dadurch vielleicht gerettet werden kann. Das Wort von der Rettungsfolter machte die Runde. Bei Gäfgen handelte es sich weder um einen Terroristen noch um einen Mafio-so. Viele waren und sind dennoch sofort bereit, ihm die Menschenwürde abzuspre-chen. Sogar der damalige Vorsitzende des Deutschen Richterbundes hielt Folter nicht für ausgeschlossen, und es gab Professo-ren, die dem zustimmten.

Vielleicht glauben Sie ja, in diesem Land wären zumindest die bürgerlichen Politi-ker zu vernünftig, um Grundrechte wegen einer terroristischen Gefahr tatsächlich zu beschneiden. Das Gegenteil ist der Fall: Erst 2007 stimmten CDU, CSU und SPD für die Vorratsdatenspeicherung. Jeder Bürger

DIE WESTLICHE WELT, IHRE FREIHEIT UND IHR SELBSTVERSTANDNIS ...ENTSCHEIDET SICH AM UMGANG MIT DEM RECHT

Page 24: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

22

konnte damit überwacht werden. Das Gesetz folgte auf die Anschläge in Madrid und London, nur so sei der Kampf gegen den Terror zu gewinnen. Später stellte das Bundeskriminalamt fest, dass sich die Aufklärung durch die Vorratsdatenspeiche-rung im besten Fall um 0,006 Prozentpunk-te erhöhen würde. So wenig reichte also aus, um unsere Grundrechte zu verletzen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Zahlen bei der NSA wesentlich höher sind. Das Bundesverfassungsgericht hob das Gesetz wieder auf. Und die Politiker? Sie traten nicht zurück, sie entschuldigten sich nicht, sie schämten sich noch nicht einmal.

Die Anhänger des Feindstrafrechts, der Polizist, der Folter androht, Barack Obama mit seinem Tötungsbefehl und Angela Mer-kel in ihrer Freude – sie alle irren sich. Mit den Rechten des Menschen ist es nämlich in Wirklichkeit wie mit der Freundschaft. Sie taugt nichts, wenn sie sich nicht auch und gerade in den dunklen, in den schwie-rigen Tagen bewährt. Unser Konsens, dass unsere Regierungen niemals bewusst einen Rechtsbruch begehen dürfen, die Grundlage unserer Verfassungen also, wird jetzt dauernd verletzt: Kriegsdrohnen töten Zivilisten, Terroristen werden gefoltert und rechtlos gestellt, unsere E-Mails und SMS werden von den Geheimdiensten gelesen, weil wir unter Generalverdacht stehen. Das

alles geht zwar nicht von unserer Regie-rung aus, und das Recht verlang von nie-manden etwas, was er nicht leisten kann. Natürlich kann die Kanzlerin Guantanamo nicht auflösen oder die NSA abschaffen – ihren Eid hat sie also nicht gebrochen. Aber das allein reicht nicht, die Aufgabe der Regierung geht viel weiter. Wenn Po-litiker nicht mehr alles tun, um die Verfas-sung zu schützen, wenn sie den fremden Rechtsbruch mittragen und wenn er manchmal sogar Freude in ihnen auslöst, stellt das uns selbst in Frage. Die westliche Welt, ihre Freiheit und ihr Selbstverständ-nis, wird nicht an Autobahnmaut, Steuerer-höhung oder Pflegeversicherung entschie-den – sie entscheidet sich am Umgang mit dem Recht.

Der alte englische Richter verurteilte die Seeleute wegen Mordes zum Tode, emp-fahl aber ihre Begnadigung. Nach sechs Monaten wurden sie von der Krone wieder auf freien Fuß gesetzt. In der Urteilsbe-gründung stehen die großartigen Sätze, an die wir uns heute – 130 Jahre später – noch halten sollten: „Wir werden häufig dazu gezwungen, Standards aufzustellen, die wir selbst nicht erreichen, und Regeln festzulegen, die wir nicht selbst befriedi-gen können … Es ist nicht notwendig, auf die schreckliche Gefahr hinzuweisen, die es bedeutet, diese Grundsätze aufzugeben.“

Gunnar Schmidt, Sebastian Reiß

Page 25: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

23

Page 26: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

24 Das Nationale Lage- und Führungszentrum „Sicherheit im Luftraum“ (NLFZ) in Uedem

Wir leben in Zeiten konkreter Bedrohung durch Terroranschläge jeder Art. Die Ge-fahr kann auch aus dem Luftraum kommen und heißt „Renegade“. Es ist das Szenario eines entführten Flugzeugs, das – ähnlich wie bei den Angriffen der al-Qaida in den USA am 11. September 2001 – als Terror-waffe eingesetzt werden soll. Zuständig für die Abwehr einer solchen Gefahr sind in Deutschland an 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr zwei Alarmrotten un-serer Luftwaffe. Diese „Quick Reaction Alert-Interceptor“-Rotten (QRA-I) sind in Süddeutschland beim Taktischen Luft-waffengeschwader 74 in Neuburg an der Donau und in Norddeutschland bei der Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“ in Wittmund stationiert. Beide Verbände nutzen dafür ihr Waffensystem Eurofighter. Auffällig ist: Die Zahl der Ernstfälle für die Eurofighter, die den deutschen Luftraum schützen, nimmt ständig zu. In Zeiten hoher Terrorbedrohung steigt bei den Sicher-heitskräften neben der Wachsamkeit auch die Anspannung …

Im vergangenen Jahr starteten die Alarm-rotten der deutschen Luftwaffe beinahe doppelt so oft wie 2014, um eventuell gekaperte Flugzeuge zu identifizieren und abzufangen. Diese Auskunft erhielt jetzt Tobias Lindner, verteidigungspolitischer Experte der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, von der Bundesregierung.

Lindner hatte wissen wollen, wie oft die QRA-Rotten der Luftwaffe in den letzten drei Jahren jeweils alarmiert worden sind – aufgeschlüsselt nach echten Alarmstarts (Alpha-Scramble) und Übungen (Tango-Scramble) – und welche Lagen zu den je-weiligen Alpha-Scrambles geführt hatten.

Ralf Brauksiepe, Parlamentarischer Staats-sekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, nannte am 18. Januar Zahlen. So hatte es im Jahr 2013 lediglich sieben Alpha-Scrambles gegeben (und 1066 Tango-Scrambles), im Jahr 2014 bereits zehn Alpha-Scrambles (1087) und 2015 schließlich 18 Alpha-Scrambles (1063).

DIE

STÄNDIG ZUERNSTFÄLLE

NEHMEN

Page 27: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

25

Detailliertere Angaben zu den „scharfen“ Alarmstarts wurden von der Bundesre-gierung „aufgrund des Bezugs zu ope-rationellen Einsatzgrundsätzen“ in einer als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Anlage an den Fragesteller separat übermittelt und sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Wie die Politikredakteure Manuel Bewar-der und Thorsten Jungholt in ihrem am 24. Januar erschienenen Onlinebeitrag für „Die Welt“ berichteten, ist die Zahl der Alarmeinsätze am deutschen Himmel sogar noch höher. Zu den offiziellen Einsatzzah-len der Bundeswehr kommen noch die Alarmstarts der Verbündeten und deren Abfangeinsätze im grenznahen Raum hinzu.

Nach Auskunft der Bundespolizei auf Anfrage der „Welt“ soll es im letzten Jahr alles in allem 42 Alpha-Scrambles gegeben haben (2014: 33/2013: 18). Dabei schien die Gefahr laut Bundespolizei im Zeitraum 2013 bis 2015 so groß, dass zivile Flugzeuge

sechs Mal als „Renegade“-Fall eingestuft werden mussten.

Das Militär spricht von einem „Renegade“-Szenario, wenn ein ziviles Flugzeug „durch sein Flugverhalten den Verdacht aufkommen lässt, dass es möglicherweise als Waffe zur Verübung eines terroristi-schen oder anders motivierten Angriffs missbraucht wird“ (der englische Begriff „Renegade“ bedeutet „Abtrünniger“ oder „Überläufer“). Eine kürzere Definition der Luftwaffe lautet: „Als ,Renegade‘-Fall wird eine zivile, fliegende Plattform, die für ter-roristische Zwecke als Waffe missbraucht werden soll, bezeichnet.“

In keinem der registrierten Fälle bestätigte sich der Verdacht einer Terroraktion. Wie so oft in der Vergangenheit war eine unter-brochene Funkverbindung zwischen dem Verkehrsflugzeug und der Flugsicherung Grund für einen Alpha-Scramble gewesen. Oder das Abweichen vom geplanten Kurs durch eine Fehlfunktion der Navigations-

Page 28: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

26

einrichtung. Auch Pilotenfehler oder extreme Probleme an Bord der Maschine mit Passagieren – also von der Normalität abweichende Ereignisse – können einen Alarmstart auslösen.

Die Wahrung der Luftsicherheit im deut-schen Luftraum ist eine permanente Aufgabe – in Friedens- sowie in Krisen- und Konfliktzeiten. Deutschland bildet dabei grundsätzlich einen Teil der integ-rierten NATO-Luftverteidigung. In einem Pressebeitrag unserer Luftwaffe vom Oktober vergangenen Jahres heißt es dazu: „Das Luftverteidigungskonzept der NATO basiert auf dem Prinzip des Raumschutzes. Das bedeutet, dass der Schwerpunkt im Frieden generell auf der kontinuierlichen und möglichst lückenlosen Luftraumüber-wachung liegt. Jedes fliegende Objekt im Luftraum des Bündnisses soll erfasst, ver-folgt und identifiziert werden. Die deutsche Luftwaffe stellt dazu täglich rund um die Uhr zwei Alarmrotten bereit.“

Diese QRA-Rotten werden durch einen multinationalen Gefechtsstand der NATO – Combined Air Operations Center (CAOC) – alarmiert. Das CAOC entscheidet bei Luftnotfällen, welche Alarmrotte wann in den Einsatz startet. Die Alarmrotten absolvieren tagtäglich Übungsschutzflüge (Tango-Scrambles), um für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Im „Renegade“-Fall in deutschem Luftraum startet die Alarmrotte ausschließlich in nationaler Verantwor-tung. Die Befehlsgewalt über die Maschi-nen geht dabei zuvor vom Bündnis auf Deutschland über. Der Befehl für derartige nationale Einsätze („Quick Reaction Alert“) kommt vom Nationalen Lage- und Füh-rungszentrum „Sicherheit im Luftraum“ im niederrheinischen Uedem. Das Zentrum nahm im Oktober 2003 seinen Betrieb auf.

Hier kontrollieren Bundeswehrangehörige, Beamte der Bundespolizei sowie Vertre-ter der Deutschen Flugsicherung und des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe im 24-Stunden-Schichtbetrieb den Luftraum. Bei Bedarf werden auch Informationen des Bundes-nachrichtendienstes, des Bundeskriminal-amtes oder der Polizeibehörden der Länder genutzt. Das Zentrum arbeitet auch mit den Nachbarstaaten Deutschlands zusammen.

Die in den Jahren 2013 bis 2015 dokumen-tierten Alpha-Scrambles hatten glückli-cherweise alle ein gutes Ende. Was, wenn das „Renegade“-Szenario Wirklichkeit zu werden droht?

Die „heikle Bewährungsprobe“ blieb der Regierung bis jetzt erspart, schreiben die „Welt“-Autoren: „Denn wenn von den Eurofighter-Piloten ein Terrorangriff nicht ausgeschlossen werden kann, muss die politische Führung informiert werden. Das ist zunächst die Verteidigungsministerin. Nach einem Urteil des Bundesverfassungs-gerichts aus 2013 darf sie aber nicht mehr allein entscheiden, sondern muss einen kollektiven Beschluss der Regierung einho-len – angesichts des Zeitdrucks in solchen Lagen ein ambitioniertes Vorhaben.“

Auch bleibt der eigentliche Abschuss eines Flugzeuges, das durch Terroristen entführt worden ist, weiterhin verboten. Erlaubt haben die Karlsruher Bundesver-fassungsrichter lediglich das Abdrängen der gekaperten Maschine oder die Abgabe von Warnschüssen. Der Abschuss ist nur dann gestattet, wenn in dem „Renegade“-Flugzeug ausschließlich Terroristen sitzen.

Von Christian Dewitz

Page 29: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

27

CHARLIE

Ich glaube an den gelassenen, freien Geist unserer Verfassung, an ihre souveräne Toleranz und ihr freundliches Menschenbilde. Und deshalb bin ich davon überzeugt, dass Religionen – wie alle anderen Ideen auch – der Kritik ausgesetzt werden dürfen. Das gilt vor allem dann, wenn Gewalttaten religiös begründet werden … Der Terroranschlag ist deshalb auch nicht zu vergleichen mit dem Ehemann, der seine Frau tötet, oder dem Räuber, der eine Bank überfällt. Es war kein Verstoß gegen die Rechtsordnung, ein war ein Angriff auf die Rechtsordnung … Ich bin noch immer davon überzeugt, dass die aufgeklärte Demokratie auch Terroristen, auch Menschen, die unsere Gesellschaft zerstören wollen, nur mit den Mitteln des Rechts begegnen darf. Nur dadurch erweist sich die Wehr- und Wahrhaftigkeit des Rechtsstaates. In unserem Zorn, in unserem Wunsch nach Rache, sind wir immer gefährdet, das zu vergessen.

Ferdinand von Schirach: Rede zur Verleihung des M100-Sanssouci Medien Preises an Charlie Hebdo

HEBDO

Page 30: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

28

Page 31: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

29XX

Ensemble und Regieteam zu Besuch beim 74. Taktischen Luftwaffengeschwader in Neuburg an der Donau.

Page 32: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

30

Ein Gespräch mit den ehemaligen Bun-despolitikern Gerhart Baum und Burkhard Hirsch über die gefährlichen Konsequen-zen von Ferdinand von Schirachs Theater-stück Terror

Terror, das Theaterstück des Schriftstel-lers und Strafverteidigers Ferdinand von Schirach, ist das meistgespielte Stück dieser Tage. Allein in Deutschland ist es schon an 39 Bühnen zu sehen gewesen: Ein Terrorist kapert eine Passagiermaschine und zwingt die Piloten, Kurs auf ein vollbe-setztes Fußballstadion zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug in letzter Minute ab, alle Passagiere sterben. Der Pilot muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Ist er schuldig oder nicht schuldig? Ferdinand von Schirach lässt die Theaterbesucher abstimmen. Das Urteil, das am Schluss verkündet wird, liegt also ganz in der Hand der Zuschauer.

Gerhart Baum, Bundesinnenminister unter Helmut Schmidt, und Burkhard Hirsch, von 1994 bis 1998 Vizepräsident des Deutschen Bundestages, beide Mitglieder der FDP, kritisieren dieses Stück. Wir haben auch Ferdinand von Schirach zum Gespräch gebeten, der sich der Runde aber nicht anschließen wollte.

Herr Baum, Herr Hirsch, Sie kennen die Materie des Stücks besonders gut, warum?

Gerhart Baum Am 11. Januar 2005 trat un-ter der damals rot-grünen Bundesregierung das Luftsicherheitsgesetz in Kraft, das im Fall einer Flugzeugentführung durch Terro-risten den militärischen Abschuss erlaubte und damit auch die Tötung unschuldiger Menschen – vor dem Hintergrund, sie seien ohnehin dem Tod geweiht. Herr Hirsch hat die Verfassungsbeschwerde damals maß-geblich ausgearbeitet, die wir gemeinsam beim Bundesverfassungsgericht einge-reicht haben.

„TERROR“ – DAS DRAMA DER STUNDE?

DIEDROHUNG

Page 33: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

31

Burkhard Hirsch Für die Verfassungsbe-schwerde hatte ich ein Mandat von einem deutschen Berufspiloten, einem Hobbypilo-ten und drei privaten Vielfliegern. Ein Jahr, nachdem das Gesetz in Kraft getreten war, erklärten die Richter den Paragraphen 14 Absatz 3 des Luftsicherheitsgesetzes für verfassungswidrig.

G.B. Die Richter folgten unserer Argumen-tation, dass Menschenleben nicht gegen Menschenleben aufgewogen werden dür-fe. Sie statuierten ein Verrechnungsverbot.

B.H. Es gibt in dem Urteil einen tollen Satz: „Unter dem geltenden Artikel 1 des Grundgesetzes“, die Würde des Menschen ist unantastbar, „ist eine gesetzliche Er-mächtigung schlechterdings unvorstellbar, unschuldige Menschen, die sich in einer für sie hoffnungslosen Lage befinden, vorsätz-lich zu töten.“

Nach der Uraufführung von Terror im Herbst 2015 haben Sie, Herr Hirsch, Fer-dinand von Schirach geschrieben und das Stück kritisiert. Warum?

B.H. Er verfälscht die Wirklichkeit und macht die Zuschauer zu Richtern in einer Sache, die sie für die Wirklichkeit halten, ohne die eigentliche Konfliktlage erkennen zu können.

Gehört das nicht zur Freiheit der Kunst?

G.B. Ist das denn Kunst? Das Stück ist in einer hochpolitisierten Wirklichkeit ange-siedelt, von der es gar nicht zu trennen ist. Es ist eine Art Dokumentation. Das von uns veranlasste Verfahren in Karlsruhe ist auf die Bühne gebracht worden mit vielen Zita-ten aus dem Verfahren, und gleichzeitig ist es auch künstlerische Freiheit – und diese

Mixtur überzeugt eben nicht.

B.H. Schirach erweckt den Anschein, der Rechtsstaat sei wehrlos, wenn nicht alle Passagiere, Männer, Frauen, Kinder, und möglicherweise weitere Personen an der Absturzstelle vorsätzlich getötet werden. Das ist schlicht falsch. Der Pilot tötet sie auf der Grundlage seiner eigenen Vermu-tungen.

G.B. Als das Stück letzten Herbst uraufge-führt wurde, hat Schirach in einem Essay im „Spiegel“ geschrieben, er selbst halte den Piloten Lars Koch, seinen Protagonis-ten, für schuldig.

Dann stimmt er doch mit Ihnen in der Grundauffassung zur Menschenwürde überein.

G.B. Stimmt genau. Warum stellt er dann aber im Stück seine von mir geteilte Grundüberzeugung so zur Disposition, dass eine große Zahl der Besucher nur noch den gewissensgeplagten Piloten sieht?

Was könnte der Grund sein?

G.B. Es würde sonst an Dramatik fehlen.

Laut Statistik haben zusammengerechnet 59,4 Prozent der Zuschauer bislang für Freispruch plädiert. Der Pilot wurde in 93,9 Prozent aller verkündeten Urteile freige-sprochen. Was treibt die Zuschauer dazu an?

G.B. Schon der Titel des Stücks ist ja publi-kumswirksam: Terror. An mehreren Stellen tauchen dann Schlagworte auf, die einen Nerv treffen: „Wir befinden uns im Krieg“, oder: Es sei naiv, von etwas anderem auszugehen, als dass Krieg herrsche. Hinzu

Page 34: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

32

kommt die zugespitzte fiktive Situation: 164 Menschen im Flugzeug gegen 70 000 im Stadion.

B.H. Schirach bringt die Leute dazu, eine falsche Entscheidung zu treffen und sie in die Wirklichkeit zu transponieren.

Wir haben uns gefragt, worüber das Publi-kum letztlich abstimmt: über den konkreten Fall des Piloten, über Ihre Verfassungsbe-schwerde, über die Menschenwürde?

G.B. Das ist in der Tat das Dilemma, in das der Autor die Besucher bei der Abstim-mung bringt. Natürlich kann man dem Piloten schuldmindernde Gründe zurech-nen, ohne die Menschenwürde in Frage zu stellen. Aber bei Schirach muss man sich für den Piloten oder für die Verfassung entscheiden.

B.H. Herr Baum, dann müssen Sie den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung und auch Wolfgang Schäuble erwähnen.

G.B. Nach dem Urteil, das wir in Karlsruhe erstritten haben, verkündeten die beiden öffentlich: Wenn es zu einem solchen Entführungsfall käme, sie würden trotzdem abschießen.

Wie haben Sie darauf reagiert?

G.B. Wir haben überlegt, deswegen vor Gericht zu gehen.

B.H. Das Parlament hätte die Minister dafür zurechtweisen müssen. Sie hatten angekündigt, gegen einen elementaren Verfassungsgrundsatz zu verstoßen.

Und?

B.H. Hat es aber nicht. Schäuble und Jung vermittelten so den Eindruck, der Staat würde hilflos, wenn er die Verfas-sung anwendet. Das ist das Problem. Die Bundesrepublik hat sogar völkerrechtlich anerkannt, dass der Abschuss eines Pas-sagierflugzeugs ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, und sich verpflichtet, Terroristen nicht als Soldaten in einem Krieg zu behandeln, sondern als Verbre-cher. Ich wehre mich leidenschaftlich gegen die ständigen Versuche, zu insinu-ieren, es handele sich in Wirklichkeit um einen kriegsähnlichen Zustand, in dem wir uns befinden.

Nach den Gewalttaten in Nizza, im Zug bei Würzburg, in München und Ansbach wer-den noch mehr Menschen dieses Gefühl haben. Was kann man dagegen tun?

G.B. Die Angst ist verständlich, aber sie muss von der Politik moderiert werden. Sicherheit darf nicht zum beherrschenden Leitwert werden. Leitwert ist die Freiheit. Und Freiheit ist immer von Unwägbarkeiten begleitet. Freiheit ist ohne Risikobereit-schaft nicht zu haben. Aber wir müssen die Risiken mindern.

Wie?

G.B. Gewalt fängt in den Köpfen an. Prä-vention ist unverzichtbar. Sie ist so wichtig wie Repression. Wir müssen alle Möglich-keiten nutzen, vor allem im islamischen Raum, gefährdete, labile, verführbare Menschen von Gewalt abzuhalten. Verbün-den wir uns mit denen in der Gesellschaft, die mit schlüssigen Konzepten darauf ihre Kraft verwenden. Es ist schändlich, wie jetzt Einzeltaten wieder gegen Fremde und den Islam politisch instrumentalisiert werden.

Page 35: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

33

gerade gemacht haben.

Angenommen, man würde über die Todes-strafe abstimmen lassen . . .

G.B. Siebzig Prozent in Deutschland sind dafür. Bei einer solchen Abstimmung wäre aber jedem klar, dass die Todesstrafe verfassungswidrig ist. Darauf hat Schirach verzichtet. Das ist das Populistische daran. Der Verzicht, darauf hinzuweisen, dass der Freispruch eine Abstimmung ist, die sich gegen das Grundgesetz wendet. Das hätte er hinzufügen können, auch nachträglich.

B.H. Das stimmt. Das Stück führt einen auch nicht zu der eigentlichen Frage, nämlich, wie weit steht das Leben eines Bürgers zur Disposition einer Regierung. Das ganze Gedankengebäude – auch in dem Stück – hängt doch davon ab, dass man das Gefühl hat, jawohl, da werden Menschenleben gerettet, in Terror 70 000. In Wirklichkeit weiß niemand, ob die wirk-lich überhaupt bedroht sind!

G.B. Dazu muss man wissen, dass es etwa 300 Fälle pro Jahr gibt, in denen „Alpha Scramble“ ausgerufen wird, in einem wa-ren es sogar 400.

Was bedeutet „Alpha Scramble“?

B.H. Es steht für einen Alarm, der ausge-löst wird, wenn sich ein Flugzeug unange-meldet im Luftraum aufhält und wenn kein Funkkontakt vorhanden ist. Dann starten Bundeswehrflugzeuge, um die Maschi-ne zunächst zu beobachten. Es hat 1972 diesen Fall gegeben: Eine Maschine ist auf die Abschlussfeier der Olympischen Spiele zugeflogen. Der Funkkontakt zu der Maschine war abgebrochen. Der damalige Verteidigungsminister Georg Leber hatte

Prävention ist natürlich wichtig, aber wie sehr hilft sie in einer Situation, in der jederzeit und überall Gewalttaten möglich scheinen?

G.B. Wir sind in einer Situation, in der die Art der Bekämpfung des Terrorismus der freiheitlichen Gesellschaft ohne zwingende Notwendigkeit schweren Schaden zufügt – eine Situation, die dem Terror zusätzliche motivierende Argumente liefert. Beson-nenheit ist jetzt wichtig, in der Gesellschaft – und auch in den Medien. Die wilden Spekulationen in der Nacht nach der Tat in München waren kein verantwortungsvoller Journalismus. Nicht jede Gewalttat ist, so schrecklich sie sein mag, ein terroris-tischer Akt. Und wir befinden uns nicht im Krieg, wie der französische Staatspräsi-dent François Hollande sagt – und nach den Morden in München wiederholt hat –, sondern wir bekämpfen Kriminelle. Im Krieg wird der Gegner in der Regel ver-nichtet. Verrechnung von Menschenleben ist die Logik des Krieges. Aber gerade in Zeiten der Bedrohung müssen wir uns auf unsere freiheitlichen Grundrechte berufen und diese nicht relativieren.

Wir haben Terror zusammen mit Ihnen, Herr Baum, am Deutschen Theater in Ber-lin gesehen. Da waren viele junge Leute im Publikum, Schüler, ganze Philosophiekurse, die auch nach der Aufführung in einem Nachgespräch viele Fragen gestellt haben. Was lernen die?

G.B. Sie lernen etwas Falsches. Schirach hätte das Stück ja auch so anlegen können, dass es nach dem Urteilsspruch noch einen Moment gibt, in dem gegenüber dem Publi-kum aufgegriffen wird: So haben Sie abge-stimmt, das bedeutet Ihre Entscheidung. Es entspricht nicht dem Grundgesetz, was Sie

Page 36: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

34

drei Minuten Zeit, um zu entscheiden, ob sie abgeschossen werden soll.

Ist das der übliche Zeitrahmen für eine solche Entscheidung?

B.H. In der Bundesrepublik können es höchstens bis zu zehn Minuten sein. In den drei Minuten, die Leber zur Verfügung hatte, kann man nicht mal anständig Rückfragen stellen. Auch zehn Minuten sind für eine Entscheidung dieser Tragweite natürlich fatal wenig: Man kann sich nicht ausrei-chend vergewissern, ob alle Informationen wirklich korrekt sind. Man kann letztlich nur nach Gefühl entscheiden. Leber hat sich gegen den Abschuss entschieden.

Was geschah dann?

B.H. Der Pilot der Passagiermaschine hat sich bald gemeldet, sie hatten ein Prob-lem mit ihrem Funksystem. Es waren über hundert Menschen an Bord. Wenn der Funkkontakt abbricht, haben die Piloten die Anweisung, den Flugplan wie festgelegt einzuhalten. Der Flughafen von München war damals noch in Riem, die Route dorthin führte über das Olympiastadion. Die Piloten haben sich an alle Regeln gehalten, hatten aber leider dieses technische Problem, weswegen sie beinahe alle getötet worden wären.

Im Stück wird das zitiert, und es sieht ganz so aus, als habe Schirach sich an diesen Fall angelehnt.

B.H. Aber in seiner Geschichte haben sie merkwürdigerweise 28 Minuten Zeit, um sich zu entscheiden. Ich kann mir keinen Fall vorstellen, bei dem so viel Zeit vor-handen wäre, die Maschinen fliegen ja mit mehr als 600 Stundenkilometern. In der

Geschichte von Herrn von Schirach müsste man ja auch noch die Frage stellen: Wieso hat der Staat das angeblich bedrohte Stadi-on nicht räumen lassen?

G.B. Die Frage wird kurz thematisiert.

B.H. Ja, aber sie bleibt ohne Folge. Und dann kriegt der Pilot im Stück den Befehl, nicht zu schießen. Mit welchem Recht be-mächtigt er sich eigentlich der ihm anver-trauten militärischen Waffe und erschießt die Leute? Würde er das auch dann tun, wenn er nicht einfach auf einen Knopf drü-cken, sondern sie mit seiner Pistole einzeln erschießen müsste? Er sagt: Es war eine Gewissensfrage. Ist er der liebe Gott? Er weiß nichts über die Situation im Flugzeug. Es gab auch den Fall einer anderen entführ-ten Maschine, die schließlich in München landete. Der Entführer war ein Spinner, die Handgranate, mit der er gedroht hatte, eine Attrappe. Seine Drohung war leer gewe-sen. Auch eine Maschine, die man hätte abschießen können.

Aber hier kann man doch einwenden: Auch das konnte ja, während das Flugzeug in der Luft war, keiner wissen.

B.H. Wenn Sie es abschießen, töten Sie nicht nur unschuldige Menschen in der Luft, sondern mit großer Wahrscheinlich-keit auch Menschen auf dem Erdboden. So dicht, wie die Bundesrepublik besiedelt ist, kann man das kaum ausschließen. Das hat selbst Otto Schily eingeräumt, der damals als Bundesinnenminister die Bundesregie-rung vor dem Bundesverfassungsgericht gegen uns vertreten hat. Zudem – und das ist der wesentliche Punkt: Der Staat darf keine unschuldigen Menschen töten.

Terror ist verfilmt worden und wird im

Page 37: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

35

Herbst in der ARD gezeigt, zeitgleich auch in Österreich und vielleicht auch in der Schweiz. Es wird nach der Verhandlung eine Pause geben, die mit einer Diskussions-runde, moderiert von Frank Plasberg, ge-füllt wird. In der Zeit können die Zuschauer dann per Telefonanruf, Twitter oder Face-book abstimmen, und im Anschluss wird das entsprechende Urteil ausgestrahlt – und die Diskussion mit Plasberg wird danach fortgesetzt.

B.H. In meinen Augen ist das Effektha-scherei mit einem Vorgang, bei dem es um die Menschenwürde und die Wahrung der

Grundrechte, die Substanz der Bundesre-publik, geht.

G.B. Hier wird doch in Wahrheit über das Grundgesetz abgestimmt. Und die Richter sitzen im Wohnzimmer. Und welche Konse-quenz soll eine solche Abstimmung haben? Wird dann noch der regionale Vergleich gezogen, wie die Zuschauer in den einzel-nen Ländern abstimmen? Was soll daraus hervorgehen? Ich rate Herrn Herres, dem Programmdirektor der ARD: Lassen Sie das!

Das Gespräch führten Julia Encke und Anne Ameri-Siemens

WENN SIE ES ABSCHIESSEN, TOTEN SIE NICHT NUR UNSCHULDIGE MENSCHEN IN DER LUFT, SONDERN MIT GROSSER WAHRSCHEINLICH-KEIT AUCH MENSCHEN AUF DEM ERDBODEN

Page 38: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

36 Gunnar Schmidt, Sithembile Menck, Klaus Cofalka-Adami, Heisam Abbas

Page 39: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

37

Page 40: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

38

MARTIN SCHULZE Regie

Martin Schulze lebt als freischaffender Regisseur in Köln. Er studierte Regie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Als freier Regisseur entstanden unter anderem Inszenierungen für das Volkstheater Wien, das Deutsche Nationaltheater Weimar, das Schauspiel Frankfurt, das Schauspiel Essen, das Staatstheater Braunschweig und das Staatstheater Kassel. Für seine Inszenierung von François Archambaults 15 Sekunden erhielt er bei der „Woche junger Schauspieler 2005“ in Bensheim den Publikumspreis. 2009 nominierte ihn die Zeitschrift „Theater heute“ für seine Inszenierung von Hamlet am Staatsthe-ater Kassel in der Rubrik „Bester Nach-wuchskünstler“. Von 2008–2012 hatte er einen Lehrauftrag für Hörspiel am Max-Reinhardt-Seminar in Wien inne. Mit der Inszenierung Terror stellt sich Schulze erstmals dem Karlsruher Publikum vor.

PIA MARIA MACKERT Bühne & Kostüme

Seit 1993 ist Pia Maria Mackert als Büh-nen- und Kostümbildnerin für Schauspiel und Oper tätig. Sie arbeitete u. a. am Staatschauspiel Dresden, am Staatsthe-ater Darmstadt, den Theatern Freiburg, Lübeck, Krefeld-Mönchengladbach, Wuppertal und Bonn sowie am Düssel-dorfer Schauspielhaus und am Theater Dortmund. Für Das goldene Zeitalter – 100 Wege dem Schicksal die Show zu stehlen war sie in der Kategorie Bühne/Kostüm für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST 2014 nominiert. Im Februar 2016 entwarf Pia Maria Mackert das Set-Design für den ersten Axel-Springer-Award für Digitalen Journalismus; Preisträger war Facebook-Gründer Marc Zuckerberg.

Page 41: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

39

GUNNAR SCHMIDT VorsitzenderGunnar Schmidt absolvierte seine Schauspielausbildung in Hamburg. Nach diversen Engagements, beispielsweise in Münster, Tübingen sowie am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, kam er 2002 fest ins Karlsruher Ensemble. Derzeit steht er u. a. in Stolpersteine Staatstheater, Monty Python´s Spamalot und Small Town Boy auf der Bühne.

SEBASTIAN REISS Christian LauterbachGeboren 1974 in Hannover, erhielt er seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock. Es folgten Engagements am Schauspielhaus Graz sowie freie Tätigkeiten. Seit der Spielzeit 2015/16 gehört er zum Karlsruher Ensemble, wo er u. a. in Dantons Tod, Kinder des Olymp, Small Town Boy und Das Abschiedsdinner zu erleben ist.

SITHEMBILE MENCK Nelson, Staatsanwältin1983 bei Hamburg geboren, studierte sie an der Zürcher Hochschule der Künste. Es folgten Gastengagements u. a. in München, Heidelberg, Wien sowie Arbeiten in der freien Theaterszene Berlins. Nach einem Fest-engagement am Volkstheater Rostock ist sie seit der Spielzeit 2016/17 Mitglied des Ensembles am STAATSTHEATER KARLSRUHE.

HEISAM ABBAS Lars Koch, Angeklagter1986 in Karlsruhe geboren, studierte er von 2008 bis 2012 an der Hoch-schule für Musik und Theater Rostock. Nach einem Erstengagement am Wuppertaler Schauspiel wechselte er ans Düsseldorfer Schauspielhaus, bevor er 2016 am STAATSTHEATER engagiert wurde. Zu sehen ist er u. a. auch als Claudius in Hamlet und als Avril in Kinder des Olymp.

KLAUS COFALKA-ADAMI Biegler, VerteidigerSeit 1980 spielte Klaus Cofalka-Adami an den Bühnen in Mannheim, Tübingen, Dortmund und Heidelberg. Seit 2011 ist er festes Ensemble-mitglied am Karlsruher STAATSTHEATER. Zu sehen ist er derzeit u. a. in Monty Python’s Spamalot sowie in Kinder des Olymp.

ANTONIA MOHR Franziska MeiserAntonia Mohr, geboren in Trier, studierte Romanistik und Philosophie in Köln und ab 1990 Schauspiel an der Hochschule der Künste in Berlin. Danach spielte sie an Theatern in Stendal, Paderborn, Tübingen und Heidelberg. In dieser Spielzeit ist sie u. a. auch in Stolpersteine Staats-theater zu sehen.

Page 42: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

40

BILDNACHWEISE

UMSCHLAG Felix GrünschloßSZENENFOTOS Felix GrünschloßPORTRÄTS Felix Grünschloß, Florian Merdes TaktLwG 74 Felix GrünschloßVON SCHIRACH Michael MannNLFZ Luftwaffe /Bundeswehr

IMPRESSUM

HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE

GENERALINTENDANT Peter Spuhler

KAUFMÄNNISCHER DIREKTORJohannes Graf-Hauber

VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier

CHEFDRAMATURGJan Linders

SCHAUSPIELDIREKTOR Axel Preuß

REDAKTIONAxel Preuß, Mitarbeit Leonie Adams

KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net

GESTALTUNG Kristina Schwarz

DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe

BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE 2016/17Programmheft Nr. 339www.staatstheater.karlsruhe.de

TEXTNACHWEISE

Von Schirach, Ferdinand: Die Würde ist antastbar, München/Berlin, 2015

Dewitz, Christian: Viel Arbeit für die Eurofighter-Alarmrotten, in: Bundeswehr-Journal, URL: http://www.bundeswehr-journal.de/2016/viel-arbeit-fuer-die-euro-fighter-alarmrotten/ (Stand: 21.09.2016)

Encke, Julia; Ameri-Siemens, Anne: Die Drohung, 31.07.2016, in: F.A.S FEUIL-LETON, © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv

Grundgesetz Artikel 1, zitiert nach: http://www.bundestag.de/bundestag/aufga-ben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01/245122 (Stand 18.09.2016)

Die Texte wurden teilweise gekürzt und mit neuen Überschriften versehen.

Nicht gekennzeichnete Texte sind Originalbeiträge von Axel Preuß für dieses Heft.

Page 43: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

Heisam Abbas

Page 44: TERROR - Badisches Staatstheater Karlsruhe · TERROR von Ferdinand von Schirach PREMIERE 29.9.16 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte: Gustav

ES IST SCHRECKLICH – DIE VERFASSUNG VERLANGT VIEL VON UNS, MANCHMAL IST ES MEHR, ALS WIR GLAUBEN ERTRAGEN ZU KONNEN. ABER SIE IST KLUGER ALS WIR, KLUGER ALS UNSERE GEFÜHLE, ALS UNSERE WUT UND UNSERE ANGST