Tetrophantherapic bei der spinalen Kinderlähmung

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(Aus der Kinderabteilung [Stellvertr. Leiterin: Dr. Martha Richter] der stadtisehen Hrankenanstalt [Direktor: Prof. Dr. BSttner] zu KSnigsberg.) Tetrophantherapie bei der spinalen I(inderl~ihmu]lg. Von Dr. Martha Richter. (Eingegangen am 23..~Idrz 1934.) Die Therapie der spinalcn Kinderliihmung gilt noch als relativ un- befriedigcnd. Am h/i~ffigsten wird noch die Anwendung von Rekon- valcszentenserum empfohlen. Wir behandelten im Laufe der letzten 2 Jahre 8 F~lle. Obwohl die Zahl klein ist, so gewannen wir doch einen so fiberzeugenden Eindruck yon dcr Wirksamkcit der intralumbalen Tetrophanbehandlung, dab wir die weitere Anwendung dringend emp- fehlen miissen. Von den 8 Patienten, yon denen 7 die Tetrophaninjektion im akuten bzw. subakuten Stadium erhielten, wurden 5 innerhalb kiirzester Zeit restlos geheilt und 2 mit geringem Restbefund entlassen. Ein Fall wurde erst yore 60 Tage an mit Tetrophan behandelt, kurz vor der Verlegung in den Heimatsort, und konnte nicht welter beobachtet werden. Ich lasse die Krankengeschichten in kurzem Auszuge folgen. Fall 1. L~. F., 3 Jahre alt. Am 4.7.32 pl6tzlich erkrankt mit hohem Fieber, Unruhe und Reizbarkeit. Am 10. 7. L~hmung des linken Armes, starke Empfind- lichkeit beim Anfassen, andauernde Schweil3e. Aufnahme am 12.7.32. Befund: Blasses weinerlichcs Kind, das bei jcder Beriihrung aufsehreit. Leichte Nacken- steifigkeit. Rachen bl/iulich rot vcrfiirbt, Zungc dick bclcgt. Bcinc fallen schlaff auf die Unterlage zuriiek, FiiBe werden leicht bewegt, Patellarreflexe fehlen beider- seits, Achillessehnenreflex rechts --, links +. Linker Arm f~ll~ ebenfalls schlaff zuriiek, Finger werden bewegt, Reflexe -~-. Bauchdeckenreflexe fehlen beiderseits. 12. 7. Lumbalpunktion: Pandy +, l~ibringerinnsel +. 13.7. Lumbalpunktion, 1 ccm Tetrophan. 15.7. Lumbalpunktion, 1,5 ccm Tetrophan, :Nackensteifigkeit zuriickgegangen. 18.7. Lumbalpunktion, 2 ccm Te~rophan, linkcs :Bcin wird ganz leicht bewegt. 21.7. Lumbalpunktion, 2 ccm Tetrophan. 24. 7. Lumbalpunktion, 2 ccm Tetrophan. Stlmmung jetzt gut. Wegen der Kiihle der :Beine wird mit Padutininjektionenbegonnen. 3.8. Linkes Bein wird besser bewegt, Patellerreflex -t-. Rechtes :Bein unver~ndert, ebenso linker Arm. :Beginn mit l~Sntgenbestrahlungen des Rfickenmarks. 6.8. Bisher 4 RSntgenbestrahlungen. Linke Hand wird bis zum 5Iunde gefiihrt, ll. 8. 6. und letzte R6ntgenbestrahlung. Linker Arm wird weit- gehender bewegt, Schulter geht noch mit. Linkes J~ein wird leicht angezogen. Rechtes Bein unver~ndert. 3.9. Besserung des Allgcmeinzustandes. Linkcs :Bein wird vSllig bewcgt. Rcchtcs J:tein zeigt leicllte Bewegung im Knie- und FuBgelenk. Linker Arm wird frei bewegt. 5.9. Lumbalpunktion, Liquor jetzt normal. Kind stellt sich heute zum ersten )Zule auf. 8. 10. Rechtes Bein bleibt in der Beweg- lichkeit noch leicht zuriick. Reflex abgeschw~cht. Verlegung in orthop~idische Behandlung. ~achuntersuchung nach 3 ]~[orlaten: Kind l~uft v611ig frei, ohne zu hinken. Rechtes Bein in angedeuteter X-Beinstellung, Reflex noch abgeschw~icht. Fall 2. D. It., 2 5ahre alt. Am 15.8. 32 Erkrankung mit Fieber, Mattigkeit, Appctitlosigkeit. Am 16.8. Halsentzfindung festgestellt. Am 17.8. hi~ngt pl6tzlich Zeitschrift ftir Kinderheilkunde. 56. 21

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(Aus der Kinderabteilung [Stellvertr. Leiterin: Dr. Martha Richter] der stadtisehen Hrankenanstalt [Direktor: Prof. Dr. BSttner] zu KSnigsberg.)

Tetrophantherapie bei der spinalen I(inderl~ihmu]lg. Von

Dr. Martha Richter.

(Eingegangen am 23..~Idrz 1934.)

Die Therapie der sp ina l cn Kinder l i ihmung gilt noch als re la t iv un- befriedigcnd. Am h/i~ffigsten wird noch die A n w e n d u n g von Rekon- va lcszentenserum empfohlen. Wir behande l ten im Laufe der le tz ten 2 Jahre 8 F~lle. Obwohl die Zahl klein ist, so gewannen wir doch einen so f iberzeugenden E indruck yon dcr Wirksamkci t der i n t r a lumba len Te t rophanbehand lung , dab wir die weitere Anw e ndung dr ingend emp- fehlen miissen. Von den 8 Pa t i en ten , yon denen 7 die Te t rophan in jek t ion im a k u t e n bzw. subaku ten S tad ium erhielten, wurden 5 innerha lb kiirzester Zeit restlos geheilt und 2 mi t ger ingem Res tbefund entlassen. E in Fal l wurde erst yore 60 Tage an mi t Te t rophan behandel t , kurz vor der Verlegung in den Heimatsor t , u n d konn te n ich t welter beobachte t werden. Ich lasse die Krankengesch ich ten in kurzem Auszuge folgen.

Fall 1. L ~. F., 3 Jahre alt. Am 4.7.32 pl6tzlich erkrankt mit hohem Fieber, Unruhe und Reizbarkeit. Am 10. 7. L~hmung des linken Armes, starke Empfind- lichkeit beim Anfassen, andauernde Schweil3e. Aufnahme am 12.7.32. Befund: Blasses weinerlichcs Kind, das bei jcder Beriihrung aufsehreit. Leichte Nacken- steifigkeit. Rachen bl/iulich rot vcrfiirbt, Zungc dick bclcgt. Bcinc fallen schlaff auf die Unterlage zuriiek, FiiBe werden leicht bewegt, Patellarreflexe fehlen beider- seits, Achillessehnenreflex rechts --, links + . Linker Arm f~ll~ ebenfalls schlaff zuriiek, Finger werden bewegt, Reflexe -~-. Bauchdeckenreflexe fehlen beiderseits. 12. 7. Lumbalpunktion: Pandy + , l~ibringerinnsel + . 13.7. Lumbalpunktion, 1 ccm Tetrophan. 15.7. Lumbalpunktion, 1,5 ccm Tetrophan, :Nackensteifigkeit zuriickgegangen. 18.7. Lumbalpunktion, 2 ccm Te~rophan, linkcs :Bcin wird ganz leicht bewegt. 21.7. Lumbalpunktion, 2 ccm Tetrophan. 24. 7. Lumbalpunktion, 2 ccm Tetrophan. Stlmmung jetzt gut. Wegen der Kiihle der :Beine wird m i t Padutininjektionen begonnen. 3.8. Linkes Bein wird besser bewegt, Patellerreflex -t-. Rechtes :Bein unver~ndert, ebenso linker Arm. :Beginn mit l~Sntgenbestrahlungen des Rfickenmarks. 6.8. Bisher 4 RSntgenbestrahlungen. Linke Hand wird bis zum 5Iunde gefiihrt, l l . 8. 6. und letzte R6ntgenbestrahlung. Linker Arm wird weit- gehender bewegt, Schulter geht noch mit. Linkes J~ein wird leicht angezogen. Rechtes Bein unver~ndert. 3.9. Besserung des Allgcmeinzustandes. Linkcs :Bein wird vSllig bewcgt. Rcchtcs J:tein zeigt leicllte Bewegung im Knie- und FuBgelenk. Linker Arm wird frei bewegt. 5.9. Lumbalpunktion, Liquor jetzt normal. Kind stellt sich heute zum ersten )Zule auf. 8. 10. Rechtes Bein bleibt in der Beweg- lichkeit noch leicht zuriick. Reflex abgeschw~cht. Verlegung in orthop~idische Behandlung. ~achuntersuchung nach 3 ]~[orlaten: Kind l~uft v611ig frei, ohne zu hinken. Rechtes Bein in angedeuteter X-Beinstellung, Reflex noch abgeschw~icht.

Fall 2. D. It., 2 5ahre alt. Am 15.8. 32 Erkrankung mit Fieber, Mattigkeit, Appctitlosigkeit. Am 16.8. Halsentzfindung festgestellt. Am 17.8. hi~ngt pl6tzlich

Zeitschrift ftir Kinderheilkunde. 56. 21

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8'20 Martha Richter:

der linke Arm sehlaff herunter. Aufnahme am 18.8.32. Refund: Sehr ttngstliches Kind mit schlaffer L~ihmung des linken Armes. 18.8. Lumbalpunktion, Liquor normal. ]3eginn mit R6ntgenbestrahhmg des Riiekenmarks. 24. 8. :B~sher 4 R6nt- gcnbestrahlungen. Linker Arm unvergndert. Reehtes Rein wird heute angezogen gehalten. ]3cim Anfassen besteht starke Empfindliehkeit. Lumbalpunktion o.B. 10.9.7. und letzte R6ntgenbestrahlung. Linker Arm noch v611ig gel/~hmt, Parese des rechten :Beines. 11.10. ]~efund unver&ndert, es zeigt sich bereits deutliehe Atrophie am linkcn Arm, beginnende am rechten Rein. Lumbalpunktion, 1 ccm Tetrophan (60. Krankheitstag). 17.10. Lumbalpunktion, 1,5ccm Tetrophan. 20. 10. Lumbal- punktion, 1,5 ccm Tetrophan. Seit einigen Tagen empfindlicher beim Anfassen. Kind stellt sich jedoch zum ersten Male spontan auf, nachdem es im Laufe der 9 Wochen nicht einmal sitzen wollte. 24.10. Lumbalpunktion, 1,5 ccm Tetrophan. L/iuft an Gegenstanden entlang. 26.10. L~uft bereits frei herum, hinkt Ieicht. 27.10. Lumbal.punktion, 1,5 ecm Tetrophan. Am 30. 10. Verlegung in die t{eimat- stadt. Am linken Arm deutliche Atrophie, leichtes Schlottergelenk, m/iBige Atrophie des rechten Beines, Reflexe fehlen.

Fall 3. U. A., 3 Jahre alt. P16tzliche Erkrankung am 22.9.32 mit Erbrechen, hohem Fieber und verdrieBlieher Stimmung. Kind wollte nicht mehr auf den Arm der Mutter. AnsehlieBend leichtes Schwitzen, zunehmende Empfindlichkeit. Auf- nahme am 24. 9. 32. :Befund: Hoehfieberndes Kind, bei dem der Kopf naeh links h~ngt. Reflexe normal, keine meningitisehen Zeichen. 24.9. Lumbalpunktion: Pandy q-, Zellen 320/3. Fibringerinnsel q-q-. 26.9. Lumbalpunktion: Zellen 160/3. Kind ist auffallend schl~frig und matt, Sprache verwaschen, miihsam, Reflexe in beiden Beinen sehr schwach auslSsbar. Linker Arm kann nicht mehr gehoben werden. 27. 9. Beginn mi~ R6ntgenbestrahlung des Riiekenmarks. 4. 10. 4. nnd letzte R6ntgenbestrahlung des ]%iickenmarks. Allgemeinbefinden gebessert, linker Arm unver/~ndert gel/ihmt, _~.ine o.R. 8.10. Lumbalpunktion, 1 ccm Tetrophan. 10. 10. Kind setzt sich spontan, Kopfha]tung noch schief, linker Arm unver~indert. 12.10. Lumbalpunktion 1,5 ccm Tetrophan. 13.10. Kind stellt sich und l~uft im Bert umher. 17. 10. Lumbalpunktion, 1,5 cem Tetrophan. Linker Arm wird seit 2 Tagen etwas gehoben. 21.10. Linker Arm wird zum ersten Male fiber die t to r i - zontale gehoben. Sprache frei. 24. 10. Linker Arm wird nach allen Riehtungen frei bewegt, Entlassung naeh Hause.

Fall 4. D. :B., 3 Jahre alt. Am 27.9.32 pl6tzlieh erkrankt mit hohem Fieber, Brechreiz und allgemeiner I{inf/~lligkeit. Eine Woche lang als Grippe behandelt. Eines Tages stand Kind nicht mehr, das reehte Bein wurde geschont. Refund: Reizbares, stark schwitzendes Kind, das nicht sitzen kann. t{echtcs ]3cin wird nur wenig bewegt, Reflex abgesehw/icht, links gesteigert. 3.10. Lumbalpmlktion: Pandy q-, Zellen 150/3, Fibringerinnsel q-. 1. R6ntgenbestrahlung des Riieken- marks. 4. 10. 2. und letzte R6ntgenbestrahhmg des Riickenmarks. 5.10. Lumbal- punktion: Pandy q-, Zellen 80/3. 8.10. Pandy --, Zellen 20/3, 1 cem Tetrophan. 10. 10. Setz$ sich zum ersten Male spontan auf, Reflex am rechfen Rein abge- schw/ieht. 12.10. Lumbalpunktion: Zellen 20/3, 1,5 ccm Tetrophan. 14.10. L~uft am Bettgitter entlang. 17.10. Lumbalpunk~ion, 1,5 ccm Tetrophan. 20. 10. Lumbal- punktion, 1,5 ecru Tetrophan. 22.10. L/iuft wcsentlieh bcsser, Reflex noeh ab- gesehw~icht. 25. 10. L/iuft allein, beginnende Atrophie am reehten Unterschenkel. 28.10. Verlegung zur orthop/idisehen Klinik.

Fall 5. E. M., 8 Jahre alt. Am 8.10.32 pl6tzlich erl~'ankt mit hohem Fieber, Sehnupfen und Schmerzen im Riieken. Ansehliel~end hcftige Schmerzen in beiden ~einen. Kind schwitzt stark, kann nichb mehr sitzen und stehen. Aufnahme am I i . 10. 32. Befund: Hochfiebermles, sehr empfindliches Kind, das mit angezogenen Beinen im Bett liegt. Kernig q-. Rechter Arm wird nur im Unterarm bevcegt. Reehts Patellarreflex wesentlieh lebhafter als links, l l . 10. Lumbalpunktion, Liquor o. B., 1 ccm Tetrophan. 12.10. Sehmerzen geringer, iibriger Refund unver-

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Tetrophantherapie bei der spinalen Kinderl/~hmung. 821

/indert. 13.10. Lumbalpunktion, 1 ccm Tetrophan. 14. 10. Rechter Arm v611ig frei, Beine noch angezogen. 15. 10. Kind steht im Bert, zeigt keinen pathologischen Befund mehr. 18. 10. Kind ist nicht mehr im Bett zu halten, steht auf. 22. 10. Geheilt nach Hause entlassen.

Fail 6. M.B., 13 Jahre alt. ]~rkrankung mit zunehmender Mfidigkeit und Glieder- schmerzen. Eines Tages nach dem Radfahren nicht mehr aufgestanden, lag dann 3 Wochen fest zu Bett. W/ihrenddessen h/~ufig Erbrechen, Kopfschmerzen, starke Schweil]e, subfebrile Temperaturen. Bei jeder Bewegung Schmerzen im Rficken, Sitzen unmSglieh. Als Ischias eingewiesen am 10.6. 33. Befund: Umfang des linken Beines schw/icher als rechts (Differenz 1 cm). Anheben des linken Beines ist unmSglich. Aufsetzen erfolgt /~u2erst miihevoll durch Aufstiitzen mit beiden ]-[/~nden. Patellarreflex links abgeschw/~eht, Aehi]lessehnenreflex beiderseits -b. 12.6. Lumbalpunktion, Liquor normal. 13.6. Lumbalpunktion, 1 cem Tetrophan. 17.6. Lumbalpunktion, 1,5 ccm Tetrophan. 18.6. Sitzt relativ gut, Bein kann gehoben werden. Linker Reflex noch abgeschw/icht. 23.6. Lumbalpunktion, 2 ecru Tetrophan. 24.6. L/~uft bereits, hinkt noch, Reflex wie oben. 27.6. Geht ohne zu hinken. 3.7. Geheilt naeh Hause. :Nachuntersuchung am 27.2. 34: Befund normal.

Fall 7. K. B., 7 Monate alt. Vor einer Woche erkrankt mit Erbrechen und hohem Fieber. Seit einigen Tagen allgemeine Steifheit, linker Arm wurde nicht mehr bewegt. Am 17.1.34 als Grippe eingewiesen. Befund: Magerer S~ugling in sehr weinerlicher Stimmung, schwitzt sehr stark. Linker Arm liegt schlaff auf der Unter- lage, t tand wird bewegt, Reflexe -k. Kopf wird schief naeh links gehalten. Keine meningitisehen Zeichen. 17.1. Lumbalpunktion, Liquor sehr triib, Pandy + + , Zellen hoehgradig vermehrt, regelrechtes Spinnwebsgerinnsel -4-, Zucker § 0,4 ccm Tetrophan. 19. 1. Lumbalpunktion: Pandy -k, Zellen 200/3, Fibrin- gerinnsel -]-. 0,5 ccm Tetrophan. 20. 1. Unterarm ~4rd leicht bewegt. 22. 1. Lumbalpunktion ; Zellen 120/3, 0,5 cem Tetrophan. 26. 1. Lumba]punktion : Zellen 60/,3 0,6 cem Tetrophan. 27.1. Linker Arm wird auch im Oberarm bewegt, nicht fiber Horizontale hinaus. 30.1. Lumbalpunktion: Zellen 25/3, 0,8 ccm Tetrophan. 5. 2. Lumbalpunktion: 0,8 ccm Tetrophan. 11. 2. Linker Arm wird heute vSllig bewegt, Gegenst/i.nde werden fest gehalten. Kopf wird noch schief nach links gehalten. 12.2. Lumbalpunktion, 1 ccm Tetrophan. 16.2. Blutinjektion wegen 5Iaserninkubation. Kind ist sehr taunter, linker Arm wird ebenso wie der reehte bewegt. Kopf wird gerade gehalten. 27. 2. Beginnende Masern. 6. 3. Lumbal- punktion, 1,2 eem Tetrophan, 10. 3. Geheilt entlassen.

Fall 8. T. H., 2 Jahre alt. Vor 4 Wochen vom Stuhle gefallen. Seitdem konnte Kind nicht mehr stehen und wollte auch nicht mehr sitzen. ~berweisung in ortho- p~disehe Klinik. RSntgenfilm ergab fragliche Fissur am rechten Trochanter. Bein wurde abduziert gelagert. Bald wurde auch das linke Bein nicht mehr bewegt. Nackensteifigkeit trat auf. Am 20.1.34 Aufnahme. Einweisung erfolgt als Ver- dacht auf tuberknl6se ~[eningitis. Befund : Stark schwitzendes Kind, sehr empfind- lich beim Anheben des Ges/~f]es. Keine meningitischen Zeiehen. Beide Beine werden nur wenig bewegt, Reflexe fehlen beiderseits. Kein Fieber. 20. 1. Lumbal- punktion: Pandy + , Zellen 15/3. 23.1. Lumbalpunktion, 0,6 ccm Tetrophan. 26.1. Lumbalpunktion, 1 cem Tetrophan, Beine ~verden seit 2 Tagen mehr bewegt. 30.1. Kind sitzt zum ersten Male. 31.1. Lumbalpunktion, 1,3 ecm Tetrophan. 5.2. Lumbalpunktion, 1,5 ecm Tctrophan. 8. 2. Richtct sich am ]3ettgitter spontan auf. 10. 2. Stellt sich immer wiedcr auf, 1/iuft am CTitter entlang, Reflexe fehlen noeh. 11.2. :Fieber, katarrhalische Erscheinungen. 13.2. XVieder munter, fieberfrei. Lumbalpunktion, 1,2 ccm Tetrophan. 15.2. Beginnendes 5Iasernexanthem. 27.2. Kind stel]t sieh wieder auf, Reflexe zum ersten h~ale q-. Lumbalpunktion, 1,5 cem Tetrophan. 6.3. Lumbalpunktion, 1,5 Gem Tetrophan. Kind l~uft allein, Reflexe jetzt leicht ausl6sbar. 10. 3. Geheilt ent]assen.

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822 Martha Richter:

Nam e , Al te r

Fall 1. Liselotte F., 3 Jahre alt

Fall 2. Dora H.,

2 Jahre alt

Fall 3. Ursula A.,

3 Jahre alt

Fall 4. Doris B.,

3 Jahre air

Fall 5. Elfriede Yr., 8 Jahre alt

Fall 6. Margarete B., 13 Jahre alt

Fall 7. Kurt B.,

7 Monate alt

Fall 8. Traute H., 2 Jahre alt

~71inischer Bofund

Lahmung des hnken Armes

und beider Beine

L/~hmung des linken Armes

und Parese des rechten Beines

LShmung des lhlken Armes, Schicfhaltung

des Kopfes und SprachstSrung

Parese des rechten Beines

Parese des rechten Armes

Parese des 1/nken Beines

L/~hmung des linken Armes, Schiefhaltung des Kopfes

Parese beider Beine

T a b e l l e 1.

Art der = ~ Behandlung ~- o

Tetrophan- 10. Tag behandlung, (Krank

dann 6 R6ntgen. hcits- bestratflungen tag) des Riicken-

m a r k s

7 RSntgen- 60. Ta~ bestrahlungen,

clann Tetrophan- behandlung

4 R6ntgen- 17. Tag bcstrahlungen,

~alm Tetrophan- behandlung

2 ROntgen- 13. Tag bestrahlungen,

~ann Tetrophan- behandlung

Nur Tetrophan- 4. Tag behandlung

Nur Tetrophan- 25. Tag behandlung

Nur Tetrophan- 8. Tag behandlung

Nur Tetrophan- 30. Tag behandlung

5

o~ 7 o " ~

~em

8,5 3 Monate

Erffebnis

Gcringer Rcstbefund am rechten

Bein

7 Starker Restbefund am linken

Ann, gerfl~ger am rechten Bein

4 Gchcilt

5,5 Leichter Restbefund am rechten

Bein

2 Geheilt

4,5 Geheilt

5,6 Geheilt

8,5 Geheilt

Die le tz ten 4 F/s bei denen nur T e t r o p h a n zur Anwendung k a m , zeigten also volle Wiederhe r s t e l lung inne rha lb k i i rzes ter Zeit . Bei den e r s t en 4 P a t i e n t e n wurde in A n b e t r a c h t der bisher igen Auss ich ts los igke i t t he rapeu t i s che r MaBnahmen bei de r sp ina len Kinder l /~hmung auf3erdem noch R6n tgenbes t r ah lung des R i i c k e n m a r k s vorgenommen. Die An- regung dazu ging von e iner im Ju l i 1932 aus de r F r e ibu rge r K inde r - k l in ik ersctfienenen A r b e i t von C. Noeggerath, M. Schneider und A. Viethen aus, die eine Nachpr i i fung sehr empfehlen. Bei Fa l l 1 ging die Te t ro -

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Tetrophanthcrapie bei der spinalen Kinderl/~hmung. 323

phanbehandlung der R6ntgenbestrahlung voraus, bei Fall 2 folgte sie im Anschlu$ an die R6ntgenbehandlung. In Fall 3 und 4 stellten wir einige R6ntgenbestrahlungen an den Anfang. Welche yon beiden Mal~- nahmen ftir den giinstigen Ausgang entscheidend war, lKl~t sich nicht einwandfrei beurteilen. Wir glauben jedoch keinen Fehlschluf3 zu tun, wenn wir annehmen, dab aueh hier die Tetrophanbehandlung ffir den guten Erfolg verantwortlieh gemaeht werden mu$. - - Was uns besonders auffiel, war das schlagartige Eintreten yon Besserungen. Die dynami- schen Funktionen machten h/iufig geradezu sprungartige Fortschritte. Kinder, die bis dahin nur gelegen hatten, setzten sich auf einmal spontan oder stellten sieh sogar auf. Dies geschah zuweilen am Tage der Injektion, oft am n/~chstcn oder iibern/tchsten Tage. Selbst bei dem Tetrophan- Sp~tfall (Fall 2) ring das Kind, das wochenlang gelegen hatte lind nicht einmal angelehnt sitzen wollte, an, nach der 3. Injektion aufzustehen, und nach weiteren 4 Tagen lief es trotz der ausgepr~gten Atrophie. Bei der intralumbalen Tetrophaninjektion haben wir !Yebenwirkungen, ab- gesehen yon der Schmerzhaftigkeit bei groBen Dosen, nie beobachtet. Zur Milderung dieser Beschwerden gaben wir, wie seinerzeit angegeben, vorher Papavydrin- bzw. Perparinz~pfchen und anschliel]end zuweilcn noch eine Luminalinjektion.

Zusammeufassung. ]3ei spinaler Kinderl/~hmung wurden mit intralumbalen Tetrophan-

injektionen im akuten bzw. subakuten Stadium sehr gute Erfolge erzielt.

K6nigsberg i. Pr., Kinderabteilung der st/~dt. Krankenanstalt .