Textkritische Untersuchungen zu Tacitus, "Annales" XV 4
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Textkritische Untersuchungen zu Tacitus, "Annales" XV 4Author(s): Richard G. BöhmSource: Quaderni Urbinati di Cultura Classica, New Series, Vol. 47, No. 2 (1994), pp. 115-129Published by: Fabrizio Serra editoreStable URL: http://www.jstor.org/stable/20547252 .
Accessed: 29/06/2014 16:07
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Textkritische Untersuchungen zu Tacitus, Annales XV 4
Richard G. B?hm
4.1 Ea dum a Corbulone tuendae Syriae parantur, acto raptim agmine Monaeses, ut FAMAM sui PRAEIRET (aut PREINRET aut PRAEHI
RET aut PERIRET), non IDEO nescium aut incautum
4.2 Tigranen offendit. occupauerat Tigranocertam, URBEM copia defen sorum et magnitudine moenium ualidam. ad hoc Nicephorius amnis
haud spernenda latitudine partem murorum AMBIT ET ducta ingens fossa, QUA (aut QUE aut QUIA) FLUUIO diffidebatur. INERANT
QUE milites et PROUISI ante commeatus, QUORUM subuectu
pauci auidius progressi et repentinis hostibus circumuenti ira
4.3 magis quam metu ceteros accenderant. SED PARTHO ad exequendas obsidiones milla COMMINUS audacia: RARIS sagittis neque clau sos EXTERRET et semet frustratur. ADIABENI (aut ADIENI) cum
promouere scalas et machinamenta inciperent, facile detrusi
MOX (aut IN MOX) erumpentibus nostris CAEDUNTUR (aut FACILE
CEDUNTUR aut FACILE CREDUNTUR).
Den Schwerpunkt unserer Untersuchungen hier wird zweifelsohne
der letzte des hier angef?hrten Textes bilden, d.h. der Text, der ?
vorsichtig formuliert ? mit der Buchstabengruppe ADIABENI oder
ADIENI beginnt und vorsichtig formuliert mit CAEDUNTUR oder FA CILE CEDUNTUR endet, ohne ?brigens irgendeinmal abgelehnt oder
in Frage gestellt worden zu sein, und wir meinen speziell das FACILE, obwohl es zum zweiten Mal vorkommt, aber zu beanstanden ist letzten
Endes hier ein jeder Satz, fast ein jeder Ausdruck, so da? wir der
Klarheit wegen gleich mit dem ersten Satz des Abschnittes 4 be
ginnen.
Denn schon nach Ea dum a Corbulone tuendae Syriae parantur
lesen soweit bekannt alle modernen Ausgaben acto raptim agmine Mo
naeses ... non ideo nescium aut incautum Tigranen offendit, denn es
ging um die R?ckeroberung der Stadt Tigranocerta, so k?nnte man mei
nen, da? es dem Angreifer nur um das Tempo der Marschbewegung
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ging. Aber im Abschnitt 5 wird es heissen inritum obsidium. tutus ma
nu et copiis Tigrones, fug at i qui expugnationem sumpserant, so da?
auch die St?rke des angreifenden Verbandes - nat?rlich eine gro?e Rolle spielend
? hier wohl erw?hnt werden mu?te, wenn das auch in
bezug auf die Belagerten gesagt wurde. Dann sagen wir zu Tacitus: acto
rapt im agmine und kein Wort ?ber die St?rke? Sehr wohl, meinen
wir, und zwar fast unabdingbar. ?ber die St?rke der Gegner mu?te vor
agmine gesagt worden sein, und d.h. unmittelbar hinter raptim, das
aber auch abgek?rzt geschrieben werden konnte, hier wohl auf
RAPTI1. Das M (von RAPTIM unserer codd., denen unsere Editoren
blindlings folgen), war dann nicht Endung des schon bekannten Wor
tes sondern Anfang eines neuen Wortes, das f?r m(agno) zu lesen war2.
Unsere Lesart:
acto rapti(m) m(agno) agmine3, Monaeses ... non ideo nescium aut
incautum Tigranen offendit.
Tacitus wei? ?ber die Absichten oder die Taktik des Monaeses, und von Bedeutung war primo loco das Tempo oder besser so zu mar
schieren, da? der Gegner selbst die Ankunft nicht bemerkt. Der
Gegner soll auch unvorbereitet, ?berrascht bleiben, also nicht nur ne scium sondern auch incautum. Das erstere war wohl wichtiger, es kommt hier breiter zum Ausdruck, aber dieser ist fraglich, auch dort
1 Zu den Abk?rzungen f?r -m s. W. Studemund, Gaii Institutionum commentarii
quattuor. Codicis Veronensis denuo collati Apographum, Leipzig 1874, 255f.: A = am,
Q?DA =
quodam, E = em, I =
im, PARTI = partim, U =
um, LEGATU, SECUN
DU, DOMINU, CIUIU, W.M. Lindsay, Notae Latinae, Cambridge 1915, 342: CAPIS, SEPER, ONI =
omni, COLUBA = columba, D. Bains, A Supplement to "Notae Lati
nae", Cambridge 1936, 56: ENI = enim, QUIDE =
quidem, DOU = domum, A.
Cappelli, Lexicon abbreviaturarum, Mailand 19616, 293: PSTI = praesertim, 378:
TIO = timorem, 118: EI =
enim, 12: AIO = animo, A. Pelzer, Abr?viations latines
m?di?vales, Louvain-Paris 19662, 4: AOR = amor, 31: FEINEI =
feminei, 38: Io =
immo, 51: NEO = nemo, U. Fr. Kopp, Lexicon Tironianum. Nachdruck aus
Kopps
"Palaeographia critica" von 1817 mit Nachwort und einem Alphabetum Tironianum von B. Bischoff, Osnabr?ck 1965, 368: T(i) et = timet, T(i) or = timor, 363: ST =
statim, ST im = satim, 185: 10 =
immo, I(n)P =
impar, I(n)P is = inprimis.
2 Zu der Abk?rzung s. Cappelli, 477: M =
magnus, 480: MI = magna Idaea,
481: MMD = matri magnae deum, Kopp, 220: M(a) =
magnus, M(a) i = magni, M(a)
op =
magnopere, M(a) is = magnanimis.
3 Zum Ausdruck vgl. Tacitus, Hist. 2,83,1 ingenti agmine sequebantur; Ann.
1,25,1 ceteri tribunal ingenti agmine circumueniunt; 3,9,2 magno clientium agmine; 14,39,2 ingenti agmine Italiae Galliaeque grauis.
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?brigens, wo bis heute nichts beanstandet worden ist, bei der Buchsta
bengruppe FAMAM. Die Editoren hatte es zu viel Energie gekostet, die
dazu passende Form des Zeitwortes zu ermitteln. Aber uns fasziniert
primo loco das zu breite, voll ausgeschriebene FAMAM der meisten
codd. Das Wort ist zuerst einmal zu lang als da? kein Librarius auf
den Gedanken gekommen w?re, es z?nftig abzuk?rzen, dann f?llt es
aber auch auf, da? es hier gar nicht um eine fama geht, denn z.B. E.
Heller ?bersetzt in seiner Ausgabe (M?nchen und Z?rich 1982) ? ei
gentlich gegen seinen Text "Kunde von seinem Nahen", und auch in
der zweisprachigen Ausgabe von P. Wuilleumier (Paris 1978) lasen wir
von einem "bruit de son approche". Diese Pr?zisierung des Wortes
famam ergibt sich zwar, und zwar allen Lesern, einfach aus der Situati
on, aber wir erwarten sie auch ... im Text. Wir erwarten sie eher vor
sui und somit hint er famam, aber auch das erwartete Wort konnte
doch abgek?rzt werden. War das Hauptwort nun auf FAM i?rf(am)am oder fam(am) abgek?rzt4, dann stehen uns f?r den jetzt fehlenden Text
die Buchstaben AM (von FAMAM der codd.) zur Verf?gung. Allein das A hiervon spricht uns f?r ein aduentus, aber allein schon so ein ad lie?
sich z?nftig abk?rzen, und zwar auf A allein5. Mu?te jetzt auch noch
der Rest, d.h. -uentus untergebracht werden, dann hatte die noch in
takte Vorlage nicht M aber immerhin das diesem recht ?hnliche UT, auf jeden Fall wie M ganze drei Striche breit, und U war dann Abk?r
zung f?r u(en)6, T eine solche f?r t(us)7.
4 Zu den Abk?rzungen f?r -am s. Studemund, 275f.: L =
lam, FORMUL =
formulam, N = nam, Q
= quam, R =
ram, LIBR = libram, Lindsay, 322: N =
nam,
D = dam, Q
= quam, FUTUR =
futuram, UER = ueram, 304: TQ
= tamquam,
Bains, 23: N = nam, 35: Q
= quam, Cappelli, 229: N =
nam, 53: CLABIS =
clamabis, CLANT = clamant, Pelzer, 67: Q
= quam, Kopp, 42: B =
bam, 79: CP(s) =
campester, 67: CL = clam, 90: D =
dam, 134: F(a) es = fames, 207: L(am)B it =
lambit, 229: M(a)M(a). = mamma, 238: N(am)
= nam, 279: P(a)L =
palam, 314:
R(am) =
ram, 330: S = sam.
5 Zu A = ad s. Cappelli, 10: AF = ad finem, 20: AP = ad potestatem, Kopp, 4:
A(d) = ad, A(d) iens = adiens, 22: A(d)M
= admodum. 6
Zu den Abk?rzungen f?r -en s. Studemund, 259f.: C = cen, H =
hen, REPH
DI = reprehend?, M =
men, TESTAMTO = testamento, 304: ST =
sententia, U =
uen, Lindsay, 331: M = men, C =
cen, G = gen, U =
uen, H = hen, Bains, 53: M =
men, MSA = mensa, NOM =
nomen, Kopp, 393: U(i)D it = uendit, uendidit, 195:
IV it = inuenit, 40: A(d)V it = aduenit, 39: A(dv)TC(i) um = aduenticium. 7
Zu den Abk?rzungen f?r -us s. Studemund, 258f.: B = bus, I =
ius, M = mus,
P = pus, U =
uus, Lindsay, 381: B = bus, M =
mus, T = tus, I =
ius, Bains, 64:
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Der Text ist jetzt aber noch nicht in Ordnung, denn alle Editionen
der letzten Jahrzehnte lesen zwar ?bereinstimmend ut famam sui praei
ret, aber der arme Monaeses hat dann die fama, das seine fama sein
soll, quasi ... im R?cken, und eigentlich sollte er erst versuchen, eine
solche Situation zu schaffen. Und - das Wichtigste: der cod. Mediceus
best?tigt eine solche Lesart wahrscheinlich oder mit Bestimmtheit
nicht. Nach Fr. R?mer (Wien 1976) liest er n?mlich PREINRET, aber Wuilleumier (Paris 1978), der jene Ausgabe kennt und somit von
jener Lesart wei?, zitiert trotzdem PRAEHIRET. Gehen wir "trotzdem"
von einem PREHIRET aus, dann liegt es f?r uns nahe anzunehmen, da? das h (inpraehiret bzw. preinret) falsch ?berliefert, aber es ?ber
liefert, und zwar wahrscheinlich ein u als Abk?rzung f?r u(en)8, und
Monaeses hat gegen?ber der fama immerhin einen klaren, auch logi schen ?
Vorsprung. Danach w?re der erste Satz des vierten Abschnit
tes in Zukunft zu lesen:
Ea dum a Corbulone tuendae Syriae parantur, acto rapti(m) m(agno) agmine, Monaeses, ut fam(am) a(d)u(en)i(us)9 sui praeu(en)iret10, non
ideo nescium aut incautum Tigranen offendit.
In der ersten Aussage des zweiten Satzes (nach offendit gleich
occupauerat Tigranocertam usw.) st?rt uns, da? diese Aussage, die als
Begr?ndung f?r das zuvor Gesagte gut ist, nicht logisch angeschlos sen ist, was allein deshalb h?tte sein m?ssen, weil es hier zu einem
Subjektswechsel kommt, auf den der Leser v?llig unvorbereitet ist. Wir
erwarten einen kl?renden Hinweis hinter OFFENDIT, das auf OF
B = bus, I =
ius, N = nus, P =
pus, D = dus, G =
gus, U = uus, S =
sus, R = rus,
C = cus, Cappelli, 190: IT = iustus, 365: STAT = status, 291: PRS = prorsus, 315:
QST =
quaestus, Pelzer, 2: A*C = amicus, 19: CAU =
cauus, 37: HU? = huius, 78:
SS = sensus, 81: TLLI = Tullius, Kopp, 369: T(s) = tus, 388: U(t).
= uetus, 218:
M(t). =
metus, 206: L(at). =
latus, 207: L(it). = litus.
8 Zu den Abk?rzungen f?r -en s. noch Studemund, 309: U =
uen, Cappelli 388:
UEO = ueneno, Lindsay, 333: CONUTICULA = conuenticula, Kopp, 394: U(e)F um =
ueneficium, U(e)F us = ueneficus, 405: UT. =
uenter, Ut tus = uentus, 301:
P(er)V ire = peruenire, P(er)V it =
peruenit. 9
Zum Ausdruck vgl. Tacitus, Ann. 2,7,2 ad famam aduentus eius dilapsi; 3,1,2
interim aduentu eius audito. 10 Diese Lesart (PREUENIRET) hat der cod. Yalensis 1.
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FEND abgek?rzt werden konnte11. IT war dann also wohl f?r i(s)t(e)12 zu lesen gewesen oder f?r i(l)l(e)13.
War auch OCCUPAUERAT abgek?rzt gewesen, und dann wohl
auf OCCUPAUER14, dann war AT15 wohl f?r a(n)t(e) zu lesen. Und es
kommt hinzu, da? ein rhetorisch geschulter Autor etwas mehr aus ei
nem copia defensorum et magnitudine moenium ualidam gemacht h?tte.
Sind unsere Vermutungen oder Erwartungen richtig, und es fehlt ein et
hinter URBEM, dann war f?r das Hauptwort nur URBE (f?r urbe(m)) zu lesen, dann geht M auf ET zur?ck. Die erste Aussage des zweiten
Satzes w?re dann zu lesen:
... offend(it). I(s)t(e) occupauerat (aut occupauer(at) a(n)t(e)) Tigrano
11 Zu den Abk?rzungen f?r -it s. Studemund, 279f.: M =
mit, MM = manumit-,
T = tit, TIUS = Titius, Lindsay, 340: B = bit, C = cit, D = dit, Bains, 55: B = bit,
D = dit, L = lit, P = pit, N = nit, Cappelli, 201: LEGIE =
legitime, 97: DIC =
dicit, 14: ALR = aliter, Kopp, 51: C o = cito, 117: ED it = edit, 393: u(i)D it =
uendit, 392: U(e)C it = uescit, Pelzer, 31: FECER = fecerit, 22: DIC = dicit, 16: C DIC = cum dicit.
12 Zu dieser Abk?rzungsart s. Cappelli, 169: Itd = istud, 170: P1 = isti, Pelzer, 38: P = istius, Ite = iste, Kopp, 167: I(s) turn = istum, I(s) ti = isti, I(s) o = isto.
13 Zu den Abk?rzungen f?r -e s. Studemund, 263f. : D =
de, DD = deinde, H =
he, HR = h?res, C =
ce, LCT = licet, N =
ne, NQ =
neque, R = re, QR
= quare, U
= ue, Lindsay, 327: N = ne, SIN, IPS = ipse, FAM = fame, D = de, FORT = forte,
LGE = lege, UERITAT = ueritate, Bains, 52: NOMIN = nomine, ECC = ecce,
MISERER = miserere, Cappelli, 202: LG = legem, 220: ML = mille, 221: MLS =
miles, 385: VAL = uale, Pelzer, 23: DMU =
demum, 24: DO = deo, 32: FR =
feria,
35: GNE = genere, 42: ITM = item, 72: RI = rei, Kopp, 204: L(e) = le, 213:
L(e)P(us) =
lepus, 180: IL e = ille, 227: M(i)L e = mille, ML e = maie, 380: TOL e =
torale, 397: UL(1) e = uelle.
14 Zu den Abk?rzungen f?r -at s. Studemund, 304: T =
tat, LIBERTE = lib?rta
te, Lindsay, 81: MRIS = matris, PRI = patri, Bains, 16: MRI = matri, PREM =
patrem, Cappelli, 226: MRI = matri, 290: PRIA =
patria, Pelzer, 62: PLOtas =
Platonitas, 79: STO = statio, 76: SIGC =
significat, 52: NUGO = nugatio, Kopp,
127: ER at = erat, 204: L et = latet, L(t) ius = latius, 363: ST it = statuit, 262: P itur =
patitur, 246: NRX. = natrix, 134: F(a) um = fatum.
15 Zu den Abk?rzungen f?r -n s. Studemund, 255f.: A =
an, ACILLA = ancilla,
TATUM = tantum, E =
en, SINEDI = sinedi, I =
in, ID = inde, O =
on, U = un,
Lindsay, 345: CO = con, NO =
non, I = in, A =
an, MOS = mons, GES =
gens,
SUT = sunt, ATIQUA =
antiqua, Bains, 57: TATUM = tantum, GETIS = gentis,
HIC = hinc, FUDU = fundum, Cappelli, 12: AIA = anima, 118: EI = enim, 384: Va =
una, Pelzer, 3: AIM = animus, 38: IEe =
inesse, Kopp, 1: A(m) =
an, 38: A(n)T =
ant, A(n)T(u) = antibus, 37: A(n)T(i)
= antiquum.
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certam, urbem (aut urbe(m) et) copia defensorum et magnitudine moe
nium ualidam.
In der zweiten, mit ad hoc beginnenden Aussage haben wir einen
Grund zur Unzufriedenheit mit et ducta ingens fossa und mit dem nicht
eindeutigen quafluuio diffidebatur unserer Editionen. Qua k?nnte man
zu fossa ziehen, das Tacitus aber ganz bestimmt nicht gemeint hatte.
War die fossa aber nur dort von strategischer Bedeutung, wo der Flu?
zu wenig Sicherheit bot, dann ist fast die Handschrift vorzuziehen, die
QUIA liest, aber nat?rlich f?r q(ua) uia, sonst ist es denkbar, da? auch
QUA richtig war, aber f?r q(ua)16 und u(i)a17. Ist wiederum was die
Errichtung der fossa anbelangt, ein Neubau, veranla?t durch die Neu
en, gemeint, dann erwarten wir eher ein est ducta, dann war ET aber als
Abk?rzung f?r e(s)t zu lesen18.
In der n?chsten Aussage, die mit dem ungenauen inerantque mili
tes et prouisi ante commeatus beginnt, st?rt uns das zu ungenaue ine
rant. Trotzdem kann Heller ?bersetzen "in der Stadt lagen Soldaten",
und das ist wieder zu genau, denn soeben ist das Wort urbem schon
gefallen. Aber einen kleineren Hinweis erwarten wir unbedingt im
Text, und zwar hinter INERANTQUE, das aber auf INERANTQ ab
gek?rzt werden konnte19. Sieht UE noch fast so aus, wie der von uns
gesuchte Hinweis, dann hatte die noch intakte Vorlage nicht ganz UE, aber immerhin IIC als Abk?rzung f?r illic20, auch f?r istic.
Im Verdacht haben wir aber auch die Buchstabengruppe PROUI
SI, denn dazu fehlt das Hilfsverb sunt, das auf S oder ST abgek?rzt
16 Zu Q
= qua s. Studemund, 289, Lindsay, 206, Bains, 33, Cappelli, 495 und
302, Kopp, 303: Q(a) = qua, 308: QR
= quare, 309: QS =
quasi. 17 Zu den Abk?rzungen f?r -i s. Studemund, 275f.: L = li, ILL = illi, Q
= qui,
U = ui, Lindsay, 319: UDL = uidelicet, 123: MH = mihi, TB =
tibi, Bains, 21: MH, MIH = mihi, Cappelli, 387: UDL = uidelicet, 371: TB =
tibi, 221: MLS = miles, 218: MH = mihi, Pelzer, 68: QA
= quia, Kopp, 395: UGL =
uigil, 402: U(i)RC ta =
ui recta, U(i)RD. =
Uiredus, 403: US = uisus, US tat =
uisitat, 401: U(i)R =
uir,
U(i)R tus = uirtus, 387: U a =
uia, U(i) ta = uita, U(i) tat = uitat.
18 Zu ET = est s. Cappelli, 114: E1 = est, 454: ETE = estote, Kopp, 114: E(s) =
es, E(s) ter = Esther. 19
Zu Q =
que s. Studemund, 290, Lindsay, 228, Bains, 33, Cappelli, 300f.,
Kopp, 187: IQ =
itaque, 29: A(d)Q =
atque, A(b)Q =
absque, 245: N(e)Q = neque,
401: UQ. =
uterque, UQ. =
usque. 20 S. dazu Kopp, 181: IL(h)C(i)
= illic, 171: I(sh)C(i) = istic.
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Tacitus, Annales XV 4 121
werden konnte21, das U (von PROUISI) wiederum f?r u(is) . Interpre
tieren wir die Paradosis richtig, so w?re f?r den Anfang der Aussage zu
lesen:
Inerantq(ue) illic milites et prou(is)i s(un)t ante commeatus.
In der Fortsetzung der selben Aussage (quorum subuectu pauci auidius progressi et repentinis hostibus circumuenti usw.) vermissen wir
zuerst einmal einen Hinweis auf ein Wort, von dem der Ablativ subuec
tu "eigentlich" abh?ngt. Es liegt nahe, an die Pr?position in zu denken, das aber vor subuectu stehen mu?te und somit hinter QUORUM, das
aber auf QUOR23 oder QUORU abzuk?rzen war. So k?nnten wir schon
lesen:
quoru(m) in subuectu pauci auidius progressi et repentinis hostibus circumuenti...
Man mu? diesen Satz mehrmals lesen um endlich festzustellen, da? er nicht vollst?ndig ist, defekt. Denn es n?tzt nichts, da? die
circumuenti dann bald auch ... tot sind, genauer: get?tet durch die
Soldaten des Monaeses. Auch sein noch so patriotisch, aber sine ira et
studio schreibender Autor h?tte das schlimme Ende nicht verschwie
21 Zu S = sunt s. Studemund, 301, Lindsay, 293, Bains, 47, Cappelli, 500 und 336f., Pelzer, 73, vgl. Kopp, 364: SV. =
sunt, 365: SV unt = sunt. 22
Zu den Abk?rzungen f?r -is s. Studemund, 258f.: B = bis, NOB =
nobis; G =
gis, LEG, MAG, N = nis, U =
uis, QU =
quamuis, X = xis, EXTIMAUIT,
Lindsay, 336: B = bis, URB, ORB, UERB, D = dis, L = lis, ILL = Ulis, SED =
sedis, G = gis, Bains, 55: B = bis, L = lis, G =
gis, R = ris, Cappelli, 238: NOB =
nobis, 348: SED = sedis, 316: QU
= quamuis, 202: LEUImo =
leuissimo, Pelzer, 44:
LAP = lapis, 46: MAG =
magis, 49: MS = mensis, 50: NB = nobis, Kopp, 310: Q(i)U
= quiduis, Q(am)U
= quamuis, 51: C(s)
= eis, 52: C is = ciuis, 212: L(e)N is
= lenis. 23
Zu den Abk?rzungen f?r -um s. Studemund, 260f. : C = cum, LOC =
locum, D = dum, INTERD, L = lum, QUADRUPL, M = mum, NUMM, G =
gum, LEG =
legum, N = num, R =
rum, MCIPIOR = maneipiorum, S =
sum, T = turn, TT =
tantum, U = uum, Lindsay, 358: R =
rum, D = dum, T =
turn, CENT, ITER,
FUTUR, EOR, CREPER, Bains, 60: R = rum, B = bum, S = sum, Cappelli, 121:
EOR = eorum, 459: FR =
forum, 334: RR = rerum, Pelzer, 19: D =
dum, 82: TOT = totum, Kopp, 314: R(u)
= rum, 302: Q r = quorum, 143: FR =
forum, 266: PAL urn =
paulum, 227: ML urn = malum.
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122 R. G. B?hm
gen. F?r das Schweigen machen wir die Paradosis verantwortlich. Das
fehlende Wort, ein Partizip, war dem voranstehenden circumuenti so
?hnlich, da? der Librarius, auf den der Fehler zur?ckgeht, hier an eine
Dittographie denken konnte. Die noch intakte Vorlage hatte also wohl
circumuentiinterempti. Die letzte Aussage des zweiten Satzes w?re
demnach zu lesen:
Inerantq(ue) illic (aut istic) milites et (aut et(iam))24 prou(is)i s(un)i ante commeatus, quoru(m) in subuectu pauci auidius progressi et re
pentinis hostibus circumu(enti) <inter>empti ira magis quam metu
ceteros accenderant.
Der dritte Satz beginnt in unseren Ausgaben, aber die Editoren
lesen manuskriptgetreu, mit dem unglaublichen, ja weltfremden sed
Partho ad exsequendas obsidiones nulla comminus audacia. Tacitus
kann hier und jetzt auch an Schlachten zu anderen Zeiten und in ande
ren Gegenden denken, die hier gegebene Situation hat er aber wohl
nicht vergessen, eine Situation, in der es noch gar nicht zur Belagerung
gekommen ist (und auch gar nicht kommen wird). Dann hat er aber
keinen Grund zu behaupten Partho ad exsequendas obsidiones nulla
COMMINUS audacia, denn ein Hinweis auf (raris) sagittis, das f?r eine
Schlacht aus der Ferne spricht, zeigt ?berdeutlich, da? Tacitus hier
einen Nahkampf nicht meint. Man k?nnte das bei audacia noch an
ders sehen, aber bei obsidiones spricht eher die Geduld und Beharr
lichkeit eine gro?e Rolle. Kurz: COMMINUS, das einmal auch COIS
geschrieben worden ist, ist ein Fehler der ?berlieferung. In Abreviatur
wird das oft vorkommende Wort des ?fteren geschrieben gewesen, und
zwar eher per contractionem. Ging es wie bei Belagerungen immer um
die Ausdauer, dann war die audacia wohl continua und es liegt hier
eine Verwechslung ?hnlicher Abk?rzungen vor. F?r Verwechslungen und Verdrehungen sprechen hier auch andere Dinge, so primo loco das
Fehlen eines Zeitwortes zu dem Dativ Partho, das wir vor dem
Hauptwort und somit dort erwarten, wo das abk?rzbare SED steht. War
nur S wie ?blich f?r s(ed) zu lesen25, dann war das E (von SED) wohl
24 Zu ET = etiam s. Studemund, 267, Lindsay, 77, Bains, 15, Cappelli, 454
und 124, vgl. Kopp, 369: (e)T(am) = etiam.
25 Zu S =
sed, set, s. Studemund, 300, Lindsay, 283, Bains, 45, Cappelli, 500
und 336f. Kopp, 366: S(dc)U(m) = sed cum, 362: S(de)T(am)
= sed etiam.
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Tacitus, Annales XV 4 123
f?r e(st) zu lesen26, aber D war dann wohl Abk?rzung f?r d(icta)27, denn es geht um die audacia.
In der zweiten H?lfte der ersten Aussage lesen wohl alle Editio nen dem cod. blindlings folgend raris sagittis neque clausos exterret et
semet frustratur, aber Wuilleumier ?bersetzt "il n'effraie pas les assi?
g?s" und Heller ?hnlich "mit vereinzelten Pfeilsch?ssen schrecken sie
die Eingeschlossenen nicht", so da? wir mittlerweile fast schon Angst bekommen um die armen Eingeschlossenen. Aber das kommt eigent lich nur von dem zu stark wirkenden EXTERRET, denn dann wirkt das
terrere irgendwie hart und endg?ltig. Nur hat EXTERRET dann etwas
auf Kosten des unvollst?digen CLAUSOS mitbekommen, zu Unrecht, meinen wir. Und vielleicht weil niemand daran gedacht hat, da? hier
die sog. scriptura continua falsch verstanden worden ist, mi?verstanden
auch der Umstand, da? allein EX schon f?r ex(ercitus) gelesen werden
konnte28.
Es kommt hinzu, da? die Pfeilsch?sse erst dann richtig wirken, wenn sie nicht einzeln sondern auf einmal in gro?en Mengen verschos sen worden sind. Bei raris sagittis konnte man die Gegner richtig ver
h?hnen. Weil die Laufbahn einzelner Pfeile in Ruhe und gefahrlos beobachtet werden konnte. Die Reichweite war begrenzt und die Zahl
zudem gering. Darum schrieb Tacitus wohl auch nur RAR f?r
rar(is)29, denn IS war in diesem Fall Abk?rzungen f?r i(n)sos(uper)31. Die erste Aussage des dritten Satzes w?re demnach zu lesen:
S(ed) e(st) d(icta)32 Partho ad exsequendas obsidiones nulla continua
26 Zu E = est s. Studemund, 265, Lindsay, 69, Bains, 13, Cappelli, 452 und
113f. 27
Zu der Abk?rzung (per suspensionem) s. Cappelli, 86, aber auch 87: D =
dictus. 28
Zu der Abk?rzung s. Cappelli, 454f. : EX = exercitus, Kopp, 132: EX tus =
exercitus, 165: I(n) ex = in exercitu. 29
Zu den Abk?rzungen f?r -is s. noch Lindsay, 340: R = ris, UXOR =
uxoris,
Bains, 55: R = ris, Cappelli, 380: TR = terris, 313: QR =
quaeris, Pelzer, 46: MAr = maioris, Kopp, 311: R(is) or =
risor, 292: PRC. = Priscus, 256: OR(is)
= oris, 383: TR(u) is = turns, 127: ER(s).
= eris, 137: FBR is = fenebris. 30 Zu I = in s. Studemund, 271, Lindsay, 111, Bains, 57, Cappelli, 468 und
168, Pelzer, 38: IEe = inesse, Kopp, 190: IS. =
inscius, IS = insidiosus. 31 Zu S =
super s. Lindsay, 298, Bains, 48, Cappelli, 500, Kopp, 190:1(n)S. =
insuper, 328: S. = super, superbus, 108: D(e)S.
= desuper. 32 Oder s(ed) e(s)t Partho usw.
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124 R. G. B?hm
audacia: rar(is) i(n)s(uper) sagittis neque clausos ex(ercitus) terret et
semet frustratur.
Hierzu aber noch einige Bemerkungen. War n?mlich est, was
nicht auszuschlie?en ist, nicht (per suspensionem) auf E abgek?rzt sondern (per contractionem) auf ET, dann hatte die Vorlage nicht SED
sondern SET, so da? jetzt S(ed) e(s)t zu lesen w?re. Dazu kommt aber
noch die Bemerkung, da? auch PARTHO genau genommen nicht so
gelesen wird, wie aus dem Kontext zu erwarten w?re. Auf diesen Ge
danken kommen wir freilich erst bei der Lekt?re des siebenten Satzes
und zwar bei der Lesart quia Parthus ho st is missilibus telis decertat
unserer Ausgaben und unter Ber?cksichtigung der ?bersetzungen. Denn Heller ?bersetzt an unserer Textstelle "die Parther besitzen ...
keinen Wagemut" und an der sp?teren Textstelle - aber gerade das gibt zu denken "weil der parthische Feind mit Wurfgeschossen k?mpft",
Wuilleumier dagegen "le Parthe n'a pas ... assez d'audace" und ? qua
si konsequenterweise ? "un ennemi tel le Parthe combat avec des ar
mes de jet".
F?r uns ist das hier nicht nur ein Problem des individuellen Stils
sondern wohl auch der Stilistik. Es geht n?mlich nicht um den
Parther sondern, dann aber gleich - um alle Parther, oder noch genau
er: um das Wesen, den Charakter eines Volkes. Das hatte erst und
nur Wuilleumier wohl erkannt, hatte aber nicht Konsequenzen folgen lassen, z.B. auch bei dem ersten Ausdruck hier dieser Art.
Wir haben hier etwas Spielraum f?r unsere Phantasie, denn auf
merksam gemacht durch das Parthos hostis der zweiten Textstelle, le
sen wir auch an der ersteren Stelle nicht ohne Bedenken einfach Par
tho. Denn ? das gibt dem Textkritiker etwas Freiheit, eine Handschrift
liest PARCHO und eine andere sogar nur PAR. Kurz: Der Librarius
hatte hier oder dort oder hier und dort Probleme mit der Paradosis. Wir
sehen sie in der Pal?ographie und in verkannter Abbreviatur. Dann war
das HO (von PARCHO) wohl Abk?rzung, aber nicht etwa f?r das
sonst m?gliche hostis sondern f?r homo3 . Aber auch das Hauptwort war dann, wohl in der zweiten Silbe, abgek?rzt. So w?re die erste Aus
sage des dritten Satzes jetzt wohl zu lesen:
33 Zu der Abk?rzung s. Lindsay, 103: HO =
homo, Bains, 19: HO = homo,
Cappelli, 465: HO = homo, 162: HO = homo.
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Tacitus, Annales XV 4 125
S(ed) e(s)? Parth(o)34 ho(mini) ad exsequendas obsidiones nulla ...
audacia.
Bei der n?heren Bezeichnung der audacia haben wir ebenfalls
Bedenken, denn aus einem CONTINUA h?tte wohl kein Librarius ein
COMMINUS gemacht, auch wenn eine nicht mehr gut lesbare Abbrevi
atur im Spiel war. Erwarten wir ein sehr ?hnliches Wort, dann schrieb
sich das Wort in der Vorlage COMMUNIS, aus dem durch Verwechs
lung das COMMINUS wurde. Unsere Lesart:
S(ed) e(s)t Parth(o) ho(mini)36 ... nulla communis audacia.
Viel gr??ere - und zahlreiche ? Probleme bekommen wir erst in
dem Restabschnitt des ganzen dritten Satzes. Wir beginnen mit dem
letzten Ausdruck, weil er unlogisch ist, und was unlogisch ist oder
so klingt, ist wohl immer auch unecht. Unecht ist aber, weil auch der
Situation nicht entsprechend, das erstaunlicherweise von allen Edito
ren ?bernommene, f?r niemand problematische erumpentibus nostris
caeduntur. Dabei h?tten unsere Editoren nicht unbedingt so lesen mu
sen, weil zumindest die sog. codices Genuenses, aber das ist durch die
Ausgabe von Fr. R?mer (Wien 1976) bekannt, FACILE CEDUNTUR lesen und zumindest das auch von R?mer nicht beachtete FACILE war
f?r den Textkritiker eine Art Freifahrtschein zur Suche nach dem logi schen Fehler.
Zu cum promouere scalas et machinamenta inciperent, facile detru
si, mox erumpentibus nostris caeduntur hei?t es bei Heller n?mlich ...
"wurden sie mit Leichtigkeit hinuntergesto?en und sp?ter, als die
Unsrigen einen Ausfall machten, niedergehauen". Wie man sieht, hat
das eine mit dem anderen nichts aber auch gar nichts zu tun, einfach
34 Zu den Abk?rzungen f?r -o s. Studemund, 258f. : B =
bo, BN = bonorum, L
= lo, M = mo, Q
= quo, T = to, DELICT = delicio, TESTAMENT =testamento,
Lindsay, 61: DN = donee, 129: MD =
modo, Bains, 24: NB = nobis, UB =
uobis, Cappelli, 110: DT = dotis, Kopp, 383: T(o)R(s)
= tores, 377: T(a)L at = tolerat, 229:
M(a)L = malo.
35 Zu der Abk?rzung s. Lindsay, 103.
36 Zum Ausdruck vgl. Cicero, M err. 1,533 id quod est Graecis hominibus in
prouerbio; de Or. 3,43 eruditissimos homines Asi?ticos quiuis Atheniensis indoctus ...
loquendo facile superabit; Varro, Rust. 1,2,8 homo Italicus; Place. 41 homini enim
Phrygi qui arborem numquam uidisset fiscinam ficorum obiecisti.
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126 R. G. B?hm
eine bl?de Koinzidenz unabh?ngiger Fakten! Man darf sich fragen, ob das bei oder f?r Wuilleumier anders war, denn dieser liest "puis une
brusque sortie des n?tres les taille en pi?ces". Die "n?tres" k?nnen
sich von dem Vorwurf des Massenmordes rheinwaschen, denn sie ha
ben ein feines Alibi. Sie waren zur Zeit da, aber nicht dort. In Wahrheit
war das wohl "etwas" anders.
Die Vorlage hatte facile detrusi und einige W?rter weiter etwas, das sich FACILE CEDUNTUR lesen lie?. Facile caeduntur klingt ma
kaber. Ein logisch denkender Mensch w?rde dann kombinieren: es ist
etwas ?ber die Parther gesagt worden oder ?ber das caeduntur. Aber
das Wort hatten dann nicht die Logiker sondern unsere Librarii und
jetzt Editoren. Sie kombinierten: Wenn/aci/e nicht m?glich, dann hatte
die noch intakte Vorlage ganz bestimmt nichts. Also ist die fragliche
Buchstabengruppe ohne Ersatz aus dem Text gestrichen worden. Was
tun?
Wir gehen davon aus, da? die Vorlage hier etwas hatte, bezogen entweder auf caeduntur oder noch irgendwie auf die detrusi, aber m?g licherweise in Abbreviatur, da es sonst zu Fehlern kaum kommt. Dann
nehmen wir das FAC (von FACILE) unter die Lupe, schauen gleichzei
tig nach m?glichen Abk?rzungen, und stellen, nicht sofort nat?rlich,
fest, da? F auch Abk?rzung sein konnte f?r f(ug), F it eine solche f?r
f(ug)it37, FA f?r fuga38, C (von FACILE) wiederum eine solche f?r
-c(es)39, FAC dann also eine solche i?rf(ug)ac(es). Unsere Lesart:
... cum promouere scalas et machinamenta inciperent, facile detrusi
... f(ug)ac(es) caeduntur.
Im Abschnitt 5 wird es dazu n?mlich heissen fugati qui expugna tiortem sumpserant.
Eine Lesart steht uns jetzt im Wege. Denn die Parther wurden mit
Leichtigkeit hinuntergesto?en, aber von den Belagerten, die somit
noch in der Burg bleiben. Kann Tacitus aber auch caeduntur sagen,
37 Zu den Abk?rzungen f?r -ug s. Kopp, 135f. : F it =
fugit. 38 Zu dieser Abk?rzung s. Kopp, 146: FX =
fugax. 39
Zu den Abk?rzungen f?r -es s. Studemund, 267f. : F = fes, R =
res, S = ses,
Lindsay, 442: T = tes, TT =
teste, 91: GT, GNT = gentes, 435: PD, PED =
pedes, Bains, 42: R = res, Cappelli, 318: R =
res, 381: TT = testes, Kopp, 78: CP
es = cespes, 134: F(s).
= fes, F(a) es =
fames, F(rx) es = uertices, 338: SD des =
sedes, 339: S(u)D es = sudes, 388: U(ix) es = iudices, 27: AP(x) es =
apices.
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Tacitus, Annales XV 4 127
dann sah er zwischen detrusi und caeduntur nat?rlich eine Steige
rung, aber caeduntur stand dann in unmittelbarer Beziehung mit dem
Ausfall. Dieser erfolgte nat?rlich nicht komischerweise mox, denn
wir erwarten ein steigerndes Wort, und somit ein Wort, das mit mo
endet. Es pa?t uns n?mlich, da? eine Handschrift, die sonst gar nicht
richtig ?berliefern mu?, nicht MOX hat sondern IN MOX. Ein Be
weis, da? wir hier mit einer Korruptel zu tun haben. Das richtige Wort
begann dann mit I, das als eine Abk?rzung f?r i(n) gelesen worden ist.
So kommen wir zu dem Gedanken, IMO f?r das steigerne immo zu
lesen40.
Liegt es aber logisch nahe, bei caeduntur (in einem gr??eren Ganzen f(ug)ac(es) caeduntur) in erumpentibus nostris die T?ter zu
sehen, dann wissen wir schon jetzt, warum alle codd. hinter MO (de facto immo) noch ein X (von MOX) haben, in der scriptura continua
zusammen mit MO. Es war nach Lage der Dinge nichts anderes als die
Pr?position a(b). Unsere Lesart hei?t also schon:
... cum promouere scalas et machinamenta inciperent, facile detrusi,
i(m)mo a(b) erumpentibus nostris f(ug)ac(es) caeduntur.
Nun haben wir aber auch mit einer Buchstabengruppe zu tun, in
der wir nach langer ?berlegung eine ganze Wortgruppe in der scriptura continua sehen. Denn zuerst einmal gibt es Handschriften, die einige Teile davon als selbst?ndige W?rter lesen, ob mit Recht ist eine andere
Frage. Es ist hier nicht festzustellen, seit wann unsere Ausgaben schon
Adiabenicum lesen, wichtiger ist schon, da? auch ad iabenicum gelesen wird, auch adienicum usw. Dann empfinden wir pl?tzlich die Pflicht, nicht nur zu pr?fen, wie, sondern auch zu pr?fen, ob wir die Pflicht
oder die M?glichkeit haben, in den handelnden Personen zu inciperent
urpl?tzlich nicht die Parther sondern ? warum blo?? ? die Adiabeni zu
sehen. Einen Grund dazu hat es eventuell gegeben, den grammati schen. Denn zuletzt war hier von Partho die Rede und somit von
einem Subjekt im Singular. Und die Librarii und unsere Editoren
haben nicht begriffen, da? mit Partho hier das ganze Volk gemeint war. Also brauchten sie quasi unbedingt jetzt ein Subjekt, zu dem dann
inciperent (und caeduntur) pa?t. Um dieses pluralische Ding zu bekom
men, lasen und lesen unsere Editoren das unbedingt pluralische Adia
40 Zu den Abk?rzungen s. Pelzer, 38: Io =
immo, Kopp, 185: IO = immo.
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128 R. G. B?hm
b?ni. Dieses hat aber gerade dort keine ?berzeugungskraft, wo man das
jetzt am meisten brauchte, in der Endung. Denn es geht in dem ganzen Satz auch um ein Beispiel f?r das zuvor gesagte Urteil ?ber die ...
audacia. Dann begann das jetzt fragliche (angenommen, da? richtig
zusammengebastelt worden ist) ADIABENI unter anderem mit ENI
(oder EM), aber beide Formen sind bekanntlich Abk?rzungen f?r das
begr?ndende eni(m) oder e(ni)m4 .
Tacitus hatte nun noch etwas anderes zu sagen, als Antwort auf
die Frage, wohin promouere scalas. Die Antwort sehen wir in dem
nicht ganz richtig ?berlieferten ADIAB, d.h. - wenn wir die Lage rich
tig beurteilen - AD und IAB. Da die Parther ihre Leitern und Belage
rungsmaschinen in Richtung Stadt schieben, d.h. wohl vor das Ein
gangstor der Stadt, gehen wir nicht fehl in der Annahme, da? die noch
richtige Vorlage unserer codd. nicht IAB hatte sondern wohl IAN als
Abk?rzung f?r ian(uam)*2. Interpretieren wir die Paradosis richtig, dann w?re die letzte Aussage des dritten Satzes in den Annales XV 4
wie folgt zu lesen:
s(ed) e(s)i Parth(o) ho(mini) ad exsequendas obsidiones nulla commu nes audacia, rar(is) i(n)s(uper) sagittis neque clausos ex(ercitus) terret et semet frustratur; ad ia/i(uam) eni(m) (aut e(ni)m) cum promouere scalas et machinamenta inciperent, facile detrusi43, immo a(b) erum
pentibus nostris f(ug)ac(es) caeduntur.
Und nun der ganze Text des Abschnittes 4 der Annales XV:
(nach Fr. R?mer) (nach R.G. B?hm)
Ea dum a Corbulone tuendae Sy- Ea dum a Corbulone tuendae Sy riae parantur, acto raptim agmi- riae parantur, acto rapti(m) mia ?e Monaeses, ut famam sui gno) agmine, Monaeses, ut fa
praeiret, non ideo nescium aut m(am) a(d)u(en)i(us) sui praeu(e incautum Tigranen offendit. oc- n)iret, non ideo nescium aut in
41 Zu den Abk?rzungen s. Studemund, 267: ENI, EM, Lindsay, 63, Bains, 12, Cappelli, 121: ENI = enim, 120: EM = enim.
42 Zu den Abk?rzungen s. Cappelli, 468: IA = Ianuariae, IAN =
Ianum, 170: IAN =
Ianuae, Kopp, 183: IN. = Ianus, I(n)N or =
ianitor, IN a = ianua, IN. =
ianuarius. 43
Zur Situation vgl. Tacitus, Ann. 1,39 concursu ... ad ianuam facto moliuntur
fores; 14,8 Anicetus uillam statione circumdat refractaque ianua obuios seruorum
abripit.
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Tacitus, Annales XV 4 129
cupauerat Tigranocertam, urbem
copia defensorum et magnitudi ne moenium ualidam. ad hoc Ni
cephorius amnis haud spernen
da latitudine partem murorum
ambit, et ducta ingens fossa, qua fluuio diffidebatur. inerantque milites et prouisi ante coramea
tus, quorum subuectu pauci aui
dius progressi et repentinis ho stibus circumuenti ira magis quam metu ceteros accenderant.
sed Partho ad exequendas obsi
diones nulla comminus audacia:
raris sagittis neque clausos ex
terret et semet frustratur. Adia
beni cum promouere scalas et
machinamenta inciperent, facile
detrusi, mox erumpentibus
no
stris caeduntur.
Freiburg im Breisgau
cautum Tigranen offendit (aut offend(it). I(s)t(e)) occupauerat (aut occupauer(at) a(n)t(e)) Ti
granocertam, urbem (aut ur
be(m) et) copia defensorum et
magnitudine moenium ualidam. ad hoc Nicephorius amnis haud
spernenda latitudine partem mu
rorum ambit, e(s)t ducta ingens fossa, qua (aut q(ua) u(i)a) fluuio diffidebatur. inerantq(ue) illic milites et prou(is)i s(un)? ante
commeatus, quorum (aut quo
rum) in) subuectu pauci auidius
progressi et repentinis hostibus
circumu(enti m?er)empti ira ma
gis quam metu ceteros accende
rant. s(ed) e(s)i Parth(o) ho(mini) ad exsequendas obsidiones nulla commams audacia; rar(is) i(n) s(uper) sagittis neque clausos
ex(ercitus) terret et semet fru
stratur, ad ian(uam) eni(m) cum
promouere scalas et machina
menta inciperent, facile detrusi,
i(m)mo a(b) erumpentibus no stris f(ug)ac(es) caeduntur.
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