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THAILAND-RUNDSCHAU der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V., Köln Jahrgang 27 Februar 2014 Nr. 1 ISSN: 0934-8824

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THAILAND-RUNDSCHAU der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V., Köln

Jahrgang 27 Februar 2014 Nr. 1

ISSN: 0934-8824

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THAILAND-RUNDSCHAU

Impressum und Inhalt

Inhalt Nr. 1 – 2014

Vorwort 3

Die politische Dauerkrise Thailands 4 und die Rolle der Parteien Wolfgang Sachsenröder

KRASIP RAK, „Das Liebesgeflüster“ 10 Werner Dackweiler

Tachileik/Myanmar und Mae Sai/Thailand: 18 Grenzstädte im Transformationsprozess Frauke Kraas

Asiens Detroit 24 Rainer Schubert 

Leichtathletik-Kurzzeitprojekt in Thailand 27 Caroline Kraas

Aus Eka Donner’s Tagebuch 28 

Unterstützung für SOS-Kinderdörfer 29 Arnd D. Kumerloeve 

Förderverein: Freunde der Duang Prateep 30 Foundation, Deutschland e.V. Jürgen Göpfert

Thailändisches Mosaik 38 Gerhard Klinkhardt 

DEUTSCH-THAILÄNDISCHE GESELLSCHAFT e.V.

Ehrenpräsidentin: Die Botschafterin des Königreiches

Thailand in Deutschland Präsidentin:

Prof. Dr. Frauke Kraas

Stellvertretender Präsident: Prof. Dr. Dr. h.c. K.-H. Pfeffer

Schatzmeister: Günter Blindert

Vorstandsmitglieder: Dr. Lutz Damerow

Dr. Arnd D. Kumerloeve

RUNDSCHAU -IMPRESSUM

Herausgeber und Verlag: Deutsch-Thailändische Gesellschaft

e.V.

Redaktion: Prof. Dr. Frauke Kraas, 50923 Köln

(ViSdP) unter Mitarbeit von

Dr. Arnd D. Kumerloeve, Köln, und Prof. Dr. Karl-Heinz Pfeffer, Tübingen Layout: Anke Dick-Follmann, Rodgau

Druck Druckerei Koges, Bonn

ISSN: 0934-8824 Geschäftsstelle

und Redaktionsbüro Iddelsfelder Straße 33

51067 Köln +49 (0)221 / 68 00 210

Fax: +49 (0)221 / 96 90 287 E-Mail: [email protected]

Internet: http:// www.dtg.eu THAILAND-RUNDSCHAU, die Zeit-schrift der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V., erscheint dreimal im Jahr im Umfang von je ca. 40 Seiten. Der Bezugspreis ist durch den Mit-gliedsbeitrag abgegolten. Redaktionsschluss:

für Heft 2-2014: 01.06.2014 für Heft 3-2014: 15.10.2014 für Heft 1-2015: 01.02.2015

Namentlich gekennzeichnete oder aus anderen Publikationen über-nommene Beiträge dienen ausschließlich der Information unserer Leser und geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Gesell-schaft wieder.

Titelfoto: Die massiven Disparitäten der Wohn- und Lebensverhältnisse von Bangkoks Bevölkerung spiegeln sich im Kontrast zwischen den modernen Wohnhochhäusern und den traditionell auf Stelzen gebauten Holzhäusern am Ufer des Maenam Chao Phraya. Foto: © F. Kraas Innenfoto: Sala Kaew Ku Skulpturenpark – Nong Khai – Isan. Foto: © K.-H. Pfeffer

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EINLADUNG DEUTSCH-THAILÄNDISCHE GESELLSCHAFT

Symposium 2014

„Reis und mehr …": Ernährung in Thailand

10.05.2014 in Stuttgart

9.30 Uhr Treffen zum Gespräch bei Kaffee und Gebäck

10.00 Uhr Grußworte Ihre Exzellenz, die Botschafterin des Königreichs Thailand Honorarkonsulin Marianne Zorn, Stuttgart Prof. Dr. Frauke Kraas, Präsidentin der DTG

10.15 Uhr Prof. Dr. Ampha Otrakul, Chulalongkorn University Bangkok: “Der Mann ist das ungeschälte, die Frau das geschälte Reiskorn”

11.00 Uhr Prof. Dr. Marin Trenk, Universität Frankfurt: Wandel der Ernährung in Thailand

11.45 Uhr Daniel Mey, Gesellschaft für International Zusammenarbeit (GIZ): Ist eine nachhaltige Palmölproduktion in Thailand möglich?

12.30 Uhr Abschlussworte und Ende des Symposiums 12.45 Uhr Mittagessen

14.00 Uhr DTG-Mitgliederversammlung

TOP 1 Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Versammlung und Beschlussfähigkeit, Genehmigung der Tagesordnung

TOP 2 Jahresbericht der Präsidentin TOP 3 Finanzbericht des Schatzmeisters / Bericht der Kassenprüfer TOP 4 Aussprache zu TOP 2 und TOP 3 TOP 5 Entlastung des Vorstandes TOP 6 Wahl des Beirats TOP 7 Wahl der Kassenprüfer TOP 8 Jahresbeiträge 2015 (§ 6 der Satzung) TOP 9 Verschiedenes, Anregungen, Kritik

16.00 Uhr Kaffeepause Teilnahme und Anmeldungen An alle DTG-Mitglieder: Bitte, melden Sie sich möglichst bald verbindlich an unter Telefon 0221-68 00 210, oder Fax 0221-96 90 287 oder Mail [email protected]. Die Teilnahme an der DTG-Mitgliederversammlung ist DTG-Mitgliedern vorbehalten. Zum Symposium sind Gäste bzw. Nicht-Mitglieder selbstverständlich sehr herzlich willkommen. Die Teilnahme am Symposium ist kostenfrei. Veranstaltungsort Commundo Tagungshotel Stuttgart, Universitätsstr. 34, 70569 Stuttgart Wir wünschen Ihnen eine gute Anreise! Ihre Deutsch-Thailändische Gesellschaft

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Die politische Dauerkrise Thailands und die Rolle der Parteien

Wolfgang Sachsenröder

Vorbemerkung: Die aktuellen politischen Entwicklungen in Thailand lassen ein Ende der Krise nicht abse-hen, mitten im Bangkok „shutdown“ Mitte Januar am allerwenigsten, selbst wenn er einigermaßen friedlich verlaufen sollte. Der folgende Beitrag versucht, die Hinter- und Abgründe der Konfrontation zwischen Gelb- und Rothemden zu skizzieren. Freunde des Landes haben Anlass zur Sorge.

1. Das positive Landesimage bekommt zunehmend dunkle Flecken

Die Zahl der Militärputsche in Thailand wird in den Medien meist mit 18 seit 1932 angegeben, Spezia-listen nennen zwanzig, und davon elf erfolgreiche und neun gescheiterte. Der Putsch von 2006, der Thaksin Shinawatra entmachtete, war vergleichs-weise unblutig, konnte aber bei vielen innerhalb und außerhalb Thailands nicht die verstörenden Bilder von 1992 verdrängen, als Soldaten brutal in die Universitäten eindrangen und Demonstranten jagten, die dort Schutz gesucht hatten. Angaben über die Zahl der Todesopfer, zunächst sehr hoch, sanken zwar nachdem sich die Lage stabilisiert hatte, blieben aber unklar weil Tausende verhaftet und gefoltert worden waren.

Noch beim Putsch von 2006 galt es als „Faustre-gel“, dass zehn Panzer und tausend Soldaten ausreichten, um das Zentrum von Bangkok und damit gleichzeitig das ganze Land zu kontrollieren. Die Begrenzung der Gewalt auf ein relativ kleines Stadtgebiet galt auch noch weitgehend 2010 bei dem immer noch nicht aufgearbeiteten Armee-Einsatz gegen die „Rothemden“, der 92 Todesop-fer forderte. Allerdings war hier die Gewalt nicht mehr so eindeutig einseitig vom Militär ausgegan-gen. Die Methoden der Demonstranten waren nicht mehr nur friedlich und gesetzeskonform, die Grenze zwischen Abwehr, etwa gegen Tränengas und Wasserwerfer, und Angriffen auf die Sicher-heitskräfte verschwamm mit dem Auftauchen von rabiateren Mitteln bis zu Schusswaffen.

Abgesehen von der Flughafenbesetzung in Bang-kok durch die „Gelbhemden“ arbeitete die Wirt-schaft im Lande trotz allem relativ ungestört weiter und die Touristenströme liessen sich an den Traumstränden verwöhnen und stellten das Bild vom entspannten und freundlichen Thailand - „smooth as silk“ – kaum in Frage. Auch intern wur-de ein vermutlich übertrieben harmonisches Bild der Gesellschaft gepflegt, ausgedrückt in den drei Worten „sanook“, „sabai“ und „saduak“, auf

Deutsch etwa: Spaß, entspannt und Bequemlich-keit.

Inzwischen werden Verwerfungen in der Gesell-schaftstruktur durch die zunehmende politische Polarisierung deutlicher sichtbar. Der hauptsäch-lich von Politikern der Democrat Party getragene Versuch im November und Dezember 2013, die Regierung Yingluck Shinawatra zu stürzen führte immer wieder zur Provokation und Konfrontation mit den Sicherheitskräften, obwohl die Premiermi-nisterin zu de-eskalieren versuchte und immer wieder den Dialog anbot. Das Gewaltpotenzial dürfte für intimere Kenner des Landes allerdings keine Überraschung sein. Das Auftreten von Militär und Polizei, die Behandlung der Unterschichten und der ärmeren Landbevölkerung, der Frauen, oder der Muslime im Süden haben seit langem erhebliche Schatten auf das freundlich-friedfertige Image des Landes geworfen. Während der Nie-derschrift dieses Artikels um die Jahreswende 2013/2014 spitzen sich ständig neue Konflikte weiter zu.

Der ehemalige Vize-Premier Suthep Thaugsuban stachelt mit Unterstützung seiner Demokratischen Partei eine hoch emotionalisierte Widerstandsbe-wegung gegen die Regierung Yingluck an und fordert die völlige Ausschaltung des Shinawatra-Clans, der von Thaksin Shinawatra aus dem Exil in Dubai gesteuert werde und mit seiner Korruption das Land und seine Wirtschaft gefährde. Die für den 2. Februar anberaumten Wahlen wird nach allen Umfragen Thaksin’s Puea Thai Partei sicher gewinnen; die Demokratische Partei hat deshalb beschlossen, sie zu boykottieren, und Suthep’s Protestgruppen versuchen, die Registrierung von Kandidaten mit Gewalt zu verhindern. Der in den 1990er Jahren gerühmte Demokratisierungspro-zess Thailands läuft ernsthaft Gefahr, im Chaos zu enden, interne Beobachter malen bereits Bürger-kriegs- oder bürgerkriegsähnliche Szenarien, der Armeechef schließt ein Eingreifen des Militärs nicht mehr aus.

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Es ist zweifellos nicht abwegig, die Wahlerfolge Thaksins und der dritten Reinkarnation seiner Par-tei, die nach widerholter Auflösung durch das Ver-fassungsgericht nun als Puea Thai firmiert, einer allzu teuren populistischen Politik zuzuschreiben. Die Preisgarantie für Reisbauern und die fast freie Krankenbehandlung für Arme sind längst nicht mehr finanzierbar, bleiben aber besonders im Nor-den und Nordosten äußerst populär und stützen die Thaksin-Partei.

Dieser enorme politische Vorteil für Puea Thai bringt die jetzige Opposition unter Führung der Democrat Party an die Grenze ihrer demokrati-schen Glaubwürdigkeit. Die Forderung Sutheps, erst einmal grundlegende Reformen des politi-schen Systems durch einen ernannten Volksrat ausarbeiten zu lassen, bevor dann etwa nach Jah-resfrist wieder gewählt werden kann, ist weit au-ßerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung. Sie kann auch dem ländlichen Wählerreservoir der Puea Thai nicht vermittelt werden, das die Rück-kehr einer „bürgerlichen“ Mehrheit unter Führung der Democrat Party fürchtet, die als „Bangkok Elite“ wieder mehr auf ihre eigenen Pfründen und Privilegien aus wäre als auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen der ländlichen und städti-schen Armen. Deshalb wird die Dauerkrise seit Thaksin intern auch oft in Klassenkampf-Kategorien analysiert, was einer Gesprächsbereit-schaft zwischen den Lagern alles andere als dien-lich ist. Die Diskussionsbeiträge und Analysen der akademischen Elite, die zum großen Teil in den Demonstrationen der 1990er Jahre politisch sozia-lisiert worden ist, tragen leider wenig dazu bei, nach Möglichkeiten für eine Kompromisslösung zu suchen.

2. Fehlentwicklungen im Parteiensystem und ihr Beitrag zur Dauerkrise

Das parlamentarische System, das die Parteien mit Leben zu erfüllen haben, ist zuletzt 2011 ge-ändert worden und sieht vor, dass 375 Abgeordne-te direkt in Wahlkreisen gewählt werden, die etwa 170 000 Wähler repräsentieren sollen. 125 Manda-te werden nach der Höhe ihres Stimmenanteils an die Parteien vergeben. Dieser Anteil ist 2011 von 85 auf 125 erhöht worden bei gleichzeitiger Auf-stockung der Gesamtmandate von 480 auf 500. Thailand gehört zu den Ländern, die mit dem deutschen Modell von parallel gewählten Direkt- und Listenmandaten experimentieren, um der Zer-splitterung des Parteiensystems entgegenzuwir-ken. Trotzdem werden an der Wahl am 2. Februar 2014, wenn sie denn ordnungsgemäß stattfinden kann, mehr als 50 Parteien teilnehmen.

Die zweite Kammer, der Senat, dessen Mitglieder traditionell auf Vorschlag des Ministerrats vom König ernannt wurden, werden unter der neuen Verfassung von 2007 teilweise gewählt, nämlich

76 von 150, während 74 Senatoren von einem Wahlkomitee ernannt werden.

In der Konsolidierungsphase nach dem gescheiter-ten Putsch des Generals Suchinda von 1992 wur-de die demokratische Entwicklung Thailands inter-national als unumkehrbar gepriesen. Dabei wurden entscheidende Schwächen der Parteien-entwicklung weitgehend übersehen. Sie nahmen zwar relativ geordnet an den Wahlen teil, vom exorbitanten Ausmaß des Stimmenkaufs im gro-ßen Stil einmal abgesehen, waren aber intern schlecht oder kaum organisiert, von Fraktionen und Seilschaften sowie einflussreichen Meinungs-führen dominiert und so gut wie ohne programma-tische Orientierung. Ihre Instabilität wurde zudem durch ständig wechselnde Verfassungen, Auflö-sungen und Wiedergründungen, Änderungen des Wahlrechts und rein machtpolitische Koalitions-wechsel weiter verstärkt. Weder wahlrechtliche Vorschriften noch Finanzierungsregeln werden eingehalten, und auch nur in seltenen Fällen von den Gerichten oder der Wahlkommission so ge-ahndet wie die Gesetzeslage es erfordern würde. Die Qualität der Gerichtsurteile ließ zudem immer wieder Zweifel an der Neutralität der Richter zu und trug zunehmend zum negativen Image der Parteien und der Justiz in der Bevölkerung bei. Die Aussprache-Variante „Democrazy“ war schon Mitte der 1990er Jahre ebenso ein Hinweis auf den Mangel an Vertrauen in die politische Klasse des Landes wie die Sehnsucht nach einem Ein-greifen König Bumibhols, von diesem allerdings eher selten erfüllt und vom mutmaßlichen Nachfol-ger kaum noch erwartet.

Aber der wichtigste Faktor in diesem weit mehr als schleichenden Desillusionierungsprozess bleibt bis heute die allzu sichtbare Korruption in der Politik Thailands. Ein Bauer aus dem Norden wurde Ende 2013 mit der Bemerkung zitiert, man wisse ja, dass alle Politiker korrupt seien, aber der natürlich ebenfalls korrupte Thaksin kümmere sich wenigs-tens um die arme Landbevölkerung. Die Korrupti-on wird in einem späteren Kapitel auch im regiona-len Kontext zu behandeln sein. Hier folgen zunächst einige Einblicke in die beiden wichtigsten Parteien.

3. Puea Thai, dritte Inkarnation der „Thak-sin-Partei“

Thaksin Shinawatra, ein ehemaliger Polizeioffizier, der sich nebenbei mit bescheidenem Erfolg in einer Reihe von geschäftlicher Aktivitäten versuch-te, gelangte in den 1980er Jahren durch politische Kontakte und monopolartige Telekommunikations-Unternehmen zu großem Reichtum. 1994 trat er der Palang Dharma Partei bei und wurde unter Banharn Silpa-Archa (als „Mr. Geldautomat“ für seine Stimmenkauf-Praxis unvergessen) und spä-ter kurz unter Chavalit Yongchaiyudh Vize-Premierminister. Er stand schon damals unter

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heftiger Korruptionskritik. In einer Parlamentsde-batte im September 1997 griff ihn interessanter-weise der jetzige Protestführer Suthep Thaugsuban wegen illegaler Insidergeschäfte an, die folgende Democrat-geführte Regierung nahm das Thema aber nicht auf.

1998 gründet Thaksin mit einem persönlichen Investment von rund 57 Millionen US$ (The Nation am 6.8.1998) die Thai Rak Thai Partei, sammelt eine Kriegskasse von sagenhaften Ausmaßen an und „überredet“ mehr als hundert Abgeordnete aus anderen Parteien, seiner neuen Partei beizutreten. Die in der Finanzkrise 1997 verschuldete Landbe-völkerung und städtische Arme als wahlstrategi-sche Zielgruppe im Auge verspricht die neue Par-tei ein Schuldenmoratorium, erschwingliche Krankenhausbehandlung und ein ländliches Kre-ditprogramm mit einer Million Baht für jedes Dorf in Thailand. Bei der Wahl 2001 geht die Rechnung mit 40,6 % Stimmenanteil und 248 Mandaten blendend auf, die Partei schluckt noch zwei kleine Parteien mit weiteren 37 Sitzen und kommt in Koa-lition mit der Chart Thai Partei auf eine Mehrheit von 325 von 500 Sitzen im Parlament. In der fol-genden Wahl 2005 kann sich TRT sogar noch steigern und erreicht eine eigene Mehrheit von 375 Mandaten. Aber schon im folgenden Jahr gerät der bisher mächtigste Premier Thailands zunehmend unter Druck der People Alliance for Democracy (PAD) oder Gelbhemden, die ihm Korruption und einen zunehmend autoritären Regierungsstil vor-werfen. Er löst das Parlament auf, gewinnt die anschließende Wahl haushoch mit 61% und 460 Mandaten, weil die Demokratische Partei und viele andere die Wahl boykottieren. Im September setzt das Militär Thaksin ab und im Mai 2007 löst das Verfassungsgericht die Partei wegen Wahlbetrugs auf. Eine Nachfolgepartei unter dem Namen Peop-le’s Power Party, weitgehend mit den alten Ge-sichtern außer Thaksin selbst, überlebte nur bis Dezember 2008, wiederum wegen Wahlbetrugs vom Verfassungsgericht aufgelöst. Aber schon Ende September kam die nächste Reinkarnation als Puea Thai oder Für Thai-Partei. Zunächst in der Opposition gegen die Democrat-geführte Koa-lition unter Abhisit Vejjajiva gewinnt Puea Thai in der Wahl 2011 unter Thaksin’s Schwester Yingluck als Spitzenkandidatin der Parteienliste 262 Manda-te und formt mit weiteren kleinen Parteien eine Regierung, die unter dem Druck von Straßende-monstrationen im Dezember das Parlament auflöst und Wahlen für den 2. Februar ausschreibt.

Die Thaksin-Partei hat Thailands Politik nachhaltig durcheinandergewirbelt und die alte „Bangkok-Elite“ massiv gegen sich aufgebracht. Die drei sukzessiven Parteien sind organisatorisch und personell weitgehend konstant geblieben mit Thaksin auch im Exil als Strippenzieher im Hinter-grund. Populismus allein kann man der Partei nicht vorwerfen, im regionalen und internationalen Ver-gleich gibt es davon zu viel. Die Partei ist organi-

satorisch gut aufgestellt, obwohl Mitgliederzahlen kaum verlässlich sind und der Mitgliedsbeitrag nur symbolisch ist. Wo liegen dann die Defizite? Unter demokratie-theoretischen Aspekten liegen sie vor allem bei der Fokussierung auf Thaksin und seine Finanzkraft sowie das Fehlen einer auch nur an-nähernd kohärenten Programmatik. Der einzige erkennbare Zweck der Partei, und zwar wesentlich deutlicher sichtbar als bei anderen Parteien, ist der Drang zur Macht und der Zugang zu den staatli-chen Ressourcen Thailands. Von innerparteilicher Demokratie kann kaum die Rede sein, Puea Thai ist straff vertikal und hierarchisch organisiert und bei allen wichtigen Entscheidungen einschließlich der Kandidatenauswahl kann Thaksin eingreifen und entscheiden. Der Erfolg seit 2001 hat den Neid der konkurrierenden Parteien erregt, aber auch durch Arroganz der Macht eine Reihe politi-scher Fehler generiert, die das strahlende Bild des Erlösers der Armen und Benachteiligten im Lande erheblich eingetrübt haben. Thaksins Misserfolge im muslimischen Süden und seine brutale Be-kämpfung der dortigen Separatisten, die deutlicher werdenden Grenzen der Subventionspolitik und die militärische Fehlkalkulation an der Grenze zu Kambodscha oder Preissteigerungen für den Nor-malbürger und versteckte Arbeitslosigkeit sind nur einige der kritischen Themen.

4. Die Demokratische Partei (DP)

Gegründet 1946 ist die DP die älteste Partei Thai-lands, aus ihren Abspaltungen sind später weitere Parteigründungen hervorgegangen. Als einzige Partei ist sie nie aufgelöst oder bei einem Militär-putsch verboten worden, was auf eine besondere Nähe zu Königshaus und Militär hinweist, ebenso wie ihr Image als Partei der Eliten, der Mittelklasse und des gebildeten Bürgertums. Ihre Mitgliedschaft in der Liberalen Internationale spiegelt sich nicht durchgehend in ihrer Politik oder Programmatik wider. Die größten Wahlerfolge errang die Partei traditionell in Bangkok und später unter Premier Chuan Leekpai in den 1990er Jahren im Süden des Landes, während Norden und Nordosten als arm und rückständig vernachlässigt wurden und so den Thaksin-Parteien weitgehend das Feld über-lassen wurde. Unter der Führung von Abhisit Vejjajiva, der von 2008 bis 2011 Premierminister war, versuchte die DP ihr konservatives und elitä-res Image abzustreifen und vor allem die junge Generation anzusprechen, hatte aber bei der ar-men Mehrheit keine Chance gegen Thaksins Po-pularität.

Organisatorisch und finanziell ist die Partei deut-lich besser aufgestellt als alle anderen (außer Puea Thai). Die Mitgliederbasis ist relativ stabil ohne dass sie ausreichend und verlässlich doku-mentiert werden könnte. Ihre Parteibüros sind im ganzen Land fest etabliert, obwohl es sich im Nor-

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den kaum für sie lohnt, viel in Wahlkampagnen zu investieren.

Die seit 1946 gültigen demokratischen Prinzipien der Partei nennen als Ziele u.a. Transparenz und politische Verantwortlichkeit gegenüber den Wäh-lern, Treue zu Monarchie und Verfassung, Garan-tien bürgerlicher Freiheiten wie Presse- und Mei-nungsfreiheit sowie Widerstand gegen jede Art von Diktatur. Sie schützen die Rechte der Minderheiten und wollen für die Einheit der Nation eintreten. Transparenz, Schutz der Menschenrechte, good governance und Dezentralisierung sind als Politik-ziele weitgehend für die eigene Klientel attraktiv, konnten aber in den ländlichen Gebieten wenig Anklang finden.

Intern ist die DP demokratischer als die konkurrie-renden Parteien, der Vorsitzende weniger mächtig, über Kandidaturen wird von den zuständigen Par-teigremien der jeweiligen Ebene entschieden. Die DP ist eine Massenpartei mit über zwei Millionen Mitgliedern, wenn auch ohne wirklich verlässliche Daten, davon können schätzungsweise ein Drittel als aktiv gelten. Fluktuation und Parteiwechsel sind gering, kommen aber vor.

Mitglieder und Führungspersonal in den örtlichen Parteigliederungen sind häufig pensionierte Staatsbeamte, Anwälte und Geschäftsleute, einer der Gründe für das Establishment-Image der Par-tei. Die oft auch finanzielle Abhängigkeit der Orts-verbände von ihren Abgeordneten im Parlament versucht die Partei durch regelmäßige Unterstüt-zung der Ortsbüros zu reduzieren, das traditionelle Patronagesystem wird aber nur sehr langfristig abgebaut werden können. Die Mitgliedsbeiträge sind mit 20 Baht pro Jahr ohnehin nur symbolisch, werden aber auch nicht regelmäßig eingezogen. Finanziell bleibt die Partei von Spenden und der immerhin funktionierenden staatlichen Parteienfi-nanzierung abhängig. Details dazu werden im letzten Kapitel behandelt.

Bei Anerkennung der organisatorischen Stärke der DP und ihrer Ziele als transparente, demokratische und verantwortungsvolle Partei für das Land einzu-treten bleibt der negative Einfluss des elitären Image und der Nähe zu Monarchie und Militär der entscheidende Nachteil gegenüber Puea Thai. Nach allen Umfrage-Ergebnissen der letzten Mo-nate könnte die DP am 2. Februar 2014 nicht ge-winnen. Ob die Boykott-Entscheidung die richtige Konsequenz gewesen ist wird sich erst im Laufe des Jahres herausstellen. Vor der Wahl kann man nur hoffen, dass die weitere innenpolitische Ent-wicklung ohne größere Gewaltanwendung und Thailand von den von einigen Kommentatoren vorhergesagten bürgerkriegsähnlichen Situationen verschont bleibt.

5. Politikfinanzierung und politische Korruption in Thailand

Im regionalen Vergleich hat Thailand erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Finanzie-rung seiner Demokratie transparenter zu gestalten als es dem traditionellen Patronagesystem ent-sprach, in dem die Wähler vom siegreichen Kandi-daten regelmäßige Wohltaten als Belohnung für ihre Unterstützung erwarten konnten. Nach langen akademischen, politischen und Mediendebatten seit den 1990er Jahren über die Einführung einer Art von „Demokratiesteuer“ wurde 2007 das „Or-ganische Gesetz zur Parteienfinanzierung“ verab-schiedet. Danach können die Bürger durch An-kreuzen in ihrer Steuererklärung eine Partei bestimmen, der sie eine Spende von 100 Baht (etwa 3 US$) zukommen lassen wollen. Die Gel-der werden im „Political Party Development Fund“ von der nationalen Wahlkommission verwaltet und an die Parteien verteilt. Trotz erheblicher Mängel im Steuersystem kamen in den letzten Jahren durchaus erhebliche Summen zur Auszahlung:

Auszahlungen des Political Development Fund 1999 – 2010

Partei Betrag (in m Baht)

Democrat Party 672,0

Chart Thai 148,4

Thai Rak Thai 682,5

People’s Power Party 52,2

Puea Pandin 27,7

Puea Thai 0.5

Chartthaipattana 0.4

Bhumjaithai 0.4

Quelle: Election Commission of Thailand, zusam-mengestellt von Pimrapaat Dusadeeisariyakul

Bei weltweit stetig steigenden Wahlkampfkosten können jedoch auch großzügige staatliche Sub-ventionen den Finanzbedarf der Parteien nicht decken. Zum Vergleich: In Deutschland betrugen im Jahr 2013 die Wahlkampfkostenerstattungen und weitere staatliche Zahlungen an die Parteien insgesamt 153 Millionen €. Die Gesamtausgaben aller Parteien erreichten aber schon in den Vorjah-ren die 400 Millionengrenze. Auch wenn die in der Bevölkerung unpopulären Spendenflüsse erheb-lich schwanken, wird man auch Thailand zugeste-hen müssen, dass es ohne Spenden nicht geht.

In Thailand ist die Diskrepanz zwischen staatlicher Finanzierung und Spendenaufkommen allerdings unvergleichlich grösser als in Europa.

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Wingfield (Wingfield: 265 in: Gomez, Edmund Ter-ence, ed. (2002), Political Business in Asia, Lon-don-New York) erklärt die Verbreitung von „money politics“ in Thailand einerseits mit den alten Patro-nage-Traditionen, andererseits mit der ständig steigenden Kommerzialisierung der Wahlkämpfe. Im Klartext heißt das: Wahlkampf wird so teuer dass Politiker ohne unternehmerische Basis oder Unterstützung durch Spenden sich einen Wahl-kampf nicht mehr leisten können. Nach Wingfield sind die Wahlkampfausgaben der Parteien insge-samt von 1988 bis 1996 von rund 790 Millionen US$ auf 1,2 Milliarden angewachsen. Thaksin hat mit seinen Parteien weiter zu diesem Wachstum beigetragen, dabei aber auch erhebliche staatliche Mittel für seine Subventionsprogramme eingesetzt.

Die Mechanismen zur Kommerzialisierung der Politik sind einleuchtend: Wenn ausreichend rei-che Geschäftsleute in die Politik einsteigen, siehe Thaksin, wollen sie auch mit entscheiden und kan-didieren im Zweifel gleich selbst. Das Investment in den Wahlkampf muss dann auch entsprechende

Renditen erzeugen. Wenn die staatlichen Geld-quellen einmal angezapft sind, wird im Parlament oder der Provinzregierung dann dafür gesorgt, dass sie munter weitersprudeln. Auch westliche Demokratien sind nicht immun gegen plutokrati-sche Tendenzen, aber in Thailand und Südostasi-en allgemein gibt es sehr viel mehr „ungewöhnlich reiche“ Politiker als etwa in Europa. Gerade das System Thaksin ist deshalb als „Pluto-Populismus“ beschrieben worden. Und erschwerend kommt dann auch noch hinzu, dass Familienclans in die Netzwerke mit einbezogen werden. Deshalb richtet sich auch Suthep Thaugsubans Kampagne gegen den gesamten Shinawatra-Clan und fordert des-sen radikale Ausschaltung aus Thailands Politik.

Die gesetzlichen Vorkehrungen gegen Wahlbetrug und „money politics“ sind in Thailand weiter entwi-ckelt als in den meisten Ländern der Region, blei-ben aber „nur“ Gesetze und Bestimmungen, die in der Praxis der Parteien umgangen werden, Ver-stöße werden kaum und höchst selektiv geahndet.

Eine Studie von International IDEA (hier im Auszug des Autors für Südostasien) gibt einen Überblick:

Land

Verbot Partei-spen-den

Verbot Spen-den an Kandi-daten

Verbot ano-nymer Spen-den

Staatl. Parteien- finanzie-rung

Verbot Stim-men- kauf

Ausgaben-begren-zung Parteien

Ausgaben- begren-zung Kandida-ten

Partei- finanzen öffent-lich

Kambod-scha

ja

Timor Leste ja ja ja ja

Indonesien ja ja ja ja

Malaysia ja

Myanmar ja ja

Philippinen ja ja ja ja ja ja

Singapur Max. S$ 5000

ja ja ja

Thailand ja ja ja ja ja

Quelle: IDEA website (http://www.idea.int/political-finance/)

Die Obergrenze für Parteispenden liegt in Thailand bei 10 Millionen Baht, etwas über 300.000 US$. Da die Herkunft der Spende gegenüber der Wahlkom-mission deklariert werden muss, sollte der finanziel-le Spielraum der Parteien eigentlich begrenzt sein. Aber auch die Demokratische Partei, die jetzt mit Suthep Thaugsuban die Korruption der Shinawatra-Regierung anprangert, hat eine recht gut sichtbare kapitale Leiche im Keller.

Wegen eines massiven Verstoßes, der 2005 nicht deklarierten Wahlspende von 258 Millionen Baht (mehr als 8 Millionen US$) von der Zementfirma TPI Polene, hätte die Partei eigentlich aufgelöst werden müssen. Die Gerichtsentscheidung hing längere Zeit wie ein Damoklesschwert über der DP, die bereits Reinkarnationspläne ausarbeitete, aber 2010 wegen Verfahrensmängeln freigesprochen wurde. Man wird davon ausgehen können, dass die Dunkelziffer der geheimen Spenden für alle Partei-

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en hoch ist, für die jeweilige Regierungspartei ver-mutlich immer am höchsten.

Für die einzelnen Abgeordneten läuft die Refinan-zierung lokal in den Wahlkreisen in der Regel über direkte Spenden, die für hilfreiche Interventionen der Politiker bei einer Vielzahl von Problemen flie-ßen. Dazu gehören etwa Steuerprobleme, Schulzu-lassungen oder Verkehrsstrafen sowie direkte öf-fentliche Investitionen wie Straßenausbau, Wasser- und Stromanschlüsse oder Lizenzen. Diese Refi-nanzierungsmethode wird in der Politikwissenschaft "pork barrel politics" genannt.

Ein erheblicher Kostenfaktor in den Wahlkämpfen ist der mehr oder weniger direkte Stimmenkauf. Er läuft im großen Stil häufig über Stimmenhändler ab, die im Zweifel einen Wahlsieg garantieren können wenn der Preis stimmt, weil sie ganze Dörfer zu manipulieren verstehen, in denen Wahlen als Zei-ten zusätzlicher Einnahmen bei den Wahlberechtig-ten hoch willkommen sind. Trotz vielfacher und langjähriger Anstrengungen, beispielsweise durch Wahlbeobachter-Training der Nicht-Regierungsorganisationen, bleibt diese spezielle politische Schattenwirtschaft ein Problem. Die meist nur für wenige Tage eingeflogenen internationalen Wahlbeobachter können solche Missstände in der Regel nicht erkennen und attestieren allzu häufig korrekte, freie und faire Wahlen.

Die erwähnten „Nebenkosten“ für die Abgeordneten erklären allerdings ihre Abhängigkeit von Spenden und Schmiergeldern, denn die allermeisten können sich Ausgaben dieser Größenordnung weit weniger leisten als ein politischer Multi-Milliardär wie Thak-sin Shinawatra. Der Fairness halber muss aber auch erwähnt werden, dass Thailand auf diesem Gebiet in der Region alles andere als allein steht. Außer Singapur, das bei Transparency International in der skandinavisch dominierten Spitzenliga spielt, sind alle Länder Südostasiens erheblich korrupt. Transparency misst dabei die allgemeine Korrupti-ons-Perzeption, vor allem in der Wirtschaft, aber gerade in dieser Region darf man die Ergebnisse ohne weiteres auf die Politik extrapolieren.

Ob die äußerst vagen Reformforderungen der Anti-Thaksin Demonstranten einen Schritt in die richtige Richtung ermöglichen werden ist natürlich noch nicht abzusehen. Ein Trend gegen die politische Korruption ist aber auch in anderen Ländern Süd-ostasiens zu erkennen, etwa auf den Philippinen, wo Präsident Aquino erheblich unter Druck geraten ist, die den einzelnen Abgeordneten staatlich zuge-teilten „pork barrel“-Fördermittel für ihre Wahlkreise zu streichen. Denn die abnormen Bereicherungs-möglichkeiten für Politiker, auf den Philippinen wie in Thailand, bleiben eines der schwierigsten Hin-dernisse für die notwendigen Weiterentwicklungen der demokratischen Systeme. Denn wer einmal die staatlichen Fleischtöpfe kontrolliert und für sich und seine Klientel nutzt wird

Rang

Land

Score

5 Singapur 87

54 Malaysia 49

88 Thailand 37

105 Philippinen 34

113 Timor Leste 33

118 Indonesien 32

123 Vietnam 31

157 Kambodscha 22

160 Laos 21

172 Myanmar 15

Quelle: Transparency International, Corruption Perception Index (PCI) 2012, Auswahl durch den Autor

einen Machtverlust doppelt schmerzlich empfinden und mit allen Mitteln zu verhindern versuchen. Dem als korrupt bekannten französischen Politiker-Diplomaten Talleyrand (1754–1838) wird der Satz zugeschrieben, dass der bitterste Abschied auf dieser Welt der von der Macht sei. Was der Zyniker Talleyrand möglicherweise mit gedacht aber nicht gesagt hat, darf man vielleicht hinzufügen: Der allerschwierigste Abschied ist der von der Macht und den von ihr abhängigen Pfründen gleichzeitig. Nicht zuletzt deshalb sind Machtkampf und politi-sche Auseinandersetzung in Thailand derzeit so in Hauen und Stechen ausgeufert, und deshalb sind Sorgen um Wirtschaft, sozialen Frieden und tropi-sche Ferienparadiese leider berechtigt.

Wolfgang Sachsenröder war von 1986 bis 1979 Leiter des Regionalbüros Ost- und Südostasien der Friedrich-Naumann-Stiftung. Seit 2009 arbeitet er als Associate Fellow im Institute of Southeast Asian Studies in Singapur an einem Forschungsprojekt über die Parteien der Region, dessen Ergebnisse in Kürze als Publikation des Instituts erscheinen wer-den. Große Teile der in diesem Artikel verwendeten Informationen stammen von der Autorin des Län-derkapitels Thailand, Pimrapaat Dusadeeisariyakul, Bangkok.

Wer sich für die Politik Südostasiens interessiert findet weitere Informationen im Blog des Autors unter der Adresse: partyforumseasia.org

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KRASIP RAK, „Das Liebesgeflüster“ Thailands einzigartige Wandmalereien der Tai Lue im Tempel Wat Phumin, Nan

Werner Dackweiler

Jedermann in Thailand kennt die romantische Freske „poo marn yar marn“1 aus Nans Wat Phumin: „Das Liebesge-flüster“, das Vorzeigeobjekt der Malerei der Tai Lue2, mit dem die Stadt Nan auswärtige Touristen umwirbt und die als ‚nationaler Schatz’ angesehen wird. Gerne auf Werbebro-schüren, Flugplänen, Hotel-prospekten und Webseiten abgebildet, zeigt die Szene einen jungen Mann, der hinter vorgehaltener Hand seiner Geliebten zuflüstert.

1 poo marn yar marn dieser Schriftzug ist in Lanna Thai - Lettern über dem Gemälde angebracht. Im Zentral-thailändischen bedeutet er ‚Großvater’ bzw. ‚Großmutter’. Im Lanna Thai - Dialekt wer-den hierfür hingegen die Wör-ter ‚poh oui’ und ‚mae oui’ benutzt. ‚Poo marn yar marn’ beinhaltet tatsächlich jedoch eine respektvolle Anrede von burmesischen Männern und Frauen [Prabripoo a]. 2 Tai Lue (Tai Lü) - Volks-gruppe der „Tai - Familie“, auch Dai, Dai Lue, Tai Lu, Sipsongpanna Tai, Xishuangbanna Dai, UpperTai, Northern Tai, chi-nesische Shan, Water Dai, Shui Dai, Dai Le genannt.

Helle Aufregung und Empör-ung im Bangkoker Department of Fine Arts und in dessen Regionalbüro in Nan im Feb- Abbildung 1: Wat Phumin, Nan, Freske „Krasip rak“, „The Whispering“ bruar vorletzten Jahres: Das Wand- gemälde „Krasip rak“ wurde durch das Bangkoker Restaurant „Bed Supperclub“ entweiht. Ein angebliches Sakrileg. Für das Event des Restaurants („The Blind Affair“), bei dem thailändische Weine im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung für die Thailand Association of the Blind verkostet werden sollten, wurde auf Wer-

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beplakaten dem jungen Flüsterer ein Glas Rotwein in die Hand retuschiert und seiner Geliebten die Augen mit einem Tuch verbunden. Der Direktor der Kunstbehörde Nans, Methadon Wichakkhana, spricht von einem „beleidigendem Frevel, der die Gefühle der Menschen von Nan verletzt habe“. Eine öffentliche Entschuldigung des Restaurants wurde nicht akzeptiert.

Das Department of Fine Arts bereitet nun eine Klage vor.

Wer sind die Tai Lue? Woher kommen sie? Wo leben sie?

Was verschafft dieser Tempelfreske im Wat Phumin ein solch’ ikonisches Image?

Zur Beantwortung dieser Fragen sind einige histo-riografische und soziokulturelle Betrachtungen zumindest im Abriss anzustellen.

Nan - Hauptstadt der Tai Lue und Teil des Lan Na Tai-Reiches

Etwas abgeschieden und beschaulich, im östlichen Nordthailand grenznah zur laotischen Provinz Sayabuli (Xayaboury) gelegen, ist die weniger bekannte Provinz Nan und ihre gleichnamige Hauptstadt3 mit seinen rund 25.000 Einwohnern für Geschichts- und Kulturinteressierte wie auch für Naturliebhaber gleichermaßen ein spannendes Reiseziel und Refugium. Reizvoll, von bis zu 2000 m hohen, unwegsamen Bergen umgeben, liegt die Stadt Nan im ausgedehnten grünen Bas-sin des gleichnamigen Flusses (Maenam Nan).

Einst ein unabhängiges Königreich, konnte es erst 1931 nach dem Tod des letzten Königs von Nan vollständig in das siamesische Staatswesen inte-griert werden.

Fern von Bangkok fand Nan noch in den 1960er Jahren keinerlei Erwähnung in deutschsprachigen Thailandführern. Zu gefährlich, unwegsam, abge-legen und beschwerlich war diese Gegend Thai-lands für Reisende.

In den frühen 80er Jahren hatte man in der ge-samten Provinz Nan große Probleme mit kriminel-len Banden und Guerillas der People’s Libertation Army of Thailand (PLAT), die, unterstützt von Laos und Vietnam, in nächtlichen Aktionen Überland-straßen zerstörten, in den Bergen illegale Radio-sender betrieben und deren Ziel es war, eine kommunistische Regierung an die Macht zu brin-gen. Erst in den 90er Jahren gelang es der thai-ländischen Armee den Freischärlern das Hand-werk zu legen.

Besiedlung Nans durch Tai-Stämme – Entste-hen der Mueang

Viele Funde belegen eine prähistorische Besied-lung des fruchtbaren Nan-Tals, die sich mit der Einwanderung von Lawa-Stämmen4 und nachrü-

ckenden Khmer-Ethnien sowie früh-buddhistischen Mon5 fortsetzte, jedoch erst eine entsprechende Bedeutung erlangte, als sich mehrere Mueang6 zugewanderter Tai7-Stämme im mittleren und obe-ren Abschnitt des Mekong-Beckens bildeten, de-ren Alltagsleben traditionell vom Nassreisanbau in den Bergflussebenen bestimmt wurde (GRABOW-SKY 2004 a)

. 3 Nan – ist auch gleichzeitig die Hauptstadt des Landkreises (Amphoer Mueang).

4 Lawa (thai: Lua) – animistische, indigene, schriftlose Volksstämme, der austro-asiatischen Sprachfamilie zugehörend. Ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete lagen wohl im Quellgebiet des Ping Flusses und erstreckten sich bis in die heuti-ge Region des Changwat Tak. Sie wurden sodann durch die eindringenden Mon5 unter Führung der Königin Chammathewi / Chamadevi (Tochter des Mon - Königs von Lovo / Lopburi) in umliegende Bergregionen verdrängt. Viele spirituelle, religiöse Überzeugungen und Rituale der Lawa wurden von den Mon teilweise übernommen, die diese später wiederum an die Tai 7 weitergaben. Teile von Sied-lungen der Lawa finden sich noch heute in Chiang Mai und Lamphun (Wiang Mano, Wiang Tha Kann, Wiang Tho).

5 Mon (Talaing) – indigene Volksstämme mit einer Schriftsprache, welche zu den ältesten Bewohnern Birmas sowie Zentral- und Nordthailands zählen. Durch rege Kontakte sowie Handelsbeziehungen zu Indien, nahmen die Mon den frühen Buddhis-mus an und verbreiteten neben diesem auch indi-sche Kunst und Architektur, wie auch wahrschein-lich ebenfalls die Konzepte von Staat und politischer Organisation (Indianisierung Südostasi-ens). Die Mon begründete bedeutende Königrei-che im heutigen Thailand und Myanmar (Pegu, Dvaravati, Haripunjaya/Haripunchai, heutiges Lamphun) und herrschten in Nordthailand 500 Jahre lang, bis sie dabei 1292 von den Tai abge-löst wurden.

6 Mueang – (shan: Meng, chinesisch: Mong, Moeng) ein elastischer, komplexer Begriff, der fein differenzierte Bedeutungsvarianten aufweist. Ein Begriff, der sowohl einen räumlich organisierten, verwalteten Bezirk in seinen meist festen Grenzen beschreibt, als auch übertragende Bedeutung hinsichtlich einer politischen und sozialen Organi-sationsform mit gleichzeitig persönlich-lokalen Beziehungen beinhaltet. Ein Mueang kann eine Stadt sein, mehrere Dörfer, ein Fürstentum, ja sogar ein gesamter Staat. Selbst heute sprechen die Thai umgangssprachlich von ihrem Land als „Mueang Thai“ und nicht von „Prathet Thai“ (Laos: „Mueang Lao“). Auch werden Provinzhauptstädte

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als „Amphoe Mueang“ be-zeichnet und viele weitere Verwaltungseinheiten tragen das „Mueang“ in ihrer Na-mensbezeichnung (Grabows-ky 2004 a, Seiten 4ff, Gra-bowsky 2006). 7 Tai – die „Tai-Stämme“ be-zeichnen Völker eines ge-meinsamen kulturellen und linguistischen Ursprungs, die sich später jedoch differenziert haben. Die Schreibweise „Tai“ oder auch „Dai“ hat sich zur umfassenden wissenschaftli-chen Kennzeichnung der Sprachgruppe und der darun-ter zählenden Völker durchge-setzt, wobei mit dem Begriff „Thai“ lediglich die Bewohner Thailands benannt werden. Nach den Chinesen bilden die Tai mit ca. 70 Millionen Zuge-hörigen die größte Bevölke-rungsgruppe des südostasiati-schen Festlandes. Wir unter-scheiden bis zu 80 ethnisch verschiedene Tai-Stämme. In Thailand und Laos sind die Tai staatstragende Völker und in großer Anzahl siedeln sie in Myanmar (Shan-Staat), in Südchina sowie in Tonking (Nordvietnam). Selbst bis nach Indien reicht ihre Ver-breitung (Ebene des Brahma-putra).

Abbildung 2: Nan – die Hauptstadt der Tai Lue,Teil des Reiches von Lan Na. Die Tai-Sprachen zählen durch ihre Vielfalt ver-schiedener Ethnien im südostasiatischen Raum zu der zahlenmäßig verbreitetsten sowie zu der litera-risch bedeutendsten Sprachgruppe. Nach bislang herrschender Auffassung gehören die Tai - Spra-chen zur sinotibetischen Sprachfamilie („Tai Kadai-Sprachgruppe“), was durch neueste Untersuchun-gen wohl bezweifelt wird. 76 einzelne Sprachen werden zur „Tai Kadai-Gruppe“ gerechnet

(Sprachklassifizierung: Tai-Kadai, Kam-Tai, Be-Tai, Tai-Sek, Tai). Sie ähneln sich derartig stark, dass man bereits fordert, sie aus der sinotibetischen Sprachfamilie auszugliedern, zu-mal sie sich von den sionotibetischen Sprachen relativ stark unterscheiden.

Zu Thai / Tai: …“Die modernen Thais im heutigen Thailand mögen deren (der Tai) Nachfahren sein – jedoch können sie ebenso gut Nachfahren der Khmer oder Mon - Stämme sein“… „Die thailändi-sche Kultur, Zivilisation und Identität scheint sich über mehrere Jahrhunderte herausgebildet zu

haben als Folge der Interaktion der Tai-Völker mit den Kulturen indigener und später immigrierender Völker“ … (Wyatt 1984).

Erste Tai-Ansiedlungen fanden sich lose organi-siert zu diesen anfänglich kleinen Mueang zu-sammen. Das Gebiet eines Mueang war räumlich auf das Tal ihrer Bewohner beschränkt. Feste Grenzlinien im europäischen Sinne gab es nicht, vielmehr räumliche Grenzzonen wie Gebirgszüge und Wasserscheiden (Grabowsky2004 a).Sie nannten sich selbst „khon mueang“ („Einwohner des kultivierten Landes“), im Gegensatz zu den unzivilisierten „khon doi“ („Einwohner der Berge“, „Bergstämme“) oder den „khon pa“ („Einwohner des Waldes“), die sich in einem herrschaftsfreien sozialen Raum befanden und auch als „kha“ (Sklaven, Diener, Hörige) bezeichnet wurden. Hier werden die Interdependenz und das Herrschafts-verhältnis zwischen den eingewanderten Tai und den indigenen Teilen der Bevölkerung deutlich (Grabowsky 2004 a). Der Begriff des Mueang

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implizierte staatliche, administ-rative Macht, im Gegensatz zu den Ban (Dörfer) [Grabowsky 2010].

Fortschreitend bildeten sich größere, auch multiethnische Mueang mit einer gewissen Binnenstruktur, die schon mehrere Dörfer und Orte mit ihrem dazugehörenden Um-land umfassen konnten. Gro-ße Mueang wurden durch eine befestigte Stadt oder Dorf, das sogenannte Wiang beschützt.

Abbildung 3: Haus des Chao Ban in Chiang Khaeng, heute Mueang Sing/Laos.

Es entstanden in einer südostasiatisch-südchinesischen Kontaktzone kleine semiautono-me Fürstentümer durch Bildung von Allianzen zwischen mehreren Mueang-Führern, die sich unter einem Führer aus ihren Reihen vereinigten, geprägt von persönlichen Beziehungen und Ab-hängigkeiten untereinander. Die einzelnen Mueang blieben aber weitgehend autonom, regier-ten sich selbst, lose vereint unter der „Herrschaft“ ihres „Fürsten“.

Herrscher gründeten ihre Macht mehr auf die Kon-trolle und Verfügbarkeit von Arbeitskräften, nicht primär auf den dauerhaften Erwerb neuer Territo-rien (Grabowsky 2004 a). Ausreichende Arbeits-kräfte garantierten die Bewältigung des Reisan-baus, der wohl vorherrschenden Wirtschaftstätig-keit. Für den Herrscher mussten durch die „Gemeinfreien“ (phrai) Frondienste von sechs Mo-naten im Jahr geleistet werden. Der Führer eines Mueang verteidigte das Tal und schütze seine Bewohner vor Gefahren von außerhalb, dies als Gegenleistung für ihre Arbeit, Legitimation seiner politischen Herrschaft.

War der Führer eines Mueang Angehöriger einer Adelsfamilie, so wurde das befestigte Wiang ein Chiang (z.B. Chiang Mai, Chiang Rai, Chiang Saen). Der „Fürst“ war der Chao Mueang, der Herr des Mueang, dessen Amt in der Vaterlinie erblich war. Er war der alleinige Eigentümer des Bodens, somit auch einzige Verbindung zu den „Schutz-geistern des Bodens“. Im unterstanden die Chao Ban, die „Dorfherren“.

Durch Übernahme des Frühbuddhismus von den sakralen Königreichen der Mon und der Burmesen als „Staatsreligion“, wurden die Fürsten zu Chao Fa, zu „Prinzen“, zu „Himmelsherren“, die ihre Herrschaft nun auch durch ihre quasi „göttliche Stellung“ innerhalb des buddhistischen Weltbildes legitimierten.

Das interessanteste Charakteristikum des politi-schen Systems der Tai war ein aufrichtiger Pater-

nalismus. Die Thai umschreiben ihn mit dem Satz „Father governs children“. Jeder Angehörige eines Mueang konnte persönlich seine Probleme dem Herrscher vortragen. Zu diesem Zweck gab es sogar eine Glocke am Palast.

Es formierten sich die ersten traditionellen, zentra-lisierten Gemeinwesen der Tai, die trotz der Unter-schiedlichkeit der einzelnen Tai-Völker sehr ähnli-che soziokulturelle Wertsysteme aufwiesen. Diese prägenden Faktoren einer vormodernen Staaten-bildung durch freiwillige Vereinigung, durch per-sönliche Bindungen, Wertsysteme, lokaler Auto-nomie und Paternalismus als Legitimation der Herrscher, waren gewissermaßen die Grundlagen der „Tai-Herrschaft“ und der Bildung einer „Tai-Identität“ 7, bis später die Monarchie Ayutthayas entstand, welche nach Khmer- und Hindu-Vorbild zentralistisch organisiert war, mit einem absolutis-tischen Herrscher als „Gottkönig“ an der Spitze.

Die Gründung des Mueang Nan und seine wechselvolle Geschichte

An der südwestlichen Peripherie des chinesischen Reiches bildeten sich zunehmend autonome Tai-Fürstentümer heraus, deren Eliten schließlich die Herrschaft auch über mehrheitlich aus „Nicht-Tai“ bestehende Bevölkerungsteilen übernahmen und diese sprachlich und kulturell assimilierten. So lässt sich z.B. der weitaus größte Teil der heutigen Bewohner Thailands auf Mon-Khmer-Vorfahren zurückführen.

Erste frühe Tai-Siedler in den Tälern Nans, die zum Herrschaftsgebiet des Pegu-Reiches (heute Bago) in Burma gehörten, waren wohl ethnische Tai aus dem laotischen Reich Lan Chang, „Land der Elefanten“ (laotisch: Lan Xang) deren Erstar-ken im späten 13. Jahrhundert zur Gründung des ersten kleinen Nan-Fürstentums mit der Haupt-stadt in Mueang Pua8 durch Phaya Pu Kha führte (1282), nachdem sich die Tai zuvor von der Herr-schaft der Peguaner und Khmer befreien konnten.

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Ihre Fürsten entstammten der Phukha Dynastie, Verwandte der Gründer von Vientiane. Im 14. Jahrhundert wurde der Regierungssitz von Pua mit seinen reichen Steinsalzlagerstätten ins heutige Nan9 verlegt.

Annähernd zeitgleich mit der Gründung des Suk-hothai-Reichs und des Königreichs von Phayao, schlossen sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts neun Tai- Lao -Fürstentümer und Prinzipalitäten10, so auch Nan, unter König Mengrai zum Reich Lan Na Tai11 zusammen, dem mächtigsten Reich im Norden während der Sukhothai-Periode. Chiang Mai wurde als Hauptstadt jahrhundertelang kultu-relles und politisches Zentrum Lan Na Tais.

8 damaliger Name „Wara Nakhon“, auch „Varanagara“

9 damaliger Name „Nanthaburi Sri Nakhon Nan“, auch „Chiang Klang“-mittlere Stadt

10 Nan, Chiang Sean, Chiang Mai, Chiang Rai, Chiang Kham, Fang, Phrae, Lampang, Chiang Khong 11 vollständiger Name: „anachak lan na tai,“, „(Land der) tausend Reisfelder“, heute „Lanna Tai“

Die wohl überwiegend vertretene Auffassung, dass das Reich von Lan Na (1296-1558) ein homoge-nes, von Chiang Mai aus regiertes Königreich ge-wesen sei, wird wohl nach neueren kritischen Ver-gleichen der Tai-Chroniken mit chinesischen Quellen durchweg bezweifelt. Letztere beschrei-ben Lan Na als zwei temporär rivalisierende Herr-schaftsräume (Chiang Mai und Chiang Saen).

Der Theravada-Buddhismus wurde zur Staatsreli-gion erklärt und half die kulturell unterschiedlichen Mueang zu einem Reich zu einen. Ein von König Mengrai neu eingeführter Gesetzeskodex basierte auf buddhistischen Grundlagen.

Der Stadtstaat Nan florierte unter dem Namen Chiang Klang („Mittlere Stadt“), in Anspielung auf die geografische Position Nans, nahezu mittig zwischen Chiang Mai („Neue Stadt“) und Chiang Thong („Goldene Stadt“, das heutige Luang Prabang). Aufgrund seiner abgeschiedenen Lage am Rande des Lan Na Tai- Reiches, hatte Nan wenig Außenkontakte zu den anderen Königrei-chen und Fürstentümern.

Sein Einfluss blieb lokal begrenzt. Indes pflegte Nan engere Kontakte mit dem Sukhothai-Reich, da dieses über den Süden einfacher zu erreichen war. Im Gegensatz zu Sukhothai und später Ayut-thaya, wurde Nan stärker von den Einflüssen der Mon und Khmer, aber auch der Burmesen ge-prägt.

Im 15. Jahrhundert wurde Nan zum Vasallenstaat des Königreichs Lan Na Tai, welches selbst

wiederum wechselweise Vasall Chinas und Bur-mas (Mon-Königreich Pegu, Shan-Königreich Ava) war. Teilweise bestand ein auf doppelter Loyalität fußendes Vasallentum zu China und Burma.

Als Lan Na 1558 unter burmesische Kontrolle ge-riet, versuchte sich das weiterhin semiautonome Fürstentum Nan mehrfach erfolglos der burmesi-schen Herrschaft zu entziehen, bevor es letztend-lich im Jahre 1714 unter direkte burmesische Ver-waltung geriet und viele Bewohner als Arbeitskräfte nach Burma deportiert wurden.

1788 konnten die erstarkten Siamesen die burme-sischen Besatzer besiegen und Nan hatte sich den neuen Herrschern zu unterwerfen. Im Zuge des „Paknam-Zwischenfalls“ 12 (1893) zwang Siam den König von Nan zur Abtretung eines großen Teils des östlichen Nans an Frankreich, eine Reaktion des siamesischen Herrscherhauses im Zuge einer Nationalstaatsbildung, wie auch andere periphere Machtzentren (Fürstentümer der Nordthai, Lao, Malaien) zugunsten einer territorialen Demarkation des Staates und der Einrichtung eines zentralisti-schen Verwaltungssystems beschnitten wurden (Buergin 2000).

Bis 1931 war es nicht gelungen Nan von Bangkok aus zu administrieren. Dies gelang erst, als dem ehemaligen Fürstentum der Status eines Changwat13 zuerkannt wurde (Thesaphiban – Re-form des Prinzen Damrong Rajanubhab).

Im 20. Jahrhundert unterhielt Nan als semiauto-nomes Fürstentum enge Beziehungen nicht nur zu Lan Na und Luang Prabang, gleichfalls auch zu den Tai Lue Sipsongpannas14 im südlichen China.

12 „Paknam-Zwischenfall“ – diplomatische Um-schreibung einer Erpressung: Frankreich bean-spruchte die siamesischen Gebiete östlich des Mekong. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, blockierten die Franzosen mit Kanonen-booten die Zufahrt nach Bangkok auf dem Maenam Chao Phraya in Höhe Paknam, jetzt Samut Prakan.

13 Changwat – Verwaltungsbezirk (Provinz)

14 Sipsongpanna (chin.: Xishuangbanna, vormals tai lue.: Moeng Lue) – tai für „(Land der) zwölftau-send Reisfelder“ (wohl mehr administrative Einhei-ten/Steuerbezirke/“tax collection regions“). Heute autonomer Bezirk/Präfektur im subtropischen süd-lichen Yunnan (Südchina). Jahrhundertelang ei-genständiges Tai-Fürstentum gleichen Namens mit der Hauptstadt Jinghong (tai: Chiang Rung).

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Einwanderung der Tai Lue nach Nan

Nach den Tai Yuan15, der bevölkerungsstärksten Tai-Gruppe im Norden Thailands, bilden die Tai Lue in Nan mit rund 54.000 Angehörigen16 den zweitgrößten Teil der Einwohner des Changwat. Ihre Heimat sind die Grenzgebiete im heutigen Yunnan/Südchina, Laos, Myanmar und Thailand, nachdem sie aus dem heutigen nordwestlichen Vietnam dort einwanderten.

Das Volk der Tai Lue besitzt eine der am besten schriftlich belegten Historie, wohl beginnend mit den Chroniken von Moeng Lue (Sipsongpanna), bis hin zu den Nan-Chroniken, die zu den bedeu-tendsten in Nordthailand zählen.

Das erste Lue–Königreich „Chiang Hung“ (auch Heokam) wurde bereits im Jahre 1180 in Yun-nan/China gegründet, nachdem man die ansässi-gen Volksstämme der Akha17 besiegt hatte.

Das Reich um die Stadt Chiang Hung, die heutige Hauptstadt Jinghong (tai: Chiang Rung, „Stadt der Morgenröte“) der chinesischen Präfektur Sipsongpanna, erlebte seine Blüte im 13. Jahr-hundert und umfasste weite Gebiete des Hochlan-des von Nordlaos und Südchina. Zeitweise waren die Tai Lue die unbestrittenen Herrscher der nörd-lichen Tai-Reiche (Luang Prabang, Reich der Tai Dam). Detaillierte Schilderungen in einheimischen Handschriften und der Chronik von Nan berichten von Eroberungen durch die Yuan-Dynastie18 (1292), Lan Na Tai und die Burmesen (1558) mit Tributpflichten, Zwangsumsiedlungen und massi-ven Bevölkerungstransfers. Die Burmesen waren es auch, die 1570 Chiang Hung zwecks Steuerer-hebung in zwölf Verwaltungseinheiten aufteilten (zwei im heutigen Laos, zehn in China) und es Sipsongpanna nannten (tai/dai/thai: sip-zehn, song-zwei, pan-tausend, na-„Land“). Thronstreitig-keiten in Chiang Hung lösten weitere Wanderun-gen der Tai Lue in Richtung Süden aus.

Nach drei Jahrhunderten burmesischer Herrschaft dringt im 18. Jahrhundert die siamesische Armee unter König Rama I. nach Sipsongpanna und Chiang Khaeng19 ein, um an die Burmesen verlo-rene Arbeitskräfte in die nördlichen Provinzen Si-ams zu deportieren. Auch Prinz Adthavorapango aus Nan marschierte in Chiang Hung ein, ver-schleppte dort lebende Tai Lue, um sie in Nan zwangsweise anzusiedeln. 1836 erzwingt der Lan Na Tai-Fürst Chao Kawila Bevölkerungsumsied-lungen im südlichen Yunnan, um die östlichen Regionen Lan Na Tais, so auch das Nan-Tal, wie-der zu bevölkern. Durch die chinesische Assimilie-rungspolitik unter Mao Tse Tung ab Mitte des 20. Jahrhunderts, sahen sich weitere Tai Lue zur Aus-reise gezwungen. Folge dieser Umsiedlungs- und Auswanderungswellen war die Verlagerung des Kulturbereichs der Tai Lue nach Süden.

Aufgrund seiner interessanten Historiografie wurde Nan ein Schmelztiegel unterschiedlicher Ethnien

und Kulturen. Die Liste der im Laufe der Jahrhun-derte in Nan siedelnden Ethnien ist lang: Bergvöl-ker, Lawa, Mon, Burmesen, Khmer, Khmu, Lao, Shan und eine Vielzahl weiterer Tai-Völker.

Abbildung 4: Akha-Frau in Nan 15 Tai Yuan – (auch Tai Yonok, Phoong Dam, Black-Bell Lao), die sich selbst die „Khon Mueang“ nennen und zur Familie der Tai-Völker gehören (Sprache: Kam Mueang), stammen ursprünglich aus Südchina. Während der Regierungszeit König Rama I. wurden viele Tai Yuan gezwungen von Chiang Saen aus in andere Städte Siams, u.a. nach Nan, zu immigrieren (1804). Die Yuan sind Buddhisten, praktizieren aber gleichzeitig auch ihren Ahnen- und Geisterkult. 16 Department of Provincial Administration, Bangkok 2007 17 Akha – animistisches Bergvolk, ursprünglich aus dem Hochland Tibets stammend, später die Bergkämme Yunnans/China besiedelnd 18 Yuan-Dynastie – mongolisches Kaiserhaus, 1271 durch Dschingis Khans Enkel Kublai Khan proklamiert 19 Chiang Khaeng - (lao: Xiangkheng) – heutiges Mueang Sing, Ort in Nordwestlaos, Provinz Luang Namtha , nahe der chinesischen Grenze 20 83.000 Tai Lue in Thailand (Johnstone and Mandryk 2001), 280.000 in China (Zensus 2000)

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Abb. 5: Tai Lue-Spinnerinnen in Sipsongpanna / Jinghong / Yunnan

Der in Nan arbeitende irischer Geodät McCarthy beschrieb die Stadt vor ca. 100 Jahren:

…„The walls are in an excellent state of preservation, and are about two miles round. The rice fields are cultivated to their full extent, there being an excellent system of irrigation, which is not allowed to fall into decay. There are thousands of emigrants from Sip Sawng Panna, Khamus from Luang Phabang, and a growing population of Meo and Yao, for Nan is popular […] “

Das Volk der Tai Lue in Nan

Heute leben geschätzte 1,2 Millionen Angehörige der Tai Lue (2000, www.infomekong.com) nicht nur in den südlichen und südwestlichen Teilen Yunans20, sondern auch in Thailand20, Laos, Viet-nam und Myanmar. In Thailand bevölkern sie die Changwat Chiang Rai, Payao, Lamphun, Chiang Kham und Nan, wobei sie in Nan noch die stärkste kulturelle Präsenz aufweisen.

Tai Lue und die in Nan siedelnden Tai Yuan ste-hen sich kulturell recht nahe. Sprache, religiöse Vorstellungen, ihre Bekleidung und Handarbeiten wie auch ihre Küche ähneln sich sehr stark, im Detail sogar die einzigartige Anzuchtmethode von Reispflanzensetzlingen (Ed Na Mueang Loom). Eine kulturelle Einmaligkeit besitzen die Tai Lue jedoch mit ihren textilen Webmustern (lai nam lai – „fließendes Wasser“), die in der Webtechnik „ko“ (Kratzer) oder „luang“ (Durchstoß) hergestellt wer-den.

Die Lue, von den Chinesen wohl in Anspielung auf ihren Nassreisbau „Wassertai“ (chin. Shui Dai) genannt, leben in Nan überwiegend von der Landwirtschaft: Reis-, Obst- und Gemüseanbau. Trotz bzw. gerade wegen mannigfaltiger externer Faktoren, die den Lebensstil der Lue verändert haben, sind Nans Tai Lue wieder selbstbewusste Verfechter ihrer unverwechselbaren Kultur und ethnischer Identität, insbesondere ihrer religiösen Überzeugungen, Riten und Zeremonien, wie auch ihrer Sprache und Schrift und insbesondere ihrem textilem Kunsthandwerk geworden. Wachsender Tourismus und die Unterstützung durch Regie-rungs- und Nichtregierungsorganisationen, lassen junge Leute z.B. wieder das Färben und Weben der traditionellen Tai Lue–Stoffe mit ihren typi-schen Mustern erlernen, ein Weg, ihre neu ent-deckten identitätsstiftenden Elemente als Erbe zu erhalten.

Während all’ dieser Jahrhunderte bewahrt sich Nan mit seinen 64 Königen in Folge stets einen gewissen Grad an Autonomie, wesentlich begrün-det wohl durch seine Abgeschiedenheit, seine gebirgige Lage und seine eigenständige Kultur. Nans Historiografie und ihre Folgen, die Entste-hung der Mueang und letztlich die Gründung Nans, spielten erkennbar eine bedeutsame Rolle bei der Herausbildung und Eigenwahrnehmung einer wohl ersten frühen eigenen Tai-Identität, die sich mit Mon- und Khmer-Ethnien sowie weiteren Völkerschaften assimilierte und, teils staatlicher-seits forciert, als Teil einer Thai-Gesamtidentität wieder findet.

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Bibliografie

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Tachileik/Myanmar und Mae Sai/Thailand: Grenzstädte im Transformationsprozess

Frauke Kraas

Mae Sai und Tachileik – noch bis vor kurzem waren diese beiden Städte von marginaler Bedeutung im seit Jahrzehnten als peripher wahrgenommenen Grenzgebiet des sog. „Goldenen Dreiecks“ zwi-schen Myanmar, Thailand und Laos. Das Länder-dreieck galt als Region von Drogenanbau, -herstellung und -handel, illegalem Transport von Gütern über die „grüne Grenze“ und Menschen-handel – unerschlossen, unkontrollierbar und unentwickelbar. Naturräumlich in hügelig-bergigen Umland ca. 65 km nördlich von Chiang Rai gele-gen, besitzen die beiden Städte bislang nur regio-nale Bedeutung für den Grenzhandel in der von ethnischer Vielfalt – Thais, Myanmaren, Shan, An-gehörige verschiedener Bergvölker, Chinesen und Inder – und Konflikten geprägten Region. Randlich zur Kenntnis genommen wurde das Erdbeben nörd-lich von Tachileik am 24.3.2011, das mit einer Stär-ke von 6,8 mehr als 75 Menschenleben forderte und schwere Sachschäden an Gebäuden beider-seits der Grenze verursachte (FAZ 25.3.2011, The

Nation 26.3.2011). Randlich vermerkt wurden auch jüngste Evakuierungen im Zuge des durch Wald-brände und verstärkte Brandrodung verursachten „haze“ in den Grenzregionen (The Nation 4.3.2012, 21.3.2012), die bereits darauf hindeuten, dass er-hebliche Veränderungen der Landnutzung im Gan-ge sind.

Das Grenzdreieck rückt in jüngster Zeit immer mehr ins Blickfeld: Im Zuge etwa der Greater Mekong Subregion-Initiative (GMS; ADB 2013) der Asian Development Bank wird über den Ausbau internati-onaler Entwicklungskorridore verhandelt; grenz-überschreitende Kooperation im Wasser- und Energiesektor wird thematisiert. Im Kleinen lassen sich die angesprochenen mittelfristigen und über-geordneten Rahmenentwicklungen bereits jetzt verfolgen: Tachileik/Mae Sai erfahren seit dem Öffnungsprozess Myanmars bislang kaum beachte-te, aber bemerkenswerte Veränderungen, die nach-folgend skizziert werden sollen.

Abb. 1: Hauptzufahrtsstraße zum Grenzübergang zwischen Myanmar und Thailand

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Abb. 2: Tagestouristen lassen sich auf der Brücke zwischen beiden Staaten fotografieren.

Abb. 3: Am Grenzübergang nach Myanmar werden Personen- und Autoverkehr zügig abgefertigt.

Jahrzehnte geschlossener Grenzen?

Noch bis vor zwei Jahren überwog die Wahrnehmung von Myanmar als einem von Selbst- und Fremdisolation gepräg-ten Staat, dessen Außengrenzen teil-weise mehr von ethnischen Gruppen und ihren eigenen Armeen denn von der Zentralregierung kontrolliert wur-den. Aufgrund der „westlichen“ Wirt-schaftssanktionen wurde Myanmar zudem oft als wirtschaftlich abgeschot-tet eingestuft. Bei genauerer Betrach-tung war eine solche Beurteilung je-doch bereits vor dem aktuellen Öffnungsprozess Myanmars mehr als fraglich: Beiderseits der Grenzen gab es lange bereits intensive Verbindun-gen, die das Bild vom „isolierten Staat“ in sozio-ökonomischer Hinsicht retro-spektiv als geopolitisch fragwürdig erscheinen lassen.

In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde die Grenzregion um Mae Sai und Tachileik in den Medien wahrge-nommen als Ort von Drogen, Gefech-ten und Geldwäsche: „Das Goldene Dreieck ist ein Geflecht aus vier Kom-ponenten. Mit Opium wird Geld erwirt-schaftet … Es fließt ins Casino, wird dort gewaschen und kommt als

Abb. 4: Die beiden Grenzstädte haben sich in den letzten Jahren dank zunehmenden Handels zu prosperierenden Kleinstädten entwickelt.

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Abb. 5: Der Grenzfluss Mae Nam Sai trennt Tachileik und Mae Sai voneinander.

Abb. 6: Während man in den Läden und Marktständen von Tachileik vor allem landwirtschaftliche Produkte aus Myanmar sowie Kleidung und preiswerte Massenware aus chinesischer Produktion kaufen kann, ...

Abb. 7: ... darunter nachgeahmte westliche Markenwaren, ...

sauberes Geld wieder heraus: ein gol-denes Viereck“ (SZ 16.4.2002). Immer wieder wurde von größeren Mengen beschlagnahmter Drogen berichtet (für Thailand: Bangkok Post, The Nation), z.B. von 4 t Rohopium und 300 kg Morphin (FAZ 12.2.1973) oder 316 kg Heroin (FAZ 6.12.1993), die in Mae Sai sichergestellt wurden. Als eines der globalen Zentren von Produktion und Handel mit „klassischen“ (Opium und Heroin) sowie synthetischen Drogen (Amphetamine, Yaba-/Speed-Tablet-ten) (SZ 15.2.2001, SZ 3.6.2002, New York Times 23.6.2002) konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf illegale Aktivitäten. Zu diesen gehörten auch die Berichterstattung über Prostitution und Menschenhandel mit Frauen und Minderjährigen (FAZ 11.2.1994, The Nation 15.6.2012).

Hierbei oft ausgeblendet wurde jedoch, dass die Grenzregion zwischen beiden Staaten selbst zu Zeiten „westlicher“ Wirtschaftssanktionen gegen Myanmar intensiver Handelsraum zwischen bei-den Staaten war – über den bis zu 60% aller Handelsgüter Myanmars unregis-triert über die „grüne Grenze“ transpor-tiert wurden (Kraas/Rivet 1996: 87/88, eigene Felderhebungen 1996-1998). Auch wurde im Rahmen von offiziellen wie semilegalen Konzessionen Res-sourcenextraktion betrieben – vor allem von Holz, Edelsteinen und landwirt-schaftlichen Produkten, zumeist von thailändischer und chinesischer Seite aus finanziert (eigene Felderhebungen in Myanmar und Thailand 1999, 2005, 2011).

Öffnung der Landgrenze zwischen Myanmar und Thailand

Seit Jahren war der Grenzübergang zwischen Thailand und Myanmar we-gen der unsicheren Lage sowie Ge-fechten von Militärs beider Staaten und Rebellen zumeist geschlossen, nur gelegentlich geöffnet. So wurde berich-tet: „der einzige Grenzübergang, den Ausländer benutzen dürfen, (ist, d.V.) nach fünf Monaten wieder geöffnet worden. Der Posten bei dem Ort Mae Sai-Tachilek war Anfang Februar we-gen Gefechten zwischen Soldaten beider Länder geschlossen worden" (FAZ 9.8.2001). Noch bis vor

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kurzem konnte man zuletzt ein Tagesvisum erhalten, ohne re-guläres Visum oder Stempeleintrag, der Pass wurde an der Grenze hinterlegt, an die man abends rechtzeitig zurückkehren musste. Der Übergang wurde für viele Touristen im „Goldenen Dreieck“ als Möglichkeit für Visumsverlängerungen für Thailand genutzt.

Seit dem 28. August 2013 nun jedoch ist es bei Besitz eines gültigen Einreisevisums möglich, die thailändisch-myanmarische Grenze an vier Grenzübergängen regulär zu passieren (The Nation 26.8.2013), namentlich in Mae Sai/Tachileik, Mae Sot/Myawaddy, Phunaron/Htee Kee und Ranong/Kawthaung. Von diesem einstweiligen Höhepunkt ei-nes bemerkenswerten Öffnungsprozesses von Myanmar ver-spricht man sich beiderseits der Grenzen zum einen deutlich erleichterte, wachsende und zunehmend formalisierte Investiti-ons- und Handelsverbindungen zwischen beiden Staaten, zum anderen erwartet man einen merklichen Anstieg der Touristen-zahlen in den Grenzregionen. Von Mae Sai/Tachileik aus kann man auf dem Landweg bis Keng Tung und Umgebung reisen und damit das sog. „Goldene Dreieck“ und die Bergregionen in allen drei Ländern erschließen. Der Grenzübergang Mae Sot/Myawaddy eignet sich für Touristen, die die Besichtigung von Sukhothai und dem Khlong Lan-Nationalpark mit einem Besuch der Hauptstadt des myanmarischen Mon-Staates, Mawlamyine, mit Hpa-an (Kayin-Staat) und dem berühmten Golden Rock, Kyaikhtiyo, verbinden wollen. Allerdings befindet sich der etwa 30 km lange Streckenabschnitt von Myawaddy nach Mawlamyine/Hpa-an noch in sehr schlechtem Bauzu-stand. Ähnliches gilt derzeit auch noch für die beiden südlichen Grenzübergänge.

Abb. 8: ... Haushalts- und Elektronikwa-ren, ...

Abb. 9:... werden auf thailändischer Seite in Mae Sai angeboten: Saatgut für den Gemüseanbau der höheren Breiten, der in den Bergländern gute Bedingungen vorfindet, ...

Abb. 10: ... kandierte und Trockenfrüchte ...

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Transformationsprozess und regi-onale Integration

Unverkennbar vollziehen sich mit dem Öffnungs- und Transformationspro-zess Myanmars auch in Tachileik und Mae Sai erhebliche sozio-ökonomische Veränderungen (eigene Felderhebungen 2011, 2013): Migra-tionszuzüge aus dem Shan-Hochland sowie aus den Changwats Chiang Rai und Chiang Mai führten in den letzten beiden Jahren zu deutlich steigenden Einwohnerzahlen (in Tachileik: An-stieg um etwa 10% seit 2011; GAD 2013), so dass die Wohnbevölkerung beider Städte inzwischen jeweils mehr als 50.000 Einwohner beträgt. Viele Bewohner von Tachileik pendeln täg-lich, wochen- oder monatsweise zur Arbeit nach Thailand, wo die Löhne über denen von Myanmar liegen. Das Lohngefälle wirkt sich auch positiv für Thailand aus: Myanmarische Arbeits-kräfte werden im Bau- und Straßen-baugewerbe, in der Landwirtschaft, der Industrieproduktion und im Dienst-leistungsbereich eingesetzt (vor allem: Hauswirtschaft, Lagerarbeit, Reini-gungspersonal).

Wachsende Handelsströme führen sichtbar zur Ausdehnung von Sied-lungsraum, Infrastrukturen (vor allem dem Ausbau des Straßennetzes), Geschäfts- und Büroflächen sowie einer Diversifizierung vor allem han-delsbezogener, aber auch gehobener Dienstleistungen: Eine wachsende Zahl von Geschäften und Marktstän-den entlang der Ausfallachse und auf mehreren Marktarealen in den Zen-tren bietet eine breite Warenpalette lokaler und internationaler Waren an. Private Banken etablieren sich, die die Abwicklung der internationalen Finanzgeschäfte im Handel und im produktiven Investitionsbereich über-nehmen. Auf beiden Seiten der Gren-ze entstehen erste Industrie- und Dienstleistungszentren, die von den Lohngefällen profitieren. Mehrere private Kliniken weisen auf einen be-ginnenden „Gesundheitstourismus“. Und zahlreiche Restaurants sowie neue Hotels und Guesthouses ent-standen in jüngster Zeit, die einen neuen Trend anzeigen: „Gäste statt Drogen“ (SZ 9.12.2010), dessen Trag-fähigkeit sich erst noch erweisen muss.

Abb. 11: ... oder Möbel für die sich ständig vermehrende Anzahl neuer Haushalte in den rasch wachsenden beiden Grenzstäd-ten.

Abb. 12: Auch "glokalisierte" Kleidungsstücke und Kopfbede-ckungen, vorwiegend für Touristen, werden angeboten.

Abb. 13: Zusätzlich zu den Ladengeschäften sind die Gehwege mit Ständen temporärer Händler bestückt.

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Drogengeschäfte, Prostitution und Menschenhan-del sind mit diesen jüngsten Entwicklungen nicht verschwunden, im Gegenteil erfahren illegale Akti-vitäten im Zuge des Transformationsprozesses offenbar zusätzlichen Aufschwung („surge of illicit drugs“, „methamphetamine pills … a 45 percent increase from a year earlier“, „using Mae Sai as a hub for drug money transactions … cross to the Thai side to use the banking system and use Thai mobile phones“, The New York Times 22.5.2012).

Wie schnell und wie weit reichend sich diese jün-geren Strukturveränderungen fortentwickeln wer-den, zumal wenn sich der Asian Highway No. 2 im Zuge des zu erwartenden zunehmenden Grenz-verkehrs in der Greater Mekong Subregion als Handels-, vielleicht auch Produktionsachse zwi-schen dem südlichen Shan-Staat und Nordthailand etabliert, wird abzuwarten sein. Auf jeden Fall ist erkennbar, dass sich aus der strukturschwachen Grenzregion langsam ein Transitraum zu entwi-ckeln beginnt, der eine regionale Integration för-dert. Das Beispiel von Tachileik/Mae Sai besitzt zudem Signalwirkung für anderen Regionen: Nach dem „Muster“ von Tachileik/Mae Sai verhandeln Thailand und Myanmar inzwischen für mehrere Grenzübergänge die Etablierung von Border Trade

Centres, so etwa in Myawaddy/Mae Sot oder jüngst in Phayar Phonesu (Kyarinn Seikkyi Township/Kayin State) (The Nation 15.7.2013).

Literatur

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Kraas, F., M. Rivet (1996): Wirtschafts- und Sozi-alstruktur von Kambodscha, Laos und Myan-mar. Studie für die DEG – Deutsche Investiti-ons- und Entwicklungsgesellschaft und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ). Bonn/Köln.

Prof. Dr. Frauke Kraas: Lehrstuhl für Stadt- und Sozialgeographie an der Universität zu Köln, 1996 Habilitation über Bangkok; seit 1989 DTG-Mitglied, 1989-1992 im Beirat, 1992-2009 Vizepräsidentin, seit 2009 Präsidentin der DTG. Fotos: © F. Kraas

Abb. 14: Entlang der zentralen Ausfallstraße wird konstant gebaut und nachverdichtet – „ribbon develop-ment“ zeichnet die neuen urbanen Ausbauachsen nach Osten vor.

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Asiens Detroit Thailand will bald zu den Top Ten der weltgrößten Autohersteller gehören

Rainer Schubert

Knapp 1,5 Millionen Auto-mobile wurden 2011 in Thai-land produziert, eine Steige-rung um genau 30 Prozent seit 2005.

Nicht von ungefähr bezeich-net daher Thailands Presse ihr Land als das Detroit Asi-ens. Auch die Studie zweier südaustralischer Parla-mentsabgeordneter von Ende 2012 trägt diesen Ti-tel. Und sie wissen, wovon sie sprechen, ist doch Down Under mit 21,5 Prozent und einem Wert von etwas 2,3 Milliarden US-Dollar der größte Exportmarkt der thai-ländischen Autofabriken, vor Indonesien, Malaysia, Sau-di-Arabien (Stand 2011, lt. Thai Automotive Institute). Für 2013 wird die Produkti-on von 2,4 bis 2,5 Millionen Autos angestrebt, mehrheit-lich für den Export.

In der weltweiten Automo-bilproduktion nahm Thailand 2011 laut einer Statistik der International Organization of Motor Vehicle Manu-facturers Platz 14 ein, noch vor Großbritannien, Tsche-chien und der Türkei. Zum Vergleich: Deutschland liegt danach auf Rang vier nach China, USA und Japan. Thailand strebt an, dauer-haft zu den Top Ten der Weltautoproduktion zu ge-hören, wie Piengjai Kaewsuwan, der Präsident der Thai Automotive Indust-ry Association (TAIA), im September letzten Jahres der Bangkoker Tageszei-tung The Nation sagte. Kon-kreter wird das Board of Investment of Thailand

(BOI), das diesen Platz bereits für 2014 vorsieht, mit einer prognostizierten Produktion von 2,43 Millionen Fahrzeugen. Stütze der Produktion sind Pickups mit einer Nutzlast bis zu einer Tonne. Nicht nur stellen sie mit einem Anteil von 42 Prozent (Stand 2011) den größten Anteil der im Land verkauften Automobile. Thailand ist Weltmarktführer in der Produktion. Japanische Hersteller, ohnehin in jeder Branche die dominierenden Inves-toren im Land, bedienen von hier aus den gesamten Globus.

Toyota investierte jüngst 133 Millionen US-Dollar zur Erweiterung seiner Kapazitäten, und Mitsubishi arbeitet an einer 500 Millionen US-Dollar-Investition in der Provinz Chonburi zur Produktion umweltfreundlicher Au-tos. Audi und Volkswagen sollen laut BOI ihr Interesse an Produktionsstät-ten bekundet haben, um den regionalen Markt zu bedienen. Bereits seit langem sind die deutschen Nobelhersteller Daimler und BMW mit Monta-gewerken für den lokalen Markt in dem südostasiatischen Königreich prä-sent. Hinzu kommen die Zulieferbetriebe, entweder thailändische Unter-nehmen oder weltweit vertretene Namen aus Japan und Deutschland, wie Bosch, Continental, ZF.

Warum ist das Land für Investoren so interessant?

Mit dem jüngsten Beispiel einer Großinvestition setzt Ford auf den Stand-ort Thailand. In der Provinz Rayong, etwa 200 Kilometer südlich von Bangkok, nahm im Mai 2012 ein Werk (einschließlich Teststecke) die Ar-beit auf, dessen Produktionstechnik weltweit zu den modernsten zählt. Investitionsvolumen: 450 Millionen US-Dollar. 150.000 Autos vom Typ Focus können dort jährlich produziert werden, von denen 80 Prozent nach Südostasien, Australien, Neuseeland und Südafrika exportiert werden. Auch General Motors produziert in seinem Werk in der Provinz Rayong zur Hälfte für den Export, meist unter dem Markennamen Chevrolet für die ASEAN-Länder, aber auch für die australische Konzernmarke Holden.

Bild 1: Continental

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Bild 2: Rolf-Dieter Daniel, Managing Director Staedtler Thailand und Prä-sident des European ASEAN Business Centre (l.) und Jörg Buck, Ge-schäftsführer der Deutsch-Thailändischen Handelskammer

Was macht Thailand für Investoren so interessant? Und warum gerade für die Automobilindustrie? Es liegt vor allem an der thailändischen Investiti-onspolitik.

„Local content“ ist das erste Stichwort. Zu mindestens 40 Prozent muss ein Produkt aus im Inland gefertigten Teilen bestehen, um von Einfuhran-gaben befreit zu sein. Das ist der Grund, warum seit über 55 Jahren Mer-cedes-Benz (für den lokalen Markt die Autos mit dem Stern in Thailand im Wege einer CKD (= completeley knocked down)-Produktion in Thailand montieren lässt. Zwar werden bei dieser Produktionsweise die Fahrzeug-teile in Kisten verpackt nach Thailand verschifft, aber montiert werden zu über 50 Prozent Teile einheimischer Hersteller. Für den kleinen, lukrativen Premiummarkt bedient sich BMW desselben Prinzips, mit dem kleinen Unterschied, dass hier bereits die montierten Karosserien angeliefert wer-den.

Gezielte Ansiedlungs- und Entwicklungspolitik

Bild 3: Ford

Local content sorgt für Folgeinvestitionen. So produziert Continental in einer Tochterfirma im Industrial Estate von Amata City in der Provinz Rayong seit gut drei Jahren Einspritzpumpen und Injektoren für Dieselmo-toren. Die Entscheidung für den Bau der Fabrik war „customer-driven“, wie der deutsche Werkleiter sagt. Die Ford-Mazda-Kooperation Automotive

Alliance Thailand ATT, die 90 Prozent der Produktion abnimmt, wünschte einen lokalen Zulieferer. Inzwi-schen exportiert das Werk auch nach Indien, China, Lateinamerika und Europa.

Zudem betreibt Thailand eine gezielte Ansiedlungs- und Entwicklungspolitik. Die umfangreichen Förderrichtli-nien des BOI sehen, neben regionalen Gesichtspunkten, auch branchenspezifische Maßnahmen vor. Darunter genießt die Produktion von Automobilen und Zuliefertei-len Priorität. Gezielt geför-dert werden aber u. a. auch die Leichtindustrie, Chemie-, Papier-, Keramik- und Elekt-ro- sowie besonders die Nahrungsmittelindustrie. Zudem setzt Thailand auf Industrien, mit denen die alternative Energieerzeu-gung befördert wird.

Das ganze Land ist in För-derzonen aufgeteilt: je wei-ter von der Hauptstadt ent-fernt, desto höher ist Förderungswürdigkeit, ein gutes Mittel, um gegen das Stadt-Land-Gefälle anzuge-hen. Die höchste Förderung genießen daher die Grenz-regionen zu Malaysia, My-anmar, Laos und Kambod-scha. Der bereits hoch entwickelte Speckgürtel um Bangkok profitiert von seiner bereits ausgezeichneten Infrastruktur.

In den Grenzregionen wer-den größere Steuererleich-terungen oder -befreiungen von der Umsatzsteuer ge-währt als in Bangkoks Um-gebung, nämlich für acht Jahre vollständig und für weitere fünf Jahre um 50 Prozent, sowie die vollstän-dige Befreiung von Einfuhr-abgaben auf Maschinen.

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Grundstücke mit vollstän-diger Infrastruktur

Ein anderes investoren-freundliches Stichwort heißt OSOS und ist der Kürzel für One Start One Stop Invest-ment Center. Hier sind die Kompetenzen von zehn Ministerien (Handel, Finan-zen, Industrie, Energie, Ar-beit, Inneres, Umwelt, Ge-sundheit, Tourismus, Trans-port) unter einem Dach gebündelt, um Investorenan-fragen und -anträge bis hin zum work permit für auslän-dische Arbeitskräfte zu klä-ren. Die Behördenlauferei ist in Thailand abgeschafft.

Zur Unternehmensansied-lung werden Industrial Zones ausgewiesen, die von der Industrial Estate Authori-ty of Thailand oder privaten sog. Real Estate Developers einschließlich Wohngebie-ten, Schulen, Hospitälern und anderer Einrichtungen erschlossen werden. Unter-nehmen kaufen dann Grundstücke mit einer voll-ständigen Infrastruktur.

So hat zum Beispiel Amata Industrial Estate südwestlich von Bangkok zwei Industrial Cities erschlossen, die vom gut ausgebauten Straßen-netz sowie der Nähe zum neuen Flughafen der Haupt-stadt und zum Seehafen von Laem Chabang profitieren. Die Mehrheit der etwa 700

ansässigen Unternehmen kommt auch hier aus Japan, Europäer nehmen mit sechs und neun Prozent ebenfalls vordere Plätze ein. Und wieder ist es die Automobil- und deren Zulieferindustrie, die den Branchenmix anführt, vor der Metall- und Kunststoffverarbeitung sowie Elektronik-, Chemie- und Nah-rungsmittelherstellern.

„Thailand is an industrial country! Not an agricultural anymore“, fast Rolf-Dieter Daniel, Managing Director des Büroartikelherstellers Staedtler Thailand den Stand der thailändischen Investitionspolitik zusammen. Er muss es wis-sen, denn der Präsident des European ASEAN Business Centre kennt das Land seit 30 Jahren.

Der Nachdruck des Beitrags erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors sowie der Ersterscheinungsquelle: BUSINESS & DIPLOMACY, Ausgabe 4/2012.

Autor: Rainer Schubert, Journalist und Chefredakteur, Retzdorffpromenade 2, 12161 Berlin

Vorankündigung: Nachdruck Schriftenreihe

Eine ganze Reihe der Bände unserer Schriftenreihe sind inzwischen vergriffen und ab und zu erreichen uns Nachfragen. Es ist nun geplant, vorerst drei dieser Bücher wieder neu aufzulegen und es wird sich um die folgenden Titel handeln: Band 14: Phya Anuman Rajadhon: Leben und Denken in Thailand. Band 17: Ampha Otrakul: Perlen vor die Säue werfen oder dem Affen einen Kristall ge-ben. Band 21: Ernst E. Boesch: Von Nagas, Drachen und Geistern, Siamesisches Fabulier-buch. Nähere Einzelheiten, Termine und Preise werden Sie im folgenden Heft 2/2014 finden.

AKU

Bild 4: Mercedes

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Leichtathletik-Kurzzeitprojekt in Thailand

Caroline Kraas

Über 40 Jahre währt die erfolgreiche Zusammenar-beit zwischen Deutschland und Thailand in der Leichtathletik. Anfang Dezember ging ein weiteres Kurzzeitprojekt des Auswärtigen Amts, durchge-führt vom DOSB, zu Ende.

Angefragt worden ist das Projekt vom thailändi-schen Partnerverband AAT mit dem Hintergrund, Ausbildungsprogramme zur Förderung der Kinder- und Jugendleichtathletik zu implementieren und zu unterstützen. Langzeit- und Thailandexperte Walter Abmayr und Junior-Expertin Caroline Kraas führten das Projekt im November in Thailand durch.

Kernelement des Kurzzeitprojekts waren zwei Aus- und Fortbildungskurse: Der erste Kurs fand in Chiang Mai statt und hatte zum Ziel, Lehrer aus Schulen im Norden Thailands in der Leichtathletik, vor allem den Laufdisziplinen, fortzubilden. Mit Un-terstützung des thailändischen Nationaltrainers für Mittel- und Langstrecke legte die zweitägige Veran-staltung den Fokus auf Talentsichtung in der Schu-le, Vielseitigkeitstraining, Jahresplanung sowie praktische Einheiten zur Demonstration des leicht-athletischen Sportunterrichts. Über 40 Schullehrer nahmen erfolgreich an der Veranstaltung teil, unter anderem auch eine Absolventin der Auslandstrai-nerschule in Mainz.

Der zweite Kurs richtete sich hauptsächlich an Leichtathletik-Trainer und fand an der Thammasat-Universität in Bangkok statt. Mehr als 30 Teilneh-mer nahmen an der einwöchigen Veranstaltung teil,

unter anderem auch viele ehemalige Nationalathle-ten, die mittlerweile als Nachwuchstrainer arbeiten. Neben der Vermittlung grundlegender trainings-theoretischer Inhalte lag der Schwerpunkt auf der Vermittlung von Trainerkompetenzen (Schulung des Trainerauges, (Technik-)Korrekturen, Jahres-planung, Trainingspraxis). Hier wurden alle Teil-nehmer aktiv integriert und brachten eigene Ideen bei der Umsetzung ein. Da die Teilnehmer aus allen Provinzen Thailands kamen, sollte hier auch eine nachhaltige Unterstützung der Leichtathletik im ganzen Land gefördert werden.

Neben den Ausbildungsprogrammen waren die Projektinhalte unter anderem die Aktualisierung der Leistungsstatistik und Rekorde nach Kriterien des Weltleichtathletikverbandes IAAF sowie Bera-tungsmaßnahmen des Verbands.

Zum Abschluss des Projekts führte eine Anfrage des Instituts of Physical Education, Bangkok, beide Experten zu zwei trainingspraktischen Vorträgen an die Universität. Neben den Sportstudenten besuch-ten auch zwei ehemalige Absolventen der Aus-landstrainerschule in Mainz das Seminar, welche seit ihrem Abschluss in Mainz als Sportlehrer und an der Universität tätig sind.

Ein gelungenes Ende für ein Projekt, welches auch durch die sehr gute Zusammenarbeit und Koopera-tion mit dem Partnerverband AAT so erfolgreich werden konnte.

Zur Autorin: Caroline Kraas hat Geographie, Politische Wissenschaft und Sport an der Universität Bonn und der Sporthochschule Köln studiert. Ferner wurde sie als Sport-Auslandsexpertin des Auswär-tigen Amts weitergebildet und war bisher an zwei Projekten der Internationalen Sportförde-rung als Junior-Expertin betei-ligt (Sambia, Thailand).

Bild 1: Lehrer-Fortbildung in Chiang Mai: Praxiseinheit Dehnen

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Aus Eka Donner’s Tagebuch Hier nun ein weiterer Beitrag unserer kleinen Serie "Aus Eka Donner’s Tagebuch“. Wir erinnern an die einfüh-renden Worte: Es geht um die Jahre 1969-1972 (also um eine Zeit vor etwas mehr als 40 Jahren), es geht um kleine „Kabinettstückchen“, um humorvolle Betrachtungen am Rande, um Bilder, Einschätzungen jenseits tagesaktueller Vorkommnisse und auch um ernsthafte Hintergründe. Dieses Mal geht es um die wunderbaren Berglandschaften Thailands, um die Schilderung von Bildern, wie wir sie zum Glück auch heute noch finden können.

Arnd D. Kumerloeve

Unterwegs in den Bergen

An vielen Kurven ist der beim Bau der Straße bereits angekratzte Berg schon heruntergekommen, das Geröll knallte auf die Straße, wurde zwar inzwischen weggeräumt, aber die Asphaltdecke ist zerschlagen. Tote Baumstämme und verkohlte Stümpfe ragen malerisch aus frisch nachwachsen-dem Grün. Die Erde ist rostrot. Auf den steilen Hängen wachsen wilde Bananen. Wie gebleichte Skelette greifen hohe sterbende Bäume zum Himmel und kleine Schluchten versinken zwischen den haufenartig emporsteigenden Bergen. In einem Forstprojekt ist eine Baumschule eingerichtet wor-den, mit der man sich bemüht, die Wälder wieder aufzuforsten, die von den Bergstämmen zerstört wurden, als diese nach Wegen zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage suchten.

Besonders gegen Abend kommen diese Bergbewohner an die Straße und versuchen, die Produkte ihrer Gemüsegärten zu verkaufen: Weißkohl, Raps, Süßkartoffeln, Melonen, Petersilie, Auberginen und auch Bananen. Aber es kommen nur wenige Leute vorbei, und noch weniger Autoreisende, die hier mit dem Wagen entlang fahren, halten an, um Gemüse zu kaufen. So blicken sie uns, als wir aussteigen, entgegen, als brächen wir alle Schätze der Erde, und eine der Frauen klagt, dass sie den ganzen Tag noch nichts verkauft habe. Dabei fordern sie lächerlich geringe Preise.

Die Straße steigt und fällt. In tausend Meter Höhe stehen, ungewöhnlich in diesen Breiten, herrliche hohe Nadelbäume. Von einem Pass blickt man in das erste Tal, das von einem weiten, bewaldeten Bergland begrenzt und durch eine lange, graue Bergmauer abgeriegelt ist. Man sieht Militärzelte, ei-nen Zollposten. Die Grenze ist nahe, irgendwo zwischen den Bergen dort drüben liegt Birma.

Nach Überwindung der nächsten Bergkette geht es durch eine grüne Wildnis voller Bambus und ho-her Bäume ins weite Tal von Mae Sot mit seinen Siedlungen, Bananenplantagen und Palmen, wo die Bauern auf Ochsenkarren über die neue Asphaltstraße fahren. Junge Leute sitzen auf Motorrä-dern, man sieht Stapel von Reisstroh, nackte Kinder und Hunde. Staubig ist es. Die reine Bergluft haben wir hinter uns gelassen samt ihrer Menschenleere. Viele Häuser sehen windschief aus, halb zusammengefallen oder in die Erde eingesunken.

Das Zentrum des Ortes bietet das übliche Bild thailändischer Geschäftigkeit, eine lange Straße mit dunklen Holzhäusern, Gärten in üppig wucherndem Grün und bunten Blüten, einige öffentliche Ge-bäude. Kleine Holzstege führen über die Wassergräben neben der Straße. Alles ist dicht besiedelt - ein hübscher Ort, ungemein grün und ziemlich ländlich. So muss das alte Thailand ausgesehen ha-ben. Es gibt viel Schönes – die Blüten in den Gärten, die vielen alten und weiträumigen Holzhäuser. Die weiße Moschee, die mit ihren beiden Zwiebelkuppeln unter den Palmen hervorleuchtet.

Aber plötzlich hört alles auf. Die Straße führt durch abgeerntete Reisfelder auf die entfernten Berge zu. Nur ein paar Häuser erscheinen noch, Neubauten neben ein paar elenden Hütten. Die Straße ist, nach der Enge des Ortes, wieder breit bis zur Grenze, wo sie am Fluss Mae Moy plötzlich auf-hört. Mit einem Boot können die wenigen Grenzpassanten hier hinüberwechseln nach Birma…..

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Unterstützung für SOS-Kinderdörfer

Arnd D. Kumerloeve

Angeregt durch verschiedene Dankschreiben aus Thailand wurde in Heft 1/2013 über das etwas zurücklie-gende, aber langjährige Engagement der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft bei der Förderung von SOS-Kinderdörfern berichtet. Es handelte sich um eine Unterstützung, die aus dem Kreis der Mitglieder über viele Jahre hinweg geleistet worden ist und ein Kapitel der DTG-Geschichte verkörpert, auf das wir alle mit Recht stolz sein können.

Im Zusammenhang damit hatten wir dazu aufgerufen, sich wieder verstärkt an dieser Förderung zu beteiligen und dies blieb nicht ohne Resonanz. Viele Fragen gingen bei der Redaktion ein und auch auf der Mitglieder-versammlung 2013 war dies ein Thema. An dieser Stelle soll beispielhaft das Engagement unserer langjähri-gen Mitglieder Rita und Ferdi Theisen im Mittelpunkt stehen.

Bereits bei ihrer Silbernen Hochzeit vor gut 25 Jahren hatten die Theisens für das Kinderdorf in Hat Yai gesammelt. Man hatte aus persönlichen Gründen auf Geschenke etc. verzichtet und statt-dessen einen Spendentopf bereitgestellt. Dadurch konnte sich jeder Gast bedienen und hatte nicht die Qual: Was schenken wir bloß? Seinerzeit wa-ren auch unser damaliger Präsident Hans- Hans-Christian Lankes mit seiner Frau, Vertreter der

Thai-Botschaft, Freunde der DTG etc. anwesend. Es war ein Abend – so wird berichtet – mit viel Musik, Tanz und kleinen lustigen Darbietungen.

2013 war nun die Goldhochzeit und man organi-sierte das obligatorische Fest nach demselben Muster. Und ein weiteres Mal hatte man Erfolg mit dem Ergebnis, dass für ein Projekt wieder im SOS-Kinderdorf in Hat Yai die Summe von € 700 zur Verfügung gestellt werden konnte.

Man hatte dort die Anschaffung von drei Sets Computer für die Kinder mit € 2.000 budgetiert und so konnte nun mit der Spen-de der Familie Theissen einer der Sets finanziert werden. Hier abgedruckt findet der Leser ein kleines Dankschreiben mit einem der uns zugeleiteten Fotos. Auch von unserer Seite ein herzlicher Dank an Rita und Ferdi Theisen! Vielleicht ist dieser kleine Bericht ja auch eine Anregung für andere Mitglieder der DTG!

. ..when our children at SOS Children´s Village Hatyai getting to learn to use the computer. We purchased this set of computer from the donation of the occasion of golden anniversary of wedding Mrs. Rita and Mr. Ferdi Theisen. On every Saturday and Sunday a teacher will come to teach computing to our children, and every day when they want to do their school exercises they also use it. (Wantana Sethadej )

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Förderverein Freunde der Duang Prateep Foundation, Deutschland e.V. unterstützt seit 15 Jahren notleidende Kinder und Jugendliche in Thailand

Jürgen Göpfert

„Flamme der Hoffnung“ bedeutet der Name der thailändischen Stiftung Duang Prateep Foundation (DPF). Eine stilisierte Flamme umgibt ‚doo deg’, den Anfangsbuchstaben des Stiftungsnamens und ist das prägnante Mar-kenzeichen der Wohltätigkeitsorganisation mit Sitz in Bangkok’s Hafengebiet Klong Toei – diese Flamme soll weithin leuchten, wärmen und diejenigen zur Hilfe inspirieren, denen das Schicksal der am Rande der thailändischen Ge-sellschaft lebenden Menschen nicht gleichgültig ist.

Stiftungsgründerin ist die am 9. August 1952 als fünftes von acht Kindern geborene Prateep Ungsongtham Hata, die während ihrer Schulzeit durch den Verkauf von Süßigkeiten ihrer Familie half, die Kosten für ihren Schulbesuch aufzubrin-gen; im Alter von 11 Jahren verließ sie nach vier Grundschuljahren die Schule und nahm Arbeit in einer Firma an, die Feuerwerkskörper herstellte, außerdem verdiente sie auch Geld damit, Rost von im Hafen liegenden Schiffen abzukratzen. So konnte sie nicht nur ihre Familie unterstützen, sondern auch für sich selbst etwas beiseite legen, das sie in den Besuch einer Abendschule inves-tierte.

1968 eröffnete sie unter der Behausung Ihrer Fa-milie im Klong Toei eine „1 Baht pro Tag“ – Schu-le, ging weiter zur Abendschule und wurde 1970 an Bangkok’s damals führender Pädagogischen Hochschule Suan Dusit zum Studium zugelassen; zusammen mit ihren beiden älteren Schwestern Mingporn und Prakorn unterrichtete Prateep Mitte der 1970er-Jahre rund 500 Slumkinder. Von der Regierung als illegale Bildungseinrichtung zu-nächst nicht anerkannt und mit Schließung der Einrichtung sowie Räumung des gesamten Areals bedroht, setzte die junge Prateep Ihre Arbeit den-noch unbeirrt fort, beendete 1976 ihr Studium und erreichte nach zähen Verhandlungen mit den Be-

hörden auch die Anerkennung ihrer aus einfachs-ten Verhältnissen entstandenen und später in Chumchon Pattana umbenannten Schule, deren Rektorin sie bis 1980 war.

Grundschulbesuch ist in Thailand zwar kostenlos, doch bedürftige Familien sind meistens kaum in der Lage, die damit verbundenen Kosten wie Schuluniformen, Bücher, Schulranzen und Schuhe zu bezahlen. Darum gingen damals und gehen leider auch heute in einigen Landesteilen immer noch (Slum)Kinder trotz Schulpflicht oft gar nicht zur Schule oder brechen diese ab, daher handelte es sich bei der 1 Baht pro Tag – Schule um eine innovative Bildungsoffensive, die zum ersten Mal in der Geschichte Thailand’s nicht nur Bildung in ein Slumgebiet brachte, sondern dies auch noch zu einem erschwinglichen Preis.

Moralische und lern-pädagogische Unterstützung erhielt Prateep zu Beginn der 1970er-Jahre übri-gens auch von LehrerInnen der damaligen Schweizer Schule an der Sukhumvit Road, na-mentlich vom damaligen Schweizer Leiter der Schule, Hanspeter Heckendorn und seiner Frau Brigitte sowie den deutschen LehrerInnen Elke und Gerd Gutschow, um nur zwei der damals mit ihr in Verbindung stehenden Familien aus dem deutschsprachigen Raum zu nennen.

† Elke Gutschow

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Beim DPF-Kindertag am 12. Januar 2014, an dem mehr als 1.000 Kinder teilnahmen, wurde die seither stets innig mit der DPF verbundene und vor Kurzem verstorbene Elke Gutschow geehrt und ihrer Familie dafür gedankt, daß sie den Kindertag 2014 mit einer großzügigen Spende unterstützte, die es u.a. ermöglichte, gut gefüllte Versorgungs-pakete an Dutzende von Familien zu verteilen.

Schon bald kümmerte sich Khru (Lehrerin) Prateep zwangsläufig um mehr als nur Schulisches. Da Slumgebiete wie Klong Toei rechtlich nicht als Wohngebiete anerkannt werden, muss dort um alles gerungen werden, was für Menschen in an-deren Wohngegenden selbstverständlich ist, wie z.B. Strom- und Wasserversorgung, Müllentsor-gung, aber Unterstützung ist auch notwendig bei wichtigen Behördenangelegenheiten, um etwa eine Geburtsurkunde zu erhalten, der Grundlage für die Vergabe einer Personen-Identifikations-nummer und der Ausstellung einer ID-Karte/eines Passes.

1978 wurde Khru Prateep für ihre sozialen Ver-dienste im Slum von Klong Toei der in Asien als sozialer Nobelpreis bekannte Magsaysay-Preis verliehen – mit dem Preisgeld i.H.v. 20.000 US $ gründete sie noch im selben Jahr die Duang Prateep Foundation (DPF) – seither setzen sich zahlreiche und überwiegend ehrenamtliche Helfer-Innen für die Ärmsten der Armen nicht nur im Slumgebiet von Klong Toei ein, sondern auch in

zwei (bis 2011 = drei) Projekten außerhalb der thailändischen Hauptstadt, des Weiteren bestehen Kooperationen mit Kindergärten in 24 Stadtteilen Bangkok’s und 6 anderen Provinzen Thailands.

Chumphon (Süd-Thailand), Projekt ‚Neues Leben’ seit 1986: hier werden zur Zeit ca. 20 schwer er-ziehbare und z.T. straffällig gewordene männliche Jugendliche betreut, denen im Rahmen eines 3-jährigen Programmes die Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach z.T. auch Drogenabhängig-keit (Amphetamine und andere Substanzen) er-möglicht werden soll. Durch buddhistische Aktivitä-ten (Meditation, Tempelbesuche), die Arbeit in landwirtschaftlichen Projekten (Anbau von Gemü-se, Gewürzen und Obst), gemeinsamem Sport (unter anderem gibt es hier eine Muay Thai – Gruppe) und das Absolvieren verschiedener Lern-programme lernen die Jugendlichen, wieder etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit anzufangen und sich für die Gemeinschaft zu engagieren, so beteiligen sich die Projektteilnehmer z.B. regelmäßig an Auf-räum- und Instandsetzungsarbeiten in umliegen-den Dörfern und Tempeln.

Kanchanaburi (West-Thailand), Projekt ‚Neues Leben’ seit 1996: hier werden zur Zeit ca. 40 junge Mädchen und Jungen betreut, die verschiedenen Formen von Missbrauch ausgesetzt waren, von ihren Familien ausgesetzt wurden und/oder als Straßenkinder in Bangkok lebten. Durch die Arbeit in landwirtschaftlichen Projekten (Kautschuk- und

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Ölpalmenplantage, Anbau von Gemüse und Gewür-zen), gemeinsame Spiel- und Sportaktivitäten und die Teilnahme an verschiedenen Kursen (Backen, Computerbedienung, Erlernen der englischen Spra-che) wird neben dem zeitlichen Heilen physischer Wunden auch das bei den meisten Kindern kaum mehr vorhandene Selbstwertgefühl wieder aufge-baut. Das Angebot buddhistischer Aktivitäten (Medi-tation, Tempelbesuche) und regelmäßige Gesund-heitsuntersuchungen runden das Projektprogramm ab. Für 2014 ist die Installation einer Solaranlage in Kanchanaburi geplant, die vom Schweizer Gönner-verein für die DPF initiiert wurde, deren Vorstand die ehemalige Lehrerin Brigitte Heckendorn ist.

Phru Teaw (Süd-Thailand, Provinz Phang Nga, Amphoe Takua Pa), seit dem Tsunami am 26.12.2004: Als eine der ersten thailändischen Hilfsorganisationen war die DPF vom 1. Tag an mit Hilfskräften in der Gegend von Thailand tätig, wo der Tsunami die verheerendsten Auswirkungen hatte, und gab den betroffenen Menschen Zuwen-dung, Essen und eine provisorische Unterkunft. Ende August 2006 eröffnete dort das DPF-Waisenhaus Baan Tharn Namchai, das aufgrund rückläufiger

Spendenmittel 2011 zur Betreibung an die thailän-dische Stiftung Hands Across the Water (‚Tochter’ der gleichnamigen australischen Stiftung) überge-ben wurde. Heute ist dort die zuvor bei der DPF in Bangkok tätige Khun Rotjana Phraesrithong ‚Mut-ter’ von rund 90 Waisenkindern.

Jürgen Göpfert, Verfasser dieses Beitrages und Vorstand des deutschen Fördervereines, nahm als einziger Deutscher vom 15. – 23. Januar 2014 an der von Hands Across the Water (Hands) zum 5. Mal organisierten und ca. 800 km langen Benefiz-

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Radfahrt zugunsten der Stiftungen DPF/Hands von Phetchaburi nach Phang Nga teil, bei der durch die Teilnahme von ca. 50 RadfahrerInnen aus Australien, Neuseeland und England Spen-denmittel i.H.v. ca. 350.000 EUR im wahrsten Sin-ne des Wortes eingefahren wurden, die 100%-ig u.a. zur Unterstützung der von Hands geförderten DPF-Projekte ‚Neues Leben’ in Chumphon und Kanchanaburi verwendet werden. Wer Interesse daran hat, als Vertreter des deutschen Förderver-eines oder einer anderen deutschen Organisation an der auch in 2015 stattfindenden Benefiz-Radfahrt teilzunehmen, erhält hierzu gerne nähere Informationen von Jürgen Göpfert, Kontaktdaten siehe unten; ein Tour-Tagebuch mit Bildern findet sich zur Erstinformation auf der Förderverein – facebook-Seite, Adresse siehe unten.

An der Radfahrt zum Waisenhaus Baan Tharn Namchai nahmen auch Khun Chanadda, Spitzna-me ‚Gift’ und Khun Watahana, Spitzname ‚Game’ teil, die durch den Tsunami ihre Familie verloren, von der DPF aufgenommen wurden und somit ihre schulische Ausbildung weiterführen konnten – Gift arbeitet heute in der Buchhaltung des Waisenhau-ses und Game studiert Jura an der Prince of Songkhla-Universität in Phuket, wo er in ca. 1 Jahr graduiert; danach gefragt, was er nach dem Studi-um macht, antwortet er wie aus der Pistole ge-schossen und in gutem Englisch: für Baan Tharn Namchai will ich tätig sein und mein erworbenes Wissen für die Unterstützung der Stiftungen DPF und Hands einsetzen – ich bin sehr dankbar für die mir und anderen Kindern zuteil gewordene Hilfe und möchte deswegen gerne etwas zurückgeben.

Die Schwerpunkte der DPF-Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen: Förderung der Aus-bildung und Gesundheit von Kin-dern/Jugendlichen, soziale Fürsorge für Bedürfti-ge inkl. Unterkunfts-, Verwaltungs- und Wohnbauangelegenheiten sowie Katastrophen-hilfe inkl. personellem und wirtschaftlichem Bei-stand bei Großbränden und Überschwemmungen.

So verteilte die DPF nach den schweren Über-schwemmungen im Oktober 2013, bei denen 27 Provinzen unter Wasser standen, fast 800.000 Haushalte in 224 Distrikten und rund 2,5 Millionen Menschen betroffen waren, 390 Notfallpakete an

Opfer der Fluten in zwei Dörfern des Distriktes Srimahosot in der nordöstlich von Bangkok gele-genen Provinz Prachinburi.

Ebenfalls im Oktober 2013 hatte die Freiwillige Feuerwehr der DPF ihren letzten Großeinsatz im Klong Toei, als in der Rom Klao-Gemeinschaft ein Brand 80 Häuser zerstörte und 112 Familien ob-dachlos machte; bereits im September 2013 gab es einem Großbrand in der Rim Klong Paisingto-Gemeinschaft, bei dem 22 Häuser zerstört wur-den. Die meistens selbst gezimmerten und oft instabil gebauten Hütten bieten, dicht an dicht gebaut, eine stets gute Verbreitungsfläche für Brände, wobei die Bewohner von dem Wenigen, was sie besitzen, oft alles verlieren und häufig nur mit viel Glück wenigstens ihr Leben retten können.

Klong Toei, 2007 – Wiederaufbau nach Brand

1991 kam es in einem Hafenbecken neben dem Klong Toei zu einer Explosion von Chemikalien, bei der vier Menschen getötet und mehr als 5.000 obdachlos wurden, 160 Slumbewohner erlitten Langzeitschäden, u.a. wurden etliche Fehl- und Missgeburten registriert, die sich nachweislich auf diese Katastrophe zurückführen ließen. Die DPF setzte sich neben der medizinischen Versorgung der Opfer auch für deren rechtliche Vertretung und Durchsetzung ihrer Ansprüche ein, was z.T. fast 20 Jahre dauerte.

Seit dem vergangenen Jahr stellen die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr der DPF auch Spielge-

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DPF-Kindergarten – Spielplatz

räte für die Kinderspielplätze der DPF und anderer Slum-Gemeinschaften her; dem ging voran, daß 30 Feuerwehrleute in professioneller Metallbear-beitung geschult wurden und nun innerhalb eines Monats ein komplettes Kinderspielplatz-Set her-stellen können, bestehend aus einer Kletteranlage mit Rutsche, einem Gerüst mit mehreren Schau-keln, einer Wippe und einem kleinen Standkarussel. Die Eigenproduktion ist wesentlich günstiger als der käufliche Erwerb fertiger Geräte und man kann darüber hinaus auch sicher sein, daß ausschließlich gesundheitsunschädliche Ma-terialien verwendet werden, z.B. bleifreie Farbe.

Um Kindern und Jugendlichen dabei behilflich zu sein, das seelische Verarbeiten einschneidender Erlebnisse wie Missbrauch sowie Brand- oder Naturkatastrophen zu erleichtern, gibt es zahlrei-che Angebote, bei denen sie u.a. in kreativer Art und Weise ihre Gefühle und Wünsche zum Aus-druck bringen und damit auch lernen können, bes-ser mit ihren Ängsten und Zweifeln umzugehen.

2012 beteiligte sich die DPF zusammen mit 9 ja-panischen und thailändischen Organisationen an dem Projekt HeArt for Hope, bei dem rund 120 Bilder von internationalen Künstlern aus 8 Ländern (inkl. Bilder der deutschen Künstlerin Renate

Schmidt aus Schönau im Wiesental) im Rahmen einer Ausstellung in einem der größten Einkaufs-zentren Bangkok’s verkauft wurden – der Erlös ging an Opfer des Erdbebens/Tsunami 2011 in Japan und an thailändische Opfer des Tsunami 2004; betroffenen Kindern aus beiden Ländern wurde darüber hinaus ein gemeinsamer Freizeit-aufenthalt ermöglicht, bei dem sie ihre Erfahrun-gen austauschen und gemeinsam Strategien für ihren weiteren Lebensweg und damit Hoffnung aufbauen konnten.

Zwei der wichtigsten DPF-Programme sind die Projekte Kindergarten und Ausbildungsstipen-dium, in denen rund 1.500 Kinder und Jugendliche auf allen Ebenen zwischen Kindergarten und Uni-versität betreut werden. In den DPF-Kindergärten wird schon seit mehreren Jahren die Montessori-Lernmethode angewandt, bei der Kinder im Alter zwischen 3 und 5 Jahren gemeinsam unterrichtet werden – insgesamt gibt es 6 Kindergarten-Klassen mit momentan 210 Kindern, die von 20 ErzieherInnen betreut werden; darüber hinaus kooperiert die DPF landesweit mit 10 weiteren Kinderzentren, in denen sich 32 ErzieherInnen um 1.200 Kinder kümmern – u.a. versorgt die DPF diese im Rahmen des Begleitprogrammes ‚Ge-sunde Ernährung’ mit 300 Eiern pro Monat und stattet diese bei Bedarf auch mit Material aus, z.B. Geräten für Kinderspielplätze, Matratzen und Bü-cher.

Oft auch als ‚Sprachrohr der Armen’ bezeichnet, hat sich die DPF seit ihrem Bestehen in der thai-ländischen Öffentlichkeit etabliert und sich gegen-über den zahlreichen Regierungen der letzten Jahrzehnte als zuverlässige, aber auch sehr sozi-alkritische NRO (Nicht-Regierungs-Organisation) behauptet, die nachhaltig Hilfe zur Selbsthilfe leis-tet, um die Lebensbedingungen und Ausbil-dungschancen unterprivilegierter Menschen zu optimieren, das ist auch für die Zukunft das erklärte Ziel der DPF.

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Khru Prateep erlangte aufgrund ihres beharrli-chen und uneingeschränkt selbstlosen Einsatzes für Bedürftige über die Jahre immer mehr nationa-le und internationale Bekanntheit, 1992 wurde sie eine Anführerin der Demokratiebewegung und beteiligte sich an den Massenprotesten gegen die damals vom Militär gestützte Regierung, im Jahr 2000 nutzte sie die Gelegenheit, bei den ersten freien Wahlen des Landes als Senatorin zu kandi-dieren, was auf Anhieb erfolgreich war und es ihr ermöglichte, bis 2006 auch auf politischer Ebene für die Rechte benachteiligter Menschen einzutre-ten. 2004 erhielt sie mit weltweit mehr als 1 Million Stimmen die Auszeichnung ‚Weltfreundin’ und aus den Händen von Königin Silvia von Schweden

auch den Welt-Kinderpreis für Kinderrechte, der seit dem Jahr 2000 verliehen wird. Obwohl sie in den unruhigen Tagen der gesellschafts-politischen Neuorientierung Thailands Ende 2013/Anfang 2014 für ihr Bekenntnis zum ‚roten’ Lager vielfach in der Kritik steht, muss ihr zugestanden werden, daß sie zu keiner Zeit ihren Fokus aus den Augen verlor, der stets eindeutig und klar darauf ausge-richtet war und auch immer noch ist, mit all ihrer Energie auch zukünftig das erklärte Ziel der DPF zu verfolgen – welche Farbe dabei ihr Hemd hat, sollte für Menschen, die notleidenden Kindern und Jugendlichen in Thailand und deren Familien hel-fen wollen, kein Argument für oder gegen Hilfe für diese sein, denn Not kennt keine Farbe!

2009 – Lörrach :Khru Prateep mit Khun Chailert, 2012 – Internationales Sommerfest Lörrach. v.r.n.l Ursula Vollmer u. J. Göpfert. Vee Göpfert mit Helferinnen ‚Daeng’ und ‚Nok’

Auf Einladung des deutschen Fördervereines war Khru Prateep schon mehrmals in Deutschland, u.a. 2002 am traditionellen Thai-Wochenende in Bad Homburg und 2009 zum 10-jährigen Förder-verein-Jubiläum, bei dem neben ihr der damalige thailändische Generalkonsul aus Frankfurt, Khun Chailert Limsomboon, Ehrengast bei einem Bene-fiz-Essen mit 70 Gästen im thailändischen Restau-rant Orchid in Lörrach war.

Das 15-jährige Jubiläum des Fördervereines in 2014 wird Khru Prateep nach einem Besuch in der Schweiz wieder nach Deutschland bringen, wobei sie dabei endlich auch einmal Berlin kennenlernen wird, wo Ende Juni eine Benefiz-Veranstaltung geplant ist, Näheres hierzu folgt in Kürze auch über den DTG – eMail-Verteiler.

Freunde der Duang Prateep Foundation, Deutschland e.V. Internet: www.dpf.or.th/gm, Facebook: www.facebook.com/fdpfde

Tel: +49 (0)7621 – 798 923, eMail: [email protected] Jürgen Göpfert, Vorsitzender – Obere Schanzstrasse 11, 79576 Weil am Rhein

Spendenkonto – IBAN: DE48683700240029032000, BIC/SWIFT: DEUTDEDB683

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Thailändisches Mosaik Nachrichten und Fundsachen

Gerhard Klinkhardt

Der Krieg der Bohnen

Für einige Zeit war der Gehweg vor dem ehemaligen Goethe-Institut an der Phra Athrit im Mittelpunkt der Medien rund um den Globus. Das lag allerdings nicht an dem Mieter des historischen Teakgebäudes, son-dern an einem simplen Kaffeestand. Damrong Maslee (44), ein Muslim aus der Krabi-Gegend, hatte sich ein Warenzeichen angeeignet, das dem des Kaffeegiganten Starbuck doch sehr stark ähnelte. Nur dass Starbuck durch Starbung ersetzt worden war. Und in der Mitte war ein alter Muslim und nicht die Starbucks-Frau. Klar, dass Starbucks sich das nicht gefallen ließ. Großzügigkeit mit Markenrechten wollte man nicht so ohne weiteres zugestehen. Der internationale Konzern ver-klagte den Straßenhändler auf 300.000 Baht Schadensersatz und 30.000 Baht monatliche Nutzungsrechte. Der Prozess Goliath gegen David ging dann aber nach einem riesigen Medienrummel eher nett aus. Starbucks verzichtet auf Zahlungen, dafür nimmt Maslee ein ande-res Symbol. Er nennt nun seinen Kaffeestand „Bung‘s Tears“. Bung heißt Bruder auf Malay. Im Zentrum des neuen Logo ist nun ein wei-nender Muslim zu sehen.

Immer mehr Kinder bekommen Kinder

Immer mehr thailändische Teenager bekommen Kinder. Über eine entsprechende Untersuchung der Vereinten Nationen berichtet die thailändische Zeitung „The Nation“. Danach sind zwischen 2006 und 2010 von 1000 Mädchen unter 20 rund 47 schwanger geworden und haben Kinder bekom-men. Das entspricht den Zahlen von Kambodscha, ist aber mehr als dreimal so hoch wie in Malaysia (14). Wie der thailändische Gesundheitsminister Pradit Sintavanarong berichtete, sind im Jahr 2012 130.000 Kinder von Teenagern geboren worden. Er vermutet allerdings, dass die Zahl der Schwanger-schaften mehr als doppelt so hoch ist und es eine hohe Zahl von Abtreibungen gibt. Da Abtreibungen verboten sind, sind das aber nur Schätzungen. Keine Schätzung ist aber, dass zwölf Prozent der Teenager vor dem 20. Lebensjahr noch ein weite-res Mal schwanger werden. Die jungen Mütter be-klagen, dass ihre Geschlechtspartner sich häufig geweigert hätten, Kondome zu benutzen. Damit die akzeptiert werden, muss sich aber wohl noch viel ändern. Gesundheitsminister Pradit beklagt das konservative Grundverständnis der Thai-Eltern: „Die sagen einfach: Teenager sollen keinen Sex haben und das wär’s.“ An der Verfügbarkeit der Anti-Baby-Pille kann es nicht liegen. Statistisch bekommt jede Thai-Frau nur 1,6 Kinder.

Für Caspar Peek vom UN Population Fund ist die Entwicklung überraschend. „Angesichts der ge-stiegenen Ausbildung und der positiven Entwick-lung im Land wäre genau das Gegenteil zu erwar-ten gewesen.“ heißt es in dem Bericht weiter.

Apfel-Saft für Thai-Medien

Acht thailändische Zeitungen haben den amerikani-schen Apple-Konzern verklagt, weil der fünf neue Apps in seinem Store ohne Genehmigung angebo-ten hatte. Inzwischen haben sich Apple und die Medien auf eine außergerichtliche Einigung ver-ständigt. Über die Höhe des Wiedergutmachung berichtet der Online-Dienst NNT allerdings nichts.

Höhenflug auf Ko Samui kennt kein Ende

Die Besucherzahlen auf Ko Samui kennen offen-sichtlich nur eine Richtung: nach oben. Die Hotel-auslastung im Jahr 2012 lag mit 68 Prozent deutlich über den 59 Prozent des Jahres 2011. Den 50.000 Einwohnern stehen 1,5 Millionen Touristen gegen-über. Einen weiteren Aufschwung dürfte die Eröff-nung der Central Festival Mall bringen, die am Chaweng Beach in diesem Jahr geplant ist. Das Einkaufszentrum wird auf einer 48.000 qm großen Fläche errichtet. Ähnliche Festival Malls hat Central bereits in Phuket und Pattaya in Betrieb.

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Nahverkehr in Bangkok scheffelt Millionen

Der Gewinn von BTS, der Betreibergesellschaft von Skytrain und U-Bahn, ist im dritten Quartal 2013 um 98 Prozent in die Höhe geschossen und erreichte 959 Millionen Baht. Zuvor hatte BTS die Skytrain-Fahrpreise um 14 Prozent erhöht. Das Unterneh-men hat nach einem Bericht der Bangkok Post 32,2 Milliarden Baht für die Ausweitung des Betriebs auf der hohen Kante. Mit neuen Zügen aus China sol-len die Kapazitäten des Skytrain um mehr als zehn Prozent erhöht werden. Aber ausgerechnet zu Weihnachten, am 24. Dezember, war der Verkehr für Stunden komplett zusammengebrochen. Grund war der Fehler im automatischen Türsystem, das jetzt nach und nach auf allen Skytrain-Stationen eingeführt werden soll. In der Metro gibt es das System schon. Damit sind Stürze auf die Gleise ausgeschlossen. BTS investiert in das System 600 Millionen Baht.

Banken-Profite schießen in die Höhe

Auch wenn die thailändische Wirtschaft nicht un-bedingt mit Spitzenwerten für das abgelaufene Jahr glänzen kann: fünf Provinzbanken haben prächtig verdient. Siam Commercial Bank (SCB), Kasikorn Bank (K-Bank), Thai Military Bank, Tisco Bank und die Land and House Bank (LH Bank) sind dabei aber sehr unterschiedlich. Bei einer Profitzunahme um 17,2 Prozent ist die K-Bank eher bescheiden (41,3 Mrd Baht Gewinn). Die TMB machte nur 5,73 Mrd. Baht Gewinn, in Prozent ist das aber eher eine Gewinn-Rakete: 350 Prozent. Die anderen Zahlen: Tisco 4,2 Mrd (+14,68 Prozent), LH-Bank 893 Mio Baht (+30,9), SCB 50,2 Mrd Gewinn (+28 Prozent).

300 Kilogramm Gold gespendet

Die Kuppel des indischen Mahabodi-Tempels in Bodh Gaya soll mit 300 Kilogramm Gold ausgeklei-det werden. Das Gold dafür ist von Thailändern gespendet worden. Das berichtet die Wochenzei-tung „Die Zeit“. Gespendet hat neben thailändi-schen Buddhisten vor allem der thailändische König Bhumipol. Das Gold ist mit einem bewaffneten Spezialtransport von Bangkok nach Indien gebracht worden.

Instagram: Siam Paragon Mega Mall ist das am meisten fotografierte Gebäude des Jahres

Wer hätte das gedacht: Bei Instagram sind weder der Eiffelturm noch das Taj Mahal oder der Grand Canyon der Spitzenreiter, sondern die Siam Paragon Mega Mall, berichtet die Strait Times aus Singapur. Auf Platz 2 folgt der Times Square in New York, gefolgt vom Disneyland in Kalifornien. Auf der Liste der ersten zehn finden sich noch der Central Park (New York) und das Dodger Stadium in Los Angeles. Der Eiffelturm ist diesmal nicht auf der Liste der ersten Zehn. Der Gewinner des letz-ten Jahres, der Suvarnabhumi Airport in Bangkok schaffte diesmal nur noch Platz 9.

UN: Preah Vihear gehört eindeutig zu Kambodscha

Der Streit um die 4,6 Quadratkilometer Land neben dem Hindu-Tempel Preah Vihear ist beendet, wenn es nach dem Schiedsspruch des Internationalen Gerichtshofes geht. Der Tempel selbst gehört nach einem Urteil von 1962 eindeutig zu Kambodscha. Strittig war allerdings die Fläche daneben. Ohne diese Fläche wäre es für Kambodscha nicht leicht, den Tempel touristisch zu nutzen. 2011 sind bei Kämpfen um die Tempelanlage 28 Menschen getö-tet worden. Ob damit der Streit auf Dauer beendet ist, muss abgewartet werden. Thailand hatte die Grenzziehung aus der Zeit der französischen Kolo-nialherrschaft nie akzeptiert. Der Tempel ist auf einem Felsen in den Dongrek-Bergen errichtet und erlaubt einen unbeschreiblichen Blick auf Kambod-scha, vorausgesetzt man schafft die 341 Stufen nach oben. Der Tempel ist seit 2008 Weltkulturer-be, allerdings kambodschanisches, was die Thai-länder erzürnt. Wer als Tourist den Tempel besu-chen will, muss Ruhezeiten während der Grenzstreitigkeiten abwarten. Und dann zweimal Eintritt bezahlen: In Thailand und Kambodscha. Nach dem Urteil muss Thailand die Soldaten ab-ziehen und den ungehinderten Zugang zur Anlage sicherstellen. Anwohner rund um den Tempel sind sehr beunruhigt und bereiten sich auf neue Zwi-schenfälle vor. Auch auf politischer Ebene wird weiter gestritten. Allerdings scheint die Bereitschaft, wegen des Tempelstreits aus den Vereinten Natio-nen auszutreten, nicht sehr groß zu sein. Aber das wäre die einzige Lösung, um das Gerichtsurteil

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nicht akzeptieren zu müssen. Das Gerichtsurteil erlaubt nur rund 300 Soldaten in dem Gelände. Wie die Bangkok Post Ende Januar berichtet, sind aller-dings weitere tausend Zivilisten mit AK 47 von den Kambodschanern zum Schutz der Anlage vor Ort.

Bangkok: Hohes HIV-Risiko

In Bangkok ist die Chance, sich bei Prostituierten mit HIV/Aids zu infizieren, sehr hoch. Während eines Aids-Kongresses im Januar 2014 in Bangkok wurde eine Durchseuchungsrate von 30 Prozent genannt. Im Land selbst ist der Anstieg der HIV-Neuinfizierten nicht so hoch wie in anderen Län-dern Südostasiens (Indonesien, Philippinen, Viet-nam).

Medizin 1: Thailand kauft viel Medizintechnik

Thailand will die Nummer 1 im asiatischen Medizin-tourismus werden. Deshalb wird kräftig investiert. Das zeigt sich auch im Bereich der entsprechenden Produkte. So sind 2012 Geräte der Medizintechnik im Wert von 1,2 Milliarden USD importiert worden, rund acht Prozent mehr als im Vorjahr. Der Import von anderen medizinischen Produkten ist auf 949 US-Dollar gestiegen (plus 24 Prozent). Deutschland lag mit seinen Lieferungen an der dritten Stelle. Das berichtet die deutsche Außenhandelsagentur gtai. An der Spitze lagen die USA (26 Prozent), Japan (15) und Deutschland (13) und China (12). Allerdings hat Deutschland seine Lieferungen kräf-tig ausbauen können: Er ist um 16 Prozent auf 115 Mio USD gestiegen. Neben dem privaten Sektor importieren auch die öffentlichen Krankenhäuser in Zusammenhang mit dem Sonderprojekt Thai Khem Khaeng kräftig. 2011 stiegen hier die Importe um 27 Prozent, 2012 um weitere 24 Prozent. Wegen der Unruhen rechnet man für das Jahr 2013 nur noch mit einer geringfügigen Wachstumsrate.

Medizin II: Jeder Zehnte will ins Krankenhaus

Nach einer Aufstellung des Gesundheitsministeri-ums ist etwa jeder zehnte der 22,4 Millionen Touris-ten des Jahres 2012 nur wegen der medizinischen Leistung nach Thailand gereist. Für medizinische Behandlungen gaben sie drei Milliarden Euro aus. Neben allgemeinen Gesundheitschecks waren vor allem Zahnbehandlungen, Hüft- und Augenoperati-onen gefragt. Die Regierung strebt eine jährliche Wachstumsrate von zehn Prozent an. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Medizintouristen aus den Golfstaaten bei der Visumsvergabe gegenüber den Reisenden aus anderen Ländern bevorzugt wer-den: sie sollen statt der üblichen 30 Tage ein 90 Tage-Visum erhalten.

Der König auf dem Nachtmarkt von Chiang Mai

Der Nachtmarkt von Chiang Mai mit dem Projekt „One Tambon (Dorf) one Product“ (Otop) erfreute sich höchster Aufmerksamkeit. Der König von Ton-ga Tupou VI und seine Frau, Königin Nanasipau’u Tuku’aho, besuchten Chiang Mai und schauten sich auch den Nachtmarkt an.

Unfälle nehmen kein Ende

Ein 43jähriger Deutscher ist im Dezember am Strand von Patong im knietiefen Wasser zusam-mengebrochen und gestorben. Der Mann hatte zuvor gemeinsam mit seiner Frau am Strand ge-sessen. Er konnte trotz sofort eingeleiteter Wieder-belegungsmaßnahmen nicht mehr gerettet werden. Mehr Glück hatte ein Schweizer Tourist, der vor Ko Samui die roten Warnfahnen ignoriert hatte und sich mit einem Jet-Ski in die Wellen gewagt hatte. Rund hundert Meter vor der Küste musste er dann erleben, dass er den Kampf mit den vier Meter hohen Wellen nicht bestehen konnte. Ein Hotelan-gestellter konnte den Mann dann mit einem ande-ren Jet Ski retten. Der Tourist blieb unverletzt.

Sechs Tote bei Unglück mit überladener Fähre

Eine völlig überladene Fähre, die Touristen zwi-schen Ko Larn und Pattaya befördern sollte, ist im November vor der Küste Pattayas gesunken. Auf der zwölf Meter langen Fähre sollen mehr als 200 Passagiere gewesen sein, als sie sank. Aber eine genaue Zahl steht nicht fest. Sechs Touristen sind bei dem Unfall gestorben. 29 Menschen sind ver-letzt worden. Die Fähre war für maximal 150 Rei-sende zugelassen. Nach Meldungen thailändischer Medien soll es auch viel zu wenig Schwimmwesten gegeben haben.

Hoher Schaden bei Brand in Jomtien

Bei einem Brand an Pattayas Jomtien Beach An-fang Januar ist ein Schaden von mehr als zwei Millionen Baht entstanden. Bei dem Feuer ist eine große Menge an Handtaschen und Handwerkspro-dukten zerstört worden.

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Deutschsprachige Führungen im Nationalmuseum Bangkok

Wer sich für das Nationalmuseum und seine faszi-nierenden Sammlungen in Bangkok interessiert, der kann sich auch in deutscher Sprache informie-ren. Zweimal die Woche, Mittwoch und Donnerstag, jeweils ab 9.30 Uhr, gibt es deutschsprachige etwa anderthalb bis zweistündige Führungen. Die Füh-rungen werden vom Verein „National Museum Volonteers“ veranstaltet. Der Eintritt zum Museum kostet 200 Baht. Das Museum ist Mittwoch bis Sonntag von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Für vier und mehr Personen sind Sonderführungen möglich. [email protected]. Auf der Homepage des Vereins finden sich weitere Details auch in deutscher Sprache sowie eine Wegbeschreibung für Taxifahrer in thailändischer Sprache. www.museumvolunteersbkk.net

Zwölfjähriger rettet seine Schwester

Ein Zwölfjähriger Schüler hat seine siebenjährige Schwester vor einem Verkehrsrowdy gerettet. Der Fahrer eines Lieferwagens war auf das Mädchen zugerast, als die beiden Kinder aus dem Schulbus ausgestiegen waren. Der Junge schubste seine kleine Schwester weg, wurde aber selbst verletzt. Dabei erlitt der Junge Prellungen und ein gebro-chenes Bein. Als Soforthilfe bekam er vom Roten Kreuz in Chonburi 5000 Baht für die Arztbehand-lung.

Pattaya: Mit Härte gegen Verkehrssünder

In Pattaya soll mit aller Gewalt gegen Verkehrssün-der, vor allem Falschparker, vorgegangen werden, teilte der Gouverneur von Chonburi, Komsan Ekachai, mit. Vor allem an der Beach Road werden zusätzlich auch noch Videoüberwachungskameras eingesetzt. Parkverbotszonen sind mit rotweißen Streifen gekennzeichnet. Bei gelbweißen Markie-rungen darf fünf Minuten gehalten werden, aber nicht in Doppelreihen. Sammeltaxis und Busse dürfen nur noch an 17 ausgewiesenen Haltestellen warten.

Up up and away

Vorbei die Zeiten, als Flüge Luxus waren. Heute ist es eher ein Problem, den Überblick zu behalten. Hier die neuesten Daten und Fakten: VietJet Air startet im ersten Quartal 2014 mit Flügen zwischen Thailand und Vietnam. Lion Air bietet Flüge zwi-schen Bangkok und Jakarta an. Scoot, ein Tochter-unternehmen von Singapur Airlines, hat mit der Thai-Fluggesellschaft Nok Air ein Gemeinschafts-unternehmen gegründet. Die Fluggesellschaft nokscoot will Nordasien und Ozeanien als Zielge-biet aufrollen. Nok Air selbst hat das Streckennetz schon massiv erweitert und plant weitere Verbin-dungen, darunter auch eine Verbindung von Mae Sot nach Yangon. Allerdings so heißt es, soll ein Zweikampf mit Tiger/Lion vermieden werden. Thai Smile, Tochterunternehmen von Thai Airways, fliegt jetzt auch nach Luang Prabang. Thai Airways selbst bietet nun Flüge nach Sendai an. Air China fliegt von Wuhan nach Chiang Mai. Bangkok Air-ways will ebenfalls das Streckennetz innerhalb Thailands ausbauen. Für ausländische Reisende ist das deshalb interessant, weil Bangkok Airways und Thai Airways mit ausländischen Fluggesellschaften codesharing verabredet haben. Damit könnten beispielsweise europäische (deutsche) Reisende direkt ihr Ziel in Thailand anfliegen, ohne in Bang-kok das Gepäck in Empfang zu nehmen und wieder neu aufgeben zu müssen. Größter Codesharing Partner ist Emirates.

Freiheit für Shrimps in Jomtien

Mitglieder der Fischervereinigung Jomtien haben 200.000 Shrimps ins Meer entlassen, um die Arten-vielfalt zu erhöhen und der Überfischung entgegen-zuwirken. Bereits in den letzten acht Jahren hatte die Stadtverwaltung alte Rohre versenkt, um die Entstehung neuer Korallenriffe zu erleichtern.

Die Meldungen gehen auf Veröffentlichungen deutscher und internationaler Quellen zurück.

Photos: Gerhard Klinkhardt

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THAILAND Deutsch- Thailändische Gesellschaft

Tradition Kultur Moderne Entwicklung

• vertiefende Einblicke für Asien-Interessierte

• Intensivierung der kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand

Unterstützung thailand bezogener Initiativen

Förderung wissenschaftlicher und kulturell-sozialer Projekte

Publikationen Schriften reihe und die Zeitschrift "Thailand-Rundschau"

Stipendienprogramm für Thailänder/innen mit Deutsch als Studienfach (Haupt­oder Nebenfach)

Veranstaltungen Symposien, Vorträge, Konzerte, Leseabende, Kunst­ausstellungen

Geschäftsstelle in Köln Regionalgruppen in: Berlin, Frankfurt, Köln , Münster, München, 8tuttgart

Deutsch-Thailändische Gesellschaft e.V. -Iddelsfelder Str.33 - 51067 Köln Internet www.dtg.eu E-Mail [email protected]