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16 Lunge Christopher Herzog und Francis A. Burgener Zur Erstbeurteilung von Erkrankungen der Lunge und des Brustkorbs sind konventionelle Röntgenaufnahmen das Bild- gebende Verfahren der Wahl. Leider ist der Informationswert dabei oft durch Projektionseffekte und eine begrenzte Dichte- auflösung eingeschränkt. Die CT, insbesondere die hochauf- lösende (HR-)CT, gilt aufgrund der hohen Kontrastauflösung und der Möglichkeit, anatomische Strukturen auch im Submilli- meterbereich darzustellen, als äußerst wertvolles komplemen- täres Bildgebende Verfahren bei der Diagnostik von pathologi- schen Prozessen im Thorax. Mit Einführung der Mehrschicht-CT und einer isotropen Vo- xelgröße von bis zu 0,4 m 3 , hat die Bildqualität von multiplana- ren Rekonstruktionen mittlerweile die von transversalen Auf- nahmen erreicht; seitdem gehört die multiplanare Analyse zu den Standardverfahren der CT-Untersuchung des Brustkorbs. Die meisten Diagnosen können jedoch immer noch anhand von einfachen 5-mm-Transversalschnitten gestellt werden, die nach Inspiration bei angehaltenem Atem aufgenommen und mit einem Inkrement von 5 mm rekonstruiert wurden. Falls erforderlich, wird typischerweise zusätzlich zu dem 5/5-mm- Spiral-Scan ein HR-CT-Scan durchgeführt, für gewöhnlich als Sequenz mit einer Schnittdicke von 1 mm und einem Inkre- ment von 10 mm. Obwohl dieses Verfahren noch immer den Goldstandard dar- stellt, können auf Mehrschicht-CT-Geräten, die eine detektor- seitige Kollimation von < 1 mm ermöglichen, hochaufgelöste Bilder auch direkt aus dem Spiral-Scan rekonstruiert werden. Durch den Verzicht auf die zusätzlichen HR-Scans wird der Patient einer niedrigeren Strahlendosis ausgesetzt. Ein 2. CT- Scan kann dennoch nützlich sein, z. B. zum Nachweis von Air- trapping (d. h., wenn eine zusätzliche, exspiratorische Aufnah- me erforderlich ist). In einem solchen Fall kann die zusätzliche Aufnahme als eine Sequenz mit einer Schichtdicke von 1 mm und einem Inkrement von 10 mm aufgenommen werden. Eine HR-CT ist typischerweise bei Vorliegen einer diffusen Lungen- erkrankung zum Nachweis und zur Quantifizierung subtiler parenchymaler Veränderungen bzw. zur morphologischen Cha- rakterisierung erforderlich. Auf CT-Aufnahmen liegen die Dichtewerte von normalem Lungenparenchym im Bereich von 700 bis 900 HE. In den abhängigen Lungenabschnitten sind die Dichtewerte aufgrund von orthostatischen Effekten (d. h. gesteigertem Blutfluss) nor- malerweise höher (weniger negativ). Weil der dorsale Aspekt des Unterlappens auf transversalen CT-Bildern der am stärks- ten abhängige Teil der Lunge ist, zeigt dieser Bereich physiolo- gisch oft einen schlecht abgegrenzten, bis zu 4 cm dicken hy- perdensen Streifen. Die Dichtewerte nehmen ab (werden nega- tiver), wenn die Menge an intrapulmonaler Luft zunimmt. Dies beobachtet man bei angestrengter Inspiration, aber auch bei Krankheiten, die Airtrapping verursachen (z. B. Emphysem). Eine bilateral vermehrte Strahlentransparenz wird meist durch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) verursacht (Abb. 16.1). Andere typischerweise mit einem Em- physem assoziierte Erkrankungen bzw. Zustände sind ein α 1 - Antitrypsin-Mangel, das Marfan-Syndrom, das Ehler-Danlos- Syndrom, eine intravenöse Drogenapplikation und eine HIV- Infektion. Die Dichtewerte von emphysematösem Lungenpar- enchym liegen unterhalb von 950 HE. Das primäre bullöse Lungenemphysem (progressive Lungendystrophie) ist eine be- schleunigte aggravierte Form des paraseptalen Emphysems. Es tritt bei jungen Männern auf, die gewöhnlich nur dann symp- tomatisch werden, wenn es zu einem Spontanpneumothorax kommt. Ein interstitielles Lungenemphysem, eine Komplikation von forcierter Atemtherapie, präsentiert sich in ähnlicher Weise mit einer bilateral erniedrigten CT-Dichte der Lunge, oft in Verbindung mit einem Pneumomediastinum. Zu den re- versiblen Zuständen von Airtrapping, die zu einer bilateralen Transparenzerhöhung führen, gehören Asthmaanfälle und eine akute Bronchiolitis, insbesondere bei Kindern unter 3 Jahren. Andere Ursachen für eine bilaterale Transparenzerhöhung der Lunge sind eine verminderte Lungendurchblutung aufgrund einer Thromboembolie (Westermark-Zeichen), eine pulmonal- arterielle Hypertonie sowie ein kardialer Rechts-links-Shunt. Eine unilateral oder lobulär vermehrte Strahlentransparenz wird meist durch Airtrapping aufgrund von extrinsischer oder intrinsischer Obstruktion eines größeren Bronchus verursacht. Eine unilaterale Transparenzerhöhung der Lunge mit einem trotz Airtrapping verminderten Lungenvolumen, einem kleinen ipsilateralen Lungenhilus und tubulärer oder variköser Bron- chiektasie ist ein sicheres Zeichen für das Swyer-James- oder MacLeod-Syndrom. Nach Lobektomie oder aufgrund von lobu- lärer Atelektase ist in der übrigen Lunge ein kompensatorisches Emphysem sichtbar. Andere Ursachen für eine unilaterale Transparenzerhöhung sind ein unilaterales Emphysem bzw. eine thromboembolische Erkrankung sowie seltene kongenitale Erkrankungen, wie das hypogenetische Lungensyndrom, eine fehlende A. pulmonalis (für gewöhnlich rechts), ein anomaler Ursprung der linken A. pulmonalis, ein kongenitales lobäres Emphysem (in der Regel Ober- oder Mittellappen) und das Sci- mitar-Syndrom. Das Scimitar-Syndrom ist eine Kombination aus Hyperplasie und Transparenzerhöhung des rechten Lun- genflügels, kleinem ipsilateralem Hilus, Rechtsverschiebung von Herz und Mediastinum sowie einer teilweisen Lungenve- nenfehlmündung, die einem Türkensäbel(= Scimitar) ähnelt. Normale große und kleine Fissuren sind in der Regel auf CT- Aufnahmen nicht erkennbar, aber ihre Position kann anhand eines 2 3 cm dicken Streifens von hypertransparentem Lun- gengewebe geschätzt werden, der dem relativ avaskulären Par- enchym auf beiden Seiten der Fissur entspricht. Gelegentlich ist in dem an die Fissur angrenzenden, avaskulären Bereich eine schlecht abgegrenzte, bandförmige Zone erhöhter Dichte sicht- 630 aus: Burgener u. a., Differenzialdiagnosen in der Computertomografie (ISBN 9783131070227) © 2013 Georg Thieme Verlag KG

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16 LungeChristopher Herzog und Francis A. Burgener

Zur Erstbeurteilung von Erkrankungen der Lunge und desBrustkorbs sind konventionelle Röntgenaufnahmen das Bild-gebende Verfahren der Wahl. Leider ist der Informationswertdabei oft durch Projektionseffekte und eine begrenzte Dichte-auflösung eingeschränkt. Die CT, insbesondere die hochauf-lösende (HR-)CT, gilt aufgrund der hohen Kontrastauflösungund der Möglichkeit, anatomische Strukturen auch im Submilli-meterbereich darzustellen, als äußerst wertvolles komplemen-täres Bildgebende Verfahren bei der Diagnostik von pathologi-schen Prozessen im Thorax.

Mit Einführung der Mehrschicht-CT und einer isotropen Vo-xelgröße von bis zu 0,4m3, hat die Bildqualität von multiplana-ren Rekonstruktionen mittlerweile die von transversalen Auf-nahmen erreicht; seitdem gehört die multiplanare Analyse zuden Standardverfahren der CT-Untersuchung des Brustkorbs.Die meisten Diagnosen können jedoch immer noch anhandvon einfachen 5-mm-Transversalschnitten gestellt werden, dienach Inspiration bei angehaltenem Atem aufgenommen undmit einem Inkrement von 5mm rekonstruiert wurden. Fallserforderlich, wird typischerweise zusätzlich zu dem 5/5-mm-Spiral-Scan ein HR-CT-Scan durchgeführt, für gewöhnlich alsSequenz mit einer Schnittdicke von 1mm und einem Inkre-ment von 10mm.

Obwohl dieses Verfahren noch immer den Goldstandard dar-stellt, können auf Mehrschicht-CT-Geräten, die eine detektor-seitige Kollimation von < 1mm ermöglichen, hochaufgelösteBilder auch direkt aus dem Spiral-Scan rekonstruiert werden.

Durch den Verzicht auf die zusätzlichen HR-Scans wird derPatient einer niedrigeren Strahlendosis ausgesetzt. Ein 2. CT-Scan kann dennoch nützlich sein, z. B. zum Nachweis von Air-trapping (d. h., wenn eine zusätzliche, exspiratorische Aufnah-me erforderlich ist). In einem solchen Fall kann die zusätzlicheAufnahme als eine Sequenz mit einer Schichtdicke von 1mmund einem Inkrement von 10mm aufgenommen werden. EineHR-CT ist typischerweise bei Vorliegen einer diffusen Lungen-erkrankung zum Nachweis und zur Quantifizierung subtilerparenchymaler Veränderungen bzw. zur morphologischen Cha-rakterisierung erforderlich.

Auf CT-Aufnahmen liegen die Dichtewerte von normalemLungenparenchym im Bereich von – 700 bis – 900HE. In denabhängigen Lungenabschnitten sind die Dichtewerte aufgrundvon orthostatischen Effekten (d. h. gesteigertem Blutfluss) nor-malerweise höher (weniger negativ). Weil der dorsale Aspektdes Unterlappens auf transversalen CT-Bildern der am stärks-ten abhängige Teil der Lunge ist, zeigt dieser Bereich physiolo-gisch oft einen schlecht abgegrenzten, bis zu 4 cm dicken hy-perdensen Streifen. Die Dichtewerte nehmen ab (werden nega-tiver), wenn die Menge an intrapulmonaler Luft zunimmt. Diesbeobachtet man bei angestrengter Inspiration, aber auch beiKrankheiten, die Airtrapping verursachen (z. B. Emphysem).

Eine bilateral vermehrte Strahlentransparenz wird meistdurch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)verursacht (▶ Abb. 16.1). Andere typischerweise mit einem Em-physem assoziierte Erkrankungen bzw. Zustände sind ein α1-Antitrypsin-Mangel, das Marfan-Syndrom, das Ehler-Danlos-Syndrom, eine intravenöse Drogenapplikation und eine HIV-Infektion. Die Dichtewerte von emphysematösem Lungenpar-enchym liegen unterhalb von – 950HE. Das primäre bullöseLungenemphysem (progressive Lungendystrophie) ist eine be-schleunigte aggravierte Form des paraseptalen Emphysems. Estritt bei jungen Männern auf, die gewöhnlich nur dann symp-tomatisch werden, wenn es zu einem Spontanpneumothoraxkommt. Ein interstitielles Lungenemphysem, eine Komplikationvon forcierter Atemtherapie, präsentiert sich in ähnlicherWeise mit einer bilateral erniedrigten CT-Dichte der Lunge,oft in Verbindung mit einem Pneumomediastinum. Zu den re-versiblen Zuständen von Airtrapping, die zu einer bilateralenTransparenzerhöhung führen, gehören Asthmaanfälle und eineakute Bronchiolitis, insbesondere bei Kindern unter 3 Jahren.Andere Ursachen für eine bilaterale Transparenzerhöhung derLunge sind eine verminderte Lungendurchblutung aufgrundeiner Thromboembolie (Westermark-Zeichen), eine pulmonal-arterielle Hypertonie sowie ein kardialer Rechts-links-Shunt.

Eine unilateral oder lobulär vermehrte Strahlentransparenzwird meist durch Airtrapping aufgrund von extrinsischer oderintrinsischer Obstruktion eines größeren Bronchus verursacht.Eine unilaterale Transparenzerhöhung der Lunge mit einemtrotz Airtrapping verminderten Lungenvolumen, einem kleinenipsilateralen Lungenhilus und tubulärer oder variköser Bron-chiektasie ist ein sicheres Zeichen für das Swyer-James- oderMacLeod-Syndrom. Nach Lobektomie oder aufgrund von lobu-lärer Atelektase ist in der übrigen Lunge ein kompensatorischesEmphysem sichtbar. Andere Ursachen für eine unilateraleTransparenzerhöhung sind ein unilaterales Emphysem bzw.eine thromboembolische Erkrankung sowie seltene kongenitaleErkrankungen, wie das hypogenetische Lungensyndrom, einefehlende A. pulmonalis (für gewöhnlich rechts), ein anomalerUrsprung der linken A. pulmonalis, ein kongenitales lobäresEmphysem (in der Regel Ober- oder Mittellappen) und das Sci-mitar-Syndrom. Das Scimitar-Syndrom ist eine Kombinationaus Hyperplasie und Transparenzerhöhung des rechten Lun-genflügels, kleinem ipsilateralem Hilus, Rechtsverschiebungvon Herz und Mediastinum sowie einer teilweisen Lungenve-nenfehlmündung, die einem „Türkensäbel“ (= Scimitar) ähnelt.

Normale große und kleine Fissuren sind in der Regel auf CT-Aufnahmen nicht erkennbar, aber ihre Position kann anhandeines 2 – 3 cm dicken Streifens von hypertransparentem Lun-gengewebe geschätzt werden, der dem relativ avaskulären Par-enchym auf beiden Seiten der Fissur entspricht. Gelegentlich istin dem an die Fissur angrenzenden, avaskulären Bereich eineschlecht abgegrenzte, bandförmige Zone erhöhter Dichte sicht-

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bar, die durch Mittelung des Fissurvolumens zustande kommt.In der HR-CT sind die Fissuren normalerweise als bleistiftdünneweiße Linien zu erkennen.

Der Lungenazinus (▶ Abb. 16.2) ist der Lungenabschnitt distaleiner terminalen Bronchiole. Er besteht aus respiratorischenBronchiolen, Alveolargängen, Alveolarsäckchen und Alveolen.

Der primäre Lobulus umfasst sämtliche Alveolargänge, Al-veolarsäckchen und Alveolen zusammen mit den begleitendenBlutgefäßen, Nerven und bindegewebigen Strukturen distal derletzten respiratorischen Bronchiole.

Der sekundäre Lobulus ist definiert als der kleinste separateLungenabschnitt, der von einem Bindegewebeseptum umgebenist. Er besteht aus 3 – 5 terminalen Bronchiolen bzw. 30 – 50primären Lobuli, hat eine unregelmäßige, polyedrische Formund einen Durchmesser von 1,0 – 2,5 cm. Auf HR-CT-Aufnah-men kann der sekundäre Lobulus sowohl im Normalzustandals auch im pathologischen Zustand identifiziert werden. Erist von Interlobularsepten umgeben, die die peripheren Zu-bzw. Abflüsse der pulmonalen Blut- und Lymphgefäße enthal-ten. Aufgrund der hydrostatischen Dilatation der intraseptalenVenen sind die Septen in den abhängigen Abschnitten derLunge am deutlichsten erkennbar. Leichte Veränderungen dessekundären Lobulus sind zuerst im subpleuralen Raum vonabhängigen Lungenabschnitten zu sehen.

Selbst auf HR-CT-Aufnahmen sind terminale Bronchiolen undbegleitende Lungenarteriolen bei gesunden Menschen nur sel-ten zu erkennen. Wenn sie sichtbar sind, erscheinen sie alskleine Punkte oder winzige verzweigte Strukturen im Zentrumvon sekundären Lobuli und werden oft als zentrilobuläre Arte-rien und Bronchiolen angesprochen.

Eine Zunahme der Lungendichte tritt auf, wenn Luft durchFlüssigkeit oder festes Material ersetzt wird. Einen teilweisehyperdensen Lobulus findet man im frühen Stadium der Atel-ektase, einen vollständig kollabierten Lobulus, wenn sie weiter

fortgeschritten ist. Kennzeichen der Atelektase sind ein vermin-dertes Lungenvolumen und eine Verlagerung der Fissuren(▶ Abb. 16.3). Die Oberlappen kollabieren nach oben, medialund anterior. Ein vollständig kollabierter rechter Oberlappenkann schließlich einer anterioren paramediastinalen Raumfor-derung ähneln. Ein Kollaps des rechten Mittellappens erscheintals keilförmige Verdichtung, wobei eine Seite des Keils an dasMediastinum grenzt. Die Unterlappen kollabieren nach medialund inferior, wobei sie in Kontakt mit dem posterioren Media-stinum bleiben.

Man unterscheidet obstruktive und nicht obstruktive Formender Atelektase. Eine obstruktive Atelektase (Resorptionsatel-ektase) tritt auf, wenn die Kommunikation zwischen der Tracheaund der Lungenperipherie durch eine endobronchiale Läsionoder extrinsische Kompression blockiert ist. Die Ursache der Ob-struktionwird oft auf CT-Aufnahmen identifiziert. Die Dichte deskollabierten, luftleeren Lungenparenchyms distal der Obstrukti-on entspricht der von Weichgewebe, wodurch normale Gefäß-strukturen verwischt werden. Die Bronchien sind typischerwei-se mit Flüssigkeit gefüllt, und daher sind normalerweise keineLuftbronchogramme vorhanden.

Zu den nicht obstruktiven Formen der Atelektase zählen Re-laxations-, Kompressions-, Rund-, Adhäsions- und Narbenate-lektase:● Eine Relaxationsatelektase (passive Atelektase) beobachtet

man bei Vorliegen eines Pneumothorax oder eines Pleuraer-

Abb. 16.1 Panlobuläres Emphysem. Bilaterale Transparenzerhöhungder Lunge mit Rarefikation der peripheren Lungenstrukturen und relativkräftigen zentralen Lungengefäßen.

Abb. 16.2 Topografie des Lungenazinus. Der Azinus beginnt amEnde des Bronchiolus terminalis und misst an seiner weitesten Stelle ca.8mm im Durchmesser. Alveolen sind winzige Auswölbungen in derWand eines Azinus.AD Ductus alveolarisAS AlveolensäckchenRB Bronchioli respiratoriiTRB Bronchioli terminales

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gusses, der eine Retraktion der Lunge von der Thoraxwandzum Hilum hin verursacht.

● Als Kompressionsatelektase wird ein vermindertes Lungenvo-lumen in der Nachbarschaft einer großen pulmonalen oderpleuralen Raumforderung bezeichnet.

● Eine Rundatelektase (in ▶ Abb. 16.3 mit R beschriftet) wirddurch eine kontrahierende Pleurafibrose verursacht, die zurKompression und häufig zur Einfaltung von angrenzendemLungenparenchym führt. Die Rundatelektase tritt vorwie-

gend im Zusammenhang mit einer asbestassoziierten Pleura-erkrankung auf und ist meist im posterioren Abschnitt einesUnterlappens lokalisiert. Auf CT-Aufnahmen erscheint siecharakteristischerweise als eine gerundete subpleurale Ver-schattung, die in ihrer Peripherie die höchste Dichte auf-weist. Das bronchovaskuläre Bündel, das in die Läsion ein-tritt, erscheint kurvenförmig („Kometenzeichen“) und ent-hält oft ein Luftbronchogramm. Ebenfalls charakteristischsind lineare Bänder, die von der Raumforderung in das Lun-genparenchym ausstrahlen („Krähenfüße“).

● Bei einer Adhäsionsatelektase tritt der alveoläre Kollaps beioffenen Atemwegen auf und wird wahrscheinlich durcheinen Mangel an Surfactant hervorgerufen. Diese Form derAtelektase findet man beim Atemnotsyndrom des Neugebo-renen, bei akuter Strahlenpneumonitis und viraler Pneumo-nie.

● Die Narbenatelektase ist mit einer lokalisierten oder genera-lisierten Lungenfibrose assoziiert. Eine lokalisierte Erkran-kung ist die Folge einer chronischen Infektion (z. B. Tuberku-lose) oder Entzündung (z. B. Bestrahlung). Unter diesen Um-ständen führt eine Parenchymfibrose nicht nur zu einer Atel-ektase, sondern durch Zug auf die Atemwegswände auch zueiner Bronchiektasie. Charakteristisch ist die Kombinationaus starkem Volumenverlust und ausgedehnten Luftbron-chogrammen in normalen oder dilatierten Bronchiolen.

Bei der Bronchiektasie (▶ Abb. 16.4) handelt es sich um eineirreversible Dilatation der Bronchien, die – abhängig vomSchweregrad der Erkrankung – in zylindrische, variköse undzystische Formen unterteilt werden kann:● Zylindrische (tubuläre) Bronchiektasien sind charakterisiert

durch eine geringgradige, gleichmäßige Dilatation der Bron-chien.

Abb. 16.3 Atelektase. Erscheinungsbildereiner progressiven Atelektase im rechtenOberlappen (ROL), rechten Mittellappen(RML), rechten Unterlappen (RUL), linkenOberlappen (LOL) und linken Unterlappen(LUL) gezeigt. Die gestrichelte Linie zeigt dienormale Position der entsprechenden inter-lobulären Fissur an. Zu den charakteristi-schen Merkmalen einer Rundatelektase (R)zählen das „Kometenschweif“-Zeichen und„Krähenfüße“.

Abb. 16.4 Bronchiektasie. Zylindrische Bronchiektasie (parahilär) imMittellappen des rechten Lungenflügels.

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● Bei varikösen Bronchiektasien ist die Dilatation der Bronchienstärker ausgeprägt und wechselt sich mit Bereichen von lo-kalisierter Konstriktion ab.

● Bei zystischen (sackförmigen) Bronchiektasien nimmt die Di-latation der Bronchien zur Peripherie hin fortschreitend zu,wodurch zystische Räume mit einem Durchmesser von biszu einigen Zentimetern entstehen.

Bei der Diagnose von Bronchiektasien ist die HR-CT genauer alsdie konventionelle CT und hat die Bronchografie vollständigabgelöst. Zylindrische Bronchiektasien sind im Computertomo-gramm als dilatierte, dickwandige Bronchien zu erkennen, diesich zur Lungenperipherie hin ausdehnen. Normale intraparen-chymale Bronchien werden dagegen in der Lungenperipheriefür gewöhnlich nicht dargestellt. Wenn sie senkrecht zu ihrerLängsachse geschnitten werden, erscheinen Bronchien als ring-förmige Bronchiektasien, die von einem viel kleineren Zweigder A. pulmonalis begleitet werden, was ein charakteristischesSiegelringzeichen erzeugt (▶ Abb. 16.5). Bronchiektasien könnenvollständig mit Sekret oder Schleim gefüllt sein, sodass sie alsgroße, homogene Röhrenstrukturen innerhalb der Lungenperi-pherie erscheinen. Im fortgeschrittenen Stadium weisen varikö-se Bronchiektasien eine perlschnurartige Struktur auf. ZystischeBronchiektasien präsentieren sich als dickwandige zystischeRäume mit einem Durchmesser von bis zu 2 cm, die oft zueinem Cluster gruppiert sind. Innerhalb dieser Zysten sind häu-fig Flüssigkeitsspiegel von unterschiedlicher Größe sichtbar undcharakteristisch.

Erworbene Bronchiektasien sind die Spätfolge einer Schädi-gung der Bronchialwände. Zu den Erkrankungen, die mit einerPrädisposition für Bronchialwandinfektionen und nachfolgen-den Bronchiektasien verbunden sind, gehören Immundefektebzw. -erkrankungen wie Agammaglobulinämie, chronische gra-nulomatöse Erkrankungen und die allergische bronchopulmo-nale Aspergillose. Bei Kindern sind typische Grunderkrankun-gen Masern, Keuchhusten und Bronchiolitis obliterans; Letztereführt häufig zum Swyer-James-Syndrom. Bronchiektasien sindzudem ein konstantes Merkmal bei zystischer Fibrose und Kar-tagener-Syndrom (Syndrom der immotilen Zilien). Bei Erwach-senen sind Bronchiektasien typischerweise mit chronischerAspiration, Inhalation von giftigen Dämpfen bzw. Abgasen, ex-trinsischer oder intrinsischer Obstruktion der Bronchien (z. B.Neoplasie oder Fremdkörperaspiration) und Emphysemen as-soziiert. Narbenbronchiektasien (Traktionsbronchiektasien) ent-stehen als Folge von Zugkräften, die die fibrotische Lunge aufdie Bronchialwand ausübt, und werden bei chronischer Tuber-kulose, Strahlenpneumonitis und einigen interstitiellen Erkran-kungen wie Sarkoidose beobachtet. Weitere, allerdings seltene,Ursachen für Traktionsbronchiektasien sind kongenitale Ano-malien der Bronchialwand wie Bronchomalazie.

Die chronische Bronchitis ist eine klinische Diagnose, die an-hand von übermäßiger Schleimbildung gestellt wird. In der HR-CT ist eine konzentrische Bronchialwandverdickung („Schie-nenphänomen“) ohne Dilatation der Bronchien und ohne „Sie-gelring“-Zeichen (als Kennzeichen von Bronchiektasien) sicht-bar. Diese Befunde korrespondieren mit auffallenden Lungen-zeichen bzw. dem Bild einer „schmutzigen Lunge“ auf 2-dimen-sionalen Röntgenaufnahmen.

Bei einem Lungenemphysem (▶ Abb. 16.6) ist der Azinus teil-weise oder vollständig absolut und permanent vergrößert. Zu-sätzlich ist alveoläres Parenchym zerstört, es besteht jedoch

keine Fibrose. Ein Emphysem ist das typische Endstadium einerCOPD, ein Zustand einer irreversiblen Atemwegsobstruktionohne bekannten Mechanismus, das bei Patienten mit Asthma,Bronchiolitis und α-Antitrypsin-Mangel auftritt. Die COPD be-trifft vorrangig Männer (~10:1), ein wichtiger Faktor ist dasZigarettenrauchen.

Man unterscheidet 4 Typen von Emphysemen: zentrilobulär,panlobulär oder panazinär, paraseptal und irregulär(▶ Abb. 16.7):● Beim zentrilobulären Emphysem sind die respiratorischen

Bronchiolen (die zentralen oder proximalen Anteile des Azi-nus) zerstört. Dieser Typ wird vorwiegend in den Oberlappender Lunge beobachtet und ist häufig mit dem Rauchen asso-ziiert. CT-Befunde reichen von verstreuten punktförmigen,dunklen Löchern über ein „Mottenfraß“-Muster bis hin zu

Abb. 16.5 Siegelringzeichen. Eine zylindrische Bronchiektasie, die aneinen begleitenden, erheblich kleineren Zweig der A. pulmonalis an-grenzt, erzeugt das charakteristische „Siegelring“-Zeichen (Pfeil).

Abb. 16.6 Lungenemphysem. Transparenzerhöhung der Lunge mitzahlreichen schwarzen Löchern (kleine Bullae). Außerdem ist ein be-gleitender linksseitiger Pneumothorax erkennbar.

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größeren Arealen von zerstörtem Lungengewebe. In fort-geschritteneren Stadien sind eine Schrumpfung und Verzer-rung der Lungengefäße sichtbar.

● Beim panlobulären (panazinären) Emphysem sind der Azinusund sekundäre Lobuli gleichmäßig zerstört, was zu einerhomogenen Verringerung des Interstitiums ohne zonale Prä-ferenz führt. Auf CT-Aufnahmen sind ausgedehnte hypoden-se Areale charakteristisch. Trotz einiger Unterschiede im Ver-teilungsmuster ist es jedoch oft unmöglich, ein panlobuläresvon einem fortgeschrittenen zentrilobulären Emphysem zuunterscheiden. Darüber hinaus ist die Differenzierung vonnormalem und erkranktem Lungengewebe oft schwierig.Ein panlobuläres Emphysem ist charakteristisch für einenα-Antitrypsin-Mangel, kann aber auch bei Rauchern auftre-ten.

● Bei einem paraseptalen Emphysem sind selektiv die Alveolar-gänge und -säckchen in der Peripherie des Azinus oder derLobuli betroffen, charakteristischerweise in Nachbarschaftzur Pleura und zu den Interlobularsepten. Ein paraseptalesEmphysem kann die Frühform einer bullösen Lungenerkran-kung darstellen, die sich zu einem bullösen Emphysem ent-wickeln kann. Typische Befunde auf CT-Aufnahmen sind sub-pleurale emphysematöse Räume < 5mm und größere sub-pleurale Bullae, die beide für gewöhnlich in der Nähe dermediastinalen Pleura lokalisiert sind. Ein paraseptales Em-physem ist im Ausmaß begrenzt und in der Regel nicht miteiner klinischen Erkrankung verbunden, außer einem Spon-tanpneumothorax.

● Ein irreguläres Emphysem (Narbenemphysem) geht stets miteiner lokalisierten (z. B. Tuberkulose) oder generalisiertenLungenfibrose (z. B. Sarkoidose und Pneumokoniose) einher.Die klinischen Befunde bei dieser Form des Emphysems hän-gen hauptsächlich mit der zugrunde liegenden Lungen-erkrankung zusammen.

Bullae sind häufig mit einem Emphysem assoziiert, könnenaber auch als ein lokalisierter Prozess in einer sonst normalenLunge auftreten (primäre bullöse Erkrankung). Eine Bulla istdefiniert als ein luftgefüllter, dünnwandiger („Haarlinie“) intra-pulmonaler Hohlraum mit einem Durchmesser > 1 cm.

Beim Lungeninterstitium als der Stützstruktur der Lunge unter-scheidet man 2 Kompartimente:● den zentralen oder axialen interstitiellen Raum, der aus dem

Bindegewebe besteht, das die großen Atemwege und Lun-gengefäße umgibt

● den peripheren interstitiellen Raum, zu dem das Bindegewe-be der Interlobularsepten und das die zentrilobulären Arte-riolen und Bronchiolen umgebende Bindegewebe gehören

Vom anatomischen Standpunkt aus ist jede Unterscheidungzwischen dem zentralen und peripheren Interstitium willkür-lich. In der HR-CT sind jedoch mehrere interstitielle Erkrankun-gen zuerst im peripheren (subpleuralen), aber nicht im zentra-len interstitiellen Raum erkennbar (▶ Abb. 16.8).

Ein zentraler Befund einer interstitiellen Lungenerkrankungist die Verdickung der Interlobularsepten (retikuläre Ver-dickung), die hauptsächlich im peripheren (d. h. subpleuralenund basalen) Raum zu sehen ist. Normale Interlobularseptenliegen für gewöhnlich unterhalb der räumlichen Auflösungder HR-CT. Abhängig von der Grunderkrankung sind weiteretypische Befunde nodulär oder nicht nodulär verdickte Interlo-bularsepten, zentrilobuläre Noduli und eine Wabenlunge.

Abb. 16.7 Emphysemformen. Schematische Darstellung von 4 se-kundären Lobuli mit schwach erkennbaren zentrilobulären Arterien undBronchiolen.A Normaler sekundärer Lobulus.B Zentrilobuläres Emphysem. Die respiratorischen Bronchien (zentraleoder proximale Abschnitte des Azinus) sind zerstört.

C Paraseptales Emphysem. Nur Alveolargänge und -säckchen (periphe-rer Abschnitt des Azinus) sind zerstört.

D Panlobuläres (panazinäres) Emphysem. Der Azinus und der sekundäreLobulus sind vollständig zerstört.

Abb. 16.8 Erscheinungsformen der peripheren interstitiellen Lun-generkrankung.A Normaler sekundärer Lobulus.B Verdickung der Interlobularsepten, mitunter nodulär. Man beachte

auch die Verdickung der zentrilobulären Arterie und Bronchiole.C Wabenlunge.D Siegelringzeichen, entsprechend einer tubulären Bronchiektasie und

dem angrenzenden Zweig der A. pulmonalis im Querschnitt.E Dünnwandige zystische Räume, die konfluieren können.F Verdickte subpleurale Linie.G Parenchymale Streifen oder Narben, die in Interlobularsepten an der

Pleuraoberfläche münden.H Bulla.I Zystische Bronchiektasien, häufig mit Flüssigkeitsspiegeln.K Variköse Bronchiektasien.L Tubuläre Bronchiektasien.

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Eine noduläre Verdickung der Interlobularsepten und peri-bronchiale Noduli treten häufig bei interstitiellen Erkrankun-gen auf, die die Lymphgefäße betreffen, wie Metastasen (d. h.Lymphangiosis carcinomatosa), Sarkoidose und Silikose. Einenicht noduläre Verdickung ist eher typisch für Infektionskrank-heiten oder eine Fibrose.

Zentrilobuläre Noduli können ein bronchozentrisches oderein lymphatisches Verteilungsmuster zeigen: Bei einer broncho-zentrischen Verteilung sind der Azinus, einschließlich allerStrukturen distal der terminalen Bronchiole betroffen. DiesemMuster liegen eine Inhalation von Partikeln und anschließendeWandinfektion bzw. -entzündung zugrunde. Die HR-CT zeigtmultiple, < 5mm große Noduli, oft Y- oder V-förmig („Tree-in-Bud“- oder „Blütenbaum“-Zeichen). Der periphere subpleuraleRaum ist typischerweise verschont (Differenzialdiagnose zumlymphatischen Verteilungsmuster). Exspiratorische Aufnahmenzeigen eine Mosaikperfusion (Verdickung von papierdünnenBronchiolen, die zu regionalem Airtrapping führt). Zu den Dif-ferenzialdiagnosen zählen die respiratorische Bronchiolitis, dievirale Bronchiolitis, die Hypersensitivitätspneumonitis, dieKohlenstaubpneumokoniose, die COPD und das zentrilobuläreEmphysem.

Die Lymphgefäße bilden 2 pulmonale Netzwerke: ein zen-trales Netzwerk entlang der Arterien und Atemwege bis hinabzu den respiratorischen Bronchiolen und ein peripheres Netz-werk entlang der Lungenvenen, der Interlobularsepten und derPleura. Beim lymphatischen Verteilungsmuster findet man zen-trilobuläre Noduli < 5mm in einer peribronchiolären, perisep-talen und subpleuralen Verteilung. Dieses Muster kann aller-dings ebenfalls durch Partikelinhalation ausgelöst sein; somitist die Unterscheidung zwischen einer bronchozentrischenund einer lymphatischen Verteilung oft schwierig. Die Betei-ligung des subpleuralen Raums ist jedoch ein deutlicher Hin-weis auf eine lymphatische Verteilung. Dieses Verteilungsmus-ter beobachtet man bei Erkrankungen mit einer vorwiegendlymphatischen Ausbreitung, z. B. bei Sarkoidose, Lymphangiosiscarcinomatosa, Metastasen, Pneumokoniose, lymphozytischerinterstitieller Pneumonie (LIP) und einem kardiogenem Lun-genödem.

Eine Wabenlunge ist das fortgeschrittene Stadium einer in-terstitiellen Lungenfibrose. Charakteristisch sind einheitliche,dickwandige zystische Räume mit einem Durchmesser von5 – 10mm. Eine Wabenlunge wird von einer begrenzten Anzahlan Erkrankungen hervorgerufen, darunter idiopathische Lun-genfibrose, Sklerodermie, rheumatoide Lungenerkrankung, eo-sinophiles Granulom, Lymphangioleiomyomatose, Pneumoko-niose (z. B. Silikose, Kohlenstaubpneumokoniose und Asbesto-se) und Sarkoidose. Besonders auffällig ist die Wabenlunge inden beiden Unterlappen; eine Ausnahme bilden eosinophilesGranulom, Sarkoidose und Silikose, bei denen vor allem dieoberen Lungenfelder betroffen sind. Bei idiopathischer Lungen-fibrose und Sklerodermie ist das Lungenvolumen in charakte-ristischer Weise verringert, während es bei Pneumokoniosenund der Sarkoidose vergrößert ist. Dies liegt an dem gleichzei-tigen Vorliegen einer Lungenfibrose und einer obstruktivenAtemwegserkrankung mit zystischen Räumen, deren Durch-messer 1 – 10 cm beträgt.

Eine ausgedehnte Fibrose führt zu einer Störung der Lungen-architektur. Gelegentlich, insbesondere bei Pneumokoniosenund der Sarkoidose, kommt es zu Traktionsbronchiektasienund Konglomerattumoren (progressive massive Fibrose, PMF),

die bevorzugt in den Oberlappen lokalisiert sind. Typischerwei-se bei Patienten mit Asbestose, aber auch bei Lungenfibroseund Lymphangiosis carcinomatosa, beobachtet man dünne sub-pleurale Linien mit einer Länge von 2 – 10 cm, die parallel zurThoraxwand verlaufen (kurvenförmige subpleurale Linien)sowie sich verjüngende fibröse Gewebebänder, die von derLungenperipherie nach zentral einstrahlen. Ein zentrales, peri-bronchiales interstitielles Ödem, Infiltrate und eine Fibrose ma-nifestieren sich auf CT-Aufnahmen als scheinbare Bronchial-wandverdickung. Eine unregelmäßige und gezackte Verdickungvon Bronchien und Gefäßen weist auf eine Fibrose hin, wäh-rend eine gleichmäßige Verdickung dieser Strukturen eher einZeichen für ein Ödem bzw. Infiltrat ist. Neben diesen ödematö-sen und infektiösen Prozessen ist eine zentrale interstitielleVerdickung mit Lymphangiosis carcinomatosa, Lymphomenund Sarkoidose assoziiert.

Bei einer alveolären Erkrankung ist die Luft in den periphe-ren Atemwegen durch Flüssigkeit, Zellen oder Feststoffe ersetzt,was zu einer Zunahme der regionalen Lungendichte führt. Fol-gende Zustände bzw. Erkrankungen können die Ursache dar-stellen:● niedriger osmotischer Blutdruck (z. B. Hypoproteinämie)● hoher Kapillarblutdruck (z. B. Stauungsinsuffizienz)● defekte alveolokapilläre Schranke (z. B. Schock, Lungenkon-

tusion oder Inhalation schädlicher Gase)● Aspiration● Sekretion von abnormen Substanzen (z. B. zystische Fibrose)● Ablagerung von abnormen Substanzen (z. B. alveoläre Pro-

teinose)● Invasion von Zellen (z. B. infektiöse und entzündliche Zu-

stände bzw. Erkrankungen)● intraalveoläres Zellwachstum (z. B. Neoplasie)

Wie oben erwähnt präsentiert sich eine alveoläre Erkrankung(▶ Abb. 16.9) in den frühen Stadien mit schlecht abgegrenzten,bronchozentrischen Knötchen, die einen Durchmesser von0,5 – 1 cm besitzen. Im Verlauf der Krankheit verschmelzendiese Noduli und bilden größere Konsolidierungsareale, dieLungengefäße verdecken und zu einem typischen Luftbron-chogramm führen (▶ Abb. 16.10). Letzteres kommt jedochauch bei Atelektasen sowie selten bei einer ausgedehnten inter-stitiellen Erkrankung wie der Sarkoidose vor.

Eine diffuse alveoläre Erkrankung betrifft eher die zentralenLungenabschnitte, während diffuse interstitielle Prozesse über-wiegend in der Lungenperipherie beobachtet werden. Die CT-

Abb. 16.9 Erscheinungsformen einer alveolären Erkrankung.A Normaler sekundärer Lobulus.B Zentrilobuläre Konsolidierung.C Milchglastrübung.D Alveoläre Konsolidierung.

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Dichtewerte erlauben keine Unterscheidung zwischen verschie-denen alveolären Konsolidierungen. Relativ hohe Dichtewertefindet man bei akuter pulmonaler Hämorrhagie und bei chro-nischem Nierenversagen, vermutlich aufgrund von dystrophi-schen Mikroverkalkungen.

Diffuse interstitielle bzw. mikronoduläre Verdichtungen sindassoziiert mit Mitralklappenstenose und anderen Erkrankun-gen mit einem chronisch erhöhten linken Vorhofdruck, mit ver-heilten disseminierten Infektionen, wie Tuberkulose, Histoplas-mose und Varizellen-Pneumonitis, sowie mit Silikose, Inhalati-on von röntgendichtem Staub, Amyloidose und alveolärer Mi-krolithiasis. Gelegentlich findet man diese Art von Verdichtungauch bei Lungenfibrose (idiopathisch oder bei langfristiger Bu-sulfantherapie), bei Ablagerung von jodhaltigen Arzneimitteln(z. B. Amiodarontherapie oder Z. n. Lymphografie), bei idio-pathischer Lungenhämosiderose und beim Goodpasture-Syn-drom. Man beobachtet diese Verdichtungen bei Erkrankungen,bei denen entweder die Luft in den Azini nur teilweise durchweichteiläquivalentes Material ersetzt ist oder die Wände derAzini diffus verdickt sind. Das Erscheinungsbild ist unspezifischund kann bei jeder frühen Manifestation eines diffusen azinä-ren oder interstitiellen Prozesses auftreten. Häufig präsentierensich in dieser Weise interstitielle Pneumonien (z. B. viral oderdurch Pneumocystis jirovecii), eine desquamative interstitiellePneumonitis und eine alveoläre Proteinose.

Als Milchglastrübung (▶ Abb. 16.11) wird eine geringgradige,verschwommene Zunahme der Lungendichte auf HR-CT-Auf-nahmen bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen unspezi-fischen Befund, der sich von einer echten alveolären Erkran-kung darin unterscheidet, dass die Lungengefäße nicht ver-deckt werden. Eine Milchglastrübung kann gleichermaßeneine Folge von alveolären wie parenchymalen Anomalien sein.So können Milchglastrübungen durch intraalveoläre Flüssigkeitbzw. Entzündungen hervorgerufen werden und einfach eine

Alveolitis darstellen. Sie können aber auch durch eine leichteVerdickung des septalen oder alveolären Interstitiums ausgelöstsein (z. B. aufgrund eines Ödems, einer Entzündung, einer In-fektion oder einer neoplastischen Infiltration). Milchglas-trübungen sind außerdem häufig mit einem Mosaikmuster, Air-trapping, einem „Crazy-Paving“- oder „Pflasterstein“-Musterund einer Fibrose assoziiert (z. B. Wabenlunge).● Ein Mosaikmuster beschreibt regionale Unterschiede in der

Parenchymdichte, die entweder auf Airtrapping oder aufZonen erhöhter Konsolidierung zurückgehen.

● Airtrapping ist ein typisches Zeichen für eine Atemwegs-erkrankung. Betroffene Bereiche erscheinen auf inspiratori-schen Aufnahmen als normales Parenchym, auf exspiratori-schen Aufnahmen als hypodense Areale. Dagegen bleibenZonen erhöhter Konsolidierung während exspiratorischerScans unverändert.

● Als „Crazy-Paving“- oder „Pflasterstein“-Muster wird ein Er-scheinungsbild bezeichnet, bei dem Milchglastrübungen vonverdickten, polygonalen Interlobularsepten überlagert sind.Dieses Muster beobachtet man bei pulmonaler Alveolarpro-teinose (PAP), Atemnotsyndrom des Erwachsenen (ARDS),Hämorrhagie und akuter exogener Lipidpneumonie.

Verglichen mit konventionellen Röntgenaufnahmen werdenpulmonale Noduli auf CT-Aufnahmen erheblich früher und ein-facher entdeckt. Die Unterscheidung zwischen benignen undmalignen Läsionen ist jedoch nach wie vor ein großes Problem.Kleine periphere Metastasen sind nicht von Granulomen oderintrapulmonalen Lymphknoten zu unterscheiden, die ebenfallssubpleural lokalisiert sind. Im Fall einer Sepsis oder Metastasie-rung findet man für gewöhnlich zahlreiche pulmonale Läsionenvon ähnlicher Größe. Ein Gefäß, das in einen kleinen Noduluseintritt, ist ein Hinweis auf eine hämatogene Metastase, kannaber auch mit septischen Emboli assoziiert sein.

Abb. 16.10 Luftbronchogramm. Die Bronchien kontrastieren mit derumgebenden alveolären Erkrankung (urämische Pneumonie).

Abb. 16.11 Milchglasartiges Infiltrat. Verwaschene pulmonale Ver-dichtung, verursacht durch eine Pneumozystispneumonie.

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Ein solitärer pulmonaler Nodulus kann als benigne angesehenwerden, wenn sich sein Volumen über einen Zeitraum von 2Jahren nicht ändert. Eine mittlere Dichte > 200HE auf nativenCT-Aufnahmen ist ein weiteres Zeichen für eine benigne Läsion.Die hohe Dichte reflektiert subtile Kalzifizierungen innerhalbder Läsion, die auf den Bildern nicht zu erkennen sind. Im All-gemeinen sind sichtbare Kalzifizierungen ein starker Hinweisauf eine benigne Läsion. Benigne Kalzifizierungen sind (auchbeim Histoplasmom) tendenziell entweder zentral lokalisiertoder diffus über die ganze Läsion verteilt. Exzentrische Kalzifi-zierungen findet man dagegen auch in malignen Läsionen (z. B.beim Narbenkarzinom, das aus einem Granulom hervorgeht,oder bei Metastasen aus einem Osteoblastom). Eine fehlendeKM-Aufnahme (Zunahme von < 20HE nach Bolusinjektion) istein weiteres Zeichen für eine benigne Läsion. Der Nachweis vonFett innerhalb der Läsion ist in der Regel ein Hinweis auf einbenignes Hamartom oder, seltener, eine lipomatöse Läsion,einen Fettembolus oder eine Lipidpneumonie. Somit ist jedersolitäre Nodulus mit glatten Rändern und einem Durchmesser< 2 cm bei einem asymptomatischen Patienten < 40 Jahrenwahrscheinlich benigne und sollte überwacht werden. In derRegel ermöglichen eine CT-Folgeuntersuchung innerhalb von

6 – 9 Monaten, die sorgfältige Prüfung der klinischen Sympto-matik und die Anamnese des Patienten eine weitere Beurtei-lung.

Maligne Läsionen haben auf nativen CT-Aufnahmen häufigeinen Durchmesser von mehr als 2 cm, einen spikuliertenRand und einen mittleren Dichtewert < 150HE. Außerdemsind exzentrische Kavitäten und, falls vorhanden, intratumoraleKalzifizierungen sichtbar. Es kann ein bronchovaskuläres Bün-del zu erkennen sein, das zur Läsion hin zusammenläuft. DasEnhancement der Raumforderung nach KM-Injektion beträgt inder Regel mehr als 20HE. Weitere Merkmale sind eine Kerbe inder Raumforderung, Heterogenität der Läsion und ein umge-bender Halo von geringerer Dichte (Hämorrhagie/Lymphangio-se). In einer subpleuralen Lage kann die Retraktion der Pleurazur Raumforderung hin einen „Pleurafinger“ („pleural tailsign“) erzeugen, der durch eine desmoplastische Reaktion ver-ursacht wird. All diese Zeichen sind jedoch nicht spezifisch fürmaligne Tumoren, sondern können auch bei verschiedenen be-nignen Erkrankungen auftreten.

Die Differenzialdiagnosen der diffusen Lungenerkrankungenwerden in ▶ Tab. 16.1 aufgeführt, solitäre und multiple fokaleLungenerkrankungen bzw. -läsionen in ▶ Tab. 16.2.

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Tab. 16.1 Diffuse Lungenerkrankungen.

Diagnose CT-Befund Bemerkungen

Vaskuläre Erkrankungen

Verbrauchskoagulo-pathie

Minimale verstreute Parenchymverdichtungen bis hinzum massiven Lungenödem.Diagnostisches Hauptkriterium: Das massive Lungen-ödem und der Krankheitsverlauf sind oft nicht von denenbeim Atemnotsyndrom des Erwachsenen (ARDS) zu un-terscheiden.

Tritt stets als Folge anderer Erkrankungen bzw. Stö-rungen auf, wie Schock, Sepsis, Krebs, geburtshilflicheKomplikationen, Verbrennungen und Lebererkrankun-gen.

Diffuse alveoläreHämorrhagie▶ Abb. 16.12

Schlecht abgegrenzte Konsolidierungen bis weiträumigebilaterale alveoläre Verschattungen, oft mit Luftbron-chogrammen.Diagnostisches Hauptkriterium: Während der Rückbil-dung, die von wenigen Tagen bis zu einer Woche dauernkann, kann ein grobes retikuläres Muster erkennbar wer-den.

Mit mehreren Blutungsstörungen und Vaskulitidenassoziiert, wie dem systemischen Lupus erythema-todes (SLE), der Polyarteriitis nodosa, der PurpuraSchönlein-Henoch und der Wegener-Granulomatose.

Pulmonale Fett-embolie▶ Abb. 16.13

Minimale bis ausgedehnte alveoläre Konsolidierungen mitPrädilektion für die peripheren Zonen der unteren Lun-genfelder. Auf HR-CT-Aufnahmen sind bilaterale Milch-glastrübungen und eine Verdickung der Interlobularsep-ten zu sehen.Diagnostische Hauptkriterien: Mikronoduläre (< 5mm),zentrilobuläre und subpleurale Verschattungen, die al-veoläre Ödeme oder Hämorrhagien darstellen; Füllungs-defekte der A. pulmonalis mit fettäquivalentem Signal-verhalten auf KM-gestützten CT-Aufnahmen.

Typische Komplikation von Frakturen der langen Röh-renknochen bzw. Operationen derselben. Tritt 1 – 2Tage nach dem Trauma bzw. der Operation ein. DieRückbildung kann 1 – 4 Wochen dauern. Einteilungder klinischen Symptome nach Gurd in Haupt- undNebenkriterien:● Hauptkriterien: subkonjunktivale oder axilläre Pete-

chien, mentale Veränderungen, Hypoxämie undLungenödem.

● Nebenkriterien: Fettglobuli in Sputum oder Urin, Ta-chykardie, Emboli in der Retina, eine erhöhte Blut-senkungsgeschwindigkeit, Abfall der Hämatokrit-oder Thrombozytenwerte und eine Körpertem-peratur > 38,5 °C.

● Die Diagnose erfordert das Vorliegen von mindes-tens 1 Hauptkriterium und 4 Nebenkriterien.

KardiogenesLungenödem▶ Abb. 16.14

Gleichmäßige, glatt konturierte Verdickung der Interlo-bularsepten (interstitielles Ödem) oder Milchglastrübun-gen in den abhängigen Lungenabschnitten (alveoläresÖdem) bis hin zu einer (teilweisen) Atelektase der Lunge(oft mit Luftbronchogramm). Pleuraergüsse sind häufig.Diagnostisches Hauptkriterium: Die Veränderungen tre-ten eher peripher auf.

Durch Transsudation von Flüssigkeit in den zentralenund peripheren Interstitialraum entsteht ein intersti-tielles Ödem, das 1. Stadium eines Lungenödems.Darauf folgt die Transsudation von Flüssigkeit in denLuftraum (alveoläres Ödem). Im Verlauf verschmelzendie vollständig getrübten Azini und erzeugen so einepatchworkartige Erscheinung der atelektatischen Lun-genabschnitte.

Nicht kardiogenesLungenödem▶ Abb. 16.14

Ähnliches Erscheinungsbild wie beim kardiogenen Ödem,die Befunde sind jedoch eher zentral lokalisiert.Diagnostisches Hauptkriterium: SchmetterlingsförmigeStauung des zentralen Lungenabschnitts.

Ein nicht kardiogenes Lungenödem mit erhöhtemmikrovaskulärem Druck ist mit Nierenversagen (s.▶ Abb. 16.10), Hypervolämie, Hyperinfusion, Hypo-proteinämie und neurologischen Störungen (z. B.Schädeltrauma und erhöhtem intrakraniellem Druck)assoziiert.

Goodpasture-Syndrom▶ Abb. 16.15

Bilaterale fleckige bis diffuse Milchglastrübungen mit oderohne Konsolidierungen, mit Luftbronchogramm, für ge-wöhnlich im perihilären Bereich sowie in den mittlerenund unteren Lungenfeldern stärker ausgeprägt (akutePhase). Innerhalb weniger Tage werden die Milchglas-trübungen von einem retikulären Muster mit einer glattenVerdickung der Septen abgelöst. Typisch für die chro-nische Phase sind eine asymmetrische Lungenfibrose mitgrobem retikulärem Muster und schließlich die Ausbil-dung einer Wabenlunge.Diagnostische Hauptkriterien: Aussparung der kostoph-renischen Winkel und des subpleuralen Raums; Pleuraer-güsse sind ungewöhnlich.

Seltene Erkrankung. Männer sind häufiger betroffen.Typischerweise geht eine Hämoptyse den klinischenManifestationen der Nierenerkrankung (Glomerulo-nephritis) um mehrere Monate voraus. Hämorrhagi-sche Episoden verursachen bilaterale Milchglas-trübungen, die bald durch eine interstitielle Ver-dickung abgelöst werden. Charakteristischerweise bil-den sich 10 – 12 Tage nach ihrem Auftreten intersti-tielle Veränderungen zurück. Wiederkehrende Blutun-gen verursachen eine progressive interstitielle Fibrose.Im akuten Stadium ist mitunter eine Vergrößerung derhilären Lymphknoten zu beobachten.

Idiopathische Lun-genhämosiderose(IPH, Ceelen-Krank-heit)▶ Abb. 16.15

Ähnliches Muster wie beim Goodpasture-Syndrom.Diagnostisches Hauptkriterium: Fehlende Nierenbetei-ligung und somit keine antineutrophilen zytoplasmati-schen Antikörpern (c-ANCA) und Antibasalmembran-An-tikörper (ABMA) nachweisbar.

Eine chronische IPH präsentiert sich in der Regel mitKrankheitsgefühl, Eisenmangelanämie, Trommelschlä-gelfingern, Hepatosplenomegalie und Bilirubinämie.Eine akute IPH ist relativ selten und präsentiert sich mitpulmonaler Hämorrhagie und Fieber.

Fortsetzung ▶

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Abb. 16.12 Diffuse alveoläre Hämorrhagie. Ausgedehnte,bilaterale alveoläre Verschattungen.

Abb. 16.13 Pulmonale Fettembolie. Diskrete Form mit bila-teralen, subpleural lokalisierten Milchglastrübungen.

Abb. 16.14 Kardiogenes Lungenödem. Glatte Verdickungder Interlobularsepten verbunden mit Milchglastrübungen inden abhängigen Lungenabschnitten, außerdem Luftbroncho-gramme. Bilateraler Pleuraerguss.

Abb. 16.15 Goodpasture-Syndrom. Es sind dichte bilateralealveoläre Konsolidierungen sichtbar, die die Lungenperipherieaussparen („Schmetterlingsverteilung“).

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Tab. 16.1 (Fortsetzung) Diffuse Lungenerkrankungen.

Diagnose CT-Befund Bemerkungen

Entzündungen

LymphozytäreinterstitiellePneumonie (LIP)▶ Abb. 16.16

Diffuse Verdickung der Septen durch Lymphozyteninfil-trate und Bildung von dünnwandigen Zysten; basale Lun-genabschnitte sind bevorzugt betroffen.Diagnostische Hauptkriterien:● Diffuse Erkrankung: klassisches Beispiel für ein lympha-

tisches Verteilungsmuster von Mikronoduli (d. h. zen-trilobuläre und subpleurale Mikronoduli < 5mm) in-nerhalb des sekundären Lobulus. Das Blütenbaumzei-chen entsteht hier nicht aufgrund einer Bronchiolitis,sondern aufgrund einer Verdickung der bronchovasku-lären Bündel. Charakteristisch sind vor allem dünn-wandige (1 – 25mm) Zysten, die etwa 10% des Lun-genparenchyms betreffen, in Verbindung mit diffusenMilchglastrübungen bzw. Konsolidierungen und einerVerdickung der Septen.

● Fokale Erkrankung: alveoläre Konsolidierungen mitLuftbronchogrammen (Pseudolymphom). Teilweisevergrößerte hiläre Lymphknoten können anfangs alseine fokale zentrale Raumforderung erscheinen odereiner zentralen Pneumonie ähneln. In der Regel ist keinPleuraerguss vorhanden.

Eine diffuse Erkrankung wird üblicherweise als lym-phozytäre interstitielle Pneumonie bezeichnet, die fo-kale Form als Pseudolymphom. Betrifft vorwiegendFrauen mittleren Alters. Histologisch zeigt sich einediffuse Hyperplasie von lymphatischem Gewebe derBronchien („Bronchus-Associated Lymphatic Tissue,BALT“), einer Form von schleimhautassoziiertemLymphgewebe („Mucosa-Associated Lymphoid Tis-sue“, MALT). Eine lymphozytäre interstitielle Pneumo-nie wird ausgelöst durch wiederkehrende Antigen-exposition, z. B. durch virale Infektionen (Epstein-Barr-Virus, HIV usw.), Autoimmunerkrankungen (Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis, Myasthenia gravis,Hashimoto-Thyreoiditis usw.), Immunschwäche (Graft-versus-Host-Reaktion) oder Arzneimittel. Die Behand-lung ist abhängig von dem auslösenden Antigen bzw.Wirkstoff. Ein lymphatisches Verteilungsmuster vonMikronoduli findet man auch bei Patienten mit Pneu-mokoniose, Sarkoidose, Lymphangiosis carcinomatosa(in der Regel mit Pleuraergüssen) und Amyloidose.

Akute interstitiellePneumonie(AIP, Hamman-Rich-Syndrom)▶ Abb. 16.17

Schnell fortschreitende, diffuse Schädigung der Alveolenmit unbekannter Ätiologie.Diagnostische Hauptkriterien: Diffuse, bilaterale, nahezusymmetrische milchglasartige Verdichtungen in den un-teren Lungenfeldern. Im Verlauf kann es zu einer Störungder Lungenarchitektur und Entwicklung einer Wabenlun-ge kommen, mit dichten alveolären Verschattungen, mitoder ohne Bronchiektasien. Es ist ein „Crazy-Paving“- oder„Pflasterstein“-Muster zu beobachten.

Seltene idiopathische Lungenfibrose. Histologischzeigt sich eine diffuse Schädigung der Alveolen, dieschnell 3 Stadien durchläuft: exsudativ, proliferativund fibrotisch. Die Symptome setzen plötzlich ein undähneln denen eines ARDS oder einer viralen Pneumo-nie. Schlechte Prognose (Mortalität > 50% innerhalbvon 8 Wochen).

Fortsetzung ▶

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Abb. 16.16 Lymphozytäre interstitielle Pneumo-nie. Fokale Erkrankung (Pseudolymphom) des rech-ten Lungenflügels, die einer Pneumonie ähnelt. Au-ßerdem sind diffuse Milchglastrübungen, lose sub-pleurale zentrilobuläre Mikronoduli, eine Verdickungder Septen und die Bildung einer dünnwandigenZyste zu erkennen. Man beachte die Abwesenheitvon Pleuraergüssen. Ein Sjögren-Syndrom würdesich als eine bilaterale anstelle einer fokalen Erkran-kung präsentieren.

Abb. 16.17 Akute interstitielle Pneumonie. Diffusebilaterale Milchglastrübungen. Man beachte das deutli-che „Crazy-Paving“- oder „Pflasterstein“-Muster sowieals Zeichen für eine Zerstörung der Lungenarchitektureine Wabenlunge und dichte alveoläre Verschattungen,die besonders den linken Lungenflügel betreffen.

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Tab. 16.1 (Fortsetzung) Diffuse Lungenerkrankungen.

Diagnose CT-Befund Bemerkungen

IdiopathischeLungenfibrose(IPF)/gewöhnlicheinterstitielle Pneu-monie (UIP)▶ Abb. 16.18

Interstitielle Fibrose vorwiegend im subpleuralen und ba-salen Bereich.Diagnostische Hauptkriterien: Anfangs ist eine aus-geprägte retikuläre, interlobuläre Verdickung mit Milch-glastrübungen sichtbar (verdicktes Interstitium des se-kundären pulmonalen Lobulus). Im Verlauf der Erkran-kung beobachtet man ein grobes retikulonoduläres Mus-ter, eine Wabenlunge, eine unregelmäßige subpleuraleVerdickung, fibröse Bänder (die häufig von der Pleura-oberfläche ausgehen), Traktionsbronchiektasien undschließlich eine schwere Störung der Lungenarchitektur.Oft tritt ein begleitendes zentrilobuläres bzw. parasepta-les Emphysem auf.

Histologisch zeigt sich eine interstitielle Entzündungmit Anwesenheit von Fibroblasten, Lymphozyten undHistiozyten. Die Krankheit tritt typischerweise im Altervon 40 – 70 Jahren auf, Männer sind etwas häufigerbetroffen. Mögliche Symptome sind progressive Dys-pnoe, kein oder trockener Husten, Gewichtsverlustund Müdigkeit. Trommelschlägelfinger kommen häu-fig vor und können vor anderen klinischen Symptomenauftreten. Moderate Progression und schlechte Ge-samtprognose. Unerwünschte Arzneimittelwirkungenkönnen ein ähnliches Erscheinungsbild und ebensol-che klinischen Symptome hervorrufen, die nach Ab-setzen des Arzneimittels unverzüglich zurückgehen.

Unspezifische Inter-stitielle Pneumonie▶ Abb. 16.19

Evtl. keine eigene Entität, sondern ein Muster, das beiverschiedenen pulmonalen und systemischen Erkrankun-gen beobachtet wird.Diagnostische Hauptkriterien: Schlecht abgegrenzte,bilaterale, fleckige Milchglastrübungen. Kann darüber hi-naus eine überlagernde, diffuse interstitielle Erkrankungzeigen („Crazy-Paving“- oder Pflasterstein“-Muster“), diesich anfangs als ein feines retikuläres Muster präsentiertIm weiteren Verlauf kann es zu einer gröberen Netz-struktur und selten zu einer Wabenlunge kommen.Fibrotische Veränderungen können zu einer Störung derLungenarchitektur führen.

Wird insbesondere zusammen mit oder als ein Lun-genmuster bei kollagen-vaskulären Erkrankungen,systemischer Sklerose, rheumatoider Arthritis, arznei-mittelinduzierter Lungenerkrankung und Hypersensi-tivitätspneumonie sowie nach Strahlentherapie beob-achtet.

DesquamativeinterstitiellePneumonie (DIP)

Idiopathische chronische interstitielle Pneumonie, dieman häufig bei Rauchern beobachtet.Diagnostische Hauptkriterien: Unregelmäßige, lineareVerschattungen und diffuse Milchglastrübungen mit einerleichten Präferenz für die Peripherie der unteren Lungen-felder, einige dünnwandige kleine Zysten (< 3 cm imDurchmesser). Eine Wabenlunge ist selten.

Histologisch zeigt sich eine Füllung der Alveolarräumemit Makrophagen. Nachdem sich eine DIP zu einerrespiratorischen bronchiolitisassoziierten interstitiellenErkrankung (RB-ILD) entwickelt hat, stellt sie mögli-cherweise das Endstadium einer chronischen respira-torischen Bronchiolitis dar. DIP und UIP sind mögli-cherweise verschiedene Stadien derselben Erkran-kung. Der klinische Verlauf kann somit benigne seinund nach Aufgabe des Rauchens mit oder ohne Ste-roidbehandlung vollständig gestoppt werden. OhneBehandlung kann sich eine DIP zu einer UIP ent-wickeln.

Bronchiolitis▶ Abb. 16.20

Multiple kleine, zentrilobuläre Noduli und Milchglas-trübungen mit relativ geringer Beteiligung des subpleu-ralen Raumes (bronchozentrisches Verteilungsmuster).Diagnostische Hauptkriterien: V- oder Y-förmige tubulä-re Verschattungen (Blütenbaumzeichen); scharf um-schriebene hyperdense Areale (Airtrapping) auf exspira-torischen HR-CT-Aufnahmen.

Die Bereiche mit Milchglastrübungen entsprechenzentrilobulären Noduli innerhalb des sekundären Lo-bulus. Bronchogene Ausbreitung. Beteiligung dessubpleuralen Raumes ist ein Zeichen für eine lympha-tische oder hämatogene Ausbreitung (lymphatischesVerteilungsmuster). Eine Bronchiolitis kann typischer-weise assoziiert sein mit Inhalation von giftigem Rauchbzw. giftigen Gasen (respiratorische Bronchiolitis), vi-ralen oder mykoplasmatischen Infektionen, insbeson-dere bei Kindern unter 3 Jahren (infektiöse Bronchio-litis), Kollagenosen (z. B. rheumatoide), kryptogenerorganisierender Pneumonie (COP), Hypersensitivi-tätspneumonie, Aspiration oder Pneumokoniose. Trittauch als später (nach Monaten bis Jahren) Komplika-tion nach Organtransplantationen auf.

Fortsetzung ▶

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