Tic und Tourette Störungen - kjp-gr.ch · 5 Anschlagen des Kopfes 42% Schläge gegen den Körper...

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1 Ticund TouretteStörungen Manfred Döpfner http://www.kjpunikoeln.de Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindesund Jugendalters am Klinikum der Universität zu Köln http://www.akip.de Ausbildungsinstitut für Kinderund Jugendlichenpsychotherapie am Klinikum der Universität zu Köln Azrin, N.H. & Nunn, R.G. (1973). Habitreversal: A method for eliminating nervous habits and tics. Behavior Reserach and Therapy, 11, 619628. Azrin, N.H. & Peterson, A.L. (1988). Habit reversal for the treatment of Tourette Syndrome. Behavior Research and Therapy, 26, 347351. Azrin, N.H. & Peterson, A.L. (1988). Behavior therapy for Tourette's Syndrome and tic disorders. In D.J. Cohen, R.D. Bruun, R.D. & J.F. Leckman (Eds.), Tourette's syndrome and tic disorders (237256). New York: Wiley. Azrin, N.H. & Peterson, A.L. (1990). Treatment of Tourette Syndrome by Habit Reversal: A WaitingList Control Group Comparison. Behavior Therapy, 21, 305318. Petersen, A.L., Campise, R.L. & Azrin, N.H. (1994). Behavioral and pharmacological treatments for tic and habit disorders: A review. Developmental and Behavioral Pediatrics, 15, 430441. Rothenberger, A. (1996) TouretteSyndrom und assoziierte neuropsychiatrische Auffälligkeiten. Zeitschrift für Klinische Psychologie 25, 259279. Rothenberger, A. (1991). Wenn Kinder Tics entwickeln. Stuttgart: Gustav Fischer Verlag. Ticstörungen: Literatur © M. Döpfner

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Tic‐ und Tourette‐Störungen

Manfred Döpfner

http://www.kjp‐uni‐koeln.de

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes‐ und Jugendalters 

am Klinikum der Universität zu Köln

http://www.akip.de

Ausbildungsinstitut für Kinder‐ und Jugendlichen‐

psychotherapieam Klinikum der Universität zu Köln

Azrin, N.H. & Nunn, R.G. (1973). Habit‐reversal: A method for eliminating nervous habits and tics. Behavior Reserach and Therapy, 11, 619‐628.

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Azrin, N.H. & Peterson, A.L. (1990). Treatment of Tourette Syndrome by Habit Re‐versal: A Waiting‐List Control Group Comparison. Behavior Therapy, 21, 305‐318.

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Rothenberger, A. (1996) Tourette‐Syndrom und assoziierte neuropsychiatrische Auffälligkeiten. Zeitschrift für Klinische Psychologie 25, 259‐279.

Rothenberger, A. (1991). Wenn Kinder Tics entwickeln. Stuttgart: Gustav Fischer Verlag.

Ticstörungen: Literatur

© M. Döpfner

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Döpfner, M. (1996) Behandlung eines Jugendlichen mit Tourette‐Syndrom durch Reaktionsumkehr (habit reversal) und Verstärkerrückgabe (response cost). Kindheit & Entwicklung 5.

Döpfner, M. (1999). Tics. In Steinhausen, H.‐C. & von Aster, M. (Hrsg.) Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin bei Kindern und Jugendlichen, 2. überarbeitete Auflage, 161 ‐186. Weinheim: Psychologie Verlags Union

Döpfner, M. & Lehmkuhl, G. (1999). Tics. In Michalk, D. & Schönau, E. (Hrsg.): Differentialdiagnose Pädiatrie, 648‐652. München: Urban & Schwarzenberg.

Döpfner, M. & Reister, C. (2000). Tic‐Störungen. In Petermann, F. (Hrsg.): Fallbuch der klinischen Kinderpsychologie und  ‐psychotherapie (2.überarbeitete Auflage), 71 ‐96. Göttingen: Hogrefe.

Döpfner, M., & Rothenberger, A. (2006). Behaviour therapy in tic‐disorders with co‐existing ADHD. European Child & Adolescent  (in press)

Ticstörungen: Literatur

© M. Döpfner

Leitfaden, Ratgeber &  Therapieprogramm

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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Manual THICS: Woitecki & Döpfner (2014)

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

Baustein 1 Problemdefinition und Erhebung der Störungskonzepte

Baustein 2 Psychoedukation und Entwicklung eines gemeinsamen Störungs- und Behandlungskonzeptes

Baustein 3 Verminderung symptomaufrechterhaltender Belastungen

Baustein 4 Ressourcenaktivierung und Stärkung der therapeutischen Beziehung

Baustein 5 Bewältigung negativer Reaktionen des Umfeldes

Baustein 6

Selbstwahrnehmungstraining:

Beschreibung der Tic-Reaktionen und Selbstbeobachtung

Selbstbeobachtung und Training der Reaktionserkennung

Training der Wahrnehmung früher Zeichen eines Tics

Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse

Baustein 7 Entspannungsverfahren: Atemübung und Progressive Muskelrelaxation

Baustein 8 Training der Gegenbewegung

Baustein 9 Bewältigung residualer Tic-Symptome

Baustein 10 Einbeziehung der Lehrer

• Plötzliche, unwillkürliche Bewegungen oder Lautäußerungen.

• Isolierte und enthemmte Fragmente willkürlicher Bewegungen und Lautäußerungen.

• Beteiligung funktionell zusammenhängender Skelettmuskelgruppen in einem oder mehreren Körperbereichen.

SymptomeDefinition

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Tics sind typischerweise schnell, abrupt einschießend und kurz andauernd

Tics treten oft in kurzen Serien, sich stereotyp wiederholend auf und sind nicht‐rhythmisch 

Tics sind nicht zweckgerichtet und werden subjektiv als bedeutungslos erlebt

Tics können in Willkürhandlungen eingebaut und  unterschiedlich lange unterdrückt werden

SymptomeAllgemeines klinisches Bild

SymptomeAllgemeines klinisches Bild

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Sensomotorisches Vorgefühl

• wie Kribbeln, Stechen, Jucken, Muskelverspannung ..., das durch Tic‐Ausführung vorübergehend verschwinden kann

Sensomotorisches Nachgefühl

• Einige Patienten berichten über „Nachgefühle“, den Tic „nicht richtig“ ausgeführt zu haben, was zu einer willentlichen Tic‐Wiederholung führen kann

Diese Phänomene

• treten nicht bei jedem Tic auf

• finden sich häufiger bei älteren Patienten und bei komplexen Tics

SymptomeSensomotorische Phänomene

SymptomeSensomotorische Phänomene

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Anschlagen des Kopfes 42%

Schläge gegen den Körper 30%

Schläge in den Kopf‐ oder Gesichtsbereich 27%

Schlagen von Körperteilen gegen harte Objekte 24%

In‐den‐Körper‐Bohren scharfer Objekte 6%

Kratzen des eigenen Körpers 6%

Einschlagen von Fensterscheiben mit bloßer Hand  6%

Sonstige  36%

Symptomeselbstverletzendes Verhalten

Symptomeselbstverletzendes Verhalten

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Art, Intensität,  Häufigkeit und Dauer

Qualität: motorisch/vokal

Komplexität: einfach/komplex

Zunahme:• Emotionaler Beteiligung (Angst, Ärger, Freude)

• Stress

• Ermüdung

Abnahme:• Konzentration

• Ablenkung

• Entspannung

SymptomeVariation von Tics

SymptomeVariation von Tics

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motorisch vokal

einfach z. B. Blinzeln, Schulterzucken, Kopfrucken,

z. B. Räuspern, Pfeifen, Husten,

Schnüffeln

komplex z. B. Hüpfen, Klatschen, Berühren

z. B. Wörter, Sätze, Kurzaussagen

Besonderheiten Echokinesie, Kopropraxie

Palilalie, Echolalie, Koprolalie

SymptomeEinteilung der Tics 1

SymptomeEinteilung der Tics 1

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Einfache motorische Tics rasch, plötzlich einschießend, nicht‐zweckgerichtet Blinzeln, Grimassieren, Kopfwerfen, Schulterzucken

Komplexe motorische Tics Langsamer, scheinbar zweckgerichtet Personen oder sich selbst berühren, Bewegungen des Gesichts, Hüpfen, Klatschen, Schreibbewegungen, krümmende Zuckungen, Auge rollen, Zunge herausstrecken

Echopraxie: Wiederholung von Bewegungen anderer

Kopropraxie: Obszöne und aggressive Gesten

SymptomeEinteilung der Tics 2

SymptomeEinteilung der Tics 2

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Einfache vokale Tics

Rasch, plötzlich einschießende Laute

Pfeifen, Husten, Bellen, Räuspern

Komplexe vokale Tics

Wörter, Sätze, Kurzaussagen:

• Sei still, hör auf, ok ok, ist klar, 

• Das ist richtig, mm, ja ja

Echolalie:  Wiederholung von Lautäußerungen anderer

Palilalie:    Wiederholung eigener Lautäußerungen

Koprolalie: Obszöne und aggressive Wörter und Kurzäußerungen

SymptomeEinteilung der Tics 3

SymptomeEinteilung der Tics 3

© M. Döpfner

Tics…

● werden normalerweise als nicht unterdrückbar erfahren,

● sie können jedoch meist zumindest für kurze Zeit, mitunter bis zu  mehrere Stunden lang unterdrückt werden. 

● können in ihrer Art, Komplexität und Intensität inter‐ und intraindividuell beträchtlich variieren. 

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Unterdrückbarkeit + Komplexitiät von TicsUnterdrückbarkeit + Komplexitiät von Tics

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Klassifikation Klassifikation Diagnose wichtigste Kriterien ICD-10-

ZifferVorübergehende Tic-Störung des Kindesalters

Vollständiges und endgültiges Verschwinden der meist nur motorischen Tics nach spätestens einem Jahr

F 95.0

Chronische motorische odervokale Tic-Störung

mehr als 1 Jahr dauernde chronische motorische oder chronische vokale Tics

F 95.1

Kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette-Syndrom)

mehr als 1 Jahr dauernde motorische und vokale Tics

F 95.2

Sonstige bzw. nicht näher bezeichnete Tic-Störung

erfüllt nicht die Kriterien der vorgenannten Störungen, wie z.B. Dauer mehr als 4 Wochen, Beginn der Tics vor dem 18. Lebensjahr

F 95.8/95.9

Merkmale1. Chronifizierungsgrad 2. isoliertes bzw. gemeinsames Auftreten von motorischen und 

vokalen Tics

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• die häufigste Form von Tics: bis zu 25 % aller Kinder entwickeln irgendwann einen Tic

• im Alter von 4 oder 5 Jahren am meisten verbreitet

• dauern gewöhnlich eine Woche oder wenige Monate

• können aber auch wiederkehren, vor allem während Phasen, in denen das Kind unter Stress steht. 

• können der Beginn einer chronischen Ticstörung sein!

• der Beginn liegt immer in der Kindheit oder der frühen Adoleszenz. 

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Vorübergehende Ticstörung (F95.0)Vorübergehende Ticstörung (F95.0)

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Symptomatik auch die vokalen Tics sind oft multipel Koprolalie in einem Drittel aller Fälle Häufig komplexe motorische Tics, auch Echopraxie, Kopropraxie

Beginn in der Kindheit oder der Adoleszenz.

Durchschnittsalter bei Beginn: 7 Jahre, meist beginnt die Störung vor Vollendung des 14. Lebensjahres.

Verlauf Gewöhnlich gibt es eine Vorgeschichte motorischer Tics, bevor sich

vokale Tics entwickeln Symptome verschlechtern sich häufig während der Adoleszenz üblicherweise persistiert die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter. In manchen Fällen schwächen sich die Symptome in der Adoleszenz und

im Erwachsenenalter ab in anderen Fällen verschwinden die Symptome schon im frühen

Erwachsenenalter.

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Tourette-Syndrom (F95.2)Tourette-Syndrom (F95.2)

Variation des Schweregrades:

minimal / vorübergehend: (10%-20% aller Kinder)

massiv / chronisch / selten: (Tourette-Syndrom: 5: 10 000)

Ticstörungen sind vermutlich

- unterschiedliche Ausprägungen auf einem Kontinuum- und keine voneinander abgegrenzten Störungseinheiten

Häufungen:

- häufiger bei Jungen (3:1)- familiäre Häufungen

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Ticstörungen: Schweregrad und HäufigkeitTicstörungen: Schweregrad und Häufigkeit

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Einfache Ticstörung 4 - 12%

Chronische Ticstörungen 3 - 4%

Tourette-Syndrom 0,05 - 3%

Tritt familiär gehäuft auf

Männliches Geschlecht häufiger betroffen 3:1

EpidemiologieEpidemiologie

© M. Döpfner

Unangenehmes (sensomotorisches) „Vorgefühl“ Anspannung TIC Abnahme der Spannung Gefühl der Entspannung (Sekunden bis Minuten) Zunahme des unangenehmen Gefühls /der

Anspannung TIC serienförmige Wiederholung… eventuell Integration

der Tics in alltäglich erscheinende Bewegungen

Zeitlicher Ablauf von Tics (1)

© M. Döpfner

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(sensomotorisches) „Nachgefühl“, Tic war „nicht richtig“

„innerer Drang“, Tic nachzubessern Anspannung TIC Tic nunmehr „genau richtig“ Abnahme der Spannung Gefühl der Entspannung (Sekunden bis Minuten) Gefühl, Tic war „nicht richtig“ serienförmige Wiederholung… eventuell Integration

der Tics in alltäglich erscheinende Bewegungen

Zeitlicher Ablauf von Tics (2)

© M. Döpfner

Tics treten oft als isolierte Phänomene auf (v.a. passagere Tics)Chronische Ticstörung / Tourette-Störung:

● 50% hyperkinetische Störung -> entwickelt sich meist vor der Tic-Symptomatik

● häufig depressive Symptomatik ● häufig sozialer Rückzug ● Beeinträchtigte soziale Anpassung / schulische und berufliche

Leistungsfähigkeit, wegen:- Ablehnung durch andere - Furcht vor dem Auftreten von Tics in sozialen Situationen; in schweren Fällen können die Tics selbst die täglichen Aktivitäten wie Schreiben und Lesen beeinträchtigen.

Tourette-Störung:Häufung von

● Zwangsstörungen/ zwanghaften Verhaltensweisen -> teilweise fließender Übergang von Tics zu Zwängen

● selbstverletzendem Verhalten

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Komorbidität bei TicstörungenKomorbidität bei Ticstörungen

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ÄTIOLOGIESensomotorischer Regelkreis

ÄTIOLOGIESensomotorischer Regelkreis

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ÄTIOLOGIEInhibitionsmodell

ÄTIOLOGIEInhibitionsmodell

Spontanentladung

Basalganglien

Motorische Programme

Eigenhemmung

Tics

Frontalkortex

Kompensation

Motor-Kortex

Rothenberger et al. (2003)© M. Döpfner

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Die Ticstörung beginnt meist zwischen dem 2. und 15. Lbj. mit einem Median bei 6-7 Jahren

Zu Beginn einfache motorische Tics,

vokale Tics meist 2-4 Jahre später Stärkste Ausprägung um das 10. – 14- Lebensjahr

VERLAUFBeginn, stärkste Ausprägung und Remission

VERLAUFBeginn, stärkste Ausprägung und Remission

Remissionsraten einfache/multiple Tics 50-70% Tourette-Syndrom 3-40%

© M. Döpfner

VERLAUFAltersabhängige Komorbiditätsprofile

VERLAUFAltersabhängige Komorbiditätsprofile

Leckman, 2002

A B C

A, B, C, D = Wichtige entwicklungspsychopathologische Übergänge

D

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Familienanamnese (z.B. Zwänge, Tics, ADHS, Depression)

Eigenanamnese (z.B. Trennungsängste, Zwanghaftigkeit)

Psychiatrische Exploration (inkl. Komorbiditäten)

Fragebogenerhebung

Bei spezieller IndikationKörperliche UntersuchungTestpsychologische Untersuchung (z.B. IQ, LRS)Labordiagnostik (z.B. EEG zum Ausschluss Epilepsie)

Diagnostik Diagnostik Multimodale Abklärung

Video Diagnostik

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ausschließlich durch organische Primärstörung erklärbar? (z.B. Hirntumor, Streptokokken-Infektion)

nein

Motorische und/oder vokale Tics

vorhanden?

Kriterien für erfüllt für:Epilepsie, Chorea, Stereotypien,

Ballismus, Myoklonus, Konversionsstörungen?

nein

medikamentös induzierte Störungja

diagnostiziere Primärstörungja

diagnostiziere entsprechende Störung

ja

DiagnostikDiagnostikDifferenzialdiagnostik

keine Tic-Störungnein

früher Tics vorhanden?

nein

ausschließlich durch pharmakologische Wirkung

erklärbar?

nein

Prüfe:• Vorgefühl• Spontanschwankungen• Symptomfreie Phasen• Imitationsfähigkeit• Übergang in Zwangshandlungen

ja

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• Vorübergehende Tic-Störung (F95.0) (Dauer < 12 Monate)

• Nicht näher bezeichnete / andere Ticstörung (F95.8/.9) (z.B. Beginn nach dem Alter von 18 J.)

nein

Prüfe (als fakultative Kriterien)• Koprolalie, Kopropraxie• Echolalie, Echopraxie

ja

ja

Tourette Syndrom (F95.2)

bisher nur motorische oder vokale Tics?

ja

Chronische motorische bzw. vokale Tic-Störung (F95.1)

ja

im Verlauf sowohl motorische als auch vokale Tics?

nein

diagnostiziere entsprechende Störung

ja

Beginn vor dem Alter von 18 Jahren und

länger als 12 Monate dauernd?

nein

Komorbide Störungen?• ADHS• Zwangsstörung• Lernstörung• Emotionale Störungen• Schlafstörung• Asperger-Störung• Stottern

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Stereotype, repetitive Bewegungen (z.B. Autismus oder Intelligenzminderung)

- sind rhythmischer Natur

Manirierte motorische Aktivitäten

- sind komplexer und variabler

Zwangshandlungen

- gleichen manchmal komplexen Tics,

- unterscheiden sich dadurch, daß ihre Ausgestaltung eher durch den Zweck

(etwa ein Objekt in einer bestimmten Häufigkeit zu berühren oder

umzudrehen) als durch die betroffene Muskelgruppe definiert wird;

- dennoch ist die Unterscheidung manchmal schwierig.

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Differentialdiagnosen bei Ticstörungen 1Differentialdiagnosen bei Ticstörungen 1

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• Fehlen von Hinweisen auf eine zugrundeliegende neurologische Störung

• plötzliche, rasche, vorübergehende und umschriebene Art der Bewegungen

• das (gewöhnlicherweise) Nichtauftreten während des Schlafs

• relative Leichtigkeit, mit der sie willkürlich unterdrückt oder produziert werden können.

• Wechsel von Tic-Phänomenen zu einem anderen

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Differentialdiagnosen bei Ticstörungen 2Abgrenzung zu Dyskinesien 1

Differentialdiagnosen bei Ticstörungen 2Abgrenzung zu Dyskinesien 1

Beachte:

● Exploration des Patienten kann sehr schwierig sein, da Symptomatik häufig als beschämend empfunden wird.

● deshalb ist Beziehungsaufbau durch Exploration anderer Lebensbereiche häufig Voraussetzung

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Explorationsschema für Tic-Störungen 1Explorationsschema für Tic-Störungen 1

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1. Ausschluss neurologischer Grunderkrankung2. Aktuelle Symptomatik (letzte Wochen)2.1 Art, Frequenz, Intensität, Oszillation, subjektiver Leidensdruck … im Selbsturteil und FremdurteilBeachte:● genaue Herausarbeitung und Unterscheidung der einzelnen

Ticsymptome● verminderte Selbstwahrnehmungsfähigkeit des Patienten● Dissimulationstendenzen des Patienten● Exploration von Bezugspersonen (Familie/Schule) besonders

wichtig● klinische Beurteilung anhand der modifizierten Yale Global Tic Severity

Scale● Tagesbeurteilungen durch Patient/ Bezugspersonen anhand der

individuellen Symptomliste● Registriere Ticsymptome während der Untersuchung und befrage

Patient nach Häufigkeit/Intensität der aufgetretenen Symptomatik

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Explorationsschema für Tic-Störungen 2Explorationsschema für Tic-Störungen 2

Diagnose-Checkliste Tics (DCL-TIC)Diagnose-Checkliste Tics (DCL-TIC)

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Döpfner, Görtz-Dorten & Lehmkuhl, G. (2008). Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-IV für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-II) Bern: Huber.

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Döpfner, Görtz-Dorten & Lehmkuhl, G. (2008). Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-IV für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-II) Bern: Huber.

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Döpfner, Görtz-Dorten & Lehmkuhl, G. (2008). Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-IV für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-II) Bern: Huber.

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Fremdbeurteilungsbogen (FBB-TIC)Fremdbeurteilungsbogen (FBB-TIC)

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Döpfner, Görtz-Dorten & Lehmkuhl, G. (2008). Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-IV für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-II) Bern: Huber.

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2.2 Auslösende Stimuli (Situationen)

Beachte Symptomatik bei:

●positiven / negativen Erregungszuständen

●ablenkenden Tätigkeiten

●sozialen Situationen (Familie versus Öffentlichkeit)

Beachte Symptomatik bei internen auslösenden Stimuli:

●Wahrnehmung von Ticimpulsen

●Selbstkontroll-Reaktionen auf Ticimpulse: ablenkende Tätigkeiten, Anspannung von Muskelgruppen, Selbstverbalisation

● Intensität von Selbstkontrollbemühungen in verschiedenen sozialen Situationen

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Explorationsschema für Tic-Störungen 3Explorationsschema für Tic-Störungen 3

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2.3 Konsequenzen

Beachte:

●negative Reaktionen des sozialen Umfeldes (Irritationen, Erschrecken, Bestrafung)

●positive Konsequenzen: Entlastung

● interne Konsequenzen: Spannungsabbau, Scham-/Schuldgefühle

●Selbstkontrollstrategien: Einkleiden des Tics in motorische/ verbale Aktivität

© M. Döpfner

Explorationsschema für Tic-Störungen 4Explorationsschema für Tic-Störungen 4

3. Anamnese der Symptomatik: Auslösende Bedingungen, Konsequenzen, Verlauf

Beachte:

● Familiäre Häufung

● besondere Stresssituationen bei Symptombeginn

● damalige Reaktionen des Umfeldes

● Oszillation in Intensität, Frequenz, Art der Symptomatik

● bei motorischen Tics: Vokale Tics anamnestisch erhebbar?(Tourette-Syndrom)

● Chronifizierungsgrad der einzelnen Symptome(Behandlungsansatz!!)

● professionelle / paraprofessionelle Behandlungsversuche undBewältigungsstrategien

© M. Döpfner

Explorationsschema für Tic-Störungen 5Explorationsschema für Tic-Störungen 5

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4. Krankheitskonzepte des Patienten und der Bezugspersonen

Beachte:● Kausalattributionen (organische, psychische, familiäre Ursachen)● Kontrollattributionen (Anstrengung, Willenskontrolle,

medikamentöse Behandlung, Veränderungen bei Bezugspersonen)

5. Komorbidität

Beachte:● intellektuelle / schulische Leistungsdefizite (Überforderung)● hyperkinetische Störungen● Zwangsstörungen / autoaggressives Verhalten besonders bei

Tourette-Patienten● emotionale Störungen (meist als Reaktion auf Tic-Symptomatik)

6. Behandlungsziele des Patienten und der Bezugspersonen

© M. Döpfner

Explorationsschema für Tic-Störungen 6Explorationsschema für Tic-Störungen 6

1. Selbstbeobachtung

2. Entspannungstechniken

3. Kontingenzmanagement

4. Massierte Übungen (massed negative practice)

5. Kombinationsbehandlung der Reaktionsumkehr(habit revearsal)

…. schließt Techniken 1-3 ein

© M. Döpfner

Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken bei Ticstörungen

Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken bei Ticstörungen

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Therapie koexistierender Störungen oder Belastungen

symptomzentrierte verhaltens-therapeutische Interventionen

Pharmakotherapie

Therapie komorbider Störungen / Bewältigung von Belastungen im

Zusammenhang mit residualen Tics/Verminderung anderer Belastungen

Beratung und Verlaufskontrolle

Kombination mit Verhaltenstherapie

Tic-Symptomatik von hoher Intensität mit deutlicher psychosozialer Beeinträchtigung + Compliance für

Medikation

Tic-Symptomatik mit psychosozialer Beeinträchtigung (meist länger als 6 Monate und von mittlerer Intensität oder auf

wenige (auch intensive) Tics begrenzt) + Compliance für VT

Koexistierende Störungen oder psychosoziale Belastungen im Vordergrund der Symptomatik oder sie tragen vermutlich wesentlich zur Aufrechterhaltung der Tic-Symptomatik bei

Tic-Symptomatik ohne psychosoziale Beeinträchtigung (Tic meist von geringer bis mittlerer Intensität oder kurzer Dauer

(< 6 Monate) und keine koexistierende Problematik)

Koexistierende Störungen oder Belastungen durch residuale Tics

noch ausgeprägte Tics?

Kombination mit Pharmakotherapie

noch ausgeprägte Tics?

ja

nein

ja

nein

nein

nein

ja

ja

ja

ja

nein

nein

ja

© M. Döpfner

Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

● bei milden, nicht chronifizierten Tic-Symptomen, d.h. wenn die Tic-Symptomatik höchstens 6 Monate

andauert und wenn sie eine geringe Intensität hat und wenn keine ausgeprägten, komorbiden Störungen

vorliegen.

Indikation Beratung und Verlaufskontrolle Indikation Beratung und Verlaufskontrolle

© M. Döpfner

Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

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● wenn komorbide Störungen oder andere Belastungen im Vordergrund der Problematik stehen und die Tic-Symptomatik relativ schwach ausgeprägt ist

oder● wenn komorbide Störungen oder andere Belastungen

vermutlich wesentlich zur Aufrechterhaltung der Tic-Symptomatik beitragen.

● kontraindiziert, wenn komorbide Störungen oder andere Belastungen vermutlich hauptsächlich Folge der Tic-Symptomatik sind.

Indikation primäre Therapie komorbider Störungen bzw. anderer Belastungen

Indikation primäre Therapie komorbider Störungen bzw. anderer Belastungen

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Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

● bei psychosozialer Beeinträchtigung und mittlerer Symptomstärke: wenn die Dauer der Tic-Symptomatik länger als 6 Monate ist und

eine geringe bis mittlere Intensität hat oder aus wenigen Tics besteht

und wenn eine sehr schnelle Symptomminderung (z.B. wegen zu

hohem Leidensdruck) nicht dringend erforderlich ist. undWenn bei dem Patienten und der Hauptbezugsperson eine

hinreichende Compliance für verhaltenstherapeutische Interventionen vorliegt oder zumindest aufgebaut werden kann.

● wenn die Compliance für eine indizierte medikamentöse Therapie fehlt.

Indikation primäre symptomzentrierte verhaltens-therapeutische Behandlung der Tic-Symptomatik Indikation primäre symptomzentrierte verhaltens-therapeutische Behandlung der Tic-Symptomatik

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Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

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● bei ausgeprägter psychosozialer Beeinträchtigung:wenn die Tic-Symptomatik eine hohe Intensität hat, sehr komplex

ist und aus vielen Tics besteht oderwenn eine sehr schnelle Symptomminderung (z.B. wegen zu

hohen Leidensdrucks) dringend erforderlich ist oderwenn keine Compliance für primäre Verhaltenstherapie besteht

oder wenn primäre Verhaltenstherapie nicht (hinreichend) erfolgreich war

undwenn bei dem Patienten und der Hauptbezugsperson eine

hinreichende Compliance für pharmakotherapeutische Interventionen vorliegt oder aufgebaut werden kann.

Indikation primäre PharmakotherapieIndikation primäre Pharmakotherapie

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Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

● wenn bei primärer Indikation von Pharmakotherapie durch die Pharmakotherapie alleine keine hinreichende Symptomminderung erreicht werden konnte

oder● wenn bei primärer Indikation von Verhaltenstherapie durch die

Verhaltenstherapie alleine keine hinreichende Symptomminderung erreicht werden konnte

und● wenn eine Compliance für eine zusätzliche Verhaltens- bzw.

Pharmakotherapie besteht oder aufgebaut werden kann.

Indikation Kombination von Pharmako- und Verhaltenstherapie

Indikation Kombination von Pharmako- und Verhaltenstherapie

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Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

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1. Selbstbeobachtung

2. Entspannungstechniken

3. Kontingenzmanagement

4. Massierte Übungen (massed negative practice)

5. Kombinationsbehandlung der Reaktionsumkehr(habit revearsal)

…. schließt Techniken 1-3 ein

© M. Döpfner

Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken bei Ticstörungen

Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken bei Ticstörungen

Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

Operante Verfahren: Verstärkung von

Störungsbewältigung

Selbstwahrnehmungstraining

externe Auslöser (Stress) und interne Auslöser (Befindlichkeit)

Tic-Impuls / unangenehmes Vorgefühl

Reduktion des Impulses

Negative Reaktion des Umfeldes / negatives Selbstkonzept

Folgestörungen (Depressivität, Angst)

Ansatzpunkte verhaltenstherapeutischer Interventionen

Tic-Reaktion

Mangelnde motorische Inhibition

Entspannungsverfahren

Training inkompatibler Reaktionen

Kognitive Interventionen / Behandlung komorbider Störungen / Probleme

© M. Döpfner

Döpfner, Roessner, Woitecki & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder-und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe.

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Multimodale TherapieIndikationen: assoziierte Störungen 1

Multimodale TherapieIndikationen: assoziierte Störungen 1

Tic und ADHS

Generell stellen Tics keine Kontraindikation für eine Stimulanzientherapie dar (selten: Verstärkung der Tics)

Bei Behandlung mit Atomoxetin ist eher eine Linderung der Tics zu erwarten

Eine erfolgreiche Behandlung der Tics kann sich günstig auf Hyperaktivität-Impulsivität auswirken

Eine gleichzeitige Behandlung mit Neuroleptika/Atomoxetin und Stimulanzien ist möglich

Atomoxetin und Neuroleptika können ebenfalls kombiniert werden

Bei beiden Störungen kommen verschiedene verhaltenstherapeutische Prinzipien zum Einsatz

Die stärker beeinträchtigende Störung wird primär behandelt© M. Döpfner

Multimodale TherapieIndikationen: assoziierte Störungen 2

Multimodale TherapieIndikationen: assoziierte Störungen 2

Tic und Zwang

Die SSRI-Behandlung der Zwänge ist indiziert, jedoch in der Regel weniger erfolgreich als bei „reinen“ Zwangsstörungen

Eine gleichzeitige Behandlung mit Neuroleptika und SSRI ist möglich

Eine erfolgreiche Behandlung der Tics kann sich günstig auf die Zwangssymptomatik auswirken

Ähnliche verhaltenstherapeutische Prinzipien können bei beiden Störungen eingesetzt werden

Die stärker beeinträchtigende Störung wird primär behandelt

© M. Döpfner

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Multimodale TherapieIndikationen: assoziierte Störungen 3

Multimodale TherapieIndikationen: assoziierte Störungen 3

Tic und emotionale Störungen

In der Regel werden die Tics primär behandelt, da

emotionale Störungen häufig Folgeprobleme darstellen

Zur Behandlung der emotionalen Störungen können

verschiedene psychotherapeutische Verfahren eingesetzt

werden

In einzelnen Fällen können die emotionalen Störungen mit

Anxiolytika oder Antidepressiva behandelt werden

© M. Döpfner

Baustein 1: Problemdefinition und Erhebung der Störungskonzepte

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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Baustein 2: Psychoedukation und Entwicklung eines gemeinsamen Störungs‐ und Behandlungskonzeptes

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

Baustein 3: Verminderung symptomaufrechterhaltender Belastungen

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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Baustein 4: Ressourcenaktivierung und Stärkung der therapeutischen Beziehung 

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

Baustein 5: Bewältigung negativer Reaktionen des Umfeldes

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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1. Selbstwahrnehmungstraining (awareness training)->Sensibilisierung des Patienten für seine Tics und deren

Beeinflussbarkeit durch innere und äußere Reize

2. Entspannungsverfahren->Stressreduktion

3. Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)->Entwicklung einer Gegenregulation zu den Tics

4. Kontingenzmangement->positive Verstärkung der einzelnen Behandlungsschritte und der

Symptomreduktion

5. Generalisierungstraining->Unterstützung der Generalisierung der Behandlungseffekte auf

das Verhalten im natürlichen sozialen Umfeld

© M. Döpfner

Training der Reaktionsumkehr (habit reversal) nach AZRIN

Training der Reaktionsumkehr (habit reversal) nach AZRIN

Ziel:● die Selbstwahrnehmungsfähigkeit des Patienten hinsichtlich

Häufigkeit und Intensität der Tics sowie situativer Bedingungen,die die Symptomatik beeinflussen zu verbessern

● die Wahrnehmung der spezifischen Einzelbewegungen bei derTicsymptomatik zu schärfen

Behandlungskomponenten:1. Selbstbeobachtung (self-monitoring)2. Beschreibung der Tic-Reaktionen

(response description procedure)3. Training der Reaktionserkennung (response detection)4. Training der Wahrnehmung früher Zeichen einer Tic-Reaktion

(early warning procedure)5. Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse

(situation warning training)

© M. Döpfner

1. Selbstwahrnehmungstraining (awareness training)

1. Selbstwahrnehmungstraining (awareness training)

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Baustein 6.1: Selbstwahrnehmungstraining: Beschreibung der Tic‐Reaktionen und Selbstbeobachtung 

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

Der Patient beschreibt dem Therapeuten alle Details jedes einzelnen Tics, - mithilfe von Spiegel / Video-Aufzeichnungen.

Ziel:der Patient soll sich seiner einzelnen Ticsymptome und jeder motorischen Teilreaktionen eines jeden Tics bewusst werden.

© M. Döpfner

1.2 Beschreibung der Tic-Reaktionen (response description procedure)

1.2 Beschreibung der Tic-Reaktionen (response description procedure)

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Baustein 6.2: Selbstwahrnehmungstraining: Training der Reaktionserkennung und Selbstbeobachtung 

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

● Während der Therapiesitzung erhält der Patient die Aufgabe immer dann dem Therapeuten ein Signal zu geben, wenn ein Tic auftritt.

● Der Therapeut macht den Patienten auf das Auftreten einzelner nicht selbst wahrgenommener Tics aufmerksam.

© M. Döpfner

1.3 Training der Reaktionserkennung(response detection)

1.3 Training der Reaktionserkennung(response detection)

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● Der Patient zählt die Häufigkeit jedes einzelnen Tics täglich füreinen bestimmten Zeitraum

● Bei multiplen Tics wird jeder einzelne Tic separat gezählt

● Dauer der täglichen Selbstbeobachtungsphasen - in Abhängigkeit von der Ticfrequenz:

- sehr häufige Tics: 10 Minuten-Perioden,

- seltene Tics: ganzer Tag

Ziele:

● zusätzliche Informationen über Tic-Topographie und Ticfrequenz

● Selbstwahrnehmungsfähigkeit hinsichtlich Auftretenshäufigkeit der Tics in alltäglichen Situationen verbessern

● Ticfrequenz vermindern

© M. Döpfner

1.1 Selbstbeobachtung (self-monitoring1.1 Selbstbeobachtung (self-monitoring

Baustein 6.3: Selbstwahrnehmungstraining: Training der Wahrnehmung früher Zeichen eines Tics 

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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● Der Patient versucht, gemeinsam mit dem Therapeuten die frühesten Anzeichen oder Vorgefühle vor einem Tic herauszufinden: - schneller oder langsamer aufbauende Tic-Impulse- zunehmende Körperanspannung - innere Unruhe,

● … die häufig bestimmten Körperbereichen zugeordnet werden

● Der Patient versucht, sich auf seine Empfindungen zu konzentrieren und beschreibt diese während sie sich entwickeln.

Hilfe:Patient soll die Ticreaktion möglichst lange unterdrücken

© M. Döpfner

1.4 Training der Wahrnehmung früher Zeichen einer Tic-Reaktion (early warning procedure)

1.4 Training der Wahrnehmung früher Zeichen einer Tic-Reaktion (early warning procedure)

Baustein 6.4: Selbstwahrnehmungstraining: Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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Zusammen mit dem Patienten werden jene Situationen identifiziert, in denen die Symptomatik besonders intensiv oder besonders schwach ausgeprägt ist.

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1.5 Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse (situation warning training)

1.5 Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse (situation warning training)

Baustein 7: Entspannungsverfahren: Atemübung und Progressive Muskelrelaxation

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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Ziel:●generelle Reduktion von Stress und Anspannung●kann auch zu einer Reduktion der Ticsymptomatik

führen

Methoden:●progressive Muskelentspannung nach Jacobson●Atemtechniken●bildhafte Vorstellung beruhigender Szenen●autogenes Training

●möglichst Entspannungsverfahren auch als Selbstkontrolltechnikanwenden

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2. Entspannungsverfahren2. Entspannungsverfahren

Baustein 8: Training der Gegenbewegung

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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● zentrale Methode des Behandlungsprogramms● Einübung einer motorischen Gegenbewegung zur Tic-Reaktion,

die gegen das Auftreten des Tics gerichtet ist.

Die Gegenbewegung sollte drei Merkmale aufweisen: ● der Tic-Bewegung entgegengerichtet ● für 1-2 Minuten aufrecht zu erhalten● weitgehend unauffällig durchführbar und sich in ausgeübten

Aktivitäten eingliedern lassen.

häufig: isometrische Anspannung der Antagonisten

Der Patient spannt diese Muskelgruppen gerade so stark an, dass die Ticbewegung nicht durchgeführt werden kann, selbst wenn er willentlich die Ticbewegung auszuführen versucht.

© M. Döpfner

3. Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)

3. Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)

Durchführung:

1. in der Therapiesitzung wird die motorische Gegenreaktion eingeübt.

2. der Patient erhält die Aufgabe, die Gegenreaktion immer dann etwa ein bis zwei Minuten lang auszuführen, wenn ein Ticimpuls wahrgenommen oder ein Tic ausgeführt wird.

3. nacheinander werden Gegenbewegungen für verschiedene Tics erarbeitet

© M. Döpfner

3. Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)

3. Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)

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Augenblinzeln: Öffnen und schließen der Augen alle drei bis fünf Sekunden. Der Blick wird dabei alle fünf bis zehn Sekunden langsam und intensiv nach unten gerichtet.

Nasenrümpfen: Oberlippe etwas nach unten ziehen und Lippen zusammenpressen.

Kopfschütteln: Langsame isometrische Kontraktion der Nackenmuskeln. Die Augen bleiben geradeaus gerichtet, der Kopf wird ganz still gehalten. Ist der Kopfschüttel-Tic nur auf eine Körperseite gerichtet, dann kann eine Kontraktion der Nackenmuskeln durchgeführt werden, die den Kopf in die entgegen gesetzte Richtung bewegt.

Zurückwerfen des Kopfes:Isometrische Kontraktion der Nackenbeuger. Das Kinn wird dabei leicht nach unten und zur Brust hin bewegt ohne den Kopf zu beugen. Die Augen sind geradeaus gerichtet.

© M. Döpfner

Beispiele für inkompatible Reaktionen bei Ticstörungen Beispiele für inkompatible Reaktionen bei Ticstörungen

Schulterzucken nach oben: Isometrische Kontraktion der Muskelgruppen, die die Schulter herunterdrücken als Gegenreaktion zu der nach oben gerichteteten Tic-Bewegung.

Schulterzucken nach vorne: Die Hände werden nach unter und nach hinten gedrückt, am besten gegen die Armlehnen eines Stuhls, wenn man sitzt oder beim Stehen in die Hüfte gestemmt.

Armschleudern: Hand auf die Oberschenkel oder den Magen und den Ellbogen dabei gegen die Hüfte drücken.

Beinschleudern: Im Sitzen den Fuß flach und fest auf den Boden drücken. Im Stehen beide Knie gegen einander drücken.

Einfache Lautäußerungen: Langsames rhythmisches tiefes Atmen durch die Nase. Die kontinuierliche Ausatmung (ca. 7 Sekunden) sollte etwas länger dauern als das Einatmen (ca. 5 Sekunden).

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Beispiele für inkompatible Reaktionen bei Ticstörungen Beispiele für inkompatible Reaktionen bei Ticstörungen

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Unmittelbare oder Tokenverstärkung um: ● direkt die Ticfrequenz zu reduzieren ● die Durchführung von anderen Interventionen zu unterstützen

bei häufigen Tics:Token-Entzugspläne

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4. Kontingenzmangement4. Kontingenzmangement

über das gesamte Behandlungsprogramm hinweg:

Unterstützung der Generalisation der in der Therapiesitzung erworbenen Techniken auf das natürliche soziale Umfeld:

1. so lange in der Sitzung üben, bis entsprechende Methode beherrscht wird

2. konkrete Methoden zur Umsetzung auf den Alltag

3. positive Verstärkung der Umsetzung

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5. Generalisierungstraining5. Generalisierungstraining

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Bevor der Tic-Impuls kommt (in kritischen Situationen)

1. Selbstinstruktion"Ich bemühe mich den Tic nicht aufkommen zu lassen""Wenn der Impuls kommt, werde ich mich ihm stellen..."

2. Ablenkende Tätigkeit / Entspannung und Selbstverstärkung

Wenn der Impuls wahrgenommen wird

1. Selbstinstruktion"Ich spüre wie er kommt, jetzt Gegenbewegung einsetzen"

2. impulsabbauende Technik: Gegen-bewegung aufbauen (Muskelgruppen anspannen

3. Entspannung und Selbstverstärkung

4. Protokollierung© M. Döpfner

Selbstkontrolltechniken bei Ticstörungen 1Selbstkontrolltechniken bei Ticstörungen 1

Wenn der Impuls nicht zu unterdrücken

ist

1. Selbstinstruktion"Der Tic kommt, jetzt abbremsen"

2. Gegenbewegung aufbauen: Tic abbremsen, Gegenbewegung durchführen

3. Entspannung und Selbstverstärkung

4. Protokollierung

Wenn der Tic ohne Gegenbewegung

ausfährt

2. Gegenbewegung durchführen

3. Entspannung und Selbstverstärkung

4. Protokollierung

1. Selbstinstruktion"Das nächste Mal klappt‘s besser"

© M. Döpfner

Selbstkontrolltechniken bei Ticstörungen 2Selbstkontrolltechniken bei Ticstörungen 2

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Baustein 9: : Bewältigung residualer Tic‐Symptome (1)

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

Baustein 9: : Bewältigung residualer Tic‐Symptome (2)

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner

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Baustein 10: Einbeziehung der Lehrer

Woitecki, K. & Döpfner, M. (2014). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic‐Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.  © M. Döpfner