Tierkomfort Beispiele aus der Praxis

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS TIERKOMFORT BEISPIELE AUS DER PRAXIS

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Enthältl viele praktische Tipps und konkrete Vorschläge zum Thema «Tierkomfort».

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1SCHWEIZER TIERSCHUTZ STSSCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

TIERKOMFORTBeispiele aus der praxis

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Vorwort

Jeder gute Tierhalter ist bestrebt, seinen Tieren Pflege und Zu-wendung sowie eine möglichst artgerechte Haltung zu bieten, damit sich diese wohlfühlen und gesund bleiben. Geht es den Tieren gut, geht es auch dem Tierhalter gut!

Der tierfreundlichste Stall und die grosszügigste Freilandhal-tung kommen nur dann den Tieren zugute, wenn ein tierkun-diger und fürsorg licher Mensch dahintersteht. Er und auf den ersten Blick oft nur scheinbare Kleinigkeiten im Stall beein-flussen den Tierkomfort ganz entscheidend.

Dr. Michael Götz, Agraringenieur und Fachjournalist, hat für uns in der ganzen Schweiz innovative Tierhalter besucht, wel-che mit interessanten Tierkomfortlösungen aufwarten. Aus diesem Erfahrungsschatz der Praktiker ist die vorliegende, reich bebilderte Broschüre entstanden. Sie enthält viele prak-tische Tipps und konkrete Vorschläge zum Thema «Tierkom-fort».

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.

Dr. Ing. Agr. Hansuli Huber Leiter Fachstellen STS

Inhalt

Rinder 3–7 Schweine 8–13 Hühner 14–17 Ziegen 18–20 Schafe 21–22

Herausgeber

Schweizer Tierschutz STS

Dornacherstrasse 101, Postfach 461

4008 Basel

Tel. 061 365 99 99

Fax 061 365 99 90

[email protected]

www.tierschutz.com

Autor

Michael Götz (Dr. Ing. Agr.)

LBB Landwirtschaftliche Bauberatung

GmbH

Säntisstrasse 2a, 9034 Eggersriet

Tel. 071 877 22 29

[email protected]

www.goetz-beratungen.ch

Fotos

Michael Götz

(falls nicht anders vermerkt)

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3SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

abb. 1: Kratzbürste auf der Weide, Marke eigenproduktion.

abb. 2: selbstdrehende Kratzbürste im lauf-

hof: Kühe lassen sich gerne von einer Kratz-

bürste massieren. der beste Beweis sind die

Haaransammlungen unter der Bürste.

rechten Armen suchen sie Bürsten auf, die

sich automatisch drehen. Man sieht ih-

nen förmlich an, wie sie die Hautmassage

geniessen. Beim Kauf einer selbstdrehen-

den Bürste ist darauf zu achten, dass diese

von der Deutschen Landwirtschaftlichen

Gesellschaft (DLG) getestet wurde. Es ist

insbesondere wichtig, dass die Bürste bei

starker Belastung stoppt oder die Rich-

tung ändert, um Unfälle zu vermeiden.

Beliebte KratzbürstenKühe sind vor allem während des Fell-

wechsels auf Pflege angewiesen. In der

Natur kratzen sie sich an Bäumen und le-

cken sich gegenseitig. Während im An-

bindestall der Tierhalter einen grossen

Teil der Fellpflege übernehmen muss, ent-

fällt im Laufstall diese Arbeit. Denn die

Kühe können sich gegenseitig lecken und

Kratzbürsten aufsuchen. Noch lieber als

starre Bürsten an waagrechten und senk-

SO SInd IhRE

RIndERwEnIgER KRaTzbüRSTIg

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abb. 6: Grossraumventilatoren sorgen im sommer für abkühlung im stall.

Weich liegenWahlversuche zwischen verschiedenen

Bodenbelägen im In- und Ausland zeigen

deutlich, dass Rinder weiche Läger gegen-

über harten klar bevorzugen. Das Zent-

rum für tiergerechte Haltung in Tänikon

(ZTHT) hat viele weiche Liegematten ge-

prüft; einige wurden für das BTS-Pro-

gramm (Besonders tierfreundliche Stall-

haltungssysteme) zugelassen.

«Eine gut gepflegte Strohmatratze ist

jedoch immer noch die beste Lösung», sagt

Monika Siebenhaar vom ZTHT. Nicht ohne

Grund bevorzugen Rinder eingestreute

Läger, denn auf den getesteten Liegemat-

ten resultierten stets deutlich mehr Krus-

ten und Wunden an den Sprunggelenken

als auf der Strohmatratze. Der etwas grö-

ssere Arbeitsaufwand für die Strohmat-

ratze von anderthalb Stunden je Kuh und

Jahr lohnt sich, zumal in dieser Zeit der

Landwirt auch seine Tiere beobachten

kann. Zum Liegekomfort gehören nebst

einer weichen Liegefläche auch genügend

Platz für den Kopfschwung beim Aufste-

hen sowie ein flexibles Nackenrohr.

Lieber kalt und hellKühe in gut durchlüfteten und hellen Stäl-

len geben mehr Milch, da frische Luft und

Licht anregend auf die Lebensvorgänge

und die Psyche wirken. Rinder fühlen sich

auch im Winter in Offenfrontställen wohl.

Sie ertragen Minustemperaturen gut, so-

lange sie vor Wind und Nässe geschützt

sind. Windschutznetze und Schlitzwände

(Spaceboard) am richtigen Ort sind prak-

tische und einfache Hilfsmittel.

Mehr zu schaffen macht Kühen die

Sommerhitze. Sie können die erhebliche

Körperwärme, die bei der Milchproduk-

tion anfällt, oft nicht genügend abgeben.

Der Wärmestau im Körper lässt dann die

Milchleistung zurückgehen. Man sollte

deswegen auch in einfachen Ställen nicht

auf eine Wärmedämmung, z.B. durch ein

abb. 3: die richtig gestaltete liegebox gibt der

Kuh genügend platz, um ungehindert aufzu-

stehen.

abb. 5: Kühe mögen licht und frische luft.

abb. 4: eine gepflegte strohmatratze ist immer

noch die beste lösung.

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abb. 8: Kühe trinken bis zu 30 liter Wasser

in der Minute und bevorzugen temperiertes

Wasser.

abb. 7: das palisadengitter, auch schwedengitter genannt, eignet sich auch für behornte Kühe.

60–80 mm dickes Unterdach aus Holz,

verzichten. Dies verhindert im Winter zu-

dem, dass sich am Dach Kondenswasser

bildet. Auch Grossraumventilatoren, eine

Ost-West-Ausrichtung des Stalles und das

Vorhandensein von Schattenspendern

können die Hitzebelastung der Kühe im

Sommer verringern und zu deren Wohl-

befinden beitragen.

Ungestört fressenWeidende Kühe stören einander beim

Fressen kaum, denn sie haben viel Platz

und können einander ausweichen. Anders

am Fressplatz im Stall, wo die Kühe dicht

nebeneinander stehen müssen. Dabei un-

terschreiten sie die angeborene Indivi-

dualdistanz, welche sie normalerweise

zueinander einhalten. Manch rangtiefe

Kuh würde sich deshalb gerne einen ande-

ren, entfernteren Platz aussuchen, wenn

sie dazu die Möglichkeit hätte. Zu einem

gewissen Masse kann sie das tun, wenn

es mehr Fressplätze als Tiere hat. Selbst-

fangfressgitter verhindern, dass rang-

hohe Kühe die rangniederen vom Fress-

platz verdrängen.

Wenn es am Hals der Kühe Druck-

stellen gibt, ist mit dem Fressgitter oder

der Futtervorlage etwas nicht in Ord-

nung. Es könnte vorstehende Kanten ge-

ben, das Nackenrohr könnte zu tief ein-

gestellt sein, oder die Tiere können das

Futter nicht gut erreichen. Der Krippen-

boden sollte mindestens 15 cm höher sein

als die Standfläche der Kühe und das Fut-

ter möglichst nahe am Fressgitter liegen.

Automatisierte Futter-Vorschiebebalken

sowie aufziehbare Krippenränder können

da hilfreich sein, wo die Arbeitskraft li-

mitiert ist.

Schräggitter eignen sich schlecht für

Kühe mit Hörnern, da die Kühe den Kopf

stark abwinkeln müssen, um ins Fress-

gitter «ein- und auszufädeln». Im Palisa-

dengitter, auch Schwedengitter genannt,

müssen sie nur den Kopf etwas anheben,

und schon sind die Hörner über dem Git-

ter.

Eine Kuh trinkt in der Regel etwa ein

bis zwei Minuten lang und nimmt dabei

zwischen 10 und 30 Liter Wasser auf. Der

Wassernachfluss im Becken sollte daher

mindestens 10 bis 15 Liter je Minute be-

tragen. Am besten eignet sich die Trog-

tränke mit grossem Wasservorrat. Kühe

bevorzugen temperiertes Wasser um

15 °C. Ist das Wasser kälter als 6 °C, neh-

men sie es nur noch ungern auf. Das kalte

Wasser entzieht ihnen nicht nur Energie,

sondern es kann unter Umständen auch

zum Aufblähen, zu Kolik und Durchfall

führen. Beheizbare Tränken verhindern,

dass das Wasser im Winter gefriert, und

stellen einen ausreichenden Wasserkon-

sum und die gewohnte Milchproduktion

sicher.

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Attraktiver AuslaufKühe und Jungvieh sind während des

Grasens auf der Weide stets in Bewegung.

Die Bewegung, die frische Luft und die

Klimareize fördern Verdauung und Kon-

dition und somit die Gesundheit der Tiere.

Doch das Vieh kann bei unserem Klima

nicht immer auf die Weide gelassen wer-

den. An solchen Tagen kommt der Lauf-

hof zum Zug. Damit die Tiere den Laufhof

nutzen, gilt es, ihn attraktiv zu machen,

zum Beispiel mittels einer Raufe mit Heu

oder Silage; Galtkühen kann man auch

Stroh vorlegen.

abb. 9 und 10: raufen mit Heu, silage oder stroh machen den laufhof für die Tiere attraktiver.

(Foto abb. 9: F. Nydegger, agroscope reckenholz-Tänikon arT, Foto abb. 10: r. Gnädinger,

agridea, lindau)

In Versuchen an der Forschungsan-

stalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

hielten sich die Tiere doppelt so lange im

Laufhof auf, wenn sie auch dort gefüttert

wurden. Bot man in den Raufen Grassilage

an, so steigerte dies zusätzlich den Grund-

futterverzehr. Damit die Tiere aber unge-

hindert an die Raufe kommen, braucht es

genügend Platz. Die neue Tierschutzver-

ordnung schreibt für Kühe mit einer Wi-

derristhöhe von 135 ± 5 cm mindestens

3,2 m tiefe Fressplätze vor. Mindestens 4

m sind angebracht, wenn nicht jeder Kuh

ein Fressplatz zur Verfügung steht.

Von Bedeutung ist auch die Art der

Raufen. Palisadengitter-Raufen eignen

sich besser als V-Raufen, weil bei Letzte-

ren hohe Futterverluste auftreten. Um das

Futter vor Regen zu schützen, sollte die

Überdachung etwas über die Raufe vor-

stehen.

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7SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

abb. 11 und 12: das rind darf sich weder ver-

letzen, noch darf es ausbrechen können. die

verschiedenen Körperteile sollten für die Be-

handlungsperson ohne Gefahr zugänglich

sein.

abb. 13: schwenkbare Gatter helfen, die Tiere ruhig und sicher in

den Behandlungsstand zu führen.

Behandlungsstand – wichtiges HilfsmittelMit der Haltung von Kühen und Rindern

in Laufställen sind die Anforderungen an

einen Behandlungsstand gestiegen. Die

früher üblichen, einfachen Klauenstände

eignen sich für Milchkühe, die den Um-

gang mit dem Menschen gewohnt sind,

sich leicht führen lassen und ruhig stehen,

aber nicht für Mutterkühe, Weide- und Al-

prinder. Für Letztere braucht es spezielle

Behandlungsstände, die Verletzungen an

Mensch und Tier wirksam vorbeugen.

Ein guter Behandlungsstand ist so

gebaut, dass die Tiere weder ausbrechen

noch sich verletzen können und man

trotzdem zu den verschiedenen Körpertei-

len leicht Zugang findet, zum Beispiel für

das Klauenschneiden, eine Blutentnahme

am Hals, eine Behandlung des Euters oder

sogar, um einen Kaiserschnitt auszufüh-

ren. Die entsprechenden Rohre und Sei-

tenteile des Behandlungsstandes sollten

sich ohne grosse Kraftanstrengung weg-

nehmen lassen.

Das Schlimmste, was in einem Be-

handlungsstand passieren kann, ist, dass

ein Tier umfällt. Bauchbleche, die sich

wie eine Schale um den Bauch des Tie-

res legen, helfen, dies zu verhindern. Sehr

wichtig ist aber auch ein Boden, auf dem

das Tier Halt findet. Die Tiere haben we-

niger Angst vor dem Behandlungsstand,

wenn sie ihn vorher schon erkunden

konnten. Man kann ihn zum Beispiel zwi-

schen Liege- und Fressplatz stellen, so-

dass die Tiere zum Fressen hindurchmüs-

sen. Bei Tieren, die sich vor dem Stand

fürchten, kann es hilfreich sein, sie im

Stand zu striegeln oder ihnen Leckerbis-

sen anzubieten, damit sie positive Erfah-

rungen mit dem Ort verbinden. Schwenk-

bare Gatter, auch Paneele genannt, helfen,

die Kühe und Rinder ruhig in den Behand-

lungsstand zu bringen.

Page 8: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS8

abb. 1 und 2: ein duschen oder feines Besprühen mit Wasser führt zu einem ähnlichen effekt wie das schwitzen.

SO FühlEn SIch IhRE

SchwEInESIchER SaUwOhl

Page 9: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

9SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

Sonnenschirm und DuscheAn warmen Sommertagen suchen

Schweine schattige Plätze auf. Schatten-

netze über dem Auslauf oder im Freiland

wirken wie ein Sonnenschirm und verhin-

dern, dass die Tiere Sonnenbrand bekom-

men. In der freien Natur suhlen Schweine

an heissen Tagen in einem Schlammbad.

Sie können nämlich nicht schwitzen. In-

dem sie suhlen, erreichen sie aber eine

ähnliche Abkühlung, da Wasser auf der

Haut verdunstet. Im Stall ist das Einrich-

ten einer Suhle nicht möglich, aber man

kann die Schweine duschen, das heisst

mit Wasser besprühen. Kein Luxus, son-

dern eine einfache und wirksame Hilfe an

heissen Tagen!

Schweine, die sich abkühlen konn-

ten, liegen wieder ruhiger und haben ei-

nen besseren Appetit als Tiere, die un-

ter Hitze leiden. Auch säugenden Sauen

und solchen, die in Rausche sind, tut eine

Dusche gut, da sie besonders viel Wärme

produzieren. Um Wasser zu sparen, kann

man es vernebeln. Doch kühlt das Wasser

dann je nach Feinheit des Nebels nicht

unbedingt direkt die Schweine, sondern

die Luft und führt zu einer höheren Luft-

feuchtigkeit.

abb. 4: ein Vernebeln von Wasser kühlt eher

die luft als direkt das Tier.

abb. 3: schweine können nicht schwitzen. sie

suhlen, um sich abzukühlen. abb. 5 und 6: schattennetze über dem auslauf

verhindern, dass die Tiere einen sonnenbrand

bekommen.

abb. 7: auch Freilandschweine brauchen ei-

nen sonnenschutz. (Foto: C. sciarra)

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS10

Vollbeschäftigung«Schweine schlafen den ganzen Tag und

stehen nur auf, wenn sie gefüttert wer-

den.» So mag der eine oder andere Land-

wirt denken. Doch wer seine Tiere beob-

achtet, merkt schnell, dass dies grund-

falsch ist. Schweine suchen nach Beschäf-

tigung, die ihrem angeborenen Verhalten

entspricht. Deutlich wird dies an Haus-

schweinen, die in einem Freigehege ge-

halten werden. Trotz vollwertiger Fütte-

rung sind sie während gut eines Drittels

abb. 8 und 9: sauen können auf einem speziellen Wühlareal in der erde wühlen und haben viel Beschäftigung. (Foto abb. 9: agroscope recken-

holz-Tänikon arT)

abb. 10: Futterautomat, an welchem die Tiere

für das Futter arbeiten müssen, indem sie ei-

nen Hebel hin- und herdrücken.

(Foto: dr. K. drawer)

abb. 12: raufen mit Heu oder silage für sauen

sind besser geeignet, da die Tiere – wie in der

Natur – sich um das Futter bemühen müssen,

dafür aber mit einem leckerbissen belohnt

werden.

abb. 11: strohraufen sind unbefriedigende

Minimallösungen.

des Tages aktiv, wühlen in der Erde, kauen

auf Wurzeln und erkunden mit ihrem Rüs-

sel die Umgebung.

Eine Hand voll Stroh auf dem Buch-

tenboden oder in einer engmaschigen

Raufe mag die Minimalanforderung der

Tierschutzgesetzgebung erfüllen, kann

aber niemals den enormen, angeborenen

Beschäftigungstrieb von Schweinen be-

friedigen. Komfort heisst in diesem Fall,

täglich frisches Stroh, Krippenreste aus

dem Kuhstall oder frische Hölzer in die

Bucht zu geben sowie die Tiere zeitweise

in einen unbefestigten Auslauf zu lassen,

wo sie ihren Wühltrieb ausleben können.

Schwanzbeissen wird dann zum Ausnah-

mefall. Gestresste Sauen mit Magenge-

schwüren dürften seltener werden.

Page 11: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

11SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

KratzbaumAuch Schweine kratzen sich gerne. Doch

sie können ihren Körper nicht biegen und

sich zum Beispiel mit dem Hinterbein am

Kopf kratzen, wie es Hunde, Katzen, Zie-

gen und sogar Kühe machen. Sie müssen

sich also an einem Gegenstand scheuern,

etwa an einem Baum oder im Stall an ei-

nem rauen Gegenstand. Am besten eignet

sich ein Kratzbaum in Form eines senk-

rechten und waagrechten, leicht schrägen

Holzbalkens oder in Form zweier Bürsten.

So können sich Schweine sowohl an der

Seite als auch am Rücken kratzen. Das tut

ihnen gut, dient der Körperpflege und regt

die Durchblutung an.

Gemeinsam fressenVon Natur aus machen Schweine fast al-

les gemeinsam. Sie schlafen zusammen,

sie fressen zusammen, sie suchen zusam-

men nach Futter und vieles mehr. Bei der

Fütterung an einer Abrufstation können

Schweine hingegen nicht mehr gemein-

sam, sondern nur nacheinander fressen.

Das kann zu Stress, Auseinandersetzun-

gen, Verletzungen und unter Umständen

auch zu Tierabgängen führen.

Ein praktischer Landwirt hat kürz-

lich eine Flüssigfütterung konstruiert,

bei welcher er alle Sauen gemeinsam füt-

tern kann. Jede Sau frisst an einem Trog

mit Schulterblenden, während das Futter

langsam ausdosiert wird. So wird es für

die Sau uninteressant, den Fressplatz zu

verlassen und eine andere von ihrem Platz

zu verdrängen. Auf diese Weise lässt sich

zwar nicht jede Sau so individuell ange-

passt füttern wie in der Abruffütterung.

Doch lässt sich dieses Manko vermindern,

wenn man etwa gleich schwere Tiere zu

Gruppen zusammenstellt.

Für die Trockenfütterung gibt es seit

längerer Zeit die Rieselfütterung. Auch

hier wird das Futter nur so schnell aus-

dosiert, wie die Sauen es fressen können.

Eine Fütterung dauert etwa zehn Minuten.

Vielen Tierhaltern ist es angenehmer, die

Tiere während dieser Zeit im Stall zu be-

obachten, als am Computer zu kontrollie-

ren, ob jede Sau ihre Ration gefressen hat.

Hier haben sie das ganze Tier und die Um-

gebung vor Augen und erhalten in kurzer

Zeit eine Vielzahl von Informationen.

abb. 15 und 16: Flüssigfütterung: an jedem

Fressplatz dosiert eine pumpe die suppe nur

so schnell aus, wie die Tiere fressen können.

abb. 17: die rieselfütterung funktioniert

analog, aber mit Trockenfutter. der Trog wird

vorher mit Wasser gefüllt. der Tierhalter hat

einen guten Überblick über alle Tiere.

abb. 14: schon vor 100 Jahren wurde auf

schweinekomfort Wert gelegt. (Zeichnung

aus: illustrierte landwirtschaftliche Zeitschrift

Berlin, Jg. 1905, Nr. 28)

abb. 13: an einem Malbaum kratzen sich

schweine gerne. (Foto: Hansruedi sommer)

Page 12: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS12

Abferkeln im «Dickicht»Wildschweine und im Freien gehaltene

Hausschweine trennen sich zum Abfer-

keln von der Herde und suchen sich einen

geschützten Platz, möglichst im Dickicht,

aber so, dass sie Feinde wahrnehmen kön-

nen. Je nach Witterung bleiben die Ferkel

einige Tage bis Wochen im Geburtsnest,

bis sie die Mutter zur Herde führt.

Dem Instinkt der Sau, sich von der

Gruppe abzusondern, versucht das alpha-

nest entgegenzukommen. Man könnte die

Bucht als «Abferkel- oder Gebärstube» für

die Sauen bezeichnen, da ihre Wände bis

zur Decke hochgezogen sind. Für die Er-

finder, die Brüder Hertach, ahmt die Bucht

den Dickichteffekt nach und bietet der

Sau eine «Privatsphäre». Daneben bilden

die Wände Barrieren für Krankheitserre-

ger, und die Buchten lassen sich reinigen,

ohne dass Reinigungswasser und Schmutz

in Nachbarbuchten gelangen.

Vom Futtergang aus lassen sich der

Trog, der Liegeplatz der Sau und das Fer-

kelnest gut einsehen. Das Futter erhal-

ten die Sauen im Warmbereich, doch ab-

seits des Nestes. Da die Sauen zum Fres-

sen über den Auslauf müssen, koten und

harnen sie dort und halten die Liegefläche

sauber. «Im Liegebereich können wir ein-

streuen, dass sich jedes Herz freut», sagt

Res Hertach. Die von den Brüdern Her-

tach lizenzierte Bucht ist in verschiedenen

Praxisbetrieben in der Schweiz eingebaut.

Die Praktiker berichten nicht nur von ho-

hen Leistungen und guter Gesundheit der

Tiere, sondern auch, dass die Bucht relativ

wenig Arbeit benötigt.

Weich liegenDer Schweizer Verhaltensforscher Alex

Stolba beobachtete in den 80er-Jahren

des letzten Jahrhunderts Hausschweine

in einem Freigehege in Schottland und

verglich ihr Verhalten mit dem von Wild-

schweinen. Er beobachtete, dass Haus-

schweine wie ihre wilden Vorfahren Grup-

pennester anlegten und dass vor allem die

älteren Sauen die Nester mit feinen Ästen

und trockenen Grasbüscheln auspolster-

ten. In neun von zehn Fällen befanden

sich die Nester an Stellen, die zumindest

auf einer Seite durch dichtes Unterholz

geschützt waren. Offensichtlich bevor-

zugten die Tiere Plätze, von denen aus sie

einen Überblick über ihr Gehege hatten.

In die praktische Stallhaltung umgesetzt

heisst dies: Es braucht weiches Nestmate-

rial wie Stroh oder Chinaschilf, der Lie-

geplatz muss zugfrei sein, und er muss

den Tieren einen freien Blick zum Bedie-

nungsgang ermöglichen.

abb. 19: das alphanest ist wie eine «Gebär-

stube», in welcher die sau eine privatsphäre

hat.

abb. 18: stallgang mit alphanest-Buchten auf

beiden seiten.

abb. 21: sauen auf Tiefstreu in einem Offen-

frontstall.

abb. 20: abgesetzte Ferkel auf Tiefstreu in

einem Offenfrontstall.

Page 13: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

13SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

Gemeinsam ruhenWildsauen und im Freien gehaltene Haus-

schweine führen ihre Ferkel je nach Wit-

terung nach einigen Tagen bis mehreren

Wochen aus dem Geburtsnest zurück zur

Herde. In dieser Zeit haben sich die Mut-

ter-Kind-Beziehungen verstärkt. Die Fer-

kel erkennen ihre Mutter und wissen, wo

sie ungestört Milch saugen können. In der

Herde vermischen sich die Ferkel mit de-

nen anderer Würfe und liegen teilweise in

grossen Gruppennestern zusammen.

Beheizte und isolierte Kisten bieten

abgesetzten Ferkeln den notwendigen,

warmen, gemeinsamen Liegebereich. Es

gibt Wärmelampen oder -platten, welche

nur heizen, wenn es zusätzliche Wärme

braucht. Damit lässt sich Strom sparen.

Die warmen Ferkelkisten dürfen den Tier-

halter allerdings nicht dazu verleiten, den

Ferkeln Stroh oder geeignetes Beschäfti-

gungsmaterial vorzuenthalten.

Eine geschickte Anordnung der Fer-

kelkisten stellt die Hufeisenform dar: Auf

dem Boden zwischen den Kisten befindet

sich der Futterautomat, hinter den Kisten

der Kotplatz auf Spaltenboden. Eine prak-

tische Sache sind maximal vier Zentime-

ter breite Kotschlitze entlang der Wände,

wohin der Tierhalter leicht den Kot der

Tiere schieben kann. Von grossem hy-

gienischem Vorteil sind hochklappbare

Roste, die sich von unten reinigen lassen.

Auch der Fliegenbrut auf der Rostunter-

seite und im Schwemmkanal lässt sich so

ohne grossen Aufwand Herr werden.

abb. 23 und 24: Hufeisen-

förmig angelegte, beheizte

Ferkelkisten. Zwischen den

Kisten Festboden, hinter

den Kisten spaltenboden.

abb. 25: Über einen maxi-

mal vier Zentimeter breiten

Kotschlitz entlang der stall-

wand fällt der Kot in den Ka-

nal.

abb. 22: Ferkel verschiedener Würfe liegen

gemeinsam in einem Nest.

Page 14: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS14

Wo die Sonne nicht

hinkommt, kommt der

Tierarzt hin.

abb. 1: dieser sandkasten ist überdacht, da-

mit die Hühner im trockenen sand baden kön-

nen.

abb. 2 und 3: alles, was es für ein sandbad

braucht, ist genügend einstreu oder trockene

erde.

Unerlässliche Sonnen- und StaubbäderDer Drang zum Sonnen- und Staubba-

den ist Hühnern wie vielen anderen Vo-

gelarten angeboren. Es tut ihnen gut und

fördert ihre Gesundheit. Denn natürliches

Sonnenlicht ist für den Aufbau von Vita-

min D und damit für das Wachstum und

die Festigkeit der Knochen wichtig. Die

UV-Strahlen im Sonnenlicht töten schäd-

liche Bakterien. Doch im Stall hat es da-

von oft zu wenig, da das Fensterglas die

Strahlen aus dem natürlichen Licht her-

ausfiltert. Auch aus diesem Grund soll-

ten Hühner wie alle anderen Nutztiere re-

gelmässig ins Freie dürfen. Beim Baden

im Staub werden überschüssiges Fett und

Haut partikel gebunden. Das Staubbad

schützt auch vor lästigen Parasiten, wie

Federlingen und Milben, und sorgt für ein

gesundes Federkleid.

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Page 15: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

15SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

abb. 4: in weicher einstreu, wie hier in din-

kelspreu, legen die Hühner gerne ihre eier ab.

(Foto: Hansuli Huber, sTs)

abb. 5: eier und spreu gelangen in den stallvorraum. die spreu fällt durch einen rost und wird

wieder zurück in die Nester gebracht.

Attraktive NesterHühner legen ihre Eier gerne in ein wei-

ches und geschütztes Nest. Nicht alle Le-

genester, die auf dem Markt angeboten

werden, sind wirklich weich. Die meisten

sind mit künstlichen Matten ähnlich ei-

nem Rasenteppich oder mit Plastikschalen

ausgelegt, von wo die Eier auf ein Sam-

melband rollen. Anders bei Einstreunes-

tern: Sie werden gut zehn Zentimeter tief

mit Buchweizen-, Dinkel- oder Haferspreu

gefüllt. Früher musste man die Eier in den

Einstreunestern von Hand einsammeln,

doch es gibt mittlerweile auch voll auto-

matisierte Einstreunester. In diesen fährt

ein Förderband Eier und Einstreu zusam-

men auf einen Rost im Stallvorraum, wo

die Eier von der Einstreu getrennt wer-

den. Die Einstreu gelangt wieder zurück

in die Nester.

Die Hennen bevorzugen die Einstreu

deutlich gegenüber allen anderen Nest-

unterlagen. In Ställen mit eingestreuten

Legenestern wird daher selten ein Ei ver-

legt, sofern Nester und die übrigen Stall-

einrichtungen korrekt platziert wurden.

Die Hühner können sich richtiggehend in

die lockere Einstreu «eingraben», so wie

sie es in der Natur auf lockerer Erde, auf

Gras oder im Laub auch machen – ein

echtes «Komfortnest».

Ruhen in der HöheNicht nur Wildhühner und Legerassen,

sondern auch Masthühner fangen im Al-

ter von etwa zwei Wochen an, erhöhte

Plätze zum Ruhen aufzusuchen. Ob sie

allerdings auf Sitzstangen «aufbaumen»

können, hängt von der Zucht ab. Schnell

wachsende Hybriden können nämlich we-

gen der grossen angezüchteten Brustmus-

keln das Gleichgewicht auf Stangen oft

nicht mehr halten. Es wird umso schwie-

abb. 6 und 7: schnell wachsende Hybriden (z. B. die ross-linie) ruhen gerne auf erhöhten podesten.

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS16

abb. 11: stall für Mastpoulets mit Freiland-

haltung. die Bäume und sträucher geben de-

ckung vor Greifvögeln und sind zugleich schat-

tenspender.

Strukturen bieten ihnen nicht nur Schutz,

sondern an warmen Sonnentagen auch

Schattenplätze. Es ist hilfreich, die natür-

lichen oder künstlichen Strukturen so an-

zulegen, dass die Tiere in deren Schutz die

ganze Weide erkunden und nutzen kön-

nen. Die meisten Tiere halten sich vormit-

tags und abends auf der Weide auf.

abb. 10: aussenklimabereich für legehennen

mit einstreu, sitzstangen, sandkasten und

Tränken.

riger, je älter sie werden. Für sie gibt es

nun als Ersatz erhöhte Podeste zum Ru-

hen. Diese eignen sich für den Grossteil

der konventionellen Schweizer Mast-

poulets. Langsam wachsende Mastrassen

oder -hybriden, welche das Schlachtge-

wicht erst mit acht oder mehr Wochen

erreichen und meist in Freilandhaltungen

eingesetzt werden, nutzen wie junge Le-

gehühner Sitzstangen problemlos.

Sicher im FreilandHühner, welche einen überdachten Aus-

lauf, den sogenannten Aussenklimabe-

reich, oder sogar eine Weide zur Verfü-

gung haben, bewegen sich mehr und kön-

nen ihre angeborenen Verhaltensweisen

ausführen. Im Gegensatz zu einer stän-

digen Stallhaltung sind die Tiere hier viel

weniger Staub und Schadgasen ausge-

setzt. Dafür wirken gesundheitsfördernde

Klimareize und das Sonnenlicht auf sie

ein.

Damit Hühner allerdings den Aus-

senklimabereich und die Weide nützen,

müssen diese attraktiv für sie sein. Streut

man vor dem Auslassen etwas Körnerfut-

ter in die Einstreu des Aussenklimabe-

reiches, können die Hühner es kaum er-

warten, in der Einstreu zu scharren und

nach den Körnern zu suchen. Sandkäs-

ten zum Staubbaden, erhöhte Sitzstangen

und Trinkmöglichkeiten locken die Tiere

zusätzlich aus dem Stall. Im Aussenklima-

bereich sind die Tiere vor Regen, Schnee

und extremer Besonnung geschützt.

Im Freiland, auf der Weide, gibt es

noch manches, was im Aussenklimabe-

reich fehlt: Gras, Würmer, Insekten, viel

Bewegungsmöglichkeit und eine Vielzahl

verschiedenster, sich häufig ändernder

Reize und Ereignisse. Eine grüne Wiese

mag aus unserer Sicht attraktiv sein, aber

für Hühner kann sie viele Gefahren ber-

gen. Damit sie sich sicher fühlen, benö-

tigen sie insbesondere Schutz vor Greif-

vögeln. Bäume, Sträucher oder künstliche

abb. 8 und 9: langsam wachsende Masthüh-

ner wie die sasso-Hühner baumen problem -

los auf sitzstangen auf. (Fotos: lukas Vock)

Page 17: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

17SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

abb. 12 und 13: linienförmig angelegte Hecken oder Chinaschilf bieten den Hennen einen geschützten Weg auf die Weide.

abb. 14: auch künstliche strukturen wie schattennetze bieten den Hühnern schutz. abb. 15: steine vor den auslauföffnungen ver-

hindern, dass der stallvorplatz morastig wird.

abb. 16: Mobile Hühnerställe erlauben einen

einfachen Weidewechsel.

Page 18: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS18

abb. 2: Ziegen stehen gerne auf Baumstümp-

fen.

abb. 3: Geschlossene stellwände bieten rang-

niederen Tieren schutz.

abb. 1: ranghohe Ziegen suchen sich gerne

die höchsten plätze aus.

abb. 1: ranghohe Ziegen suchen sich gerne

die höchsten plätze aus.

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Page 19: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

19SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

abb. 4: ein überdimensioniertes «Bücherge-

stell» bietet den Tieren im stall erhöhte ruhe-

plätze und benötigt wenig stallfläche.

abb. 5–7: Ziegen tollen gerne auf Holzstümp-

fen und steinen herum. (Fotos abb. 5 und 6:

Beratung artgerechte Tierhaltung BaT, Christel

simantke)

abb. 8: auch Ziegen lieben es offensichtlich,

wenn man sie bürstet. (Foto: Beratung artge-

rechte Tierhaltung BaT, ralf Bussemas)

Den Überblick behaltenZiegenherden, welche auf Alpweiden ge-

halten werden, lagern bevorzugt an Or-

ten, von wo sie einen guten Überblick ha-

ben. Das hilft ihnen, Gefahren rechtzei-

tig zu erkennen, und gibt ihnen Vorteile

bei einer Auseinandersetzung oder bei der

Flucht.

Auch im Stall suchen Ziegen gerne er-

höhte Ruheplätze auf. Dafür eignen sich

zum Beispiel Holzstümpfe oder an den

Wänden übereinander angebrachte Bret-

ter, ein überdimensioniertes «Bücherge-

stell», auf dessen Ablagen die Tiere ruhen

und wo Rangniedere den Ranghohen «aus

den Augen gehen» können. Geschlossene

Wände strukturieren den Stall und sorgen

für Ruhe.

Verspielte ZiegenZiegen, insbesondere die Geisslein, spie-

len gerne. Das Spiel fördert nicht nur Be-

wegung, sondern auch Geschicklichkeit

und Zusammenleben der Tiere. Ein reich

strukturiertes Umfeld mit Steinen, Holz-

stämmen, Sträuchern etc. bietet beste

Voraussetzungen, dass die intelligenten

und verspielten Tiere auf ihre Rechnung

kommen.

Page 20: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS20

abb. 10: an einem Fangfressgitter fixierte

Ziegen können sich gegenseitig nicht ver-

drängen.

abb. 9: Kein Fangfressgitter: das mittlere

Tier hat keine Chance, an das Futter zu ge-

langen.

abb. 11 und 12: Blenden im Fressbereich aus

Holz oder Metall verhindern, dass die Ziegen

einander das Futter wegfressen und sich mit

den Hörnern verletzen. (abb. 11: agroscope

reckenholz-Tänikon arT)

Kein Stress beim FressenBeim Weiden auf einer Wiese kommen

Ziegen gut miteinander aus, da sie viel

Platz haben und einander ausweichen

können. Bietet man ihnen jedoch im Stall

gutes Futter an, können sie schnell fut-

terneidisch und aggressiv gegeneinan-

der werden. Ranghohe Tiere verdrängen

dann rangtiefe, wobei die Hörner ihnen

als «Waffen» dienen.

Am Fressplatz im Stall sollte man des-

wegen unbedingt ein Fangfressgitter ein-

bauen, welches jedes Tier während der

Fütterung fixiert. Zusätzliche Fressblen-

den, zum Beispiel Bretter im Fressbereich,

und genügend Platz verhindern, dass die

eingesperrten Tiere sich gegenseitig mit

den Hörnern verletzen können.

Page 21: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

21SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

abb. 1 und 2: schafe machen im sommer un-

ter Bäumen oder unter künstlichen schatten-

spendern «siesta».

abb. 3: schafe benötigen stets sauberes

Wasser.

Wasser und SchattenSchafe können ihre Körperwärme wegen

des dicken Pelzes nur schlecht abgeben.

An heissen Sommertagen leiden sie des-

wegen schnell einmal unter der Hitze und

suchen Schattenplätze auf oder liegen auf

dem kühlenden Boden.

Werden Schafe tagsüber auf der Weide

gehalten, braucht es unbedingt natürliche

oder künstliche Schattenspender. Ausser-

dem müssen die Tiere immer genügend

sauberes Wasser haben. Ist das Futter

saftig und gibt es Tau oder Regen, dann

kommen Schafe mit wenig Wasser aus.

An warmen Sommertagen brauchen aber

auch Schafe viel Wasser. Es ist dann mit

bis zu zwei Liter Wasser pro Tier und Tag

zu rechnen.

Ungestörtes AblammenMutterschafe haben den Drang, sich zur

Geburt von der Herde abzusondern, wie

es auch bei Ziegen, Rindern und Schwei-

nen der Fall ist. So können sie ihre Läm-

mer ungestört zu Welt zu bringen. Die-

sem angeborenen Verhalten kann man

auch in der Stallhaltung nachkommen,

indem man die Auen in eine Einzelbucht

bringt. Man sollte dies jedoch rechtzei-

tig tun und die Mutterschafe nicht mehr

verstellen, wenn das Fruchtwasser einmal

abgegangen ist.

Die Mutter erkennt das Junge an

seinem Geruch. Da in der Ablammbucht

die Mutter ihr Junges ablecken kann,

ohne dass andere Tiere dazwischenkom-

men, fördert diese Bucht die Mutter-Kind-

SO blEIbEn IhRE

SchaFE laMMFROMM

Page 22: Tierkomfort   Beispiele aus der Praxis

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS22

abb. 5–7: Verschiedene arten von Klauen-

ständen. die Tiere sollten sich leicht, scho-

nend und sicher fixieren lassen, und der Klau-

enpfleger sollte aufrecht stehen können.

(Foto abb. 7: Beratungs- und Gesundheits-

dienst für Kleinwiederkäuer BGK)

abb. 9: Treibgang mit Falltüre: im Treibgang

ist zu beachten, dass sich das schwerste und

stärkste Tier hinten befindet, da die Tiere nach

hinten drängen. ein schwaches Tier würde da-

bei unter umständen erdrückt.

abb. 8: Gatter sollten möglichst geschlossen

sein und keine kantigen stangen haben, an

denen sich die Tiere beim dazwischenkom-

men die Beine brechen können.

Bindung. Die Bucht sollte stets sauber

gereinigt und mit frischem Stroh einge-

streut sein.

Notwendige KlauenpflegeAuf Weiden und im Stall wachsen die

Schafklauen schneller, als sie abgenutzt

werden. Dabei rollt sich das Horn ein. Es

kann zu Schmerzen beim Gehen kom-

men; Fremdstoffe können in die Zwi-

schenräume eindringen und zu Infektio-

nen führen.

Je nach Haltung ist das überschüs-

sige Klauenhorn zwei bis drei Mal im

Jahr zu entfernen. Für diese Arbeit be-

nutzt man mit Vorteil einen Klauenstand.

abb. 4: separate ablammbuchten geben der

Mutter und ihrem Kind sicherheit und fördern

die Mutter-Kind-Bindung.

Dieser muss einerseits das Schaf so fixie-

ren, dass es sich weder befreien noch ver-

letzen kann, andererseits muss der Klau-

enstand die Arbeit erleichtern, das heisst,

das Schaf sollte sich leicht in die Liegepo-

sition bringen lassen, und der Klauenpfle-

ger muss aufrecht arbeiten können.

Zum Klauenschneiden braucht es aber

nicht nur einen Klauenstand, sondern auch

Gatter, um die Tiere zusammenzuhalten,

sowie einen Treibgang mit Falltüre, um

die Tiere nacheinander zum Klauenstand

zu führen. Und nicht zuletzt braucht es

genügend Licht, denn der Klauenpfleger

muss sehen, was er tut. Da man häufig

das Klauenschneiden mit einem Klauen-

bad verbindet, sollte auch eine befestigte

Fläche vorhanden sein, wo die Klauen ab-

trocknen können.

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