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Titus Livius Ab urbe condita Liber XXI Römische Geschichte 21. Buch (Der Zweite Punische Krieg I) Lateinisch I Deutsch Übersetzt und herausgegeben von Ursula Blank-Sangmeister Philipp Reclam jun. Stuttgart

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Titus Livius

Ab urbe conditaLiber XXI

Römische Geschichte21. Buch

(Der Zweite Punische Krieg I)

Lateinisch I Deutsch

Übersetzt und herausgegebenvon Ursula Blank-Sangmeister

Philipp Reclam jun. Stuttgart

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1 (1) In parte operis mei licet mihi praefari, quod inprincipio summae totius profess i plerique sunt rerum scrip-tores, bellum maxime omnium memorabile, quae unquamesta sint, me scripturum, quod Hannibale duce Carthagi-

nienses cum populo Romano gessere. (2) Nam neque vali-diores opibus ullae inter se civitates gentesque contuleruntarma neque his ipsis tantum unquam virium aut roborismir; et haud ignotas belli artes inter sese, sed expertasprimo Punico conferebant bello, et adeo varia fortuna belliancepsque Mars fuit, ut propius periculum fuerint, qui vi-cerunt. (3) Odiis prope maioribus certarunt quam viribus,Romanis indignantibus, quod victoribus victi ultro infer-renr arma, Poenis, quod superbe avareque crederent impe--tarum victis esse. (4) Fama est etiam Hannibalem anno-

""".JIIl ferme novem, pueriliter blandientem patri Hamilcari,.:- duceretur in Hispaniam, cum perfecto Africo bello exer-cinim eo traiecturus sacrificaret, altaribus admotum tactissazris iure iurando adactum se, cum primum posset, hostemz re populo Romano. (5) Angebant ingentis spiritus virum

- - -a Sardiniaque amissae: nam et Siciliam nimis celeri de-

.1 (1) Einem Teil meines Werkes' darf ich vorausschicken,was sehr viele Historiographen' sonst am Beginn ihrer ge-samten Abhandlung angekündigt haben: ich werde überden denkwürdigsten aller Kriege, die jemals geführt wur-den, schreiben, über den Krieg nämlich, den die Karthagerunter ihrem Feldherrn Hannibal gegen das römische Volkgeführt haben. (2) Denn zum einen haben niemals irgend-welche mächtigeren Staaten und Völker miteinander dieWaffen gekreuzt, und zum anderen besaßen sie selbst niewieder eine vergleichbare Kraft oder Stärke; auch die Artder Kriegsführung war beiderseits nicht unbekannt, son-dern aus dem Ersten Punischen Krieg' wohl vertraut; undso wechselnd war das Kriegsglück und so unentschieden derKampf, dass die Sieger der Katastrophe näher waren als dieBesiegten. (3) Auch war der Hass, mit dem sie kämpften,fast noch stärker als -die militärische Schlagkraft; denn dieRömer waren darüber empört, dass die Besiegten ohne Ver-anlassung sie als die Sieger überfielen! und die Punier wa-ren verbittert, weil sie meinten, man habe nach ihrer Nie-derlage arrogant und ausbeuterisch über sie geherrscht."(4) Auch soll der etwa neunjährige Hannibal seinen VaterHamilcar - dieser brachte nach Beendigung des Afrikani-schen Krieges" gerade ein Opfer, weil er sein Heer nach Spa-nien übersetzen wollte - in kindlicher Weise umschmeichelthaben, er möge ihn mit dorthin nehmen; Hamilcar habeHannibal dann aufgefordert, an den Altar zu treten, dieOpfergaben zu berühren und sich eidlich zu verpflichten,dass er sobald wie möglich dem römischen Volk als Feindentgegentreten werde.' (5) Den überaus stolzen Mann quälteder Verlust Siziliens und Sardiniens: Sizilien habe man näm-lich, da man vorschnell resigniert habe, aufgegeben und Sar-dinien sei ihnen während des Aufstandes in Afrika durcheinen Betrug der Römer entrissen worden, wobei diese

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=---.-=berhinaus sogar noch Tributzahlungen zur Pflicht ge-~hatten."

_1} Während des Afrikanischen Krieges, der gleich nach~ Frieden mit den Römern ausbrach und sich über fünf

- -~e'erstreckte, lastete dieser Kummer auf ihm und ebensocen darauf folgenden neun Jahren, als er in Spanien das

_=ische Herrschaftsgebiet erweiterte;" dabei verhielt er- so, (2) dass er offensichtlich einen größeren Krieg im

hatte als den, welchen er gerade führte; und die Punierwenn er länger gelebt hätte," bereits unter Hamil-

Oberkommando Italien angegriffen, was sie dann unteribals Führung tatsächlich taten.

3 Der Tod Hamilcars, der zu einem sehr günstigen Zeit-. kam, und das noch jugendliche Alter Hannibals führ-zu einem Aufschub des Krieges. Zwischen dem Vater

- dem Sohn stand während fast acht Jahren Hasdrubal"er Spitze des Reiches; mit seiner blühenden Jugender, wie man erzählt, zuerst Hamilcar für sich einge-en; (4) er war dann wegen seiner sonstigen - dochgeistigen - Begabungen als Schwiegersohn in die Fa-

'e aufgenommen worden und in seiner Eigenschaft als- .egersohn hatte er, dank der Macht der barcinischen_ zrtei, die auf die Soldaten und das Volk einen sehr starken~s ausübte, den Oberbefehl erhalten, allerdings gegen

Willen der führenden Kreise." (5) Er handelte eher mit'::'3erlegung als mit Gewalt, und die Position Karthagos

= e er mehr dadurch, dass er ein gastfreundschaftliches'erhältnis mit den Fürsten pflegte und neue Volksstämme

=rch die Freundschaft mit ihren Führern hinzugewann, als= er mit Krieg und Waffengewalt gegen sie vorging."Gleichwohl bot ihm seine Friedenspolitik keinen wirk-

- eren Schutz; ein Barbar ermordete ihn in aller Öffent-. eit aus Zorn darüber, dass Hasdrubal seinen Herrn

zzrre töten lassen. Nachdem er von den Umstehenden er-.- en worden war, machte er ein Gesicht, wie wenn ihm

~e Flucht geglückt wäre, und auch unter den Qualen der

speratione rerum concessam et Sardiniam inter morun;Africae fraude Romanorum stipendio etiam insuper irnpo-sito interceptam.

2 (1) His anxius curis ita se Africo bello, quod fuit subrecentem Romanam pacem per. quinque annos, ita deindnovem annis in Hispania augendo Punico imperio gessit,(2) ut appareret maius eum, quam quod gereret, agitare inanimo bellum et, si diutius vixisset, Hamilcare duce Poenosarma Italiae inlaturos fuisse, qui Hannibalis ductu intule-runt.

(3) Mors Hamilcaris peropportuna et pueritia Hannibafudistulerunt bellum. Medius Hasdrubal inter patrem ac fi-lium octo ferme annos imperium obtinuit, flore aetatis, uzferunt, primo Hamilcari conciliatus, (4) gener inde ob aliarzindolem profecto animi adscitus et, quia gen er erat, factio-nis Barcinae opibus, quae apud milites plebemque plusquam modicae erant, haud sane voluntate principum, i::imperio impositus. (5) Is plura consilio quam vi gerens,hospitiis magis regulorum conciliandisque per arnicitiaz;principum novis gentibus quam bello aut armis rem Car-thaginiensem auxit. (6) Ceterum nihilo ei pax tutior fui::barbarus eum quidam palam ob iram interfecti ab eo do-mini obtruncat; comprensusque ab circumstantibus hauealio quam si evasisset voltu, tormentis quoque cum lacera-

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retur, eo fuit habitu oris, ut superante laetitia dolores riden-tis. etiam ~peciem 'p:aebu.erit. V) Cum hoc Hasdrubale, quia~lrae'artJs In sollicitandis gentJbus imperioque suo iungen-dis fuerat, foedus renovaverat populus Romanus, ut finis~trius.que i~perii esset amnis Hiberus Saguntinisque rnediisInter impena duorum populorum libertas servaretur.

3 (1) In Hasdrubalis locum haud dubia res fuit, qui(nam~ucce~surus e~set;) yraerogativam militarem, qua extemplolUve~ls Hanmbal In praetorium delatus imperatorque in-ge.nt! omm,um clamore atque adsensu appellatus erat, favoretiam plebis sequebatur. (2) Hunc vixdum puberem Has-drubal litteris ad se accersierat actaque res etiam in senatufuerat. Barcinis nitentibus, ut adsuesceret militiae Hannibalatque in paternas succederet opes, (3) Hanno, alterius facti-~nis princeps, "Et aequum postulare videtur", inquir,Hasdrubal, et ego tarnen non censeo, quod petit, tribuen-

dum." (4) Cum admiratione tarn ancipitis sententiae in seomnes convertisset, "Florem aetatis", inquit, "Hasdrubalquem iI?~e patri .Hannibalis fruendum praebuit, iusto iureeum a filio repen censet; nos tarnen minime decet iuventu-tem nostram pro militari rudimento adsuefacere libidinipraetorum. (5) An hoc timemus, ne Hamilcaris filius nimisse~o imp~ria immodica et regni patern i speciem videat eCUlUSregls genero hereditarii sint relicti exercitus nostri,

Folter behielt er diesen Gesichtsausdruck bei: seine Freude""-arstärker als seine Schmerzen, und er schien sogar zu la-chen. (7) Mit diesem Hasdrubal hatte das römische Volk, wei1ler ein bewundernswertes Talent besaß, Völker für sich einzu-

ehmen und seiner Herrschaft einzugliedern, den Friedens--ertrag erneuert: Grenze zwischen beiden Einflusssphärensollte der Ebro sein und den Saguntinern, die zwischen denon' den beiden Völkern beherrschten Gebieten angesiedeltaren, sollte die Unabhängigkeit garantiert bleiben." .J3 (1) Es bestand überhaupt kein Zweifel, wer Hasdrubals

_-achfolger werden würde. Die Vorwahl der Soldaten - der'unge16 Hannibäl wurde sofort ins Feldherrnzelt gebracht:md unter allgemeinem Beifallsgeschrei als Feldherr ausge-rufen - wurde auch durch die Zustimmung des Volkes be-stätigt. (2) Als Harmibal gerade erst erwachsen geworden=ar, hatte Hasdrubal ihn durch einen Brief zu sich bestellt,end die Sache war auch im Senat" verhandelt worden. Wäh-rend die Barkiden erreichen wollten, dass sich Hannibal mit

em Kriegshandwerk vertraut machte und in die väterliche_ Iachtposition nachrückte, sagte Hanno, der Kopf der an-

eren Partei:" (3) "Zwar scheint das, was Hasdrubal for-ert, recht und billig; dennoch bin ich nicht der Meinung,

dass man seinen Wunsch erfüllen dürfe.« (4)Nachdem ermir seiner so widersprüchlichen Erklärung Verwunderungerregt und die Aufmerksamkeit aller Zuhörer auf sich ge-enkt hatte, fuhr er fort: »Hasdrubal glaubt, den blühenden

~ eiz der Jugend, den er selber Hannibals Vater zur Verfü-=g gestellt hat, damit dieser seine Lust an ihr ha.be, könneer mit vollem Recht jetzt auch von dessen Sohn einfordern.Für uns jedoch ist es völlig ungehörig, unsere jungen Män-ner, statt sie in die 'militärischen Anfangsgründe einzuwei-aen, an die Begehrlichkeit ihrer Feldherrn zu gewöhnen.5) Oder fürchten wir etwa, dass Hamilcars Sohn die unein-

zeschrankten Machtbefugnisse" und die Pracht des väterli-en Königreiches allzu spät kennen lernt und wir uns dem

Sohn des Königs, der seinem Schwiegersohn unsere Heere

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12 Römische Geschichte 21. BuchAb urbe condita fiber XXI

eius filio parum mature serviamus? (6) Ego istum iuvenemd?mI tenendum sub legibus, sub magistratibus, docendumv~ve:e ~e<J.uoiu~e cu~ ceteris censo, ne quandoque parvushic igrus incendium mgens exsuscitet." .

4 (1) Pauci ac ferme optimus quisque Harmoni adsentie-bant~r; sed, ut, I?leru~que. fit, maior pars meliorem vicit.

Missus Ha?11Ib~1 m Hispaniam prima statim adventuomn~m exe.rc.Itum m se convertit; (2) Hamilcarem iuvenemreddItu.m SIbi .vetere~ milit~s cred7re~ eund em vigorem involtu vIm<J.uein oculis, habiturn ons lmeamentaque intueri,Dem brevi effecir, ut pater in se minimum momentum aCfavorem. con.cil~andum esset. (3) Nunquam ingenium idemad. res dIversIssImas, p.aren~um atque imperandum, habili _fuit. Ita9ue. haud facile discerneres, utrum imperatori a=exerc~tu! canor esset; (4)neque Hasdrubal alium quemqua::::praefIcer~ .malle~ubi quid fortiter ac strenue agendum esse:.neque mIht~s alio du~e plus confidere aut audere. (5) PI "_mUI? audac~ae ad pencula capessenda, plurimum consilü ~ter. Ipsa pericula erat. Nullo labore aut corpus fatigaria~lI~Us .VIIl:CIpoter~t. (~) Calons. ac frigoris patientia __cI.bIpot~o?~sque desIde:IO naturali, non voluptate m - ::-nrtus; vIgIharum. somnique nec die nec nocte disc .tempora; (7) id, quo~ gerendis rebus superesset, quiturn; ea neque molh strato neque silentio accersi "

als Erbschaft hinterlassen hat, nicht früh genug fügen könn-:en? (6) Ich für meine Person plädiere dafür, dass dieser~ge Kerl zu Hause den Gesetzen und den Behörden un-zerstellt wird und lernt, unter gleichem Recht mit den ande-ren zu leben, damit nicht irgend wann einmal diese kleineFlamme einen ungeheuren Brand entfache.«

4 (1) Nur wenige, darunter allerdings die Besten,"stimmten Hanno zu. Jedoch siegte, wie es meist geschieht,

ie Mehrheit über den besseren Teil.I Harmibal wurde nach Spanien geschickt und nahm gleich

oei seiner Ankunft das gesamte Heer für sich ein;" (2) diearten Soldaten hatten den Eindruck, ihnen sei ein verjüngterHamilcar zurückgegeben; sie erblickten dieselbe Lebhaftig-

eit in seiner Miene, dieselbe Kraft in seinen Augen und inseinem Gesicht denselben Ausdruck und dieselben Kontu-ren. In kurzer Zeit brachte er es dann dahin, dass er seinen-ater nicht mehr brauchte, um sich Anerkennung zu ver-

;;:haften. (3) Noch nie gab es einen Menschen, der fähiger-ar, zwei ganz unterschiedliche Dinge zu leisten: gehorchen

befehlen. Deshalb hätte man nicht leicht beurteilenönnen, ob er beim Feldherrn oder bei den Soldaten belieb-

war; (4) weder mochte Hasdrubal irgendeinen anderenber mit einem Kommando betrauen, wenn tapfer undzschlossen gehandelt werden musste, noch zeigten sich

- e Soldaten unter 'einem anderen Führer vertrauensvoller-:!d wagemutiger. (5) Gefährliche Aufträge übernahm er-:- größter Kühnheit, in Gefahren selbst verhielt er sich- rst überlegt. Keine Strapaze konnte seinen Körper er-

en oder seine Willenskraft brechen. (6) Hitze und Kälte=g er mit gleicher Ausdauer; wie viel er aß und trank,

urde durch das natürliche Bedürfnis, nicht durch die Ge-asssucht bestimmt; die Zeit des Wachens und des Schlafens

de weder durch den Tag noch durch die Nacht festge-(7) Die Stunden, die ihm nach der Erledigung seiner

~ ichten übrig blieben, widmete er dem Schlaf. Diesenechte er weder auf einem weichen Lager noch bedurfte es

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saepe militari sagulo operturn humi iacentern inter custo-~ias stationesque militum conspexerunr, (8) Vestitus nihilinter aequale~ excellen,s: arma atque equi conspiciebantur,Equitum .pedItum,que idern longe primus erat; princeps inproelium ibat, ultimus conserto proelio excedebat, (9) Hastantas viri virtutes ingentia vitia aequabant, inhumana cru-delitas, perfidia plus quam Punica, nihil veri, nihil sancti,nullus deum ;netus, ~lUlIum ius irandum, nulla religio.(10) Cum hac mdole virtuturn atque vitiorum triennio subHasdrubale imperatore meruit, nulla re, quae agenda viden-daque magno futuro duci esset, praetermissa.

5 (1) Ceterum ex quo die dux est declaratus velut ltaliaei provincia decreta bellumque Romanum mandarum essetni~il prolata~dum ratus, (2) ne se quoque, ut patrem Ha~

,mIlc~rem, deinde ~a~dr:ubalem, cunctantern casus aliquidoppnmeret~ Saguntinis mferre b~iJum statuit, (3) Quibusoppugnandis quia haud dubie Romana arma movebantur in 'Olcad~m .p~ius fines - ul~r~ Hi?erum ea ~ens' parte m;gisquam in dicione Carthaginiensium erat - mduxit exercitumut non petisse Saguntinos, sed rerum serie finitimis domitisgentibus iungendoque tractus ad id bellum videri posset,(4) Cartalam, urbem opulentam, caput gentis eius, expugnat

der Stille, Viele haben des Öfteren gesehen, wie er, bloß mitseinem Soldatenmantel bedeckt, zwischen Wachen und Po-sten der Soldaten auf der Erde lag, (8) Seine Kleidung unter-schied sich in nichts von der seiner ranggleichen Kamera-den' nur seine Waffen und Pferde erregten Aufsehen. Erwar der weitaus beste Infanterist und Kavallerist, Als Ersterzog er in die Schlacht und verließ sie, wenn die Kämpfe b~-endet waren, als Letzter. (9) Die so herausrag~nden Qualr-täten dieses Mannes wurden durch ganz erhebliche Charak-termängel aufgehoben: er war von unmenschliche: Grau-sarnkeit" und einer selbst das punische Maß übersteigendenTreulosigkeit"; er hatte keinerlei Empfinden für das Wa~re,keinerlei Gefühl für das Unantastbare, er kannte keineFurcht vor den Göttern, keinen Respekt vor einem Eid,keine religiösen Bedenken.f (10) Mit diesen ih;n angebore~nen positiven und negativen Eigenschaften diente er d,reiJahre lang unter Hasdrubal als seinem Feldherrn und lreßdabei nichts aus, was ein künftiger großer Heerführer tunoder sehen musste,

5 (1) Im Übrigen war er, wie wenn man ihm ~talien alsProvinz zugewiesen und ihn zum Kneg gegen die Romerbeauftragt hätte, seit dem Tag, an dem er z,u,m Oberko.m-mandierenden ernannt worden war, der Meinung, es durfenichts aufgeschoben werden; (2) es ,sollte nicht au~h ihn,wenn er ebenso wie sein Vater Hamilcar und anschlreßendHasdrubal zögerte, irgendein Unglück~5 überrasc~en, ~n.dso beschloss er, die Saguntiner anzugreifen. (3) Wer! bei eI-nem Überfall auf Sagunt die Römer ganz gewiss m,ilitärischeingreifen würden," führte er sein ~eer ~unächst ms Landder Olkaden, eines Volksstammes jenseits des Ebro, dermehr zum Gebiet als zum Machtbereich der Karthager ge-hörte' man sollte den Eindruck haben können, als habe er esnicht' auf die Saguntiner abgesehen, sondern sei durch eineVerkettung von Umständen, weil e,r di<: N.achbars~ämI?eunterworfen hatte und sie seinem Reich eingliederte, in die-sen Krieg hineingezogen worden. (4) Das reiche Kartala, die

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?IDpit9ue.; quo. metu perculsae minores civitates stipendioimposito impenum accepere. Yic~or exercitus opulentusquepraeda Ca.rthagmem Novam rn hiberna est deductus. (5) Ibilarge partiendo praedam stipendioque praeterito cum fidee~olvend? cu~ctis civium sociorumque animis in se firma-~ vere pnrno in Vaccaeos promotum bellum. (6) Herman-dica et Arbocala, eorum urbes, vi captae. Arbocala et virtutee~ multitudine oppidanorum diu defensa; (7) ab Herman-dica. profugi exsulibus Olcadum, priore aestate domitaegenus, cu~ se iunxissent, (8) concitant Carpetanos adorti-que Hannibalem regressum ex Vaccaeis haud procul Tagofl~m~ agmefolgrave praeda turbavere, (9) Hannibal proelioabstinuit cas~nsque ~uper ripam positis, cum prima quies si-!enuumque ab hostibus fuit, amnem vado traiecit valloquelta praeducto, ut locum ad transgrediendum hostes habe-r~nt, mvader~ eos transeuntes statuit. (10) Equitibus praece-?lt, ut, cum :ng~essos aquam viderent, adorirentur impedi-~ ag:nen; In npa elephantos - quadraginta autem erant _disponir. (11) Carpetanorum cum appendiciJms Olcadum~a~eorumque centum milia fuere, invicta acies, si aequo

~caretu.r campo. (12) Itaque et ingenio feroces et multi-tudine freti et, quod metu cessisse credebant hostem id rno-rari victoriam rati, quod interesset amnis clarnore 'sublato

im sine ullius imperio, qua cuique proximum est, in

Hauptstadt dieses Volkes, eroberte und plünderte er; da-durch in Angst versetzt, erklärten sich die kleineren Stä~temit Tributzahlungen einverstanden und unterstellten SichHannibals Herrschaft. Das siegreiche, mit Beute schwer be-ladene Heer wurde nach Karthago Nova ins Winterlagergeführt. (5) Nachdem sich Hannibal durch eine großzügigeVerteilung der Beute und eine gewissenhafte Auszahlungdes rückständigen Soldes die Ergebenheit aller Bürger undBundesgenossen dort gesichert hatte, weitete er mit Früh-jahrsbeginn den Krieg auf die Vakkäer aus. (6) Ihre StädteHermandika und Arbokala wurden im Sturm genommen.Arbokala leistete dank der Tapferkeit und der großen Zahlseiner Bewohner lange Widerstand. (7) Nachdem sichFlüchtlinge aus Hermandika mit heimatlosen Olkaden, demim vergangenen Sommer unterworfenen Volksstamm, zu-sammengeschlossen hatten, (8) wie gelten sie die Karpetarierauf, griffen Hannibal, der aus dem Gebiet der Vak~äer zu-rückgekehrt war, in der Nähe des T~g~s an un~ richtetenin dem beutebeladenen Heerzug einige Verwirrung an.(9) Hannibal vermied ein Gefecht und schlug oberhalb desUfers sein Lager auf. Sobald bei den Feinden völlige Ruheeingekehrt war, ging er auf einer Furt über den S.trom. Erhatte seinen Wa1l27 nur so weit vorgezogen, dass die Feindegenug Platz ~um Übersetzen hat~en, und b~schloss? siewährend der Uberquerung anzugreifen. (10) Semen Reiterngab er den Befehl, den im Kampf gehinderten Heereszug zuattackieren, sobald sie die Feinde im Wasser sähen. Am Uferließ er Elefanten - 40 an der Zahl - aufstellen. (11) Auf derSeite der Karpetaner standen, mit den zusätzlichen Abtei-lungen der Olkaden und Vakkäer, 100000 Mann - ein un-besiegbares Heer, würde man in freiem Gelände kämp.fen.(12) Daher glaubten sie - sie waren von Natur aus angnffs-lustig, vertrauten auf ihre Überzahl und glaubten außer-dem, der Feind habe sich aus Furcht zurückgezogen -, nurder Fluss trenne sie von ihrem Sieg; so stürzten sie sich un-ter lautem Geschrei, ohne einen Befehl abzuwarten, überall

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amnem ruunt. (13) Et ex parte altera ripae vis ingens equi-tun:- in fluJ?ine immissa, medioque alveo haudquaquampan .certamlll~ concursum, (14) quippe ubi pedes ins tabilisac VIX ~ado fidens vel ab inermi equite equo ternere actoperverti posset, eques corpore armisque liber, equo vel permedios gurgites stabili, comminus eminusque rem gereret.(15) ~ars magna flumine absumpta; quidam verticoso amnidelati III hostes ab elephantis obtriti sunt. (16) Postrerni,C(uibus reg~essus in suam ripam tutior fuit, ex varia trepida-tlO~e cum III ';Inum collige.rentur, priusquam in tanto pavorereciperent arumos, Hannibal agmine quadrato amnem in-g:essus fugam ex ripa fecit vastatisque agris intra paucosdies Carpetanos quoque in deditionem accepit; (17) et iamomnia trans Hiberum praeter Saguntinos Carthaginiensiumerant.

6 (1) Cum Saguntinis bellum nondum erat: ceterum iambelli causa certamina cum finitimis serebantur, maxime Tur-detanis. (2) Quibus cum adesset idem, qui Iitis erat sator,~e~ certamen iu:is~ sed ~!m quaeri appareret, legati a Sagun-ums Romam missi auxilium ad bellum iam haud dubie im-minens orantes. (3) Consules tune Romae erant P. CorneliusScipi~ et Ti. Sernpronius Longus. Qui cum legatis in sena-turn introducris de re publica rettulissent placuissetque

auf dem nächsten Weg in die Fluten. (13) Auch von der an-eren Uferseite warf sich eine gewaltige Zahl von Reitern inen Fluss, und man traf mitten im Flussbett zu einem ganz

ungleichen Kampf aufeinander; (14) denn dort konnte einInfanterist, der keinen sicheren Stand hatte und kaum wuss-te, wie die Furt verlief, sogar von einem unbewaffneten Rei-ter und von einem blindlings angetriebenen Pferd umge-rissen werden, und ein Kavallerist, der Körper und Waffen- ei bewegte und dessen Pferd selbst i~mitten der Strudel:esten Halt hatte, schlug sich im Nahkampf genauso erfolg-reich wie im Kampf auf Distanz. (15) Ein großer Teil ver-sank in den Fluten, einige andere wurden, von den zahlrei-

en Strudeln des Flusses auf die feindliche Seite getrieben,=on den Elefanten zertrampelt. (16) Als sich die Letzten, für

ie der Rückzug auf ihr Ufer sicherer war, aus dem wil-.:!.enDurcheinander zusammengefunden hatten, marschierteHannibal in Schlachtordnung in den Strom und schlug sie,oevor sie sich von dem mächtigen Schrecken wieder erholensonnten, vom Ufer aus in die Flucht. Nachdem er innerhalb

eniger Tage ihr Gebiet verwüstet hatte, erklärten ihmauch die Karpetaner ihre Kapitulation. (17) Und schon ge-

örten - mit Ausnahme Sagunts - alle Gebiete jenseits deSlEbro den Karthagern.

6 (1) Noch führte man keinen Krieg gegen die Sagunti-ner; doch suchten die Punier in kriegerischer Absicht bereitsStreit mit den Nachbarn, vor allem mit den Turdetanern._} Da ihnen eben der Mann, der für die Streitigkeiten ver-

antwortlich war, zu Hilfe kam, schickten die Saguntiner, alsoffenkundig war, dass es nicht um eine juristische, sonderneine gewaltsame Auseinandersetzung ging, Gesandte nachRom, die für den Krieg, an dessen Ausbruch nicht zu zwei-reln war, um Hilfe bitten sollten. (3) Konsuln in Rom warendamals Publius Cornelius Scipio und Tiberius SemproniusLongus." Nachdem die Gesandten in den Senat geführt+orden waren, hatten die Konsum über die politische LageBericht erstattet und es war beschlossen worden, Gesandte

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nach Spanien zu schic~en,. damit sie sich über die Situationer Bundesgenossen ein BIld machten; (4) falls es der Sta~d

aer Dinge ihrer Einschätzung nach erforder~e, hatte~ siezen Auftrag, Hannibal auszurichten, er ~olle die Saguntmer,

undesgenossen des römischen Volkes, in Ruhe lassen; u11:die sollten nach Karthago in Afrika üb.ersetzen und dort die

~ agen der Bundesgenossen des römischen Volkes vortra-zen; (5) diese Gesandtschaft war beschlossen, aber noch:"dlt auf den Weg geschickt, als schneller, als alle er:vartet- nen die Meldung vom Überfall auf Sagunt emtraf.

D~aufhin wurde die Sache erneut dem Senatvorgel~gt.Die einen, die den Konsuln die Statthalterschaft fur Spanien

d Afrika übertragen wollten, waren der An~lcht, man- - e zu Lande und zu Wasser Krieg führen; die ~nderen

aren dafür gewesen, den Krieg ganz gegen Spanien un.dHannibal zu richten; (7) außerdem gab es Senatore~, die

dafür einsetzten, eine so gewichtige Angel.egenhelt erst--eh reiflicher Überlegung in die Wege zu leiten und. zu-- auf die Gesandten aus Spanien zu warten. (8) DI~ser_--rrag, der die größte Sicherhe~~ zu versprec~en schien,-, den Sieg davon, und umso ellIger.wurden d~e Gesan~-- - Publius Valerius Flaccus und Qumtus Baebius Tampi-

- nach Sagunt zu Hannibal geschickt, mit de~ Auftr~g,;: dort nach Karthago zu fahren, falls HannIbal. semeiegerischen Absichten nicht ~ufgäbe; dort. sollte~ SIe, als

::=:fe für den Bruch des Bündnisvertrages. die Auslieferung- Heerführers höchstpersönlich einfordern." . :=\

- (1) Während die Römer diese Maßnahmen v<:>rbereIte-und berieten, wurde Sagunt bereits unt.er Al!fbletung al-Kräfte bestürmt. (2) Diese Stadt war jenserts des

30Ebro

__ weitaus reichste und lag etwa 1000 D?ppelschntte vomeer entfernt. Wie man sagt, stammen Ihre Bewo~11:ervon

-- Insel Zakynthos; mit ihnen sollen sich auch eInIge aus- ~ ramm der Rutuler aus Ardea vermischt haben. (3) Im- isen waren sie innerhalb kurzer Zeit zu großer ~acht

- -- berrachtlichem Wohlstand gekommen: sei es dank ihrer

mitti legatos in Hispaniam ad res sociorum inspiciendas,(4) quibus si videretur digna causa, et Hannibali denuntia-rent, ur ab Saguntinis, sociis populi Romani, abstineret etCart?aginem in Africam traicerent ac sociorum populi Ro-marn quenmonIas deferrent - (5) hac legatione decreta nec-durn missa, omnium spe celerius Saguntum oppugnari alla-turn est, (6) Tune relata de integro res ad senatum est; aliiprovincias consulibus Hispaniam atque Africam decernen-tes terra marique rem gerendam censebant, alii totum in Hi-spaniam Hannibalemque intenderant bellum; (7) erant, quinon ~emere movendam rem tantam exspectandosque ex Hi-spanra legatos censerent, (8) Haec sententia, quae tutissimavidebatur, vicit legatique eo maturius missi, P. Valerius Flac-cus et Q. Baebius Tampilus, Saguntum ad Hannibalem at-que inde Carthaginem, si non absisteretur bello, ad ducemipsum in poenam foederis rupti deposcendum. .

7 (1) Dum ea Romani parant consultantque, iam Sagun-turn summa vi oppugnabatur. (2) Civitas ea longe opulentis-sima ultra Hiberum fuit, sita passus mille ferme a mari. Ori-undi a Zacyntho insula dicunru} mixtique etiam ab ArdeaRutulorum quidam generis; (3) ceterum in tantas brevi cre-verant opes seu maritimis seu terrestribus fructibus seu

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multitudinis incremento seu disciplinae sanctitate, qua fi-dem socialem usque ad perniciem suam coluerunt.

(4) Hannibal infesto exercitu ingressus fines, pervastatispass~m agri~ urbem trip~rtito adgreditur. (5) Angulus murierat in planiorem patentroremque quam cetera circa vallemvergens; adversus eum vineas agere instituit, per quas ariesmoenibus admoveri posset. (6) Sed ut locus procul muro sa-trs aequus agendis vineis fuit, ita haudquaquam prospere,postquam ad effectum operis ventum est, coeptis succede-bat. (7) Et turris ingens imminebat et murus, ut in suspectoloco, supra ceterae modum altitudinis emunitus erat, et iu-ventus delecta, ubi plurimum periculi ac timoris ostendeba-tur, ibi vi maiore obsistebant. (8) Ac primo missilibus sum-m<;lVere.ho stern nec quicquam satis tutum munientibus pati;demde iam non pro moenibus modo atque turri tela micare,sed ad erumpendum etiam in stationes operaque hostiumanimus erat; (9) quibus tumultuariis certaminibus haudferme plures Saguntini cadebant quam Poeni. (10) Ut veroHannibal ipse, dum murum incautius subit, adversurn fe-mu: tra~la graviter ictus cecidit, tanta circa fuga ac trepi-datio fuit, ut non multum abesset, quin opera ac vineae de-sererentur.

8. (1) Obsidio deinde per paucos dies magis quam oppug-natio fuit, dum volnus ducis curaretur; per quod tempus

:::nräge aus dem Fischfang oder der Landwirtschaft, sei escank des Bevölkerungswachstums, sei es dank der Unan-zastbarkeit ihrer Grundsätze, mit der sie an ihrer Bündnis-_ icht bis zum eigenen Untergang festhielten." .- 4) Hannibal rückte mit seinem feindlichen Heer in dasGebiet von Sagunt vor, verwüstete überall die Felder und- .- dann die Stadt von drei Seiten her an. (5) Eine Ecke der- -estigungsanlage ragte in ein Tal, das flacher und offener

ar als das übrige umliegende Gelände; gegen diese Ecke1besch.losser Sturmdächer zu führen, um unter ihnen einen

bock gegen die Stadtmauer heranzubringen. (6) Zwarar das Gelände fern der Mauer eben genug, um die

- utzdacher heranzutragen, doch als man zur Tat schreitenollte, verlief die Unternehmung vollkommen erfolglos.

Einerseits erhob sich drohend ein riesiger Turm, anderer-its war die Mauer hier, weil die Stelle gefährdet schien,

ce dich höher als sonst, und zum dritten leisteten die jun-_ Männer, ein Eliteverband, dort, wo offenkundig die~ - te Gefahr und ein besonderer Grund zur Furcht be-- d, mit vermehrter Anstrengung Widerstand. (8) Zue7st

ugen sie die Feinde mit Wurfgeschossen zurück und lie-es nicht zu, dass die Angreifer bei ihren Schanzarbeiten

_ ndeine sichere Stelle fanden. Danach blitzten die Ge-- osse nicht mehr nur von der Mauer und vom Turm, son-

cem man hatte sogar den Mut, einen Ausfall auf die PostenSchanzwerke der Feinde zu machen. (9) In diesen unge-eten Gefechten fielen etwa genauso viele Saguntiner

ie Punier. (10) Sobald jedoch Hannibal selber, als er sich, unvorsichtig der Mauer näherte, von einem Wurfspieß

am Oberschenkel schwer verletzt zusammenbrach, er-- -- man ringsum die Flucht und eine so große Bestürzung:.. re sich breit, dass nicht viel fehlte und man hätte diei::nanzarbeiten und die Schutzdächer aufgegeben.

(1) Anschließend wurde während weniger Tage - soe, bis die Wunde des Feldherrn verheilt war - die Stadt

cer belagert als ~estürmt. Zwar ruhten in dieser Zeit die

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~t quies ~er.taminum erat, ita ab apparatu operum ac muni-tionum nihil cessatum. (2) Itaque acrius de integro coortumest bellum pluribusque partibus, vix accipientibus quibus-dam opera locis, vineae coeptae agi admoverique aries.(3) Abundabat multitudine hominum Poenus - ad centumenim quinquaginta milia habuisse in armis satis creditur:(4) oppidani ad omnia tuenda atque obeunda multifaria~disti~eri coeP.ti non sufficiebant. (5) Itaque iam feriebanturarietibus mun quassataeque multae partes erant; una conti-nentibus ruinis nuda~erat urbem; tres deinceps turres quan-tumque inter eas mun erat, cum fragore ingenti prociderant.(?) C~ptum oppidum ea ruina crediderant Poeni, qua, velutSI panter utrosque m,:~s texisset, i~a utrimque in pugnamprocurs.um est. (7) ~lhtl tumultuanae pugnae simile erat,qual~s III oppugnationibus urbiurr: per occasionem partis~lterlUs conseri solent, sed iustae acies, velut patenti campo,inter ruinas mun tectaque urbis modico distantia intervalloconstitera~t. (~) Hinc spes, hinc desperatio animos inritat,Poeno ceplsse iam se urbem, si paulum adnitatur, credente,Saguntinis pro nudata moenibus patria corpora opponenti-bus nec ullo pedem referente, ne in relictum a se locum ho-ste~ immitteret. (9) Itaque quo acrius et confertim magisutrirnque pugnabatur, eo plures volnerabantur nullo interarma corporaque vano intercidente telo. (10) Phalarica erat

~pfe, doch man arbeitete ohne Pause weiter an den- anz- und Befestigungsanlagen. (2) Deshalb wurde der

ieg dann umso heftiger fortgesetzt, und zwar an mehr~-• Stellen; und obwohl sich das Gelände manchmal für die_-..n.Iagevon Schanzwerken kaum eignete, begann man mitzem Heranführen der Schutzdächer und dem Vorrücken des?...ammbocks. (3) Die Punier waren zahlenmäßig deutlich in- Überzahl - man ist sich nämlich ziemlich sicher, dass_ a 150000 Mann unter Waffen standen; (4) man hatte be-

nnen, die Bewohner der Stadt an viele Orte zu verteilen,reichte ihre Zahl nicht aus, um alles zu verteidigen und

all zu sein. (5) Daher wurden die Mauern bereits mitSturmböcken gerammt und waren an vielen Stellen

on beschädigt; ein Stück war auf breiter Front einge-~t und bot freien Zugang zur Stadt; drei Türme und dieresamte Mauer zwischen ihnen waren nacheinander mit un-= . eurem Getöse zusammengestürzt .' (6) Die Punier hatten= aubt, nach diesem Einsturz sei die Stadt schon erobert;- wie wenn die Stadtmauer beide Parteien in gleicher

eise geschützt hätte, so stürzte man sich daraufhin von~ 'den Seiten in die Schlacht. (7) Nichts erinnerte an unge-rdnete Kämpfe, wie sie sich bei Angriffen auf eine Stadt,enn sich der einen Partei eine günstige Gelegenheit bietet,-eben, sondern wie auf freiem Feld hatten regelrechte

_ achtreihen zwischen den eingestürzten Mauern und den-, . e gelegenen Häusern der Stadt Aufstellung genommen.

Hier spornte die Hoffnung, dort die Verzweiflung den- pfgeist an: die Punier meinten, die Stadt se~ schon er-

wenn sie sich nur ein wenig anstrengten; die Sagunti-andererseits stellten sich mit ihren Körpern vor ihrelose Stadt und nicht einer wich zurück, um nur nicht

- von ihm geräumten Platz einem Feind zu überlassen.Daher stieg mit der Heftigkeit und dem Gedränge der

= pie auf jeder Seite die Zahl der Verwundeten, weil zwi- .den Waffen und Korpern kein Raum mehr blieb undGeschoss traf. (10) Als Wurfspieß verwendeten die

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Saguntinis missile telum hastili abiegno et cetera tereti prae-t~rquam ad extrem um, unde ferrum exstabat; id, sicut inpilo, quadratum stuppa circumligabarit linebantque pi ce;(11) ferrum autem tres longum habebat pedes, ut cum armistransfigere corpus posset. Sed id maxime, etiamsi haesissetIn scuto nec penetrasset in corpus, (12) pavorem faciebat,9.uod, cum medium accensum mitteretur conceptumqueIpSO rnotu multo rnaiorern ignem ferret, arma omitti coge-bat nudumque militem ad insequentes ictus praebebat.

9 (1) Cum diu anceps fuisset certarnen et Saguntinis, quiap~~eter spern ~esisterent, crevissent animi, Poenus, quia nonvicisset, pro VICtoesset, (2) clamorem repente oppidani tol-lunthostemque in ruinas muri expellunt, inde impeditumtrepidantemque exturbant, postremo fusum fugatumque incastra redigunt.

(3) Interim ab Roma legatos venisse nuntiatum est; qui-bus obviam ad mare missi ab Hannibale, qui dicerent nectuto eos adituros inter tot tarn effrenatarum gentium armanec Han~ibali in tanto discrimine rerum operae esse legati-ones audire. (~) App~rebat non adrnissos protinus Carthagi-nem ituros. LItteras igrtur nuntiosque ad principes factionisBa:cinae praemittit, ut praepararent suorum animos, nequid pars altera gratificari populo Romano posset.

10 (1) Itaque, praeterquam quod admissi auditique sunt,

- azuntiner die Phalarica, eine Lanze mit einem Schaft aus- annenholz, der bis auf die Spitze, dort, wo ein Stück Eisen- orstand, rund war; dies - wie bei einem römischen

urfspieß - viereckige Stück war mit Flachs umwickelt und- Pech bestrichen; (11) die eiserne Spitze indes war drei

=- 32 lang, so dass sie zugleich mit der Rüstung auch den~örper durchbohren konnte. Aber auch wenn die Phalarica- Schild stecken blieb und nicht in den Körper eindrang,

verbreitete sie vor allem dadurch Angst und Schrecken,- sie, da sie vor dem Wurf in der Mitte angezündetarde und gerade durch die Bewegung des Flugs noch hef-_ zu brennen begann, dazu zwang, die Waffen fallen zu- n, und so den Soldaten wehrlos machte gegenüber den

-- olgenden Geschossen. .9 (1) Als das Gefecht lange unentschieden geblieben war,cchs bei den Saguntinern, weil sie wider Erwarten Wider-nd leisten konnten, der Mut und die Punier schienen, da

~ nicht gesiegt hatten, so gut wie besiegt; (2) da erhoben=-e Städter plötzlich ein Geschrei und trieben den Feind in- ~ Trümmer der Stadtmauer; sie verjagten ihn, da er jetzt-- Kämpfen gehindert und orientierungslos geworden war,

ieder von dort, schlugen ihn völlig in die Flucht und trie-ihn schließlich ins Lager zurück."

3 Inzwischen 'traf die Meldung ein, aus Rom seien Ge-- te gekommen. Hannibal schickte ihnen Boten ans Meer

egen, die ausrichten sollten, sie könnten unter dem"--enhagel so vieler entfesselter Völker nicht gefahrlos zu

- elangen; und außerdem habe Hannibal in einer so kri-. en Situation keine Zeit, sich Gesandtschaften anzuhö-- (4) Es war klar, dass die Gesandten, wenn sie keine-enz erhielten, sofort nach Karthago reisen würden.sandte Hannibal im Voraus Briefe und Boten zu den

enden Männern der barcinischen Partei, damit sie ihre= "er anwiesen, dafür zu sorgen, dass die Gegenparteirömischen Volk keine Zugeständnisse mache.

~: 1) Daher war, wenn man davon absieht, dass die Le-

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28 Ab urbe condita liber XXI Römische Geschichte 21. Buch

;0 n eine Audienz erhielten und angehört wurden, auchzzese Gesandtschaft völlig vergeblich. (2) Hanno'" plädierte

- Einziger gegen den Senat für die Einhaltung des Vertra-wegen seines Ansehens verhielten sich die Zuhörenden

-- ruhig, teilten aber nicht seine Meinung. (3) Er be-- or die Götter als Richter und Zeugen der Verträge und- e sie an, es nicht dahin kommen zu lassen, mit dem. gegen Sagunt auch einen Krieg gegen Rom heraufzu-

wören. Er habe im Voraus davor gewarnt, den Nach-rnmen Hamilcars zum Heer zu schicken." Weder die- en" noch der Spross dieses Mannes würden Ruhe ge-

und solange noch ein Blutsverwandter und Namens-==.::; r Barcas existiere, würden die Verträge mit den:: - ern niemals unangetastet bleiben. (4) »Einen jungen

den das Verlangen nach der Königsherrschaft ver-- - und der glaubt, dieses Ziel nur dann zu erreichen,

er einen Krieg an den anderen reiht und inmitten von~en und Legionen sein Leben führt, einen solchen Mann

ihr, indem ihr dem Feuer gleichsam Nahrung gabt, zuHeeren geschickt. Ihr habt also diesen Brand, der euch

-erzehrt, selbst genährt." (5) Eure Heere belagern, un--- Bruch des Friedensvertrages," Sagunt. Bald werden rö-

e Legionen Karthago umstellen, geführtvon eben denrn, mit deren Hilfe im vorigen Krieg" die gebroche-'ertrage gerächt worden sind. (6) Ihr kennt doch den

~ euch selbst und das Schicksal beider Völker! Gesand-~'e von Bundesgenossen kamen, um sich für Bundesge-

einzusetzen, hat euer trefflicher Feldherr den Zutritt~ Lager verwehrt. Er hat das Völkerrecht außer KraftL Dennoch sind sie, obwohl man sie dort abwies, woeinmal Gesandte der Feinde ausgeschlossen werden,

gekommen. Man verlangt vertragsgemäß eine Wie-..--,..,...,.......,.,.,~chung.Mag auch keine Rechtsverletzung von Sei-

Staates vorliegen: dennoch verlangen sie die Auslie-" es Mannes, der für den Rechtsbruch verantwortlich

-~ den man wegen dieses Verbrechens anklagt. (7) Je

ea quoque vana atque inrita legatio fuit. (2) Hanno unus ad-versus. senatum causam foederis magno silentio propterauctontatem suam, non cum adsensu audientium egit,(3) per deos foederum arbitros ac testes obtestans, ne Ro-rr:a~um cum Sagu~tin~ suscitar~nt bellum; monuisse, prae-dixisse se, ne Hamilcaris progernem -ad exercitum mitterent:non manes, non stirpern eius conquiescere viri, nec un-qua~, do~ec sanguinis nominisque Barcini quisquam su-per~lt! qU!etu~a ~omana foedera. (4) "Iuvenem flagrantemcupidine reglll vlan:que unam ad id cernentem, si ex bellisbella ?ere~do. succinctus armis legionibusque vivat, velutmatenam igru praebentes, ad exercitus misistis. Aluistise:go hoc incendium, quo nunc ardetis, (5) Saguntum vestricircumsedent exercitus, unde arcentur foedere: mox Car-thagine.m circumsedeb~nt Romanae legiones ducibus iis-dem dIS, per quos pnore bello rupta foedera sunt ulti.(6) U~rum hostem an v?s an fortunam utriusque populi ig-noratis? Legatos ab SOCHSet pro sociis venientes bonus im-perator vester in castra non admisit; ius gentiurn sustulit; hitarnen, unde ne hostium quidem legati arcentur, pulsi, advos venerunt. Res ex foedere repetuntur; publica fraus absit:auctorem culpae et reum criminis deposcunt. (7) Quo le-

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nius agunt, segnius incipiunt, eo, cum coeperint, vereor, neperseverantius saeviant. Aegates insulas Erycemque anteoculos proponite, quae terra marique per quattuor et vigintiannos passi sitis. (8) Nec puer hic dux erat, sed pater ipseHamilcar, Mars alter, ut isti volunt. Sed Tarento, id est Ita-lia, non abstinueramus ex foedere, sicut nunc Sagunto nonabstinemus; (9) vicerunt ergo di hominesque et, id de quoverbis ambigebatur, uter populus foedus rupisset, eventusbelli velut aequus iudex, unde ius stabat, ei victoriarn dedit,(10) Carthagini nunc Hannibal vineas turresque admovecCarthaginis moenia quatit ariete. Saguntini ruinae - falsusutinam vates sim - nostris capitibus incident, susceptumquecum Saguntinis bellum habendum cum Romanis est,(11) Dedemus ergo Hannibalem? dicet aliquis, Scio meamlevem esse in eo auctoritatem propter paternas inimicitias;sed et Hamilcarem eo perisse laetatus sum, quod, si ille vi-veret, bellum iam haberemus cum Romanis, et hunc iuve-nem tamquam furiam facemque huius belli odi ac detestor;(12) nec dedendum solum id piaculum rupti foederis, sed sinemo deposcit, devehendum in ultimas maris terrarumqueoras, ablegandum eo, unde nec ad nos nomen famaque eiusaccedere neque ille sollicitare quietae civitatis statum possit,

crsamer sie vorgehen, je mehr Zeit sie sich nehmen, de-- dauernder werden sie, so fürchte ich, wenn sie einmal

_ nnen haben, ihrer Verbitterung freien Lauf lassen. Hal-- euch nur die Ägatischen Inseln und den Eryx" vor Au-

_ und all das, was ihr in 24 Jahren zu Wasser und zue erlitten habt. (8) Und doch war damals nicht dieser

hier euer Feldherr, sondern sein Vater Hamilcarersönlich, ein zweiter Mars, wie diese Leute da42 be-

cten. Allerdings hatten wir uns - vertragsbrüchig" - an•• d. h. Italien, vergriffen, so wie wir uns jetzt an Sa-

ergreifen; (9) folglich siegten die Götter und die Men-. und zu dem mit Worten geführten Streit, welches

en Vertrag gebrochen habe: der Ausgang des Krieges.e ein gerechter Richter dem den Sieg beschert, der das• auf seiner Seite hatte. (10) Gegen Karthago rückt

-- - al jetzt mit seinen Schutzdächern und Belager.tlDg~-vor: die Mauern Karthagos erschüttert er rmt sel-

=bock. Die Trümmer Sagunts werden - ach, wäreein falscher Prophet! - auf unsere Köpfe stürzen,

c Krieg, den wir mit den Saguntinern begonnen h~-~üssen wir mit den Römern führen. (11) ,Werden WIrHannibal ausliefern?«, wird jemand fragen. Ich weiß

r-r- ••• egen meiner Feindschaft mi.t Hann~bals Vater ~atrimme in dieser frage wellIg Gewicht: Doch Ich-eh über Hamilcars Tod auch deshalb so gefreut,. wenn er noch am Leben wäre, bereits im Krieg ge~

- e Römer ständen; und in diesem jungen Mann sehe=.!:'~~l5am den Dämon und die Brandfackel dieses Krie-

und ich hasse und verabscheue ihn. (12) Ich nunnicht nur dafür, ihn als Sühneopfer für den Ver-

::dI auszuliefern, sondern meine auch, man müssewenn niemand seine Auslieferung verlangte, an

erntesten Küsten des Meeres und der Welt verban--- ihn dorthin jagen, von wo aus weder sein Name

_-'- '=:;...j,c Kunde von ihm zu uns dringen und er selbst die'--..::: c;;...,,,,, Ordnung unseres Staates nicht erschüttern kann.

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ego ita censeo. (13) Legatos externplo Romam mittendos,qui senatui satisfaciant, alios, qui Hannibali nuntient, urexercitum ab Sagunto abducat ipsumque Hannibalem exfoedere Romanis dedant, tertiam legationem ad res Sagunti-nis reddendas decerno." .

11 (1) Cum Hanno perorasset, nemini omnium certareoratione cum eo necesse fuit; adeo prope omnis senatusHannibalis erat, infestiusque locuturn arguebant Hanno-nem quam Flaccum Valerium, legatum Romanum. (2) Re-s.!?onsum inde leg~tis Romanis est bellum ortum ab Sagunti-nis, non ab Hannibale esse; populum Romanum iniuste fa-cere, si Saguntinos vetustissimae Carthaginiensium societa .praeponat.

(3) Dum Romani tempus terunt legationibus mittendis.Hannibal, quia fessum militem proeliis operibusque habe-bat, paucorum dierum quietem dedit stationibus ad custo-diam vinearum aliorumque operum dispositis. Interim ani-mos eorum nunc ira in hostes stimulando, nunc spe praemi-orum accendit; (4) ut vero pro contione praedam captaeurbis edixit militurn fore, adeo accensi omnes sunt, ut, si ex-templo signum datum esset, nulla vi resisti videretur posse.(5) Saguntini ut a proeliis quietem habuerant nec lacessentesnec lacessiti per aliquot dies, ita non nocte, non die unquamcessaverant ab opere, ut novum murum ab ea parte, qua pa-tefactum oppidum ruinis erat, reficerent. (6) Inde oppugna-

- Ich beantrage also, unverzüglich Gesandte nach Romschicken mit dem Auftrag, dem Senat Genugtuung zu

. andere sollen Hannibal ausrichten, sein Heer vont abzuziehen, und sie sollen Hannibal persönlich, wie

.-ertrag vorgesehen, den Römern überstellen; eine dritte- - dtschaft soll, so mein Antrag, den Saguntinern Wie-

;:,::mnachung leisten.v".• (1) Nachdem Hanno geendet hatte, hielt es keiner von

iür nötig, eine Rede gegen ihn zu halten. So einmütig.: fast der gesamte Senat auf der Seite Hannibals; undbeschuldigte Hanno, mit größerer Feindseligkeit ge-. en zu haben als Flaccus Valerius, der römische Abge-

(2) Daher beschied man die römischen Gesandten,-:ieg sei von den Saguntinern, nicht von Hannibal be-

worden; das römische Volk sei im Unrecht, wenndie Saguntiner wichtiger seien als das uralte Bündnis

z.en Karthagern."- ähre nd die Römer ihre Zeit mit der Abordnung von~ tschaften vergeudeten, gönnte Hannibal seinen Sol-

weil sie von den Kämpfen und Schanzarbeiten er--:,::"waren, für einige wenige Tage eine Ruhepause; vor---ne er Posten für die Bewachung der Schutzdächer

- 5chanz.anlagen eingeteilt. In der Zwischenzeit heizte er:;i;nmung an, indem er bald den Zorn auf die Feinde- ze, bald die Hoffnung auf Belohnungen weckte. (4) So-

::=- aber vor der Heeresversammlung ankündigte, die~ aus der eroberten Stadt werde den Soldaten gehö-

zren alle so begeistert, dass man ihnen, wenn jetzt so-- - Zeichen gegeben worden wäre, wahrscheinlich kei-

iderstand hätte leisten können. (5) Zwar waren die~~:::'::ler von Gefechten verschont geblieben, weil sie ei-

zze lang auf Angriffe verzichtet hatten und selbstzzackiert worden waren, trotzdem hatten sie zu kei-

- zes- oder Nachtstunde die Schanzarbeit je eingestellt,-.:er Stelle, wo die Stadt durch den Einsturz frei zu-- war, eine neue Mauer zu errichten. (6) Dann traf sie

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tio eos aliquanto atrocior quam ante adorta est, nec qua pri-mum aut potissimum parte ferrent opern, cum omnia variisclamoribus streperent, satis scire poterant. (7) Ipse Hanni-baI, qua turris mobilis, omnia munimenta urbis superansaltitudine, agebatur, hortator aderat. Quae cum admota ca-tapultis ballistisque per omnia tabulata dispositis muros de-fensoribus nudasset, (8) turn Hannibal occasionem ratus,quingentos ferme Afros cum dolabris ad subruendum abimo murum mittit; nec erat difficile opus, quod caernentanon calce durata erant, sed interlita luto structurae antiquaegenere. (9) Itaque latius, quam qua caederetur, ruebat perquepatentia ruinis agmina armatorum in urbem vadebant ..(10) Locum quoque editum capiunt, conlatisque eo catapul-tis ballistisque, ut castellum in ipsa urbe velut arcem immi-nentem haberent, muro circumdant; et Saguntini murum in-teriorem ab nondum capta parte urbis ducunt. (11) Utrim-que summa vi et muniunt et pugnant; sed interiora tuendominorem in dies urbem Saguntini faciunt. (12) Simul crescitinopia omnium longa obsidione et minuitur exspectatio ex-ternae opis, cum tarn procul Romani, unica spes, circa om-nia hostium essent. (13) Paulisper tarnen adfectos animosrecreavit repentina profectio Hannibalis in Oretanos Car-petanosque, qui duo populi, dilectus acerbitate consternati,

Sturmangriff, der um einiges schrecklicher war als der:ige, und sie konnten nicht ausmachen, wo sie zuerst

- hauptsächlich Hilfe leisten sollten, da alles von wildem~ei erfüllt war. (7) Dort, wo ein beweglicher Turm, der

Befestigungsanlagen der Stadt überragte, im Einsatzzr feuerte Hannibal seine Leute persönlich an. Als der

-=-_"IIl herangeschoben war und mit seinen über alle Stock-- everteilten Wurf- und Schleudermaschinen die Vertei-

- - von den Mauern gefegt hatte, (8) hielt Hannibal die...: egenheit für gekommen und schickte etwa 500 Afri~a-

los, die mit Brechaxten die Mauer von unten zum Ein-~-Z bringen sollten; und die Arbeit war nicht schwierig,61 die Bruchsteine nicht durch Kalkmörtel zusammen-

- ten sondern nach alter Bauweise nur mit Lehm verfugt:uen.'(9) Daher stürzte ein breiteres Stück ein, als man un-

öhlt hatte, und durch die beim Einsturz entstandene2-esche drangen Trupps von Bewaffneten in die Stadt ein._: Sie besetzten auch noch .eine Anhöhe, brachten Wurf-

Schleudermaschinen dorthin und bauten eine Mauerdas Ganze, so dass sie mitten in der Stadt ein Kastelln, das wie eine Burg alles überragte. Und die Sagunti-

zogen in gleicher Weise einen inneren Mauerring umnoch nicht eroberten Teil der Stadt. (11) Unter Einsatz

er Kräfte wurde auf beiden Seiten die Schanzarbeit ver-.. tet und gekämpft; doch dadurch, dass sie nur das weiter!::aen gelegene Stadtgebiet schützten, machten die Sagunti-

ihre Stadt von Tag zu Tag kleiner. (12) Gleichzeitig wur-durch die lange Belagerung die Vorräte immer knapper

d es sank die Aussicht auf Hilfe von außen, da die Römer,...:rre einzige Hoffnung, so weit entfernt waren und sich,..,. sum alles in Feindeshand befand. (13) Für kurze Zeit

och ließ der plötzliche Aufbruch Hannibals gegen dieetaner und Karpetaner den gesunkenen Mut wieder auf-

~.. n; diese beiden Völker hatten, empört über die brutalenkrutierungsmethoden, die Werber festgehalten und es

stand zu befürchten, dass sie abtrünnig würden; doch sie

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retentis conquisitoribus metum defectionis cum praebuis-sent, oppressi celeritate Hannibalis omiserunt mota arma.

12 (1) Nec Sagunti oppugnatio segnior erat Maharbale,Himilconis filio - eum praefecerat Hannibal -, ita impigrerem agente, ut ducem abesse nec cives nec hostes sentirent.(2) Is et proelia aliquot secunda fecit et tribus arietibus ali-quantum muri discussit strataque omnia recentibus ruinisadvenienti Hannibali ostendit. (3) Itaque ad ipsam arcemextemplo ductus exercitus atroxque proelium cum multo-rum utrimque caede initum et pars arcis capta est.

Temptata deinde per duos est exigua pacis spes, AlconemSaguntinum er' Alorcum Hispanum. (4) Alco insciis Sagun-tinis, precibus aliquid moturum ratus, cum ad Hannibalemnoctu transisset, postquam nihillacrimae movebant condi-cionesque tristes ut ab irato victore ferebantur, transfuga exoratore factus apud hostem mansit, moriturum adfirmans,qui sub condicionibus iis de pace ageret. (5) Postulabaturautem, redderent res Turdetanis traditoque omni auro atqueargento egressi urbe cum singulis vestimentis ibi habitarent,ubi Poenus iussisset. (6) Has pacis leges abnuente Alconeaccepturos Saguntinos, Alorcus vinci animos, ubi alia vin-cantur, adfirmans, se pacis eius interpretemfore pollicetur;

wurden von Hannibals schneller Reaktion überrascht undgaben den Kampf, zu dein sie sich erhoben hatten, wiederauf.

12 (1) Bei der Bestürmung Sagunts gab es jedoch keinNachlassen, da jetzt Maharbal, der Sohn Himilcos - ihnhatte Hannibal mit dem Oberkommando betraut - so rast-los zu Werke ging, dass weder die eigenen Leute noch dieFeinde die Abwesenheit des Feldherrn bemerkten. (2) Ma-harbal schlug sich einige Male erfolgreich, brachte mit dreiRammböcken ein recht großes Stück der Mauer zum Ein-sturz und konnte Hannibal bei dessen Ankunft zeigen, dassdas ganze Gelände von neuen Trümmern bedeckt war.(3) Daher wurde das Heer unverzüglich direkt gegen dieStadtburg geführt, ein schrecklicher Kampf mit hohen Ver-lusten auf beiden Seiten begann und ein Teil der Burgwurde erobert.

Danach versuchten zwei Männer, der Saguntiner Alcound der Spanier Alorcus, herauszufinden, ob es nicht docheine winzige Hoffnung auf Frieden gebe. (4) Weil Alcoglaubte, durch Bitten etwas erreichen zu können, hatte ersich ohne Wissen der Saguntiner nachts zu Hannibal bege-ben; als aber seine Tränen nichts bewirkten und harte Be-dingungen, wie von einem erzürnten Sieger nicht anders zuerwarten, gestellt wurden, wurde er vom Unterhändler zumÜberläufer und blieb bei den Feinden; er beteuerte, dass je-der, der unter diesen Bedingungen Friedensverhandlungenführe, sterben werde. (5) Man verlangte aber von den Sa-guntinern, den Turdetanern" Schadenersatz zu leisten undnach Auslieferung allen Goldes und Silbers mit jeweils nureinem Kleidungsstück die Stadt zu verlassen und sich dortanzusiedeln, wo der Punier es verlangte. (6) Während Alcodiese Friedensbedingungen ablehnte, versicherte Alorcus,die Saguntiner würden sie akzeptieren; wo schon alles an-dere unterworfen sei, könne auch ihr Stolz besiegt werden;und er versprach, sich als Vermittler eines solchen Friedenszur Verfügung zu stellen; er diente aber damals unter Han-

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erat autem tum miles Hannibalis, ceterum publice Sagunti-nis amicus atque hospes. (7) Tradito palam telo custodibushostium transgressus munimenta ad praetorem Saguntinum- et ipse ita iubebat - est deductus. (8) Quo cum externploconcursus omnis generis hominum esset factus, submotacetera multitudine senatus Alorco datus est, cuius talis ora-tio fuit:

13 (1) "Si civis vester Alco, sicut ad pacem petendam adHannibalem venit, ita pacis condiciones ab Hannibale advos rettulisset, supervacaneum hoc mihi fuisset iter, quo necorator Hannibalis nec transfuga ad vos veni; (2) sed cum illeaut vestra aut sua culpa manserit apud hostern - sua, si me-tum simulavit; vestra, si periculum est apud vos vera refe-rentibus -, ego, ne ignoraretis esse et salutis aliquas et pacisvobis condiciones, pro vetusto hospitio, quod mihi vobis-cum est, ad vos veni: (3) Vestra autem causa me nec ulliusalterius loqui, quae loquor apud vos, vel ea fides sit, quodneque' dum vestris viribus restitistis, neque dum auxilia abRomanis sperastis, pacis unquam apud vos mentionem feci.(4) Postquam nec ab Romanis vobis ulla est spes nec vestravos iam aut arma aut moenia satis defendunt, pacem adferoad vos magis necessariam quam aequam. (5) Cuius ita aliquaspes est, si -eam, quemadmodum ut victor fert Hannibal, sievos ut victi audiatis; si non id, quod amittitur, In damno,cum omnia victoris sint, sed, quidquid relinquitur, pro mu-

nibal als Soldat und war außerdem, in offizieller Mission,Freund und Gastfreund der Saguntiner," (7) Nachdem ervor aller Augen seine Waffe den Wachen der Feinde ausge-händigt hatte, durchschritt er die Befestigungsanlagen undwurde - auch er selbst verlangte dies - vor den saguntini-schen Prätor" gebracht. (8) Dort fanden sich sofort allemöglichen Leute ein; nachdem die übrige Menge zurückge-drängt worden war, bekam Alorcus Zutritt zum Senat undhielt folgende Rede:

13 (1) "Wenn euer Mitbürger Alco nicht nur zu Hanni-bal gegangen wäre, um Frieden zu erbitten, sondern aucheuch über Hannibals Friedensbedingungen informiert hätte,wäre für mich dieser Gang, der mich weder als HannibalsUnterhändler noch als Überläufer zu euch gebracht hat,überflüssig gewesen; (2) doch da Alco entweder aus euremoder aus eigenem Verschulden beim Feind geblieben ist -aus seinem eigenen, falls er seine Furcht nur vorgetäuschthat, aus eurem, falls es bei euch riskant ist, die Wahrheit zusagen -, bin ich aus Respekt vor der langen Gastfreund-schaft, die mich mit euch verbindet, zu euch gekommen, da-mit ihr wisst, dass man euch einige Angebote für eure Ret-tung und für einen Friedensschluss macht. (3) Dass ich abereuch das, was ich sage, in eurem Interesse und nicht im In-teresse irgendeines anderen vortrage, darauf könnt ihr euchbesonders deshalb verlassen, weil ich, solange ihr mit eige-ner Kraft Widerstand geleistet und solange ihr auf die Hilfeder Römer gehofft habt, niemals euch gegenüber einen Frie-densvertrag erwähnt habe. (4) Seitdem ihr jedoch von denRömern keine Unterstützung mehr erwarten und ihr wedereuch noch eure Mauern mit euren Waffen hinreichendschützen könnt, erst da überbringe ich euch einen Frieden,der zwar nicht gerecht, wohl aber notwendig ist. (5) Indiesem Frieden liegt immerhin einige Hoffnung, falls ihr dieEmpfehlung, so wie Hannibal sie als Sieger vorlegt, alsBesiegte anhört und falls ihr das, was verloren geht, nichtals Verlust betrachtet - dem Sieger gehört ja doch alles -,

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nere habituri estis. (6) Urbem vobis, quam ex magna partedirutam, captam fere totam habet, adimit: agros relinquit,locum adsignaturus, in quo novum oppidum aedificetis.Aurum et argentum omne, publicum privatumque, ad se iu-het deferri: (7) corpora vestra coniugum ac liberorum ve-strorum servat inviolata, si inermes cum binis vestimentisvelitis ab Sagunto exire. (8) Haec victor hostis imperat; haec,quamquam sunt gravia atque acerba, fortuna vestra vobissuadet. Equidem haud despero, cum omnium potestas eifacta sit, aliquid ex his rebus remissurum; (9) sed vel haecpatienda censeo potius quam trucidari corpora vestra, rapitrahique ante ora vestra coniuges ac liberos belli iure sina-tis."

14 (1) Ad haec audienda cum circumfusa paulatim multi-tudine permixtum senatui esset populi concilium, repenteprimores secessione facta, priusquam responsum daretur,argentum aurumque omne ex publico privatoque in forumconlatum in ignem ad id raptim factum conicientes eodemplerique semet ipsi praecipitaverunt. (2) Cum ex eo pavor actrepidatio totam urbem pervasisset, alius insuper tumultusex arce auditur. Turris diu quassata prociderat, perque rui-nam eius cohors Poenorum impetu facto cum signum impe-ratori dedisset, nudatam stationibus custodiisque solitis ho-stium esse urbem, (3) non cunctandum in tali occasione ra-tus Hannibal, totis viribus adgressus urbem momento cepit,

sondern das, was euch bleibt, als Geschenk bewertet. (6) DieStadt, die weitgehend zerstört ist und die er fast ganz er-obert hat, nimmt er euch fort; doch lässt er euch die Felderund wird euch einen Platz anweisen, wo ihr eine neue Stadtbauen könnt. Er verlangt die Aushändigung allen Goldesund Silbers, das sich in staatlichem und privatem Besitz be-findet. (7) Er garantiert euch, euren Frauen und Kindern diekörperliche Unversehrtheit, falls ihr bereit seid, ohne Waf-fen und nur mit je zwei Kleidungsstücken" Sagunt zu ver-lassen. Das befiehlt euch der siegreiche Feind. (8) Dazu rät,obwohl die Bedingungen schwierig und hart sind, auch eureLage. Ich persönlich bin sehr zuversichtlich, dass er euch,weil er ja alles in seiner Macht hat, etwas von diesen Aufla-gen erlassen wird. (9) Meines Erachtens aber solltet ihrlie-ber sogar all das erdulden als zulassen, dass man euch hin-metzelt und eure Frauen und Kinder V0r euren Augenraubt und fortschleppt, wie es ja nach dem Kriegsrechtmöglich wäre.«

14 (1) Als allmählich eine Menschenmenge zusammenge-strömt war, um diese Ausführungen .rnit anzuhören, undsich Volksversammlung und Senatssitzung vermischt hat-ten, entfernten sich plötzlich die Honoratioren und brach-ten - noch bevor eine Antwort erteilt wurde - alles Goldund Silber aus staatlichem und privatem Besitz auf denMarktplatz, entzündeten eilig ein Feuer, warfen alles hineinund die meisten stürzten sich selbst in die Flammen. (2) Alssich der Schrecken und die Bestürzung darüber in der gan-zen Stadt verbreitet hatten, hörte man noch obendrein einenvon der Stadtburg kommenden anderen Lärm. Ein schonlange erschütterter Turm war zusammengebrochen unddurch die Einsturzstelle stürmte eine Kohorte der Punier.Nachdem man dem Feldherrn gemeldet hatte, dass die Stadtder Feinde von ihren gewohnten Posten und Wachen ent-blößt sei," (3) glaubte Hannibal, in einer solch günstigen Si-tuation nicht zögern zu dürfen: Er griff die Stadt mit allenzur Verfügung stehenden Kräften an, eroberte sie im Hand-

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signo dato ut omnes puberes interficerentur. Quod impe-rium crudele, ceterum prope necessarium cognitum ipsoeventu est; (4) cui enim parci potuit ex iis, qui aut inclusicum coniugibus ac liberis domos super se ipsos concrerna-verunt aut armati nullum ante finem pugnae quam rnorien-tes fecerunt?

15 (1) Captum oppidum est cum ingenti praeda. Quam-quam pleraque ab dominis de industria corrupta erant et incaedibus vix ullum discrimen aetatis ira fecereat et captivimilitum praeda fuerant, (2) tarnen et ex pretio rerum vendi-tarum aliquanturn pecuniae redactum esse constat et mul-tarn pretiosam supellectilem vestemque missam Carthagi-nem.

(3) Octavo mense quam coeptum oppugnari captum Sa-gunturn quidam scripsere; inde Carthaginem Novam in hi-berna Hannibalem concessisse; quinta deinde mense, quamab Carthagine profectus sit, in Italiam pervenisse. (4) Quaesi ita sunt, fieri non potuit, ut P. Cornelius Ti. Semproniusconsules fuerint, ad quos et principio oppugnationis legatiSaguntini missi sint et qui in suo magistratu cum Hanni-bale, alter ad Ticinum amnem, ambo aliquanto post ad Tre-bi am pugnaverint. (5) Aut omnia breviora aliquanto fuereaut Saguntum principio anni, quo P. Cornelius Ti. Sempro-nius consules tuerunt, non coeptum oppugnari est, sed cap-turn. (6) Nam excessisse pugna ad Trebiam in annum Cn.Servili et C. Flamini non potest, quia C. Flaminius Ariminiconsulatum iniit, creatus a Ti".Semprdnio consule, qui post

umdrehen und ließ auf ein Zeichen hin alle Erwachsenentöten. Dass dieser Befehl zwar grausam, .im Übrigen aberfast unausweichlich war, wurde durch den Gang der Ereig-nisse deutlich: (4) Wen nämlich hätte man schonen könnenvon denen, die sich mit ihren Frauen und Kindern einge-schlossen hatten und die Häuser über ihren Köpfen nieder-brannten oder die zu den Waffen griffen und erst sterbendden Kampf aufgaben?

15 (1) Bei der Eroberung der Stadt war die Beute riesig.Obgleich das meiste von den Eigentümern vorsätzlich zer-stört worden war und auch wenn der Zorn der Sieger beidem Gemetzel kaum auf das Lebensalter Rücksicht genom-men hatte und die Gefangenen den Soldaten als Beute zu-fielen, (2) so steht dennoch fest, dass aus dem Erlös der ver-kauften Dinge sehr viel Geld zusammenkam und viele kost-bare Gerätschaften und eine Menge wertvoller Kleidung .nach Karthago geschickt wurde.

(3) Im achten Monat nach dem Beginn des Angriffs sei,wie manche geschrieben haben, Sagunt erobert worden; da-nach soll Hannibal nach Karthago Nova ins Winterlagergezogen und vier Monate nach seinem Aufbruch von Kar-thago (Nova) in Italien eingetroffen sein. (4) Falls das zu-trifft, ist ausgeschlossen, dass Publius Cornelius und Tibe-rius Sempronius die Konsuln waren, zu denen bei Belage-rungsbeginn saguntinische Gesandte geschickt wurden; unddann können sie nicht während ihrer Amtszeit mit Hanni-bal gekämpft haben - der eine am Ticinus, beide eine Weilespäter an der Trebia." (5) Entweder spielte sich also alles inbeträchtlich kürzerer Zeit ab, oder aber auf den Anfang desJahres, in dem Publius Cornelius und Tiberius SemproniusKonsuln waren, fiel nicht der Beginn des Überfalls auf Sa-gunt, sondern bereits die Eroberung. (6) Denn die Schlachtan der Trebia kann nicht während des Amtsjahres desGnaeus Servilius und des Gaius Flaminius stattgefundenhaben: Gaius Flaminius trat nämlich in Ariminum dasKonsulat an, nachdem ihn der Konsul Tiberius Sempronius

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pugnam ad Trebiam ad creandos consules Romam cum ve-nisset, comitiis perfectis ad exercitum in hiberna rediit.

16 (1) Sub idem fere tempus et legati, qui redierant abCarthagine, Romam rettulerunt omnia hostilia esse, et Sa-gunti excidium nuntiatum est; (2) tantusque simul maerorpatres misericordiaque sociorum peremptorum indigne etpudor non lati auxilii et ira in Carthaginienses metusque desumma rerum cepit, velut si iam ad portas hostis esset, uttot uno tempore motibus animi turbati trepidarent magisquam consulerent: (3) nam neque hostem acriorem bellico-sioremque secum congressum nec rem Romanam tarn desi-dem unquam fuisse atque imbellem. (4) Sardos Corsosqueet Histros atque Illyrios lacessisse magis quam exercuisseRomana arma et cum Gallis tumultuatum verius quam bel-ligeratum: (5) Poenum ho stern veteranum, trium et vigintiannorum militia durissima inter Hispanas gentes sempervictorem, duci acerrimo adsuetum, recentern ab excidioopulentissimae urbis, Hiberum transire; (6) trahere secumtot excitos Hispanorum populos; conciturum avidas semperarmorum Gallicas gentes; cum orbe terrarum bellum geren-dum in Iralia ac pro moenibus Romanis esse.

17 (1) Nominatae iam antea consulibus provinciae erant;turn sortiri iussi. Cornelio Hispania, Sempronio Africa cumSicilia evenit. (2) Sex in eum annum decretae legiones et so-

hatte wählen lassen; der wiederum war nach der Schlacht ander Trebia für die Konsulwahlen nach Rom gekommen undnach deren Ablauf zu seinem Heer ins Winterlager zurück-gekehrt."

16 (1) Etwa zu demselben Zeitpunkt, als die Gesandtennach ihrer Rückkunft aus Karthago nach Rom berichteten,dass alles feindlich sei, traf die Nachricht vom UntergangSagunts ein. (2) UJ).d die Senatoren empfanden eine solcheTrauer, zugleich ein solches Mitleid mit ihren auf unwür-dige Weise umgekommenen Bundesgenossen, daneben eineso tiefe Scham über die nicht erbrachte Hilfe, einen so hefti-gen Zorn auf die Karthager und - wie wenn der Feindschon vor den Toren stände - eine so große Furcht um dieExistenz des Staates, dass sie unter dem Eindruck so vielergleichzeitiger Erschütterungen mehr in eine kopflose Panikgerieten, als dass sie sich vernünftig berieten. (3) Denn nachihrer Einschätzung waren sie noch nie auf einen so erbitter-ten und so aggressiven Feind gestoßen und noch nie war ih-nen der römische Staat so passiv und so kriegsuntauglichvorgekommen. (4) Die Sarden, Korsen, Istrer und Illyrer"hätten die römischen Soldaten mehr gereizt als wirklich aufdie Probe gestellt und mit den Galliern" habe es eher Unru-hen als Kriege gegeben: (5) doch die Punier, ihr alter Erz-feind, befänden sich seit 23 jahrerr" im härtesten Kriegs-dienst und hätten immer über die spanischen Volksstämmegesiegt; gewöhnt an das Regiment eines äußerst entschlosse-nen Heerführers, gingen sie jetzt, gleich nach der Zerstö-rung der wohlhabendsten und mächtigsten Stadt, über denEbro; (6) mit sich brächten sie ein riesiges Aufgebot spani-scher Völkerschaften; sie würden die stets kriegslüsternengallischen Stämme mit aufhetzen; so werde man mit derganzen Welt in Italien und vor den Mauern Roms Kriegführen müssen."

17 (1) Schon zuvor waren die Provinzen für die Konsulnbestimmt worden:" nun mussten sie losen. Spanien fiel anCornelius, Afrika mit Sizilien an Sempronius. (2) Man be-

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cium, quantum ipsis videretur, et classis, quanta parari pos-set. (3) Quattuor et viginti peditum Romanorum miliascripta et mille octingenti equites, sociorum quadragintamilia peditum, quattuor milia et quadringenti equites; navesducentae viginti quinqueremes, celoces viginti deducti,(4) Latum inde ad populum, vellent iuberent populo Car-thaginiensi bellum indici; eiusque belli causa supplicatio perurbem habita atque adorati di, ut bene ac feliciter eveniret,quod bellum populus Romanus iussisset. (5) Inter consulesita copiae divisae: Sempronio datae legion es duae - ea qua-terna milia erant peditum et treceni equites - et sociorumsedecim milia peditum, equites mille octingenti; naves lon-gae centum sexaginta, celoces duodecim. (6) Cum his terres-tribus maritimisque copiis Ti. Sempronius missus in Sici-liam, ita in Africam transmissurus, si ad arcendum ItaliaPoenum consul alter satis esset. (7) Cornelio minus copia-rum datum, quia L. Manlius praetor et ipse cum haud inva-lido praesidio in Galliam mittebatur; (8) navium maximeCornelio numerus deminutus; sexaginta quinqueremes da-tae - neque enim mari venturum aut ea parte belli dimicatu-rum ho stern credebant - et duae Romanae legion es cum suoiusto equitatu et quattuordecim milibus sociorum peditum,equitibus mille sescentis. (9) Duas legiones Romanas et de-cem milia sociorum peditum, mille equites socios, sescentosRomanos Gallia provincia eodem versa in Punicum bellumhabuit.

18 (1) His ita comparatis, ut omnia iusta ante bellum fie-

willigte ihnen für dieses Jahr sechs Legionen, die Rekrutie-rung so vieler Bundesgenossen, wie es ihnen selbst norwen-dig schien, und die Aufstellung einer möglichst großenFlotte. (3) Bei den Römern wurden 24000 Fußsoldaten und1800 Berittene ausgehoben, bei den Bundesgenossen 40000Infanteristen und 4400 Kavalleristen; 220 Fünfruderer und20 Schnellsegler ließ man auslaufen. (4) Dann wurde dieVolksversammlung befragt, ob es ihr Wille sei, dass demkarthagischen Volk der Krieg erklärt werde; und wegen die-ses Krieges wurde überall in der Stadt ein Bittfest durchge-führt und man flehte zu den Göttern, der Krieg, den das rö-mische Volk beschlossen habe, möge gut und erfolgreichverlaufen. (5) Unter den Konsuln wurden die Truppen soaufgeteilt: Sempronius bekam zwei Legionen - jeweils 4000Fußsoldaten und 300 Reiter - und von den Bundesgenossen16000 Fußsoldaten und 1800 Reiter; außerdem standen 160Kriegsschiffe und 12 Schnellsegler für ihn bereit. (6) Mitdiesen Land- und Seestreitkräften wurde Tiberius Sempro-nius nach Sizilien geschickt und sollte dann nach Afrikaübersetzen, falls der andere Konsul stark genug wäre, diePunier von Italien fernzuhalten. (7) Cornelius bekam einenkleineren Truppenverband zugesprochen, weil man auchden Prätor Lucius Manlius persönlich mit einer schlag-kräftigen Schutztruppe nach Gallien entsenden wollte."(8) Cornelius erhielt vor allem weniger Schiffe; 60 Fünfru-derer wurden ihm zur Verfügung gestellt - man glaubtenämlich nicht, dass der Feind übers Meer kommen oder aufdiesem Kriegsschauplatz kämpfen werde'" -, zudem zweirömische Legionen mit der zugehörigen vollständigen Ka-vallerie und von den Bundesgenossen 14 000 Fußsoldatenund 1600 Reiter. (9) Zwei römische Legionen und 100000Fußsoldaten von den Bundesgenossen, dazu 1000 Alliierteund 600 Römer zu Pferde wurden in der strategisch günstiggelegenen Provinz Gallien" für den Krieg gegen die Punierstationiert.

18 (1) Nach diesen Vorbereitungen schickten die Römer,

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rent, legatos maiores natu, Q. Fabium, M. Livium, L. Aemi-lium, C. Licinium, Q. Baebius in Africam mittunt ad per-contandos Carthaginienses, (2) publicone consilio HannibalSaguntum.oppugnasset, et si id, quod facturi videbantur, fa-terentur ac defenderent publico consilio factum, ut indice-rent populo Carthaginiensi bellum. (3) Romani postquamCarthaginem venerunt, cum senatus datus esset et Q. Fabiusnihil ultra quam unum, quod mandatum erat, percontatusesset, (4) turn ex Carthaginiensibus unus: "Praeceps vestra,Romani, et prior legatio fuit, cum Hannibalem tamquamsuo consilio Saguntum oppugnantem deposcebatis; ceterumhaec legatio verbis adhuc lenior est, re asperior. (5) Tuncenim Hannibal et insimulabatur et deposcebatur; nunc abnobis et confessio culpae exprimitur et ut a confessis res ex-templo repetuntur. (6) Ego autem non privato publiconeconsilio Saguntum oppugnatum sit, quaerendum censeam,sed utrum iure an iniuria; (7) nostra enim haec quaestio at-que animadversio in civem 'nostrum est, quid nostro aut suofecerit arbitrio: (8) vobiscum una disceptatio est, licueritneper foedus fieri. Itaque quoniam discerni placet, quid pu-blico consilio, quid sua sponte imperatores faciant, nobisvobiscum foedus est a C. Lutatio consule ictum, in quo,cum caveretur utrorumque sociis, nihil de Saguntinis - nec-dum enim erant socii vestri - cautum est. (9) At enim eo

damit vor Kriegsbeginn alles seine Richtigkeit habe," Ge-sandte vorgerückten Alters nach Afrika: Quintus Fabius,Marcus Livius, Lucius Aemilius, Gaius Licinius und Quin-tus Baebius; sie sollten sich bei den Karthagern erkundigen,(2) ob Hannibal im Auftrag des Staates Sagunt angegriffenhabe, und wenn sie dies, was zu erwarten war, zugäben undsich damit rechtfertigten, dass es im Auftrag des Staates ge-schehen sei, dann sollten die Gesandten dem karthagischenVolk den Krieg erklären. (3) Nachdem die Römer in Kar-thago eingetroffen waren, ihnen eine Anhörung im Senatbewilligt worden war und Quintus Fabius auftragsgemäßnur die eine Frage gestellt hatte, (4) erwiderte einer der Kar-thager: »Voreilig war, ihr Römer, auch schon eure vorigeGesandtschaft, als ihr die Auslieferung Hannibals verlang-tet, weil er Sagunt angeblich eigenmächtig bestürmte. Diejetzige Gesandtschaft ist zwar bisher in ihren Worten gemä-ßigter, in der Sache hingegen härter. (5) Damals nämlicherhob man Anklage gegen Hannibal und verlangte seineAuslieferung; doch nun wird uns auch noch ein Schuldein-geständnis abgefordert und man will, so als hätten wir be-reits gestanden, eine sofortige Wiedergutmachung. (6) Ichfür meine Person möchte jedoch meinen, dass man nichtfragen darf, ob der Sturm auf Sagunt auf private oder staat-liche Initiative hin erfolgt sei, sondern nur, ob zu Rechtoder Unrecht. (7) Es ist nämlich allein unsere Sache zu un-tersuchen, was er eigenmächtig und was er mit unseremEinverständnis getan hat, und allein uns steht es zu, gegenunseren Mitbürger vorzugehen. (8) Mit euch haben wir le-diglich darüber zu debattieren, ob ein Vertragsbruch vor-liegt. Deshalb soll nun entschieden werden, was ein Feld-herr im staatlichen Auftrag und was er in eigener Verant-wortung tun darf: Der Konsul Gaius Lutatius hat mit unseinen Vertrag geschlossen, in dem für die Bundesgenossenbeider Parteien Verfügungen getroffenwurden, jedoch kei-nerlei Abmachung hinsichtlich der Saguntiner - sie waren jaauch noch gar nicht eure Bündnispartner. (9) In dem Vertrag

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foedere, quod cum Hasdrubale ictum est, Saguntini exci-piuntur. Adversus quod ego nihil dicturus sum, nisi quod avobis didici. (10) Vos enim, quod C. Lutatius consul primonobiscum foedus icit, quia neque auctoritate patrum necpopuli iussu ictum erat, negastis vos eo teneri; itaque aliudde integro foedus publico consilio ictum est. (11) Si vos nontenent foedera vestra nisi ex auctoritate aut iussu vestro icta,ne nos quidem Hasdrubalis foedus, quod nobis insciis icit,obligare potuit. (12) Proinde ornittite Sagunti atque Hiberimentionem facere et, quod diu parturit animus vester, ali-quando pariat." (13) Turn Romanus sinu ex toga facto,"Hic", inquit, "vobis bellum et pacem portamus; utrumplacet, sumite." Sub hanc vocem haud minus ferociter,daret, utrum vellet, succlamatum est; (14) et cum is iterumsinu effuso bellum dare dixisset, accipere se omnes respon-derunt, et quibus acciperent animis, iisdem se gesturos.

19 (1) Haec derecta percontatio ac denuntiatio belli ma-gis ex dignitate populi Romani visa est quam de foederumiure verbis disceptare, cum ante, turn maxime Sagunto ex-cisa. (2) Nam si verborum disceptationis res esset, quid foe-dus Hasdrubalis cum Lutati priore foedere, quod mutatumest, comparandum erat, (3) cum in Lutati foedere diserte ad-ditum esset ita id ratum fore, si populus censuisset, in Has-drubalis foedere nec exceptum tale quicquam fuerit et totanno rum silentio ita vivo eo comprobatum sitfoedus, ut ne

jedoch, der mit Hasdrubal geschlossen wurde, sind dieSaguntiner ausdrücklich ausgenommen." Dem will ich nurdas entgegenhalten, was ich von euch gelernt habe. (10) Ihrhabt nämlich betont, ihr fühltet euch an den Vertrag, dender Konsul Gaius Lutatius zuerst mit uns geschlossen hat,nicht gebunden, da er ohne die Ermächtigung der Senatorenund ohne Weisung durch das Volk zustande gekommen sei;deswegen ist auf staatliches Geheiß ein zweiter Vertrag ge-schlossen worden." (11) Wenn ihr selbst aber nur Verträgerespektiert, die mit eurer Ermächtigung oder auf euer Ge-heiß hin eingegangen worden sind, dann konnte doch auchuns der Vertrag Hasdrubals, den er ohne unser Wissen ge-schlossen hat, nicht verpflichten. (12) Darum hört auf, vonSagunt und vom Ebro zu sprechen, und rückt endlich mitdem heraus, worüber ihr schon so lange brütet.e'" (13) Damachte der Römer aus seiner Toga einen Bausch" und sagte:»Hier bringen wir euch Krieg und Frieden. Nehmt, waseuch gefällt.« Nach dieser Außerung schleuderte man ihmgenauso trotzig entgegen, er solle ihnen geben, was erwolle. (14) Und nachdem Fabius den Bausch der Toga wie-der hatte fallen lassen und erklärt hatte, er gebe den Krieg,antworten alle, sie nähmen ihn an und würden ihn auch ge-nauso mutig führen, wie sie ihn jetzt annähmen.

19 (1) Diese direkte Befragung und Kriegserklärungschien der Würde des römischen Volkes mehr zu entspre-chen als ein mit Worten geführter Streit über das Vertrags-recht - das war schon vorher so, besonders aber nach derZerstörung Sagunts. (2) Denn wenn es um einen Streit mitWorten gegangen wäre, wie hätte man dann den VertragHasdrubals mit dem früheren, später abgeänderten Vertragdes Lutatius vergleichen könnenr'" (3) In den Lutatius-Ver-trag war ja ausdrücklich aufgenommen worden, er werdegültig, wenn das Volk zugestimmt habe, im Vertrag Has-drubals aber stand kein entsprechender Vorbehalt und derVertrag war viele Jahre hindurch" zu seinen Lebzeiten sostillschweigend akzeptiert, dass daran nicht einmal nach