Tod am abgelegenen Waldrand

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Mittwoch, 22. Juli 2015 / Nr. 167 Neue Zuger Zeitung 9 Kultur ! HINGESCHAUT Tod am abgelegenen Waldrand OBERÄGERI Ein ruchloser Mord erschütterte 1907 den Kanton Zug. Obschon heute so gut wie vergessen, erinnert an einem versteckten Ort noch immer ein simpler Gedenkstein an das Verbrechen. E in kaltblütiges Verbrechen sorgte vor 108 Jahren für Entsetzen im Kanton Zug. Es war der 15. No- vember 1907, als ein Pistolenschuss durch den Wald am Ratengütsch hall- te und das Leben eines jungen Mannes jäh beendete. Am Waldrand, ein Stück unterhalb des Bottsrankes, unweit vom Tüfelsmösli, fiel der 27-jährige Kan- tonspolizist Roman Staub aus Men- zingen einem Mörder zum Opfer. Staub stand in der Gemeinde Oberägeri im Dienst. Der damalige Polizeidirektor Josef Andermatt (1871–1942) startete persönlich die unmittelbare Fahn- dungsaktion nach dem Täter – mit Erfolg: Wenig später konnte er in einer Gaststätte im deutschen Radolfzell fest- genommen werden. Es handelte sich um einen Hausierer namens Karl Ebner aus Unterlauchringen bei Waldshut. Er war in Deutschland bereits aktenkun- dig und vorbestraft wegen mehrfachen Einbruchdiebstahls und war in der Region Zug auf Diebestour. Polizist Staub wollte beim verwahrlost ausse- henden Mann eine Personenkontrolle durchführen, als dieser seine Pistole zog und ihm in den Kopf schoss. Der Mörder stritt seine Tat vehement ab. Schliesslich aber wog die Beweislast nach dem gründlichen Untersuchungs- verfahren so schwer, dass das zustän- dige Schwurgericht Konstanz von der Schuld Ebners überzeugt war und ihn zum Tode verurteilte. Am 31. August 1908 informierte die Staatsanwaltschaft Waldshut den Zuger Polizeidirektor, dass Friedrich II. von Baden, seit 28. September 1907 Grossherzog, das Gesuch von Ebner um Begnadigung abgelehnt habe. Das Urteil wurde ge- mäss Angaben des Staatsanwaltes im Hof des Gefängnisses in Konstanz, wo Ebner einsass, vollstreckt – bereits am 2. September 1908 per Enthauptung. Etwas makaber aus heutiger Sicht: Polizeidirektor Andermatt erhielt zu- sammen mit diesem Schreiben eine Gratiseintrittskarte, um der Exekution Ebners in Konstanz beizuwohnen. An der Stelle, wo Roman Staub um- gebracht worden ist, wurde darauf eine kleine Gedenkstätte errichtet. Offenbar verwendete man einen ausgedienten Grabstein, den man mit einer gravierten Metallplakette versah mit dem Wortlaut: Hier wurde am 15. Nov. 1907 von ruch- loser Hand ermordet: Jüngling Roman Staub, Polizist v. Menzingen, stat. in Oberägeri, geb. 5. Jan. 1881, R. I. P. Doch entgegen der Erwartung, dass diese kleine Gedenkstätte nach all den Jahrzehnten etwa verwildert ist, findet der Vorbeikommende heute einen er- neuerten Gedenkstein. Ein knapp halber Meter hoher Granitblock mit einer neu gravierten Plakette steht nun am Tatort. Das Gras um den Gedenkstein ist sogar fein säuberlich ausgemäht. 2010 nämlich wurde auf Initiative von Josef Born von der Militärhistorischen Stiftung des Kan- tons Zug die bis dahin überwucherte und vergessene Erinnerungsstätte instand ge- stellt. Der Standort jedoch ist alles an- dere als exponiert. Wer die Stelle besu- chen möchte, der findet sie rund drei Meter abseits des alten Pilgerwegs über den Raten, der heute nicht mehr rege begangen wird. Knapp 100 Meter unter- halb des Bottsranks – das ist die scharfe Kurve bei der Talstation des Raten-Skilifts – geht rechts am Waldrand entlang eines Zauns ein schmaler Wanderweg ab Rich- tung Tüfelsmösli. Nach zirka 50 Metern, kurz bevor der Weg abschüssig wird, erblickt man rechter Hand am Rande des Wyssenbachtobels den Gedenkstein. ANDREAS FAESSLER [email protected] HINWEIS Mit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frühere Beiträge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut Das Verbrechen liegt lange zurück. Und trotz der Abgelegenheit des Tatortes scheint man das Gedenken an den Menzinger Kantonspolizisten aufrechtzuerhalten. Bild Andreas Faessler Musik anstelle von Motorenlärm STEINHAUSEN Sommerklän- ge im Strassenverkehrsamt: Ein renommiertes Quartett spielt in der Prüfhalle auf. fae. Das nächste Konzert des Festivals Sommerklänge findet am wohl ausser- gewöhnlichsten Ort dieser Saison statt. Wo normalerweise Fahrzeuge akribisch und emissionsreich auf ihre Verkehrs- tüchtigkeit geprüft werden, erfüllt für einmal liebliche Musik die Halle. Im Jahre 1994 übersiedelte das Zuger Stras- senverkehrsamt in den in Steinhausen eigens dafür errichteten Zweckbau der Architekten Chris Derungs und Ruedi Achleitner. Unter dem Motto «Nicht nur Oldti- mer!» spielt das international agieren- de Schumann-Quartett aus Deutsch- land drei Werke für Streicher. Nament- lich sind dies das Streichquartett Nr. 12 in c-Moll von Franz Schubert (1797– 1828), das Streichquartett Nr. 2 von Charles Edward Ives (1874–1954) und das Streichquartett Nr. 14 in G-Dur von Wolfgang Amadeus Mo- zart (1756–1791). Für unsere Abonnenten verlosen wir heute 2-mal 1 Billett für das Sommerklänge-Konzert am Sonntag, 26. Juli, 17 Uhr im Zuger Strassen- verkehrsamt in Steinhausen, Hinter- bergstrasse 41. Und so funktionierts: Rufen Sie heute zwischen 11 und 11.05 Uhr die rechts oben genannte Telefonnummer an. Wenn Sie einer der ersten beiden Anrufer sind, haben Sie bereits gewonnen. Ägeri Kultur sorgt einmal mehr für Staraufgebot im Tal PROGRAMM Mit lokalen und nationalen Gästen floriert das Kulturleben im Ägerital im zweiten Halbjahr mehr denn je. fae. Schon lange könnte man das Ägerital als autonomen Kulturbezirk verkaufen, der erfolgreich sein eigenes «Ding» dreht und ein reges Kulturleben pflegt. Das Programm von Kultur Ägeri für das zweite Halbjahr 2015 wird dem einmal mehr gerecht. Zwölf Veranstal- tungen mit Künstlern aus der Region und von ausserhalb werden wieder ein breites kulturaffines Publikum anlocken. Mit den Starbugs, Bliss oder Zapzarap jagt dabei ein Höhepunkt den nächsten. " Sonntag, 16. August, 11.30 Uhr: 10 Jahre Sommermusik am See mit der Buuremusig Baar und der Beach-Band, anschliessend zum ersten Mal Chämi- Stubete (Festplatz am See, Oberägeri). " Freitag, 21. August, 20 Uhr: Berg- fieber – Hüttenwartinnen im Porträt, Lesung mit Fotoshow von Daniela Schwegler (Ägerihalle). " Freitag/Samstag, 28./29. August, je- weils 20.30 Uhr: Kino am Bach bei Sebelis Sage in Oberägeri zeigt «Mon- sieur Claude und seine Töchter» (Frei- tag) und «Alpsummer» (Samstag). " Freitag, 11. September, 20 Uhr: Jazz mit Claude Diallo und dem Linus- Wyrsch-Duo (Ägerihalle). " Mittwoch, 30. September, 14.30 Uhr: Nostalgiechor Zug (Zentrum Breiten, Oberägeri). " Samstag, 17. Oktober, 20 Uhr: Star- bugs mit ihrem Programm «Crash Boom Bang» (Maienmatt-Saal, Oberägeri). " Mittwoch, 28. Oktober, 14.30 Uhr: «Aschenbrödel», Märchen für die ganze Familie (Ägerihalle). " Sonntag, 15. November, 18 Uhr: Ab- schlusskonzert zu 700 Jahre Morgarten mit dem Ägeritalorchester (Ägerihalle). " Freitag, 4. Dezember, 20 Uhr: Vor- premiere zu «Merry Blissmas» der A- cappella-Gruppe Bliss (Ägerihalle). " Samstag, 5. Dezember, 15.30 Uhr: «Eroica», Konzert des Stadtorchesters Zug (Ägerihalle). " Dienstag, 8. Dezember, 17 Uhr: Mu- siCapriolen mit dem Quantett Johannes Kobelt (Marienkirche, Unterägeri). " Samstag, 19. Dezember, 18 Uhr: «Bingel, Bengel, Bangel» mit der A- cappella-Gruppe Zapzarap (Hofmatt- Saal, Oberägeri). Leser- Aktion 041 725 44 09 Die Starbugs. PD

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Aus der Serie "Hingeschaut!" in der "Neuen Zuger Zeitung"

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  • Mittwoch, 22. Juli 2015 / Nr. 167 Neue Zuger Zeitung 9Kultur

    !HINGESCHAUT

    Tod am abgelegenen WaldrandOBERGERI Ein ruchloser Mord erschtterte 1907 den Kanton Zug. Obschon heute so gut wie vergessen,

    erinnert an einem versteckten Ort noch immer ein simpler Gedenkstein an das Verbrechen.

    Ein kaltbltiges Verbrechen sorgte vor 108 Jahren fr Entsetzen im Kanton Zug. Es war der 15. No-vember 1907, als ein Pistolenschuss durch den Wald am Ratengtsch hall-te und das Leben eines jungen Mannes jh beendete. Am Waldrand, ein Stck

    unterhalb des Bottsrankes, unweit vom Tfelsmsli, fiel der 27-jhrige Kan-tonspolizist Roman Staub aus Men-zingen einem Mrder zum Opfer. Staub stand in der Gemeinde Obergeri im Dienst. Der damalige Polizeidirektor Josef Andermatt (18711942) startete persnlich die unmittelbare Fahn-

    dungsaktion nach dem Tter mit Erfolg: Wenig spter konnte er in einer Gaststtte im deutschen Radolfzell fest-genommen werden. Es handelte sich um einen Hausierer namens Karl Ebner aus Unterlauchringen bei Waldshut. Er war in Deutschland bereits aktenkun-dig und vorbestraft wegen mehrfachen Einbruchdiebstahls und war in der Region Zug auf Diebestour. Polizist Staub wollte beim verwahrlost ausse-henden Mann eine Personenkontrolle durchfhren, als dieser seine Pistole zog und ihm in den Kopf schoss.

    Der Mrder stritt seine Tat vehement ab. Schliesslich aber wog die Beweislast nach dem grndlichen Untersuchungs-verfahren so schwer, dass das zustn-dige Schwurgericht Konstanz von der Schuld Ebners berzeugt war und ihn zum Tode verurteilte. Am 31. August 1908 informierte die Staatsanwaltschaft Waldshut den Zuger Polizeidirektor, dass Friedrich II. von Baden, seit 28. September 1907 Grossherzog, das Gesuch von Ebner um Begnadigung abgelehnt habe. Das Urteil wurde ge-

    mss Angaben des Staatsanwaltes im Hof des Gefngnisses in Konstanz, wo Ebner einsass, vollstreckt bereits am 2. September 1908 per Enthauptung. Etwas makaber aus heutiger Sicht: Polizeidirektor Andermatt erhielt zu-sammen mit diesem Schreiben eine Gratiseintrittskarte, um der Exekution Ebners in Konstanz beizuwohnen.

    An der Stelle, wo Roman Staub um-gebracht worden ist, wurde darauf eine kleine Gedenksttte errichtet. Offenbar verwendete man einen ausgedienten Grabstein, den man mit einer gravierten Metallplakette versah mit dem Wortlaut: Hier wurde am 15. Nov. 1907 von ruch-loser Hand ermordet: Jngling Roman Staub, Polizist v. Menzingen, stat. in Obergeri, geb. 5. Jan. 1881, R. I. P.

    Doch entgegen der Erwartung, dass diese kleine Gedenksttte nach all den Jahrzehnten etwa verwildert ist, findet der Vorbeikommende heute einen er-neuerten Gedenkstein. Ein knapp halber Meter hoher Granitblock mit einer neu gravierten Plakette steht nun am Tatort.

    Das Gras um den Gedenkstein ist sogar fein suberlich ausgemht. 2010 nmlich wurde auf Initiative von Josef Born von der Militrhistorischen Stiftung des Kan-tons Zug die bis dahin berwucherte und vergessene Erinnerungssttte instand ge-stellt. Der Standort jedoch ist alles an-dere als exponiert. Wer die Stelle besu-chen mchte, der findet sie rund drei Meter abseits des alten Pilgerwegs ber den Raten, der heute nicht mehr rege begangen wird. Knapp 100 Meter unter-halb des Bottsranks das ist die scharfe Kurve bei der Talstation des Raten-Skilifts geht rechts am Waldrand entlang eines Zauns ein schmaler Wanderweg ab Rich-tung Tfelsmsli. Nach zirka 50 Metern, kurz bevor der Weg abschssig wird, erblickt man rechter Hand am Rande des Wyssen bachtobels den Gedenkstein.

    ANDREAS FAESSLER [email protected]

    HINWEISMit Hingeschaut! gehen wir wchentlich mehr oder weniger aufflligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frhere Beitrge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut

    Das Verbrechen liegt lange zurck. Und trotz der Abgelegenheit des Tatortes scheint man das Gedenken an den Menzinger Kantonspolizisten aufrechtzuerhalten.

    Bild Andreas Faessler

    Musik anstelle von Motorenlrm STEINHAUSEN Sommerkln-ge im Strassenverkehrsamt: Ein renommiertes Quartett spielt in der Prfhalle auf.

    fae. Das nchste Konzert des Festivals Sommerklnge findet am wohl ausser-gewhnlichsten Ort dieser Saison statt. Wo normalerweise Fahrzeuge akribisch und emissionsreich auf ihre Verkehrs-tchtigkeit geprft werden, erfllt fr einmal liebliche Musik die Halle. Im Jahre 1994 bersiedelte das Zuger Stras-senverkehrsamt in den in Steinhausen eigens dafr errichteten Zweckbau der Architekten Chris Derungs und Ruedi Achleitner.

    Unter dem Motto Nicht nur Oldti-mer! spielt das international agieren-de Schumann-Quartett aus Deutsch-land drei Werke fr Streicher. Nament-lich sind dies das Streichquartett Nr. 12 in c-Moll von Franz Schubert (1797

    1828), das Streichquartett Nr. 2 von Charles Edward Ives (18741954) und das Streichquartett Nr. 14 in G-Dur von Wolfgang Amadeus Mo-zart (17561791).

    Fr unsere Abonnenten verlosen wir heute 2-mal 1 Billett fr das Sommerklnge-Konzert am Sonntag, 26. Juli, 17 Uhr im Zuger Strassen-verkehrsamt in Steinhausen, Hinter-bergstrasse 41. Und so funktionierts: Rufen Sie heute zwischen 11 und 11.05 Uhr die rechts oben genannte Telefonnummer an. Wenn Sie einer der ersten beiden Anrufer sind, haben Sie bereits gewonnen.

    geri Kultur sorgt einmal mehr fr Staraufgebot im TalPROGRAMM Mit lokalen und nationalen Gsten floriert das Kulturleben im gerital im zweiten Halbjahr mehr denn je.

    fae. Schon lange knnte man das gerital als autonomen Kulturbezirk verkaufen, der erfolgreich sein eigenes Ding dreht und ein reges Kulturleben pflegt. Das Programm von Kultur geri fr das zweite Halbjahr 2015 wird dem einmal mehr gerecht. Zwlf Veranstal-tungen mit Knstlern aus der Region und von ausserhalb werden wieder ein breites kulturaffines Publikum anlocken. Mit den Starbugs, Bliss oder Zapzarap jagt dabei ein Hhepunkt den nchsten.

    " Sonntag, 16. August, 11.30 Uhr: 10 Jahre Sommermusik am See mit der Buuremusig Baar und der Beach-Band, anschliessend zum ersten Mal Chmi-Stubete (Festplatz am See, Obergeri).

    " Freitag, 21. August, 20 Uhr: Berg-fieber Httenwartinnen im Portrt, Lesung mit Fotoshow von Daniela Schwegler (gerihalle).

    " Freitag/Samstag, 28./29. August, je-weils 20.30 Uhr: Kino am Bach bei Sebelis Sage in Obergeri zeigt Mon-sieur Claude und seine Tchter (Frei-tag) und Alpsummer (Samstag).

    " Freitag, 11. September, 20 Uhr: Jazz mit Claude Diallo und dem Linus-

    Wyrsch-Duo (gerihalle). "Mittwoch, 30. September, 14.30 Uhr:

    Nostalgiechor Zug (Zentrum Breiten, Obergeri).

    " Samstag, 17. Oktober, 20 Uhr: Star-bugs mit ihrem Programm Crash Boom Bang (Maienmatt-Saal, Obergeri).

    "Mittwoch, 28. Oktober, 14.30 Uhr: Aschenbrdel, Mrchen fr die ganze Familie (gerihalle).

    " Sonntag, 15. November, 18 Uhr: Ab-schlusskonzert zu 700 Jahre Morgarten mit dem geritalorchester (gerihalle).

    " Freitag, 4. Dezember, 20 Uhr: Vor-premiere zu Merry Blissmas der A-cappella-Gruppe Bliss (gerihalle).

    " Samstag, 5. Dezember, 15.30 Uhr: Eroica, Konzert des Stadtorchesters Zug (gerihalle).

    "Dienstag, 8. Dezember, 17 Uhr: Mu-siCapriolen mit dem Quantett Johannes Kobelt (Marienkirche, Untergeri).

    " Samstag, 19. Dezember, 18 Uhr: Bingel, Bengel, Bangel mit der A-cappella-Gruppe Zapzarap (Hofmatt-Saal, Obergeri).

    Leser-Aktion041 725 44 09 Die Starbugs.

    PD