Befristete Beschäftigungsverhältnisse Referenten:Nadine Barthel Nina Jäkel.
Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6....
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Werner Eichhorst, Andrea Kuhn, Eric Thode, Rosemarie Zenker
Traditionelle Beschäftigungs-verhältnisse im Wandel
Benchmarking Deutschland: Normalarbeitsverhältnis auf dem Rückzug
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Werner Eichhorst, Andrea Kuhn, Eric Thode, Rosemarie Zenker
Traditionelle Beschäftigungs-verhältnisse im Wandel
Benchmarking Deutschland: Normalarbeitsverhältnis auf dem Rückzug
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Inhalt
1. DasWichtigsteinKürze 6
2. BeschäftigungsverhältnisseimWandel 7
3. TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseiminternationalenVergleich 9
3.1 VollzeitbeschäftigungundbefristeteBeschäftigungsverhältnisse 9
3.2 VerteilungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnissebeiMännern 14
undFrauen
4. StrukturdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisseinZeitenvon 16
GlobalisierungundFortschritt
4.1 TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseimDienstleistungs-und 16
industriellenSektor
4.2 VerteilungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisseindenSektoren 20
nachAlter
5. Lohn-undAbgabenentwicklungundArbeitnehmerzufriedenheit 22
5.1 Löhne 22
5.2 Steuer-undAbgabenbelastung 25
5.3 Lebens-undArbeitszufriedenheit 29
6. InterneFlexibilitätundArbeitsorganisation 34
6.1 QuantitativeFlexibilität:OrganisationderArbeitszeiten 35
6.2 QualitativeFlexibilität:OrganisationdertäglichenArbeitswelt 41
7. Arbeitsbeziehungen 43
7.1 GewerkschaftlicherOrganisationsgrad 44
7.2 EbenenderTarifverhandlungenundKoordinierungsmechanismen 49
7.3 ErgebnissevonKollektivvereinbarungen 52
8. SchutzundAbsicherungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisse 58
8.1 Arbeitsgesetzgebung 58
8.2 Arbeitslosenversicherung 62
9. Fazit 66
Literatur 67
Impressum 71
Inhalt
5
6
1. DasWichtigsteinKürze
DerArbeitsmarktinDeutschlandbestehtinzwischenauszweiSegmenten:Zumeinenaustradi-
tionellenundzumanderenaussogenanntenatypischenBeschäftigungsverhältnissen.Atypische
BeschäftigungsverhältnisseermöglichendabeizwarsowohlfürArbeitgeberalsauchfürArbeit-
nehmerhöhereFlexibilitätunddamiteinhergehendeineZunahmederBeschäftigunginsgesamt,
sindaberdurchhöhereRisikengeprägt.DastraditionelleBeschäftigungsverhältnisistdagegen
durcheinhohesMaßanSicherheitgekennzeichnet.Unterschiede im internationalenVergleich
gibtesdennoch:HinsichtlichderArbeitsbedingungen,derLohnentwicklung,derArbeitsbezie-
hungenundderAusprägungdesKündigungsschutzesdifferierendieSysteme.
IminternationalenVergleichkannfürDeutschlandFolgendesfestgestelltwerden:
1. MiteinervergleichsweisehohenTeilzeitquoteundeinemmoderatenAnteilbefristeterBeschäf-
tigungzeigtDeutschlandeineklareDualisierungdesArbeitsmarktes.Seit2001istderRück-
gang traditioneller Beschäftigungsverhältnisse vergleichsweise hoch. Die Industrie ist nach
wievorvommännlichdominierten, sogenanntenNormalarbeitsverhältnisgeprägt.Dagegen
zeigtderDienstleistungssektoreinanderesBild:DeutschlandhathierimVergleichzuanderen
europäischenLändern relativwenigeArbeitnehmer,dieübereineunbefristeteVollzeitstelle
verfügen.
2. BefristeteVollzeitbeschäftigung ist inDeutschlandvergleichsweiseselten.GehenArbeitneh-
mereinerVollzeitbeschäftigungmiteinerzeitlichbegrenztenDauernach,sindinsgesamtdie
Chancengut,dassdasArbeitsverhältnisentfristetunddemnachdauerhaftangelegtwird.
3. DerAnteil vonFrauen in traditionellenBeschäftigungsverhältnissen ist aufgrunddes lange
dominierenden Male-Breadwinner-Modells unterdurchschnittlich. Die Entwicklung hin zu
mehrFlexibilitätaufdemArbeitsmarkt trifftentsprechendeheraufFrauenalsaufMänner
zu.DergeringeAnteilvonFrauen,diesichineinemNormalarbeitsverhältnisbefinden,istseit
2001nochmalszurückgegangen.
4. EineunterdurchschnittlicheLohnentwicklungundein relativhohesGesamtabgabenaufkom-
menbelastetdiePrivathaushalte.DiesteuerlicheBelastungnimmtbeiArbeitnehmerninhöhe-
renEinkommensbereichensowohlmarginalalsauchdurchschnittlichab.DieMittelschichtist
dagegeniminternationalenVergleichrechtstarkbelastet.
5. DieMitgestaltungderArbeitnehmerhat im internationalenVergleichabgenommen:Sowohl
der Organisationsgrad als auch dieMitgliederzahlen vonGewerkschaften sind geringer als
2001.DieTariflöhnesindbeieinernachwievorvergleichsweisegeringendurchschnittlichen
JahresarbeitszeitdurchStagnationgekennzeichnet.
Das Wichtigste in Kürze
Beschäftigungsverhältnisse im Wandel
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6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen
nachwievorhoch.Seit2001wurdederKündigungsschutzfürArbeitnehmerineinemNormal-
arbeitsverhältniskaumverändert.HoheLohnersatzratenundeineiminternationalenVergleich
nachwievorhoheBezugsdauervonArbeitslosengeldsicherndenArbeitnehmerineinemNor-
malarbeitsverhältnisimGegensatzzuArbeitnehmerninatypischenBeschäftigungsverhältnis-
senvergleichsweisestarkab.
2.BeschäftigungsverhältnisseimWandel
ImJahr2000wurdevonderEuropäischenUniondieLissabon-StrategiefürWirtschaftundBe-
schäftigung(EuropäischerRatinLissabon)aufdenWeggebracht,umdieEUzueinemleistungs-
fähigenWirtschaftsraumzumachenundfürmehrBeschäftigungzusorgen.Dabeisollteneine
wissensbasierteundsomitinnovationsfähigeGesellschaftebensoimMittelpunktstehenwieeine
aktiveBeschäftigungspolitik.DieBeschäftigungsreformen inDänemarkunddenNiederlanden
Mitteder90erJahre(Bogedan2009undPennings1999)spiegeltenwesentlicheElementedervon
derEUanvisiertenZieleinderLissabon-Strategiewider.DurcheineKombinationvonFlexibilität
undSicherheitsolltedieGrundlagefürwirtschaftlichesWachstumundVollbeschäftigunggelegt
werden, indemRisiken,diedurchflexiblereArbeitsmärkteentstehen,durchentsprechendeSi-
cherheitsmechanismenimSozialsystemabgefangenwerden.OhnedassdieseEntwicklunginten-
diertwar,gingdamitdieAbnahmesogenanntertraditionellerBeschäftigungsverhältnisseeinher.
DieseEntwicklungwirdmitunternegativbewertet,unddasZiel,dasNormalarbeitsverhältnis1zu
erhalten,prägtdieDiskussionenumdieArbeitsmarktreformenwesentlich.ObwohldieseBeschäf-
tigungsformdesunbefristetenVollzeitarbeitsverhältnissesmitdenentsprechendenKündigungs-
schutzregelungeneineFolgederIndustrialisierungim19.und20.Jahrhundertistundsomiteine
eher neuere Entwicklung darstellt, gelten die Errungenschaften der (männlichen) Arbeiter als
ZeichenfürdenSchutzvorAusbeutungundWillkürdesArbeitgebersundsindinderGesellschaft
positivkonnotiert(Pierenkemper2009).VorteiltraditionellerBeschäftigungsverhältnissefürden
ArbeitnehmeristdieAbsicherungdurchdasSozialversicherungssystemunddurchKündigungs-
schutzregelungen.DazugehörenbeispielsweiseAbsicherungenwiediegesetzlicheRenten-und
Pflegeversicherung,dieArbeitslosenversicherungunddieMöglichkeitzurAbsicherungdurchdie
gesetzlicheKrankenkasse.DarüberhinausschützendiegesetzlichenKündigungsschutzregelun-
gendenArbeitnehmervorAd-hoc-KündigungenunddemautomatischenEnde,alsoderBefristung
einerBeschäftigung.
Währendseitden80erJahrenflexibleBeschäftigungsformenkontinuierlichflexibilisiertwurden,
bliebderKerndesArbeitsmarktesdabeiallerdingsweitestgehendunangetastet(Eichhorst/Marx
2009a).
Abnahme des Normal-
arbeitsverhältnisses…
…und Zunahme von Risiken
1 BeiderBezeichnungunbefristetersozialversicherungspflichtigerVollzeitbeschäftigungenalsNormalarbeitsverhältnisbzw.alstraditionelleBeschäftigungsverhältnissefolgtdieseStudiederDefinitiondesSachverständigenrates(Sachverständigenrat2008undBosch2004).Menschen,diebefristeteArbeitsverträgehaben,inTeilzeittätigoderinderLeiharbeitsbrancheodergeringfügigbeschäftigtsind,zählensomitnichtzudieserGruppederBeschäftigten.
Beschäftigungsverhältnisse im Wandel
8
DerRufnachmehrFlexibilitätaufdenArbeitsmärktenisteinegenerelleEntwicklung,dieman
auchiminternationalenVergleichbeobachtenkann.ImöffentlichenDiskursnahmbereitsinden
70er Jahrendas InteresseanPolitikideen,diedieArbeitsmärkteflexibilisierensollten,zuund
zwareinerseitszudemZeitpunkt,alsderBoomderNachkriegszeitzumerstenMalabflaute.An-
dererseitsspiegeltendieseÜberlegungenaberauchdaszunehmendeBedürfnisvon(Ehe-)Frauen
wider,einerErwerbstätigkeitnachzugehen,wiediesz.B.indenNiederlandenseitden70erJahren
zubeobachtenwar.Mitteder90erJahrestiegdasInteressesprunghaftan(Streeck2009).Grund
dafürwarenneueHerausforderungen,diemassiveAuswirkungenaufdieArbeitsmärktehatten:
dietechnologischeTransformationhinzuneuenFormenderInformationsverarbeitungundKom-
munikation,dieIntensivierungdesglobalenWettbewerbsalsFolgederHandels-undFinanzlibe-
ralisierung(ILO2006)sowieReorganisationeninderArbeitswelt(Lindbeck/Snower2000).Um
den genanntenHerausforderungen begegnen zu können,müssenUnternehmen schneller und
flexibleraufneueAnforderungenreagierenkönnen.DadurchentstehtdieNotwendigkeiteines
flexiblenArbeitsmarktes,dessenElementeinDeutschlandineinerzweitenSäuleeingeführtwur-
den,nämlichmitdenÄnderungenzurBegünstigungatypischerBeschäftigung(Eichhorstetal.
2009).JeglicheEinschränkungenflexiblerBeschäftigungwiebeispielsweiseKündigungsschutz-
regelungensindstaatlicheodertarifpartnerabhängigeMaßnahmen,diedenArbeitnehmervorden
KräftendiesesMarktesschützensollen.JenachWohlfahrtsmodellunterscheidensichhierbeidie
unterschiedlichenAnsätze(Bosch2004).
Bis indie80er JahrehineinkonntemandasdeutscheSystemeheralsgeschlossenesBeschäf-
tigungssystembezeichnen:Der Schwerpunkt lag auf dem internenArbeitsmarkt.DieBeschäf-
tigungerfolgteimgleichenBetriebbeieventuellwechselnderTätigkeit, jedochgeschütztdurch
dieArbeitsplatzsicherheit(Tabelle1).Insbesondereseitden90erJahrengewinnendieexternen
ArbeitsmärktemehranGewichtundspieleneinezunehmendgrößereRolle.Darüberhinauswird
derzeitdiskutiert,obdamitaucheineSekundarisierungdesArbeitsmarkteseinhergeht–alsodie
KombinationausunterdurchschnittlichemEinkommen,kurz-bzw.mittelfristigerBeschäftigung
underhöhtemÜbergangsrisikofürdenArbeitnehmer.Träfedieszu,wäredasdeutscheBeschäfti-
gungssystemdurchkurz-bzw.mittelfristigeBeschäftigungmitÜbergangsrisikoundunterdurch-
schnittlichenEinkommengeprägt.
ObtatsächlicheineEntwicklungindieseRichtungfestzustellenist,sollunteranderemindiesem
Papierdiskutiertwerden.DarüberhinausstehenalsTeilderFlexicurity-StrategieauchinterneFle-
xibilisierungsmaßnahmenimZentrumdesInteresses,daauchdiesedasNormalarbeitsverhältnis
nachhaltigveränderthaben(Goudeswaardetal.2009).
Beschäftigungssysteme
im Wandel
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
9
Tabelle 1: Arbeitsmarktsegmente und betriebliche Beschäftigungssysteme
Interne ArbeitsmärkteGeschlossene Beschäftigungssysteme
Externe ArbeitsmärkteOffene Beschäftigungssysteme
Primär Langfristige Beschäftigung Arbeitsplatzsicherheit Überdurchschnittliche Einkommen
Kurz- bis mittelfristige Beschäftigung Übergangssicherheit Überdurchschnittliche Einkommen
Sekundär Langfristige Beschäftigung Arbeitsplatzsicherheit Unterdurchschnittliche Einkommen
Kurz- bis mittelfristige Beschäftigung Übergangsrisiko Unterdurchschnittliche Einkommen
Quelle: Köhler et al. (2008).
Niedrige Vollzeitquote
in Deutschland
Hohe Beschäftigungs-
quote und …
3.TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseiminternationalenVergleich
3.1 Vollzeitbeschäftigung und befristete Beschäftigungsverhältnisse
EinElementdestraditionellenBeschäftigungsverhältnissesistdieVollzeitbeschäftigung.Siegilt
inDeutschlandimUnterschiedzuvielenanderenLändernnachwievoralserstrebenswerteEr-
werbsform,dasiedasArmutsrisikominimiertundeinhohesMaßanSicherheitbietet.Zwarkann
inDeutschlandeineZunahmevonArmutsquotenauchbeiVollzeitbeschäftigungnachgewiesen
werden,dennochgewährtdieseBeschäftigungsform–allerdingsnurunterderPrämisse,dassder
Arbeitnehmerlediglichsichselbstfinanzierenmuss–immernocheinenrelativsicherenSchutz
vorArmut(AndressundSeeck2007).
Die niedrigsten Vollzeitquoten gibt es in den kontinentaleuropäischen Ländern Niederlande,
DeutschlandundÖsterreichsowieinSchweden,Belgien,NorwegenundGroßbritannienmitWer-
tenunter80Prozent.Diemittel-undosteuropäischenLänder,GriechenlandundZypernhaben
dagegenmitWertenvonüber90ProzentdiehöchstenVollzeitquoten.
DieLändermitdenhöchstenBeschäftigungsquotenvonüber80Prozent,nämlichDänemark,Nor-
wegenundSchwedenverfügenübervergleichsweisewenigeVollzeitbeschäftigte(Abbildung1).
DieNiederlandesindmiteinerBeschäftigungsquotevon78,9ProzentdasLandmitdergeringsten
Vollzeitquote.Besondersausgeprägt istdieVollzeitbeschäftigung indenneuenMitgliedstaaten
derEuropäischenUnion.DabeizeigtinsbesondereEstland,dassdieKombinationauseinerrelativ
hohenBeschäftigungsquotemiteinerausgeprägtenVollzeitquotedurchausrealisierbarist.Wei-
tereehemaligesozialistischeStaatenwieBulgarienundUngarn,aberauchdassüdeuropäische
LandGriechenlandzeigeneinerelativehoheVollzeitquote,leidenjedochunterniedrigerBeschäf-
tigunginsgesamt.
10
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 1: Voll- und Teilzeitquote sowie Beschäftigungsquote in Prozent, 2008
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.
Bulg
arie
n
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98,2 97,6 95,8 95,8 95,1 95,1 94,5 94,5 94,0 93,8 92,0 91,7 91,5 90,0 89,6 89,1 86,4 83,6 83,5 81,8 81,4 77,9 77,5 77,4 76,9 76,7 74,4
58,4
6,0 6,2 8,0 8,3 8,5 10,0 10,4 10,9 13,6 16,4 16,5 18,2 18,6 22,1 22,5 22,6 23,1 23,3 25,65,55,54,94,94,24,2 41,6
7976
78
68 67
75 77
7065
73 73
80
7276
83
70
82
76 7679
58
7578
6965
757273
0
10
20
30
40
50
60
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derla
nde
Vollzeitquote Teilzeitquote Beschäftigungsquote
1,8 2,4
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 2: Beschäftigungsquote und Vollzeitquote in Prozent, 2008
Anmerkung: Der Korrelationskoeffizient beträgt –0,32. Für übliche Signifikanzniveaus lässt sich kein negativer statistischer Zusammenhang zwischenVollzeitquote und Beschäftigungsquote herleiten.
Vollz
eitq
uote
MaltaPolen
Beschäftigungsquote
100
100
95
95
90
90
85
85
80
80
75
75
70
70
65
65
60
6055
5550
Italien
Bulgarien
TschechienLettland
EstlandZypern
PortugalLitauen
FinnlandSpanien
Rumänien
SlowenienUngarn
Griechenland
Slowakei
FrankreichIrland
Luxemburg Dänemark
GroßbritannienBelgien Österreich
DeutschlandSchweden
Norwegen
Niederlande
11
AuchwenndieGegenüberstellungvonVollzeit-undBeschäftigungsquote fürErwerbstätige im
Alterzwischen25und64JahreneinennegativenZusammenhangzwischenbeidenIndikatoren
andeutet,lässtsichdieserimRahmeneinerEinfachregressionstatistischnichtnachweisen.Aus
derPerspektiveDeutschlandsweisenimmerhinachtLändersowohleinehöhereBeschäftigungs-
quotealsaucheinengrößerenAnteilvonErwerbstätigeninVollzeitauf(Abbildung2).Ähnlich
wiediekontinentaleuropäischenNachbarnNiederlandeundÖsterreichhatauchDeutschlandeine
rechtausgeprägteTeilzeitquote.Lediglich74,4ProzentderBeschäftigtengeheneinerTätigkeit
inVollzeitnach.NebeninstitutionellenFaktorenundintensiviertemWettbewerbspielenfürdie
geringeVollzeitquoteauchErwerbsmusterinderFamilie(Einverdiener-Modell)undderAusbau
desDienstleistungssektorseinewesentlicheRolle(Arltetal.2009).
EinweiteresElementdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisse,wennnichtsogardasgewich-
tigerebeideröffentlichenDiskussionumdenErhaltdesNormalarbeitsverhältnisses,isteinunbe-
fristeterArbeitsvertrag.JenachAusprägungdesKündigungsschutzesimjeweiligenLandbedeu-
teteinunbefristeterArbeitsvertrageinesichereErwerbssituation,dieeineeventuelllebenslange
BindungdesArbeitnehmersandasjeweiligeUnternehmenbedeutenkann.AuchimJahr2008
dominiertdasunbefristeteArbeitsverhältnisnachwievordieBeschäftigungsquote(Abbildung3).
ImSchnittsindinderOECD84,6ProzentderBeschäftigtenunbefristetangestellt.
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
Unbefristete
Beschäftigungsverhältnisse
... Vollzeitquote möglich
Quellen: OECDa 2009; eigene Berechnungen.
Abbildung 3: Anteil der befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse in Prozent, 2008
Anmerkung: Die Beschäftigungsquote errechnet sich aus allen Beschäftigten am Anteil der Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren. Die Beschäftigten wurden im zweiten Schritt in „unbefristet“ und „befristet“ eingeteilt. Für die USA liegen Zahlen für 2005 vor.
70,6 73,0 76,881,7 84,0 84,9 85,4 85,8 86,0 86,4 86,7 87,7 88,8 91,0 91,4 91,9 92,0 92,1 92,3 92,4 94,7 95,3 95,8
23,3 18,3 16,1 15,1 14,6 14,2 14,0 13,6 13,3 12,3 11,2 9,0 9,0 8,6 8,1 8,0 7,9 7,7 7,6 5,3
91,0
4,7 4,227,029,4
65
59
71
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74
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57
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Slow
akei
USA
Unbefristet Befristet Beschäftigungsquote
12
DabeizeigtsichkeineindeutigesMuster,obStaatenmiteinemgroßenAnteilbefristeterVerhält-
nisse erfolgreicher in Sachen Beschäftigungsquote sind. Spanien, Polen und Portugal haben die
größteAnzahl anbefristetenBeschäftigungsverhältnissenundgleichzeitig eine relativeniedrige
Beschäftigungsquote.DeutschlandliegtmiteinerQuotevon70,2ProzentetwasüberdemOECD-
Durchschnitt.RelativausgeprägtsindunbefristeteBeschäftigungsverhältnisseinLändernmiteinem
lockerenKündigungsschutz,wiez.B.inGroßbritannienundDänemark(sieheAbschnitt8).
DastraditionelleBeschäftigungsverhältnis–alsodieKombinationauseinerVollzeitbeschäftigung
miteinemunbefristetenArbeitsvertrag–istinnerhalbderEUrechtunterschiedlichverteilt(Ab-
bildung4).Auffälligist,dassinsbesonderederniederländischeArbeitsmarktzuüber50Prozent
ausdensogenanntenatypischenBeschäftigungenbesteht,wenngleichdieandereHälftenachwie
vortraditionellgeprägtist.DieUnterteilungintypischeundatypischeBeschäftigungsverhältnisse
greifthiernichtmehr,dasatypischeArbeitsverhältnisist längsttypischgewordenundgenießt
auchinderniederländischenBevölkerungAkzeptanz.
MiteinemAnteilvonetwa60ProzentVollzeitgehtauchDeutschlandindieseRichtung:Weniger
als zwei Drittel der Beschäftigten befinden sich noch in einem „Normalarbeitsverhältnis“ und
genießendamitsowohldiebisdatogültigenVorteiledesrigidenKündigungsschutzesalsauchein
Einkommen,dasauseinerVollzeitbeschäftigungresultiert.
Eine Vollzeit-
beschäftigung ist …
…zumeist auch
entfristet
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 4: Struktur der Beschäftigungsverhältnisse in Prozent, 2008
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt. In der Kategorie „nicht zutreffend“ sind Selbstständige und mithelfende Familienangehörige enthalten.
4551 51 55 57 57 58 60 61 61 63 63 64 65 67 68 68 70 71 72 73 74 75 76 79 81 83 84 84 86
4
3 6
17 155 6
5 313 2 5 3 2
10 6 33 1
7 3 2 8 45
2 1 2 3 1
10
11
34
17 2033
2210 13
17
129 16
12
17
107
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116
13
11 16 12 14 109 11 7
42 35 9 11 8 5 14 26 23 8 23 23 17 22 6 16 23 18 8 10 19 10 6 4 4 2 6 5 62
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100
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Vollzeit (unbefristet) Vollzeit (befristet) Vollzeit (nicht zutreffend) Teilzeit (unbefristet/ befristet/ nicht zutreffend)
13
NurdieNiederlande,dieSchweiz,dieTürkei,Spanien,Polen,GriechenlandundItalienweisen
nochwenigerunbefristeteVollzeitbeschäftigungsverhältnisseauf.Auffälligist,dassderAnteilder
befristetenVollzeitarbeitsverhältnissedagegenmitfünfProzentrelativkleinist.GehteinArbeit-
nehmereinerVollzeitbeschäftigungnach, istdasBeschäftigungsverhältnismeistentfristet.Der
geringeAnteilkönntedemnachals‚verlängerteProbezeit’interpretiertwerden.
DarüberhinauszeigtdieEntwicklungseit2001einklaresBild:ImZugederseitherimplemen-
tiertenArbeitsmarktreformenwurdenWegeeröffnet,außerhalbdesNormalarbeitsverhältnisses
denArbeitsmarktzuflexibilisieren.Leiharbeit,Mini-undMidijobsundbefristeteBeschäftigungs-
verhältnissesteigenseither(Abbildung5).Seit2001istderAnteilderunbefristetenVollzeitbe-
schäftigtenum4,6Prozentpunktegefallen,lediglichinLuxemburg,Polen,denNiederlandenund
MaltagabeseinenstärkerenRückgangzuverzeichnen.DieskandinavischenStaatenSchweden,
NorwegenundDänemarkverzeichnenebensoeinenRückgang.
Aber:InetwaderHälftedereuropäischenStaatennahmdasNormalarbeitsverhältnisseit2001
sogarzu.Allerdingsgehörenhierzuvorrangig‚Nachholerstaaten’desehemaligenOstblocks.Dage-
genistinFinnlandderAnteilderunbefristetenVollzeitbeschäftigtenumfastzweiProzentpunkte
gestiegen.WesentlichgeringereRückgängegabes inBelgien,derSchweiz,Ungarn,Dänemark
undNorwegen.
Unbefristete Vollzeit-
beschäftigung ist rückläufig
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 5: Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse in Prozent, 2008 und Veränderung zu 2001 in Prozentpunkten
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.
56,7
44,5
74,4
60,162,8
80,9
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8,111,2 12,8
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Vollzeitquote (unbefristet) 2008 Differenz zu 2001
14
3.2 Verteilung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse bei Männern und Frauen
Vergleichtman die Anzahl der erwerbstätigen Frauen, die unbefristet vollzeitbeschäftigt sind,
mitdenenderMänner,zeigengeradediekontinentaleuropäischenLänderdiefürdieseSysteme
üblichenVerteilungsmuster:IndenNiederlanden,inderSchweiz,inDeutschland,BelgienundÖs-
terreichsinderwerbstätigeFrauenmiteinerunbefristetenVollzeitbeschäftigungimeuropäischen
Vergleichamwenigstenvertreten(Abbildung6).
In Schweden,Großbritannien,Norwegen und Frankreich sind dieAbstände geringer, dennoch
istauchhiereinegleichmäßigeErwerbsformvonMännernundFrauennichtzubeobachten.In
mittel- und osteuropäischen Ländern befinden sich ausschließlichmehr Frauen alsMänner in
traditionellen Beschäftigungsverhältnissen, wenngleich die Unterschiedeminimal sind. Dieser
durchausauffälligeUnterschiedzwischenwest-undosteuropäischenBeschäftigungsstrukturen
könntedarinbegründetliegen,dasseskaumTeilzeitangebotefürFrauengibt.Frauenmusstenzu
ZeitendesSozialismusdengleichenArbeitsformenwieMännernachgehen,wassowohlNormen
alsauchdieStrukturunterschiedlichgeprägthat(Kriskovàetal.2009).
Geringer Anteil
von Frauen…
…in traditionellen
Beschäftigungsverhältnissen
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 6: Anteil der Frauen und Männer in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen in Prozent, 2008
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.
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84,5 85,6 86,6 86,6 87,0
65,168,8
74,2 73,076,8
58,462,3
88,1
72,5 74,1
79,0
74,4
63,0
68,0
77,974,0
69,0
78,3
84,7
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84,7
19,5
29,0
43,345,8 46,1
50,5 51,0 52,1 52,5 53,355,0
58,1 59,8 59,9 61,3 61,665,5 65,9
69,1
74,7
56,2 57,0
70,574,5
76,1
81,4
76,2
81,3 81,6
15
AuffälliganderdeutschenEntwicklungist–aufgrunddeslangedominierendenMale-Breadwin-
ner-Modells–wenigerdieinsgesamtgeringeAnzahlanFrauen,diesichinDeutschlandinnerhalb
traditionellerBeschäftigungsverhältnissebefinden,sondernvielmehrdieTatsache,dasssichdie
AnzahlderFrauenindiesenBeschäftigungsformeninjüngsterZeitseit2001bis2008nochmals
verringerthatundvon47,99Prozentauf43,34Prozentgefallenist(Tabelle2).
Tabelle 2: Veränderung des traditionellen Beschäftigungsverhältnisses bei Männern und Frauen in Prozentpunkten, 2001 zu 2008
Männer Frauen
Belgien -2.78 -1.06
Bulgarien 2.60 2.76
Dänemark -1.75 -2.15
Deutschland -3.52 -4.65
Estland -0.97 0.69
Finnland 12.17 2.05
Frankreich -0.96 1.46
Griechenland 4.19 4.73
Großbritannien -1.78 3.72
Irland -0.20 -0.99
Island 7.05 13.73
Italien -0.15 -8.50
Lettland 7.68 8.58
Litauen 15.39 10.31
Luxemburg -1.03 -14.59
Malta -3.37 -9.64
Niederlande -5.73 -2.42
Norwegen -3.35 2.20
Österreich -3.30 -5.02
Polen -4.94 -6.96
Portugal 1.00 1.17
Rumänien 8.75 14.15
Schweden -1.26 -7.52
Schweiz -2.82 -0.45
Slowakei -7.25 -2.18
Slowenien 2.24 -3.76
Spanien 1.41 -0.75
Tschechien -0.08 0.91
Ungarn -2.53 -1.41
Zypern 3.52 -0.79
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich
16
DastraditionelleBeschäftigungsverhältnisistdarüberhinausbeiFrauenstärkerzurückgegangen
als beiMännern, obwohl die Basis sehr viel niedrigerwar. 2008 lag dieQuote der Frauen in
unbefristetenVollzeitbeschäftigungsverhältnissen4,6Prozentpunkteniedrigerals2001,beiden
MännernhingegenbetrugderRückgang3,5Prozentpunkte.BeibeidenGruppenliegtDeutsch-
landunterdenerstenzehnLändern,beidenendieVollzeitquote(unbefristet)amstärkstenzu-
rückgegangenist.BeimRückgangderMännerfolgtDeutschlandderSlowakei,denNiederlanden
undPolen,beidenFrauenkönnennurLuxemburg,Malta,Italien,Schweden,PolenundÖsterreich
höhereZahlenbeimRückgangverzeichnen.
TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseinderGruppederMännernahmeninFrankreich,Irland
undItalienmitDifferenzenvonuntereinemProzentpunktamgeringstenab.InFinnlandistdie
VollzeitquoteunterMännernsogarumetwazwölfProzentpunktegestiegen.InSpanien,Slowe-
nienundZypernistdieQuotederFrauendagegenzurückgegangen,währendsichdieQuoteder
Männererhöhthat.
4.StrukturdertraditionellenBeschäftigungs-verhältnisseinZeitenvonGlobalisierungundFortschritt
DastraditionelleBeschäftigungsverhältniswirdinseinerEntstehungeherderZeitzugewiesen,
als dieVolkswirtschaften vorrangig auf industrielle Produktion setzten. In Zeiten des sektora-
lenWandelswurden zunehmend flexible Beschäftigungsformennachgefragt. Durch die Struk-
turveränderungenvonderIndustrie-zurDienstleistungsgesellschaftkönnen‚dieidentifizierten
Externalisierungs-undSekundarisierungsschübeimBeschäftigungssystem’zumindestteilweise
erklärtwerden(Köhleretal.2009).Esistdemnachzuerwarten,dassdieAnteilederArbeitneh-
mermiteinemtraditionellenBeschäftigungsverhältnisimIndustriesektorausgeprägtersindals
imDienstleistungssektor
4.1 Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im Dienstleistungs- und industriellen Sektor
Mit77,4ProzentderimIndustriesektorTätigen,diesichineinemtraditionellenBeschäftigungs-
verhältnisbefinden,entsprichtDeutschlandexaktdemeuropäischenMittel (Abbildung7).We-
sentlichgeringereAnteilehabendieStaatenSpanien,Niederlande,Griechenland,Portugalund
ItalienmitWertenunter70Prozent.ExtremhochsinddieAnteileindenbaltischenundskandi-
navischenStaatenEstland,Lettland,Litauen,Norwegen,FinnlandundDänemark.AuchÖsterreich
hatmitAnteilenvonüber81ProzenteineüberdurchschnittlicheAnzahlvonBeschäftigten im
IndustriesektormiteinerunbefristetenVollzeitstelle.DemnachentsprichteineArbeitsstelle im
IndustriesektorauchimJahr2008nochdemtraditionellenBild.
Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt
Zusätzlich starker
Rückgang bei Frauen
Durchschnittliche Vollzeit-
quote im Industriesektor
Dagegen zeichnet der Dienstleistungssektor (Abbildung 8), insbesondere in Deutschland, ein
ganzanderesBild:Nur53,2ProzentderdortTätigenbefindensichhierineinemunbefristeten
Beschäftigungsverhältnis und arbeiten gleichzeitig Vollzeit. Lediglich die Niederlande und die
SchweizhabenmiteinemAnteilvon39,8und46,2ProzentgeringereAnteileundbefindensich
somitimunterenDrittel.EtwaeinweiteresDrittelderStaatenhabenAnteilevonüber60Prozent
wie beispielsweise Großbritannien, Frankreich, Dänemark undNorwegen. Einweiteres Drittel
derLänderhatQuotendertraditionellenBeschäftigungsverhältnissevonüber70Prozent,inden
baltischenStaaten,derSlowakeiundRumäniensogarüber80Prozent.GrundfürdieseVerteilung
istdiestarkindustriellePrägungDeutschlands.DersektoraleWandelisthiernochnichtsoweit
vorangeschrittenwieindenmeistenanderenLändern.
17
Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt
Niedrige Vollzeitquote im
Dienstleistungssektor
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 7: Vollzeitquote (befristet und unbefristet) im Industriesektor in Prozent, 2008
Anmerkung: Gezeigt sind alle Vollzeitbeschäftigten in Prozent der erwerbstätigen Personen (25 bis 64 Jahre), die im Industriesektor arbeiten. Für die Länder Bulgarien, Schweden, Polen und Slowenien liegen die Daten in der entsprechenden Tiefe nicht vor.
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Schw
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unbefristet befristet nicht zutreffend
18
Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 8: Vollzeitquote (befristet und unbefristet) im Dienstleistungssektor in Prozent, 2008
Anmerkung: Gezeigt sind alle Vollzeitbeschäftigten in Prozent der Erwerbstätigen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren, die im Dienstleistungssektor arbeiten.
unbefristet befristet nicht zutreffend
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–1,2 –1,0 –0,6 –0,6 –0,5 –0,3
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Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 9: Veränderung des traditionellen Beschäftigungsverhältnisses im Industriesektor in Prozentpunkten, 2001 zu 2008
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 64 Jahren berücksichtigt.
19
Uneinheitlich ist auchdieEntwicklungdesNormalarbeitsverhältnisses inder Industrie (Abbil-
dung 9): Der Rückgang der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse im Industriesektor liegt
inDeutschlandbei2,5Prozentpunkten.ZwarbliebendieAnteilederArbeitnehmerindemfür
diesenSektortypischenBeschäftigungsverhältnisnichtganzkonstant,imVergleichzuanderen
LändernmiteinerReduktiondiesesBeschäftigungsverhältnissesistdiesebeiDeutschlandden-
nochmoderat,einbreitangelegterWandelistdemnachnichtfestzustellen.DieNiederlandehat
miteinemMinusvon8,4ProzentpunktendenhöchstenRückgangzuverzeichnen.Deutschland
folgtBelgien,DänemarkundUngarn.ZugenommenhatdieserAnteilderBeschäftigteninLitauen,
Finnland,Zypern,GriechenlandundLettland.InFrankreichbliebdasNiveauinetwakonstant.
Auch imDienstleistungssektor (Abbildung10) sinddieNiederlandeübereinstimmendmit den
Befunden der Quoten bei der Beschäftigungsstruktur allgemein, insgesamt am stärksten vom
Rückgang des Normalarbeitsverhältnisses betroffen. Knapp vor Italien, dessen traditionelle
Beschäftigungsverhältnisse sich um 5,77 Prozentpunkte minimierten, haben die Niederlande
einenRückgangvon5,94Prozentpunktenzuverzeichnen.Wesentlichgeringer–untervierPro-
zentpunkten–fälltdieDifferenzzu2001inderSchweiz,UngarnundBelgienaus.Dänemark,
Norwegen,SpanienundIrlandliegenmitihrenQuotenbeieinerDifferenzvonwenigeralszwei
Kein Wandel der
Beschäftigungsverhältnisse
im Industriesektor…
Starker Rückgang im
Dienstleistungssektor
Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt
Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 10: Veränderung des traditionellen Beschäftigungsverhältnisses im Dienstleistungssektor in Prozentpunkten, 2001 zu 2008
Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 64 Jahren berücksichtigt.
–5,9 –5,8 –5,5–5,0
–3,4–2,9
–2,0 –1,9–1,5 –1,4 –1,2
–0,3
0,50,9 0,9 1,1 1,2 1,3 1,4
2,9
4,04,4
8,0
–8
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Gro
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Lita
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20
Prozentpunkten.AusgebautwerdenkonntentraditionelleBeschäftigungsverhältnisseinEstland,
PortugalundFrankreich.Zypern,Finnland,TschechienundGriechenlandhabeneineZunahme
vonübereinemProzentpunktzuverzeichnen.InGroßbritannien,RumänienundLettlanderhöhte
sichdieseBeschäftigungsformumdreibisübervierProzentpunkteundinLitauenvollzogsich
miteinerZunahmevonüberachtProzentpunktendergrößteAufbaudiesesBeschäftigungsver-
hältnissesimDienstleistungssektor.
In Deutschland sind die traditionellen Beschäftigungsverhältnisse seit 2001 um fünf Prozent-
punktezurückgegangenundwerdenerwartungsgemäßnochweiterzurückgehen.UmdenAn-
forderungenimDienstleistungssektorgerechtwerdenzukönnen,strebenvieleArbeitgebernach
mehr externerFlexibilität, die sienur außerhalbder traditionellenBeschäftigungsverhältnisse
erreichenkönnen(Eichhorst/Marx2009b).
4.2 Verteilung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in den Sektoren nach Alter
UntersuchtmandieAnteilederVollzeitbeschäftigtenindenSektorennachverschiedenenAlters-
gruppen,sozeigtsich,dasseskaumLändermiteinerausgeprägtenVarianzderAltersstrukturim
Industriesektorgibt.EineAusnahmebildenDänemark,NorwegenunddieNiederlande.Indiesen
LänderngehenauchimIndustriesektordie15-bis24-JährigeneinerVollzeitbeschäftigungnach.
AuchinFinnland,Lettland,SlowenienundSchwedensinddieAnteilegeringeralsbeidenwei-
terenAltersgruppen.IndiesenundindenmeistenanderenLändernsinddieAnteileder26-bis
49-Jährigenamgrößten,wennesumeineVollzeitbeschäftigunggeht–wenngleichderAbstand
zuanderenAltersgruppendeutlichgeringerist.
DieVarianzimDienstleistungssektoristsehrvieldeutlicher.DominantistnachwievordieVoll-
zeitbeschäftigunginderAltersgruppeder25-bis49-Jährigen,diesjedochmiteinembisweilen
wesentlichhöherenAbstandzudenanderenAltersgruppen.
ÜberdeutlichistdiegroßeVarianzwiederinSlowenien,denNiederlandenundDänemark.Noch
größereAbständealsimIndustriesektorgibteszwischendeneinzelnenAnteilenindenjewei-
ligen Altersgruppen in Norwegen, Griechenland, Finnland, Irland, Spanien und Schweden. In
DeutschlandistdieVarianznichtganzsoaugenfällig,dennochsindauchhierdieAnteileanders
verteilt.SosindbeispielsweisegeradedieAnteileder50-bis64-Jährigenwesentlichgeringerals
dieder25-bis49-Jährigen.
Varianz der Altersstruktur
im Industriesektor…
… und im
Dienstleistungssektor
Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt
21
Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt
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15- bis 24-Jährige 25- bis 49-Jährige 50- bis 64-Jährige
Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 11: Vollzeitquote im Industriesektor nach Alter in Prozent, 2009
15- bis 24-Jährige 25- bis 49-Jährige 50- bis 64-Jährige
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Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.
Abbildung 12: Vollzeitquote im Dienstleistungssektor nach Alter in Prozent, 2009
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
22
5.Lohn-undAbgabenentwicklungundArbeit-nehmerzufriedenheit
Zwarverfügtdie„KerngruppedesArbeitsmarktes“überrelativstabileBeschäftigungsverhältnisse,
überdieAusgestaltungdieserBeschäftigungsformunddenBeschäftigungsbedingenkannbislang
jedochnochkeineAussagegetroffenwerden.DieLohn-undAbgabenentwicklungunddiesubjek-
tivempfundeneArbeitsnehmerzufriedenheitgebenAufschlussüberdieSituationdieserGruppe.
5.1 Löhne
Arbeitnehmer sind am wirtschaftlichen Aufschwung im Wesentlichen durch Lohnsteigerung
beteiligt (überneuereFormenderBeteiligungamwirtschaftlichenAufschwung,wie z.B.Mit-
arbeiterbeteiligung– sieheS. 58).UnterBerücksichtigungderPreissteigerung sinddie realen
Bruttolöhnevon2001bis2007allerdingsnurunterdurchschnittlichum1,8Prozentgewachsen
(Abbildung13).NebenMaltamussdieTürkeischwereLohnrückgängeverkraften.Besondershohe
Zuwachsratenhingegensindindenmittel-undosteuropäischenBeitrittsländernzubeobachten.
DochauchdieskandinavischenLänderhaben,wennauchmiteinigerDifferenz,Lohnzuwächse
zuverzeichnen.
Unterdurchschnittliche
Brutto-…
Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.
Anmerkung: Zur Preisbereinigung wurde der HCPI (2005 = 100 %) verwendet. Grundlage waren die Brutto-löhne (zur Herstellung von Waren) eines Durchschnittsverdieners (100 Prozent) ohne Kinder.
Abbildung 13: Veränderung der realen Bruttolöhne in Prozent, 2001 zu 2007
143,1
98,7 96,0
64,3 62,6
42,736,2 36,1 35,8
21,0 17,6 16,6 12,9 11,7 11,6 11,66,8 4,7 4,5 4,4 1,8 1,7 1,6 0,9 0,3
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Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
23
DieVeränderungderrealenNettolöhne lieferteinähnlichesBild (Abbildung14).2Deutschland
liegtmiteinemWachstumvon2,9ProzentimmernochunterdemEuropäischenDurchschnitt.Für
Geringverdiener(hierdefiniertals67ProzentdesDurchschnittseinkommens)lagderZuwachsfür
diegleichePeriodebei1,6ProzentundwardamitdeutlichniedrigeralsfürdenDurchschnittsver-
diener(Eurostat2009,eigeneBerechnungen).AndereSchätzungenberichtensogarvonnegativen
Lohnentwicklungen(Brenke2009oderSchulten2009).DieGründefürdieunterdurchschnittliche
Entwicklungsindvielschichtig.Zumeinen istdienegativeLohndrift inderDiskussion:Dieses
Phänomenentsteht,wenndieBeschäftigtenimgesamtwirtschaftlichenDurchschnitttatsächlich
niedrigere Lohnerhöhungen bekommen, als in den Tarifverträgen vereinbart (Schulten 2009).
DiesistaufdiesinkendeTarifbindung,aufdieMöglichkeit,vontarifvertraglichenBindungenauf
betrieblicherEbenenachuntenabzuweichenundaufdieReduktionübertariflicherLeistungen
zurückzuführen.EinzweiterGrundistaberauchdasunterdurchschnittlicheWirtschaftswachstum
überdieletztenzehnJahre(Brenke2009:560).BemerkbarmachtsichzudemeinStruktureffekt,
derdurchdieSchaffungvonTeilzeitarbeitundmarginalenBeschäftigungsverhältnissenentsteht
(Sinn2007).DieZunahmeniedrig entlohnterArbeitsverhältnisse senktdiedurchschnittlichen
VerdiensteundvermindertsomitauchdieZunahmederNettorealeinkommen.
2 DieVergleichbarkeitvonNettolöhnenistaufgrundunterschiedlicherFinanzierungsmodistaatlicherAufgabenundsozialerSicherungssystemeeingeschränkt.
… und Nettolohnentwicklung
Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.
Anmerkung: Zur Preisbereinigung wurde der HCPI (2005 = 100 %) verwendet. Grundlage waren die Nettolöhne eines Durchschnittsverdieners in der Industrie ohne Kinder.
Abbildung 14: Veränderung der realen Nettolöhne in Prozent, 2001 zu 2007
142,1
107,1
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63,659,0
40,4 40,335,4
25,6 24,6 21,8 20,216,3 15,5 11,6 9,0 8,6 6,7 6,6
2,9 1,2 0,9 0,2–0,2 –3,8 –3,9
–30
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10
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150
170
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24
DieBeurteilungdieserLohnentwicklungistkomplizierter:Eslässtsichzwarargumentieren,dass
eine schwache Lohnentwicklung den nationalen Konsum schwächt und somit auch dasWirt-
schaftswachstumdämpft,dochstärkteineschwacheLohnentwicklungaufderanderenSeitedie
Wettbewerbsfähigkeitund sorgt so fürExportimpulse (Brenke2009).Darüberhinausgingdie
SchaffungvielerTeilzeit-undbefristeterStellenmiteinemAnstiegderBeschäftigungeinher,der
aufEbenedesHaushalteswiederumzumehrEinkommenführt.DieserZusammenhangergibt
sichbeispielsweisedann,wennmehrerePersoneneineWirtschaftseinheit(Haushalt)bildenund
einePersonnunzusätzlichein(Teilzeit-)Einkommenhinzuverdient.NettohatderHaushaltnun
mehrGeldzurVerfügung.
ObwohldieVerteilungsspielräumedurchdenletztenAufschwungseit2006vonArbeitnehmern
undGewerkschaftennichtgenutztwerdenkonnten,lagdasdurchschnittlicherealeJahreseinkom-
menmit23.584Eurofür2007immernochüberdemeuropäischenDurchschnitt(Abbildung15).
BesondershochsinddieEinkommen indenskandinavischenLändern,derSchweizundGroß-
britannien.Deutlichwirdaußerdem,dassdieEinkommenderneuenBeitrittsländernochimmer
deutlichunterdemNiveauWesteuropasliegen.
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.
Anmerkung: Zur Preisbereinigung wurde der HCPI (2005 = 100 %) verwendet. Grundlage waren die Nettolöhne eines Durchschnittsverdieners in der Industrie ohne Kinder.
Abbildung 15: Nettoreallohn eines Durchschnittverdieners ohne Kinder in Preisen von 2005, 2007, in Euro
34.36333.789
30.421
26.32125.57725.542
24.63524.07023.658 23.584
22.48221.544
19.561
16.93616.44516.224
12.36311.509
6.614 6.2275.433 5.432 5.280 4.638 4.310 4.075
3.1161.773
35.839
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
Nor
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25
Durchschnittliche Steuer-
und Abgabenlast…
5.2 Steuer- und Abgabenbelastung
Den(Lohn-)EinnahmenderBürgerstehenihreAbgabengegenüber.DieSteuerquotezeigtdabei
denAnteildererhobenenSteuernamAnteilderWirtschaftsleistung(BIP).DasBildderEndbe-
lastungderSteuerträgerwirddurchdieAbgabenquote–denAnteil derSozialabgabenander
Wirtschaftsleistung–vervollständigt.
DerVergleichderreinenSteuerbelastungderArbeitnehmerwürdedierealeHaushaltsbelastung
nurunvollständigwiderspiegeln.WerdendieSozialabgabenund fallsmöglichauchdieSozial-
transfers des Staates an die Haushalte, zum Beispiel das Kindergeld, berücksichtigt, zeichnet
sich am ehesten ab, welches Einkommen den Haushalten zur Verfügung steht. Die neuesten
DatenderOECDbeziehensichaufdasJahr2008.AlsDurchschnittslohn(100Prozent)wirdder
durchschnittlicheJahresbruttoverdiensteinesVollzeitarbeitnehmersinderPrivatwirtschafther-
angezogen(OECDc2009:147).2008betrugdieserinDeutschland43.942USD(ca.29.800Euro;
durchschnittlicherWechselkurs2008).
WerdendiedurchschnittlichenSteuer-undSozialabgabeneinesSinglesmitDurchschnittseinkom-
menverglichen,zeigtsich,dassDeutschlandmit42,7ProzentimOECD-VergleichseineArbeit-
nehmeramhöchstenbelastet(Abbildung16).LediglichBelgienundDänemarkweiseneinähnlich
hohesNiveauauf,wobeiDänemarkdieBelastungenseit2001um3,4Prozentpunktevermindern
konnte.
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
… ist in Deutschland
am höchsten
26
FürGeringverdiener(67ProzentdesDurchschnittseinkommens)giltähnlicheswiefürdieDurch-
schnittsverdiener:NachDänemarkwirddieseGruppemit37ProzentamzweithöchstenmitSteu-
ernundAbgabenbelastet(Tabelle3).PersonenmithöheremEinkommen(167Prozent)werden
dagegenwenigerstarkbelastet.DurchdieBesonderheitdesprogressivenEinkommensteuersy-
stemsinDeutschlandsinkendieBelastungenabeinembestimmtenPunktsogar(OECD2009).
NurnochinÖsterreichundSpanienwerdendieArbeitnehmerimOECD-Vergleichmitsteigenden
Einkommenentlastet.ErneutwirdhierdasüberragendeGewichtderSozialabgabendeutlich.An-
dereVergünstigungenwieSteuerfreibeträgeoderdiePendlerpauschaleverstärkensichebenfalls
durchdasprogressiveEinkommensteuersystemundwürden, falls berücksichtigt, ebenfalls für
eineüberproportionaleEntlastungderBesserverdienersorgen.DieSteuer-undAbgabenlastfür
FamilienwirdineinerspäterenStudiediskutiertwerden.
Belastung
verschiedener
Lohngruppen
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
Quellen: OECDc 2009, eigene Berechnungen.
Anmerkung: Für Australien, Neuseeland und Großbritannien stimmt das Steuerjahr nicht mit dem Kalenderjahr überein. Die OECD passt die Daten entsprechend an (OECDc 2009: 12).
Abbildung 16: Einkommensteuer und Sozialabgaben eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners in Prozent, 2008 und Veränderung zu 2001 in Prozentpunkten
–15
–5
5
15
25
35
45
55
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2008 Differenz zu 2001
5,1
12,514,6
19,020,3 21,2 21,7 22,6 22,8 22,8 23,4 23,6 24,5 24,7 25,6 26,3 26,7 27,2 27,5 27,8 28,6 29,3 29,7 30,0
33,936,1
38,340,9
42,5 42,7
2,13,3
–2,2 –1,1
3,21,7
–0,3 –0,2
1,5 1,9
–0,7
1,1 1,4
–0,10,1
5,3
–5,7
–0,1–3,4
–1,3–2,5
1,1
–1,7 –3,0
2,55,6
–0,1–2,4
–0,5 –0,6
27
Tabelle 3: Durchschnittliche Steuer- und Abgabenbelastung eines Singles nach Lohngruppen in Prozent, 2008
Geringverdiener(67 Prozent)
Durchschnitts-verdiener
(100 Prozent)
Verdiener mit höherem Einkommen
(167 Prozent)
Australien 17,2 22,6 28,7
Belgien 36,0 42,5 49,3
Dänemark 38,4 40,9 49,6
Deutschland 37,0 42,7 45,6
Finnland 23,4 30,0 37,2
Frankreich 25,9 27,8 33,3
Griechenland 20,1 26,3 32,7
Großbritannien 22,9 25,6 30,3
Irland 7,0 14,6 26,9
Island 19,6 24,5 28,4
Italien 24,7 29,3 36,0
Japan 18,6 20,3 24,3
Kanada 18,2 23,4 27,0
Luxemburg 20,0 27,2 35,1
Mexiko -1,5 5,1 12,5
Neuseeland 18,2 21,2 26,9
Niederlande 31,8 36,1 41,1
Norwegen 25,9 29,7 36,0
Österreich 28,2 33,9 38,1
Polen 27,3 28,6 30,5
Portugal 17,0 22,8 30,1
Schweden 23,8 26,7 37,2
Schweiz 18,4 21,7 26,5
Slowakei 19,3 22,8 25,4
Spanien 13,9 19,0 24,3
Tschechien 19,0 23,6 27,3
Türkei 25,0 27,5 31,1
Ungarn 28,0 38,3 45,1
USA 22,3 24,7 30,5
Quelle: OECDc 2009.
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
28
BisherwurdediedurchschnittlicheSteuer-undAbgabenbelastungdiskutiert.Wirdhingegendie
marginaleBelastungvonSteuer-undAbgabenbelastungzuzüglichTransfersbetrachtet,wirdsicht-
bar,wiedieAnreizeverteiltsind,einenEuromehrzuverdienen.DeutschlandweistimVergleich
eineuntypischeAnreizstrukturauf:Zumeinen,weilDeutschlandzusammenmitFrankreichund
BelgienGeringverdienermarginalhochbesteuert,undzumanderen,weildiemarginaleBelastung
mitdemEinkommenabnimmt.Eszeigtsich,dassfüreinenDurchschnittsverdiener(100Prozent)
inDeutschlanddieAnreizhürde,mehrGeldzuverdienen,imOECD-Vergleichhochgesetztist,da
vondemeinenEuroMehrverdienstlediglich45Centübrigbleiben.EinemGeringverdiener(67
Prozent)bleibendementsprechendnur41CenteineszusätzlichverdientenEuro,dagegenbleiben
einemHöherverdiener(167Prozent)immerhin56Cent.WährendBelgienundUngarnbesonders
wenigAnreizezumHinzuverdienstsetzen,lohntsichderzusätzlicheArbeitseinsatzbesondersin
Mexiko,JapanundTschechien.
Marginale Belastung:
ungewöhnliche
Struktur
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
Quelle: OECDc 2009.
Anmerkung: Die Abgabenlasten werden in Prozent des jeweiligen Bruttoeinkommens angegeben. Berücksichtigt sind Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteile sowie Transfers.
Abbildung 17: Marginale Steuer- und Abgabenbelastung nach Einkommensgruppen in Prozent, 2008
0
10
20
30
40
50
60
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nt
Geringverdiener (67 Prozent) Durchschnittsverdiener (100 Prozent) Verdiener mit höherem Einkommen (167 Prozent)
29
5.3 Lebens- und Arbeitszufriedenheit
Die Lebens- undArbeitsumstände einzelner Personen können kaum amBruttoinlandsprodukt
undnurschweraneinzelnen IndikatorenwieArbeitszeitenoderKündigungsschutzabgelesen
werden.WieMenschen lebenundwiesie ihreLebensumständewahrnehmen,misstbeispiels-
weiseEurofound(EuropeanQualityofLifeSurvey,EQLS)mittelsInterviewabfrage(Surveys)über
diejeweiligeLebenssituation.DieDatensindnichtunmittelbaraufPersonenimNormalarbeitsver-
hältniszugeschnitten.DiesstelltjedochkeinProblemdar,dadierelativePositioneinesIndividu-
umsinderGesellschaftundinderArbeitsweltnichtbestimmtwerdenkönnte.
LebenszufriedenheitwirddabeialsmultidimensionalesKonzeptverstanden.NebenEinkommen,
BildungundZugangzumateriellenRessourcensindauchGesundheit,Familie,Arbeitsumstände
undsozialeNetzwerkefürdieHöhevonBedeutung.AusderWahrnehmungdersichbietenden
Möglichkeiten,dentatsächlichgetroffenenEntscheidungenunddenerreichtenZielenimsozialen
KontextergibtsichendgültigdieLebenszufriedenheit(Delhey2004:2).InderletztenUmfrage,
beiderdieLebenszufriedenheitunddasGlücksempfindenaufeinerZehn-Punkte-Skalagemessen
wurden(1=sehrunzufriedenund10=sehrzufrieden),zeigensichgroßeUnterschiede(Abbildung
18).GenerellscheinenPersoneninderEUzufriedenzusein,dasichderDurchschnittallerLänder
(7,0)überdemMittelpunktderSkala(5,5)befindet.Amehestenauffälligist,dassPersonenaus
denBeitrittsländernwenigerzufriedenzuseinscheinen.Dieswirddadurchrelativiert,dassseit
derletztenBefragung2003dieLebenszufriedenheitbis2007insgesamtgestiegenist–besonders
inderSlowakei,EstlandundLitauen.AufderanderenSeitestehendieskandinavischenLänder
Dänemark,SchwedenundFinnland,dieauchinanderenMessungenregelmäßigaufdenvorderen
Plätzen zu finden sind.Deutschland liegtmit einemWert von7,2 imMittelfeldundhat diese
PositionindenletztenJahrennichtverändert.
Der zweite Indikator –nahmit demder Lebenszufriedenheit verwandt– istGlück.Dieser In-
dikator ist sehr viel eher vondenEmotionendes Interviewtengeprägtundunabhängiger von
wirtschaftlichenFaktoren.Auffälligist,dassdieLückezwischenpersönlichemGlückundLebens-
zufriedenheitzunimmt,jeweiterdieLebenszufriedenheitsinkt.ImletztenJahrzehntistfürdieEU
15dasGlücksempfindenvon7,6auf7,2gesunken(EQLS2005,2009)–einTrend,derzwarauch
fürDeutschlandgilt,miteinerVeränderungvon0,1jedochnichtgravierendist.
Lebenszufriedenheit
und Glücksempfinden
überdurchschnittlich
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
30
WenndieFragegestelltwird,obsichdiehohe,subjektivempfundeneLebensqualitätinDeutsch-
landauchinderArbeitsweltwiederfindet,mussdaraufgeachtetwerdendiesnichtmitdenAr-
beitsbedingungenzuvermischen.Diesewerdenerstensandersgemessenundsindzweitensnicht
vomIndividuumabhängig(zuArbeitsbedingungens.Abschnitt6).
FürausgewählteOECD-LändergabendiebefragtenBeschäftigtenan,überwiegendmitihrerAr-
beitzufriedenzusein.InDeutschlandhaben86ProzentallerbefragtenBeschäftigtenangegeben,
„völlig“,„sehr“oder„ausreichend“mitihrerArbeitzufriedenzusein(Abbildung19).
Zufriedenheit mit
Arbeitsstelle hoch
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
Quelle: OECD European European Quality of Life Survey 2005 und 2009.
Anmerkung: Die Ergebnisse für Lebenszufriedenheit stellen die Auswertung der Frage 29 dar: “All things considered, how satisfied would you say you are with your life these days? Please tell me on a scale of 1 to 10, where 1 means very dissatisfied and 10 means very satisfied.” Die Ergebnisse für Glück stellen die Auswertung der Frage 42 dar: “Taking all things together on a scale of 1 to 10, how happy would you say you are? Here, 1 means very unhappy and 10 means very happy.”
Abbildung 18: Lebenszufriedenheit und Glücksempfinden, 2007
-2
0
2
4
6
8
10
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Lita
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Lett
land
Ung
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Bulg
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n
Inde
x
Statisfaction Differenz 2007 zu 2003 Glück
8,3 8,2 8,38,0 8,0 8,0 7,9 7,8 7,8 7,8 7,6 7,5
7,7 7,77,3 7,4 7,5 7,4 7,3
7,0 7,07,3
6,96,6 6,8
7,0
5,8
8,27,9 7,9
7,6 7,6 7,5 7,3 7,3 7,3 7,2 7,2 7,0 6,9 6,96,7 6,7 6,6 6,6 6,5 6,3 6,2 6,2
6,05,6
5,0
8,38,5
0,10,5
0,20,4 0,2
-0,1
0,3 0,10,4
-0,1 -0,2
0,0 0,20,5
-0,8
0,71,0
0,8
-0,2-0,6
0,3
0,9
0,20,6 0,5
-0,3
0,5
31
Merkmale der
Arbeitsbelastung
Eswurdeebenfallserfasst,welcheMerkmalefürdieZufriedenheitwichtigsind.Vondenabge-
fragtenMerkmalenwurdedieArbeitsplatzsicherheitalswichtigstesKriteriumbewertet(OECDb
2009).FlexibleArbeitszeitenwurden,auchinDeutschland,alswenigerwichtigalsdieHöhedes
EinkommensundderWeiterbildungsmaßnahmenbewertet. Interessant istnun,wieesmitder
tatsächlichenVerteilung der Arbeitsplatzcharakteristiken bestellt ist. In Deutschland gaben 71
ProzentderBefragtenan,einensicherenArbeitsplatzzuhaben,weitmehralsderOECD-Durch-
schnitt.DieseSicherheitwirdallerdingsmiteinerdurchschnittlichenEinkommenszufriedenheit
undmiteinerunterdurchschnittlichenWahrnehmunganAufstiegschancenerkauft. Interessant
ist,dassbeiderWahrnehmungderAufstiegschancendieUSAhierhinterMexikonurdenzweiten
Platzeinnehmenunddas,obwohlindenUSAdasCredo„VomTellerwäscherzumMillionär“nach
wievorstarkhervorgehobenwird.BeiderFragenachderArbeitsbelastungwirddeutlich,dassin
DeutschlanddieArbeitmiteinerwahrgenommenengroßenAnstrengungundvielStressverbun-
den ist.AndererseitswerdendieFaktoren„körperlicheArbeit“und„gefährlicheBedingungen“
unterdurchschnittlichhäufiggenannt
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
68,6 70,5 72,477,4 77,5 78,2 79,0 80,5 81,8 82,2 83,8 85,7 86,2
90,1 92,1 92,3
0
10
20
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40
50
60
70
80
90
100
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Aust
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Kana
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USA
Däne
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Finn
land
Irlan
d
Schw
eiz
Mex
iko
Quelle: OECDb 2009.
Abbildung 19: Zufriedenheit mit der Arbeitsstelle, 2005
Anmerkung: Ergebnisse sind in Prozent aller Beschäftigten, die „völlig“, „sehr“ und „einigermaßen“ mit ihrer Arbeit zufrieden sind.
32
Tabelle 4: Arbeitsplatzeigenschaften und Arbeitsbedingungen, 2005
Arbeits-platz-
sicherheit
Hohes Ein-
kommen
Aufstiegs-möglich-keiten
Arbeitsbelastung
Komme erschöpft von der Arbeit
Harte Körper-
liche Arbeit
Stress-reiche Arbeit
Gefähr-liche
Bedin-gungen
Australien 64 24 25 90 45 85 29
Belgien 65 23 26 80 45 81 34
Dänemark 74 41 23 87 48 81 29
Deutschland 71 25 23 86 46 81 28
Finnland 60 30 20 84 47 84 36
Frankreich 51 13 12 92 52 87 33
Großbritannien 68 20 27 90 51 86 24
Irland 75 33 36 82 42 66 25
Japan 61 24 10 74 43 72 25
Kanada 64 34 31 86 40 85 29
Mexiko 71 26 44 80 47 60 32
Neuseeland 68 30 31 84 48 78 33
Norwegen 62 18 13 86 42 86 33
Portugal 62 16 36 88 49 73 29
Schweden 65 19 21 86 51 89 33
Schweiz 68 32 34 82 40 76 25
Spanien 69 26 24 79 51 72 37
Tschechien 51 17 14 88 48 62 32
Ungarn 55 15 15 94 59 71 47
USA 74 27 38 85 47 79 32
OECD 64 24 25 85 48 78 32
Quelle: OECDc 2009.
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
33
DaSurvey-DatendiesubjektiveWahrnehmungabfragen,istalsErgänzungdasaufquantitativen
Daten beruhende Arbeitsqualitäts-Ranking von Leschke undWatt (2008) aufschlussreich. Die
Autoren bilden aus sechs Indikatoren einen Index (ungewichteter Durchschnitt): Einkommen,
atypische Beschäftigungsverhältnisse, Arbeitszeit/Work-Life-Balance, Arbeitsbedingungen/
Arbeitsplatzsicherheit,Qualifikationen/EntwicklungsmöglichkeitenundAbdeckungvonTarifver-
einbarungen.ErneutbefindensichdieskandinavischenStaatenmitGroßbritannienunddenNie-
derlandenaufdenvorderenPlätzen(Abbildung20).AmanderenEndesindPolenundRumänien
vertreten.NacheinernegativenEntwicklungseit2000 (-0,02)nimmtDeutschlandeinenPlatz
unterdemeuropäischenDurchschnittmiteinemWertvon0,49ein.Dieswirdmitderunterdurch-
schnittlichenPerformancederIndikatoren„atypischeArbeitsverhältnisse“und„Arbeitsbedingun-
gen/Arbeitsplatzsicherheit“erklärt(LeschkeundWatt2008)–Befunde,diesichmitdenbisher
diskutiertenDatendecken.DieAutorenweisenaberauchdaraufhin,dassDeutschlandaufgrund
derunzureichendenBerücksichtigungvongeschlechtsspezifischausgeformterInteressenvertre-
tungunterschätztseinkönnte.WirdderIndexfürFrauenundMännergetrenntberechnet,zeigt
sicheinleichterVorteilvonMännern.AllerdingssindeinigeIndikatoren,zumBeispielEinkom-
men,starkgeschlechterverzerrt.
Arbeitsqualität
unterdurchschnittlich
Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit
Quelle: Leschke und Watt (2008).
Abbildung 20: Index der Arbeitsqualität, 2005/2007
0,00
0,10
0,20
0,30
0,40
0,50
0,60
0,70
0,80
0,90
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Una
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Slow
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Grie
chen
land
Rum
änie
n
Pole
n
0,790,74
0,70 0,70 0,69 0,68 0,670,65
0,62
0,57 0,550,51 0,51 0,50
0,46 0,460,41 0,40 0,40 0,39 0,39 0,39 0,37
0,340,30 0,29
34
Formen der
Flexibilisierung
6. InterneFlexibilitätundArbeitsorganisation
Für Arbeitnehmer in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen trifft externe Flexibilisierung
bislang nicht zu. Jenseits einer Flexibilisierung durch die Einführung atypischer Beschäfti-
gungsverhältnissekannjedochauchinnerbetrieblichflexibilisiertwerden,umaufschwankende
Umweltherausforderungen reagierenzukönnen.AufgrundderDatenlage ist eineUnterteilung
in traditionelleundatypischeBeschäftigungsverhältnissenureingeschränktundbisweilengar
nichtmöglich.DennochgibtdieUntersuchungderGesamtheitderBeschäftigteneinenerstenAuf-
schlussüberdieinterneFlexibilitätdesdeutschenArbeitsmarktes.Unterscheidetmanzwischen
verschiedenenTypenvonFlexibilisierung,entstehteineVierfeldermatrix,diesowohlquantitative
alsauchqualitativeFlexibilitätberücksichtigt(Tabelle5).
InterneFlexibilisierungkann insbesonderebeieinemrigidenKündigungsschutzeineMöglich-
keit zur kurzfristigen Reaktionsfähigkeit sein. Instrumente der internen Flexibilisierung sind
flexibleArbeitszeitenunddieorganisatorischeundfunktionaleFlexibilität.BeiderOrganisation
derArbeitszeitsindbeispielsweiseArbeitszeitkontenundGleitzeitWegezuerhöhterFlexibilität.
GeradeimDienstleistungssektorsindServicezeitenundDienstplänefüreinekundenorientierte
Arbeitsweiseessenziell.FunktionaleundorganisatorischeFlexibilitätdecktdagegenMaßnahmen
jenseitsderzeitlichenKomponenteab.DabeisindinsbesondereMaßnahmenwieWeiterbildung,
Multiskilling, Jobrotation,dezentraleVerantwortlichkeitenundTeamarbeitElemente,diezuer-
höhterFlexibilitätineinemUnternehmenführensollen.DurchdieseFlexibilitätsollgewährleistet
sein,dassMitarbeiterihreArbeitskraftvielfältigundjenachArbeitsanfalleinsetzenkönnen(Gou-
deswaardetal.2009).Darüberhinauskannauchein flexiblesEntlohnungssystemzu interner
Flexibilitätgezähltwerden.
FlexibilisierungsmaßnahmensindjenachArtentwedervonVorteilfürdenArbeitgeber,Arbeit-
nehmer (StichwortWork-Life-Balance)oder fürbeideGruppen.Tabelle6zeigt,welchenumeri-
schenFlexibilisierungsoptionenArbeitnehmerundUnternehmenhaben.
Tabelle 5: Matrix zur Flexibilität der Arbeitsorganisation
Quantitative Flexibilisierung Qualitative Flexibilisierung
Externe Flexibilisierung
Flexibilisierung durch unterschiedliche Typen des Beschäftigungsstatus
Vertragliche Flexibilität
Flexibilisierung der Produktionssysteme, Untervergabe
Nutzung von selbstständigen Experten und Beratern
Interne Flexibilisierung Flexibilisierung der Arbeitszeit Flexibilität der Arbeitsorganisation:
organisatorische oder funktionale Flexibilität
Quelle: Goudeswaard et al. 2009.
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
35
DieMöglichkeitenzurVariationvonArbeitszeitensindstarkabhängigvonjeweiligenLänder-und
sektorspezifischenMerkmalen,was imFolgenden anhand einigerDaten eingehenddargestellt
werdensoll.
6.1 Quantitative Flexibilität: Organisation der Arbeitszeiten
Eine Option für Unternehmen, um flexibel auf Anforderungen reagieren zu können bzw. den
WünschenderKundenzuentsprechen,sindungewöhnlicheArbeitszeiten.DazugehörenNacht-,
Abend-,Schicht-undWochenendarbeit.DieArbeitnehmerinnerhalbderEUwerdenunterschied-
lichstarkhinsichtlichflexiblerArbeitszeitengefordert(Abbildung21).
Tabelle 6: Möglichkeiten zur Flexibilisierung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Flexibilisierungs-möglichkeiten
Arbeitnehmerkonforme Flexibilität
Ja Nein
Unternehmens-konforme Flexibilität
Ja
Teilzeit (INT)
Flexible Arbeitsstunden, Dienstpläne (INT)
Renteneintritt schrittweise (INT)
Frühverrentung (EXT)
Ungewöhnliche Arbeitszeiten (Nacht-, Wochenend- und Schichtarbeit) (INT)
Befristete Tätigkeiten (befristete Verträge, Zeitarbeiter, freie Mitarbeiter) (EXT)
Überstunden (INT)
Nein
Elternzeit (INT)
Längere Abwesenheiten für Pflegeaufgaben, Bildung oder andere Gründe (INT)
Anmerkung: INT: interne quantitative Flexibilität; EXT: externe quantitative Flexibilität.
Quellen: Chung et al. 2007, eigene Darstellung.
Hoher Anteil von Arbeit
am Samstag…
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
36
ArbeitanSamstagenist indergesamtenEUrelativstarkverbreitet. InsbesonderedieSchweiz
undItalienhabenmiteinemAnteilvonüber30ProzenteinehoheAnzahlanArbeitnehmern,
dieregelmäßiganSamstageneinerTätigkeitnachgehen.AuchderAnteilderArbeitnehmer in
DeutschlandistbeidiesemIndikatorüberdurchschnittlich–24,2ProzentderArbeitnehmerar-
beitenauchamSamstag.DerSonntagalsArbeitstagistinderdeutschenDebatteumstritten.So
wurdeimDezember2009demEinzelhandelinBerlinvomVerfassungsgerichtuntersagt,regel-
mäßigenanAdventssonntagendieTürenzuöffnen.AnlassfürdasUrteilwarenreligiöseGründe,
aberauchderSchutzdesArbeitnehmersstandhierbeiimZentrumderVerfassungsrichter(www.
spiegel.deam1.12.2009).AndererseitsstehtderSchicht-undWochenenddienstimGesundheits-
bereich–aushumanitärenGründen–nichtinderöffentlichenKritik.ImEU-27-Vergleichistder
Anteil derArbeitnehmer inDeutschland,die auchamSonntag einerTätigkeitnachgehen,mit
12,4Prozentüberdurchschnittlich.NochhöherliegendieWerteindenkontinentaleuropäischen
NachbarländernÖsterreich,FrankreichunddenNiederlanden.
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
Quelle: Eurostat 2009.
Anmerkung: Die Daten beziehen sich auf alle Arbeitnehmer. Eine Unterteilung zwischen Vollzeit/Teilzeit und befristet/unbefristet ist aufgrund der Datenlage nicht möglich. Der Wert von Großbritannien bezieht sich auf 2007.
Abbildung 21: Anteil der Arbeitnehmer mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten in Prozent, 2008
Samstag Schicht Sonntag
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37
DieAnzahlderArbeitnehmer,dieeinerSchichtarbeitnachgehen, ist imLändervergleichinsge-
samthoch.DieseArbeitsorganisation ist in fastallenwirtschaftlichenSektorenweitverbreitet.
SowohlimGesundheitsbereichalsauchimEinzelhandelundnichtzuletztinderIndustriesind
UnternehmenoderöffentlicheEinrichtungenaufeinenfunktionierendenSchichtbetriebangewie-
sen.DieArbeitnehmerindenkontinentaleuropäischenLändernsindiminternationalenVergleich
eherunterdurchschnittlichdurchSchichtbetriebbelastet.UnterzehnProzentderArbeitnehmer
arbeiteninFrankreichunddenNiederlandenSchicht.RelativgroßsinddieUnterschiedezwischen
dennordischenLändern.WährendinDänemarknur4,2ProzentderArbeitnehmerSchichtdienst
haben,arbeiteninSchwedenundinFinnlandüber20ProzentderArbeitnehmerinnerhalbrotie-
renderArbeitszeiten.
Relativ verbreitet ist in Deutschland auch dieNacht- und dieAbendarbeit. Im internationalen
VergleichsindsowohldieAnteilederArbeitnehmer,dieabendsarbeiten(25,6Prozent)alsauch
derjenigen,dienachtsarbeiten(9,6Prozent),relativweitverbreitet.
… und am Abend
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
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Nor
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rn
Quelle: Eurostat 2009.
Anmerkung: Die Daten beziehen sich auf alle Arbeitnehmer. Eine Unterteilung zwischen Vollzeit/Teilzeit und befristet/unbefristet ist aufgrund der Datenlage nicht möglich. Der Wert von Großbritannien bezieht sich auf 2007.
Abbildung 22: Anteil der Arbeitnehmer mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten in Prozent, 2008
Nachtarbeit Abend
19,2
11,7
9,8 9,5 9,2 8,8 8,6 8,5 8,27,7 7,7
7,1 6,8 6,7 6,4 6,0 6,0 5,9 5,6 5,5 5,3 5,1 5,1 5,0 4,8 4,4 4,3 4,2 4,1 3,7
1,1
26,825,9
16,8
25,6
28,3
14,9
19,7
21,8
17,116,5
0,0
10,9
15,4
12,012,6
15,416,0
11,4
16,3
13,1
16,8
9,8
15,2
7,97,2
7,9
11,1
12,3
16,1
14,3
3,5
38
InallenLändernbestehtdarüberhinausdieMöglichkeit,überArbeitszeitkontenangesammelte
Überstunden durch Freizeit auszugleichen. Aus der Sicht der Arbeitgeberwird dieses System
gegenüberderAuszahlungvonÜberstundenbevorzugt,dadurchdasAbgleitenschlechteZeiten
überbrücktwerdenkönnen.
Tabelle 7: Regulierung der Vergütung von Überstunden, Stand 2009
Belgien50 % Vergütung (100 % an Wochenenden und Feiertagen) – Umwandlung in Freizeitausgleich möglich, sofern durch Tarifvereinbarung vorgesehen
DänemarkUnternehmen mit Vereinbarung – höhere Vergütung, danach Freizeitausgleich für Überstunden oberhalb eines Schwellenwerts (8 Stunden in 4 Wochen laut branchenspezifischer Vereinbarung) Unternehmen ohne Vereinbarung – überwiegend Freizeitausgleich
Deutschland Höhere Vergütung und/oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung
Finnland50 % Vergütung für die ersten 2 Stunden pro Tag, 100 % für weitere Überstunden; Umwandlung in Freizeitausgleich durch Vereinbarung möglich
FrankreichZwischen 35. und 43. Wochenstunde – Mindestvergütung von 10 % (25 % ohne Vereinbarung) oder Freizeitausgleich durch Vereinbarung, ab 44. Stunde 50 % Vergütung
Griechenland Von der 40. bis zur 43. Wochenstunde 50 % Vergütung, ab 44. Stunde 150 % Vergütung
Irland 25 % Vergütung (Vereinbarungen legen oft höhere Vergütungssätze zugrunde)
Italien 10 % Vergütung (wenn keine Vereinbarung mit höherer Vergütung vorliegt)
Luxemburg25 % Vergütung für Arbeiter, 50 % für Angestellte Umwandlung in Freizeitausgleich mit 50 % für alle Arbeitnehmer möglich
Niederlande Höhere Vergütung und/oder Freizeitausgleich nach Tarifvereinbarung
Norwegen 40 % Vergütung (normalerweise 50 % nach Vereinbarung, und 100 % nach 21 Uhr)
Österreich 50 % Vergütung oder 50 % Freizeitausgleich
Polen50 % Vergütung für die ersten 2 Stunden, 100 % für weitere Stunden (und Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) Umwandlung in Freizeitausgleich auf Wunsch des Arbeitnehmers und mit Zustim-mung des Arbeitgebers möglich
Portugal50 % Vergütung für erste Stunde, 75 % für weitere Stunden, 100 % an Ruhe- und Feiertagen; plus Freizeitausgleich zu 25 % der geleisteten Stunden
Schweden Höhere Vergütung (üblicherweise 50 % bis 100 %) oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung
Slowakei 25 % Vergütung (mehr bei Vereinbarung auf Unternehmensebene)
Spanien Höhere Vergütung (im Durchschnitt 18 %) oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung
Ungarn50 % Vergütung (oder Freizeitausgleich nach Vereinbarung), 100 % Vergütung für Feiertagsarbeit (oder 50 %, wenn Freizeitausgleich gewährt wird)
Großbritannien Höhere Vergütung oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a/b.
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
39
Tabelle 8: Anteil der Arbeitnehmer mit zusätzlichem Lohn für Überstunden in Prozent, 2004/2005
Anteil der Arbeitnehmer, die zusätzlichen Lohn für Überstunden erhalten
Tschechien 50,4
Italien 48,7
Slowenien 45,1
Österreich 43,6
Slowakei 39,7
Luxemburg 38,9
Malta 37,1
Schweden 35,5
Dänemark 34,8
Niederlande 34,0
Estland 33,2
Irland 31,8
Frankreich 30,6
Großbritannien 28,4
Finnland 28,1
Griechenland 27,5
Ungarn 26,9
Deutschland 26,6
Portugal 26,0
Rumänien 25,8
Spanien 23,8
Polen 22,9
Zypern 21,4
Belgien 21,3
Bulgarien 18,7
Lettland 18,1
Litauen 15,3
Quelle: Forth Working Conditions Survey 2004/2005, European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions.
AndererseitsbeziehtnachwievoreinGroßteilderArbeitnehmerzusätzlichenLohndurchdie
AuszahlungvonÜberstunden.AuchinDeutschlandliegtderAnteilderArbeitnehmer,dieBezah-
lungfürÜberstundenerhalten,weitüber20ProzentunddamitallerdingsweitunterdenAnteilen
indenskandinavischenLändern.
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
40
DiesesErgebnisdecktsichauchmitStudienzuArbeitszeitflexibilität,diesowohlinternealsauch
externeFlexibilitätländerspezifischuntersuchenunddabeiauchdieAnzahlderÜberstundenund
externe Flexibilisierungsmaßnahmen in die Untersuchung einschließen. Finnland, Schweden,
Großbritannien,dieNiederlande,BelgienundTschechienzeigenhiereinehoheunternehmens-
konformeFlexibilität.WährendsichdieseFlexibilität inFinnlandundSchweden insbesondere
beiderBetrachtungderIndikatorenzurinternenFlexibilitätzeigt,wiehieramBeispielderunge-
wöhnlichenArbeitszeiten,istdieFlexibilitätinDänemark,denNiederlandenundinFrankreich
eherdurchexterneFlexibilisierungsmaßnahmengeprägt.DeutschlandzeigtbeiderGesamtbe-
trachtungvonexternenwie internenFlexibilisierungsmaßnahmeneineehergeringeunterneh-
mensorientierteFlexibilität(Chungetal.2007:33f.).
Geringe Flexibilisierung
von Arbeitszeit
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
Quellen: Forth Working Conditions Survey 2004/2005, European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions.
Anmerkung: Berücksichtigt werden hierbei alle Erwerbstätigen.
Abbildung 23: Struktur der Einteilung der Arbeitszeit in Prozent, 2004/2005
Vorgegeben durch das Unternehmen
Einteilung der Arbeitszeit völlig frei
Anpassung der Arbeitszeit innerhalb eines vorgegebenen Schemas
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Auswahl zwischen festgelegten Schichtplänen
Andere
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8 74 5 7
8 13 10 5 3 9 11 8 11 8 8
911
66
423441
7974 74 74 73 73 72 68 68 66 65 64 64 62
57 57 56 55 55 54 53 52 50 50 4942
36 33 31
48
7 8 124
128
910 7 18
2115 23
1817 29
6
21 20
1520
2233
3033
3345
1610 14 14 10
2112
2012 16
1914
914
11 11 1510
34
15 1524 15 20
1019 20
2718
41
AufschlussüberdiearbeitnehmerkonformeFlexibilität–längereAbwesenheitenwerdenineinem
nachfolgendenPapierbesprochen–kannu.a.dietäglicheArbeitseinteilungvonArbeitnehmern
geben(Abbildung23).AuchhiergibtesstarkeUnterschiedezwischendeneinzelnenLändern,
diewiederumabhängigvonderjeweiligensektorspezifischenAusrichtungsind.Überausflexibel
zeigensichUnternehmeninSchweden,derSchweiz,denNiederlandenundinDänemark.Hier
liegendieAnteilederbefragtenErwerbstätigen,dievondenUnternehmendieArbeitszeitenund
Variationsmöglichkeit vorgegeben bekommen,weit unter 50Prozent.NurwenigeGestaltungs-
möglichkeitengibtesdagegenindenmitteleuropäischenundbaltischenStaatenundinSpanien
undPortugal.MiteinemAnteilvon56ProzentliegtDeutschlandetwainderMitte.18Prozentder
ErwerbstätigenkönnensichihreArbeitszeitinnerhalbeinesvorgegebenenSchemasfreieinteilen.
ImmerhinzehnProzenthabensogarvöllig freieWahl.ZwölfProzenthabennochdieAuswahl
zwischenvorgegebenArbeitsplänen.
6.2 Qualitative Flexibilität: Organisation der täglichen Arbeitswelt
BeiderUntersuchungqualitativerFlexibilitätsindvierKlassenvonArbeitsorganisationgeläufig:
DasselbstbestimmteLernen,dieschlankeProduktion,dasTaylorscheSystemunddietraditionelle
bzw.einfacheProduktionsweise.DieArbeitsorganisationdesselbstbestimmtenLernenszeichnet
sich insbesondere durchhohe SelbstbestimmungundBefugnis zur autonomenProblemlösung
aus.DieimJapander80erJahregeprägteArbeitsorganisationzurschlankenProduktionbetont
insbesondereIndikatorenwieTeamarbeit,kontrolliertautonomeArbeitsweiseundMultiskilling.
WichtigisthierbeivorallemeinqualitativhochwertigesErgebnisbeihoherGeschwindigkeit.Die
TaylorscheArbeitsformistdagegeneherautomatisiertunddurchmonotoneArbeitsweisegekenn-
zeichnet–dennochspielenauchhierTeamarbeitundJobrotationeineRolle.Indertraditionellen
ArbeitsformsindalleElementequalitativerFlexibilitätunterrepräsentiert.
Formen der
Arbeitsorganisation
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
42
InsbesondereSchweden,Dänemark,dieNiederlandeundFrankreichsinddurchdieArbeitsform
desselbstbestimmtenLernensgeprägt(Abbildung24).DemnachspielenhierTeamarbeit,auto-
nomeEntscheidungenundhoheselbstbestimmteProblemlösungskompetenzeineübergeordnete
Rolle.Kaumexistentdagegensindeinfachebzw.traditionelleArbeitsformenoderdasTaylorsche
System.Dänemark,dieNiederlandeundFrankreichverfolgendarüberhinausauchdasSystem
der schlanken Produktion. InDeutschland ist keine so klareDominanz einerArbeitsformwie
inSchwedenerkennbar.Zwar istauchhierdasselbstbestimmteLernendieüberrepräsentierte
Arbeitsform,dennochsind20ProzentderErwerbstätigeninderschlankenProduktionverortet.
AucheinfacheArbeitsformenunddasTaylorscheSystemsindnachwievorrelevant.
ImGroßteilderost-undsüdeuropäischenLänderfindetsichkeineDominanzeinerArbeitsform.
Teilweise zeigen die Länder in diesenRegionen eher eine klare Präferenz für Taylorsche Pro-
duktionsformenundtraditionelleArbeitsweisen.DieseArbeitsorganisationführtzueinerklaren
positivenAuswirkungaufdieArbeitsbedingungen–LändermitderdominantenArbeitsformdes
selbstbestimmtenLernenszeigeneinebesserePerformanzinSachenWork-Life-Balanceundwe-
nigerphysischeRisikenoderGesundheitsprobleme–unddarüberhinausauchzueinerbesseren
Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation
Quelle: Datengrundlage in Valeyre et al. 2009: 22.
Abbildung 24: Formen der Arbeitsorganisation, 2004/2005
Selbstbestimmtes Lernen Taylor SystemSchlanke Produktion Traditionell oder einfach
0
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30
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70
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Finn
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Mal
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Fran
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Däne
mar
k
Schw
eden
43
PerformanzdesjeweiligenUnternehmens.DurchguteArbeitsbedingungenwirddieintrinsische
MotivationgefördertundeinelangfristigeUnternehmensbindungdesEinzelnenhergestellt,die
wiederumpositivenEinflussaufdieLeistungsfähigkeitderIndividuenundschließlichauchauf
dieGruppederMitarbeiterhabenkann(Chungetal.2007).
7. Arbeitsbeziehungen
IndenmeistenhierbetrachtetenLändernhabenTarifverhandlungenundKollektivvereinbarun-
gen nach wie vor großen Einfluss auf die Ausgestaltung traditioneller Beschäftigungsformen,
vor allem in Bezug auf die Lohnfindung und die Arbeitsbedingungen. Nach einer Studie der
Europäischen Zentralbank (DuCaju et al. 2008), die sich aufUmfragedaten des „WageDyna-
micsNetwork“stützt,weisendiemeistenLändereinenAbdeckungsgradvonTarifverträgenvon
mehrals75Prozent auf (Tabelle9).3Dazuzählendie skandinavischenLändermitAusnahme
Norwegens, alle südeuropäischenundeinigeosteuropäischeStaaten, aberauchkorporatistisch
geprägteLänderwieÖsterreich,FrankreichundBelgien.AufderanderenSeitefindensichsehr
geringeVerbreitungsgrade von Tarifverträgenunterhalb von 25Prozent lediglich in denUSA,
JapanundLitauen.FürDeutschlandergibtsicheingeteiltesBild:WährenddieTarifabdeckungin
denaltenBundesländernimmittlerenBereichzwischen51und75Prozentliegt,befindetsiesich
inOstdeutschlandauferheblichgeringeremNiveauzwischen26und50Prozent.Damitliegendie
neuenBundesländerineinerGruppemitUngarnundGroßbritannien.
DerUnterschied zwischenWest- undOstdeutschland liegt hauptsächlich in der differierenden
AbdeckunginderIndustrie(West:mittel;Ost:gering).GleichermaßengeringistdieTarifverbrei-
tungimBereichdermarktlichenDienstleistungen,währendsichfürdenSektornicht-marktlicher
DienstleistungeneinhoherAbdeckungsgradergibt.ZudiesemBereichzähltauchderÖffentliche
Dienst,indemGewerkschaftenundArbeitgeberverbändetraditionellstarkvertretensind.Auch
indenmeistenanderenLändernspielendieSozialpartnerindiesemSektoreinebesondersgroße
Rolle.DasdeutschePhänomeneinergeringenAbdeckungbeimarktlichenDienstleistungen ist
dagegennurinwenigenweiterenLändernzufinden,etwainJapan,GroßbritannienoderdenUSA.
DieMehrzahlderLänderweistauchindiesemBereicheinehoheVerbreitungvonTarifverträgen
auf.
3 DieErmittlungtariflicherAbdeckungs-undgewerkschaftlicherOrganisationsgradeistmiterheblichenmethodischenundstatistischenSchwie-rigkeitenbehaftet.VordiesemHintergrundwirdinzwischeninderRegeldaraufverzichtet,einzelneDatenpunkteauszuweisen.EshatsichvielmehrdieEinteilungderLänderinbestimmteKategorienetabliert(vgl.EuropeanFoundationfortheImprovementofLivingandWorkingConditions2009a).
Tarifabdeckung in
Deutschland…
…unterschiedlich hoch
Arbeitsbeziehungen
44
Arbeitsbeziehungen
Tabelle 9: Abdeckungsgrad von Tarifverträgen nach Sektoren, 2006 oder letztes verfügbares Jahr
IndustrieMarktliche
DienstleistungenaNicht-marktliche Dienstleistungenb Insgesamt
Österreich H H H H
Belgien H H H H
Tschechien M G M M
Dänemark H M H H
Finnland H H H H
Frankreich H H H H
Deutschland (West) M G H M
Deutschland (Ost) G G H G
Griechenland H H H H
Ungarn G G G G
Italien H H H H
Japan SG SG SG SG
Litauen SG SG G SG
Norwegen M M H M
Portugal H H H H
Slowenien H H H H
Spanien H H IR H
Schweden H H H H
Großbritannien G SG M G
USA SG SG SG SG
Anmerkung: SG = sehr gering (zwischen 0 % und 25 %), G = gering (zwischen 26 % und 50 %), M = mittel (zwischen 51 % und 75 %), H = hoch (zwischen 76 % und 100 %). a Marktliche Dienstleistungen umfassen Groß- und Einzelhandel, Reparaturen von Fahrzeugen und Haushaltsgütern, Gastronomie, Transport, Logistik und Telekommunikation, Finanzdienstleistungen sowie Maklerwesen und Vermietungen. b Nicht-marktliche Dienstleistungen umfassen Dienstleistungen, die zu nicht kostendeckenden Preise von staatlichen Einrichtungen oder privaten gemeinnützigen Einrichtungen angeboten werden.
Quelle: Du Caju et al.
7.1 Gewerkschaftlicher Organisationsgrad
DerAbdeckungsgradvonKollektivvereinbarungenlässtkeineRückschlüsseaufdenOrganisati-
onsgradvonGewerkschaftenundArbeitgeberverbändenzu.DiePolitikkannetwaimRahmenvon
AllgemeinverbindlichkeitserklärungenundGleichbehandlungsgebotendafürsorgen,dassTarif-
vereinbarungenumfassendeGültigkeiterlangenundeinehoheZahlvonBeschäftigtenundUnter-
nehmenerfassen,auchwenndieMitgliederzahleninGewerkschaftenundArbeitgeberverbänden
geringausfallen.AußerdemkönnenauchinformelleArrangementswieetwadieLohnführerschaft
einzelnerTarifbereicheoderdieSorgeumdenBetriebsfriedenbeiungleicherBehandlungaufeine
faktischhoheDurchsetzungskraftvonVerbändenundGewerkschaftenhinwirken.
Gewerkschaftsdichte in
Deutschland gering
Arbeitsbeziehungen
45
Aktuelle, international vergleichbare Daten zum Organisationsgrad von Arbeitgeberverbänden
sindinderLiteraturkaumzufinden.4AusdiesemGrundkannandieserStellelediglichderOrga-
nisationsgradvonGewerkschaftennäherbeleuchtetwerden.Auchhierbestehenmethodischeund
statistischeProbleme,diesichetwadarauferstrecken,dasssicheinnichtzuvernachlässigender
TeilderGewerkschaftsmitgliederimRuhestandbefindet.AlsBezugsgrößenebendenErwerbstä-
tigenauchalleRentnerundPensionäreinsAugezufassen,wärederFragestellungjedochnicht
angemessen.Vor diesemHintergrund ist an dieser Stelle ebenfalls eine Einteilung in breitere
Kategorienangezeigt.
Eszeigtsich,dassvorallemindenskandinavischenLändern,aberauchinBelgienGewerkschafts-
dichtenvonüber70Prozenterreichtwerden(Tabelle10).Spitzenreiter indiesemVergleichist
Finnlandmitüber90Prozent.ItalienliegtinderKategorievon60bis69Prozent,währendein
GroßteilderLänderOrganisationsgradevonwenigerals40Prozentaufweist.Dazuzählensowohl
dieangelsächsischenStaatenIrlandundGroßbritannien,aberauchÖsterreich,dieNiederlande
undDeutschland.DasuntereEndederSkalamarkierendiebaltischenStaatensowiePolen,die
SlowakeiundSpanien.
Tabelle 10: Gewerkschaftsdichten in Europa, 2008
> 90 % Finnland
80 % – 89 % Belgien, Schweden
70 % – 79 % Dänemark, Norwegen
60 % – 69 % Italien
50 % – 59 % Zypern, Luxemburg, Malta
40 % – 49 % Rumänien
30 % – 39 % Österreich, Irland, Slowenien
20 % – 29 %Bulgarien, Tschechien, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Niederlande, Portugal und Großbritannien
10 % – 19 % Lettland, Polen, Slowakei, Spanien
< 10 % Estland, Litauen
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.
4 Vgl.Höppner(2007),derdazuDatenausdemJahr1996zitiert.AktuelleresistauchdemAutoren-Teamnichtbekannt.DanachbetrugderOr-ganisationsgraddergrößtenDachorganisationderArbeitgeberinDeutschland72Prozent.ÄhnlicheWerteergabensichfürBelgien,FrankreichunddieNiederlande.InÖsterreichbetrugderOrganisationsgrad100Prozent,währenddiemeistenübrigenLänderaufWertezwischen30und40Prozentkamen.
DerBlickindieSektorenzeigt,dassderAnteilorganisierterBeschäftigtersowohlinWest-alsauch
OstdeutschlandbesondersgeringimBereichmarktlicherDienstleistungenist(Tabelle11).Hierist
esdenGewerkschaftenbislangnichtgelungen,Fußzufassen.DiesesBildzeigtsichauchinder
MehrzahlderanderenLänder.LediglichinSchwedenistderOrganisationsgradindiesemBereich
hoch,undmitPortugalundDänemarkweisennurzweiLändereinenmittlerenGradzwischen51
und75Prozentauf.AuchimSektordernicht-marktlichenDienstleistungensindMitgliedschaf-
teninGewerkschaftenindenmeistenLändernzahlenmäßiggeringbissehrgeringausgeprägt,
auchwennindiesenBranchenderOrganisationsgradetwashöherliegt.Mitdenskandinavischen
LändernundÖsterreichbefindensichaberauchfünfStaatenanderSpitzederSkalaundweisen
Organisationsgradevonmehrals75Prozentaus.ÜberdasGesamttableauhinwegzeigtsichein
ähnlichesBild inder Industrie.Auffällig istzudem,dassnebendenUSAauchFrankreichund
SpanieninallendreiBereichennursehrgeringeOrganisationsgradeaufweisen.
Tabelle 11: Organisationsgrad von Gewerkschaften nach Sektoren, 2006 oder letztes verfügbares Jahr
IndustrieMarktliche
DienstleistungenaNicht-marktliche Dienst-
leistungenb
Österreich G SG H
Belgien M G M
Dänemark H M H
Finnland H G H
Frankreich SG SG SG
Deutschland (West) G SG G
Deutschland (Ost) G SG G
Ungarn SG SG G
Italien G SG G
Japan SG SG SG
Litauen SG SG G
Niederlande G SG G
Norwegen M G H
Polen SG SG G
Portugal G M G
Slowenien G G G
Spanien SG SG SG
Schweden H H H
Großbritannien G SG M
USA SG SG SG
Anmerkung: SG = sehr gering (zwischen 0 % und 25 %), G = gering (zwischen 26 % und 50 %), M = mittel (zwischen 51 % und 75 %), H = hoch (zwischen 76 % und 100 %). a Marktliche Dienstleistungen umfassen Groß- und Einzelhandel, Reparaturen von Fahrzeugen und Haushaltsgütern, Gastronomie, Transport, Logistik und Telekommunikation, Finanzdienstleistungen sowie Maklerwesen und Vermietungen. b Nicht-marktliche Dienstleistungen umfassen Dienstleistungen, die zu nicht kostendeckenden Preisen von staatlichen Einrichtungen oder privaten gemeinnützigen Einrichtungen angeboten werden.
Quelle: Du Caju et al. 2008.
46
Arbeitsbeziehungen
DerBlickaufdiezeitlicheEntwicklungderMitgliederzahlenvonGewerkschafteninEuropalie-
ferteinheterogenesBild.ImZeitraumvon2003bis2008konntendieGewerkschaftenineiner
ReihevonLändernzusätzlicheMitgliedergewinnen,etwa inBelgien, IrlandundGriechenland
(Abbildung25).SpitzenreiterindiesemVergleichistSpanien,wodieZahlorganisierterArbeit-
nehmerumetwaeinFünftelzugenommenhat.AufderanderenSeitehatsichineinerReihevon
mittel-undosteuropäischenLändernderOrganisationsgradteilsdrastischverringert,allenvoran
inLitauenundinderSlowakei,wodieMitgliederzahlenumetwaeinDritteleingebrochensind.
AuchinDeutschlandwardieMitgliederentwicklungnegativ.LeiderstelltdasEuropeanIndustrial
RelationsObservatory (2009a)keineGesamtdaten fürDeutschlandbereit.Hier liegen lediglich
Kennziffern für die Entwicklung der Mitgliederzahlen des Deutschen Gewerkschaftsbundes
(DGB),desDeutschenBeamtenbundes(DBB)unddesChristlichenGewerkschaftsbundes(CGB)
vor.WährendderDGBeinenMitgliederverlustvon13,5ProzentimZeitraumvon2003bis2008
hinnehmenmusste(WertinAbbildung25),lagderRückgangbeimCGBetwasniedrigerbei9,3
Prozent.DerDBBkonntedagegeneineleichteZunahmederMitgliederzahlinHöhevon1,8Pro-
zentverzeichnen.5
47
5 DerDGBhatimJahr200877,7ProzentallerGewerkschaftsmitgliederaufsichvereint.DerDBBhateinenAnteilvon15,6Prozent,währenddie-seGrößefürdenCGB3,4Prozentbeträgt.ÜbrigeGewerkschaften,dienichteinemderdreigroßenDachverbändeangeschlossensind,vereinennochmals3,3ProzentallerMitgliederaufsich.
Hohe Mitgliederverluste
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.
Anmerkung: Die Daten für Deutschland beziehen sich lediglich auf den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), für Irland nur auf die ICTU und für Spanien nur auf die CC.OO. Für alle anderen Länder beziehen sich die Daten auf alle vertretenen Dachverbände sowie auf andere zahlenmäßig bedeutende Gewerkschaften, die keinem Dachverband angehören.
Abbildung 25: Veränderung der Mitgliederzahlen in Gewerkschaften in Prozent, 2003 zu 2008
–35
–25
–15
–5
5
15
25
Span
ien
Irlan
d
Belg
ien
Grie
chen
land
Zype
rn
Finn
land
Nor
weg
en
Italie
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erre
ich
Deut
schl
and
Lett
land
Pole
n
Bulg
arie
n
Estla
nd
Lita
uen
Slow
akei
19,3
10,7
6,8 6,0 5,7 5,74,5 4,3 4,2
2,6 2,20,7
–1,2 –2,0–3,3
–6,8–9,3 –9,9
–13,5–15,8 –16,1 –16,2
–18,4
–34,1 –34,1
Die Verteilung der Gewerkschaftsmitglieder auf beide Geschlechter zeigt in Europa ein breites
Spektrum.VorallemindenbaltischenLändernundPolen,aberauchinSkandinaviensindFrauen
stärkerorganisiertalsMänner(Abbildung26).InLettlandsindzweiDrittelallerGewerkschaftsmit-
gliederFrauen.GenauumgekehrtstelltsichdieSituationindenkorporatistischgeprägtenLändern
Österreich,denNiederlandenundDeutschlanddar.HierbeträgtderAnteilvonFraueninGewerk-
schaftennureinDrittel.DieseUnterschiedeinderGeschlechterverteilungdürftennichtnurauf
denunterschiedlichenStellenwertenvonGender-MainstreamingindenGewerkschaftenberuhen,
sonderndurchsektoraleDifferenzeninderBeschäftigungvonFrauenundMännernerklärtwer-
den.SoistderBeschäftigungsanteilvonFrauenindenskandinavischenLändernbesondershoch
imBereichnicht-marktlicherDienstleistungen.DieseWirtschaftszweige,vorallemderöffentliche
Dienst,weisenjedocheinenrelativhohengewerkschaftlichenOrganisationsgradauf.
48
Mehr Männer als Frauen
organisiert
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.
Abbildung 26: Gewerkschaftsmitglieder nach Frauen und Männern in Prozent, 2008
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Lett
land
Estla
nd
Pole
n
Lita
uen
Finn
land
Nor
weg
en
Schw
eden
Dän
emar
k
Slov
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n
Bulg
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n
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Irla
nd
Gro
ßbrit
anni
en
Slow
akei
Port
ugal
Zype
rn
Öst
erre
ich
Nie
derla
nde
Deu
tsch
land
Mal
ta
Frauen Männer
68,064,1
59,2 56,3 54,7 52,1 51,5 50,5 49,9 46,9 46,2 45,0 44,7 41,9 41,437,3
33,3 32,8 31,8 30,5
32,035,9
40,8 43,7 45,3 47,9 48,5 49,5 50,1 53,1 53,8 55,0 55,3 58,1 58,662,7
66,7 67,2 68,2 69,5
7.2 Ebenen der Tarifverhandlungen und Koordinierungsmechanismen
DerEinflussvonTarifverhandlungenundKollektivvereinbarungenaufgesamtwirtschaftlicheGrö-
ßenwieInflationsrate,ArbeitslosigkeitundWirtschaftswachstumhängtstarkvonderkonkreten
institutionellen Ausgestaltung ab. Zentrale Einflussfaktoren sind dabei die Ebenen, auf denen
verhandeltwird,unddieAusgestaltungvonKoordinierungsmechanismen(Blanchard2005,Calm-
fors/Driffill1988,Driffill2006,Nickell/Nunziata/Ochel2005).Tabelle12umfasstzunächstdie
typischenEbenenderTarifverhandlungenindenjeweiligenLänderninregionalerundsektora-
lerHinsichtsowiemitBlickaufBerufsgruppenundUnternehmen.GemeinsammitSpanienist
DeutschlanddaseinzigeLand,dasdenSchwerpunktaufsektoraleVerhandlungeninbestimmten
Regionensetzt.AufderreinnationalenEbenewirdlediglichindreiLändern–Irland,Finnland
undSlowenien–verhandelt.InallenübrigenStaatenbestehtkeinausgeprägterräumlicherBezug
vonTarifverhandlungen.
IndenmeistenLändernwerdenKollektivverhandlungenvorallemaufdersektoralenEbenege-
führt.LediglichinSchweden,ÖsterreichundGriechenlandhabenauchVerhandlungenimBereich
bestimmterBerufsgruppengrößereBedeutung.InnahezuallenLändernhabeninzwischenauch
VereinbarungenaufderUnternehmensebenegewisseBedeutungerlangt.Besondersausgeprägt
sindsieinTschechien,Frankreich,Estland,Ungarn,Litauen,Luxemburg,PolensowieinGroßbri-
tannienunddenUSA.KeinebesondereRollespielensolcheVerhandlungennurnochinIrland,
PortugalundÖsterreich.Auffälligistschließlich,dassinBelgienundGriechenlandKollektivver-
einbarungenauffünfverschiedenenEbenengeschlossenwerden,währendFrankreichsogarin
jedemFeldderTabelleeinenEintragaufweist.DieslässtsichalsZeichenfüreinefragmentierte
Tariflandschaftwerten.
DieKoordinierungsmechanismenzwischenverschiedenenKollektivvereinbarungen lassen sich
zunächstinstaatlicheBestimmungenundverbandlicheKoordinierungunterteilen.Zudenwich-
tigstenstaatlichenInstrumentenzählendieLohnindexierung,alsodieAnknüpfungderLöhnean
dieEntwicklungderLebenshaltungskosten,sowiedieExistenzeinesgesetzlichenMindestlohnes.
ImdeutschenKontextzusätzlichvonBedeutungistdieMöglichkeitderPolitik,Tarifabschlüsse
fürallgemeinverbindlichzuerklären.DiesesweitereKoordinierungsinstrumentwarjedochnicht
GegenstandderUmfrage,dieTabelle13zugrundeliegt.
AufdasInstrumentderLohnindexierunggreifeninzwischennurnochBelgien,ZypernundLu-
xemburgsowieingeringeremMaßeTschechienundSlowenienzurück.EingesetzlicherMindest-
lohnmitEinflussaufdieErgebnissevonKollektivvereinbarungenfindetsichinderMehrzahlder
Länder.BesondereBedeutunghaterinTschechien,Estland,Frankreich,LitauenundPortugal.In
dernicht-staatlichenSphäresetzteingroßerTeilderLänderaufintra-verbandlicheKoordinierung.
Dasheißt,Gewerkschaftenbzw.Arbeitgeberverbändestimmensichuntereinanderab,esgibtje-
dochkeineAbstimmungzwischendenbeidenLagern.DieseFormderKoordinierunghatauch
inDeutschlanddenhöchstenStellenwert.NochMitteder90erJahrebesaßhierzulandeauchdas
49
Regionale und Sektorale…
… Tarifverhandlungen
in Deutschland
Intraverbandliche
Koordinierung in
Deutschland
Arbeitsbeziehungen
SystemderLohnführerschafthoheGeltung.DabeiwirdeinTarifabschluss,derineinerbestimm-
tenBrancheund/oderineinerbestimmtenRegiongetroffenwird,alsmaßgeblichfürnachfolgende
Vereinbarungen erachtet.NachdenErgebnissenderUmfrage im Jahr2006hat dieserMecha-
nismusjedochinDeutschlandmittlerweileanBedeutungverloren.LediglichinNorwegenwird
dieserWegzurKoordinierungschwerpunktmäßigverfolgt.DasSystemder inter-verbandlichen
Tabelle 12: Typische Ebenen der Tarifverhandlungen, 2006 oder letztes verfügbares Jahr
Industrie RegionalInter-
sektoralSektoral
Berufs-gruppen
Unter-nehmen
Österreich x x x
Belgien x x x x x
Zypern x x
Tschechien x x
Deutschland x x x
Dänemark x x x x
Estland x x
Spanien x x x x
Finnland x x x
Frankreich x x x x x x
Griechenland x x x x x
Ungarn x x x
Irland x
Italien x x
Japan x x
Litauen x x
Luxemburg x x x
Niederlande x x x
Norwegen x x x x
Polen x x
Portugal x
Schweden x x x x
Slowenien x x x
Großbritannien x x x x
USA x x
Legende: x typische Ebene x dominierende Ebene
Quelle: Du Caju et al. 2008.
50
Arbeitsbeziehungen
Koordinierung,beidemAbsprachennichtnurunterverschiedenenGewerkschaftenundArbeitge-
berverbänden,sondernauchzwischendenbeidenParteiengetroffenwerden,hateinebesondere
Bedeutung in Belgien, Spanien,Griechenland und Slowenien.Aber auch inmanchen Ländern
SkandinavienssowieinIrlandkommtdiesesKonzeptzurAnwendung.
Tabelle 13: Typische Koordinierungsmechanismen bei Tarifverhandlungen, 2006 oder letztes verfügbares Jahr
Staatlicher Einfluss Inter-verbandliche
Koordinierung
Intra-verbandliche
Koordinierung
Lohnführer-schaftLohn-
indexierungGesetzlicher Mindestlohn
Österreich x x
Belgien x x x
Zypern x
Tschechien x x x
Deutschland x
Dänemark x x x
Estland x x
Spanien x x
Finnland x
Frankreich x x
Griechenland x
Ungarn x x
Irland x x
Italien x
Japan x x x x
Litauen x
Luxemburg x x x
Niederlande x x
Norwegen x x x
Polen x
Portugal x
Schweden x x
Slowenien x x x x
Großbritannien x x
USA x x
Quelle: Du Caju et al. 2008.
Legende: x typische Ebene x dominierende Ebene
51
Arbeitsbeziehungen
7.3 Ergebnisse von Kollektivvereinbarungen
ImZentrumvonTarifabschlüssenstehtnachwievordieEntwicklungderLöhne.InAbbildung27
sinddie jährlichentariflichvereinbartenLohnsteigerungen,bereinigtumdie landesspezifische
Inflationsrate,indenJahren2007und2008dargestellt.Esfälltauf,dassvorallemdiebaltischen
LänderundRumänieninbeidenJahrenenormeZuwächsederrealenTariflöhnezuverzeichnen
hatten.Diesebewegtensich2007imBereichvon13bis22Prozentundlagen2008immerhin
nochzwischenknappsechsundzehnProzent.IndiesenLändernhatsicheinestarkeNachholbe-
wegungvollzogen.
ImJahr2007hatesmitAusnahmeUngarnsinkeinemLandeinennennenswertenRückgangder
Tariflöhnegegeben.AndersstelltsichdieSituationfür2008dar.IneinerReihevonLändernmus-
stenEinbußenvonbiszudreiProzent(Malta)hingenommenwerden.DiesdürftemitReaktionen
aufdiesich2008bereitsabkühlendeKonjunkturundmitdeutlichgestiegenen Inflationsraten
vor demEinbruchder Finanz- undWirtschaftskrise zu erklären sein.Die realenTariflöhne in
DeutschlandhabeninbeidenJahrenstagniert.DamithatsichdieanhaltendeLohnzurückhaltung
derVorjahreauchinderzweitenHälftedesJahrzehntswährenddesWirtschafts-undBeschäfti-
gungsaufschwungsfortgesetzt.
52
Tarifliche Lohnentwicklung
gering
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.
Abbildung 27: Tariflich vereinbarte, inflationsbereinigte Lohnsteigerungen in Prozent, 2007 und 2008
2007 2008
–3
2
0
7
12
17
22
27
Lita
uen
Lett
land
Rum
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n
Estla
nd
Grie
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land
Nor
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Belg
ien
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mar
k
Slow
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n
Zype
rn
Mal
ta
14,7
21,4
17,3
13,5
2,1
4,63,7
1,9
4,3
0,51,7
7,3
1,7 1,40,5
1,4
–1,0–0,1
0,2 0,31,0 1,4 1,2
0,11,5
–1,3–0,1
1,3
9,58,5 8,0
5,8
2,3 2,2 1,8 1,7 1,61,1 1,0 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0
–0,1 –0,2 –0,5 –0,9 –1,1 –1,1–1,6 –1,9
–2,9
EinweitererzentralerGegenstandvonkollektivenLohnverhandlungenistdieArbeitszeit.EinBlick
aufdietariflichvereinbartenWochenarbeitszeiten(Abbildung28)zeigt,dassbisaufTschechienund
dieSlowakei alleneuenEU-MitgliedsländerundGriechenlandaufdie40-Stunden-Wochesetzen.
DeutschlandliegtmiteinerdurchschnittlichenArbeitszeitvon37,6gleichaufmitskandinavischen
Ländern,Belgien,GroßbritannienunddenNiederlanden.LediglichFrankreichhatmitdengesetzlich
vorgeschriebenen35StundennocheinmaleinedeutlichgeringerevereinbarteWochenarbeitszeit.
DietatsächlichgeleistetenWochenarbeitszeitenübersteigendietariflichenzumTeildeutlich.Le-
diglichinIrlandentsprechensichbeideZeitenungefähr.ZumTeildürftediesdamitzuerklären
sein,dassfürdietatsächlichenArbeitszeitendieaktuellverfügbarenDatenausdem3.Quartal
2008stammen,als IrlandsWirtschaftsentwicklungbereitsnegativwarunddieAuswirkungen
derweltweitenFinanz-undWirtschaftskriserelativfrühzumTragenkamen.ZudenLändern,in
denendie tatsächlichedievereinbarteArbeitszeitdeutlichübersteigt,gehörtnebenÖsterreich,
Tschechien,GroßbritannienundFrankreichauchDeutschland,wo imSchnitt41,2Stundenpro
Wochegearbeitetwerden.DamitbeträgtdieDiskrepanz3,6Stunden.Spitzenreiterbeidentat-
sächlichenWochenarbeitszeitensindRumänien(41,8Stunden),Lettland,PolenundTschechien
(41,7Stunden)sowieÖsterreich(41,6Stunden).
53
Unterdurchschnittliche
tarifliche Wochenarbeitszeit
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.
Abbildung 28: Durchschnittlich tariflich vereinbarte sowie tatsächliche Wochenarbeitszeit in Stunden, 2008
Durchschnittliche tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit Durchschnittliche tariflich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit
41,541,1
40,840,5
41,7
40,240,6
41,7 41,8
41,1
38,9
39,9
41,6
39,5
40,4 40,240,8
41,7
39,5
38,6
41,2
39,0
39,939,6 39,6
40,9
39,2
38,440,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0
39,0 39,0 38,838,4 38,3 38,2 38,0 38,0 38,0
37,6 37,6 37,5 37,5 37,5 37,5 37,337,0
35,0
30
32
34
36
38
40
42
44
Bulg
arie
n
Estla
nd
Grie
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land
Ung
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Lett
land
Lita
uen
Mal
ta
Pole
n
Rum
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n
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Italie
n
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Finn
land
Nie
derla
nde
Nor
weg
en
Schw
eden
Gro
ßbrit
anni
en
Däne
mar
k
Fran
krei
ch
EinetwasanderesBildergibtderBlickaufdiedurchschnittlichentariflichvereinbartenJahresar-
beitszeitenimJahr2008,bereinigtumdieAnzahlderFeiertage(Abbildung29).Nebendenge-
setzlichenFeiertagenwerdenhierauchdietariflichenRegelungenzuUrlaubstagenundanderen
Abwesenheitenberücksichtigt.IndiesemVergleichweistDeutschlandmit1.651Stundeneineder
geringstenjährlichenArbeitszeitenauf.DarunterliegennochSchwedenundDänemarksowiemit
deutlichemAbstandFrankreich,dasauf1.568Stundenkommt.AmanderenEndedesSpektrum
zeigtsicheinähnlichesBildwiebeiderWochenarbeitszeit:BesondershoheJahresarbeitszeiten
vonüber1.800Stundenhabenmittel-undosteuropäischeStaatensowieGriechenlandundMalta.
DieDiskrepanzzwischenPolenaufdereinenundDänemarkaufderanderenSeitebeträgt212
Stunden.Beieiner38-Stunden-WochewäredaseinUnterschiedvonknapp28Arbeitstagen.Einen
großenAnteilandergeringenStundenzahlamunterenEndederSkalahabentariflicheUrlaubsre-
gelungen.SobeträgtinDeutschlandderdurchschnittlichzugesicherteUrlaubsanspruch30Tage.
54
Geringe Jahresarbeitszeit
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.
Abbildung 29: Durchschnittlich tariflich vereinbarte Jahresarbeitszeiten inklusive Feiertage in Stunden, 2008
1.400
1.450
1.500
1.550
1.600
1.650
1.700
1.750
1.800
1.850
1.900
Rum
änie
n
Estla
nd
Ung
arn
Pole
n
Bulg
arie
n
Slow
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n
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en
Nor
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Finn
land
Italie
n
Deut
schl
and
Schw
eden
Däne
mar
k
Fran
krei
ch
1.856 1.848 1.840 1.840 1.832 1.832 1.824 1.816 1.8161.800
1.771
1.738 1.732 1.730 1.727 1.7251.716 1.713 1.710
1.700 1.696 1.695 1.688 1.680
1.6511.635 1.628
1.568
EinweitererGegenstandvonTarifverhandlungen,wennauchnichtnurdort,istdieBeteiligung
vonMitarbeiternamKapitalvonUnternehmen.Abbildung30zeigteinerseitsdenAnteilderGroß-
unternehmen,dieüberhaupteineMitarbeiterbeteiligungamUnternehmenskapitalvorsehen,und
andererseitsdenAnteilvonGroßunternehmen, indenenalleMitarbeiterZugangzuderartigen
Regelungenhaben.InFinnlandundIrlandhabenausnahmslosalleGroßunternehmeneineForm
vonMitarbeiterbeteiligung,dichtgefolgtvonGroßbritannien,wodieQuote99,5Prozentbeträgt.
AuchSchweden,dieNiederlandeundFrankreichweisennochQuotenvonmehrals90Prozent
auf.InDeutschlandbietennochdreiViertelallerGroßunternehmensolcheMöglichkeitenan.Am
unterenEndederSkalaliegenmittel-undosteuropäischeLänder.RumänienbildetmiteinerQuote
von12,5ProzentdasSchlusslicht.Dortgibtesebensowie inLitauen,LuxemburgundEstland
überhauptkeineGroßunternehmen,dieeinenZugangzurKapitalbeteiligungfüralleMitarbeiter
anbieten. Spitzenreiter bei diesem Indikator ist Frankreichmit 86Prozent. In Tschechienund
GroßbritanniensindesnochetwadreiViertelallerGroßunternehmen,diealleMitarbeitergleich-
berechtigtamKapitalbeteiligen.
55
Beteiligung von Mitarbeitern
am Unternehmen
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Federation of Employee Share Ownership 2008.
Abbildung 30: Anteil von Großunternehmen mit Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen, 2008
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
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Schw
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Slov
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en
Span
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n
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Belg
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Öst
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land
Lita
uen
Luxe
mbu
rg
Estla
nd
Slow
akei
Pole
n
Lett
land
Bulg
arie
n
Rum
änie
n
Unternehmen haben Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern Unternehmen planen Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern
100,0 100,0 99,5
94,692,1 91,4 90,5 89,3 88,6
85,7 85,681,5 81,2 80,0
75,0 75,0 73,6
66,762,2
60,057,3 55,6
50,0
42,9 42,940,2
33,3
22,2
12,5
37,1
61,1
77,2
45,7
36,0
86,4
57,1
43,0
63,366,7
49,5
36,4
24,8
77,1
35,7
18,8
30,2
50,0
40,0 40,0
13,3
0,0 0,0 0,0
4,9
11,1
0,0
DerProzentsatzderBeschäftigten,dieAnteileanihremjeweiligenUnternehmenbesitzen,istin
Frankreichmitknapp46Prozentamhöchsten(Abbildung31).MitdeutlichemAbstandfolgtGroß-
britannienmit34Prozent.InDeutschlandsindeinFünftelallerArbeitnehmeramUnternehmen
beteiligt;ähnlicheWertewerdenvonÖsterreich,DänemarkundBelgienerreicht.SehrgeringeAn-
teilefindensichwiederuminmittel-undosteuropäischenLändern,wobeidieWertefürBulgarien,
Estland,LitauenundRumäniensogarbeinullliegen.DerAnteilamUnternehmenskapital,dasvon
denMitarbeiterngehaltenwird,istinSlowenienmit5,4Prozentamhöchsten,obwohldieQuote
derbeteiligtenMitarbeitermit12,5Prozentnichtbesondershochliegt.EbenfallsgroßeAnteileam
KapitalhaltenBeschäftigteinZypernundFrankreichmit5,2bzw.4,5Prozent.Deutschlandliegt
hiermiteinemWertvon1,7ProzentimMittelfeld.
ArbeitskämpfegehörenzumInstrumentariumvonGewerkschaften,umaufeineTarifeinigunghin-
zuwirken.KennziffernzuStreiksundderenAuswirkungenkönnenalsIndikatorenfürdasAusmaß
vonKonfliktendienen,dieimZugevonKollektivverhandlungenentstehen.DasinguläreArbeits-
kämpfegrößerenAusmaßesdasgenerelleBildvonTarifkonfliktenstarkverzerrenkönnen,isteine
längerfristigeBetrachtungnotwendig.InAbbildung32sindMittelwertefürdenZeitraumvon2005
56
Arbeitnehmer mit
Kapitalbeteiligung
Geringe Streikaktivität
in Deutschland
Arbeitsbeziehungen
Quelle: European Federation of Employee Share Ownership 2008.
Abbildung 31: Anteil der Arbeitnehmer mit Mitarbeiterbeteiligung und Anteil des Kapitals in Mitarbeiterhand, 2008
Mitarbeiter mit Kapitalbeteiligung in Prozent aller Mitarbeiter Von Mitarbeiter gehaltenes Kapital
0
5
10
15
20
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2,5
5,2
1,73,3
1,93,1 3,3
1,7 0,82,2 1,6 1,8 2,4 2,2
0,0
5,4
2,8
0,31,8
3,00,7 0,0 0,9 0,7 0,2 0,2 0,2 0,0
4,5
34,1
30,2
25,6 25,0 24,5 24,1
20,4 20,3 20,1 20,0 19,618,3
14,913,0 12,7 12,5 12,2 11,7 11,0 10,6
9,27,2 7,2
0,5 0,0 0,0 0,0 0,0
45,7
bis2007dargestellt,diezumeinendiedurchStreiksentgangenenArbeitstageundzumanderendie
anArbeitskämpfenbeteiligtenBeschäftigtenabbilden,jeweilsbezogenauf1.000Arbeitnehmer.
AngeführtwirddasFeldvonderTürkei,woimMittelüber200Arbeitstagepro1.000Beschäftigte
durch Tarifauseinandersetzungen verloren gegangen sind.Mit deutlichemAbstand und einem
Wertvon118TagenfolgtFinnland.MitDänemark(29Tage)undNorwegen(24Tage)habenauch
zweiskandinavischeLändernochrelativhoheWertebeidenentgangenenArbeitstagen.Deutsch-
landbefindetsichmitetwasmehralsachtTagenimMittelfeld,währendesinSchwedenundder
SlowakeiindenJahren2005bis2007kaumnennenswerteAuseinandersetzungengab.
DeutlicheUnterschiedezwischendenLändernbestehenauchinderZahlderanStreiksbeteiligten
Arbeitnehmerpro1.000Beschäftigten.Die relativ hohenWerte für Italien, Finnland, Spanien,
Dänemark,GroßbritannienundMaltadeutendaraufhin,dass indiesenLänderndieStreikbe-
wegungenbreitaufgestelltsindundsichverhältnismäßigvieleArbeitnehmerdaranbeteiligen.
AnderssiehtesinderTürkeiundRumänienaus.HierkonzentrierensichdieArbeitskämpfeauf
kleineGruppenvonBeschäftigtenoderauchaufeinzelneWirtschaftszweigeoderUnternehmen,
wojedochvergleichsweiseausdauerndgestreiktwird.
57
Arbeitsbeziehungen
Quellen: Eurostat 2009; eigene Berechnungen.
Anmerkung: Daten nur für die hier aufgeführten Länder vorhanden.
Abbildung 32: Durch Streiks entgangene Arbeitstage und beteiligte Beschäftigte, jeweils pro 1.000 Arbeitnehmer, 2005-2007
Entgangene Arbeitstage pro 1.000 Arbeitnehmer Beteiligte Arbeitnehmer pro 1.000 Arbeitnehmer
0
50
100
150
200
250
Türk
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Finn
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0
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20
25
30
35
40
45
3,8
34,4
23,622,1
1,0
18,7
4,6
19,9
3,41,2
3,0
10,3
2,9 2,00,5 0,3
40,9
204,7
117,7
51,742,1
28,9 28,0 24,0 23,9
11,0 8,3 8,1 7,3 4,1 4,0 2,9 1,3 0,0
8.SchutzundAbsicherungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisse
Durch unterschiedliche Arbeitsgesetzgebung können traditionelle Beschäftigungsverhältnisse
mehroderwenigerrigidevonatypischenBeschäftigungsverhältnissenabgekoppeltsein.Nachfol-
gendsollenhierdieRegelungenzumKündigungsschutzundzuAbsicherungsmechanismenvon
ArbeitnehmernimFallvonArbeitslosigkeitdiskutiertwerden.
8.1 Arbeitsgesetzgebung
JehöherdieBarrierefüreinenArbeitgeberist,einenunbefristetenVollzeitarbeitnehmerzuentlas-
sen,destogrößersinddieUnterschiedederBedingungenfürdenjeweiligenArbeitnehmer.Drei
KomponentenbeeinflussendieRigiditätderArbeitsgesetzgebungineinemLand:DieKündigungs-
schutzregelungenfüreinenindividuellenArbeitnehmermiteinenunbefristetenArbeitsvertrag,
zusätzliche Schutzklauseln beiMassenentlassungen und die Schutzregelungen bei atypischen
Beschäftigungsverhältnissen,dieandieserStellevernachlässigtwerdensollen.
58
Hoher Kündigungsschutz
in Deutschland…
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
Quelle: OECD Employment Protection Indicators 2008.
Abbildung 33: Indikator zur Reglementierung des Kündigungsschutzes, 2008
Spezifische Vorraussetzungen für eine kollektive Kündigung Schutz unbefristet Beschäftigter gegen (individuelle) Kündigung
0
1
2
3
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Port
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0,6
1,2 1,2 1,21,4
1,5 1,51,7 1,7 1,8 1,9 2,0 2,1 2,1 2,2 2,2 2,3 2,3 2,3 2,4 2,4 2,5 2,5 2,6 2,7 2,7 2,7
2,93,0
3,52,92,6
2,9
3,9
2,9
3,1
0,4
2,4
4,9
2,9
4,1
3,6
1,5
3,53,3
2,9
3,8
3,3
1,9
2,4
3,1
3,8
2,4 2,1
3,9 3,8
3,0
3,8
2,11,9
InDeutschlandsindinsbesonderedieKündigungsschutzregelungenfürArbeitnehmermiteinem
traditionellen Beschäftigungsverhältnis recht stark ausgeprägt, lediglich die Regelungen in
TschechienundPortugalwerdenalsnochrigidereingestuft (Abbildung33).Ländermiteinem
relativgeringenKündigungsschutzfürNormalarbeitnehmersinddietypischenangelsächsischen
SystemeKanada,Großbritannien,AustralienundNeuseeland.AuchDänemarkverfügtübereinen
vergleichsweise lockerenKündigungsschutz,derallerdingsdurchrelativhoheLohnersatzraten
ausgeglichenwird.So istbeispielsweisederbürokratischeProzesszurBekanntmachungeiner
KündigungindenUSAgarnichtundinGroßbritannienkaumgeregelt.InDänemarkdagegenist
eineschriftlicheKündigung,dievordemersteneinesMonatsgetätigtwerdenmuss,Vorausset-
zungfüreineordentlicheKündigung.
DesweiterenistderderKündigungsprozessrelativstarkdurchstrukturiert:BevordasKündigungs-
schreibenaneinenArbeitnehmergeht,mussesvorhersowohlschriftlichealsauchmündliche
Verwarnungengegebenhaben,GrundeinerKündigungkannpersonenbezogen(derArbeitneh-
merkannseineArbeitnichtmehrwahrnehmen),verhaltensbezogen(mangelndeLeistungsfähig-
keit,grobeVerstößeo.ä.)oderbetriebsgedingtsein.BeieinemKündigungsverfahrenmussneben
einerstichhaltigenBegründungauchimmerderBetriebsrateinbezogenwerden.Stimmtdieser
dagegen,wirddieKündigungvordemArbeitsgerichtentschieden.ZusätzlichwerdendieHürden
für eine Kündigung durch Ergänzungsklauseln zur sozialenVerträglichkeit erhöht. In einigen
Ländern kann der Arbeitgeber durch eine Abfindungszahlung das Beschäftigungsverhältnis
auflösen.InDeutschlandsiehtdasGesetzdieZahlungvonAbfindungenbeiindividuellenKün-
digungenaufgrundpersönlichermangelnderLeistungsfähigkeitnichtvor,diesekönnen jedoch
durch Kollektivvereinbarungen in die Arbeitsverträge eingeführt werden. Die Nutzung dieses
ElementsisttrotzeinerausgeprägtenAbdeckungmitTarifverträgendennochkaumausgeprägt.
DemnachkanndasArbeitsverhältnisnurausdenobengenanntenGründengekündigtwerden
undwird imZweifel vor demArbeitsgericht beendet. Bei betriebsbedingtenKündigungen hat
dasUnternehmenjedochdieMöglichkeit,dieZahlungeinerAbfindunganzubieten,umsoeinem
Gerichtsentscheidvorzubeugen.
BetrachtetmandieEntwicklungdesKündigungsschutzesindenletztensiebenJahren,wurdendie
KündigungsschutzregelungenbeitraditionellenBeschäftigungsverhältnisseninDeutschlandkaum
angetastet.WährendimZugedesReformpaketsAgenda2010atypischeBeschäftigungweiterflexi-
bilisiertundermöglichtwurde,bliebder„Normalarbeitnehmer“vonFlexibilisierungsmaßnahmen
weitestgehendausgenommen.ZwarwurdeauchhierimRahmendersogenanntenHartz-Reformen
leichtdereguliert–esbestehtseitdemdieMöglichkeiteinerAbfindungszahlungbeibetriebsbe-
dingtenKündigungen,unddieKriterienfürdieSozialauswahlwurdenangepasst–,dennochsind
die Risiken ungleich verteilt. Eine Abfindungszahlung für verhaltensbedingte Kündigungen ist
nachwievornichtvorgesehenbzw.erleichtertnichtdenKündigungsprozess.Beibetriebsbeding-
tenKündigungenkannsichderArbeitnehmerzwischeneinerAbfindungszahlungundeinerKlage
vordemArbeitsgerichtentscheiden,erklärtersichmitderAnnahmederZahlungeinverstanden,
verzichteteraufeinerechtlicheKlärungderBeendigungdesBeschäftigungsverhältnisses.
59
…auch nach Reformen
zur Flexibilisierung
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
DieOECD-Indikatoren(Abbildung34)bewertendieEinführungderAbfindungszahlungbeibe-
triebsbedingtenKündigungenalsnegativundstufendaherdenKündigungsschutzseit2004als
nochrigideralszuvorein.InderDiskussionzumThemaKündigungsschutzwerdenAbfindungs-
regelungenallerdingseheralseineLockerungdesKündigungsschutzeseingestuft,insbesondere
dann,wenndieAlternativeeineKündigungsschutzklagebedeutet(Jahn/Walwei2003).
KeineArbeitsmarktinstitution lösteinesopolarisierteöffentlicheDiskussionauswiederKün-
digungsschutz.DieExistenzeinerVielzahl anwidersprüchlichenStudienerschwert eineklare
Aussagedarüber,obderKündigungsschutzeinenegativeArbeitsmarktperformanzzurFolgehat
oder letztendlich sogar die gesamtewirtschaftliche Leistungsfähigkeit schwächt.KaumEffekte
scheintderKündigungsschutzaufdieHöhederArbeitslosenzahlenzuhaben,zumindestnichtim
internationalenVergleich(Freeman2008).
EinIndikator fürdieBeweglichkeitdesArbeitsmarktes istdieDauerderBetriebszugehörigkeit
(Abbildung28).VergleichtmandiedurchschnittlicheVerweildauerimBetriebimJahr2008,so
wirdzwardeutlich,dassinDeutschlanddieArbeitnehmermit10,6JahrenrelativlangeimBetrieb
bleiben,seit2001sogarnochrundeinhalbesJahrlänger.InFrankreich,dasinstitutionelllängere
Beschäftigungsverhältnisseanstrebt,hatsichdiedieBetriebszugehörigkeitseit2001inderTen-
denzebenfallsverlängert.AuffallendsindauchdieNiederlande:Waren2001dieArbeitnehmer
imDurchschnitt nochneun Jahre imBetrieb, liegen rund zehn Jahre später dieBetriebszuge-
hörigkeiten bei 10,2 Jahren. Spanien, Irland undDänemark haben hingegen dieMobilität auf
60
Hohe Verweildauer
im Betrieb
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
–0,55
–0,33
–0,26
–0,16 –0,15 –0,14–0,08
0,030,08
0,32
–0,6
–0,4
–0,2
0
0,2
0,4Ö
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Grie
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land
Deut
schl
and
Quelle: OECD 2009.
Abbildung 34: Veränderung der Schutzregelungen bei individuellen Kündigungen, 2001 zu 2009
Anmerkung: Berücksichtigt wurden nur Länder, bei denen Veränderungen gemessen wurden. Weitere OECD-Staaten hielten den Wert konstant.
demArbeitsmarkt in den letzten Jahren erhöht. Dänemark zeigt auch hier, dass esmit einer
durchschnittlichenVerweildauervon7,8 Jahren imBetriebalsdasBeispielland fürFlexicurity
geltenkann.
EineindeutigerZusammenhangzwischendemKündigungsschutzfürNormalarbeitnehmerund
derVerweildauer imBetriebkanndennochnichtgefundenwerden(derKorrelationskoeffizient
liegtbeidenverfügbarenDatenunter0,5).
DasSpiegelbildzurdurchschnittlichenVerweildauerimBetriebistderAnteilderArbeitnehmer,
diewenigerals fünf Jahre imBetriebsind (Abbildung35).DänemarkundAustraliensindbei-
spielsweiseLänder,indenen„frischerWind“imUnternehmenherrscht,daüberdieHälftederBe-
schäftigtenwenigeralsfünfJahredortarbeitet.Dabeizeigtsich,dassdieserTrendfürDänemark
neuerenDatumsist.AlsbesondersrigideerweisensichItalienundPortugal.Hiersindwenigerals
35ProzentderBelegschaftwenigeralsfünfJahreimBetrieb:Mankenntsichundweiß,wasman
aneinanderhat.DeutschlandfindetsichhierimunterenDrittelundsetztauflangeBetriebsbin-
dung,demnachsindauchdiewenigeralsfünfJahredemBetriebzugehörigenArbeitnehmermit
39Prozentleichtunterdurchschnittlichvertreten.
61
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
Quelle: Eurostat 2009.
Anmerkung: Daten für Österreich, Griechenland, Island und die Slowakei sind nicht vorhanden. Es wurden Arbeitnehmer im Alter von 25 bis 54 Jahren berücksichtigt.
Abbildung 35: Dauer der Betriebszugehörigkeit in Jahren, 2008 und Veränderung zu 2001
2008 Differenz zu 2001
–2
0
2
4
6
8
10
12
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Fran
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8,4 8,4 8,4 8,5 8,59,1 9,2 9,2 9,5 9,5
10,210,6 10,6 10,8 10,9
11,4 11,4
–0,5 –0,3 –0,4
0,3 0,1
–0,4–0,7
–0,3 –0,3–0,9
0,4
1,30,6
0,3
–0,4
0,1
–0,1
0,5
Weniger als
fünf Jahre im Betrieb:
unterdurchschnittlicher
Anteil
8.2 Arbeitslosenversicherung
VerliertderNormalarbeitnehmertrotzderaufgeführtenSchutzregelungenseineStelle,greifteine
soziapolitischeMaßnahme,dieiminternationalenVergleichstarkunterschiedlichausgestaltetist.
AlleEU-MitgliedstaatenverfügenübereinefreiwilligeoderunfreiwilligebeitragsfinanzierteSäule,
beiderlohnabhängigeinzeitlichbegrenztesArbeitslosengeldausgezahltwird(anschließendgreift
eineGrundsicherung).JenseitsderBeitragszahlungistdieAuszahlungimFallevonArbeitslosigkeit
anbestimmteBedingungengeknüpft:andieDauerdervorherigenBeschäftigung,aneineReferenz-
zeit(Zeitraum,inderdieDauerderBeschäftigungvollbrachtwerdenmuss),andieArbeitsintensität
(AnzahldergearbeitetenWochenstunden)undandasArbeitskonzept(mancheBeschäftigungsfor-
men erfüllen nicht die Bedingungen zum Erhalt von Arbeitslosengeld). Ein zusammengesetzter
IndexausdengenanntenIndikatorenhilft,dieEU-LänderindreiGruppen–niedrige,mittlereund
hoheBedingungenfürdenAnspruchaufArbeitslosengeld–einzuteilen(Tabelle14).UmdieHürde
zurNutzungvonArbeitslosengeldzuerhöhen,habendarüberhinauseinigeLändereineWartezeit
eingeführt,bevorderArbeitnehmertatsächlichAnspruchaufentsprechendeGeldleistungenhat.
62
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
Quellen: OECD.Stat 2009; eigene Berechnungen.
Anmerkung: Es wurden Personen im Alter von 25 bis 54 Jahren berücksichtigt.
Abbildung 36: Anteil der Beschäftigten in Prozent, die weniger als fünf Jahre im Betrieb sind, 2008 und Veränderung zu 2001
2008 Differenz zu 2001
–15
–5
5
15
25
35
45
55
65
Italie
n
Port
ugal
Luxe
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Irlan
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en
Gro
ßbrit
anni
en
Span
ien
Kana
da
Däne
mar
k
Aust
ralie
n
34,3 34,3 35,1 36,1 36,1 36,4 37,339,0 40,2
42,2 43,5 43,7 44,947,1 47,6 47,7 47,9
52,7
57,459,5
3,0
–3,5–0,3
0,0
–7,4
0,3
–5,9
–0,9 –1,3
5,5
0,1 0,8 0,2
–2,3–0,7 –1,3
2,0
–1,0
6,0
0,4
Tabelle 14: Zugang zu Arbeitslosengeld, 2009
Wartezeit bis zum Anspruch in Tagen
Bedingungen für den Zugang zum Arbeitslosengeld
niedrig mittel Hoch
0 Niederlande Luxemburg Belgien
0 Spanien Malta Slowenien
0 Ungarn Österreich Lettland
0 Tschechien Rumänien Portugal
0 Dänemark Slowakei
0 Deutschland
3 Zypern Irland
3 Großbritannien
6 Griechenland
7 Finnland Estland Polen
7 Italien
7 Litauen
7 Schweden
8 Frankreich
Quelle: Palme et al. 2009, eigene Darstellung.
NiedrigeZugangsmöglichkeitenundkeineWartezeitbestehenindenNiederlanden,inSpanien,
Ungarn,Tschechien,DänemarkundDeutschland.HoheZugangsbedingungenundeinehoheWar-
tezeitbiszumAnspruchaufArbeitslosengeldbesteheninPolen.InFrankreichbestehtzwareine
WartezeitvonachtTagen,dennochwerdendieBedingungenfürdenAnspruchaufdieseLeistung
alsrechtgeringeingestuft.UnterschiedegibtesnichtnurindieserqualitativenUnterscheidung,
auchdieHöhederLeistungendifferiertinnerhalbderEU(Tabelle15).
DieniedrigstenNettoersatzratengibtesinGroßbritannienunddenUSA–alsoindenLändern
angelsächsischerPrägung.GemäßdemFlexicurity-GedankensinddagegendieNettoersatzraten
inDänemarkundindenNiederlandenrechthoch,zumindestinDänemarksollhiermitderextrem
niedrigeKündigungsschutzabgefangenwerden.IndenNiederlandenistderKündigungsschutz
fürNormalarbeitnehmerzusätzlichzurhohenErsatzraterechthoch,aberinAnbetrachtderTat-
sache,dasssichnurwenigeArbeitnehmerineinemsolchenAngestelltenverhältnisbewegen,ist
auchhierdiesehoheRatezumAbfangenvonRisikennotwenig.AuchDeutschlandliegtmit64
ProzentweitüberdemMedian.
NebendenErsatzratenistauchdieBezugsdauervonRelevanz.Insbesonderemittel-undosteuropä-
ischeStaatenundGroßbritannienzahlendieseLeistungwenigeralseinJahr.MiteinerLeistungs-
63
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
... nach wie vor hoch
64
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
dauervonbiszuzweiJahrenbeiälterenArbeitnehmernistderZeitrauminDeutschland,indem
Arbeitslosengeldgezahltwird, im internationalenVergleichauchnachdeneingehendenArbeits-
marktreformenrechthoch.EineähnlichhoheBezugsdauerhabenlediglichDänemark,Spanienund
Belgien.AllerdingsgibtesinSpanienundBelgienkeineEinschränkungderZugangsmöglichkeiten,
wiedasAlterdesBeziehersinDeutschlandundDänemark(Palmeetal.2009).
Tabelle 15: Nettolohnersatzraten an fünf Stationen der Arbeitslosigkeit in Prozent, 2007
Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Fünfjahresdurchschnitt
Großbritannien 28 28 28 28 28 28
USA 28 0 0 0 0 6
Korea 31 0 0 0 0 6
Slowakei 32 3 3 3 3 9
Tschechien 33 11 11 11 11 15
Griechenland 33 5 1 1 1 8
Italien 37 0 0 0 0 7
Neuseeland 38 38 38 38 38 38
Australien 42 42 42 42 42 42
Polen 42 16 8 8 8 16
Japan 45 3 3 3 3 11
Türkei 46 0 0 0 0 9
Ungarn 48 13 13 13 13 20
Irland 50 50 50 50 50 50
Kanada 52 14 14 14 14 22
Island 57 54 54 8 8 36
Finnland 60 58 33 33 33 43
Österreich 61 58 58 58 58 59
Deutschland 64 48 42 36 36 45
Belgien 65 63 63 63 63 63
Schweden 66 63 41 8 8 37
Frankreich 67 64 31 31 31 45
Dänemark 68 68 68 68 9 56
Spanien 69 65 25 25 13 39
Niederlande 71 59 3 3 3 28
Norwegen 72 72 72 72 72 72
Portugal 79 79 56 24 3 48
Schweiz 80 40 0 0 0 24
Luxemburg 87 8 8 8 8 24
Median 52 40 25 13 9 28
Quelle: OECDa 2009.
65
Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse
Tabelle 16: Zentrale Arbeitsmarktindikatoren im Überblick
Wert für Deutschland
DurchschnittHöchster
WertNiedrigster
Wert
Überdurchschnittlich
Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit 2008 (2001)
10,6 (+0,6) 9,5 (+0,0) (EU) 11,4 (FR) 7,0 (DK)
Durchschnittliche Einkommensteuer und Sozialabgaben eines Singles (Durchschnittsverdiener) 2008 (2001)a
42,7 (-0,6) 26,4 (+0,2) (O) 66.1 (SK) 1.7 (MX)
Marginale Einkommensteuer und Sozial-abgaben eines Singles (Durchschnitts-verdiener) 2008 (2001)a
54,2 (-12,7) 46,1 (+0,2) (O) 71,5 (HU) 18,8 (MX)
Schutz unbefristet Beschäftigter gegen (individuelle) Kündigung 2008a
2,9 2,1 (O) 3,5 (PT) 0,6 (US)
Tatsächliche Wochenarbeitszeit 2008 41,2 40,4 (EU) 41,7 (LT, CZ) 38,4 (FR)
Durchschnittlich
Arbeitsqualitätsindex 2005/2007b 0,50 0,52 (EU) 0,8 (DK) 0,3 (PL)
Unternehmen mit Kapitalbeteiligung für Mitarbeiter 2008
75,0 70,0 (EU) 12,5 (RO) 100 (FI, IR)
Anteil der traditionellen Beschäftigungs-verhältnisse 2008 (2001)
60,1 (-4,6) 67,3 (-0,4) (EU) 85,7 (EE) 44,5 (NL)
Anteil der Männer in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen 2008 (2001)
74,2 (-3,5) 70,2 (+0,6) (EU) 88,1 (LU) 56,2 (GR)
Anteil der traditionellen Beschäftigungs-verhältnisse im Industriesektor 2008 (2001)
77,4 (-2,6) 77,2 (-1,6) (EU) 92,3 (RO) 57,0 (ES)
Unterdurchschnittlich
Anteil der Frauen in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen 2008 (2001)
43,3 (-4,7) 61,7 (-0,2) (EU) 87,0 (EE) 19,5 (NL)
Tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit 2008
37,6 38,6 (EU)40 (BG, EE, GR,
HU, LT, LV, MT, PO, RO, SI)
35,0 (FR)
Bruttoreallohnentwicklung 2001 zu 2007 +1,8 +27,6 (EU) +143,1 (EE) -3,5 (MT)
Nettoreallohnentwicklung 2001zu 2007 +2,9 +27,8 (EU) 142,1 (EE) -3,9 (NL)
Anteil der traditionellen Beschäftiungs-verhältnisse im Dienstleistungssektor (unbefristet) 2008 (2001)
53,2 (-5,0) 67,4 (-0,45) (EU) 90,9 (RO) 39,8 (NL)
Durchschnittlich tariflich vereinbarte Jahresarbeitszeiten 2008
1.650,6 1743,0 (EU) 1.856,0 (RO) 1.856,0 (FR)
Anmerkung: Zuordnung in die drei Bereiche „überdurchschnittlich“, „durchschnittlich“ und „unterdurchschnittlich“ jeweils bezogen auf den aktuell verfügbaren Wert für Deutschland im Verhältnis zum Durchschnitt der OECD (O) oder der EU; liegt Deutschland mehr als eine halbe Standard-abweichung oberhalb (unterhalb) des Mittelwertes, wird es als überdurchschnittlich (unterdurchschnittlich) bezeichnet. Bezugsjahr für Veränderung in Klammern.
Quelle: Eurostat 2009, eigene Berechnungen; aOECD.Stat, bLeschke und Watt 2008.
9.Fazit
DassogenannteNormalarbeitsverhältnishatinsgesamtinfastallenindustrialisiertenLändernan
Bedeutungverloren.DiefortschreitendeIntegrationindieWeltwirtschaft,technologischeVerän-
derungenundUmwälzungeninderArbeitsorganisationwirkennachwievoraufdieFlexibilisie-
rungvonArbeitsmärktenundBeschäftigungsverhältnissenhin.
IminternationalenVergleichhatdasNormalarbeitsverhältnisinDeutschlandrelativstarkabge-
nommen.DabeiistderRückgangkeineswegsgeschlechtsneutral.Ausgehendvoneinerohnehin
deutlich geringeren Basis sind traditionelle Beschäftigungsformen unter Frauen noch stärker
zurückgegangenalsunterMännern.FrauensindüberwiegendimDienstleistungssektortätig,der
inzwischenerheblichstärkeralsdasverarbeitendeGewerbevonatypischenBeschäftigungsver-
hältnissengekennzeichnetist.
Mit dem Abbau traditioneller Beschäftigungsformen reagiert die Wirtschaft auf gestiegene
Flexibi¬litätsanforderungenunddie erweitertenMöglichkeiten imZugederArbeitsmarktrefor-
men, alterna¬tiveBeschäftigungsartenzunutzen.DarüberhinauswerdenatypischeBeschäfti-
gungsverhältnisseaberauchbisweilenvonArbeitnehmernbevorzugt,etwaumFamilieundBeruf
besservereinbarenzukönnen.
DerzunehmendenFlexibilisierungbei atypischenBeschäftigungsverhältnissensteht eine rela-
tivgeringeVeränderungderAbsicherungvonNormalarbeitsverhältnissengegenüber.Hiersind
bestehende Regelungen kaum verändertworden. Damit ist die in Deutschland ohnehin schon
ausgeprägteDualisierungdesArbeitsmarktesweiterverschärftunddieDuchlässigkeitzwischen
denArbeitsmarktsegmentennochmalserschwertworden.
Aber auch Arbeitnehmer, die weiterhin in traditionellen Formen beschäftigt sind, hatten Ein-
schnittezuverzeichnen,diesichvorallemineiner–auchiminternationalenVergleich–zähen
Lohnentwicklungniederschlagen.HinzukommtdieweiterhinhoheBelastungderEinkommen
durchSteuernundAbgaben,die inmarginalerHinsichtnochmalsstärkerzuBucheschlägtals
imDurchschnitt.BesondersNiedriglohnempfängerundArbeitnehmermitmittleremEinkommen
werdenstarkbeansprucht.GegenüberfastallenanderenLändernfälltinDeutschlandbesonders
auf,dassdiemarginaleBelastungfürGeringverdienersehrhochistundmitsteigendemEinkom-
menabnimmt.
DieinsgesamtungleicheVerteilungvonRisikenstelltdiePolitikvordieHerausforderung,auchim
BereichflexiblerArbeitsverhältnissefürmehrSicherheitindenimmerwenigeralsatypischzu
bezeichnendenBeschäftigungsverhältnissenzusorgen,ohnediegestiegeneAnpassungsfähigkeit
wiedereinzuschränken.DarüberhinaussollteeineSenkungderSteuer-undAbgabenbelastung
–voralleminmarginalerHinsicht– fürBezieherniedrigerundmittlererEinkommenverfolgt
werden.
66
Fazit
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