Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6....

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Werner Eichhorst, Andrea Kuhn, Eric Thode, Rosemarie Zenker Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel Benchmarking Deutschland: Normalarbeitsverhältnis auf dem Rückzug

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Werner Eichhorst, Andrea Kuhn, Eric Thode, Rosemarie Zenker

Traditionelle Beschäftigungs-verhältnisse im Wandel

Benchmarking Deutschland: Normalarbeitsverhältnis auf dem Rückzug

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Werner Eichhorst, Andrea Kuhn, Eric Thode, Rosemarie Zenker

Traditionelle Beschäftigungs-verhältnisse im Wandel

Benchmarking Deutschland: Normalarbeitsverhältnis auf dem Rückzug

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Inhalt

1. DasWichtigsteinKürze 6

2. BeschäftigungsverhältnisseimWandel 7

3. TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseiminternationalenVergleich 9

3.1 VollzeitbeschäftigungundbefristeteBeschäftigungsverhältnisse 9

3.2 VerteilungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnissebeiMännern 14

undFrauen

4. StrukturdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisseinZeitenvon 16

GlobalisierungundFortschritt

4.1 TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseimDienstleistungs-und 16

industriellenSektor

4.2 VerteilungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisseindenSektoren 20

nachAlter

5. Lohn-undAbgabenentwicklungundArbeitnehmerzufriedenheit 22

5.1 Löhne 22

5.2 Steuer-undAbgabenbelastung 25

5.3 Lebens-undArbeitszufriedenheit 29

6. InterneFlexibilitätundArbeitsorganisation 34

6.1 QuantitativeFlexibilität:OrganisationderArbeitszeiten 35

6.2 QualitativeFlexibilität:OrganisationdertäglichenArbeitswelt 41

7. Arbeitsbeziehungen 43

7.1 GewerkschaftlicherOrganisationsgrad 44

7.2 EbenenderTarifverhandlungenundKoordinierungsmechanismen 49

7.3 ErgebnissevonKollektivvereinbarungen 52

8. SchutzundAbsicherungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisse 58

8.1 Arbeitsgesetzgebung 58

8.2 Arbeitslosenversicherung 62

9. Fazit 66

Literatur 67

Impressum 71

Inhalt

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1. DasWichtigsteinKürze

DerArbeitsmarktinDeutschlandbestehtinzwischenauszweiSegmenten:Zumeinenaustradi-

tionellenundzumanderenaussogenanntenatypischenBeschäftigungsverhältnissen.Atypische

BeschäftigungsverhältnisseermöglichendabeizwarsowohlfürArbeitgeberalsauchfürArbeit-

nehmerhöhereFlexibilitätunddamiteinhergehendeineZunahmederBeschäftigunginsgesamt,

sindaberdurchhöhereRisikengeprägt.DastraditionelleBeschäftigungsverhältnisistdagegen

durcheinhohesMaßanSicherheitgekennzeichnet.Unterschiede im internationalenVergleich

gibtesdennoch:HinsichtlichderArbeitsbedingungen,derLohnentwicklung,derArbeitsbezie-

hungenundderAusprägungdesKündigungsschutzesdifferierendieSysteme.

IminternationalenVergleichkannfürDeutschlandFolgendesfestgestelltwerden:

1. MiteinervergleichsweisehohenTeilzeitquoteundeinemmoderatenAnteilbefristeterBeschäf-

tigungzeigtDeutschlandeineklareDualisierungdesArbeitsmarktes.Seit2001istderRück-

gang traditioneller Beschäftigungsverhältnisse vergleichsweise hoch. Die Industrie ist nach

wievorvommännlichdominierten, sogenanntenNormalarbeitsverhältnisgeprägt.Dagegen

zeigtderDienstleistungssektoreinanderesBild:DeutschlandhathierimVergleichzuanderen

europäischenLändern relativwenigeArbeitnehmer,dieübereineunbefristeteVollzeitstelle

verfügen.

2. BefristeteVollzeitbeschäftigung ist inDeutschlandvergleichsweiseselten.GehenArbeitneh-

mereinerVollzeitbeschäftigungmiteinerzeitlichbegrenztenDauernach,sindinsgesamtdie

Chancengut,dassdasArbeitsverhältnisentfristetunddemnachdauerhaftangelegtwird.

3. DerAnteil vonFrauen in traditionellenBeschäftigungsverhältnissen ist aufgrunddes lange

dominierenden Male-Breadwinner-Modells unterdurchschnittlich. Die Entwicklung hin zu

mehrFlexibilitätaufdemArbeitsmarkt trifftentsprechendeheraufFrauenalsaufMänner

zu.DergeringeAnteilvonFrauen,diesichineinemNormalarbeitsverhältnisbefinden,istseit

2001nochmalszurückgegangen.

4. EineunterdurchschnittlicheLohnentwicklungundein relativhohesGesamtabgabenaufkom-

menbelastetdiePrivathaushalte.DiesteuerlicheBelastungnimmtbeiArbeitnehmerninhöhe-

renEinkommensbereichensowohlmarginalalsauchdurchschnittlichab.DieMittelschichtist

dagegeniminternationalenVergleichrechtstarkbelastet.

5. DieMitgestaltungderArbeitnehmerhat im internationalenVergleichabgenommen:Sowohl

der Organisationsgrad als auch dieMitgliederzahlen vonGewerkschaften sind geringer als

2001.DieTariflöhnesindbeieinernachwievorvergleichsweisegeringendurchschnittlichen

JahresarbeitszeitdurchStagnationgekennzeichnet.

Das Wichtigste in Kürze

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Beschäftigungsverhältnisse im Wandel

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6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

nachwievorhoch.Seit2001wurdederKündigungsschutzfürArbeitnehmerineinemNormal-

arbeitsverhältniskaumverändert.HoheLohnersatzratenundeineiminternationalenVergleich

nachwievorhoheBezugsdauervonArbeitslosengeldsicherndenArbeitnehmerineinemNor-

malarbeitsverhältnisimGegensatzzuArbeitnehmerninatypischenBeschäftigungsverhältnis-

senvergleichsweisestarkab.

2.BeschäftigungsverhältnisseimWandel

ImJahr2000wurdevonderEuropäischenUniondieLissabon-StrategiefürWirtschaftundBe-

schäftigung(EuropäischerRatinLissabon)aufdenWeggebracht,umdieEUzueinemleistungs-

fähigenWirtschaftsraumzumachenundfürmehrBeschäftigungzusorgen.Dabeisollteneine

wissensbasierteundsomitinnovationsfähigeGesellschaftebensoimMittelpunktstehenwieeine

aktiveBeschäftigungspolitik.DieBeschäftigungsreformen inDänemarkunddenNiederlanden

Mitteder90erJahre(Bogedan2009undPennings1999)spiegeltenwesentlicheElementedervon

derEUanvisiertenZieleinderLissabon-Strategiewider.DurcheineKombinationvonFlexibilität

undSicherheitsolltedieGrundlagefürwirtschaftlichesWachstumundVollbeschäftigunggelegt

werden, indemRisiken,diedurchflexiblereArbeitsmärkteentstehen,durchentsprechendeSi-

cherheitsmechanismenimSozialsystemabgefangenwerden.OhnedassdieseEntwicklunginten-

diertwar,gingdamitdieAbnahmesogenanntertraditionellerBeschäftigungsverhältnisseeinher.

DieseEntwicklungwirdmitunternegativbewertet,unddasZiel,dasNormalarbeitsverhältnis1zu

erhalten,prägtdieDiskussionenumdieArbeitsmarktreformenwesentlich.ObwohldieseBeschäf-

tigungsformdesunbefristetenVollzeitarbeitsverhältnissesmitdenentsprechendenKündigungs-

schutzregelungeneineFolgederIndustrialisierungim19.und20.Jahrhundertistundsomiteine

eher neuere Entwicklung darstellt, gelten die Errungenschaften der (männlichen) Arbeiter als

ZeichenfürdenSchutzvorAusbeutungundWillkürdesArbeitgebersundsindinderGesellschaft

positivkonnotiert(Pierenkemper2009).VorteiltraditionellerBeschäftigungsverhältnissefürden

ArbeitnehmeristdieAbsicherungdurchdasSozialversicherungssystemunddurchKündigungs-

schutzregelungen.DazugehörenbeispielsweiseAbsicherungenwiediegesetzlicheRenten-und

Pflegeversicherung,dieArbeitslosenversicherungunddieMöglichkeitzurAbsicherungdurchdie

gesetzlicheKrankenkasse.DarüberhinausschützendiegesetzlichenKündigungsschutzregelun-

gendenArbeitnehmervorAd-hoc-KündigungenunddemautomatischenEnde,alsoderBefristung

einerBeschäftigung.

Währendseitden80erJahrenflexibleBeschäftigungsformenkontinuierlichflexibilisiertwurden,

bliebderKerndesArbeitsmarktesdabeiallerdingsweitestgehendunangetastet(Eichhorst/Marx

2009a).

Abnahme des Normal-

arbeitsverhältnisses…

…und Zunahme von Risiken

1 BeiderBezeichnungunbefristetersozialversicherungspflichtigerVollzeitbeschäftigungenalsNormalarbeitsverhältnisbzw.alstraditionelleBeschäftigungsverhältnissefolgtdieseStudiederDefinitiondesSachverständigenrates(Sachverständigenrat2008undBosch2004).Menschen,diebefristeteArbeitsverträgehaben,inTeilzeittätigoderinderLeiharbeitsbrancheodergeringfügigbeschäftigtsind,zählensomitnichtzudieserGruppederBeschäftigten.

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Beschäftigungsverhältnisse im Wandel

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DerRufnachmehrFlexibilitätaufdenArbeitsmärktenisteinegenerelleEntwicklung,dieman

auchiminternationalenVergleichbeobachtenkann.ImöffentlichenDiskursnahmbereitsinden

70er Jahrendas InteresseanPolitikideen,diedieArbeitsmärkteflexibilisierensollten,zuund

zwareinerseitszudemZeitpunkt,alsderBoomderNachkriegszeitzumerstenMalabflaute.An-

dererseitsspiegeltendieseÜberlegungenaberauchdaszunehmendeBedürfnisvon(Ehe-)Frauen

wider,einerErwerbstätigkeitnachzugehen,wiediesz.B.indenNiederlandenseitden70erJahren

zubeobachtenwar.Mitteder90erJahrestiegdasInteressesprunghaftan(Streeck2009).Grund

dafürwarenneueHerausforderungen,diemassiveAuswirkungenaufdieArbeitsmärktehatten:

dietechnologischeTransformationhinzuneuenFormenderInformationsverarbeitungundKom-

munikation,dieIntensivierungdesglobalenWettbewerbsalsFolgederHandels-undFinanzlibe-

ralisierung(ILO2006)sowieReorganisationeninderArbeitswelt(Lindbeck/Snower2000).Um

den genanntenHerausforderungen begegnen zu können,müssenUnternehmen schneller und

flexibleraufneueAnforderungenreagierenkönnen.DadurchentstehtdieNotwendigkeiteines

flexiblenArbeitsmarktes,dessenElementeinDeutschlandineinerzweitenSäuleeingeführtwur-

den,nämlichmitdenÄnderungenzurBegünstigungatypischerBeschäftigung(Eichhorstetal.

2009).JeglicheEinschränkungenflexiblerBeschäftigungwiebeispielsweiseKündigungsschutz-

regelungensindstaatlicheodertarifpartnerabhängigeMaßnahmen,diedenArbeitnehmervorden

KräftendiesesMarktesschützensollen.JenachWohlfahrtsmodellunterscheidensichhierbeidie

unterschiedlichenAnsätze(Bosch2004).

Bis indie80er JahrehineinkonntemandasdeutscheSystemeheralsgeschlossenesBeschäf-

tigungssystembezeichnen:Der Schwerpunkt lag auf dem internenArbeitsmarkt.DieBeschäf-

tigungerfolgteimgleichenBetriebbeieventuellwechselnderTätigkeit, jedochgeschütztdurch

dieArbeitsplatzsicherheit(Tabelle1).Insbesondereseitden90erJahrengewinnendieexternen

ArbeitsmärktemehranGewichtundspieleneinezunehmendgrößereRolle.Darüberhinauswird

derzeitdiskutiert,obdamitaucheineSekundarisierungdesArbeitsmarkteseinhergeht–alsodie

KombinationausunterdurchschnittlichemEinkommen,kurz-bzw.mittelfristigerBeschäftigung

underhöhtemÜbergangsrisikofürdenArbeitnehmer.Träfedieszu,wäredasdeutscheBeschäfti-

gungssystemdurchkurz-bzw.mittelfristigeBeschäftigungmitÜbergangsrisikoundunterdurch-

schnittlichenEinkommengeprägt.

ObtatsächlicheineEntwicklungindieseRichtungfestzustellenist,sollunteranderemindiesem

Papierdiskutiertwerden.DarüberhinausstehenalsTeilderFlexicurity-StrategieauchinterneFle-

xibilisierungsmaßnahmenimZentrumdesInteresses,daauchdiesedasNormalarbeitsverhältnis

nachhaltigveränderthaben(Goudeswaardetal.2009).

Beschäftigungssysteme

im Wandel

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Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

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Tabelle 1: Arbeitsmarktsegmente und betriebliche Beschäftigungssysteme

Interne ArbeitsmärkteGeschlossene Beschäftigungssysteme

Externe ArbeitsmärkteOffene Beschäftigungssysteme

Primär Langfristige Beschäftigung Arbeitsplatzsicherheit Überdurchschnittliche Einkommen

Kurz- bis mittelfristige Beschäftigung Übergangssicherheit Überdurchschnittliche Einkommen

Sekundär Langfristige Beschäftigung Arbeitsplatzsicherheit Unterdurchschnittliche Einkommen

Kurz- bis mittelfristige Beschäftigung Übergangsrisiko Unterdurchschnittliche Einkommen

Quelle: Köhler et al. (2008).

Niedrige Vollzeitquote

in Deutschland

Hohe Beschäftigungs-

quote und …

3.TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseiminternationalenVergleich

3.1 Vollzeitbeschäftigung und befristete Beschäftigungsverhältnisse

EinElementdestraditionellenBeschäftigungsverhältnissesistdieVollzeitbeschäftigung.Siegilt

inDeutschlandimUnterschiedzuvielenanderenLändernnachwievoralserstrebenswerteEr-

werbsform,dasiedasArmutsrisikominimiertundeinhohesMaßanSicherheitbietet.Zwarkann

inDeutschlandeineZunahmevonArmutsquotenauchbeiVollzeitbeschäftigungnachgewiesen

werden,dennochgewährtdieseBeschäftigungsform–allerdingsnurunterderPrämisse,dassder

Arbeitnehmerlediglichsichselbstfinanzierenmuss–immernocheinenrelativsicherenSchutz

vorArmut(AndressundSeeck2007).

Die niedrigsten Vollzeitquoten gibt es in den kontinentaleuropäischen Ländern Niederlande,

DeutschlandundÖsterreichsowieinSchweden,Belgien,NorwegenundGroßbritannienmitWer-

tenunter80Prozent.Diemittel-undosteuropäischenLänder,GriechenlandundZypernhaben

dagegenmitWertenvonüber90ProzentdiehöchstenVollzeitquoten.

DieLändermitdenhöchstenBeschäftigungsquotenvonüber80Prozent,nämlichDänemark,Nor-

wegenundSchwedenverfügenübervergleichsweisewenigeVollzeitbeschäftigte(Abbildung1).

DieNiederlandesindmiteinerBeschäftigungsquotevon78,9ProzentdasLandmitdergeringsten

Vollzeitquote.Besondersausgeprägt istdieVollzeitbeschäftigung indenneuenMitgliedstaaten

derEuropäischenUnion.DabeizeigtinsbesondereEstland,dassdieKombinationauseinerrelativ

hohenBeschäftigungsquotemiteinerausgeprägtenVollzeitquotedurchausrealisierbarist.Wei-

tereehemaligesozialistischeStaatenwieBulgarienundUngarn,aberauchdassüdeuropäische

LandGriechenlandzeigeneinerelativehoheVollzeitquote,leidenjedochunterniedrigerBeschäf-

tigunginsgesamt.

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Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 1: Voll- und Teilzeitquote sowie Beschäftigungsquote in Prozent, 2008

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.

Bulg

arie

n

Slow

akei

Tsch

echi

en

98,2 97,6 95,8 95,8 95,1 95,1 94,5 94,5 94,0 93,8 92,0 91,7 91,5 90,0 89,6 89,1 86,4 83,6 83,5 81,8 81,4 77,9 77,5 77,4 76,9 76,7 74,4

58,4

6,0 6,2 8,0 8,3 8,5 10,0 10,4 10,9 13,6 16,4 16,5 18,2 18,6 22,1 22,5 22,6 23,1 23,3 25,65,55,54,94,94,24,2 41,6

7976

78

68 67

75 77

7065

73 73

80

7276

83

70

82

76 7679

58

7578

6965

757273

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

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Grie

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land

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land

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Nor

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en

Belg

ien

Schw

eden

Öst

erre

ich

Deut

schl

and

Nie

derla

nde

Vollzeitquote Teilzeitquote Beschäftigungsquote

1,8 2,4

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 2: Beschäftigungsquote und Vollzeitquote in Prozent, 2008

Anmerkung: Der Korrelationskoeffizient beträgt –0,32. Für übliche Signifikanzniveaus lässt sich kein negativer statistischer Zusammenhang zwischenVollzeitquote und Beschäftigungsquote herleiten.

Vollz

eitq

uote

MaltaPolen

Beschäftigungsquote

100

100

95

95

90

90

85

85

80

80

75

75

70

70

65

65

60

6055

5550

Italien

Bulgarien

TschechienLettland

EstlandZypern

PortugalLitauen

FinnlandSpanien

Rumänien

SlowenienUngarn

Griechenland

Slowakei

FrankreichIrland

Luxemburg Dänemark

GroßbritannienBelgien Österreich

DeutschlandSchweden

Norwegen

Niederlande

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AuchwenndieGegenüberstellungvonVollzeit-undBeschäftigungsquote fürErwerbstätige im

Alterzwischen25und64JahreneinennegativenZusammenhangzwischenbeidenIndikatoren

andeutet,lässtsichdieserimRahmeneinerEinfachregressionstatistischnichtnachweisen.Aus

derPerspektiveDeutschlandsweisenimmerhinachtLändersowohleinehöhereBeschäftigungs-

quotealsaucheinengrößerenAnteilvonErwerbstätigeninVollzeitauf(Abbildung2).Ähnlich

wiediekontinentaleuropäischenNachbarnNiederlandeundÖsterreichhatauchDeutschlandeine

rechtausgeprägteTeilzeitquote.Lediglich74,4ProzentderBeschäftigtengeheneinerTätigkeit

inVollzeitnach.NebeninstitutionellenFaktorenundintensiviertemWettbewerbspielenfürdie

geringeVollzeitquoteauchErwerbsmusterinderFamilie(Einverdiener-Modell)undderAusbau

desDienstleistungssektorseinewesentlicheRolle(Arltetal.2009).

EinweiteresElementdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisse,wennnichtsogardasgewich-

tigerebeideröffentlichenDiskussionumdenErhaltdesNormalarbeitsverhältnisses,isteinunbe-

fristeterArbeitsvertrag.JenachAusprägungdesKündigungsschutzesimjeweiligenLandbedeu-

teteinunbefristeterArbeitsvertrageinesichereErwerbssituation,dieeineeventuelllebenslange

BindungdesArbeitnehmersandasjeweiligeUnternehmenbedeutenkann.AuchimJahr2008

dominiertdasunbefristeteArbeitsverhältnisnachwievordieBeschäftigungsquote(Abbildung3).

ImSchnittsindinderOECD84,6ProzentderBeschäftigtenunbefristetangestellt.

Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

Unbefristete

Beschäftigungsverhältnisse

... Vollzeitquote möglich

Quellen: OECDa 2009; eigene Berechnungen.

Abbildung 3: Anteil der befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse in Prozent, 2008

Anmerkung: Die Beschäftigungsquote errechnet sich aus allen Beschäftigten am Anteil der Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren. Die Beschäftigten wurden im zweiten Schritt in „unbefristet“ und „befristet“ eingeteilt. Für die USA liegen Zahlen für 2005 vor.

70,6 73,0 76,881,7 84,0 84,9 85,4 85,8 86,0 86,4 86,7 87,7 88,8 91,0 91,4 91,9 92,0 92,1 92,3 92,4 94,7 95,3 95,8

23,3 18,3 16,1 15,1 14,6 14,2 14,0 13,6 13,3 12,3 11,2 9,0 9,0 8,6 8,1 8,0 7,9 7,7 7,6 5,3

91,0

4,7 4,227,029,4

65

59

71

80

74

45

72

78

68 67

57

62

73

62

75

64

78

70727676

68

59

65

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Span

ien

Pole

n

Port

ugal

Nie

derla

nde

Schw

eden

Finn

land

Deut

schl

and

Fran

krei

ch

Italie

n

Japa

n

Schw

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Türk

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weg

en

Öst

erre

ich

Däne

mar

k

Irlan

d

Tsch

echi

en

Ung

arn

Luxe

mbu

rg

Belg

ien

Gro

ßbrit

anni

en

Slow

akei

USA

Unbefristet Befristet Beschäftigungsquote

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DabeizeigtsichkeineindeutigesMuster,obStaatenmiteinemgroßenAnteilbefristeterVerhält-

nisse erfolgreicher in Sachen Beschäftigungsquote sind. Spanien, Polen und Portugal haben die

größteAnzahl anbefristetenBeschäftigungsverhältnissenundgleichzeitig eine relativeniedrige

Beschäftigungsquote.DeutschlandliegtmiteinerQuotevon70,2ProzentetwasüberdemOECD-

Durchschnitt.RelativausgeprägtsindunbefristeteBeschäftigungsverhältnisseinLändernmiteinem

lockerenKündigungsschutz,wiez.B.inGroßbritannienundDänemark(sieheAbschnitt8).

DastraditionelleBeschäftigungsverhältnis–alsodieKombinationauseinerVollzeitbeschäftigung

miteinemunbefristetenArbeitsvertrag–istinnerhalbderEUrechtunterschiedlichverteilt(Ab-

bildung4).Auffälligist,dassinsbesonderederniederländischeArbeitsmarktzuüber50Prozent

ausdensogenanntenatypischenBeschäftigungenbesteht,wenngleichdieandereHälftenachwie

vortraditionellgeprägtist.DieUnterteilungintypischeundatypischeBeschäftigungsverhältnisse

greifthiernichtmehr,dasatypischeArbeitsverhältnisist längsttypischgewordenundgenießt

auchinderniederländischenBevölkerungAkzeptanz.

MiteinemAnteilvonetwa60ProzentVollzeitgehtauchDeutschlandindieseRichtung:Weniger

als zwei Drittel der Beschäftigten befinden sich noch in einem „Normalarbeitsverhältnis“ und

genießendamitsowohldiebisdatogültigenVorteiledesrigidenKündigungsschutzesalsauchein

Einkommen,dasauseinerVollzeitbeschäftigungresultiert.

Eine Vollzeit-

beschäftigung ist …

…zumeist auch

entfristet

Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 4: Struktur der Beschäftigungsverhältnisse in Prozent, 2008

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt. In der Kategorie „nicht zutreffend“ sind Selbstständige und mithelfende Familienangehörige enthalten.

4551 51 55 57 57 58 60 61 61 63 63 64 65 67 68 68 70 71 72 73 74 75 76 79 81 83 84 84 86

4

3 6

17 155 6

5 313 2 5 3 2

10 6 33 1

7 3 2 8 45

2 1 2 3 1

10

11

34

17 2033

2210 13

17

129 16

12

17

107

920

116

13

11 16 12 14 109 11 7

42 35 9 11 8 5 14 26 23 8 23 23 17 22 6 16 23 18 8 10 19 10 6 4 4 2 6 5 62

0

10

20

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90

100

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Bulg

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nEs

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Vollzeit (unbefristet) Vollzeit (befristet) Vollzeit (nicht zutreffend) Teilzeit (unbefristet/ befristet/ nicht zutreffend)

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NurdieNiederlande,dieSchweiz,dieTürkei,Spanien,Polen,GriechenlandundItalienweisen

nochwenigerunbefristeteVollzeitbeschäftigungsverhältnisseauf.Auffälligist,dassderAnteilder

befristetenVollzeitarbeitsverhältnissedagegenmitfünfProzentrelativkleinist.GehteinArbeit-

nehmereinerVollzeitbeschäftigungnach, istdasBeschäftigungsverhältnismeistentfristet.Der

geringeAnteilkönntedemnachals‚verlängerteProbezeit’interpretiertwerden.

DarüberhinauszeigtdieEntwicklungseit2001einklaresBild:ImZugederseitherimplemen-

tiertenArbeitsmarktreformenwurdenWegeeröffnet,außerhalbdesNormalarbeitsverhältnisses

denArbeitsmarktzuflexibilisieren.Leiharbeit,Mini-undMidijobsundbefristeteBeschäftigungs-

verhältnissesteigenseither(Abbildung5).Seit2001istderAnteilderunbefristetenVollzeitbe-

schäftigtenum4,6Prozentpunktegefallen,lediglichinLuxemburg,Polen,denNiederlandenund

MaltagabeseinenstärkerenRückgangzuverzeichnen.DieskandinavischenStaatenSchweden,

NorwegenundDänemarkverzeichnenebensoeinenRückgang.

Aber:InetwaderHälftedereuropäischenStaatennahmdasNormalarbeitsverhältnisseit2001

sogarzu.Allerdingsgehörenhierzuvorrangig‚Nachholerstaaten’desehemaligenOstblocks.Dage-

genistinFinnlandderAnteilderunbefristetenVollzeitbeschäftigtenumfastzweiProzentpunkte

gestiegen.WesentlichgeringereRückgängegabes inBelgien,derSchweiz,Ungarn,Dänemark

undNorwegen.

Unbefristete Vollzeit-

beschäftigung ist rückläufig

Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 5: Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse in Prozent, 2008 und Veränderung zu 2001 in Prozentpunkten

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.

56,7

44,5

74,4

60,162,8

80,9

63,057,7

60,8

50,7

78,6

70,1 67,764,5

75,1

55,1

75,9

85,7

64,567,6

61,567,4

71,8

84,0

56,7

83,9

70,8

82,9

–7,6 –6,6 –5,5 –5,5 –4,6 –4,6 –4,5 –4,3 –3,6 –2,7 –2,4 –2,1 –2,0 –0,8 –0,8 –0,40,2 0,4 0,6 0,6 0,7 1,1 1,6 1,9 2,6 4,4

8,111,2 12,8

72,6

–20

0

20

40

60

80

100

Luxe

mbu

rg

Pole

n

Nie

derla

nde

Mal

ta

Deut

schl

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Öst

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ich

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Ung

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Port

ugal

Zype

rn

Finn

land

Bulg

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n

Gric

henl

and

Lett

land

Rum

änie

n

Lita

uen

Vollzeitquote (unbefristet) 2008 Differenz zu 2001

Page 14: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

14

3.2 Verteilung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse bei Männern und Frauen

Vergleichtman die Anzahl der erwerbstätigen Frauen, die unbefristet vollzeitbeschäftigt sind,

mitdenenderMänner,zeigengeradediekontinentaleuropäischenLänderdiefürdieseSysteme

üblichenVerteilungsmuster:IndenNiederlanden,inderSchweiz,inDeutschland,BelgienundÖs-

terreichsinderwerbstätigeFrauenmiteinerunbefristetenVollzeitbeschäftigungimeuropäischen

Vergleichamwenigstenvertreten(Abbildung6).

In Schweden,Großbritannien,Norwegen und Frankreich sind dieAbstände geringer, dennoch

istauchhiereinegleichmäßigeErwerbsformvonMännernundFrauennichtzubeobachten.In

mittel- und osteuropäischen Ländern befinden sich ausschließlichmehr Frauen alsMänner in

traditionellen Beschäftigungsverhältnissen, wenngleich die Unterschiedeminimal sind. Dieser

durchausauffälligeUnterschiedzwischenwest-undosteuropäischenBeschäftigungsstrukturen

könntedarinbegründetliegen,dasseskaumTeilzeitangebotefürFrauengibt.Frauenmusstenzu

ZeitendesSozialismusdengleichenArbeitsformenwieMännernachgehen,wassowohlNormen

alsauchdieStrukturunterschiedlichgeprägthat(Kriskovàetal.2009).

Geringer Anteil

von Frauen…

…in traditionellen

Beschäftigungsverhältnissen

Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 6: Anteil der Frauen und Männer in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen in Prozent, 2008

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.

0

10

20

30

40

50

60

70

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90

100

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nde

Schw

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Deut

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Öst

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Gric

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Irlan

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nd

Zype

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land

Rum

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n

Tsch

echi

en

Ung

arn

Lita

uen

Slow

akei

Lett

land

Bulg

arie

n

Estla

nd

Frauen Männer

57,5 57,9

71,3

77,781,6

84,5 85,6 86,6 86,6 87,0

65,168,8

74,2 73,076,8

58,462,3

88,1

72,5 74,1

79,0

74,4

63,0

68,0

77,974,0

69,0

78,3

84,7

75,4

84,7

19,5

29,0

43,345,8 46,1

50,5 51,0 52,1 52,5 53,355,0

58,1 59,8 59,9 61,3 61,665,5 65,9

69,1

74,7

56,2 57,0

70,574,5

76,1

81,4

76,2

81,3 81,6

Page 15: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

15

AuffälliganderdeutschenEntwicklungist–aufgrunddeslangedominierendenMale-Breadwin-

ner-Modells–wenigerdieinsgesamtgeringeAnzahlanFrauen,diesichinDeutschlandinnerhalb

traditionellerBeschäftigungsverhältnissebefinden,sondernvielmehrdieTatsache,dasssichdie

AnzahlderFrauenindiesenBeschäftigungsformeninjüngsterZeitseit2001bis2008nochmals

verringerthatundvon47,99Prozentauf43,34Prozentgefallenist(Tabelle2).

Tabelle 2: Veränderung des traditionellen Beschäftigungsverhältnisses bei Männern und Frauen in Prozentpunkten, 2001 zu 2008

Männer Frauen

Belgien -2.78 -1.06

Bulgarien 2.60 2.76

Dänemark -1.75 -2.15

Deutschland -3.52 -4.65

Estland -0.97 0.69

Finnland 12.17 2.05

Frankreich -0.96 1.46

Griechenland 4.19 4.73

Großbritannien -1.78 3.72

Irland -0.20 -0.99

Island 7.05 13.73

Italien -0.15 -8.50

Lettland 7.68 8.58

Litauen 15.39 10.31

Luxemburg -1.03 -14.59

Malta -3.37 -9.64

Niederlande -5.73 -2.42

Norwegen -3.35 2.20

Österreich -3.30 -5.02

Polen -4.94 -6.96

Portugal 1.00 1.17

Rumänien 8.75 14.15

Schweden -1.26 -7.52

Schweiz -2.82 -0.45

Slowakei -7.25 -2.18

Slowenien 2.24 -3.76

Spanien 1.41 -0.75

Tschechien -0.08 0.91

Ungarn -2.53 -1.41

Zypern 3.52 -0.79

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren berücksichtigt.

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im internationalen Vergleich

Page 16: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

16

DastraditionelleBeschäftigungsverhältnisistdarüberhinausbeiFrauenstärkerzurückgegangen

als beiMännern, obwohl die Basis sehr viel niedrigerwar. 2008 lag dieQuote der Frauen in

unbefristetenVollzeitbeschäftigungsverhältnissen4,6Prozentpunkteniedrigerals2001,beiden

MännernhingegenbetrugderRückgang3,5Prozentpunkte.BeibeidenGruppenliegtDeutsch-

landunterdenerstenzehnLändern,beidenendieVollzeitquote(unbefristet)amstärkstenzu-

rückgegangenist.BeimRückgangderMännerfolgtDeutschlandderSlowakei,denNiederlanden

undPolen,beidenFrauenkönnennurLuxemburg,Malta,Italien,Schweden,PolenundÖsterreich

höhereZahlenbeimRückgangverzeichnen.

TraditionelleBeschäftigungsverhältnisseinderGruppederMännernahmeninFrankreich,Irland

undItalienmitDifferenzenvonuntereinemProzentpunktamgeringstenab.InFinnlandistdie

VollzeitquoteunterMännernsogarumetwazwölfProzentpunktegestiegen.InSpanien,Slowe-

nienundZypernistdieQuotederFrauendagegenzurückgegangen,währendsichdieQuoteder

Männererhöhthat.

4.StrukturdertraditionellenBeschäftigungs-verhältnisseinZeitenvonGlobalisierungundFortschritt

DastraditionelleBeschäftigungsverhältniswirdinseinerEntstehungeherderZeitzugewiesen,

als dieVolkswirtschaften vorrangig auf industrielle Produktion setzten. In Zeiten des sektora-

lenWandelswurden zunehmend flexible Beschäftigungsformennachgefragt. Durch die Struk-

turveränderungenvonderIndustrie-zurDienstleistungsgesellschaftkönnen‚dieidentifizierten

Externalisierungs-undSekundarisierungsschübeimBeschäftigungssystem’zumindestteilweise

erklärtwerden(Köhleretal.2009).Esistdemnachzuerwarten,dassdieAnteilederArbeitneh-

mermiteinemtraditionellenBeschäftigungsverhältnisimIndustriesektorausgeprägtersindals

imDienstleistungssektor

4.1 Traditionelle Beschäftigungsverhältnisse im Dienstleistungs- und industriellen Sektor

Mit77,4ProzentderimIndustriesektorTätigen,diesichineinemtraditionellenBeschäftigungs-

verhältnisbefinden,entsprichtDeutschlandexaktdemeuropäischenMittel (Abbildung7).We-

sentlichgeringereAnteilehabendieStaatenSpanien,Niederlande,Griechenland,Portugalund

ItalienmitWertenunter70Prozent.ExtremhochsinddieAnteileindenbaltischenundskandi-

navischenStaatenEstland,Lettland,Litauen,Norwegen,FinnlandundDänemark.AuchÖsterreich

hatmitAnteilenvonüber81ProzenteineüberdurchschnittlicheAnzahlvonBeschäftigten im

IndustriesektormiteinerunbefristetenVollzeitstelle.DemnachentsprichteineArbeitsstelle im

IndustriesektorauchimJahr2008nochdemtraditionellenBild.

Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt

Zusätzlich starker

Rückgang bei Frauen

Durchschnittliche Vollzeit-

quote im Industriesektor

Page 17: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Dagegen zeichnet der Dienstleistungssektor (Abbildung 8), insbesondere in Deutschland, ein

ganzanderesBild:Nur53,2ProzentderdortTätigenbefindensichhierineinemunbefristeten

Beschäftigungsverhältnis und arbeiten gleichzeitig Vollzeit. Lediglich die Niederlande und die

SchweizhabenmiteinemAnteilvon39,8und46,2ProzentgeringereAnteileundbefindensich

somitimunterenDrittel.EtwaeinweiteresDrittelderStaatenhabenAnteilevonüber60Prozent

wie beispielsweise Großbritannien, Frankreich, Dänemark undNorwegen. Einweiteres Drittel

derLänderhatQuotendertraditionellenBeschäftigungsverhältnissevonüber70Prozent,inden

baltischenStaaten,derSlowakeiundRumäniensogarüber80Prozent.GrundfürdieseVerteilung

istdiestarkindustriellePrägungDeutschlands.DersektoraleWandelisthiernochnichtsoweit

vorangeschrittenwieindenmeistenanderenLändern.

17

Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt

Niedrige Vollzeitquote im

Dienstleistungssektor

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 7: Vollzeitquote (befristet und unbefristet) im Industriesektor in Prozent, 2008

Anmerkung: Gezeigt sind alle Vollzeitbeschäftigten in Prozent der erwerbstätigen Personen (25 bis 64 Jahre), die im Industriesektor arbeiten. Für die Länder Bulgarien, Schweden, Polen und Slowenien liegen die Daten in der entsprechenden Tiefe nicht vor.

8292

66

80

91

68

88 87

69

82

57

7280 83

7872

8277

7164

416 12

6

24

3

14

7

25

2

3 4

155

26 155

149 7

169

16 21 159

10 20 209

185 7

11 6 7

1110

6882

768385

73

1

62

221

312

6

2

1

0

20

40

60

80

100

Slow

akei

Rum

änie

n

Grie

chen

land

Tsch

echi

en

Estla

nd

Port

ugal

Lita

uen

Lett

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Türk

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Mal

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Fran

krei

ch

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d

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n

Däne

mar

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nien

Luxe

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Nor

weg

en

Belg

ien

Öst

erre

ich

Deut

schl

and

Schw

eiz

Nie

derla

nde

unbefristet befristet nicht zutreffend

Page 18: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

18

Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 8: Vollzeitquote (befristet und unbefristet) im Dienstleistungssektor in Prozent, 2008

Anmerkung: Gezeigt sind alle Vollzeitbeschäftigten in Prozent der Erwerbstätigen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren, die im Dienstleistungssektor arbeiten.

unbefristet befristet nicht zutreffend

9181

66

79

62

88

73

87

68

85

6471 74

56 55

6671

65 6763 65

57 6053

4640

3

5

6

4 1213

9 2

14

6

6

35

4

4

614 27 12 28

617

714 7

14 812 16

22 8 511 7

9 513 9

10

9

8

3

42

43

3

11

1

2

1

0

20

40

60

80

100Ru

män

ien

Slow

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mar

k

Gro

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anni

en

Nor

weg

en

Belg

ien

Öst

erre

ich

Deut

schl

and

Schw

eiz

Nie

derla

nde

–8,4

–6,1

–4,6 –4,5 –4,5

–3,5

–2,8 –2,5 –2,4 –2,2–1,8

–1,2 –1,0 –0,6 –0,6 –0,5 –0,3

0,00,6

3,1

4,7

1,1 1,2

–10

–8

–6

–4

–2

0

2

4

Nie

derla

nde

Slow

akei

Gro

ßbrit

anni

en

Irlan

d

Belg

ien

Däne

mar

k

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rn

Deut

schl

and

Estla

nd

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Italie

n

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Schw

eiz

Nor

weg

en

Fran

krei

ch

Lita

uen

Finn

land

Zype

rn

Grie

chen

land

Lettl

and

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 9: Veränderung des traditionellen Beschäftigungsverhältnisses im Industriesektor in Prozentpunkten, 2001 zu 2008

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 64 Jahren berücksichtigt.

Page 19: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

19

Uneinheitlich ist auchdieEntwicklungdesNormalarbeitsverhältnisses inder Industrie (Abbil-

dung 9): Der Rückgang der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse im Industriesektor liegt

inDeutschlandbei2,5Prozentpunkten.ZwarbliebendieAnteilederArbeitnehmerindemfür

diesenSektortypischenBeschäftigungsverhältnisnichtganzkonstant,imVergleichzuanderen

LändernmiteinerReduktiondiesesBeschäftigungsverhältnissesistdiesebeiDeutschlandden-

nochmoderat,einbreitangelegterWandelistdemnachnichtfestzustellen.DieNiederlandehat

miteinemMinusvon8,4ProzentpunktendenhöchstenRückgangzuverzeichnen.Deutschland

folgtBelgien,DänemarkundUngarn.ZugenommenhatdieserAnteilderBeschäftigteninLitauen,

Finnland,Zypern,GriechenlandundLettland.InFrankreichbliebdasNiveauinetwakonstant.

Auch imDienstleistungssektor (Abbildung10) sinddieNiederlandeübereinstimmendmit den

Befunden der Quoten bei der Beschäftigungsstruktur allgemein, insgesamt am stärksten vom

Rückgang des Normalarbeitsverhältnisses betroffen. Knapp vor Italien, dessen traditionelle

Beschäftigungsverhältnisse sich um 5,77 Prozentpunkte minimierten, haben die Niederlande

einenRückgangvon5,94Prozentpunktenzuverzeichnen.Wesentlichgeringer–untervierPro-

zentpunkten–fälltdieDifferenzzu2001inderSchweiz,UngarnundBelgienaus.Dänemark,

Norwegen,SpanienundIrlandliegenmitihrenQuotenbeieinerDifferenzvonwenigeralszwei

Kein Wandel der

Beschäftigungsverhältnisse

im Industriesektor…

Starker Rückgang im

Dienstleistungssektor

Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt

Quellen: LFS 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 10: Veränderung des traditionellen Beschäftigungsverhältnisses im Dienstleistungssektor in Prozentpunkten, 2001 zu 2008

Anmerkung: Für die Berechnung wurden alle Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 64 Jahren berücksichtigt.

–5,9 –5,8 –5,5–5,0

–3,4–2,9

–2,0 –1,9–1,5 –1,4 –1,2

–0,3

0,50,9 0,9 1,1 1,2 1,3 1,4

2,9

4,04,4

8,0

–8

–6

–4

–2

0

2

4

6

8

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Nie

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nde

Italie

n

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Slow

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rn

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Irlan

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Estla

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Fran

krei

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Finn

land

Tsch

echi

en

Grie

chen

land

Gro

ßbrit

anni

en

Rum

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n

Lettl

and

Lita

uen

Page 20: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

20

Prozentpunkten.AusgebautwerdenkonntentraditionelleBeschäftigungsverhältnisseinEstland,

PortugalundFrankreich.Zypern,Finnland,TschechienundGriechenlandhabeneineZunahme

vonübereinemProzentpunktzuverzeichnen.InGroßbritannien,RumänienundLettlanderhöhte

sichdieseBeschäftigungsformumdreibisübervierProzentpunkteundinLitauenvollzogsich

miteinerZunahmevonüberachtProzentpunktendergrößteAufbaudiesesBeschäftigungsver-

hältnissesimDienstleistungssektor.

In Deutschland sind die traditionellen Beschäftigungsverhältnisse seit 2001 um fünf Prozent-

punktezurückgegangenundwerdenerwartungsgemäßnochweiterzurückgehen.UmdenAn-

forderungenimDienstleistungssektorgerechtwerdenzukönnen,strebenvieleArbeitgebernach

mehr externerFlexibilität, die sienur außerhalbder traditionellenBeschäftigungsverhältnisse

erreichenkönnen(Eichhorst/Marx2009b).

4.2 Verteilung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in den Sektoren nach Alter

UntersuchtmandieAnteilederVollzeitbeschäftigtenindenSektorennachverschiedenenAlters-

gruppen,sozeigtsich,dasseskaumLändermiteinerausgeprägtenVarianzderAltersstrukturim

Industriesektorgibt.EineAusnahmebildenDänemark,NorwegenunddieNiederlande.Indiesen

LänderngehenauchimIndustriesektordie15-bis24-JährigeneinerVollzeitbeschäftigungnach.

AuchinFinnland,Lettland,SlowenienundSchwedensinddieAnteilegeringeralsbeidenwei-

terenAltersgruppen.IndiesenundindenmeistenanderenLändernsinddieAnteileder26-bis

49-Jährigenamgrößten,wennesumeineVollzeitbeschäftigunggeht–wenngleichderAbstand

zuanderenAltersgruppendeutlichgeringerist.

DieVarianzimDienstleistungssektoristsehrvieldeutlicher.DominantistnachwievordieVoll-

zeitbeschäftigunginderAltersgruppeder25-bis49-Jährigen,diesjedochmiteinembisweilen

wesentlichhöherenAbstandzudenanderenAltersgruppen.

ÜberdeutlichistdiegroßeVarianzwiederinSlowenien,denNiederlandenundDänemark.Noch

größereAbständealsimIndustriesektorgibteszwischendeneinzelnenAnteilenindenjewei-

ligen Altersgruppen in Norwegen, Griechenland, Finnland, Irland, Spanien und Schweden. In

DeutschlandistdieVarianznichtganzsoaugenfällig,dennochsindauchhierdieAnteileanders

verteilt.SosindbeispielsweisegeradedieAnteileder50-bis64-Jährigenwesentlichgeringerals

dieder25-bis49-Jährigen.

Varianz der Altersstruktur

im Industriesektor…

… und im

Dienstleistungssektor

Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt

Page 21: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

21

Struktur der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse in Zeiten von Globalisierung und Fortschritt

0

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nd

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d

Nor

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en

Belg

ien

Deut

schl

and

Öst

erre

ich

Nie

derla

nde

15- bis 24-Jährige 25- bis 49-Jährige 50- bis 64-Jährige

Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 11: Vollzeitquote im Industriesektor nach Alter in Prozent, 2009

15- bis 24-Jährige 25- bis 49-Jährige 50- bis 64-Jährige

0

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40

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80

100

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Kroa

tien

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Schw

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Gro

ßbrit

anni

en

Italie

n

Belg

ien

Deut

schl

and

Öst

erre

ich

Nie

derla

nde

Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.

Abbildung 12: Vollzeitquote im Dienstleistungssektor nach Alter in Prozent, 2009

Page 22: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

22

5.Lohn-undAbgabenentwicklungundArbeit-nehmerzufriedenheit

Zwarverfügtdie„KerngruppedesArbeitsmarktes“überrelativstabileBeschäftigungsverhältnisse,

überdieAusgestaltungdieserBeschäftigungsformunddenBeschäftigungsbedingenkannbislang

jedochnochkeineAussagegetroffenwerden.DieLohn-undAbgabenentwicklungunddiesubjek-

tivempfundeneArbeitsnehmerzufriedenheitgebenAufschlussüberdieSituationdieserGruppe.

5.1 Löhne

Arbeitnehmer sind am wirtschaftlichen Aufschwung im Wesentlichen durch Lohnsteigerung

beteiligt (überneuereFormenderBeteiligungamwirtschaftlichenAufschwung,wie z.B.Mit-

arbeiterbeteiligung– sieheS. 58).UnterBerücksichtigungderPreissteigerung sinddie realen

Bruttolöhnevon2001bis2007allerdingsnurunterdurchschnittlichum1,8Prozentgewachsen

(Abbildung13).NebenMaltamussdieTürkeischwereLohnrückgängeverkraften.Besondershohe

Zuwachsratenhingegensindindenmittel-undosteuropäischenBeitrittsländernzubeobachten.

DochauchdieskandinavischenLänderhaben,wennauchmiteinigerDifferenz,Lohnzuwächse

zuverzeichnen.

Unterdurchschnittliche

Brutto-…

Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.

Anmerkung: Zur Preisbereinigung wurde der HCPI (2005 = 100 %) verwendet. Grundlage waren die Brutto-löhne (zur Herstellung von Waren) eines Durchschnittsverdieners (100 Prozent) ohne Kinder.

Abbildung 13: Veränderung der realen Bruttolöhne in Prozent, 2001 zu 2007

143,1

98,7 96,0

64,3 62,6

42,736,2 36,1 35,8

21,0 17,6 16,6 12,9 11,7 11,6 11,66,8 4,7 4,5 4,4 1,8 1,7 1,6 0,9 0,3

-3,5

-30

20

70

120

170

Estla

nd

Lita

uen

Lett

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Tsch

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en

Slov

akei

Bulg

arie

n

Ung

arn

Grie

chen

land

Zype

rn

Nor

weg

en

Port

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Finn

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Öst

erre

ich

Schw

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ßbrit

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Luxe

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Italie

n

Pole

n

Span

ien

Mal

ta

Page 23: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

23

DieVeränderungderrealenNettolöhne lieferteinähnlichesBild (Abbildung14).2Deutschland

liegtmiteinemWachstumvon2,9ProzentimmernochunterdemEuropäischenDurchschnitt.Für

Geringverdiener(hierdefiniertals67ProzentdesDurchschnittseinkommens)lagderZuwachsfür

diegleichePeriodebei1,6ProzentundwardamitdeutlichniedrigeralsfürdenDurchschnittsver-

diener(Eurostat2009,eigeneBerechnungen).AndereSchätzungenberichtensogarvonnegativen

Lohnentwicklungen(Brenke2009oderSchulten2009).DieGründefürdieunterdurchschnittliche

Entwicklungsindvielschichtig.Zumeinen istdienegativeLohndrift inderDiskussion:Dieses

Phänomenentsteht,wenndieBeschäftigtenimgesamtwirtschaftlichenDurchschnitttatsächlich

niedrigere Lohnerhöhungen bekommen, als in den Tarifverträgen vereinbart (Schulten 2009).

DiesistaufdiesinkendeTarifbindung,aufdieMöglichkeit,vontarifvertraglichenBindungenauf

betrieblicherEbenenachuntenabzuweichenundaufdieReduktionübertariflicherLeistungen

zurückzuführen.EinzweiterGrundistaberauchdasunterdurchschnittlicheWirtschaftswachstum

überdieletztenzehnJahre(Brenke2009:560).BemerkbarmachtsichzudemeinStruktureffekt,

derdurchdieSchaffungvonTeilzeitarbeitundmarginalenBeschäftigungsverhältnissenentsteht

(Sinn2007).DieZunahmeniedrig entlohnterArbeitsverhältnisse senktdiedurchschnittlichen

VerdiensteundvermindertsomitauchdieZunahmederNettorealeinkommen.

2 DieVergleichbarkeitvonNettolöhnenistaufgrundunterschiedlicherFinanzierungsmodistaatlicherAufgabenundsozialerSicherungssystemeeingeschränkt.

… und Nettolohnentwicklung

Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.

Anmerkung: Zur Preisbereinigung wurde der HCPI (2005 = 100 %) verwendet. Grundlage waren die Nettolöhne eines Durchschnittsverdieners in der Industrie ohne Kinder.

Abbildung 14: Veränderung der realen Nettolöhne in Prozent, 2001 zu 2007

142,1

107,1

93,5

63,659,0

40,4 40,335,4

25,6 24,6 21,8 20,216,3 15,5 11,6 9,0 8,6 6,7 6,6

2,9 1,2 0,9 0,2–0,2 –3,8 –3,9

–30

–10

10

30

50

70

90

110

130

150

170

Estla

nd

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land

Lita

uen

Tsch

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Slow

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n

Ung

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erre

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Gro

ßbrit

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Deu

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Ital

ien

Span

ien

Mal

ta

Nie

derla

nde

Page 24: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

24

DieBeurteilungdieserLohnentwicklungistkomplizierter:Eslässtsichzwarargumentieren,dass

eine schwache Lohnentwicklung den nationalen Konsum schwächt und somit auch dasWirt-

schaftswachstumdämpft,dochstärkteineschwacheLohnentwicklungaufderanderenSeitedie

Wettbewerbsfähigkeitund sorgt so fürExportimpulse (Brenke2009).Darüberhinausgingdie

SchaffungvielerTeilzeit-undbefristeterStellenmiteinemAnstiegderBeschäftigungeinher,der

aufEbenedesHaushalteswiederumzumehrEinkommenführt.DieserZusammenhangergibt

sichbeispielsweisedann,wennmehrerePersoneneineWirtschaftseinheit(Haushalt)bildenund

einePersonnunzusätzlichein(Teilzeit-)Einkommenhinzuverdient.NettohatderHaushaltnun

mehrGeldzurVerfügung.

ObwohldieVerteilungsspielräumedurchdenletztenAufschwungseit2006vonArbeitnehmern

undGewerkschaftennichtgenutztwerdenkonnten,lagdasdurchschnittlicherealeJahreseinkom-

menmit23.584Eurofür2007immernochüberdemeuropäischenDurchschnitt(Abbildung15).

BesondershochsinddieEinkommen indenskandinavischenLändern,derSchweizundGroß-

britannien.Deutlichwirdaußerdem,dassdieEinkommenderneuenBeitrittsländernochimmer

deutlichunterdemNiveauWesteuropasliegen.

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Quellen: Eurostat 2009, eigene Berechnungen.

Anmerkung: Zur Preisbereinigung wurde der HCPI (2005 = 100 %) verwendet. Grundlage waren die Nettolöhne eines Durchschnittsverdieners in der Industrie ohne Kinder.

Abbildung 15: Nettoreallohn eines Durchschnittverdieners ohne Kinder in Preisen von 2005, 2007, in Euro

34.36333.789

30.421

26.32125.57725.542

24.63524.07023.658 23.584

22.48221.544

19.561

16.93616.44516.224

12.36311.509

6.614 6.2275.433 5.432 5.280 4.638 4.310 4.075

3.1161.773

35.839

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

40.000

Nor

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en

Schw

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Gro

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anni

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Luxe

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k

Schw

eden

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Bulg

arie

n

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25

Durchschnittliche Steuer-

und Abgabenlast…

5.2 Steuer- und Abgabenbelastung

Den(Lohn-)EinnahmenderBürgerstehenihreAbgabengegenüber.DieSteuerquotezeigtdabei

denAnteildererhobenenSteuernamAnteilderWirtschaftsleistung(BIP).DasBildderEndbe-

lastungderSteuerträgerwirddurchdieAbgabenquote–denAnteil derSozialabgabenander

Wirtschaftsleistung–vervollständigt.

DerVergleichderreinenSteuerbelastungderArbeitnehmerwürdedierealeHaushaltsbelastung

nurunvollständigwiderspiegeln.WerdendieSozialabgabenund fallsmöglichauchdieSozial-

transfers des Staates an die Haushalte, zum Beispiel das Kindergeld, berücksichtigt, zeichnet

sich am ehesten ab, welches Einkommen den Haushalten zur Verfügung steht. Die neuesten

DatenderOECDbeziehensichaufdasJahr2008.AlsDurchschnittslohn(100Prozent)wirdder

durchschnittlicheJahresbruttoverdiensteinesVollzeitarbeitnehmersinderPrivatwirtschafther-

angezogen(OECDc2009:147).2008betrugdieserinDeutschland43.942USD(ca.29.800Euro;

durchschnittlicherWechselkurs2008).

WerdendiedurchschnittlichenSteuer-undSozialabgabeneinesSinglesmitDurchschnittseinkom-

menverglichen,zeigtsich,dassDeutschlandmit42,7ProzentimOECD-VergleichseineArbeit-

nehmeramhöchstenbelastet(Abbildung16).LediglichBelgienundDänemarkweiseneinähnlich

hohesNiveauauf,wobeiDänemarkdieBelastungenseit2001um3,4Prozentpunktevermindern

konnte.

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

… ist in Deutschland

am höchsten

Page 26: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

26

FürGeringverdiener(67ProzentdesDurchschnittseinkommens)giltähnlicheswiefürdieDurch-

schnittsverdiener:NachDänemarkwirddieseGruppemit37ProzentamzweithöchstenmitSteu-

ernundAbgabenbelastet(Tabelle3).PersonenmithöheremEinkommen(167Prozent)werden

dagegenwenigerstarkbelastet.DurchdieBesonderheitdesprogressivenEinkommensteuersy-

stemsinDeutschlandsinkendieBelastungenabeinembestimmtenPunktsogar(OECD2009).

NurnochinÖsterreichundSpanienwerdendieArbeitnehmerimOECD-Vergleichmitsteigenden

Einkommenentlastet.ErneutwirdhierdasüberragendeGewichtderSozialabgabendeutlich.An-

dereVergünstigungenwieSteuerfreibeträgeoderdiePendlerpauschaleverstärkensichebenfalls

durchdasprogressiveEinkommensteuersystemundwürden, falls berücksichtigt, ebenfalls für

eineüberproportionaleEntlastungderBesserverdienersorgen.DieSteuer-undAbgabenlastfür

FamilienwirdineinerspäterenStudiediskutiertwerden.

Belastung

verschiedener

Lohngruppen

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Quellen: OECDc 2009, eigene Berechnungen.

Anmerkung: Für Australien, Neuseeland und Großbritannien stimmt das Steuerjahr nicht mit dem Kalenderjahr überein. Die OECD passt die Daten entsprechend an (OECDc 2009: 12).

Abbildung 16: Einkommensteuer und Sozialabgaben eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners in Prozent, 2008 und Veränderung zu 2001 in Prozentpunkten

–15

–5

5

15

25

35

45

55

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en

Finn

land

Öst

erre

ich

Nie

derla

nde

Ung

arn

Däne

mar

k

Belg

ien

Deut

schl

and

2008 Differenz zu 2001

5,1

12,514,6

19,020,3 21,2 21,7 22,6 22,8 22,8 23,4 23,6 24,5 24,7 25,6 26,3 26,7 27,2 27,5 27,8 28,6 29,3 29,7 30,0

33,936,1

38,340,9

42,5 42,7

2,13,3

–2,2 –1,1

3,21,7

–0,3 –0,2

1,5 1,9

–0,7

1,1 1,4

–0,10,1

5,3

–5,7

–0,1–3,4

–1,3–2,5

1,1

–1,7 –3,0

2,55,6

–0,1–2,4

–0,5 –0,6

Page 27: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

27

Tabelle 3: Durchschnittliche Steuer- und Abgabenbelastung eines Singles nach Lohngruppen in Prozent, 2008

Geringverdiener(67 Prozent)

Durchschnitts-verdiener

(100 Prozent)

Verdiener mit höherem Einkommen

(167 Prozent)

Australien 17,2 22,6 28,7

Belgien 36,0 42,5 49,3

Dänemark 38,4 40,9 49,6

Deutschland 37,0 42,7 45,6

Finnland 23,4 30,0 37,2

Frankreich 25,9 27,8 33,3

Griechenland 20,1 26,3 32,7

Großbritannien 22,9 25,6 30,3

Irland 7,0 14,6 26,9

Island 19,6 24,5 28,4

Italien 24,7 29,3 36,0

Japan 18,6 20,3 24,3

Kanada 18,2 23,4 27,0

Luxemburg 20,0 27,2 35,1

Mexiko -1,5 5,1 12,5

Neuseeland 18,2 21,2 26,9

Niederlande 31,8 36,1 41,1

Norwegen 25,9 29,7 36,0

Österreich 28,2 33,9 38,1

Polen 27,3 28,6 30,5

Portugal 17,0 22,8 30,1

Schweden 23,8 26,7 37,2

Schweiz 18,4 21,7 26,5

Slowakei 19,3 22,8 25,4

Spanien 13,9 19,0 24,3

Tschechien 19,0 23,6 27,3

Türkei 25,0 27,5 31,1

Ungarn 28,0 38,3 45,1

USA 22,3 24,7 30,5

Quelle: OECDc 2009.

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Page 28: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

28

BisherwurdediedurchschnittlicheSteuer-undAbgabenbelastungdiskutiert.Wirdhingegendie

marginaleBelastungvonSteuer-undAbgabenbelastungzuzüglichTransfersbetrachtet,wirdsicht-

bar,wiedieAnreizeverteiltsind,einenEuromehrzuverdienen.DeutschlandweistimVergleich

eineuntypischeAnreizstrukturauf:Zumeinen,weilDeutschlandzusammenmitFrankreichund

BelgienGeringverdienermarginalhochbesteuert,undzumanderen,weildiemarginaleBelastung

mitdemEinkommenabnimmt.Eszeigtsich,dassfüreinenDurchschnittsverdiener(100Prozent)

inDeutschlanddieAnreizhürde,mehrGeldzuverdienen,imOECD-Vergleichhochgesetztist,da

vondemeinenEuroMehrverdienstlediglich45Centübrigbleiben.EinemGeringverdiener(67

Prozent)bleibendementsprechendnur41CenteineszusätzlichverdientenEuro,dagegenbleiben

einemHöherverdiener(167Prozent)immerhin56Cent.WährendBelgienundUngarnbesonders

wenigAnreizezumHinzuverdienstsetzen,lohntsichderzusätzlicheArbeitseinsatzbesondersin

Mexiko,JapanundTschechien.

Marginale Belastung:

ungewöhnliche

Struktur

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Quelle: OECDc 2009.

Anmerkung: Die Abgabenlasten werden in Prozent des jeweiligen Bruttoeinkommens angegeben. Berücksichtigt sind Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteile sowie Transfers.

Abbildung 17: Marginale Steuer- und Abgabenbelastung nach Einkommensgruppen in Prozent, 2008

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Ung

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roze

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Geringverdiener (67 Prozent) Durchschnittsverdiener (100 Prozent) Verdiener mit höherem Einkommen (167 Prozent)

Page 29: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

29

5.3 Lebens- und Arbeitszufriedenheit

Die Lebens- undArbeitsumstände einzelner Personen können kaum amBruttoinlandsprodukt

undnurschweraneinzelnen IndikatorenwieArbeitszeitenoderKündigungsschutzabgelesen

werden.WieMenschen lebenundwiesie ihreLebensumständewahrnehmen,misstbeispiels-

weiseEurofound(EuropeanQualityofLifeSurvey,EQLS)mittelsInterviewabfrage(Surveys)über

diejeweiligeLebenssituation.DieDatensindnichtunmittelbaraufPersonenimNormalarbeitsver-

hältniszugeschnitten.DiesstelltjedochkeinProblemdar,dadierelativePositioneinesIndividu-

umsinderGesellschaftundinderArbeitsweltnichtbestimmtwerdenkönnte.

LebenszufriedenheitwirddabeialsmultidimensionalesKonzeptverstanden.NebenEinkommen,

BildungundZugangzumateriellenRessourcensindauchGesundheit,Familie,Arbeitsumstände

undsozialeNetzwerkefürdieHöhevonBedeutung.AusderWahrnehmungdersichbietenden

Möglichkeiten,dentatsächlichgetroffenenEntscheidungenunddenerreichtenZielenimsozialen

KontextergibtsichendgültigdieLebenszufriedenheit(Delhey2004:2).InderletztenUmfrage,

beiderdieLebenszufriedenheitunddasGlücksempfindenaufeinerZehn-Punkte-Skalagemessen

wurden(1=sehrunzufriedenund10=sehrzufrieden),zeigensichgroßeUnterschiede(Abbildung

18).GenerellscheinenPersoneninderEUzufriedenzusein,dasichderDurchschnittallerLänder

(7,0)überdemMittelpunktderSkala(5,5)befindet.Amehestenauffälligist,dassPersonenaus

denBeitrittsländernwenigerzufriedenzuseinscheinen.Dieswirddadurchrelativiert,dassseit

derletztenBefragung2003dieLebenszufriedenheitbis2007insgesamtgestiegenist–besonders

inderSlowakei,EstlandundLitauen.AufderanderenSeitestehendieskandinavischenLänder

Dänemark,SchwedenundFinnland,dieauchinanderenMessungenregelmäßigaufdenvorderen

Plätzen zu finden sind.Deutschland liegtmit einemWert von7,2 imMittelfeldundhat diese

PositionindenletztenJahrennichtverändert.

Der zweite Indikator –nahmit demder Lebenszufriedenheit verwandt– istGlück.Dieser In-

dikator ist sehr viel eher vondenEmotionendes Interviewtengeprägtundunabhängiger von

wirtschaftlichenFaktoren.Auffälligist,dassdieLückezwischenpersönlichemGlückundLebens-

zufriedenheitzunimmt,jeweiterdieLebenszufriedenheitsinkt.ImletztenJahrzehntistfürdieEU

15dasGlücksempfindenvon7,6auf7,2gesunken(EQLS2005,2009)–einTrend,derzwarauch

fürDeutschlandgilt,miteinerVeränderungvon0,1jedochnichtgravierendist.

Lebenszufriedenheit

und Glücksempfinden

überdurchschnittlich

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Page 30: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

30

WenndieFragegestelltwird,obsichdiehohe,subjektivempfundeneLebensqualitätinDeutsch-

landauchinderArbeitsweltwiederfindet,mussdaraufgeachtetwerdendiesnichtmitdenAr-

beitsbedingungenzuvermischen.Diesewerdenerstensandersgemessenundsindzweitensnicht

vomIndividuumabhängig(zuArbeitsbedingungens.Abschnitt6).

FürausgewählteOECD-LändergabendiebefragtenBeschäftigtenan,überwiegendmitihrerAr-

beitzufriedenzusein.InDeutschlandhaben86ProzentallerbefragtenBeschäftigtenangegeben,

„völlig“,„sehr“oder„ausreichend“mitihrerArbeitzufriedenzusein(Abbildung19).

Zufriedenheit mit

Arbeitsstelle hoch

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Quelle: OECD European European Quality of Life Survey 2005 und 2009.

Anmerkung: Die Ergebnisse für Lebenszufriedenheit stellen die Auswertung der Frage 29 dar: “All things considered, how satisfied would you say you are with your life these days? Please tell me on a scale of 1 to 10, where 1 means very dissatisfied and 10 means very satisfied.” Die Ergebnisse für Glück stellen die Auswertung der Frage 42 dar: “Taking all things together on a scale of 1 to 10, how happy would you say you are? Here, 1 means very unhappy and 10 means very happy.”

Abbildung 18: Lebenszufriedenheit und Glücksempfinden, 2007

-2

0

2

4

6

8

10

Dän

emar

k

Schw

eden

Finn

land

Nie

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nde

Luxe

mbu

rg

Irlan

d

Mal

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Belg

ien

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Span

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Slow

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n

Zype

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Öst

erre

ich

Pole

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nd

Grie

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land

Italie

n

Rum

änie

n

Lita

uen

Port

ugal

Türk

ei

Lett

land

Ung

arn

Bulg

arie

n

Inde

x

Statisfaction Differenz 2007 zu 2003 Glück

8,3 8,2 8,38,0 8,0 8,0 7,9 7,8 7,8 7,8 7,6 7,5

7,7 7,77,3 7,4 7,5 7,4 7,3

7,0 7,07,3

6,96,6 6,8

7,0

5,8

8,27,9 7,9

7,6 7,6 7,5 7,3 7,3 7,3 7,2 7,2 7,0 6,9 6,96,7 6,7 6,6 6,6 6,5 6,3 6,2 6,2

6,05,6

5,0

8,38,5

0,10,5

0,20,4 0,2

-0,1

0,3 0,10,4

-0,1 -0,2

0,0 0,20,5

-0,8

0,71,0

0,8

-0,2-0,6

0,3

0,9

0,20,6 0,5

-0,3

0,5

Page 31: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

31

Merkmale der

Arbeitsbelastung

Eswurdeebenfallserfasst,welcheMerkmalefürdieZufriedenheitwichtigsind.Vondenabge-

fragtenMerkmalenwurdedieArbeitsplatzsicherheitalswichtigstesKriteriumbewertet(OECDb

2009).FlexibleArbeitszeitenwurden,auchinDeutschland,alswenigerwichtigalsdieHöhedes

EinkommensundderWeiterbildungsmaßnahmenbewertet. Interessant istnun,wieesmitder

tatsächlichenVerteilung der Arbeitsplatzcharakteristiken bestellt ist. In Deutschland gaben 71

ProzentderBefragtenan,einensicherenArbeitsplatzzuhaben,weitmehralsderOECD-Durch-

schnitt.DieseSicherheitwirdallerdingsmiteinerdurchschnittlichenEinkommenszufriedenheit

undmiteinerunterdurchschnittlichenWahrnehmunganAufstiegschancenerkauft. Interessant

ist,dassbeiderWahrnehmungderAufstiegschancendieUSAhierhinterMexikonurdenzweiten

Platzeinnehmenunddas,obwohlindenUSAdasCredo„VomTellerwäscherzumMillionär“nach

wievorstarkhervorgehobenwird.BeiderFragenachderArbeitsbelastungwirddeutlich,dassin

DeutschlanddieArbeitmiteinerwahrgenommenengroßenAnstrengungundvielStressverbun-

den ist.AndererseitswerdendieFaktoren„körperlicheArbeit“und„gefährlicheBedingungen“

unterdurchschnittlichhäufiggenannt

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

68,6 70,5 72,477,4 77,5 78,2 79,0 80,5 81,8 82,2 83,8 85,7 86,2

90,1 92,1 92,3

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Kore

a

Fran

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ch

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n

Port

ugal

Span

ien

Belg

ien

Schw

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Aust

ralie

n

Kana

da

USA

Däne

mar

k

Deut

schl

and

Finn

land

Irlan

d

Schw

eiz

Mex

iko

Quelle: OECDb 2009.

Abbildung 19: Zufriedenheit mit der Arbeitsstelle, 2005

Anmerkung: Ergebnisse sind in Prozent aller Beschäftigten, die „völlig“, „sehr“ und „einigermaßen“ mit ihrer Arbeit zufrieden sind.

Page 32: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

32

Tabelle 4: Arbeitsplatzeigenschaften und Arbeitsbedingungen, 2005

Arbeits-platz-

sicherheit

Hohes Ein-

kommen

Aufstiegs-möglich-keiten

Arbeitsbelastung

Komme erschöpft von der Arbeit

Harte Körper-

liche Arbeit

Stress-reiche Arbeit

Gefähr-liche

Bedin-gungen

Australien 64 24 25 90 45 85 29

Belgien 65 23 26 80 45 81 34

Dänemark 74 41 23 87 48 81 29

Deutschland 71 25 23 86 46 81 28

Finnland 60 30 20 84 47 84 36

Frankreich 51 13 12 92 52 87 33

Großbritannien 68 20 27 90 51 86 24

Irland 75 33 36 82 42 66 25

Japan 61 24 10 74 43 72 25

Kanada 64 34 31 86 40 85 29

Mexiko 71 26 44 80 47 60 32

Neuseeland 68 30 31 84 48 78 33

Norwegen 62 18 13 86 42 86 33

Portugal 62 16 36 88 49 73 29

Schweden 65 19 21 86 51 89 33

Schweiz 68 32 34 82 40 76 25

Spanien 69 26 24 79 51 72 37

Tschechien 51 17 14 88 48 62 32

Ungarn 55 15 15 94 59 71 47

USA 74 27 38 85 47 79 32

OECD 64 24 25 85 48 78 32

Quelle: OECDc 2009.

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Page 33: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

33

DaSurvey-DatendiesubjektiveWahrnehmungabfragen,istalsErgänzungdasaufquantitativen

Daten beruhende Arbeitsqualitäts-Ranking von Leschke undWatt (2008) aufschlussreich. Die

Autoren bilden aus sechs Indikatoren einen Index (ungewichteter Durchschnitt): Einkommen,

atypische Beschäftigungsverhältnisse, Arbeitszeit/Work-Life-Balance, Arbeitsbedingungen/

Arbeitsplatzsicherheit,Qualifikationen/EntwicklungsmöglichkeitenundAbdeckungvonTarifver-

einbarungen.ErneutbefindensichdieskandinavischenStaatenmitGroßbritannienunddenNie-

derlandenaufdenvorderenPlätzen(Abbildung20).AmanderenEndesindPolenundRumänien

vertreten.NacheinernegativenEntwicklungseit2000 (-0,02)nimmtDeutschlandeinenPlatz

unterdemeuropäischenDurchschnittmiteinemWertvon0,49ein.Dieswirdmitderunterdurch-

schnittlichenPerformancederIndikatoren„atypischeArbeitsverhältnisse“und„Arbeitsbedingun-

gen/Arbeitsplatzsicherheit“erklärt(LeschkeundWatt2008)–Befunde,diesichmitdenbisher

diskutiertenDatendecken.DieAutorenweisenaberauchdaraufhin,dassDeutschlandaufgrund

derunzureichendenBerücksichtigungvongeschlechtsspezifischausgeformterInteressenvertre-

tungunterschätztseinkönnte.WirdderIndexfürFrauenundMännergetrenntberechnet,zeigt

sicheinleichterVorteilvonMännern.AllerdingssindeinigeIndikatoren,zumBeispielEinkom-

men,starkgeschlechterverzerrt.

Arbeitsqualität

unterdurchschnittlich

Lohn- und Abgabenentwicklung und Arbeitnehmerzufriedenheit

Quelle: Leschke und Watt (2008).

Abbildung 20: Index der Arbeitsqualität, 2005/2007

0,00

0,10

0,20

0,30

0,40

0,50

0,60

0,70

0,80

0,90

Däne

mar

k

Nie

derla

nde

Gro

ßbrit

anni

en

Schw

eden

Finn

land

Luxe

mbu

rg

Belg

ien

Irlan

d

Öst

erre

ich

Fran

krei

ch

Slow

akei

Euro

päis

che

Uni

on

Zype

rn

Deut

schl

and

Italie

n

Estla

nd

Port

ugal

Lita

uen

Lett

land

Span

ien

Una

garn

Slow

akei

Bulg

arie

n

Grie

chen

land

Rum

änie

n

Pole

n

0,790,74

0,70 0,70 0,69 0,68 0,670,65

0,62

0,57 0,550,51 0,51 0,50

0,46 0,460,41 0,40 0,40 0,39 0,39 0,39 0,37

0,340,30 0,29

Page 34: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

34

Formen der

Flexibilisierung

6. InterneFlexibilitätundArbeitsorganisation

Für Arbeitnehmer in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen trifft externe Flexibilisierung

bislang nicht zu. Jenseits einer Flexibilisierung durch die Einführung atypischer Beschäfti-

gungsverhältnissekannjedochauchinnerbetrieblichflexibilisiertwerden,umaufschwankende

Umweltherausforderungen reagierenzukönnen.AufgrundderDatenlage ist eineUnterteilung

in traditionelleundatypischeBeschäftigungsverhältnissenureingeschränktundbisweilengar

nichtmöglich.DennochgibtdieUntersuchungderGesamtheitderBeschäftigteneinenerstenAuf-

schlussüberdieinterneFlexibilitätdesdeutschenArbeitsmarktes.Unterscheidetmanzwischen

verschiedenenTypenvonFlexibilisierung,entstehteineVierfeldermatrix,diesowohlquantitative

alsauchqualitativeFlexibilitätberücksichtigt(Tabelle5).

InterneFlexibilisierungkann insbesonderebeieinemrigidenKündigungsschutzeineMöglich-

keit zur kurzfristigen Reaktionsfähigkeit sein. Instrumente der internen Flexibilisierung sind

flexibleArbeitszeitenunddieorganisatorischeundfunktionaleFlexibilität.BeiderOrganisation

derArbeitszeitsindbeispielsweiseArbeitszeitkontenundGleitzeitWegezuerhöhterFlexibilität.

GeradeimDienstleistungssektorsindServicezeitenundDienstplänefüreinekundenorientierte

Arbeitsweiseessenziell.FunktionaleundorganisatorischeFlexibilitätdecktdagegenMaßnahmen

jenseitsderzeitlichenKomponenteab.DabeisindinsbesondereMaßnahmenwieWeiterbildung,

Multiskilling, Jobrotation,dezentraleVerantwortlichkeitenundTeamarbeitElemente,diezuer-

höhterFlexibilitätineinemUnternehmenführensollen.DurchdieseFlexibilitätsollgewährleistet

sein,dassMitarbeiterihreArbeitskraftvielfältigundjenachArbeitsanfalleinsetzenkönnen(Gou-

deswaardetal.2009).Darüberhinauskannauchein flexiblesEntlohnungssystemzu interner

Flexibilitätgezähltwerden.

FlexibilisierungsmaßnahmensindjenachArtentwedervonVorteilfürdenArbeitgeber,Arbeit-

nehmer (StichwortWork-Life-Balance)oder fürbeideGruppen.Tabelle6zeigt,welchenumeri-

schenFlexibilisierungsoptionenArbeitnehmerundUnternehmenhaben.

Tabelle 5: Matrix zur Flexibilität der Arbeitsorganisation

Quantitative Flexibilisierung Qualitative Flexibilisierung

Externe Flexibilisierung

Flexibilisierung durch unterschiedliche Typen des Beschäftigungsstatus

Vertragliche Flexibilität

Flexibilisierung der Produktionssysteme, Untervergabe

Nutzung von selbstständigen Experten und Beratern

Interne Flexibilisierung Flexibilisierung der Arbeitszeit Flexibilität der Arbeitsorganisation:

organisatorische oder funktionale Flexibilität

Quelle: Goudeswaard et al. 2009.

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Page 35: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

35

DieMöglichkeitenzurVariationvonArbeitszeitensindstarkabhängigvonjeweiligenLänder-und

sektorspezifischenMerkmalen,was imFolgenden anhand einigerDaten eingehenddargestellt

werdensoll.

6.1 Quantitative Flexibilität: Organisation der Arbeitszeiten

Eine Option für Unternehmen, um flexibel auf Anforderungen reagieren zu können bzw. den

WünschenderKundenzuentsprechen,sindungewöhnlicheArbeitszeiten.DazugehörenNacht-,

Abend-,Schicht-undWochenendarbeit.DieArbeitnehmerinnerhalbderEUwerdenunterschied-

lichstarkhinsichtlichflexiblerArbeitszeitengefordert(Abbildung21).

Tabelle 6: Möglichkeiten zur Flexibilisierung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Flexibilisierungs-möglichkeiten

Arbeitnehmerkonforme Flexibilität

Ja Nein

Unternehmens-konforme Flexibilität

Ja

Teilzeit (INT)

Flexible Arbeitsstunden, Dienstpläne (INT)

Renteneintritt schrittweise (INT)

Frühverrentung (EXT)

Ungewöhnliche Arbeitszeiten (Nacht-, Wochenend- und Schichtarbeit) (INT)

Befristete Tätigkeiten (befristete Verträge, Zeitarbeiter, freie Mitarbeiter) (EXT)

Überstunden (INT)

Nein

Elternzeit (INT)

Längere Abwesenheiten für Pflegeaufgaben, Bildung oder andere Gründe (INT)

Anmerkung: INT: interne quantitative Flexibilität; EXT: externe quantitative Flexibilität.

Quellen: Chung et al. 2007, eigene Darstellung.

Hoher Anteil von Arbeit

am Samstag…

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Page 36: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

36

ArbeitanSamstagenist indergesamtenEUrelativstarkverbreitet. InsbesonderedieSchweiz

undItalienhabenmiteinemAnteilvonüber30ProzenteinehoheAnzahlanArbeitnehmern,

dieregelmäßiganSamstageneinerTätigkeitnachgehen.AuchderAnteilderArbeitnehmer in

DeutschlandistbeidiesemIndikatorüberdurchschnittlich–24,2ProzentderArbeitnehmerar-

beitenauchamSamstag.DerSonntagalsArbeitstagistinderdeutschenDebatteumstritten.So

wurdeimDezember2009demEinzelhandelinBerlinvomVerfassungsgerichtuntersagt,regel-

mäßigenanAdventssonntagendieTürenzuöffnen.AnlassfürdasUrteilwarenreligiöseGründe,

aberauchderSchutzdesArbeitnehmersstandhierbeiimZentrumderVerfassungsrichter(www.

spiegel.deam1.12.2009).AndererseitsstehtderSchicht-undWochenenddienstimGesundheits-

bereich–aushumanitärenGründen–nichtinderöffentlichenKritik.ImEU-27-Vergleichistder

Anteil derArbeitnehmer inDeutschland,die auchamSonntag einerTätigkeitnachgehen,mit

12,4Prozentüberdurchschnittlich.NochhöherliegendieWerteindenkontinentaleuropäischen

NachbarländernÖsterreich,FrankreichunddenNiederlanden.

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Quelle: Eurostat 2009.

Anmerkung: Die Daten beziehen sich auf alle Arbeitnehmer. Eine Unterteilung zwischen Vollzeit/Teilzeit und befristet/unbefristet ist aufgrund der Datenlage nicht möglich. Der Wert von Großbritannien bezieht sich auf 2007.

Abbildung 21: Anteil der Arbeitnehmer mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten in Prozent, 2008

Samstag Schicht Sonntag

0

10

20

30

40

50

60

Slow

enie

n

Slow

akei

Pole

n

Tsch

echi

sche

n

Rum

änie

n

Finn

land

Schw

eden

Nor

weg

en

Bulg

arie

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Lett

land

Isla

nd

Gro

ßbrit

anni

en

Grie

chen

land

Italie

n

Öst

erre

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Ung

arn

Mal

ta

Irlan

d

Lita

uen

Deut

schl

and

Estla

nd

Span

ien

Schw

eiz

Türk

ei

Port

ugal

Luxe

mbu

rg

Zype

rn

Belg

ien

Nie

derla

nde

Fran

krei

ch

Däne

mar

k

Page 37: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

37

DieAnzahlderArbeitnehmer,dieeinerSchichtarbeitnachgehen, ist imLändervergleichinsge-

samthoch.DieseArbeitsorganisation ist in fastallenwirtschaftlichenSektorenweitverbreitet.

SowohlimGesundheitsbereichalsauchimEinzelhandelundnichtzuletztinderIndustriesind

UnternehmenoderöffentlicheEinrichtungenaufeinenfunktionierendenSchichtbetriebangewie-

sen.DieArbeitnehmerindenkontinentaleuropäischenLändernsindiminternationalenVergleich

eherunterdurchschnittlichdurchSchichtbetriebbelastet.UnterzehnProzentderArbeitnehmer

arbeiteninFrankreichunddenNiederlandenSchicht.RelativgroßsinddieUnterschiedezwischen

dennordischenLändern.WährendinDänemarknur4,2ProzentderArbeitnehmerSchichtdienst

haben,arbeiteninSchwedenundinFinnlandüber20ProzentderArbeitnehmerinnerhalbrotie-

renderArbeitszeiten.

Relativ verbreitet ist in Deutschland auch dieNacht- und dieAbendarbeit. Im internationalen

VergleichsindsowohldieAnteilederArbeitnehmer,dieabendsarbeiten(25,6Prozent)alsauch

derjenigen,dienachtsarbeiten(9,6Prozent),relativweitverbreitet.

… und am Abend

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

0

5

10

15

20

25

30

Slow

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Lett

land

Ung

arn

Pole

n

Belg

ien

Nor

weg

en

Däne

mar

k

Grie

chen

land

Zype

rn

Quelle: Eurostat 2009.

Anmerkung: Die Daten beziehen sich auf alle Arbeitnehmer. Eine Unterteilung zwischen Vollzeit/Teilzeit und befristet/unbefristet ist aufgrund der Datenlage nicht möglich. Der Wert von Großbritannien bezieht sich auf 2007.

Abbildung 22: Anteil der Arbeitnehmer mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten in Prozent, 2008

Nachtarbeit Abend

19,2

11,7

9,8 9,5 9,2 8,8 8,6 8,5 8,27,7 7,7

7,1 6,8 6,7 6,4 6,0 6,0 5,9 5,6 5,5 5,3 5,1 5,1 5,0 4,8 4,4 4,3 4,2 4,1 3,7

1,1

26,825,9

16,8

25,6

28,3

14,9

19,7

21,8

17,116,5

0,0

10,9

15,4

12,012,6

15,416,0

11,4

16,3

13,1

16,8

9,8

15,2

7,97,2

7,9

11,1

12,3

16,1

14,3

3,5

Page 38: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

38

InallenLändernbestehtdarüberhinausdieMöglichkeit,überArbeitszeitkontenangesammelte

Überstunden durch Freizeit auszugleichen. Aus der Sicht der Arbeitgeberwird dieses System

gegenüberderAuszahlungvonÜberstundenbevorzugt,dadurchdasAbgleitenschlechteZeiten

überbrücktwerdenkönnen.

Tabelle 7: Regulierung der Vergütung von Überstunden, Stand 2009

Belgien50 % Vergütung (100 % an Wochenenden und Feiertagen) – Umwandlung in Freizeitausgleich möglich, sofern durch Tarifvereinbarung vorgesehen

DänemarkUnternehmen mit Vereinbarung – höhere Vergütung, danach Freizeitausgleich für Überstunden oberhalb eines Schwellenwerts (8 Stunden in 4 Wochen laut branchenspezifischer Vereinbarung) Unternehmen ohne Vereinbarung – überwiegend Freizeitausgleich

Deutschland Höhere Vergütung und/oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung

Finnland50 % Vergütung für die ersten 2 Stunden pro Tag, 100 % für weitere Überstunden; Umwandlung in Freizeitausgleich durch Vereinbarung möglich

FrankreichZwischen 35. und 43. Wochenstunde – Mindestvergütung von 10 % (25 % ohne Vereinbarung) oder Freizeitausgleich durch Vereinbarung, ab 44. Stunde 50 % Vergütung

Griechenland Von der 40. bis zur 43. Wochenstunde 50 % Vergütung, ab 44. Stunde 150 % Vergütung

Irland 25 % Vergütung (Vereinbarungen legen oft höhere Vergütungssätze zugrunde)

Italien 10 % Vergütung (wenn keine Vereinbarung mit höherer Vergütung vorliegt)

Luxemburg25 % Vergütung für Arbeiter, 50 % für Angestellte Umwandlung in Freizeitausgleich mit 50 % für alle Arbeitnehmer möglich

Niederlande Höhere Vergütung und/oder Freizeitausgleich nach Tarifvereinbarung

Norwegen 40 % Vergütung (normalerweise 50 % nach Vereinbarung, und 100 % nach 21 Uhr)

Österreich 50 % Vergütung oder 50 % Freizeitausgleich

Polen50 % Vergütung für die ersten 2 Stunden, 100 % für weitere Stunden (und Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) Umwandlung in Freizeitausgleich auf Wunsch des Arbeitnehmers und mit Zustim-mung des Arbeitgebers möglich

Portugal50 % Vergütung für erste Stunde, 75 % für weitere Stunden, 100 % an Ruhe- und Feiertagen; plus Freizeitausgleich zu 25 % der geleisteten Stunden

Schweden Höhere Vergütung (üblicherweise 50 % bis 100 %) oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung

Slowakei 25 % Vergütung (mehr bei Vereinbarung auf Unternehmensebene)

Spanien Höhere Vergütung (im Durchschnitt 18 %) oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung

Ungarn50 % Vergütung (oder Freizeitausgleich nach Vereinbarung), 100 % Vergütung für Feiertagsarbeit (oder 50 %, wenn Freizeitausgleich gewährt wird)

Großbritannien Höhere Vergütung oder Freizeitausgleich durch Tarifvereinbarung

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a/b.

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Page 39: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

39

Tabelle 8: Anteil der Arbeitnehmer mit zusätzlichem Lohn für Überstunden in Prozent, 2004/2005

Anteil der Arbeitnehmer, die zusätzlichen Lohn für Überstunden erhalten

Tschechien 50,4

Italien 48,7

Slowenien 45,1

Österreich 43,6

Slowakei 39,7

Luxemburg 38,9

Malta 37,1

Schweden 35,5

Dänemark 34,8

Niederlande 34,0

Estland 33,2

Irland 31,8

Frankreich 30,6

Großbritannien 28,4

Finnland 28,1

Griechenland 27,5

Ungarn 26,9

Deutschland 26,6

Portugal 26,0

Rumänien 25,8

Spanien 23,8

Polen 22,9

Zypern 21,4

Belgien 21,3

Bulgarien 18,7

Lettland 18,1

Litauen 15,3

Quelle: Forth Working Conditions Survey 2004/2005, European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions.

AndererseitsbeziehtnachwievoreinGroßteilderArbeitnehmerzusätzlichenLohndurchdie

AuszahlungvonÜberstunden.AuchinDeutschlandliegtderAnteilderArbeitnehmer,dieBezah-

lungfürÜberstundenerhalten,weitüber20ProzentunddamitallerdingsweitunterdenAnteilen

indenskandinavischenLändern.

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Page 40: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

40

DiesesErgebnisdecktsichauchmitStudienzuArbeitszeitflexibilität,diesowohlinternealsauch

externeFlexibilitätländerspezifischuntersuchenunddabeiauchdieAnzahlderÜberstundenund

externe Flexibilisierungsmaßnahmen in die Untersuchung einschließen. Finnland, Schweden,

Großbritannien,dieNiederlande,BelgienundTschechienzeigenhiereinehoheunternehmens-

konformeFlexibilität.WährendsichdieseFlexibilität inFinnlandundSchweden insbesondere

beiderBetrachtungderIndikatorenzurinternenFlexibilitätzeigt,wiehieramBeispielderunge-

wöhnlichenArbeitszeiten,istdieFlexibilitätinDänemark,denNiederlandenundinFrankreich

eherdurchexterneFlexibilisierungsmaßnahmengeprägt.DeutschlandzeigtbeiderGesamtbe-

trachtungvonexternenwie internenFlexibilisierungsmaßnahmeneineehergeringeunterneh-

mensorientierteFlexibilität(Chungetal.2007:33f.).

Geringe Flexibilisierung

von Arbeitszeit

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Quellen: Forth Working Conditions Survey 2004/2005, European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions.

Anmerkung: Berücksichtigt werden hierbei alle Erwerbstätigen.

Abbildung 23: Struktur der Einteilung der Arbeitszeit in Prozent, 2004/2005

Vorgegeben durch das Unternehmen

Einteilung der Arbeitszeit völlig frei

Anpassung der Arbeitszeit innerhalb eines vorgegebenen Schemas

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Bulg

arie

n

Lett

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Port

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Mal

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Lita

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Zype

rn

Ung

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Rum

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n

Slow

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en

Luxe

mbu

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Deut

schl

and

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krei

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Nor

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en

Grie

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land

Belg

ien

Gro

ßbrit

anni

en

Italie

n

Öst

erre

ich

Irlan

d

Finn

land

Däne

mar

k

Nie

derla

nde

Schw

eiz

Schw

eden

Auswahl zwischen festgelegten Schichtplänen

Andere

7

410

8 74 5 7

8 13 10 5 3 9 11 8 11 8 8

911

66

423441

7974 74 74 73 73 72 68 68 66 65 64 64 62

57 57 56 55 55 54 53 52 50 50 4942

36 33 31

48

7 8 124

128

910 7 18

2115 23

1817 29

6

21 20

1520

2233

3033

3345

1610 14 14 10

2112

2012 16

1914

914

11 11 1510

34

15 1524 15 20

1019 20

2718

Page 41: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

41

AufschlussüberdiearbeitnehmerkonformeFlexibilität–längereAbwesenheitenwerdenineinem

nachfolgendenPapierbesprochen–kannu.a.dietäglicheArbeitseinteilungvonArbeitnehmern

geben(Abbildung23).AuchhiergibtesstarkeUnterschiedezwischendeneinzelnenLändern,

diewiederumabhängigvonderjeweiligensektorspezifischenAusrichtungsind.Überausflexibel

zeigensichUnternehmeninSchweden,derSchweiz,denNiederlandenundinDänemark.Hier

liegendieAnteilederbefragtenErwerbstätigen,dievondenUnternehmendieArbeitszeitenund

Variationsmöglichkeit vorgegeben bekommen,weit unter 50Prozent.NurwenigeGestaltungs-

möglichkeitengibtesdagegenindenmitteleuropäischenundbaltischenStaatenundinSpanien

undPortugal.MiteinemAnteilvon56ProzentliegtDeutschlandetwainderMitte.18Prozentder

ErwerbstätigenkönnensichihreArbeitszeitinnerhalbeinesvorgegebenenSchemasfreieinteilen.

ImmerhinzehnProzenthabensogarvöllig freieWahl.ZwölfProzenthabennochdieAuswahl

zwischenvorgegebenArbeitsplänen.

6.2 Qualitative Flexibilität: Organisation der täglichen Arbeitswelt

BeiderUntersuchungqualitativerFlexibilitätsindvierKlassenvonArbeitsorganisationgeläufig:

DasselbstbestimmteLernen,dieschlankeProduktion,dasTaylorscheSystemunddietraditionelle

bzw.einfacheProduktionsweise.DieArbeitsorganisationdesselbstbestimmtenLernenszeichnet

sich insbesondere durchhohe SelbstbestimmungundBefugnis zur autonomenProblemlösung

aus.DieimJapander80erJahregeprägteArbeitsorganisationzurschlankenProduktionbetont

insbesondereIndikatorenwieTeamarbeit,kontrolliertautonomeArbeitsweiseundMultiskilling.

WichtigisthierbeivorallemeinqualitativhochwertigesErgebnisbeihoherGeschwindigkeit.Die

TaylorscheArbeitsformistdagegeneherautomatisiertunddurchmonotoneArbeitsweisegekenn-

zeichnet–dennochspielenauchhierTeamarbeitundJobrotationeineRolle.Indertraditionellen

ArbeitsformsindalleElementequalitativerFlexibilitätunterrepräsentiert.

Formen der

Arbeitsorganisation

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Page 42: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

42

InsbesondereSchweden,Dänemark,dieNiederlandeundFrankreichsinddurchdieArbeitsform

desselbstbestimmtenLernensgeprägt(Abbildung24).DemnachspielenhierTeamarbeit,auto-

nomeEntscheidungenundhoheselbstbestimmteProblemlösungskompetenzeineübergeordnete

Rolle.Kaumexistentdagegensindeinfachebzw.traditionelleArbeitsformenoderdasTaylorsche

System.Dänemark,dieNiederlandeundFrankreichverfolgendarüberhinausauchdasSystem

der schlanken Produktion. InDeutschland ist keine so klareDominanz einerArbeitsformwie

inSchwedenerkennbar.Zwar istauchhierdasselbstbestimmteLernendieüberrepräsentierte

Arbeitsform,dennochsind20ProzentderErwerbstätigeninderschlankenProduktionverortet.

AucheinfacheArbeitsformenunddasTaylorscheSystemsindnachwievorrelevant.

ImGroßteilderost-undsüdeuropäischenLänderfindetsichkeineDominanzeinerArbeitsform.

Teilweise zeigen die Länder in diesenRegionen eher eine klare Präferenz für Taylorsche Pro-

duktionsformenundtraditionelleArbeitsweisen.DieseArbeitsorganisationführtzueinerklaren

positivenAuswirkungaufdieArbeitsbedingungen–LändermitderdominantenArbeitsformdes

selbstbestimmtenLernenszeigeneinebesserePerformanzinSachenWork-Life-Balanceundwe-

nigerphysischeRisikenoderGesundheitsprobleme–unddarüberhinausauchzueinerbesseren

Interne Flexibilität und Arbeitsorganisation

Quelle: Datengrundlage in Valeyre et al. 2009: 22.

Abbildung 24: Formen der Arbeitsorganisation, 2004/2005

Selbstbestimmtes Lernen Taylor SystemSchlanke Produktion Traditionell oder einfach

0

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20

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40

50

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Bulg

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Lita

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Finn

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Mal

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Nie

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Schw

eden

Page 43: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

43

PerformanzdesjeweiligenUnternehmens.DurchguteArbeitsbedingungenwirddieintrinsische

MotivationgefördertundeinelangfristigeUnternehmensbindungdesEinzelnenhergestellt,die

wiederumpositivenEinflussaufdieLeistungsfähigkeitderIndividuenundschließlichauchauf

dieGruppederMitarbeiterhabenkann(Chungetal.2007).

7. Arbeitsbeziehungen

IndenmeistenhierbetrachtetenLändernhabenTarifverhandlungenundKollektivvereinbarun-

gen nach wie vor großen Einfluss auf die Ausgestaltung traditioneller Beschäftigungsformen,

vor allem in Bezug auf die Lohnfindung und die Arbeitsbedingungen. Nach einer Studie der

Europäischen Zentralbank (DuCaju et al. 2008), die sich aufUmfragedaten des „WageDyna-

micsNetwork“stützt,weisendiemeistenLändereinenAbdeckungsgradvonTarifverträgenvon

mehrals75Prozent auf (Tabelle9).3Dazuzählendie skandinavischenLändermitAusnahme

Norwegens, alle südeuropäischenundeinigeosteuropäischeStaaten, aberauchkorporatistisch

geprägteLänderwieÖsterreich,FrankreichundBelgien.AufderanderenSeitefindensichsehr

geringeVerbreitungsgrade von Tarifverträgenunterhalb von 25Prozent lediglich in denUSA,

JapanundLitauen.FürDeutschlandergibtsicheingeteiltesBild:WährenddieTarifabdeckungin

denaltenBundesländernimmittlerenBereichzwischen51und75Prozentliegt,befindetsiesich

inOstdeutschlandauferheblichgeringeremNiveauzwischen26und50Prozent.Damitliegendie

neuenBundesländerineinerGruppemitUngarnundGroßbritannien.

DerUnterschied zwischenWest- undOstdeutschland liegt hauptsächlich in der differierenden

AbdeckunginderIndustrie(West:mittel;Ost:gering).GleichermaßengeringistdieTarifverbrei-

tungimBereichdermarktlichenDienstleistungen,währendsichfürdenSektornicht-marktlicher

DienstleistungeneinhoherAbdeckungsgradergibt.ZudiesemBereichzähltauchderÖffentliche

Dienst,indemGewerkschaftenundArbeitgeberverbändetraditionellstarkvertretensind.Auch

indenmeistenanderenLändernspielendieSozialpartnerindiesemSektoreinebesondersgroße

Rolle.DasdeutschePhänomeneinergeringenAbdeckungbeimarktlichenDienstleistungen ist

dagegennurinwenigenweiterenLändernzufinden,etwainJapan,GroßbritannienoderdenUSA.

DieMehrzahlderLänderweistauchindiesemBereicheinehoheVerbreitungvonTarifverträgen

auf.

3 DieErmittlungtariflicherAbdeckungs-undgewerkschaftlicherOrganisationsgradeistmiterheblichenmethodischenundstatistischenSchwie-rigkeitenbehaftet.VordiesemHintergrundwirdinzwischeninderRegeldaraufverzichtet,einzelneDatenpunkteauszuweisen.EshatsichvielmehrdieEinteilungderLänderinbestimmteKategorienetabliert(vgl.EuropeanFoundationfortheImprovementofLivingandWorkingConditions2009a).

Tarifabdeckung in

Deutschland…

…unterschiedlich hoch

Arbeitsbeziehungen

Page 44: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

44

Arbeitsbeziehungen

Tabelle 9: Abdeckungsgrad von Tarifverträgen nach Sektoren, 2006 oder letztes verfügbares Jahr

IndustrieMarktliche

DienstleistungenaNicht-marktliche Dienstleistungenb Insgesamt

Österreich H H H H

Belgien H H H H

Tschechien M G M M

Dänemark H M H H

Finnland H H H H

Frankreich H H H H

Deutschland (West) M G H M

Deutschland (Ost) G G H G

Griechenland H H H H

Ungarn G G G G

Italien H H H H

Japan SG SG SG SG

Litauen SG SG G SG

Norwegen M M H M

Portugal H H H H

Slowenien H H H H

Spanien H H IR H

Schweden H H H H

Großbritannien G SG M G

USA SG SG SG SG

Anmerkung: SG = sehr gering (zwischen 0 % und 25 %), G = gering (zwischen 26 % und 50 %), M = mittel (zwischen 51 % und 75 %), H = hoch (zwischen 76 % und 100 %). a Marktliche Dienstleistungen umfassen Groß- und Einzelhandel, Reparaturen von Fahrzeugen und Haushaltsgütern, Gastronomie, Transport, Logistik und Telekommunikation, Finanzdienstleistungen sowie Maklerwesen und Vermietungen. b Nicht-marktliche Dienstleistungen umfassen Dienstleistungen, die zu nicht kostendeckenden Preise von staatlichen Einrichtungen oder privaten gemeinnützigen Einrichtungen angeboten werden.

Quelle: Du Caju et al.

7.1 Gewerkschaftlicher Organisationsgrad

DerAbdeckungsgradvonKollektivvereinbarungenlässtkeineRückschlüsseaufdenOrganisati-

onsgradvonGewerkschaftenundArbeitgeberverbändenzu.DiePolitikkannetwaimRahmenvon

AllgemeinverbindlichkeitserklärungenundGleichbehandlungsgebotendafürsorgen,dassTarif-

vereinbarungenumfassendeGültigkeiterlangenundeinehoheZahlvonBeschäftigtenundUnter-

nehmenerfassen,auchwenndieMitgliederzahleninGewerkschaftenundArbeitgeberverbänden

geringausfallen.AußerdemkönnenauchinformelleArrangementswieetwadieLohnführerschaft

einzelnerTarifbereicheoderdieSorgeumdenBetriebsfriedenbeiungleicherBehandlungaufeine

faktischhoheDurchsetzungskraftvonVerbändenundGewerkschaftenhinwirken.

Gewerkschaftsdichte in

Deutschland gering

Page 45: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Arbeitsbeziehungen

45

Aktuelle, international vergleichbare Daten zum Organisationsgrad von Arbeitgeberverbänden

sindinderLiteraturkaumzufinden.4AusdiesemGrundkannandieserStellelediglichderOrga-

nisationsgradvonGewerkschaftennäherbeleuchtetwerden.Auchhierbestehenmethodischeund

statistischeProbleme,diesichetwadarauferstrecken,dasssicheinnichtzuvernachlässigender

TeilderGewerkschaftsmitgliederimRuhestandbefindet.AlsBezugsgrößenebendenErwerbstä-

tigenauchalleRentnerundPensionäreinsAugezufassen,wärederFragestellungjedochnicht

angemessen.Vor diesemHintergrund ist an dieser Stelle ebenfalls eine Einteilung in breitere

Kategorienangezeigt.

Eszeigtsich,dassvorallemindenskandinavischenLändern,aberauchinBelgienGewerkschafts-

dichtenvonüber70Prozenterreichtwerden(Tabelle10).Spitzenreiter indiesemVergleichist

Finnlandmitüber90Prozent.ItalienliegtinderKategorievon60bis69Prozent,währendein

GroßteilderLänderOrganisationsgradevonwenigerals40Prozentaufweist.Dazuzählensowohl

dieangelsächsischenStaatenIrlandundGroßbritannien,aberauchÖsterreich,dieNiederlande

undDeutschland.DasuntereEndederSkalamarkierendiebaltischenStaatensowiePolen,die

SlowakeiundSpanien.

Tabelle 10: Gewerkschaftsdichten in Europa, 2008

> 90 % Finnland

80 % – 89 % Belgien, Schweden

70 % – 79 % Dänemark, Norwegen

60 % – 69 % Italien

50 % – 59 % Zypern, Luxemburg, Malta

40 % – 49 % Rumänien

30 % – 39 % Österreich, Irland, Slowenien

20 % – 29 %Bulgarien, Tschechien, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Niederlande, Portugal und Großbritannien

10 % – 19 % Lettland, Polen, Slowakei, Spanien

< 10 % Estland, Litauen

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.

4 Vgl.Höppner(2007),derdazuDatenausdemJahr1996zitiert.AktuelleresistauchdemAutoren-Teamnichtbekannt.DanachbetrugderOr-ganisationsgraddergrößtenDachorganisationderArbeitgeberinDeutschland72Prozent.ÄhnlicheWerteergabensichfürBelgien,FrankreichunddieNiederlande.InÖsterreichbetrugderOrganisationsgrad100Prozent,währenddiemeistenübrigenLänderaufWertezwischen30und40Prozentkamen.

DerBlickindieSektorenzeigt,dassderAnteilorganisierterBeschäftigtersowohlinWest-alsauch

OstdeutschlandbesondersgeringimBereichmarktlicherDienstleistungenist(Tabelle11).Hierist

esdenGewerkschaftenbislangnichtgelungen,Fußzufassen.DiesesBildzeigtsichauchinder

MehrzahlderanderenLänder.LediglichinSchwedenistderOrganisationsgradindiesemBereich

hoch,undmitPortugalundDänemarkweisennurzweiLändereinenmittlerenGradzwischen51

Page 46: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

und75Prozentauf.AuchimSektordernicht-marktlichenDienstleistungensindMitgliedschaf-

teninGewerkschaftenindenmeistenLändernzahlenmäßiggeringbissehrgeringausgeprägt,

auchwennindiesenBranchenderOrganisationsgradetwashöherliegt.Mitdenskandinavischen

LändernundÖsterreichbefindensichaberauchfünfStaatenanderSpitzederSkalaundweisen

Organisationsgradevonmehrals75Prozentaus.ÜberdasGesamttableauhinwegzeigtsichein

ähnlichesBild inder Industrie.Auffällig istzudem,dassnebendenUSAauchFrankreichund

SpanieninallendreiBereichennursehrgeringeOrganisationsgradeaufweisen.

Tabelle 11: Organisationsgrad von Gewerkschaften nach Sektoren, 2006 oder letztes verfügbares Jahr

IndustrieMarktliche

DienstleistungenaNicht-marktliche Dienst-

leistungenb

Österreich G SG H

Belgien M G M

Dänemark H M H

Finnland H G H

Frankreich SG SG SG

Deutschland (West) G SG G

Deutschland (Ost) G SG G

Ungarn SG SG G

Italien G SG G

Japan SG SG SG

Litauen SG SG G

Niederlande G SG G

Norwegen M G H

Polen SG SG G

Portugal G M G

Slowenien G G G

Spanien SG SG SG

Schweden H H H

Großbritannien G SG M

USA SG SG SG

Anmerkung: SG = sehr gering (zwischen 0 % und 25 %), G = gering (zwischen 26 % und 50 %), M = mittel (zwischen 51 % und 75 %), H = hoch (zwischen 76 % und 100 %). a Marktliche Dienstleistungen umfassen Groß- und Einzelhandel, Reparaturen von Fahrzeugen und Haushaltsgütern, Gastronomie, Transport, Logistik und Telekommunikation, Finanzdienstleistungen sowie Maklerwesen und Vermietungen. b Nicht-marktliche Dienstleistungen umfassen Dienstleistungen, die zu nicht kostendeckenden Preisen von staatlichen Einrichtungen oder privaten gemeinnützigen Einrichtungen angeboten werden.

Quelle: Du Caju et al. 2008.

46

Arbeitsbeziehungen

Page 47: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

DerBlickaufdiezeitlicheEntwicklungderMitgliederzahlenvonGewerkschafteninEuropalie-

ferteinheterogenesBild.ImZeitraumvon2003bis2008konntendieGewerkschaftenineiner

ReihevonLändernzusätzlicheMitgliedergewinnen,etwa inBelgien, IrlandundGriechenland

(Abbildung25).SpitzenreiterindiesemVergleichistSpanien,wodieZahlorganisierterArbeit-

nehmerumetwaeinFünftelzugenommenhat.AufderanderenSeitehatsichineinerReihevon

mittel-undosteuropäischenLändernderOrganisationsgradteilsdrastischverringert,allenvoran

inLitauenundinderSlowakei,wodieMitgliederzahlenumetwaeinDritteleingebrochensind.

AuchinDeutschlandwardieMitgliederentwicklungnegativ.LeiderstelltdasEuropeanIndustrial

RelationsObservatory (2009a)keineGesamtdaten fürDeutschlandbereit.Hier liegen lediglich

Kennziffern für die Entwicklung der Mitgliederzahlen des Deutschen Gewerkschaftsbundes

(DGB),desDeutschenBeamtenbundes(DBB)unddesChristlichenGewerkschaftsbundes(CGB)

vor.WährendderDGBeinenMitgliederverlustvon13,5ProzentimZeitraumvon2003bis2008

hinnehmenmusste(WertinAbbildung25),lagderRückgangbeimCGBetwasniedrigerbei9,3

Prozent.DerDBBkonntedagegeneineleichteZunahmederMitgliederzahlinHöhevon1,8Pro-

zentverzeichnen.5

47

5 DerDGBhatimJahr200877,7ProzentallerGewerkschaftsmitgliederaufsichvereint.DerDBBhateinenAnteilvon15,6Prozent,währenddie-seGrößefürdenCGB3,4Prozentbeträgt.ÜbrigeGewerkschaften,dienichteinemderdreigroßenDachverbändeangeschlossensind,vereinennochmals3,3ProzentallerMitgliederaufsich.

Hohe Mitgliederverluste

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.

Anmerkung: Die Daten für Deutschland beziehen sich lediglich auf den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), für Irland nur auf die ICTU und für Spanien nur auf die CC.OO. Für alle anderen Länder beziehen sich die Daten auf alle vertretenen Dachverbände sowie auf andere zahlenmäßig bedeutende Gewerkschaften, die keinem Dachverband angehören.

Abbildung 25: Veränderung der Mitgliederzahlen in Gewerkschaften in Prozent, 2003 zu 2008

–35

–25

–15

–5

5

15

25

Span

ien

Irlan

d

Belg

ien

Grie

chen

land

Zype

rn

Finn

land

Nor

weg

en

Italie

n

Rum

änie

n

Slov

enie

n

Port

ugal

Gro

ßbrit

anni

en

Nie

derla

nde

Mal

ta

Däne

mar

k

Schw

eden

Ung

arn

Öst

erre

ich

Deut

schl

and

Lett

land

Pole

n

Bulg

arie

n

Estla

nd

Lita

uen

Slow

akei

19,3

10,7

6,8 6,0 5,7 5,74,5 4,3 4,2

2,6 2,20,7

–1,2 –2,0–3,3

–6,8–9,3 –9,9

–13,5–15,8 –16,1 –16,2

–18,4

–34,1 –34,1

Page 48: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Die Verteilung der Gewerkschaftsmitglieder auf beide Geschlechter zeigt in Europa ein breites

Spektrum.VorallemindenbaltischenLändernundPolen,aberauchinSkandinaviensindFrauen

stärkerorganisiertalsMänner(Abbildung26).InLettlandsindzweiDrittelallerGewerkschaftsmit-

gliederFrauen.GenauumgekehrtstelltsichdieSituationindenkorporatistischgeprägtenLändern

Österreich,denNiederlandenundDeutschlanddar.HierbeträgtderAnteilvonFraueninGewerk-

schaftennureinDrittel.DieseUnterschiedeinderGeschlechterverteilungdürftennichtnurauf

denunterschiedlichenStellenwertenvonGender-MainstreamingindenGewerkschaftenberuhen,

sonderndurchsektoraleDifferenzeninderBeschäftigungvonFrauenundMännernerklärtwer-

den.SoistderBeschäftigungsanteilvonFrauenindenskandinavischenLändernbesondershoch

imBereichnicht-marktlicherDienstleistungen.DieseWirtschaftszweige,vorallemderöffentliche

Dienst,weisenjedocheinenrelativhohengewerkschaftlichenOrganisationsgradauf.

48

Mehr Männer als Frauen

organisiert

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.

Abbildung 26: Gewerkschaftsmitglieder nach Frauen und Männern in Prozent, 2008

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Lett

land

Estla

nd

Pole

n

Lita

uen

Finn

land

Nor

weg

en

Schw

eden

Dän

emar

k

Slov

enie

n

Bulg

arie

n

Ung

arn

Irla

nd

Gro

ßbrit

anni

en

Slow

akei

Port

ugal

Zype

rn

Öst

erre

ich

Nie

derla

nde

Deu

tsch

land

Mal

ta

Frauen Männer

68,064,1

59,2 56,3 54,7 52,1 51,5 50,5 49,9 46,9 46,2 45,0 44,7 41,9 41,437,3

33,3 32,8 31,8 30,5

32,035,9

40,8 43,7 45,3 47,9 48,5 49,5 50,1 53,1 53,8 55,0 55,3 58,1 58,662,7

66,7 67,2 68,2 69,5

Page 49: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

7.2 Ebenen der Tarifverhandlungen und Koordinierungsmechanismen

DerEinflussvonTarifverhandlungenundKollektivvereinbarungenaufgesamtwirtschaftlicheGrö-

ßenwieInflationsrate,ArbeitslosigkeitundWirtschaftswachstumhängtstarkvonderkonkreten

institutionellen Ausgestaltung ab. Zentrale Einflussfaktoren sind dabei die Ebenen, auf denen

verhandeltwird,unddieAusgestaltungvonKoordinierungsmechanismen(Blanchard2005,Calm-

fors/Driffill1988,Driffill2006,Nickell/Nunziata/Ochel2005).Tabelle12umfasstzunächstdie

typischenEbenenderTarifverhandlungenindenjeweiligenLänderninregionalerundsektora-

lerHinsichtsowiemitBlickaufBerufsgruppenundUnternehmen.GemeinsammitSpanienist

DeutschlanddaseinzigeLand,dasdenSchwerpunktaufsektoraleVerhandlungeninbestimmten

Regionensetzt.AufderreinnationalenEbenewirdlediglichindreiLändern–Irland,Finnland

undSlowenien–verhandelt.InallenübrigenStaatenbestehtkeinausgeprägterräumlicherBezug

vonTarifverhandlungen.

IndenmeistenLändernwerdenKollektivverhandlungenvorallemaufdersektoralenEbenege-

führt.LediglichinSchweden,ÖsterreichundGriechenlandhabenauchVerhandlungenimBereich

bestimmterBerufsgruppengrößereBedeutung.InnahezuallenLändernhabeninzwischenauch

VereinbarungenaufderUnternehmensebenegewisseBedeutungerlangt.Besondersausgeprägt

sindsieinTschechien,Frankreich,Estland,Ungarn,Litauen,Luxemburg,PolensowieinGroßbri-

tannienunddenUSA.KeinebesondereRollespielensolcheVerhandlungennurnochinIrland,

PortugalundÖsterreich.Auffälligistschließlich,dassinBelgienundGriechenlandKollektivver-

einbarungenauffünfverschiedenenEbenengeschlossenwerden,währendFrankreichsogarin

jedemFeldderTabelleeinenEintragaufweist.DieslässtsichalsZeichenfüreinefragmentierte

Tariflandschaftwerten.

DieKoordinierungsmechanismenzwischenverschiedenenKollektivvereinbarungen lassen sich

zunächstinstaatlicheBestimmungenundverbandlicheKoordinierungunterteilen.Zudenwich-

tigstenstaatlichenInstrumentenzählendieLohnindexierung,alsodieAnknüpfungderLöhnean

dieEntwicklungderLebenshaltungskosten,sowiedieExistenzeinesgesetzlichenMindestlohnes.

ImdeutschenKontextzusätzlichvonBedeutungistdieMöglichkeitderPolitik,Tarifabschlüsse

fürallgemeinverbindlichzuerklären.DiesesweitereKoordinierungsinstrumentwarjedochnicht

GegenstandderUmfrage,dieTabelle13zugrundeliegt.

AufdasInstrumentderLohnindexierunggreifeninzwischennurnochBelgien,ZypernundLu-

xemburgsowieingeringeremMaßeTschechienundSlowenienzurück.EingesetzlicherMindest-

lohnmitEinflussaufdieErgebnissevonKollektivvereinbarungenfindetsichinderMehrzahlder

Länder.BesondereBedeutunghaterinTschechien,Estland,Frankreich,LitauenundPortugal.In

dernicht-staatlichenSphäresetzteingroßerTeilderLänderaufintra-verbandlicheKoordinierung.

Dasheißt,Gewerkschaftenbzw.Arbeitgeberverbändestimmensichuntereinanderab,esgibtje-

dochkeineAbstimmungzwischendenbeidenLagern.DieseFormderKoordinierunghatauch

inDeutschlanddenhöchstenStellenwert.NochMitteder90erJahrebesaßhierzulandeauchdas

49

Regionale und Sektorale…

… Tarifverhandlungen

in Deutschland

Intraverbandliche

Koordinierung in

Deutschland

Arbeitsbeziehungen

Page 50: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

SystemderLohnführerschafthoheGeltung.DabeiwirdeinTarifabschluss,derineinerbestimm-

tenBrancheund/oderineinerbestimmtenRegiongetroffenwird,alsmaßgeblichfürnachfolgende

Vereinbarungen erachtet.NachdenErgebnissenderUmfrage im Jahr2006hat dieserMecha-

nismusjedochinDeutschlandmittlerweileanBedeutungverloren.LediglichinNorwegenwird

dieserWegzurKoordinierungschwerpunktmäßigverfolgt.DasSystemder inter-verbandlichen

Tabelle 12: Typische Ebenen der Tarifverhandlungen, 2006 oder letztes verfügbares Jahr

Industrie RegionalInter-

sektoralSektoral

Berufs-gruppen

Unter-nehmen

Österreich x x x

Belgien x x x x x

Zypern x x

Tschechien x x

Deutschland x x x

Dänemark x x x x

Estland x x

Spanien x x x x

Finnland x x x

Frankreich x x x x x x

Griechenland x x x x x

Ungarn x x x

Irland x

Italien x x

Japan x x

Litauen x x

Luxemburg x x x

Niederlande x x x

Norwegen x x x x

Polen x x

Portugal x

Schweden x x x x

Slowenien x x x

Großbritannien x x x x

USA x x

Legende: x typische Ebene x dominierende Ebene

Quelle: Du Caju et al. 2008.

50

Arbeitsbeziehungen

Page 51: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Koordinierung,beidemAbsprachennichtnurunterverschiedenenGewerkschaftenundArbeitge-

berverbänden,sondernauchzwischendenbeidenParteiengetroffenwerden,hateinebesondere

Bedeutung in Belgien, Spanien,Griechenland und Slowenien.Aber auch inmanchen Ländern

SkandinavienssowieinIrlandkommtdiesesKonzeptzurAnwendung.

Tabelle 13: Typische Koordinierungsmechanismen bei Tarifverhandlungen, 2006 oder letztes verfügbares Jahr

Staatlicher Einfluss Inter-verbandliche

Koordinierung

Intra-verbandliche

Koordinierung

Lohnführer-schaftLohn-

indexierungGesetzlicher Mindestlohn

Österreich x x

Belgien x x x

Zypern x

Tschechien x x x

Deutschland x

Dänemark x x x

Estland x x

Spanien x x

Finnland x

Frankreich x x

Griechenland x

Ungarn x x

Irland x x

Italien x

Japan x x x x

Litauen x

Luxemburg x x x

Niederlande x x

Norwegen x x x

Polen x

Portugal x

Schweden x x

Slowenien x x x x

Großbritannien x x

USA x x

Quelle: Du Caju et al. 2008.

Legende: x typische Ebene x dominierende Ebene

51

Arbeitsbeziehungen

Page 52: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

7.3 Ergebnisse von Kollektivvereinbarungen

ImZentrumvonTarifabschlüssenstehtnachwievordieEntwicklungderLöhne.InAbbildung27

sinddie jährlichentariflichvereinbartenLohnsteigerungen,bereinigtumdie landesspezifische

Inflationsrate,indenJahren2007und2008dargestellt.Esfälltauf,dassvorallemdiebaltischen

LänderundRumänieninbeidenJahrenenormeZuwächsederrealenTariflöhnezuverzeichnen

hatten.Diesebewegtensich2007imBereichvon13bis22Prozentundlagen2008immerhin

nochzwischenknappsechsundzehnProzent.IndiesenLändernhatsicheinestarkeNachholbe-

wegungvollzogen.

ImJahr2007hatesmitAusnahmeUngarnsinkeinemLandeinennennenswertenRückgangder

Tariflöhnegegeben.AndersstelltsichdieSituationfür2008dar.IneinerReihevonLändernmus-

stenEinbußenvonbiszudreiProzent(Malta)hingenommenwerden.DiesdürftemitReaktionen

aufdiesich2008bereitsabkühlendeKonjunkturundmitdeutlichgestiegenen Inflationsraten

vor demEinbruchder Finanz- undWirtschaftskrise zu erklären sein.Die realenTariflöhne in

DeutschlandhabeninbeidenJahrenstagniert.DamithatsichdieanhaltendeLohnzurückhaltung

derVorjahreauchinderzweitenHälftedesJahrzehntswährenddesWirtschafts-undBeschäfti-

gungsaufschwungsfortgesetzt.

52

Tarifliche Lohnentwicklung

gering

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.

Abbildung 27: Tariflich vereinbarte, inflationsbereinigte Lohnsteigerungen in Prozent, 2007 und 2008

2007 2008

–3

2

0

7

12

17

22

27

Lita

uen

Lett

land

Rum

änie

n

Estla

nd

Grie

chen

land

Nor

weg

en

Pole

n

Irlan

d

Slow

akei

Nie

derla

nde

Finn

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Bulg

arie

n

Schw

eden

Luxe

mbu

rg

Port

ugal

Gro

ßbrit

anni

en

Ung

arn

Deut

schl

and

Italie

n

Öst

erre

ich

Fran

krei

ch

Span

ien

Tsch

echi

en

Belg

ien

Däne

mar

k

Slow

enie

n

Zype

rn

Mal

ta

14,7

21,4

17,3

13,5

2,1

4,63,7

1,9

4,3

0,51,7

7,3

1,7 1,40,5

1,4

–1,0–0,1

0,2 0,31,0 1,4 1,2

0,11,5

–1,3–0,1

1,3

9,58,5 8,0

5,8

2,3 2,2 1,8 1,7 1,61,1 1,0 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

–0,1 –0,2 –0,5 –0,9 –1,1 –1,1–1,6 –1,9

–2,9

Page 53: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

EinweitererzentralerGegenstandvonkollektivenLohnverhandlungenistdieArbeitszeit.EinBlick

aufdietariflichvereinbartenWochenarbeitszeiten(Abbildung28)zeigt,dassbisaufTschechienund

dieSlowakei alleneuenEU-MitgliedsländerundGriechenlandaufdie40-Stunden-Wochesetzen.

DeutschlandliegtmiteinerdurchschnittlichenArbeitszeitvon37,6gleichaufmitskandinavischen

Ländern,Belgien,GroßbritannienunddenNiederlanden.LediglichFrankreichhatmitdengesetzlich

vorgeschriebenen35StundennocheinmaleinedeutlichgeringerevereinbarteWochenarbeitszeit.

DietatsächlichgeleistetenWochenarbeitszeitenübersteigendietariflichenzumTeildeutlich.Le-

diglichinIrlandentsprechensichbeideZeitenungefähr.ZumTeildürftediesdamitzuerklären

sein,dassfürdietatsächlichenArbeitszeitendieaktuellverfügbarenDatenausdem3.Quartal

2008stammen,als IrlandsWirtschaftsentwicklungbereitsnegativwarunddieAuswirkungen

derweltweitenFinanz-undWirtschaftskriserelativfrühzumTragenkamen.ZudenLändern,in

denendie tatsächlichedievereinbarteArbeitszeitdeutlichübersteigt,gehörtnebenÖsterreich,

Tschechien,GroßbritannienundFrankreichauchDeutschland,wo imSchnitt41,2Stundenpro

Wochegearbeitetwerden.DamitbeträgtdieDiskrepanz3,6Stunden.Spitzenreiterbeidentat-

sächlichenWochenarbeitszeitensindRumänien(41,8Stunden),Lettland,PolenundTschechien

(41,7Stunden)sowieÖsterreich(41,6Stunden).

53

Unterdurchschnittliche

tarifliche Wochenarbeitszeit

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.

Abbildung 28: Durchschnittlich tariflich vereinbarte sowie tatsächliche Wochenarbeitszeit in Stunden, 2008

Durchschnittliche tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit Durchschnittliche tariflich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit

41,541,1

40,840,5

41,7

40,240,6

41,7 41,8

41,1

38,9

39,9

41,6

39,5

40,4 40,240,8

41,7

39,5

38,6

41,2

39,0

39,939,6 39,6

40,9

39,2

38,440,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0

39,0 39,0 38,838,4 38,3 38,2 38,0 38,0 38,0

37,6 37,6 37,5 37,5 37,5 37,5 37,337,0

35,0

30

32

34

36

38

40

42

44

Bulg

arie

n

Estla

nd

Grie

chen

land

Ung

arn

Lett

land

Lita

uen

Mal

ta

Pole

n

Rum

änie

n

Slow

enie

n

Irlan

d

Luxe

mbu

rg

Öst

erre

ich

Slow

akei

Span

ien

Port

ugal

Zype

rn

Tsch

echi

en

Italie

n

Belg

ien

Deut

schl

and

Finn

land

Nie

derla

nde

Nor

weg

en

Schw

eden

Gro

ßbrit

anni

en

Däne

mar

k

Fran

krei

ch

Page 54: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

EinetwasanderesBildergibtderBlickaufdiedurchschnittlichentariflichvereinbartenJahresar-

beitszeitenimJahr2008,bereinigtumdieAnzahlderFeiertage(Abbildung29).Nebendenge-

setzlichenFeiertagenwerdenhierauchdietariflichenRegelungenzuUrlaubstagenundanderen

Abwesenheitenberücksichtigt.IndiesemVergleichweistDeutschlandmit1.651Stundeneineder

geringstenjährlichenArbeitszeitenauf.DarunterliegennochSchwedenundDänemarksowiemit

deutlichemAbstandFrankreich,dasauf1.568Stundenkommt.AmanderenEndedesSpektrum

zeigtsicheinähnlichesBildwiebeiderWochenarbeitszeit:BesondershoheJahresarbeitszeiten

vonüber1.800Stundenhabenmittel-undosteuropäischeStaatensowieGriechenlandundMalta.

DieDiskrepanzzwischenPolenaufdereinenundDänemarkaufderanderenSeitebeträgt212

Stunden.Beieiner38-Stunden-WochewäredaseinUnterschiedvonknapp28Arbeitstagen.Einen

großenAnteilandergeringenStundenzahlamunterenEndederSkalahabentariflicheUrlaubsre-

gelungen.SobeträgtinDeutschlandderdurchschnittlichzugesicherteUrlaubsanspruch30Tage.

54

Geringe Jahresarbeitszeit

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Industrial Relations Observatory 2009a.

Abbildung 29: Durchschnittlich tariflich vereinbarte Jahresarbeitszeiten inklusive Feiertage in Stunden, 2008

1.400

1.450

1.500

1.550

1.600

1.650

1.700

1.750

1.800

1.850

1.900

Rum

änie

n

Estla

nd

Ung

arn

Pole

n

Bulg

arie

n

Slow

enie

n

Lett

land

Grie

chen

land

Lita

uen

Mal

ta

Irlan

d

Öst

erre

ich

Luxe

mbu

rg

Belg

ien

Slow

akei

Zype

rn

Span

ien

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derla

nde

Tsch

echi

en

Port

ugal

Gro

ßbrit

anni

en

Nor

weg

en

Finn

land

Italie

n

Deut

schl

and

Schw

eden

Däne

mar

k

Fran

krei

ch

1.856 1.848 1.840 1.840 1.832 1.832 1.824 1.816 1.8161.800

1.771

1.738 1.732 1.730 1.727 1.7251.716 1.713 1.710

1.700 1.696 1.695 1.688 1.680

1.6511.635 1.628

1.568

Page 55: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

EinweitererGegenstandvonTarifverhandlungen,wennauchnichtnurdort,istdieBeteiligung

vonMitarbeiternamKapitalvonUnternehmen.Abbildung30zeigteinerseitsdenAnteilderGroß-

unternehmen,dieüberhaupteineMitarbeiterbeteiligungamUnternehmenskapitalvorsehen,und

andererseitsdenAnteilvonGroßunternehmen, indenenalleMitarbeiterZugangzuderartigen

Regelungenhaben.InFinnlandundIrlandhabenausnahmslosalleGroßunternehmeneineForm

vonMitarbeiterbeteiligung,dichtgefolgtvonGroßbritannien,wodieQuote99,5Prozentbeträgt.

AuchSchweden,dieNiederlandeundFrankreichweisennochQuotenvonmehrals90Prozent

auf.InDeutschlandbietennochdreiViertelallerGroßunternehmensolcheMöglichkeitenan.Am

unterenEndederSkalaliegenmittel-undosteuropäischeLänder.RumänienbildetmiteinerQuote

von12,5ProzentdasSchlusslicht.Dortgibtesebensowie inLitauen,LuxemburgundEstland

überhauptkeineGroßunternehmen,dieeinenZugangzurKapitalbeteiligungfüralleMitarbeiter

anbieten. Spitzenreiter bei diesem Indikator ist Frankreichmit 86Prozent. In Tschechienund

GroßbritanniensindesnochetwadreiViertelallerGroßunternehmen,diealleMitarbeitergleich-

berechtigtamKapitalbeteiligen.

55

Beteiligung von Mitarbeitern

am Unternehmen

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Federation of Employee Share Ownership 2008.

Abbildung 30: Anteil von Großunternehmen mit Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen, 2008

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Finn

land

Irlan

d

Gro

ßbrit

anne

in

Schw

eden

Nie

derla

nde

Fran

krei

ch

Slov

enie

n

Schw

eiz

Däne

mar

k

Ung

arn

Nor

weg

en

Span

ien

Italie

n

Tsch

echi

en

Deut

schl

and

Port

ugal

Belg

ien

Zype

rn

Öst

erre

ich

Mal

ta

Grie

chen

land

Lita

uen

Luxe

mbu

rg

Estla

nd

Slow

akei

Pole

n

Lett

land

Bulg

arie

n

Rum

änie

n

Unternehmen haben Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern Unternehmen planen Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern

100,0 100,0 99,5

94,692,1 91,4 90,5 89,3 88,6

85,7 85,681,5 81,2 80,0

75,0 75,0 73,6

66,762,2

60,057,3 55,6

50,0

42,9 42,940,2

33,3

22,2

12,5

37,1

61,1

77,2

45,7

36,0

86,4

57,1

43,0

63,366,7

49,5

36,4

24,8

77,1

35,7

18,8

30,2

50,0

40,0 40,0

13,3

0,0 0,0 0,0

4,9

11,1

0,0

Page 56: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

DerProzentsatzderBeschäftigten,dieAnteileanihremjeweiligenUnternehmenbesitzen,istin

Frankreichmitknapp46Prozentamhöchsten(Abbildung31).MitdeutlichemAbstandfolgtGroß-

britannienmit34Prozent.InDeutschlandsindeinFünftelallerArbeitnehmeramUnternehmen

beteiligt;ähnlicheWertewerdenvonÖsterreich,DänemarkundBelgienerreicht.SehrgeringeAn-

teilefindensichwiederuminmittel-undosteuropäischenLändern,wobeidieWertefürBulgarien,

Estland,LitauenundRumäniensogarbeinullliegen.DerAnteilamUnternehmenskapital,dasvon

denMitarbeiterngehaltenwird,istinSlowenienmit5,4Prozentamhöchsten,obwohldieQuote

derbeteiligtenMitarbeitermit12,5Prozentnichtbesondershochliegt.EbenfallsgroßeAnteileam

KapitalhaltenBeschäftigteinZypernundFrankreichmit5,2bzw.4,5Prozent.Deutschlandliegt

hiermiteinemWertvon1,7ProzentimMittelfeld.

ArbeitskämpfegehörenzumInstrumentariumvonGewerkschaften,umaufeineTarifeinigunghin-

zuwirken.KennziffernzuStreiksundderenAuswirkungenkönnenalsIndikatorenfürdasAusmaß

vonKonfliktendienen,dieimZugevonKollektivverhandlungenentstehen.DasinguläreArbeits-

kämpfegrößerenAusmaßesdasgenerelleBildvonTarifkonfliktenstarkverzerrenkönnen,isteine

längerfristigeBetrachtungnotwendig.InAbbildung32sindMittelwertefürdenZeitraumvon2005

56

Arbeitnehmer mit

Kapitalbeteiligung

Geringe Streikaktivität

in Deutschland

Arbeitsbeziehungen

Quelle: European Federation of Employee Share Ownership 2008.

Abbildung 31: Anteil der Arbeitnehmer mit Mitarbeiterbeteiligung und Anteil des Kapitals in Mitarbeiterhand, 2008

Mitarbeiter mit Kapitalbeteiligung in Prozent aller Mitarbeiter Von Mitarbeiter gehaltenes Kapital

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Fran

krei

ch

Gro

ßbrit

anne

in

Zype

rn

Schw

eden

Schw

eiz

Finn

land

Irlan

d

Öst

erre

ich

Deut

schl

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Däne

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Nor

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nde

Grie

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land

Span

ien

Mal

ta

Slov

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n

Italie

n

Tsch

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en

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Pole

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Slow

akei

Lett

land

Port

ugal

Luxe

mbu

rg

Bulg

arie

n

Estla

nd

Lita

uen

Rum

änie

n

2,5

5,2

1,73,3

1,93,1 3,3

1,7 0,82,2 1,6 1,8 2,4 2,2

0,0

5,4

2,8

0,31,8

3,00,7 0,0 0,9 0,7 0,2 0,2 0,2 0,0

4,5

34,1

30,2

25,6 25,0 24,5 24,1

20,4 20,3 20,1 20,0 19,618,3

14,913,0 12,7 12,5 12,2 11,7 11,0 10,6

9,27,2 7,2

0,5 0,0 0,0 0,0 0,0

45,7

Page 57: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

bis2007dargestellt,diezumeinendiedurchStreiksentgangenenArbeitstageundzumanderendie

anArbeitskämpfenbeteiligtenBeschäftigtenabbilden,jeweilsbezogenauf1.000Arbeitnehmer.

AngeführtwirddasFeldvonderTürkei,woimMittelüber200Arbeitstagepro1.000Beschäftigte

durch Tarifauseinandersetzungen verloren gegangen sind.Mit deutlichemAbstand und einem

Wertvon118TagenfolgtFinnland.MitDänemark(29Tage)undNorwegen(24Tage)habenauch

zweiskandinavischeLändernochrelativhoheWertebeidenentgangenenArbeitstagen.Deutsch-

landbefindetsichmitetwasmehralsachtTagenimMittelfeld,währendesinSchwedenundder

SlowakeiindenJahren2005bis2007kaumnennenswerteAuseinandersetzungengab.

DeutlicheUnterschiedezwischendenLändernbestehenauchinderZahlderanStreiksbeteiligten

Arbeitnehmerpro1.000Beschäftigten.Die relativ hohenWerte für Italien, Finnland, Spanien,

Dänemark,GroßbritannienundMaltadeutendaraufhin,dass indiesenLänderndieStreikbe-

wegungenbreitaufgestelltsindundsichverhältnismäßigvieleArbeitnehmerdaranbeteiligen.

AnderssiehtesinderTürkeiundRumänienaus.HierkonzentrierensichdieArbeitskämpfeauf

kleineGruppenvonBeschäftigtenoderauchaufeinzelneWirtschaftszweigeoderUnternehmen,

wojedochvergleichsweiseausdauerndgestreiktwird.

57

Arbeitsbeziehungen

Quellen: Eurostat 2009; eigene Berechnungen.

Anmerkung: Daten nur für die hier aufgeführten Länder vorhanden.

Abbildung 32: Durch Streiks entgangene Arbeitstage und beteiligte Beschäftigte, jeweils pro 1.000 Arbeitnehmer, 2005-2007

Entgangene Arbeitstage pro 1.000 Arbeitnehmer Beteiligte Arbeitnehmer pro 1.000 Arbeitnehmer

0

50

100

150

200

250

Türk

ei

Finn

land

Span

ien

Italie

n

Däne

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k

Rum

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n

Gro

ßbrit

anni

en

Nor

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Deut

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and

Irlan

d

Pole

n

Ung

arn

Nie

derla

nde

Lita

uen

Schw

eden

Slow

akei

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

3,8

34,4

23,622,1

1,0

18,7

4,6

19,9

3,41,2

3,0

10,3

2,9 2,00,5 0,3

40,9

204,7

117,7

51,742,1

28,9 28,0 24,0 23,9

11,0 8,3 8,1 7,3 4,1 4,0 2,9 1,3 0,0

Page 58: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

8.SchutzundAbsicherungdertraditionellenBeschäftigungsverhältnisse

Durch unterschiedliche Arbeitsgesetzgebung können traditionelle Beschäftigungsverhältnisse

mehroderwenigerrigidevonatypischenBeschäftigungsverhältnissenabgekoppeltsein.Nachfol-

gendsollenhierdieRegelungenzumKündigungsschutzundzuAbsicherungsmechanismenvon

ArbeitnehmernimFallvonArbeitslosigkeitdiskutiertwerden.

8.1 Arbeitsgesetzgebung

JehöherdieBarrierefüreinenArbeitgeberist,einenunbefristetenVollzeitarbeitnehmerzuentlas-

sen,destogrößersinddieUnterschiedederBedingungenfürdenjeweiligenArbeitnehmer.Drei

KomponentenbeeinflussendieRigiditätderArbeitsgesetzgebungineinemLand:DieKündigungs-

schutzregelungenfüreinenindividuellenArbeitnehmermiteinenunbefristetenArbeitsvertrag,

zusätzliche Schutzklauseln beiMassenentlassungen und die Schutzregelungen bei atypischen

Beschäftigungsverhältnissen,dieandieserStellevernachlässigtwerdensollen.

58

Hoher Kündigungsschutz

in Deutschland…

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

Quelle: OECD Employment Protection Indicators 2008.

Abbildung 33: Indikator zur Reglementierung des Kündigungsschutzes, 2008

Spezifische Vorraussetzungen für eine kollektive Kündigung Schutz unbefristet Beschäftigter gegen (individuelle) Kündigung

0

1

2

3

4

5

6

7

USA

Kana

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Gro

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Schw

eiz

Aust

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n

Däne

mar

k

Neu

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and

Irlan

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Isla

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Mex

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land

Span

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Türk

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ch

Luxe

mbu

rg

Schw

eden

Nie

derla

nde

Deut

schl

and

Tsch

echi

en

Port

ugal

0,6

1,2 1,2 1,21,4

1,5 1,51,7 1,7 1,8 1,9 2,0 2,1 2,1 2,2 2,2 2,3 2,3 2,3 2,4 2,4 2,5 2,5 2,6 2,7 2,7 2,7

2,93,0

3,52,92,6

2,9

3,9

2,9

3,1

0,4

2,4

4,9

2,9

4,1

3,6

1,5

3,53,3

2,9

3,8

3,3

1,9

2,4

3,1

3,8

2,4 2,1

3,9 3,8

3,0

3,8

2,11,9

Page 59: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

InDeutschlandsindinsbesonderedieKündigungsschutzregelungenfürArbeitnehmermiteinem

traditionellen Beschäftigungsverhältnis recht stark ausgeprägt, lediglich die Regelungen in

TschechienundPortugalwerdenalsnochrigidereingestuft (Abbildung33).Ländermiteinem

relativgeringenKündigungsschutzfürNormalarbeitnehmersinddietypischenangelsächsischen

SystemeKanada,Großbritannien,AustralienundNeuseeland.AuchDänemarkverfügtübereinen

vergleichsweise lockerenKündigungsschutz,derallerdingsdurchrelativhoheLohnersatzraten

ausgeglichenwird.So istbeispielsweisederbürokratischeProzesszurBekanntmachungeiner

KündigungindenUSAgarnichtundinGroßbritannienkaumgeregelt.InDänemarkdagegenist

eineschriftlicheKündigung,dievordemersteneinesMonatsgetätigtwerdenmuss,Vorausset-

zungfüreineordentlicheKündigung.

DesweiterenistderderKündigungsprozessrelativstarkdurchstrukturiert:BevordasKündigungs-

schreibenaneinenArbeitnehmergeht,mussesvorhersowohlschriftlichealsauchmündliche

Verwarnungengegebenhaben,GrundeinerKündigungkannpersonenbezogen(derArbeitneh-

merkannseineArbeitnichtmehrwahrnehmen),verhaltensbezogen(mangelndeLeistungsfähig-

keit,grobeVerstößeo.ä.)oderbetriebsgedingtsein.BeieinemKündigungsverfahrenmussneben

einerstichhaltigenBegründungauchimmerderBetriebsrateinbezogenwerden.Stimmtdieser

dagegen,wirddieKündigungvordemArbeitsgerichtentschieden.ZusätzlichwerdendieHürden

für eine Kündigung durch Ergänzungsklauseln zur sozialenVerträglichkeit erhöht. In einigen

Ländern kann der Arbeitgeber durch eine Abfindungszahlung das Beschäftigungsverhältnis

auflösen.InDeutschlandsiehtdasGesetzdieZahlungvonAbfindungenbeiindividuellenKün-

digungenaufgrundpersönlichermangelnderLeistungsfähigkeitnichtvor,diesekönnen jedoch

durch Kollektivvereinbarungen in die Arbeitsverträge eingeführt werden. Die Nutzung dieses

ElementsisttrotzeinerausgeprägtenAbdeckungmitTarifverträgendennochkaumausgeprägt.

DemnachkanndasArbeitsverhältnisnurausdenobengenanntenGründengekündigtwerden

undwird imZweifel vor demArbeitsgericht beendet. Bei betriebsbedingtenKündigungen hat

dasUnternehmenjedochdieMöglichkeit,dieZahlungeinerAbfindunganzubieten,umsoeinem

Gerichtsentscheidvorzubeugen.

BetrachtetmandieEntwicklungdesKündigungsschutzesindenletztensiebenJahren,wurdendie

KündigungsschutzregelungenbeitraditionellenBeschäftigungsverhältnisseninDeutschlandkaum

angetastet.WährendimZugedesReformpaketsAgenda2010atypischeBeschäftigungweiterflexi-

bilisiertundermöglichtwurde,bliebder„Normalarbeitnehmer“vonFlexibilisierungsmaßnahmen

weitestgehendausgenommen.ZwarwurdeauchhierimRahmendersogenanntenHartz-Reformen

leichtdereguliert–esbestehtseitdemdieMöglichkeiteinerAbfindungszahlungbeibetriebsbe-

dingtenKündigungen,unddieKriterienfürdieSozialauswahlwurdenangepasst–,dennochsind

die Risiken ungleich verteilt. Eine Abfindungszahlung für verhaltensbedingte Kündigungen ist

nachwievornichtvorgesehenbzw.erleichtertnichtdenKündigungsprozess.Beibetriebsbeding-

tenKündigungenkannsichderArbeitnehmerzwischeneinerAbfindungszahlungundeinerKlage

vordemArbeitsgerichtentscheiden,erklärtersichmitderAnnahmederZahlungeinverstanden,

verzichteteraufeinerechtlicheKlärungderBeendigungdesBeschäftigungsverhältnisses.

59

…auch nach Reformen

zur Flexibilisierung

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

Page 60: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

DieOECD-Indikatoren(Abbildung34)bewertendieEinführungderAbfindungszahlungbeibe-

triebsbedingtenKündigungenalsnegativundstufendaherdenKündigungsschutzseit2004als

nochrigideralszuvorein.InderDiskussionzumThemaKündigungsschutzwerdenAbfindungs-

regelungenallerdingseheralseineLockerungdesKündigungsschutzeseingestuft,insbesondere

dann,wenndieAlternativeeineKündigungsschutzklagebedeutet(Jahn/Walwei2003).

KeineArbeitsmarktinstitution lösteinesopolarisierteöffentlicheDiskussionauswiederKün-

digungsschutz.DieExistenzeinerVielzahl anwidersprüchlichenStudienerschwert eineklare

Aussagedarüber,obderKündigungsschutzeinenegativeArbeitsmarktperformanzzurFolgehat

oder letztendlich sogar die gesamtewirtschaftliche Leistungsfähigkeit schwächt.KaumEffekte

scheintderKündigungsschutzaufdieHöhederArbeitslosenzahlenzuhaben,zumindestnichtim

internationalenVergleich(Freeman2008).

EinIndikator fürdieBeweglichkeitdesArbeitsmarktes istdieDauerderBetriebszugehörigkeit

(Abbildung28).VergleichtmandiedurchschnittlicheVerweildauerimBetriebimJahr2008,so

wirdzwardeutlich,dassinDeutschlanddieArbeitnehmermit10,6JahrenrelativlangeimBetrieb

bleiben,seit2001sogarnochrundeinhalbesJahrlänger.InFrankreich,dasinstitutionelllängere

Beschäftigungsverhältnisseanstrebt,hatsichdiedieBetriebszugehörigkeitseit2001inderTen-

denzebenfallsverlängert.AuffallendsindauchdieNiederlande:Waren2001dieArbeitnehmer

imDurchschnitt nochneun Jahre imBetrieb, liegen rund zehn Jahre später dieBetriebszuge-

hörigkeiten bei 10,2 Jahren. Spanien, Irland undDänemark haben hingegen dieMobilität auf

60

Hohe Verweildauer

im Betrieb

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

–0,55

–0,33

–0,26

–0,16 –0,15 –0,14–0,08

0,030,08

0,32

–0,6

–0,4

–0,2

0

0,2

0,4Ö

ster

reic

h

Nie

derla

nde

Tsch

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en

Port

ugal

Span

ien

Neu

seel

and

Aust

ralie

n

Slow

akei

Grie

chen

land

Deut

schl

and

Quelle: OECD 2009.

Abbildung 34: Veränderung der Schutzregelungen bei individuellen Kündigungen, 2001 zu 2009

Anmerkung: Berücksichtigt wurden nur Länder, bei denen Veränderungen gemessen wurden. Weitere OECD-Staaten hielten den Wert konstant.

Page 61: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

demArbeitsmarkt in den letzten Jahren erhöht. Dänemark zeigt auch hier, dass esmit einer

durchschnittlichenVerweildauervon7,8 Jahren imBetriebalsdasBeispielland fürFlexicurity

geltenkann.

EineindeutigerZusammenhangzwischendemKündigungsschutzfürNormalarbeitnehmerund

derVerweildauer imBetriebkanndennochnichtgefundenwerden(derKorrelationskoeffizient

liegtbeidenverfügbarenDatenunter0,5).

DasSpiegelbildzurdurchschnittlichenVerweildauerimBetriebistderAnteilderArbeitnehmer,

diewenigerals fünf Jahre imBetriebsind (Abbildung35).DänemarkundAustraliensindbei-

spielsweiseLänder,indenen„frischerWind“imUnternehmenherrscht,daüberdieHälftederBe-

schäftigtenwenigeralsfünfJahredortarbeitet.Dabeizeigtsich,dassdieserTrendfürDänemark

neuerenDatumsist.AlsbesondersrigideerweisensichItalienundPortugal.Hiersindwenigerals

35ProzentderBelegschaftwenigeralsfünfJahreimBetrieb:Mankenntsichundweiß,wasman

aneinanderhat.DeutschlandfindetsichhierimunterenDrittelundsetztauflangeBetriebsbin-

dung,demnachsindauchdiewenigeralsfünfJahredemBetriebzugehörigenArbeitnehmermit

39Prozentleichtunterdurchschnittlichvertreten.

61

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

Quelle: Eurostat 2009.

Anmerkung: Daten für Österreich, Griechenland, Island und die Slowakei sind nicht vorhanden. Es wurden Arbeitnehmer im Alter von 25 bis 54 Jahren berücksichtigt.

Abbildung 35: Dauer der Betriebszugehörigkeit in Jahren, 2008 und Veränderung zu 2001

2008 Differenz zu 2001

–2

0

2

4

6

8

10

12

Däne

mar

k

Irlan

d

Span

ien

Gro

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en

Nor

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Schw

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Schw

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Ung

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derla

nde

Deut

schl

and

Port

ugal

Italie

n

Luxe

mbu

rg

Belg

ien

Fran

krei

ch

7,0

8,4 8,4 8,4 8,5 8,59,1 9,2 9,2 9,5 9,5

10,210,6 10,6 10,8 10,9

11,4 11,4

–0,5 –0,3 –0,4

0,3 0,1

–0,4–0,7

–0,3 –0,3–0,9

0,4

1,30,6

0,3

–0,4

0,1

–0,1

0,5

Weniger als

fünf Jahre im Betrieb:

unterdurchschnittlicher

Anteil

Page 62: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

8.2 Arbeitslosenversicherung

VerliertderNormalarbeitnehmertrotzderaufgeführtenSchutzregelungenseineStelle,greifteine

soziapolitischeMaßnahme,dieiminternationalenVergleichstarkunterschiedlichausgestaltetist.

AlleEU-MitgliedstaatenverfügenübereinefreiwilligeoderunfreiwilligebeitragsfinanzierteSäule,

beiderlohnabhängigeinzeitlichbegrenztesArbeitslosengeldausgezahltwird(anschließendgreift

eineGrundsicherung).JenseitsderBeitragszahlungistdieAuszahlungimFallevonArbeitslosigkeit

anbestimmteBedingungengeknüpft:andieDauerdervorherigenBeschäftigung,aneineReferenz-

zeit(Zeitraum,inderdieDauerderBeschäftigungvollbrachtwerdenmuss),andieArbeitsintensität

(AnzahldergearbeitetenWochenstunden)undandasArbeitskonzept(mancheBeschäftigungsfor-

men erfüllen nicht die Bedingungen zum Erhalt von Arbeitslosengeld). Ein zusammengesetzter

IndexausdengenanntenIndikatorenhilft,dieEU-LänderindreiGruppen–niedrige,mittlereund

hoheBedingungenfürdenAnspruchaufArbeitslosengeld–einzuteilen(Tabelle14).UmdieHürde

zurNutzungvonArbeitslosengeldzuerhöhen,habendarüberhinauseinigeLändereineWartezeit

eingeführt,bevorderArbeitnehmertatsächlichAnspruchaufentsprechendeGeldleistungenhat.

62

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

Quellen: OECD.Stat 2009; eigene Berechnungen.

Anmerkung: Es wurden Personen im Alter von 25 bis 54 Jahren berücksichtigt.

Abbildung 36: Anteil der Beschäftigten in Prozent, die weniger als fünf Jahre im Betrieb sind, 2008 und Veränderung zu 2001

2008 Differenz zu 2001

–15

–5

5

15

25

35

45

55

65

Italie

n

Port

ugal

Luxe

mbu

rg

Fran

krei

ch

Nie

derla

nde

Belg

ien

Tsch

echi

en

Deut

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Ung

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Pole

n

Schw

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Schw

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Finn

land

Irlan

d

Nor

weg

en

Gro

ßbrit

anni

en

Span

ien

Kana

da

Däne

mar

k

Aust

ralie

n

34,3 34,3 35,1 36,1 36,1 36,4 37,339,0 40,2

42,2 43,5 43,7 44,947,1 47,6 47,7 47,9

52,7

57,459,5

3,0

–3,5–0,3

0,0

–7,4

0,3

–5,9

–0,9 –1,3

5,5

0,1 0,8 0,2

–2,3–0,7 –1,3

2,0

–1,0

6,0

0,4

Page 63: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

Tabelle 14: Zugang zu Arbeitslosengeld, 2009

Wartezeit bis zum Anspruch in Tagen

Bedingungen für den Zugang zum Arbeitslosengeld

niedrig mittel Hoch

0 Niederlande Luxemburg Belgien

0 Spanien Malta Slowenien

0 Ungarn Österreich Lettland

0 Tschechien Rumänien Portugal

0 Dänemark Slowakei

0 Deutschland

3 Zypern Irland

3 Großbritannien

6 Griechenland

7 Finnland Estland Polen

7 Italien

7 Litauen

7 Schweden

8 Frankreich

Quelle: Palme et al. 2009, eigene Darstellung.

NiedrigeZugangsmöglichkeitenundkeineWartezeitbestehenindenNiederlanden,inSpanien,

Ungarn,Tschechien,DänemarkundDeutschland.HoheZugangsbedingungenundeinehoheWar-

tezeitbiszumAnspruchaufArbeitslosengeldbesteheninPolen.InFrankreichbestehtzwareine

WartezeitvonachtTagen,dennochwerdendieBedingungenfürdenAnspruchaufdieseLeistung

alsrechtgeringeingestuft.UnterschiedegibtesnichtnurindieserqualitativenUnterscheidung,

auchdieHöhederLeistungendifferiertinnerhalbderEU(Tabelle15).

DieniedrigstenNettoersatzratengibtesinGroßbritannienunddenUSA–alsoindenLändern

angelsächsischerPrägung.GemäßdemFlexicurity-GedankensinddagegendieNettoersatzraten

inDänemarkundindenNiederlandenrechthoch,zumindestinDänemarksollhiermitderextrem

niedrigeKündigungsschutzabgefangenwerden.IndenNiederlandenistderKündigungsschutz

fürNormalarbeitnehmerzusätzlichzurhohenErsatzraterechthoch,aberinAnbetrachtderTat-

sache,dasssichnurwenigeArbeitnehmerineinemsolchenAngestelltenverhältnisbewegen,ist

auchhierdiesehoheRatezumAbfangenvonRisikennotwenig.AuchDeutschlandliegtmit64

ProzentweitüberdemMedian.

NebendenErsatzratenistauchdieBezugsdauervonRelevanz.Insbesonderemittel-undosteuropä-

ischeStaatenundGroßbritannienzahlendieseLeistungwenigeralseinJahr.MiteinerLeistungs-

63

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

... nach wie vor hoch

Page 64: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

64

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

dauervonbiszuzweiJahrenbeiälterenArbeitnehmernistderZeitrauminDeutschland,indem

Arbeitslosengeldgezahltwird, im internationalenVergleichauchnachdeneingehendenArbeits-

marktreformenrechthoch.EineähnlichhoheBezugsdauerhabenlediglichDänemark,Spanienund

Belgien.AllerdingsgibtesinSpanienundBelgienkeineEinschränkungderZugangsmöglichkeiten,

wiedasAlterdesBeziehersinDeutschlandundDänemark(Palmeetal.2009).

Tabelle 15: Nettolohnersatzraten an fünf Stationen der Arbeitslosigkeit in Prozent, 2007

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Fünfjahresdurchschnitt

Großbritannien 28 28 28 28 28 28

USA 28 0 0 0 0 6

Korea 31 0 0 0 0 6

Slowakei 32 3 3 3 3 9

Tschechien 33 11 11 11 11 15

Griechenland 33 5 1 1 1 8

Italien 37 0 0 0 0 7

Neuseeland 38 38 38 38 38 38

Australien 42 42 42 42 42 42

Polen 42 16 8 8 8 16

Japan 45 3 3 3 3 11

Türkei 46 0 0 0 0 9

Ungarn 48 13 13 13 13 20

Irland 50 50 50 50 50 50

Kanada 52 14 14 14 14 22

Island 57 54 54 8 8 36

Finnland 60 58 33 33 33 43

Österreich 61 58 58 58 58 59

Deutschland 64 48 42 36 36 45

Belgien 65 63 63 63 63 63

Schweden 66 63 41 8 8 37

Frankreich 67 64 31 31 31 45

Dänemark 68 68 68 68 9 56

Spanien 69 65 25 25 13 39

Niederlande 71 59 3 3 3 28

Norwegen 72 72 72 72 72 72

Portugal 79 79 56 24 3 48

Schweiz 80 40 0 0 0 24

Luxemburg 87 8 8 8 8 24

Median 52 40 25 13 9 28

Quelle: OECDa 2009.

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65

Schutz und Absicherung der traditionellen Beschäftigungsverhältnisse

Tabelle 16: Zentrale Arbeitsmarktindikatoren im Überblick

Wert für Deutschland

DurchschnittHöchster

WertNiedrigster

Wert

Überdurchschnittlich

Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit 2008 (2001)

10,6 (+0,6) 9,5 (+0,0) (EU) 11,4 (FR) 7,0 (DK)

Durchschnittliche Einkommensteuer und Sozialabgaben eines Singles (Durchschnittsverdiener) 2008 (2001)a

42,7 (-0,6) 26,4 (+0,2) (O) 66.1 (SK) 1.7 (MX)

Marginale Einkommensteuer und Sozial-abgaben eines Singles (Durchschnitts-verdiener) 2008 (2001)a

54,2 (-12,7) 46,1 (+0,2) (O) 71,5 (HU) 18,8 (MX)

Schutz unbefristet Beschäftigter gegen (individuelle) Kündigung 2008a

2,9 2,1 (O) 3,5 (PT) 0,6 (US)

Tatsächliche Wochenarbeitszeit 2008 41,2 40,4 (EU) 41,7 (LT, CZ) 38,4 (FR)

Durchschnittlich

Arbeitsqualitätsindex 2005/2007b 0,50 0,52 (EU) 0,8 (DK) 0,3 (PL)

Unternehmen mit Kapitalbeteiligung für Mitarbeiter 2008

75,0 70,0 (EU) 12,5 (RO) 100 (FI, IR)

Anteil der traditionellen Beschäftigungs-verhältnisse 2008 (2001)

60,1 (-4,6) 67,3 (-0,4) (EU) 85,7 (EE) 44,5 (NL)

Anteil der Männer in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen 2008 (2001)

74,2 (-3,5) 70,2 (+0,6) (EU) 88,1 (LU) 56,2 (GR)

Anteil der traditionellen Beschäftigungs-verhältnisse im Industriesektor 2008 (2001)

77,4 (-2,6) 77,2 (-1,6) (EU) 92,3 (RO) 57,0 (ES)

Unterdurchschnittlich

Anteil der Frauen in traditionellen Beschäftigungsverhältnissen 2008 (2001)

43,3 (-4,7) 61,7 (-0,2) (EU) 87,0 (EE) 19,5 (NL)

Tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit 2008

37,6 38,6 (EU)40 (BG, EE, GR,

HU, LT, LV, MT, PO, RO, SI)

35,0 (FR)

Bruttoreallohnentwicklung 2001 zu 2007 +1,8 +27,6 (EU) +143,1 (EE) -3,5 (MT)

Nettoreallohnentwicklung 2001zu 2007 +2,9 +27,8 (EU) 142,1 (EE) -3,9 (NL)

Anteil der traditionellen Beschäftiungs-verhältnisse im Dienstleistungssektor (unbefristet) 2008 (2001)

53,2 (-5,0) 67,4 (-0,45) (EU) 90,9 (RO) 39,8 (NL)

Durchschnittlich tariflich vereinbarte Jahresarbeitszeiten 2008

1.650,6 1743,0 (EU) 1.856,0 (RO) 1.856,0 (FR)

Anmerkung: Zuordnung in die drei Bereiche „überdurchschnittlich“, „durchschnittlich“ und „unterdurchschnittlich“ jeweils bezogen auf den aktuell verfügbaren Wert für Deutschland im Verhältnis zum Durchschnitt der OECD (O) oder der EU; liegt Deutschland mehr als eine halbe Standard-abweichung oberhalb (unterhalb) des Mittelwertes, wird es als überdurchschnittlich (unterdurchschnittlich) bezeichnet. Bezugsjahr für Veränderung in Klammern.

Quelle: Eurostat 2009, eigene Berechnungen; aOECD.Stat, bLeschke und Watt 2008.

Page 66: Traditionelle Beschäftigungs- verhältnisse im Wandel...Beschäftigungsverhältnisse im Wandel 7 6. Der Arbeitnehmerschutz ist in Deutschland bei traditionellen Beschäftigungsverhältnissen

9.Fazit

DassogenannteNormalarbeitsverhältnishatinsgesamtinfastallenindustrialisiertenLändernan

Bedeutungverloren.DiefortschreitendeIntegrationindieWeltwirtschaft,technologischeVerän-

derungenundUmwälzungeninderArbeitsorganisationwirkennachwievoraufdieFlexibilisie-

rungvonArbeitsmärktenundBeschäftigungsverhältnissenhin.

IminternationalenVergleichhatdasNormalarbeitsverhältnisinDeutschlandrelativstarkabge-

nommen.DabeiistderRückgangkeineswegsgeschlechtsneutral.Ausgehendvoneinerohnehin

deutlich geringeren Basis sind traditionelle Beschäftigungsformen unter Frauen noch stärker

zurückgegangenalsunterMännern.FrauensindüberwiegendimDienstleistungssektortätig,der

inzwischenerheblichstärkeralsdasverarbeitendeGewerbevonatypischenBeschäftigungsver-

hältnissengekennzeichnetist.

Mit dem Abbau traditioneller Beschäftigungsformen reagiert die Wirtschaft auf gestiegene

Flexibi¬litätsanforderungenunddie erweitertenMöglichkeiten imZugederArbeitsmarktrefor-

men, alterna¬tiveBeschäftigungsartenzunutzen.DarüberhinauswerdenatypischeBeschäfti-

gungsverhältnisseaberauchbisweilenvonArbeitnehmernbevorzugt,etwaumFamilieundBeruf

besservereinbarenzukönnen.

DerzunehmendenFlexibilisierungbei atypischenBeschäftigungsverhältnissensteht eine rela-

tivgeringeVeränderungderAbsicherungvonNormalarbeitsverhältnissengegenüber.Hiersind

bestehende Regelungen kaum verändertworden. Damit ist die in Deutschland ohnehin schon

ausgeprägteDualisierungdesArbeitsmarktesweiterverschärftunddieDuchlässigkeitzwischen

denArbeitsmarktsegmentennochmalserschwertworden.

Aber auch Arbeitnehmer, die weiterhin in traditionellen Formen beschäftigt sind, hatten Ein-

schnittezuverzeichnen,diesichvorallemineiner–auchiminternationalenVergleich–zähen

Lohnentwicklungniederschlagen.HinzukommtdieweiterhinhoheBelastungderEinkommen

durchSteuernundAbgaben,die inmarginalerHinsichtnochmalsstärkerzuBucheschlägtals

imDurchschnitt.BesondersNiedriglohnempfängerundArbeitnehmermitmittleremEinkommen

werdenstarkbeansprucht.GegenüberfastallenanderenLändernfälltinDeutschlandbesonders

auf,dassdiemarginaleBelastungfürGeringverdienersehrhochistundmitsteigendemEinkom-

menabnimmt.

DieinsgesamtungleicheVerteilungvonRisikenstelltdiePolitikvordieHerausforderung,auchim

BereichflexiblerArbeitsverhältnissefürmehrSicherheitindenimmerwenigeralsatypischzu

bezeichnendenBeschäftigungsverhältnissenzusorgen,ohnediegestiegeneAnpassungsfähigkeit

wiedereinzuschränken.DarüberhinaussollteeineSenkungderSteuer-undAbgabenbelastung

–voralleminmarginalerHinsicht– fürBezieherniedrigerundmittlererEinkommenverfolgt

werden.

66

Fazit

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67

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