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Tragant, Devisen und der „Zückerles-Baur" Ein bedeutendes Stück Biberacher Gewerbegeschichte Von Sabine Hctzler M. A., Städtische Sammlungen Bibcrach Im 19. Jahrhundert entstanden in Biberach zahl- rciche Betriebe, die sich im Lauf der Jahre aus klei- nen Anfängen in beträchtliche Unternehmen wandelten. Das „Reise- und Industrie-Handbuch für Württemberg" aus dem Jahre 1879 nennt für Hiberach allein 16 Fabriken'. Neben der Blechspicl- warcnfabrik Rock & Graner, der Ornat- und Fahncnfabrik Ncff, der Schlec'sehen Metallkranz- fabrik, der Lieb'schcn Feuerwchrrcquisitenfabrik und der Posamentenfabrik Gersler — um nur einige zu nennen —, zählte dazu auch die Tragantwaren- fabrik der Gebrüder Baur. Sie stellt ein wichtiges Stück Hiberachcr Gewerbegcschichte im speziellen und ein bisher nahezu uncrforschtes Kapitcl Kul- turgeschichte im allgemeinen dar. Unter dem Na- men „/ückerlcs-Haur" ist sie bestimmt noch man- chem älteren Hiberacher bekannt. Die unterschiedlichen Verwendungszwecke von Tragant Fine genaue Definiton dessen, was Tragant ist und wie cr verwendet wurde, gibt das Meyer'sehe Konversationslcxikon aus dem Jahr 1897: .Tragant (Gumtni Tragacanthae), aus dem Stamme mchrcrer vorderasiatischer Arten von Astragalus freiwillig oder nach zufälligen oder ab- sichtlichen Verletzungen ausschwitzendcs Gummi, ist farblos oder gefärbt, hornartig, fast durchschei- nend, zäh, geruchlos, schwillt im Wasser stark auf, gibt gepulvcrt mit 20 Teilen Wasser einen derben Schleim und besteht. aus Bassoin, löslichem Gummi, Stärkemehl und mineralischen Stoffen. Man unterscheidet: Blätter- oder Smyrnaer T., große, flache, platte oder bandförmige Stücke mit dachziegelförmig übereinander geschobenen Schichten, als beste Sorte; Morca-T. (Vermicclli), unförmlichc, wulstige oder nudelförmige, gewun- dene oder gedrehte Stücke; syrischen oder persi- schen T., stalaktitenförmigc oder flache, gewun- dene oder gedrehte, mitunter sehr große Stücke. T. wird in der Zcugdruckerei und Appretur, zu Was- scrfarbcn, zu plastischcn Massen, als Bindernittel zu Konditorwaren und in der Medizin benutzt. T. war bereits den Alten bekannt, ebenso den spätem Griechen und den Arabern des frühen Mittelalters. In Deutschland wurde cr im 12. Jahrhundert zu Arzneiformcn benutzt, auch fand er bald techni- sche Verwendung." Tragant als Arzneimittel Im Mittelalter war Tragant eine begehrte Arznei, der man allerlei „kühlende, fcuchtende, lindernde und stopfende" Wirkung nachsagte. Sie wurde als Heilmittel bei Husten und Niercnwch, Seitenstc- chcn, Harnbrenncn, auch bei entzündeten Augen empfohlen. Aus dem Jahr 1558 ist ein Rezept für „Tragant-Confect" bekannt, das Heilung bringen „Diß Confect vom frcmbden Gummi Tragantha bereytct man in heftiger Engigkeit der Brust mit Zucker, Pinicnkcrnen, Mandeln, Leinsamen und weißem Ingwer." Tragant in der Konditorei des 16. bis 18. Jahrhunderts Aufker als Arzneimittel fand Tragant häufig Ver- wendung in der höfischen Konditorei des 16. bis 18..Jahrhunderts. Es entstanden mächtige Tischde- korationen zu festlichen Anlässen. Einem Kochbuch aus dem Jahre 1581, geschrie- ben von „M. Marxen Rumpolt, Churfürstlich Meinztischer Mundtkoch", sind eine ganze Reihe von Rezepten zu entnehmen, die die Herstellung vcrschiedenster Dinge aus einer Tragant-Zuckcr- Masse beschreiben, wie zum Beispiel: „Kalbskopf von Zucker gemacht. Lerchen von Zucker getnacht. Eppfel von Zucker gemacht. Hasclnüß von Zucker gemacht. Melonen von Zucker gemacht. Ein Parmesan Käß von Zucker gemacht. Ein Schloß gemacht von Zucker und alles darein, was in das Schlofk gehört. Kleine Hündtlein von Zucker. Allcrlcy Rosen und Blumen von Zucker gemacht. Allerley Figuren von Zucker gemacht. Eydcchsen und Schlangen, auch allerlcy Thier und Menschen von Zucker gemacht. Itcm was der Mensch erdenckcn kan von Zucker gemacht." Den Konditoren der damaligen Zeit bereitete es demnach kcinc Schwierigkeiten, alles mögliche aus Tragant und Zucker nachzubilden. Hans Sonntag, Leiter der Schauhalle der Staatli- chen Porzellan-Manufaktur Meissen, bezeichnet dieses Phänomen als „Tragant-Zucker-Kunst" und sieht in ihr sogar eine der Quellen des plastischen Porzellanschaffcns in Europa.' „Ohne Zucker geht nichts" Tragant war eigentlich nur das Bindemittcl für den Zucker, um ihn iiberhaupt formen zu können. Deshalb wurden auch entsprechend groJ5e Mengen des Rohstoffes Zucker benötigt. Seit dem 15..Jahrhundert kam Zucker als Rohr- zucker aus Kuba, Java, Manila, Brasilien und Mauritius. Der Zuckerbäcker reinigte den braunen Kolo- nialzuckcr und brachte ihn in die Form der soge- nannten Zuckcrhüte. Frst als der Zuckeranbau im solltc: HC - Sonderheft Nr. Il94

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Tragant, Devisen und der „Zückerles-Baur"Ein bedeutendes Stück BiberacherGewerbegeschichteVon Sabine Hctzler M. A.,Städtische Sammlungen Bibcrach

Im 19. Jahrhundert entstanden in Biberach zahl­rciche Betriebe, die sich im Lauf der Jahre aus klei­nen Anfängen i n b e t rächtliche Unternehmenwandelten. Das „Reise- und Industrie-Handbuchfür Württemberg" aus dem Jahre 1879 nennt fürHiberach allein 16 Fabriken'. Neben der Blechspicl­w arcnfabrik Rock & G r aner, der O rnat- u n dFahncnfabrik Ncff, der Schlec'sehen Metallkranz­fabrik, der Lieb'schcn Feuerwchrrcquisitenfabrikund der Posamentenfabrik Gersler — um nur einigezu nennen —, zählte dazu auch die Tragantwaren­fabrik der Gebrüder Baur. Sie stellt ein wichtigesStück Hiberachcr Gewerbegcschichte im speziellenund ein bisher nahezu uncrforschtes Kapitcl Kul­turgeschichte im allgemeinen dar. Unter dem Na­men „/ückerlcs-Haur" ist sie bestimmt noch man­chem älteren Hiberacher bekannt.

Die unterschiedlichenVerwendungszwecke von Tragant

Fine genaue Definiton dessen, was Tragant istund wie cr verwendet wurde, gibt das Meyer'seheKonversationslcxikon aus dem Jahr 1897:

. Tragant (Gumtni T ragacanthae), aus d emStamme mchrcrer vorderasiatischer Arten vonAstragalus freiwillig oder nach zufälligen oder ab­sichtlichen Verletzungen ausschwitzendcs Gummi,ist farblos oder gefärbt, hornartig, fast durchschei­nend, zäh, geruchlos, schwillt im Wasser stark auf,gibt gepulvcrt mit 20 Teilen Wasser einen derbenSchleim und b esteht. aus Bassoin, löslichemGummi, Stärkemehl und mineralischen Stoffen.Man unterscheidet: Blätter- oder Smyrnaer T.,große, flache, platte oder bandförmige Stücke mitdachziegelförmig übereinander geschobenenSchichten, als beste Sorte; Morca-T. (Vermicclli),unförmlichc, wulstige oder nudelförmige, gewun­dene oder gedrehte Stücke; syrischen oder persi­schen T., stalaktitenförmigc oder flache, gewun­dene oder gedrehte, mitunter sehr große Stücke. T.wird in der Zcugdruckerei und Appretur, zu Was­scrfarbcn, zu plastischcn Massen, als Bindernittelzu Konditorwaren und in der Medizin benutzt. T.war bereits den Alten bekannt, ebenso den spätemGriechen und den Arabern des frühen Mittelalters.In Deutschland wurde cr im 12. Jahrhundert zuArzneiformcn benutzt, auch fand er bald techni­sche Verwendung."

Tragant als ArzneimittelIm Mittelalter war Tragant eine begehrte Arznei,

der man allerlei „kühlende, fcuchtende, linderndeund stopfende" Wirkung nachsagte. Sie wurde als

Heilmittel bei Husten und Niercnwch, Seitenstc­chcn, Harnbrenncn, auch bei entzündeten Augenempfohlen. Aus dem Jahr 1558 ist ein Rezept für„Tragant-Confect" bekannt, das Heilung bringen

„Diß Confect vom frcmbden Gummi Traganthabereytct man in heftiger Engigkeit der Brust mitZucker, Pinicnkcrnen, Mandeln, Leinsamen undweißem Ingwer."

Tragant in der Konditoreides 16. bis 18. Jahrhunderts

Aufker als Arzneimittel fand Tragant häufig Ver­wendung in der höfischen Konditorei des 16. bis18..Jahrhunderts. Es entstanden mächtige Tischde­korationen zu festlichen Anlässen.

Einem Kochbuch aus dem Jahre 1581, geschrie­ben von „ M . M a r xen Rumpolt, ChurfürstlichMeinztischer Mundtkoch", sind eine ganze Reihevon Rezepten zu entnehmen, die die Herstellungvcrschiedenster Dinge aus einer Tragant-Zuckcr­Masse beschreiben, wie zum Beispiel:„Kalbskopf von Zucker gemacht.Lerchen von Zucker getnacht.Eppfel von Zucker gemacht.Hasclnüß von Zucker gemacht.Melonen von Zucker gemacht.Ein Parmesan Käß von Zucker gemacht.Ein Schloß gemacht von Zucker und alles darein,was in das Schlofk gehört.Kleine Hündtlein von Zucker.Allcrlcy Rosen und Blumen von Zucker gemacht.Allerley Figuren von Zucker gemacht.Eydcchsen und Schlangen, auch allerlcy Thier undMenschen von Zucker gemacht.Itcm was der Mensch erdenckcn kan von Zuckergemacht."

Den Konditoren der damaligen Zeit bereitete esdemnach kcinc Schwierigkeiten, alles mögliche ausTragant und Zucker nachzubilden.

Hans Sonntag, Leiter der Schauhalle der Staatli­chen Porzellan-Manufaktur Meissen, bezeichnetdieses Phänomen als „Tragant-Zucker-Kunst" undsieht in ihr sogar eine der Quellen des plastischenPorzellanschaffcns in Europa.'

„Ohne Zucker geht nichts"Tragant war eigentlich nur das Bindemittcl für

den Zucker, um ihn iiberhaupt formen zu können.Deshalb wurden auch entsprechend groJ5e Mengendes Rohstoffes Zucker benötigt.

Seit dem 15..Jahrhundert kam Zucker als Rohr­zucker aus Kuba, Java, Manila, Brasilien undMauritius.

Der Zuckerbäcker reinigte den braunen Kolo­nialzuckcr und brachte ihn in die Form der soge­nannten Zuckcrhüte. Frst als der Zuckeranbau im

solltc:

HC - Sonderheft Nr. Il94

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16. Jahrhundert in Spanien aufgenommen wurde,entstanden in fast a l len europäischen Staatengroße Betriebe zur Reinigung des Kolonialzuckers.

Zucker war in Deutschland bis in das 17. Jahr­hundert hinein so teuer, daß die unteren und mitt­leren Schichten der Bevölkerung zum Süßen vonSpeisen vornehmlich Honig und verschiedene Si­rupe verwendeten. Auch auf dem Bild „Die Räu­berbande des Schwarzen Veri" von Johann BaptistPflug aus dem Jahre 1824' befinden sich im Bild­vordergrund, inmitten des Dicbesgutcs, in blauesPapier eingewickelte Zuckerhütc. Demnach war inden Augen des Künstlers Zucker noch im 19. Jahr­hundert ein kostbares Gut, wenn er ihn extra inseine Bildkomposition aufnahm.

1747 entdecktc Andreas Marggraf den bedeuten­den Zuckergehalt der Runkelrübe, die den übersee­ischen Rohrzucker in seiner Bedeutung ablöste undZucker für breitere Schichten erschwinglich wer­

nen Zucker darunter und hebt ihn so in einem Topfauf bis man ihn verarbeiten will, dann wirkt mandavon so viel als nöthig ist, auf dem Tisch oder aufeiner Steinplatte so fest ein, daß er sich, wenn er indie Form gedrückt ist, gut abschneiden läßt. Vondieser Masse werden auch kleine Blumen bossirt,sowie Aufgeseztes und Devisen gemacht."Außerdem werden in diesem Handbuch Rezepte

für „,Tragandmasse zu Pastillage, Tragand-Firniß,Aufgesetztes, Kleine Pastillage, Große Pastillage,Pastilltäfelchen, Ausgeschnittene Pastillagen undPastille- oder Tragantblumen" aufgeführt, vor al­lem aber das Rezept zur Herstellung von Devisen:

„Devisen, welche von de r o benangcführtenMasse gemacht werden, werden, aus Doppelfor­mcn' geschnitten. — Die Masse, wenn sie so dickausgcwellt ist, dalk sie die Form völlig ausfüllt, wirdin solche Stückchen geschnitten, wie die Form eserfordert. Damit diese aber nicht spröde werden,legt man mehrere auf einander und stellt sie unterein Schüßel; wenn man dann anfängt auszuschnei­den, so nimmt man ein Stückchen. hervor, drücktes fest in die Form und schneidet es mit dem Tra­gandmesser ab, nimmt dann die Rückseite derForm und verfährt ebenso damit. Sind nun beideTheile abgeschnitten, so macht man sich seineDrath- oder Reisachstückchen zurecht, welche indiejenige Theile der Figur gelegt werden, die gerneabbrechen, z. B. in Kopf, Arme und Füße etc., im­mer aber müßten diese Drähte oder Hölzchcn solang seyn, daß sie noch in den Leib hineinstcchen

den ließ.

Der Biberacher ZuckerhofIm Häuserbuch von Carl Kleindienst gibt es das

Stichwort „Zuckerhof". Dieser wird für die Jahre1730 bis 1740 erwähnt und war der Hinterhof zuGebäuden der „Canditeure" Has und Müller in derHindenburgstraße und am Marktplatz. Hier wur­den vermutlich die für die Konditorei benötigtengroßen Zuckermengen gelagert.

Tragant in der Konditoreides 19. Jahrhunderts

Die Rezepte zur Tra­gantvcrarbeitung dieserZeit sind denen der vor­hergehenden Jahrhun­derte sehr ähnlich,

Die „Gründliche Un­terweisung in der neue­s ten Canditorei. E i nHandbuch für Candito­ren und Frauen", 1840in Schorndorf erschie­nen, gibt zum St ich­wort „Tragand" und sei­ner Verarbeitung fol ­gendes wieder:

„ Tragandmasse z upräparieren.

Will man eine Tra­gandmasse zum Garni­r en p r äparieren, s on immt man au f e i nAchtelpfund T r agandeinen Schoppen Was­ser. Wenn der Tragandalles Wasser eingezogenh at, preßt ma n ih nd urch ein Tuch u n dwird im Reibstein, wel­cher ganz r ein s e inmuß, schön weiß gerie­b en, reibt n och e i nPfund feinen gestoße­

Zwei Model (Vorder- und Rückseite) derDevisen. Städtische Sammlungen Biberach

Firma Gebrüder Baur zur Herstellung von, lnv. 92/1399$ und 92/13996.

Foto; Städtische Sammlungen Biberach

BC . Sonderheft Nr. 1/94

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schenbücher zum geselligen Vergnügen für Lie­bende".

und werden nach den Krümmungen der zu bele­genden Theile gebogen.

Zu diesem Geschäft macht man sich auch vondem cingewirkten Tragand eine Salbe, indem manetwas in ein kleines Gcläß zupft, ein wenig Wasserdaran gießt und zerdrückt, Mit dieser Salbe wirdein Theil des Ausgeschnittenen iibcrfahren und dieDrähte oder R e isachstängelchen daraufgelegt,überstreicht den andern Theil ebenfalls und drücktdann die Formen wohl zusammen und zieht siewieder aus einander, d. h. vom Boden nach demKopfe. Sollten sich die Teile an irgend einer Stelleaufgezogen haben, so drückt man sie wieder zu­sammen und läßt die Figur nur so lange in einerder Formen liegen, bis sie ein wenig abgetrocknetist; während dieser Zeit fährt man mit anderen For­men auf gleiche Weise fort.

In diese Bilder werden gewöhnlich auch Devi­senzenelchen gethan; diese Zettelchen werden zu­sammengelegt und in die Mitte der Figur gebracht,auf dieser Stelle aber darf die Figur nicht bestrichenwerden, damit das Zettelchen nicht anklebt. Hatman auf diese Weise eine Parthie Figuren fertig, sowellt man ein Stiick Tragand Messerrückcndickaus, sezt die Figuren darauf und schneidet dieMasse rundum ab, dann haben sie ihre Böden.

Wenn sie trocken sind, werden sie schön ge­mahlt und mit starkern Gummiwasser oder einembesonders hiezu verfertigten Firniß überzogen, des­sen Beschreibung hier seine Stelle finden soll."

Neben den Rezepten zu Tragant umfaßt oben ge­nanntes „Handbuch" über 400 andere Rezepte fürden Konditor. Er stellte damals auch Kalbslcherpa­steten her, Isländisch Moos, verschiedene lchcns­mittelechte Farben, Lchcrknnpfle etc. Heute wer­den diese Sachen eher im Delikatesscngcschäftoder in einer Apotheke angeboten.

Devisen und ihre Herstellung in BiberachZur Zeit des Biedermeiers wurden nicht nur

„Wechsel auf ausländische Plätze" in der Finanz­welt als Devisen bezeichnet, sondern auch kleine,aus Tragantmasse hergestellte aHcgorische Figür­chen, in welche Zettel mit Wahlsprüchcn eingelegtwaren und die als Freundschaftsgeschenke dien­ten. Die Bezeichnung dieser Figuren war abgeleitetvon der Devise als Sinn- und Wahlspruch, die häu­fig in Wappen vorkam.

Nur sehr wenige dieser Figuren haben sich bisheute erhalten, da man sie nach Erhalt zerbrach,um an den Inhalt zu kommen. Um so wertvollersind daher zwei Wahlsprüche aus dem Nachlaß derFamilie Baur. Sie lauten:

„Kein Feuer, keine Kohle, kann brennen soheiß" [wie meine Liebe zu Dir] und „So wie ichDich liebe, liebe auch mich". Inhaltlich entsprechensie dem, was in der biedermeierlichen Unterhal­tungsliteratur zu finden war. Es sind damit wenigerdie seit dem 18. Jahrhundert geläufigen Unterhal­tungs-, Familien- und Frauenromane gemeint,sondern eher die damals vcrbrcitcte und epo­chenspezifischc Almanach-, Taschenbuch- und Ka­lcndcrlitcratur. Sie hatte Titel wie: „Vergißmein­nicht", „Gedenke mein", „Vielliebchen" oder „Ta­

Verschiedene Devisen der „Tragant-Waren-Fabrik vonGebrüder Baur, Biberach/Riss". Städtische SammlungenBiberach, Inv. 92/13925.

Foto: Städtische Sammlungen Biberach

Biberacher „Conditorey- undSpezereyhändler"

Im Register der Biberacher „Handlungs-Innung"sind für die Jahre 1787 bis 1836 vierundzwanzig„Conditorey- und Spczereyhändler" eingetragen.Wie viclc von ihnen Devisen produziert haben, läßtsich nachträglich nicht mehr genau feststellen.Memminger schreibt 1837 in der Oberamtsbe­schreibung Biberachs zu diesem Thema:

„Drei Devisen-Fabriken — und zwar 1) von Ge­brüder Goll mit 50 bis 40 Arbeitern, 2) GebrüderBaur und Haas ebenfalls von bedeutendem Um­fang, sodann 3) von Straub und Franz. Diese Fabri­ken und außer ihnen noch mehrere Conditoren,deren die Stadt 15 zählt, fertigen alle möglichen Fi­guren, Blumcnstückc aus Tragant mit und ohneDevisen, die sich durch besonders geschickte undgeschmackvolle Ausführung auszeichnen und ei­nen außerordentlich starken Absatz nach demnördlichen Deutschland, nach Polen, Rußland,Schweden, nach den Niederlanden und bis nachAmerika haben. Von Baur war unlängst in Stuttgartein Blumenstück ausgestellt, das als ein wahresKunstwerk bewundert wurde."

Zu diesem „Kunstwerk" schrieb das „Intelligenz­Blatt für den Obcrarntsbczirk Biberach" vom 3..Ja­nuar 1834:

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„Biberach. (I.otteric-Anzeige.) Wir bringen hie­mit zur öffentlichen Anzeige, daß wir zur Ausspic­lung unseres selbst verfertigen, sich im Kunst-Ver­eins-Local in Stuttgart befindlichen Blumen-Ta­bleau von Tragant die allerhöchste K, Erlaubnisnachgesucht und erhalten haben. Dasselbe hat einegroße, demselben angemessene vergoldete Rahme,und den gerichtlichen Schätzungswerth von 36Louisd'or, und wird nach dem Absatz der von derKönigl. Regierung bewilligten 500 Loosc ä 1 fl. perStück, jedoch spätestens bis Monat Mai 1834. unterobrigkeitlicher Leitung gezogen, und die gewin­nende Numlner öffentlich bekannt gemacht wer­

Loose hiezu sind bei uns und bei den Herren J.F.Merklin und Scholl in Stuttgart zu bemerktem Preiszu haben. Geb. Baur"

Die Gebrüder Goll produzierten damals in derGymnasiumstraße. Johannes Stocker, „Devisen­Fabrikant", befand sich in der Zcughausgasse 6,Ebenfalls im IntelhglenX-Blatt annoncierte er 1834,daß er schöne Masken um billigen Preis zu verkau­fen habe, und 1842, daß „einige Mädchen, welcheder Schule entlassen sind", bei ihm gegen gute Be­lohnung Beschäftigung finden würden.

Da die Devisenmacher damals, genau wie dieHersteller von Blech- und Holzspielzeug, ihre Pro­dukte möglichst bunt gestalteten, war die Art derFarbe, die zur Bemalung verwendet wurde, einwichtiges Thema. Sie mußte ungiftig sein. Im Intel­ligenz-Blatt vom 18. Mai 1835 wurde hierzu eineVerfügung des „Ministeriums des Innern" veröf­

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fenthcht, „betreffenddie Vorsichts-Maßre­geln auf die Färbungvon Conditor-Waarenund Kinderspielzeug".Acht Paragraphenbeschrieben g enaue­stens, mit was für Far­ben die Devisenbäcker,Konditoren, Drechsler,F laschner und Z i nn­gießer zu arbeiten hat.­ten sowie die Strafen,die bei Zuwidcrhand­lung xu erwarten wa­ren. Paragraph f ün flautete:

„Sowohl die Verfer­tiger solcher verbote­nen Waaren, als dieje­nigen, welche unge­achtet ihrer Kenntnisvon de r v e rbotenenBeschaffenheit derWaaren Handel damittreiben, sind mit einerPolizeistrafe von zehnGulden zu be legen,vorbehältlich des kri­minal-gericht l ichenVerfahrens, wenndurch ihre Schuld eine

Verletzung veranlaßt worden scyn sollte;" Zu über­prüfen hatten dies die Obcramtsärzte sowie die„Kreis-Medicinalrä the".

Dem zweiten Teil obiger Verordnung wurde eineListe der schädlichen und unschädlichen Farbenbeigefügt; zu letzteren zählten unter anderen:„Gelbe Farbe: Abkochung von Ringelblumen­

Blättern. Saflor. Safran. Färbedistel (Scharte).Färbe-Ginster. Orleans. Oder-Mennig. Curcumc.

Grüne Farbe: Caffeegrün (durch IVJaceriren un­geröstctcr Caffechohnen mit Eyweiß gewonnen).Die frischen Säfte von Schwertlilien, Grünkohl,Spinat, Schaafgarben, März-Veilchenblättern. Ge­mische von unschädlichem Blau mit unschädli­ch em Gelb."

Ein Abfallprodukt aus der Devisen- und Tragant­fabrikation, nämlich „farbiger, in k leine zusam­mengeklebte Papierdüten eingehüllter Zucker­staub" war etwas, was sich sogar Schuljungcn Endedes 19..1ahrhunderts von ihrem Taschengeld lei­sten konnten. So schreibt Adolf Renz-Jordan 1939in seinen Lebenscrinnerungcn über den KonditorLanger beim Riediinger Tor, daß jener „neben aller­lei kunstfertigen Tragantwaren", auch Zuckerab­fälle zu verkaufen hatte, sogenannte „Zucker­gückla" und daß nur der unverwüstliche Magen ei­nes Schuljungen diese, natürlich sehr mindereZuckerqualität en thaltenden K o nditoreiabfälle,gleich dutzendweise verdauen könne. Zumal derPreis für so e in uZuckergücklau nach der Ein­führung der Markwährung (1871) nur einen Pfen­nig betrug.

den.

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Rudolf hatte in Heilbronn bei der Firma Schmidt— einer der bedeutendsten Kolonialwarenfirmen imdamaligen Württemberg — den Beruf des Kauf­manns erlernt.

Sein Bruder Albert dagegen war zuerst bei sei­nem Biberacher Verwandten Konditor Rudhardt indie Lehre gegangen. Nach seiner Lehrzeit ging erauf Wanderschaft. In Paris, das damals in der Kon­ditoreibranche an erster Stelle stand, hatte er einigeJahre gearbeitet und sich im Herstellen feiner,künstlerischer Traganlblumen sowie in der allge­meinen Konditorei ausgebildet.

Bei der Firmengründung im Jahre 1829 war an­fänglich noch Conditor Haas — ebenfalls Baur'schcVerwandtschaft — betcilip gewesen, der zu diesemZeitpunkt nach längerem Aufenthalt in Londonwieder nach Biberach zurückgekehrt war.

Dcr Bctrich befand sich anfangs in der Pflug­s traße 3 ( h eute P f luggasse 2), h i n ter d emBaur'sehen Elternhaus. Später wurde das HausMarktplatz 7 gekauft und darin das Geschäft mit„Comptoir" und einem Laden eingerichtet.

Die Tragantwarenfabrik der Gebrüder BaurDie Baur'sehe Tragantwarenfabrik ist zum ersten

Mal im Verzeichnis der Handlungsinnung vom7. April 1831 aktenkundig, eingetragen in derSparte der Kaufleute, auf den Namen von RudolfAugust Baur, obwohl sie schon 1829 gegründetworden war.

Der Vater Rudolf Baurs war Joseph Martin Baur(1773 — 1839), Rotgerber zu Biberach. Er führte mitChristiane Elisabeth Heiß (1781 — 1869) eine der er­sten konfessioncll gemischten Ehen Biberachs, dieam 4. Juli 1803 in der Kirche Ahlens geschlossenworden war. Für das damalige Bibcrach war diesetwas ganz Besonderes.

.Joseph Martin Baur hatte auch zwei sehr be­kannte Onkel aufzuweisen. Zum einen Ignaz Baur(1727 — 1790) angesehener Goldschmied zu Augs­burg, zum anderen Fidelis Johann von Baur-Brci­tenfeld (1729 — 1808), Kanzler beim Fürstbischof zuEllwangen.

Was die Zahl seiner Kinder betraf, konnte JosephMartin nicht an seine Vorfahren heranreichen. Er

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In der Mitte der Fotografie ist das 1834 von Werkmeister Striltel erbaute zweistöckige Wohn- unan der Promenadestraße 19 (heute Bismarckring 29) zu sehen.

d Firmenqehäude 13au rFoto: Privatbesitz

konnte „nur" mit drei Kindern aufwarten, im Ver­gleich zu acht Geschwistern seines Vaters und viereigenen. Sein ältester Sohn war Rudolf AugustBaur (1808-1876), der mit seinem ein Jahr jünge­ren Bruder Julius Albert (1809 — 1892) die FirmaGebrüder Baur gegründet hatte. Der dr i tte imHunde, Ernst Viktor Baur (1820 — 1885), war in dieFußstapfen seines Vaters getreten und hatte dasRotgerberhandwerk er lernt, war a b e r z u letztebenso im Familienbetrieb tätig gewesen.

Im Jahre 1834 erbaute Werkmeister Strigcl denersten Teil des Fabrikgebäudes vor dem EhingcrTor, in der Promenadestraße 19 (heute Bismarck­ring 29).

Rudolf Baur führte zusätzlich am Marktplatz 25ein „offenes Detailgeschäft mit Spezereywaren undkünstlichen Blumen".

Albert Baur dagegen eröffnete in dem Fabrikge­bäude an der Promenadestraße ebenfalls zusätzlichein eigenes Geschäft mit „Conditorey- und Speze­

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reywaren". Beide sogenannten Detailgeschäfte hat­ten mit der Fabrik nichts zu tun und wurden extraabgerechnet. Gemeinsamer Werbung stand diesaber nicht im Wege, wie das folgende Beispiel zeigt:

„BiberachIn unserm Laden vor dem Ehinger-Thor ist auf'sBeste zu haben:In Zucker eingemachte Kirschen, Weichseln, Jo­hannisbeer, Quitten, Marmeladen von Kirschen,Quitten, Abricots, Himbeer, Hagenbutten, sowie inEssig eingemachte Wcichscln.Ferner in diesem wie in unserm ältern Geschäft aufdem Markt:Erst kürzlich erhaltene frische holländ. Vollhäringe,feine Holländer, Hamburger und Bremer Cigarren,deutsch und franz. Senf, sowie alle übrige bekannteConditorei- und Specerei-Waaren.Indem wir vorstehende Artikel zu gefälliger Ab­nahme bestens empfehlen, sichern wir die mög­lichst billigsten Preise Gehr. Baur."

Daß ohne Reklame kein Geschäft zu machenwar, hatten die Gebrüder Baur früh bemerkt. Des­halb ließen sich ihre Ankündigungen regelmäßig inder damaligen Presse finden. Sie boten stets ihrSortiment zu „billigsten Preisen" an. Jedes Jahrwurde die große Weihnachtsausstellung im Ge­schäft am M arktplatz angepriesen. Die Fi rmabenötigte Personal: .Wir s u chen me h rereMädchen, die mit der Fabrikation der gefiedertenHühner umzugehen verstehen" und verschieden­ste Rohstoffe für ihre Produktionen. Dazu gehörtenR osenblätter, Jasminblütcn, Zwetschgen- u n dKirschkerne, Hasclnüssc sowie „Erbselen" etc.

Schon damals wurden Diebstähle öffentlich be­kanntgegeben, in der Hoffnung so den Täter zu er­wischen. In Zeiten der Rezession, im Jahre 1848,reagiertcn die Brüder sehr flexibel, richteten in ei­nem Teil ihrer Fabrik ein weiteres „Detail-Geschäftin Conditorei-Waaren aller Art in Verbindung mitden nöthigsten Specereiwaaren" ein und schenk­ten darüber hinaus noch Likör aus.

Noch im gleichen Jahr war Rudolf August Baurzum Stadtrat gewählt worden und bedankte sich­natürlich öffentlich:

„Für das mir durch die Wahl zum Stadtrath vonSeiten der Bürgerschaft an den Tag gelegte ehrendeVertrauen danke ich hiemit höflich, und verbindedamit die Versicherung, daß ich dasselbe, soweit esmeine Kräfte bei den jetzig schwierigen Zeitver­h ältnisscn g estatten zu rec h t fertigen m i c hbemühen werde."

Die Familie Rudolf August Batn'sRudolf Baur hatte sich mit einer Tochter des

Kaufmanns Gutermann zum Blumenstrauß ver­heiratet und sie bekamen drei Kinder: Oskar, Victorund Julie. Da seine Frau sehr früh verstarb, wuch­sen die Kinder ohne Mutter auf. Die Tochter ver­heiratete sich später mit dem langjährigen Prokuri­sten der Firma Gutermann, Albert Gebel. Der SohnOskar starb 1864 in Amerika am Gelben Fieber undVictor Baur, ein leidenschaftlicher Klavierspieler,verstarb mittellos im Biberacher Bürgerheim. Kei­nes der Kinder folgte dem Vater im Beruf.

nommen.

„,Julius Albert Baur (1809 — 18921 an seinem 2$stenLebensjahre, anno 1834 gezeichnet von Maler Göser vonBiberach". Privatbesitz.

Julius Albert Baur und seine FamilieNeben Gustav (1846-1932) hatte Albert Baur

mit seiner Frau Barbara, Tochter des ApothekersKneislc aus Ehingen, noch einen weiteren Sohn,Albert (1856 — 1933), sowie eine Tochter, Ottilie.Diese verheiratete sich mit dem EssigfabrikantenErnst Hauth. Der Vater erbaute ihnen in seinemvon der Bleicherstraße bis zur Güterhallenstraße(heute Adolf-Pirrung-Straße) reichenden Garteneine Fabrik mit Wohnhaus — die Hauth'sehe Essig­fabrik.

Gustav machte eine für den Familienbetrieb ge­eignete Ausbildung. Albert hingegen schlug eineganz andere berufliche Richtung ein, er wurdeApotheker.Als am 1. März 1873 das Konkurrenzgeschäft der

Gchr. Goll erworben werden konnte, war RudolfBaur bereits aus der Firma ausgetreten und Alberthatte dafür seinen Sohn Gustav ins Geschäft ge­

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Foto: Städtische Sammlunqen Biberach

Die großen Ausstellungsstückevon Julius Albert Baur

Für die Stuttgarter Lotterie 1834 hatte AlbertBaur ein mächtiges „Blumentableau" ­ einengroßen Strauß aus Tragantblumen — hergestellt,worin er ein hervorragender Meister gewesen war.

Anfang der 1840er Jahre fertigte er eine Nachbil­dung des Kölner Doms aus Tragant und Zucker. DerTurm hatte eine Höhe von etwa einem Meter undinnen ein Glockenwerk zum Läuten. Nach einer

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Dieser Tragantblumenstrauß t<n<rde von Julius AlbertBaur fu'r die Pariser Weltausstellung 1853 gefertigt. Stä d­tische Sammlungen Biberach, lnv. 94/18396.

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Foto: Städtische Sammlungen Biberach

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Ein weiterer aus Tragant gefertigter Blumen­strauß, der auf der Pariser Weltausstellung 1853 ge­zeigt worden war, befindet sich heute im Besitz derStädtischen SammlungenRibcrach.

Einmal stellte Albert Baur die von Wasser umge­bene Feste Scwastopol originalgetrcu her. Auf demWasser schwammen viele Schiffe, die sich, durchein Federwerk angetriehen, bewegten und schau­kelten. Dieses Werk wurde nach Ruf3land verkauft.Kleinere von ihm hergestellte Schaustücke, wieHänsel-und-Gretel-Häuschen sowie andere, ko­misch oder lustig wirkende Szenen, wurden gernevon Konditoren gekauft.Natürüch war die Firma auch bei verschiedenen

Konditoreifachausstcllungcn vertreten, auf denensie regelmäßig Medaillen fiir ihre Arbeit errang, sobeispielsweise anläßlich einer Ausstellung in Hei­delberg im Jahre 1868.

Albert Baur, der „Moschusbaur"Albert Baur (1856 — 1933), der jüngere Sohn von

Julius Albert Baur, hatte eine Ausbildung zumApothckcr absolviert und er langte in Tübingen1883 den Doktortitel. Um das Jahr 1890 erhielt erden Posten eines Fabrikdirektors in einer chctni­schen Fabrik nahe Erfurt. Dort entdeckte er imZuge seiner Arbeit den künstlichen Moschus, einefür die damalige Parfümherstellung äußerst wich­tige Erfindung. Sie wurde in Frankreich patentiert,nachdem die deutsche Industrie den Wert dieserErfindung nicht sofort erkannt hatte. 1893 heira­tete er in Gcrnrode ium Harz und ließ sich dort nie­der. Die Erl<isc aus seiner Erfindung ermöglichtenihm ein Lehen ohne Arbeit. Aus den ErzählungenVorlage waren eigens Model für die Herstellung ge­

fertigt worden. Das Modell wurde 1851 auf derWeltausstellung in London gezeigt und die FirmaBaur für ihr gesamtes Sortiment mit einem Preisausgezeichnet.

Im „Amtlichen Bericht über die Industrie-Aus­stellung aller Völker zu London" von 1853 findetsich folgende kurze Notiz:

„Gebr. Baur aus Bibcrach hatten eine sehr reicheSammlung von Vcrzicrungen aller Art, namentlichaber von Figuren etc. für Kuchenaufsätzc geliefert.Einigen dieser Artikel, namentlich den größeren,konnte eine gewisse künstlerische Behandlungnicht abgesprochen werden; so war z. B. ein ziem­lich großes Modell des Kölner Domes mit Uhr undGlockenwerk vorhanden, das mit vieler Sorgfalt ge­arbeitet war, obwohl man sich einige Abweichun­gen von dem wieder aufgefundenen Plane erlaubthatte. Allein, was die Sammlungam meisten aus­zeichnete, war der gesunde Schwäbische Humor,der sich in vielen der klcincrcn Figuren aussprach,von denen die meisten dem Englischen Publikumerst durch die Interpretation des intelligenten Auf­sehers verständlich wurden. Der Fuchs in Kollerund Kanonen, mit der Pfeife in der Hand, am Weg­weiser haltend, unschlüssig, ob nach Heidelbergoder Tübingen, oder der Storch, aus dessen Büch­senranzcn ein k leines Kind hcrvorsieht, warenDarstellungen, worüber die viclfältigsten Erkundi­gungen eingezogen wurden. Den Gehr. Baur wurdedie Preistnedaiüc zuerkannt."

kommerzienrat Gustav Baur (1846-1932).Foto: Städtische Sammlungen Biberach

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seiner noch heute lebenden Großnichte Luise Hau­schild ist bekannt, daß es eine „Albert-Baur-Stif­tung" gab, die für Festtage ein Ständchen mit Blas­instrumcntcn vom Gigelturm gewährleistete. /u­sätzüch unterstützte er m i t s e inem VermögenAnkäufe für den Biberachcr Kunst- und Altcrtums­verein, maßgeblich durch seinen Bruder Gustavdazu bewegt, damals einer der größten Fördererder Kunst.

Kommerzienrat Gustav BaurGustav Haur (1846 — 1932) hatte zuerst bei sei­

nem Vater das Tragant- und Conditorcigcwcrbc ge­lernt und anschließend ein Jahr bei Professor Koppdie leichen- und Modcllicrschulc besucht. Danachkam er zu seinem Onkel Rudolf Baur als Kauf­mannslchrling ins Geschäft und später, zur weite­

ver absolviert hatte, verstarb schon 1909, im Altervon 37 Jahren, an einem Lungenleiden, Von die­sem Tag an war sein Bruder Julius der allcinigc Fir­meninhaber und hatte von nun an die Geschickedes Betriebes zu lenken.

Gustav Baur senior wurde am 20. Oktober 1920für seine Vcrdicnstc um den Nachlaß der Professo­ren Anton Hraith und Christian Mali die Ehrenbür­gerwürde der Stadt Biberach verliehen. Fr fun­gicrtc nach Malis Tod als Tcstamentsvt>llstrecker,und die Stadt verdankt es seinen Bemühungen,daß der komplette künstlerische Nachlaß vonBraith und Mali an die Stadt Biberach ging und so­rnit iiberhaupt ein Braith-Mali-Muscutn entstehenkonnte. Der Titel des Kommerzicnrates war ihmschon in den Jahren zuvt>r vom wür t tembergi­schen König verliehen worden.

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Foto: Pri vatbesitzGustav Haur junior (l872 — l w9) mit dem vvarensortiment der Firma auf Reisen.

ren Ausbildung, ein Jahr auf eine Handelsschule inStuttgart. Hierauf war er als Kaufmann zwei Jahrein Tricst in Stellung. Nach seinem Eintritt in die vä­terliche Firma machte er v iele Geschäftsreisendurch ganz Deutschland und die Schweiz. Seit1869 war er nicht mehr nur Mitarbeiter, sondernTeilhaber in der Firma.

1870 heiratete er Sofie Schutz, die sofort alsBuchhalterin im Geschäft mithalf. Dieser Ehe ent­stammten vier Kinder: Gustav junior (1872 — 1909),Julius (1877 — 1953), Elly (1873 — 1951) und Marie( 1876 — 1962). Elly v e rheiratete sich m i t d e mMünchner Fabrikanten Joscnhans und Marie mitdem Ravcnsburgcr Pinsclfabrikantcn Stcrkcl. Gu­stav Baur junior, der im cigcncn Geschäft den Be­ruf des Kaufmanns erlernt hatte und weitere Aus­bildungen in Paris, London, Miinchcn und Hanno­

„Betriebs- und Fabrikgeschichteder Firma Gebr. Baur"

Im Jahre 1924 schrieb Gustav Baur senior dieGeschichte seiner Firma nieder. Diese von ihm als„Chronik" bezeichnete Schrift enthält neben derFamilicngcschichtc auch die Hautätigkcitcn derFirma sowie die Betriebs- und Fabrikgcschichtc,aus welcher folgende Passagen stammen:

„Die Devisenfiguren, Militäre, Tiere, Fische etc. wur­den in viel Großen hergestellt. Hierzu wurde Tragant­masse in Holzformen gepreßt, die Vorder- und Rückseitenaufeinander geklebt, wobei ein kleiner Devisenverszetteleingelegt wurde. Dann wurde die Figur auf kleine Stegegestellt. Für das Ausland wurden auch Devisenfür diefranzösische und englische Sprache eingelegt. Die Devisenwurden bemalt. Die l,eitunq hatte Obermaler Roth. ImW/ nter machten dies viele arbeitslose Maurer, die aber im

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Malen sehr gewandt wurden. Es wurden immer Serienvon einem Dutzend Stück auf Hölzer schräg aufgelegt undzusammen g/eichmaßig bemalt, dadurch ging es sehrschnell. Bei Licht saß man um einen runden Tisch und indessen Mitte war ein sogenannter Galgen aufgestellt, mitgefüllten runden Glaskugeln behängt, welche durch einÖ//icht, wie beim Schuster, einen kleinen Lichtschein aufden Arbeitsplatz warfen, wo dann die Devisen einzeln be­malt wurden.

Jede Woche maltejeder Maler tausende Devisen, wel­che die Kinder am Samstag zum Zahltag zu zählen hat­ten. Zum Schluß wurden die Devisen in der Lakierstubedurch eine Lackierfrau lackiert und in alle Länder, auchins Ausland verschickt.Diese Devisenfabrikation hörte Ende der 60er,/ahre

auf. Die Nachfrage nach Devisen wurde durch andere Ar­tikel verdrä nqt. Fs kamen nun die bossierten Figuren auf,Spielzeug und sogenannte Pastillagewaren aller Art,dann Figuren und Heilige unter Glasstürzen, wozu deralte Dreher Maier immer die Holzuntersätze poliert /ie­ferte, ebenso unter ovalen Glasstürzen Gebirgslandschaf­ten in allen Großen, Gegenstände auf Rädern, Eisenbah­nen, Kanonen, Chinesen, Wagen und laufende Eisenbah­nen zum Aujziehen, welche ein Arbeiter, der zugleichUhrmacher war, sehr gut herstellte.

Engel, Amore in allen Größen fertigte das ganze Jahrder erste Arbeiter Zumsteg, auch der Conditor RobertLanger, welcher von Glaz zu uns kam, der Conditor Pfen­der von hier und Conditor Kutter (später Wien) fertigtenGlaube, Liebe, Hoffnung und Engel in 3 Großen. EineFrau war mit Goldkissen etc. ausgerüstet und hattefort­wdhrend die Flügel fur die Engel zu vergolden, so vielwar Bedarf darin. In bossierten Figuren war so großerUmsatz, daß der Arbeiter Kolesch dazu immer nur dieKörper aus geringer Tragantmasse herzustellen hatte.

Große schöne Ritter in Harnisch, wozu eigene Mode/gestochen waren, ca. 50 cm hoch, fertiqte meisterhaft deralte Herr Albert Baur meist in Kreidemasse, dieselbenwurden durch Ma/er Maier in Mettenberg in Ö/ gemalt,sehr schön vergoldet und versilbert. Sie kamen viel nachRußland als Schaustücke.

Nach Spanien kamen massenhaft Heilige nach spani­schen Originalbildern und Affen in allen Variationen,dann das groß fin Quod/ibet Dragee für den Palmtag anMassana in Barcelona.

Oberall hatte man gute Vertreter, so namentlich inLondon (Humbord), der immer die neuesten Bilder lie­ferte, nach welchen die Figuren gemacht wurden, welcheauf Kuchen gestellt wurden, dann auch die englischenMilitä rfiguren zur Zeit des ägyptischen Krieges (/882),alles zeitgemäße Darstellungen, die flotten Absatz fanden.

Im übrigen wurden für Conditoren Amore, Sylphen,Genien und Enge/in a/len Grienangefertigt, hängendeGegenstände für Christbäume, Wickelkinderkörbe undalle möglichen Phantasiegegenstä nde für den Conditoren­bedarf laut ausführlichen Preiskouranten, auch Osterar­tikel und Scherzartikel aller Art.

Das Tragantwarengeschäft von Conditor Zahn inStuttgart wurde am /.3. 4. 1892 samt Formen und Mate­rial käujlich erworben zur Beseitigung dieser kleinenKonkurrenz, um 2000 Mark. Im Anfang wurden vielefranzösische Zuckerdragees von Verdun verkauft bis zuden feinsten echten Mandeldragees, dann auch, als derKapitän-Sirup erfunden war, Rocks und Dropsfabriziert,wozu die erste Drops-Walzmaschine von Birmingham inEngland bezogen wurde.In dem großmütter/ichen Gartenhaus, jetzt Büro der

Essigfabrik, waren eine zeitlang Franzosen, welche guteDragees machten, später war einer immer in der Fabrik,alles noch in der primitivsten Art, so machte man imHausgang sogar Coriander usw. in einem Kupferkesselunter Kohlenfeuer.

Albert Baur (senior), ein inte/ligenter, j/eißiger Mannmachte alles, Schokolade, Likör, sogar im Destillierappa­rat Punsch-Fssenzen und Backwerke im I,aden. Auf Rei­sen wurden die Tierformen zu Schokolade und Karamelvon Zinngießer Gutermann, dann gefiederteVöqel undHühner aller Art, welche hier eine Frau Ililgenbauer zuHause reizend machte, verkauft, dann alle jür Conditorengebräuchlichen Instrumente, Farben, Pinsel, Spritzpa­pier, sonstige Papierblätter usw.

Verpackt wurde damals alles in Werg (Abwerg)', wel­cher von Frauen zu Hause gestrichen wurde, dann in Sei­denpapier gelegt und um die Tragantfiguren gewickeltwurde. Die so verpackten Figuren wurden dann in abge­paßte Kisten mit Fächern gestellt mit Wergunterlage (dasWerg-Klotzen liefertejahraus, jahrein ein MunderkingerAufkaufer). Die Kisten macht unser Schreiner Brä unin­ger auf dem Weberberg. Die flachen Kisten wurden auf­

„Hängende Gegenstände an Christbäume". Seite einesMusterbuches aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun­derts. Städtische Sammlungen Biberach, Inv. 94/18355,

Foto: Städtische Sammlungen Biberach

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einander geschnürt, mit Stroh umwickelt und in Rupfenals Ballot formiert, wodurch die Warejeden Stoß schadlosaushalten konnte, es kamen also immer Ballots zur Bahn,die wir gern zeichneten. Der alte Klotz war Ballotmacher,ein großer krä ftiger Mann.

Der Tragant wurde von einem extra Mann im Reib­stein gerieben, eine schwere Arbeit, bis der maschinelleBetrieb kam.

An Weihnachten war große Weihnachtsaussteliung imgroßen Wohnzimmer bei Rudolph Baur am Markt, wozuAlbert Baur nur die Lehkuclten und eine reiche Auswahlvon allerfeinstern Konfekt liefern mußte — eine Riesenar­beit, bis allesin das Haus auf dem Markt hereingetragenwar —. Durch die Tragantqegenstände war die Ausstel­lung kolossal üppig und reichhaltig, so daß alle Herr­schaften, auch der oberschwäbische hohe Adel zu Besuchder berühmten Weihnachtsausstellung kamen.

Fs war ein Glück, daß man mich gleich auf Reisert inder Zeit von 1868 bis 1874 in ganz Deutschland geschickthatte. Denn auf der Reise lernte ich bald, wie sehr unsere

welcher mir alle meine Formen geschajfen hat und diesehr notwendig gewesen sind (Oktober 1872).Durch diese Verbesserungen und Herstellung von ori­

ginellen Neuheiten, z. B. ein hübsches Kindermädchenmit Wickelkind auf dem Arm, welches durch eine Spiral­feder das Kind sehr hübsch schaukelte und sonstigeScherzartikel, auch weil unsere hübschen Amoren aufGlaskugeln von Conditoren in Norddeutschland auf Tor­ten und Krokantaufsatz vielfach noch Verwendung fan­den, ebenso unsere Bienen zu Bienenkörben etc. hat sichdas Traqantqeschäft zwar gehoben. Allein auf meinenspäteren Reisen in ganz Deutschland machte ich die Er­fahrung, daß durch die billige Pappmache- und Porzel­lanindustrie der Tragantfiguren-Herstellung eine böseI rsatzkonkurrenz entstand und die Verwendung vonTragant bei den Conditoren aus der Mode kam. Nebenbeiverlegte ich mich auf den Vertrieb von Eisformen, vonMühlschlegel, hier, Biskuithasen und Lämmerformen ausTon, Blechformen von Kuserer in Linz, künstlichenChristbäumen etc.

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Postkarte zur I eipziger Messe 1900. Städtische Sammlungen Biberach, Inv. 94118374.Foto: Städtische Sammlungen Biberach

Fabrikate zurückgegangen und von der Konkurrenz, wieMerk in Diez an der Lahn, überholt waren,

Ich habe daher mich zuerst um neue Modelle für Figu­ren, Amorkörper gesorgt, nachdem meine Bemühungenin Paris mit Ausnahme von schö~en Messingtragantblät­tern fehlgeschlagen hatten. In Frankfurt am Main fandich den richtigen Mann, Ph. Schmitz, später Bildhauer,

1874 faßte ich den kühnen Entschluß, auf die Leipzi­ger Messe zu gehen, wo mir Herr Groß in Stuttgart behilf­lich war, in einem Meßlokal Unterkommen zu ftnden, Ichsah bald, daß mit meinen Mustern nichts zu erreichenwar, lernte aber andererseits diejenigen Artikel kennen,welche auf der Messe namentlich für den Export gutenAbsatz versprachen, nämlich Spielwarenartikel, Speise­

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teller und 1<außadenartikel, auf welche ich mich dannmit aller Kraft geworfen habe während meiner 35jähri­qen Geschä ftstä tiqkei t.

Onkel Rudolph meinte immer, ich sollte zur russischenWeltmesse nach Nishi/Nowqorod,qehen, was mir aber zuweit und riskant war. Von Sachse in Gablonzin Böhmenkamen dann reizende billige 10-Pfenniq-Artikel auf, wel­che von uns mit Schaumperlen, kleinen Bijouterien,Spielkarten etc. gefüllt und massenhaft millionenweiseverkauft wurden. Diese wurden dann durch desqleichenreizende Blechartikel von Reichel in Dresden verdrängt.Ich ließ mir eine halbe Million Dampfschiffe machen zumalleinigen Vertrieb, bis alle diese 10-Pfennig-Artikel nach.Iahren ihr Ende fanden, nach großen Umsätzen.

trieb gesetzt —, während ein Arbeiter jahrausjahrein nurQuodlibet, 4 Zentner am Tag, hergestellt hat, und den be­liebten Malzzucker — bis auch diese Fabrikation durchunlohnende Verkaufspreise und große Vakuumfabrikati­onskonkurrenz ihr Ende erreichte, welcher ich aber nichtnachqeweint habe, nach j ahrelanger mühseliqer Arbeit.Den Zucker kaufte man alles Waggonweise, Sirup auchum Doppelzentner 20 — und lieferte fertiqe Quodlibet­Bonbons um Doppelzentner .34, so heruntergerissen wardieser A rtikel geworden.

Die Wiener brachten so kleine Broncetiere nach Leipzigund dies brachte mich auf die Idee zur Ausnützung unse­rer Tragantfabrikation solche in einer Hartmasse= Bron­ceimitation herzustellen. Die IIerstellung einer solchenHartmasse, welche,qeqen Feuchtiqkeit widerstandfä hiqsein sollte, machte viel Sorgen und Schwierigkeiten undmußte damals noch ohne Motor in der Beck'sehen Ma­schinenfabrik durch die Knetmaschine herqestellt wer­den.

Die Artikel mußten auch mit Ölfarben bemalt werden,und da wir dazu keinen Maler hatten, mußte ich ausThüringen Porzellanmaler zunt Malen kommen lassen,~elche qut eingeschlagen hatten und wovon drei heutenoch verheiratet hier sind. Als Modelleur zu den Formenhatte ich den besten Tragantarbeiter Kühn und dann denausgezeichneten taubstummen Modelleur loser, der miralle Ideen nach Wunsch ausqezeichnet auszuführen im­stande war, bis mein Sohn Julius von seiner Ausbildunqheim kam.

Mein Sohn Julius brachte dann mit der Zeit diesenSpezialartikel, welcher heute noch existiert, in andereBahnen in den humoristischen Genre, als Badeartikelund zum Fremdenverkehr im In- und Ausland zum Ex­port, wozu unser Besuch der Leipziger Messe sich als sehrzweckmaßig und lohnend j ederzeit erwiesen zeigte — dennnur durch die Leipziger Messe haben wir uns eine guteExportkundschaft in allen europäischen Exportländernund Amerika geschaffen. Das war der Erfolg und Segenunserer I,ei pziger Messe-Aufnahme, welche wi r sonst nie­mals in diesem Maße erreicht haben würden."

Musterblatt zum Firmensortiment unter der Leitung vonKommerzienrat Gustav Baur: Kaujladenartikel. Städti­sche .Sammlungen Biberach, Inv. 94/18289- 14.

Foto: Städtische Sammlungen Biberach

Unsere Bonbonwarenfabrikation wurde zuerst durchKonditor Schelle in kleinen 13etrieben, im I.abor — nachdem .Stockaufbau im vergroßerten Maßstab in die bishe­rige Küche und Nebenzimmer verlegt mit 2 f.aboranten,und Zucker und Sirup durch maschinelle Vorrichtungenhinten aufgezogen — schließlich im qebauten Neubau einneues Bonbon-l.aboratorium eingerichtet mit ersten La­boranten ä la llonig etc., die mir viel Sorgen und Verdrußbereiteten — durch Anschaffunq eines Gasmotors eine ma­schinelle Bonbonmaschine für Maschinenbonbons in Be­ Foto: Pri vatbesitz.Iulius Baur (1877 — 1953).

13C Sonderheit Nr. 1/94

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Julius Baur­Gber 100 Jahre Tragantwarenfabrik

nen Baur umfassenden, 100jährigen Firmenge­schichte. Nach dem raschen Tode seines älterenBruders Gustav war er im Jahr 1910 zum Alleirun­haber der Firma geworden.

Julius Baur hatte aufgrund seiner guten Bega­bung für Zeichnen und Modellieren die Industrie­schule in Sonneherg/Thüringen, eine Porzellanmo­dellierschule, besucht. Danach war cr zur wcitercnAusbildung in Wien gewesen und hatte anschlie­fhend in Paris eine bildhauerische Ausbildung imUmfeld Rodins absolviert. Zum Zeitpunkt der Fir­ntcnübernahtne war er bereits ein Jahr mit HedwigKlccmann aus Faurndau bei Göppingen verheira­tet. Ihrer Familie gehörten „Kleemanns VereinigteFabriken Obertürkheim und Faurndau". JuliusBaur beschreibt die Heirat rückblickend als sein„größtes Glück". Drei Kinder entstammen dieserEhe, zwei Mädchen und ein Junge. Beide Töchterleben heute noch.

die Firma 2mal im Jahre nahezu ganz Deutschlandbereisen mit einer ausgedehnten Kollektion ihrereigenen Erzeugnisse sowohl, als mit Handelsarti­keln, jeweilsfür Ostern oder Weihnachten passend.Die Vertreter bieten die in der Fabrik selbst herge­stellten Conditoreiwaren: Schaumzuckerwaren,Baiser-, Fondant-, Creme-Artikel & b esondersschön gearbeitetes Marzipan in reicher Auswahl an& führen zugleich eine, den feinsten Geschmackbefriedigende, wie auch in einfacheren Geschäftengesuchte, grosse Auslese von Handclsartikeln fürConditorcien & Confiscricn mit. Angefangen beiPralinenhülsen & Papierservictten finden wir ge­schmackvolle 13onbonicsrcn & Ostereier in a l lenGrössen gediegen ausgeführt, sogar in Seide odermit Handmalerei versehen. Wir sehen vielseitigePapiermacheartikcl & N i k o läusc, Tiere, Vögel,Ostcrhascn, Früchte & sonstige Attrappen, hoch­feine Japandosen & Schatullen & endlich für dieConditorei geeignete I.uxuswaren aus Glas & Por­zellan wiederum von billigen bis zur feinsten Art.

Julius Baur war der letzte in der drei Generatio­

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./ulius Baur (links) mit seiner Frau lledwig Haur geh. Eleemann (2. von links) und Freunden vor den 8aursc/ten Häu­sern. Das Eckgebäude wurde /875 um ein Stockwerk erweitert. Foto: Privatbesitz

.Jeder, der im letzten Jahre die deutsche Condi­torcifachausstcllung in iViünchen besuchte, wirdsich noch gerne der grossen Ausstellung der Firmaerinnern, die berechtigtes Aufsehen erregte durchihre ungemeine VieLseitigkeit & wir hoffen, dasssich die Verhältnisse in Deutschland in der näch­sten Zeit so gestalten, dass es dem Hause vergönntist, unter dem derzeitigen Alleininhaber, Herrn Fa­brikant Julius Baur, in 7 Jahren sein 100-jährigeswürdig zu begehen."

Im folgenden beschreibt .Iulius Baur den Standscincr Firma im Jahre 1922:

„Merkwürdigerweise machte sich in dem letztenJahrzehnt auch wieder eine überaus lebhafte Nach­frage nach Tragantwaren für die Conditoreiwaren­branche im Ausland bemerkbar; seither werdenwieder Amoretten, Brautpaare, Störche & Tragant­blätter als Tortenverzierungen in grossen Mengenerzeugt & nach Dänemark, Schweden, Amerika,England etc. ausgeführt. Durch ihre Vertreter lässt

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„Das Schreiner Kraissche Anwesen vor dem Brand im Juli l9l9", eine aquarellierte Bleistift- und 7)tschezeichnungvon Julius Baur. Städtische Sammlungen Biherach, lnv. 89/93. Foto: Städtische Sammlungen Biberach

Die Firma Baur hat zu dieser Zeit vermutlichauch für den durch seine vorgeschichtlichen For­schungen bekannten Biberacher Zahnarzt und Ar­chäologen Heinrich Forschner (1880 — 1959) kleineFiguren aus Tragant speziell angefertigt. Siegehören in das Modell einer jungsteinzeitlichenMoorbausiedlung.' Dargestellt werden beispiels­weise ein speerwerfender Mann, eine Frau amMahlstein sitzend, verschiedene Tiere und ein Bo­genschütze.

Neben der Leitung der Firma pflegte Julius Baursehr intensiv die Malerei. Im Bestand der Städti­schen Sammlungen Biberach haben sich zahlreicheseiner Aquarelle erhalten. Jeder malerische Winkelin der Stadt wurde von ihm aufgestöbert und imBilde festgehalten. Auf seinen Reisen begleitete ihnimmer ein Skizzenbuch und der Aquarellblock.

Im gesellschaftlichen Leben Biberachs der 20erJahre spielte cr eine große Rolle. Lange Zeit war crVorsitzender des Kunst- und Altertumsvcrcins Bi­berach und hat den damaligen Biberacher Stadt­baumeister Richard Preiser (1845 — 1919) bei seinerArbeit zu einer Bauchronik von Biberach tatkräf­tigst unterstützt. Leider konnte diese Chronik erstneun Jahre nach dem Tode Preisers vom Biber­acher Kunst- und Altertumsverein (aufgegangen inder Gesellschaft für Heimatpflege Biberach e.V.)herausgegeben werden.

Außerdem war er Mitbegründer des Tennisdubsund langjähriger Vorstand der damals sehr aktivenCasinogesellschaft, der schon sein Vater angehörthatte.

In seinen persönlichen Aufzeichnungen, die1945 entstanden sind, schreibt er:

„Am Sonntag den 18. November 1877 bin ich ge­boren als die Glocken in die Nachmittagskirchc läu­teten. Ich hatte stets die Empfindung, dass ich einSonntagskind sei b dass das Schicksal es sehr gutmit mir meinte. Ich wohnte in einem schönen gros­sen Hause in dem kein Mangel war & hatte einewirklich schöne & sorgenlose Kindheit." Nachschweren Jahren der weltweit herrschenden Wirt­schaftskrise konnte im Jahre 1929 die Firma unterJulius Baur tatsächlich noch ihr 100jähriges Ju­biläum feiern, wurde dann aber schon drei Jahrespäter aus wirtschaftlichen Gründen verkauft. VieleFirmen hat damals das gleiche Schicksal ereilt, un­ter anderem auch die Biberacher Metallwarenfa­brik, vormals Firma Otto Schlee oder die nachBlaubeuren abgewanderte Feuerwehrrequisitenfa­brik Lieh.

Ein bedeutendes Kapitcl Bibcracher Gcwerbege­schichte ging damit zu Ende.

QuellenDepositum Luise Hauschild geb, Baur.Chronik der Firma Gebrüder Baur, gegründet 1829 in Bi­berach an der Riß, nach Aufzeichnungen von Kom­merzienrat Gustav Baur (Biberach 1924).

Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Biberach. Jahr­gänge 1831, 1834, 1837, 1838, 1842.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Bi­berach. Jahrgänge 1848, 1849, 1859, 1860.

Anzeiger vom Oberland. Jahrgänge 1900, 1930.

BC Sonderheft Nr. 1/94

Page 14: Tragant, Devisen und der „Zückerles-Baur Ein bedeutendes ...¤tter-für-den-Kreis... · Tragant, Devisen und der „Zückerles-Baur" Ein bedeutendes Stück Biberacher Gewerbegeschichte

I.iteratur

Bernhard, 3ulius: Reise- und Industrie-Handbuch fürWürttemberg und die angrenzenden Länderstrichc derNachbarstaaten Baden, Bayern, Oesterreirh (Vorarl­berg) und Schweiz. Stuttgart 1879.

Gründliche Unterweisung in der neuesten Canditorei. EinHandbuch für Canditoren und Frauen. Schorndorf1840.

Hcysc, K. W. I..: Handwörterbuch der deutschen Sprache.Bd. 1, Magdeburg 1833, Bd. 2, Magdeburg 1842, Bd. 3,Magdeburg 1849.

Himmelheber. Georg: Kunst des Biedermeier 1815 — 1835.München 1988.

Kleindienst, Cash Beiträge zu einem Häuserbuch derKreisstadt Biberach. Biberach 1961.

Mcmminger, v.: Beschreibung des Obcramts Biberach.Stuttgart und Tiibingen 1837.

Meyer's Konversationslexikon. Bd. 1 — 15. 5. Auflage,Wten und Leipzig, 1894-1897.

Sonntag, Hans: Zur „Tragant-Zucker-Kunst" der Condito­ren als eine der Quellen des plastischen Porzellanschaf­fens in Europa. In: Schriften aus dem Zucker-Museum.Bd. 29. Berlin 1992. S. 169 — 194.

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Anmerkungen

1 Nach der württembergischen Gewerbeordnung von1861 war die „Fabrik" ein Unternehmen, das mehr als20 Arbeiter beschäftigtc.

2 siehe Literaturvcrzcichnis3 Das Bild befindet sich im Besitz der Städtischen Samtn­

lungen Biberach.4 Diese sogenannten Doppelformen waren 2 Model, ei­

nes für die Vorderseite und eines für die Rückseite einerFigur und sie wurden aus Buchsbaumholz gefertigt.

5 Werg ist Abfall, der beim Hecheln von Flachs oder Hanfcntstcht.

6 Die Moorbausiedlung samt Figuren befindet sich alsTeil der Sammlung Forschncr bei den StädtischcnSammlungen Biberach. Daß die Figuren aus Tragantbestehen wurde bei einer umfassenden Restaurierungdes Objektes festgestellt.

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Musterblatt mit Reiseandenken („/nippes") aus dem .Iu­bilä umsanqebot der Iirma l929. Städtische SammlunqenBiberach, Inv. 94/182911-5.

Herzlicher Dank gilt I.uise und Max Hauschild, ohne de­ren freundliche und großzügige Unterstützung dieserAufsatz nicht möghch gewesen wäre.Foto: Städtische Sammlungen Biberach

BC . Sonderheft Nr. 1/9434