Trend-zu-mehr-Nachhaltigkeit-tip-2010-03

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16 10 | 10 10 | 10 nachhaltiger tourismus Die Welt liegt in unseren Händen. Im Tourismus zumindest ist ein deut- licher Trend zur Nachhaltigkeit zu erkennen Weltweiter Trend zu mehr Nachhaltigkeit Phocus Wright Studie Auf der ITB in Berlin wird es wieder einen Schwerpunkt zu unter- nehmerischer Sozialverantwortung im Tourismus geben. Auch beim World Travel Market in London zog sich das Thema durch das gesamte Veranstaltungsprogramm. Die Branche stellt sich dem Thema Nachhaltigkeit. Neue Studien aus den USA legen nun Daten vor, die belegen: Nachhaltigkeit lohnt sich. „Corporate Social Responsibility (CSR) ist kein Mo- dethema, sondern soziale Notwendigkeit sowie Vo- raussetzung für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen,“ informiert das Portal zum ITB-Kongress. Auf dem ‚führenden Think Tank der weltweiten Reiseindustrie’ wird es 20 Veranstaltungen zum Thema geben. Vor- bei die Zeiten von Wollpulli-Trägern mit erhobenem Zeigefinger. Die Panels beim CSR-Day sind besetzt mit hochkarätigen Köpfen aus Politik, Wirtschaft, Presse und Wissenschaft. „Green is mainstream,“ vermeldet denn auch eine neue Studie des renom- mierten Tourismus-Marktforschungsunternehmens Phocus Wright (PW). Umweltbewusstsein steigt Klimawandel und knapper werdende Ressourcen hinterlassen ihren Eindruck im öffentlichen Bewusst- sein. So sind zum Beispiel für 44% der US-Reisenden die Umweltauswirkungen ihrer Reise ein wichtiges Entscheidungskriterium. Der Tourismus sieht sich veränderten Rahmenbedingungen ausgesetzt. Ihm steht ein Wandel bevor wie „letztmals zu Beginn des Jet-Zeitalters, prognostizieren die US-Forscher von Community Marketing Inc. Für die Green Traveler Study 2009 zu „grünen Reisen“ haben sie fast 1.800 öko-bewusste Reisende befragt: „Wer sind die grünen Reisekonsumenten und was bedeutet grün reisen für sie? Was sind ihre Erwartungen, Werte, Einstellungen und ihr Verhalten?“ Kundinnen und Kunden fordern zunehmend von den Anbietern angepasste Produk- te ein. Es geht heuer nicht mehr darum, ob Nachhal- tigkeit das Kaufverhalten beeinflusst, sondern wie. Verwirrende Vielfalt Nachhaltigkeit - ein abstraktes Phänomen. So wirk- lich erreichen lässt sie sich nicht, es ist mehr ein Prozess denn ein Ziel. Wenig erstaunlich ist daher die Erkenntnis, dass der Markt nachhaltiger Reise- angebote kein abgegrenztes Segment, sondern vielmehr ein Spektrum darstellt. Die Antworten, was alles öko ist, reichen von mehrfach benutzten Handtüchern in Business-Hotels bis zu freiwilligen Müll-Sammel-Expeditionen im Himalaja. Ähnlich weit ist die Bandbreite auf der Angebotsseite: Mehr als 350 grüne Reisezertifizierungen sorgen bei den Konsumentinnen und Konsumenten eher für Verwirrung, denn für Klarheit. Über die Hälfte der Befragten aus der Phocus Wright Studie gaben an, skeptisch zu sein gegenüber dem, was ihnen die Firmen über ihre Umwelt-Aktivitäten erzählen. Auf Selbsteinschätzung basierte Fragebögen werden folglich kritisch gesehen. Externe Bewertungen sind ein besser akzeptierter Indikator, dass Anbieter wirklich umweltfreundlich sind. Teures Grün? Kundinnen und Kunden sind bereit für grüne Reisen tiefer in die Tasche zu greifen. Nicht alle, versteht sich, aber laut PW-Studie immerhin knapp ein Drittel. Vo- raussetzung ist allerdings, dass die entsprechenden Produkte auch glaubhaft sind und leicht identifiziert werden können. Weiters wichtig: Die Kundschaft weiß, dass Umweltschutz auch ökonomische Vorteile bringen kann. Energie- und Wassersparmaßnahmen reduzieren die Betriebskosten und an diesem Preis- vorteil will auch der Gast teilhaben. Höhere Preise lassen sich nur über Produkte rechtfertigen, die dem Unternehmen nicht offensichtlich Geld sparen. Trotz erhöhter Preistoleranz ist die Feststellung interessant, dass Nachhaltigkeit nur indirekt Einfluss auf die Kauf- bzw. Buchungsentscheidung auszuüben scheint. Die Hauptfaktoren sind immer noch Preis, Komfort und Reiseziel. Wie sag ich’s meiner Kundschaft? Als Erfolgsfaktor ist für die Unternehmen wichtig, die Kundenbedürfnisse richtig zu erkennen, ent- sprechende Angebote zu gestalten und diese rich- tig zu kommunizieren. Was noch weitgehend fehlt ist der gefühlte Nutzen der Öko-Angebote. Hier ist das Marketing gefordert: Gute Luft und ungiftige Teppichböden sind greifbarer für Kundinnen und Kunden als abstrakte Labels. Sie wollen klare Fakten in einem Kontext, den sie verstehen. „Wie unterstützt mich der Anbieter in meinem grünen Lebensstil?“, lautet die Frage. Was die Firma oder das Produkt selbst direkt für die Umwelt tun, ist von nachran- giger Bedeutung. Man mag selbst etwas tun, und über die eigenen Erfahrungen auch berichten. Von stets zunehmender Wichtigkeit ist in diesem Kon- text der Einfluss des interaktiven Internet (Stich- worte: Social Media, Web 2.0). Die Digitalisierung der Mund-zu-Mund-Propaganda fordert auch von der klassischen Werbung mehr Kreativität. Je leich- ter Empfehlungen und Bewertungen anderer Rei- sender verfügbar sind, desto weniger greifen ‚So ist es-B2C’-Nachrichten. Die Gäste wollen mit den Anbietern kommunizieren und diese sind schlecht beraten, wenn sie keine Plattform dafür bieten. Wer über ein Produkt oder eine Leistung seine Meinung mitteilen will, der wird es tun. Die Frage für Unter- nehmen ist, wie sie diese Kommunikation zu ihrem Vorteil nutzen können. Graue Maus MICE? Im Geschäftsreisemarkt wird Umweltschutz bisher eher gepredigt als praktiziert, so lautet ein Ergeb- nis der Green Traveler Study 2009. Obwohl CSR und Umweltfreundlichkeit in immer mehr Unternehmen integriert wird, sind bisher nur wenige bereit auch mehr Geld für CO2-Ausgleich ihrer Flugreisen und grüne Unterkünfte auszugeben. Bewegung gibt es hingegen im Eventbereich. Dieser zeigt ein zuneh- mendes Interesse an Umweltaspekten: Ob gute öffentliche Verkehrsanbindung, regionales Essen, Telekonferenzen oder Recycling – Grüne(re) Events liegen im Trend. Die Meeting-Branche ist damit wich- tiger Impulsgeber, denn es geht meist um große Vo- lumen. Dass beides zusammen geht, zeigt das ITB Team: Dessen Ziel ist nicht der Verzicht auf Mobilität, sondern ‚intelligente Mobilität’. Ein Umdenken hat begonnen. von Marcus Bauer (respontour) Foto: istockphoto.com infos Die „Green Traveler Study 2009“ kann kostenfrei bestellt werden unter http://cmigreen.com Die Zusammenfassung der Studie “Going Green: The Business Impact of Environmental Awareness on Travel” ist als pdf verfüg- bar unter http://travelgreen.org/files/PhocusWright.pdf Informationen zu weiteren Phocus Wright Studien unter http://www.phocuswright.com

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16 10 | 1010 | 10nachhaltiger tourismus

Die Welt liegt in unseren Händen. Im Tourismus zumindest ist ein deut-licher Trend zur Nachhaltigkeit zu erkennen

Weltweiter Trend zu mehr Nachhaltigkeit Phocus Wright Studie

Auf der ITB in Berlin wird es wieder einen Schwerpunkt zu unter-nehmerischer Sozialverantwortung im Tourismus geben. Auch beim World Travel Market in London zog sich das Thema durch das gesamte Veranstaltungsprogramm. Die Branche stellt sich dem Thema Nachhaltigkeit. Neue Studien aus den USA legen nun Daten vor, die belegen: Nachhaltigkeit lohnt sich.

„Corporate Social Responsibility (CSR) ist kein Mo-dethema, sondern soziale Notwendigkeit sowie Vo-raussetzung für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen,“ informiert das Portal zum ITB-Kongress. Auf dem ‚führenden Think Tank der weltweiten Reiseindustrie’ wird es 20 Veranstaltungen zum Thema geben. Vor-bei die Zeiten von Wollpulli-Trägern mit erhobenem Zeigefinger. Die Panels beim CSR-Day sind besetzt mit hochkarätigen Köpfen aus Politik, Wirtschaft, Presse und Wissenschaft. „Green is mainstream,“ vermeldet denn auch eine neue Studie des renom-mierten Tourismus-Marktforschungsunternehmens Phocus Wright (PW).

Umweltbewusstsein steigtKlimawandel und knapper werdende Ressourcen hinterlassen ihren Eindruck im öffentlichen Bewusst-sein. So sind zum Beispiel für 44% der US-Reisenden die Umweltauswirkungen ihrer Reise ein wichtiges Entscheidungskriterium. Der Tourismus sieht sich veränderten Rahmenbedingungen ausgesetzt. Ihm steht ein Wandel bevor wie „letztmals zu Beginn des Jet-Zeitalters, prognostizieren die US-Forscher von Community Marketing Inc. Für die Green Traveler Study 2009 zu „grünen Reisen“ haben sie fast 1.800 öko-bewusste Reisende befragt: „Wer sind die grünen Reisekonsumenten und was bedeutet grün reisen für sie? Was sind ihre Erwartungen, Werte, Einstellungen und ihr Verhalten?“ Kundinnen und Kunden fordern zunehmend von den Anbietern angepasste Produk-te ein. Es geht heuer nicht mehr darum, ob Nachhal-tigkeit das Kaufverhalten beeinflusst, sondern wie.

Verwirrende VielfaltNachhaltigkeit - ein abstraktes Phänomen. So wirk-lich erreichen lässt sie sich nicht, es ist mehr ein Prozess denn ein Ziel. Wenig erstaunlich ist daher die Erkenntnis, dass der Markt nachhaltiger Reise-angebote kein abgegrenztes Segment, sondern vielmehr ein Spektrum darstellt. Die Antworten, was alles öko ist, reichen von mehrfach benutzten Handtüchern in Business-Hotels bis zu freiwilligen Müll-Sammel-Expeditionen im Himalaja. Ähnlich weit ist die Bandbreite auf der Angebotsseite: Mehr als 350 grüne Reisezertifizierungen sorgen bei

den Konsumentinnen und Konsumenten eher für Verwirrung, denn für Klarheit. Über die Hälfte der Befragten aus der Phocus Wright Studie gaben an, skeptisch zu sein gegenüber dem, was ihnen die Firmen über ihre Umwelt-Aktivitäten erzählen. Auf Selbsteinschätzung basierte Fragebögen werden folglich kritisch gesehen. Externe Bewertungen sind ein besser akzeptierter Indikator, dass Anbieter wirklich umweltfreundlich sind.

Teures Grün?Kundinnen und Kunden sind bereit für grüne Reisen tiefer in die Tasche zu greifen. Nicht alle, versteht sich, aber laut PW-Studie immerhin knapp ein Drittel. Vo-raussetzung ist allerdings, dass die entsprechenden Produkte auch glaubhaft sind und leicht identifiziert werden können. Weiters wichtig: Die Kundschaft weiß, dass Umweltschutz auch ökonomische Vorteile bringen kann. Energie- und Wassersparmaßnahmen reduzieren die Betriebskosten und an diesem Preis-vorteil will auch der Gast teilhaben. Höhere Preise lassen sich nur über Produkte rechtfertigen, die dem Unternehmen nicht offensichtlich Geld sparen. Trotz erhöhter Preistoleranz ist die Feststellung interessant, dass Nachhaltigkeit nur indirekt Einfluss auf die Kauf- bzw. Buchungsentscheidung auszuüben scheint. Die Hauptfaktoren sind immer noch Preis, Komfort und Reiseziel.

Wie sag ich’s meiner Kundschaft?Als Erfolgsfaktor ist für die Unternehmen wichtig, die Kundenbedürfnisse richtig zu erkennen, ent-sprechende Angebote zu gestalten und diese rich-tig zu kommunizieren. Was noch weitgehend fehlt ist der gefühlte Nutzen der Öko-Angebote. Hier ist das Marketing gefordert: Gute Luft und ungiftige Teppichböden sind greifbarer für Kundinnen und Kunden als abstrakte Labels. Sie wollen klare Fakten in einem Kontext, den sie verstehen. „Wie unterstützt mich der Anbieter in meinem grünen Lebensstil?“, lautet die Frage. Was die Firma oder das Produkt selbst direkt für die Umwelt tun, ist von nachran-giger Bedeutung. Man mag selbst etwas tun, und über die eigenen Erfahrungen auch berichten. Von stets zunehmender Wichtigkeit ist in diesem Kon-text der Einfluss des interaktiven Internet (Stich-

worte: Social Media, Web 2.0). Die Digitalisierung der Mund-zu-Mund-Propaganda fordert auch von der klassischen Werbung mehr Kreativität. Je leich-ter Empfehlungen und Bewertungen anderer Rei-sender verfügbar sind, desto weniger greifen ‚So ist es-B2C’-Nachrichten. Die Gäste wollen mit den Anbietern kommunizieren und diese sind schlecht beraten, wenn sie keine Plattform dafür bieten. Wer über ein Produkt oder eine Leistung seine Meinung mitteilen will, der wird es tun. Die Frage für Unter-nehmen ist, wie sie diese Kommunikation zu ihrem Vorteil nutzen können.

Graue Maus MICE?Im Geschäftsreisemarkt wird Umweltschutz bisher eher gepredigt als praktiziert, so lautet ein Ergeb-nis der Green Traveler Study 2009. Obwohl CSR und Umweltfreundlichkeit in immer mehr Unternehmen integriert wird, sind bisher nur wenige bereit auch mehr Geld für CO2-Ausgleich ihrer Flugreisen und grüne Unterkünfte auszugeben. Bewegung gibt es hingegen im Eventbereich. Dieser zeigt ein zuneh-mendes Interesse an Umweltaspekten: Ob gute öffentliche Verkehrsanbindung, regionales Essen, Telekonferenzen oder Recycling – Grüne(re) Events liegen im Trend. Die Meeting-Branche ist damit wich-tiger Impulsgeber, denn es geht meist um große Vo-lumen. Dass beides zusammen geht, zeigt das ITB Team: Dessen Ziel ist nicht der Verzicht auf Mobilität, sondern ‚intelligente Mobilität’. Ein Umdenken hat begonnen. von Marcus Bauer (respontour) ❖

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Die „Green Traveler Study 2009“ kann kostenfrei bestellt werden unter http://cmigreen.comDie Zusammenfassung der Studie “Going Green: The Business Impact of Environmental Awareness on Travel” ist als pdf verfüg-bar unter http://travelgreen.org/files/PhocusWright.pdf Informationen zu weiteren Phocus Wright Studien unter http://www.phocuswright.com