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TROPFBLUT - lifedays-seite.de · 1915, Verlag der Sturm, Berlin W9. Druckerei für Biblio-philen...
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TROPFBLUT
Gedichte, Stramm August
1915, Verlag der Sturm, Berlin W9. Druckerei für Biblio-philen Berlin SW 68, Lindenstr. 2
Digitalisat BSB Bayerische StaatsBibliothek
Cover Am Rande des Abgrund, Walter Kurt Wiemken, 1936wikimedia
Herwarth WaldenDir!Du Werker! Du Bewusster!DeinAugust Stramm
Im Felde 1915
Inhaltsverzeichnis
Tropfblut
Signal
Angriff
Vernichtung
Zagen
Wunde
Vorfrühling
Wacht
Wecken
Werttod
Schlacht
Patrouille
Der Ritt
Schlachtfeld
Schrei
Sturmangriff
Traumig
Triebkrieg
Urtod
Gefallen
Gewitter
Granaten
Wache
Granatfeuer
Haidekampf
Kriegsgrab
Abend
Im Feuer
Krieg
Mairegen
Der Morgen
Abend
Frostfeuer
Schwermut
Frage
AUGUST STRAMM
Impressum
SIGNAL
Die Trommel stapftDas Horn wächst aufUndSterben stemmtDas Haupt durch flattre SterbenSträubtGehen GehenSträubenGehtUnd geht und gehtUnd geht und gehtUnd geht und geht und geht und gehtGehtStapftGeht.
ANGRIFF
TücherWinkenFlatternKnatternWinde klatschenDein Lachen wehtGreifen FassenBalgen ZwingenKußUmfangenSinkenNichts
VERNICHTUNG
Die Himmel wehenBlut marschiertMarschiertAufTausend Füßen
Die Himmel wehenBlut zerstürmtZerstürmtAufTausend Schneiden
Die Himmel wehenBlut zerrinntZerrinntInTausend Fäden
Die Himmel wehenBlut zersiegtZersiegtInTausend Scharten
Die Himmel wehenBlut zerschläftZerschläftZuTausend Toden
Die Himmel wehenTod zerwebtZerwebtZuTausend Füssen
ZAGEN
Die Himmel hangenSchatten haschen WolkenAengsteHüpfenDuckenReckenSchaufeln schaufelnMüde StumpfVersträubtDie Gehre Gruft
WUNDE
Die Erde blutet unterm HelmkopfSterne fallenDer Weltraum tastetSchauder brausenWirbelnEinsamkeitenNebelWeinenFerneDeinen Blick
VORFRÜHLING
Pralle Wolken jagen sich in PfützenAus frischen Leibesbrüchen schreien Halme StrömeDie Schatten stehn erschöpftAuf kreist die LuftIm Kreisen, weht und heult und wälzt sichUnd Risse schlitzen jählings sichUnd narbenAm grauen LeibDas Schweigen tappet schwer herabUnd lastet!Da rollt das Licht sich aufJäh gelb und springtUnd Flecken spritzen —VerbleichtUnd Pralle Wolken tummeln sich in Pfützen
WACHT
Die Nacht wiegt auf den LidernMüdigkeit flackt und necktDer Feind verschmiegtDie Pfeife schmurgtVerlorenUndAlle RäumeFröstelnSchumpfigKlein
WECKEN
Die NachtSeufztUm die schlafen SchläfenKüsseEisen klirrt zerfahlenHasst reckt hochUndSchlurrt den Traum durch FurchenWiehern stampftSchatten lanzt der WaldIns Auge tränenSterneUnd Ertrinken
WERTTOD
Fluchen hüllt die ErdeWehe schellt den StabMorde keimen WerdeLiebe klaffen GrabNiemals bären EndeImmer zeugen JetztWahnsinn wäscht die HändeEwigUnverletzt
SCHLACHT
Aechzen ringtUndStampfet in die ErdePacken würgtUndWindet wühlt und stemmtDie Lüfte stehnUndKlammern krampfzerrissenZerfetzen krachtUndSchellet gell zu BodenDas Wissen stocktDie Hoffnung bebt und starrtDie Ahnung blutetSchreien wächst emporDas LebenFlammtDie letzten BrändeSprühenWildKralltDas SterbenAufZum HimmelDas Taglicht sticktDie NachtFlort umDas Grabtuch
Die Erde hülltUndLiebe spreizt den SchoossDie Sterne zitternStrahlen brücket überDie Zeit klimmt anUndLächeln sammelt TropfenUndSammeln LächelnLächeln Sammeln SchreitenUndSammeln schreitetLächeln Schreiten SchwindenUndSchreiten schwindetSchwinden Lächeln SchreitenUndSchwinden schreitet nachDem sturen Raum.
PATROUILLE
Die Steine feindenFenster grinst VerratAeste würgenBerge Sträucher blättern raschligGellenTod
DER RITT
Die Aeste greifen nach meinen AugenIm Einglas wirbelt weiß und lila schwarz und gelbBlutroter Dunst betastet zach die SehnenKriecht schleimend hoch und krampft in die Gelenke!Vom Wege vor mir reißt der Himmel Stücke!Ein Kindschrei gellt!Die Erde tobt, zerstampft in Flüche sichMich und mein TierMein Tier und michTier mich!
SCHLACHTFELD
Schollenmürbe schläfert ein das EisenBlute filzen SickerfleckeRoste krumenFleische schleimenSaugen brünstet um ZerfallenMordesmordeBlinzen
KINDERBLICKE
SCHREI
Tage sargenWelten gräbernNächte ragenBlute bäumenWehe raumen alle RäumeWürgenSchwingenUndZerschwingenSchwingenWürgenUndZerwürgenStürmenStrömenWirbelnBallenKnäuelnWehe WeheWeheWehen
Nichtall.
STURMANGRIFF
Aus allen Winkeln gellen Fürchte WollenKreischPeitschtDas LebenVorSichHerDen keuchen TodDie Himmel fetzen.Blinde schlächtert wildum das Entsetzen.
TRAUMIG
Frauen schreiten ab zersehnte AugenKinderlachen händelt schmerzes BlutFernen nickenBlüten winkenKommen sammeln windenWürgen sticket klamm die tränen Schlund
TRIEBKRIEG
Augen blitzenDein Blick knallt aufHeissLäuft das Bluten über michUndTränketRinnen SeeDu blitzt und blitzestLebenskräfteLodernModer wahnet umUndSticktUnd Stickt
URTOD
RaumZeitRaumWegenRegenRichtenRaumZeitRaumDehnenEinenMehrenRaumZeitRaumKehrenWehrenReckenRaumZeitRaumRingenWerfen
Würgen
RaumZeitRaumFallenSinkenStürzenRaumZeitRaumWirbelnRaumZeitRaumWirrenRaumZeitRaumFlirrenRaumZeitRaumIrrenNichts.
GEFALLEN
Der Himmel flaumt das AugeDie Erde krallt die HandDie Lüfte sumsenWeinenUnd SchnürenFrauenklageDurchDas strähne Haar
GEWITTER
Schwarz fletscht in WeissDie blauspielfrohen Dünste starren hagelgelbHelle flackertTäubt zu BodenWütenSteinigt Schlossen!Tottoll krallet um die NachtMatt aufadertBlau das ReckenBebet bäumetWuchtetHebt sichStemmt die FäusteHartscharfkantigSchellet WolkenHellet AengsteSteht und streckt sichPackt das GurgelnUnd zerwürgt esNach ihm stürzendSich verbeissendKollernd rollend
In DieLeere!
AugenSchleiern auf und schluchzen!TränenWellenLösenSchrecken!LichterGrellenHoch im Bogen!KlängeSchwingenFreieStarkeSonnsiegklänge!
GRANATEN
Das Wissen stocktNur Ahnen webt und trügtTaube täubet schrecke WundenKlappen Tappen Wühlen KreischenSchrillen Pfeifen Fauchen SchwirrenSplittern Klatschen Knarren KnirschenStumpfen StampfenDer Himmel tapftDie Sterne schlackenZeit entgraustSture weltet blöden Raum
WACHE
Das Turmkreuz schrickt ein SternDer Gaul schnappt RauchEisen klirrt verschlafenNebel StreichenSchauerStarren FröstelnFröstelnStreichelnRaunenDu!
GRANATFEUER
Der Himmel wirft WolkenUnd knattert zu RauchSpitzen blitzenFüsse wippen stiebig KieselAugen kichern in die WirreUndZergehren.
HAIDEKAMPF
Sonne Halde stampfen keuche BangeSonne Halde glimmet stumpfe WutSonne Halde sprenkeln irre StahleSonne Halde flirret faches BlutBlutUndBlutenBlutUndBluten BlutenDumpfen tropftUndDumpfenSiegt und krustetSonne Halde flackt und fleckt und flackertSonne Halde blumet knosper Tod.
KRIEGSGRAB
Stäbe flehen kreuze ArmeSchrift zagt blasses UnbekanntBlumen frechen Staube schüchternFlimmerTränetGlastVergessen
ABEND
Müde webtStumpfen dämmertBeten lastetSonne wundetSchmeicheltDu
IM FEUER
Tode schlurrenSterben rattertEinsamMauert WelttiefhoheEinsamkeiten
(Bild: August Stramm getarnt im Gefechtsstand? ULM Münster )
KRIEG
Wehe wühltHarren starrt entsetztKreissen schüttertBären spannt die GliederDie Stunde blutetFrage hebt das AugeDie Zeit gebärtErschöpfungJüngtDerTod
Wikimedia: Der Krieg , Walter Kurt Wiemken, 1937, gemeinfrei
MAIREGEN
Der Himmel hängt auf dem PferderückenTropfen um TropfenBlanktDas Fell!Die Hufe streichen UngeduldDas Maul fetzt Schaum!ZackZackelt der Trott die flackrigen SehnenIn Zügel klammert die Nässe und stemmt!Hoch rammt der KopfUnd stäubet Nebel!Zack ZackZack ZackDie Pfützen kreisenZack ZackZack ZackDie Tropfen schleifenZack ZackZack ZackDas Wittern streicht am BodenSchritt um Schritt!Die Erde schwültDie Schwüle gleißt!Mein Pferd und ichZerdampfenInHimmel und Düsen!
DER MORGEN
SchwarzGrautZerknittert schämig fahlig.Schweigen schleicht zu Bette!Schrecke lugenHorchenZiepsenDuckenZiepsen spürigSchrillen trotzigRufen rufenWachen aufVon Ast zu Ast.In die Winkel glupschen LüfteTalpschen DünsteKlatschen Flattern Knacken SchwirrenZerrt ins Fahle bleiche Fetzen!Blaublass glasen Ströme zu Kristall!KlirrigGrellt der Himmel auf!Funken brennenSplitter glühen!SchauerndWirbeln Tropfen Spiegel!Lichtgeblendet schwingt heraufDie Helle!
ABEND
ZähnenPlantschet steif das Blut des HimmelsDenken schicksaltTode zattern und verklatschenSterne dünstenScheine schwimmenWolken greifen fetzt das HaarUndWeinen MeinZergehnDir InDenSchooss
FROSTFEUER
Die Zehen sterbenAtem schmilzt zu BleiIn den Fingern sielen heisse NadelnDer Rücken schnecktDie Ohren summen TeeDas FeuerKlotztUndHoch vom HimmelSchlürftDein knochig HerzVerschrumpligKnistrigWohligSieden Schlaf
SCHWERMUT
Schreiten StrebenLeben sehntSchauern StehenBlicke suchenSterben wächstDas KommenSchreit!TiefStummenWir
FRAGE
UndStämme schlanken weiten HimmelUndHerzen schwanken brüten SchmerzUndHalme hauchen welle StürmeUndSchweigen schricktUndBeugt und gehtUndGehen GehenWege Ziele RichtungUndGehen GehenLieben Leben TodUndGehen GehenEndlos wellen StürmeUndGehen GehenEndlos HalmtDasNichts
BundesarchivBild 104-0158 Unbekannt/ CC-BY-SA.3.0
Bundesarchiv
AUGUST STRAMM Von H e i n z J a n s e n
In das erste Jahrzehnt nach der Jahrhundertwende fällt die Entste-hung einer neuen dichterischen Richtung: des Expressionismus. Ja, dasJahr 1910 kann als dessen eigentliches Geburtsjahr bezeichnet werden.
Um 1910 schließen sich Vorkämpfer der jungen, ex,pressionistischen Generation zu einem Ring zusammen. DieGrundsätze und Ziele ihrer neuen Kunst, bisher noch abtastend,versuchend, unsicher, kristallisieren sich nunmehr, werden von ihnenklarer herausgearbeitet. Das Zentrum der Frühexpressionisten istBerlin. Hier finden sie ein gemeinsames, öffentliches Organ, das derSammelpunkt expressionistischer Dichtungen und expressionistischerLeitsätze wird. Dieses Hauptorgan des Expressionismus ist dieZeitschrift „Der Sturm", die 1910 von Herwarth Walden begründetwurde. Zu den ersten Jahrgängen steuerten auch noch Dichter wieDehmel, Wedekind, Heinrich Mann und Strindberg, vom Uebergangs-und Frühexpressionismus als Vorbilder und Leitsterne begrüßt,Beiträge bei. In engster Fühlungnahme und im gegenseitig befruchten-den Konnex stehen die Sturm-Dichter mit der gleichzeitigentstehenden, mit der expressionistischen Kunst, auf die ursprünglichder Name Expressionismus angewandt wurde. Viele Expressionistender Frühzeit sind zugleich Künstler und Dichter, wie z. B. der bekannteExpressionist Kokoschka.
Ist Walden der führende Organisator und das strategische Hauptder Expressionisten, so kann der aus Westfalen stammende DichterAugust Stramm als der begabteste dichterische Kopf des Sturm-Kreisesund des Frühexpressionismus überhaupt, als dessen konsequentesterund zielsicherster Lyriker und Dramatiker gelten. Bei diesemFrühexpressionisten ist die ganze spätere Entwicklung desExpressionismus vorgezeichnet, gleichsam vorweggenommen.
Der äußere Lebenslauf Stramms ist der schroffste Gegensatz zu denradikalexpressionistischen Tendenzen, die in seinen Dichtungen ihrVentil finden. Stramm wurde am 29. Juli 1874 in der westfälischen
Provinzialhauptstadt Münster geboren, wo sein Vater als Postbeamter,und zwar als Telegraphen-Assistent tätig war. Er entstammt einergemischten Ehe; sein Vater war streng evangelisch, seine Mutter, einegeborene Heise, eine fromme Katholikin. Sie setzte es durch, daß erkatholisch getauft
und erzogen wurde. Das Nomadenleben des Beamten, wie es durchdienstliche Versetzungen des Vaters bedingt wurde, mußte auch derSohn mitmachen. Und so finden wir ihn vom 9. Lebensjahre ab aufrheinischen Gymnasien, zuerst in Düren, dann in Eupen und schließlich
zu Aachen, wohin sein Vater zuletzt versetzt worden war. Hier bestander auf dem neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Gymnasium zu Ostern1893 die Reifeprüfung. Der Wunsch seiner Mutter, daß er katholischerPriester werde - er selbst scheint sich auch mit dieser Absicht getragenzu haben, da er beim Abgang vom Gymnasium als zukünftigen Beruf dieTheologie angab - scheiterte an dem Widerstande des Vaters, der ihnfür die Beamtenlaufbahn bei der Reichspost bestimmte. Unter inneremWiderstreben fügte sich der Sohn dem väterlichen Zwange. Lust undeigene Neigung führten ihn nicht im geringsten dem väterlichen Berufezu. Als Posteleve trat er Mai 1893 bei der Reichspostverwaltung ein undlegte nach Beendigung seiner Ausbildung 1896 die Prüfung als Postse-kretär und 1902 die höhere Verwaltungsprüfung für Post und Tele-graphie ab. Darauf wurde er zunächst als Postinspektor in Bremen be-schäftigt und später nach Berlin versetzt. Jedoch seinen reg- undstrebsamen Geist befriedigte die bisher im bürgerlichen Leben erreichteStufe nicht. Er besuchte die Post- und Telegraphenschule und wurde ander Berliner Universität Gasthörer in Staatsrecht, Nationalökonomie,Finanzwissenschaft und Verkehrspolitik. Den Abschluß dieser Studienkrönte er mit einer wissenschaftlichen Arbeit, auf Grund deren er 1909an der Universität Halle zum Dr. phil. promoviert wurde. SeineDissertation behandelte Fragen aus dem Gebiete des Weltpostvereinsund ihre Grundlagen. Kurz v0r Ausbruch des Weltkrieges wurde er indas Reichspostministerium berufen. Seiner militärischen Dienstpflichthatte er als Einjähriger genügt und sich Qualifikation zum.Reserveoffizier erworben. Bevor der Weltkrieg ausbrach, war er bereits1913 zum Hauptmann befördert. Bei Beginn des Weltkrieges war erKompagnieführer an der Westfront. Hier erwarb er sich das EiserneKreuz. Bald erfolgte seine Versetzung an die Ostfront, wo er die heftigeDurchbruchsschlacht bei Gorlizce und den weiteren Feldzug in Galizienmitmachte. In nicht weniger als 70 Schlachten und Gefechten hat ermitgekämpft. Es war am 1. September 1915, als ein Sturmangriff auf diestarken russischen Linien in den Rokitnosümpfen ausgeführt wurde.Stramms Truppe hatte eine schwere Aufgabe zu bewältigen und wurdebei dem Sturmangriff gänzlich aufgerieben und vernichtet. Ihr Führer
war noch der einzig Ueberlebende. Da traf ihn ein Kopfschuß. Ohnelange, grauenvolle Schmerzen einer tödlichen Verwundung durchma-chen zu müssen, gönnte ihm das Schicksal einen sofortigen Tod. ImMorgengrauen des 2. September wurde er fern der Heimat, für die ergeblutet hatte, von deutschen Truppen auf dem jüdischen Friedhof beiHorodec mit militärischen Ehren bestattet.
Stramms dichterischer und künstlerischer Werdegang ist Ringen,Ringen mit sich, Ringen um Erfolg. Dichterische Begabung tut sichschon in seiner frühen Jugend kund; in dieser Zeit versenkt er sich inmystische Träumereien und bildet aus dem Schatz der Sagen undMärchen Gedichte. Aber starke Zweifel an seinem Können lassen ihnimmer wieder seine poetischen Versuche umformen, um- undüberarbeiten, ihm fehlt der erfolgbringende Glaube an sich. In späterenJahren steht er zunächst unter dem Einfluß der naturalistischenDichtung, unter der und mit der seine Generation groß geworden war.
Über die Übergangsstufe der symbolischen Dichtung vollzieht sichdann seine weitere Entwicklung in der entschlossenen Hinkehr zum Ex-pressionismus. An die 20 Jahre hatte er vergeblich bei Zeitschriften undVerlegern versucht, seine Dichtungen unterzubringen und drucken zulassen. Ueberall Abweisung und wieder Abweisung. Die natürlicheFolge ist, daß Stramm gänzlich mutlos wird, daß er vollends jedenGlauben an sich und seine künstlerische Berufung verliert, ja, daß er —um einen Ausdruck Waldens zu gebrauchen — glaubt, er sei verrückt.Noch einen allerletzten, endgültigen Versuch. will er machen; schlägtdieser auch fehl, so ist er entschlossen, seine Schöpfun gen zuvernichten! Das ist im Jahre 1913, als er fast ein Vierzigjähriger ist, alser ein Drama — Sancta Susanna — Walden zur Beurteilung und zumDruck einreicht. Und es wird im Sturm gedruckt. Damit tritt derWendepunkt in seinem Leben und in seiner Kunst ein, nun findet erzum Glauben an sich, an sein Schaffen zurück. Nachdem so dieVerbindung und Freundschaft mit dem Sturm-Kreis hergestellt ist,wächst er bald über seine Freunde hinaus, wird er der künstlerischeMittelpunkt der Sturmdichter und des Frühexpressionismus. Aber nungreift in kurzer Frist der Weltkriegausbruch hemmend in sein Schaffenein, und sein früher Heldentod bringt ihn um die äußeren Erfolge. Zu
Lebzeiten konnte er nur einen Teil seiner Dichtungen veröffentlichen,wie er auch erst 1914 im 5. Jahrgange des Sturms an die Oeffentlichkeittrat und vor 1914 überhaupt nichts Gedrucktes von ihm erschien. Ein Teil seiner lyrischen Dichtungen und seiner Dramen — Romane hatStramm nicht herausgegeben — ist erst nach seinem Tode durch den Druck dem Publikum bekannt geworden. Und von keinem seinerDramen hat er die Aufführung erlebt. Der Werke seines früh verstor-benen Freundes nahm sich Walden in pietätvoller Pflichterfüllung an.Es erschienen in chronologischer Folge 1914 Stramms
Liebesgedichte Du, die 1922 sogar ihre 4. und 5. Auflage erlebenkonnten, weiter im selben Jahre die
Dramen Sancta Susanna, Die Unfruchtbaren, Rudimentär,
1915 ebenfalls die Dramen
Die Haidebraut, Erwachen, Kräfte, Geschehen und das Gedicht Die Menschheit,
während erst 1919 die nachgelassenen Gedichte aus dem Felde
Tropfblut
veröffentlicht wurden. Eine dreibändige Gesamtausgabe veranstaltete 1920 ebenfalls der
Sturm-Verlag.
(Text und Bild aus Oldenburger Landestheather, Dramaturgische Blätter 1929/30Landesbibliothek Münster)
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