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Universität Freiburg Departement Geowissenschaften Forschungsbereich Geographie Bachelorarbeit Landschaftsqualität – die Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion für die Eigenart einer Landschaft und deren Wahrnehmung im Agglomerationsgebiet Beispiel Agglomeration Luzern September 2011 eingereicht bei Dr. Olivier Ejderyan eingereicht von Veronika Trachsel Route de l’Aurore 16 1700 Fribourg [email protected]

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Universität Freiburg

Departement Geowissenschaften

Forschungsbereich Geographie

Bachelorarbeit

Landschaftsqualität – die Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion für die Eigenart einer Landschaft und deren Wahrnehmung im Agglomerationsgebiet

Beispiel Agglomeration Luzern

September 2011

eingereicht bei

Dr. Olivier Ejderyan

eingereicht von

Veronika Trachsel

Route de l’Aurore 16

1700 Fribourg

[email protected]

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Summary Hintergrund dieser Arbeit ist die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems (WDZ), ein Bestand-

teil der Agrarpolitik 2014-2017. In der WDZ ist unter anderem vorgesehen, Landwirten Beiträge für

Landschaftsqualität auszuzahlen. Landschaftsqualität ist regionsspezifisch anders definierbar und

lässt sich unter vielen Gesichtspunkten beurteilen. Sie bezieht sich auf die Eigenart einer Landschaft,

wie sie sich über die Zeit im Raum manifestiert hat. In dieser Arbeit wird die Wahrnehmung der

landwirtschaftlich geprägten Landschaft durch die Bevölkerung einer Agglomeration untersucht: Was

zeichnet die heutige Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet von Luzern aus und wie wird sie durch

die Bevölkerung der Siedlungsränder wahrgenommen und landschaftsästhetisch beurteilt? Als Unter-

suchungsort dient die Agglomeration Luzern.

Als erster Schritt wurde das Untersuchungsgebiet in Hinsicht auf Strukturveränderungen in der

Landwirtschaft statistisch beschrieben und anhand von Erkundungstouren ist die landschaftliche

Eigenart erfasst worden. Im zweiten Teil haben Siedlungsbewohner der Agglomeration Landschafts-

fotos gemacht, welche dann anhand von Indikatoren der Landschaftsästhetik verglichen und disku-

tiert wurden.

Dabei hat sich herausgestellt, dass unter Landschaft mehrheitlich die Kulturlandschaft verstanden

wird und viele Landschaftsfunktionen für den Bewohner von Bedeutung sind. Eine ästhetisch schöne

Landschaft ist eine, in welcher alle Elemente lesbar sind und harmonisch zusammenwirken und wo

Vielfalt das Bild für den Betrachter interessant macht. Regionale Eigenheiten der Kulturlandschaft

spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Grosse, baumlose Grünflächen gelten als nicht schön, auch

wenn sie regionaltypisch sind. Durch eine gute Fernsicht wird die Monotonie kompensiert und topo-

grafische Merkmale, z.B. typische Berge, oder Tiergeräusche sind für die Identifikation von Bedeu-

tung. Daher gilt es für die Landwirtschaft, die Kulturflächen zu erhalten, die vielfältige Bodennutzung

zu pflegen und grossflächige Spezialisierung zu vermeiden.

Schlüsselwörter: Landschaft, Landwirtschaft, Landschaftsqualität, Agglomeration, Ästhetik

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A. Inhaltsverzeichnis

Summary ................................................................................................................................................. 2

A. Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................ 3

B. Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................................... 5

C. Tabellenverzeichnis ......................................................................................................................... 7

D. Abkürzungen .................................................................................................................................... 8

1. Einleitung ......................................................................................................................................... 9

1.1 Ausgangslage ................................................................................................................................. 9

1.2 Fragestellung ................................................................................................................................. 9

1.3 Theoretischer Hintergrund – Konzepte und Begriffe .................................................................. 10

1.3.1 Landschaft ............................................................................................................................ 10

1.3.2 Kulturlandschaft ................................................................................................................... 14

1.3.3 Landschaftsqualität und landschaftliche Eigenart ............................................................... 14

1.3.4 Landschaftsästhetik und deren Beurteilung ........................................................................ 15

1.3.5 Agglomeration Luzern .......................................................................................................... 15

2. Methodik ....................................................................................................................................... 17

2.1 Aufzeigen der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und Erfassen der

landschaftlichen Eigenart im Agglomerationsgebiet ........................................................................ 17

2.1.1 Statistische Daten ................................................................................................................. 17

2.1.2 Erkundungstouren ................................................................................................................ 17

2.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses durch Beurteilung von Fotos mithilfe von

Landschaftsästhetik-Indikatoren ....................................................................................................... 18

3. Ergebnisse ...................................................................................................................................... 20

3.1 Landwirtschaftliche Strukturen und landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet von

Luzern ................................................................................................................................................ 20

3.1.1 Kantonale Entwicklung im Agrarbereich seit 1950 .............................................................. 20

3.1.2 Entwicklung der Agglomeration Luzern seit 1950 ................................................................ 22

3.1.3 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet ............................................................. 24

3.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses von Leuten aus der Agglomeration ............................ 35

3.2.1 Das Verständnis und die Bedeutung von Landschaft ........................................................... 35

3.2.2 Rolle der Landschaft im Alltagsverhalten und Bezug zur Landwirtschaft ............................ 36

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3.2.3 Landschaftsbild Präferenzurteile .......................................................................................... 36

3.2.4 Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft / Authentizität 38

3.2.5 Mysteriosität und Faszination .............................................................................................. 41

3.2.6 Lesbarkeit / Orientierung ..................................................................................................... 42

3.2.7 Heimatgefühl und Identität .................................................................................................. 43

3.2.8 Bewertung von Gefahren für die Landschaft ....................................................................... 44

3.2.9 Ideen zur Landschaftsgestaltung .......................................................................................... 46

4. Diskussion ...................................................................................................................................... 48

4.1 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet .................................................................... 48

4.1.1 Rolle des Strukturwandels für die landschaftliche Eigenart................................................. 49

4.2 Bedeutung von Landschaft und Rolle im Alltagsverhalten ......................................................... 50

4.3 Wahrnehmung der landschaftlichen Eigenart im Untersuchungsgebiet .................................... 50

4.3.1 Die Echtheit einer Landschaft .............................................................................................. 50

4.3.2 Regionale Merkmale vs. Präferenzurteile und Identifikation/Heimatgefühl ....................... 50

4.3.3 Mysteriosität und Faszination .............................................................................................. 51

4.4 Entwicklung der Landschaft – Beurteilung von Gefahren ........................................................... 52

4.5 Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung ................................................................................. 52

5. Bedeutung der Ergebnisse für die Agglomeration Luzern ............................................................. 54

6. Bibliographie .................................................................................................................................. 58

6.1 Literatur ....................................................................................................................................... 58

6.2 Interviews und informelle Gespräche ......................................................................................... 59

6.3 Abbildungen ................................................................................................................................ 60

6.4 Tabellen ....................................................................................................................................... 60

7. Anhang ........................................................................................................................................... 62

7.1 Interview-Leitfaden ..................................................................................................................... 62

7.2 Codierungsbeispiel ...................................................................................................................... 63

7.3 weitere Tabellen .......................................................................................................................... 65

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B. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Landschaftsverständnis auf Grund von 4 Polen und 6 Dimensionen ....................................... 13

Abb. 2: Übersichtskarte Agglomeration Luzern .................................................................................... 16

Abb. 3: Landwirtschaftsbetrieb (Altmatt, Adligenswil) am Siedlungsrand mit Blick auf den See und in

die Berge................................................................................................................................................ 26

Abb. 4: Kirschbäume am Siedlungsrand in Meggen .............................................................................. 26

Abb. 5: Am Siedlungsrand von Adligenswil mit dem Lauf des Stubebachs........................................... 26

Abb. 6: Landschaft im unebenen Gebiet auf über 600 m.ü.M. in Adligenswil ..................................... 26

Abb. 7: Maisfeld auf der Ebene von Talacheri in der Höhe auf 598 m.ü.M. in Adligenswil .................. 27

Abb. 8: Gerstenfeld in Adligenswil – ein eher seltener Anblick, mit Blick auf Udligenswil ................... 27

Abb. 9: Blick an den Rooterberg - Bäume und kleinere Flächen am Hang, offene Flächen auf dem

Talboden ................................................................................................................................................ 28

Abb. 10: der Radweg ermöglicht einen guten Blick an die Hänge ........................................................ 28

Abb. 11: Obstbäume prägen die Hänge - Blick vom Radweg aus in der Nähe eines Betriebes ............ 28

Abb. 12: eine gemähte Grasfläche trennt Siedlungen voneinander ab ................................................ 29

Abb. 13: eine Mutterkuhherde weidet unterhalb von Gisikon ............................................................. 29

Abb. 14: grossflächige Landwirtschaft dominiert die Ebene, ein Radweg führt durch das Gebiet ...... 29

Abb. 15: die Ron und der Wald als Abwechslung zu den Industriekomplexen mit Blick auf den Pilatus

............................................................................................................................................................... 29

Abb. 16: Aussicht von Honau auf die Landwirtschaftsflächen .............................................................. 29

Abb. 17: Blick vom Leisibach in Richtung Rooterberg ........................................................................... 29

Abb. 18 und Abb. 19: alte und neuere landwirtschaftliche Gebäude in Waltwil .................................. 30

Abb. 20: Weide im Unterdorf in Emmen ............................................................................................... 31

Abb. 21: gemähtes Feld und Landwirtschaftsbetrieb in unmittelbarer Nähe der Flugpiste................. 31

Abb. 22: bewirtschaftete Flächen in Emmen, von der Flugplatzebene entfernt mit Blick in Richtung

Luzern .................................................................................................................................................... 31

Abb. 23: Weide- und Grasland bei Neu Adlige mit Blick auf den Siedlungsrand von Rothenburg ....... 31

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Abb. 24 und Abb. 26: landwirtschaftliche Bauten, leer stehend oder genutzt, prägen den

Strassenrand in Rothenburg .................................................................................................................. 32

Abb. 25: Sicht auf die vielfältige Nutzung des Littauerbodes ............................................................... 32

Abb. 27: Einfahrt zu einem Betrieb: rechts der Gartenzaun, links ein typisches Haus ......................... 33

Abb. 28: Obstgarten, der an einen Stall angrenzt ................................................................................. 33

Abb. 29: Wanderweg mit guter Fernsicht auf die Rigi, links im Bild der überbaute Sonneberg .......... 33

Abb. 30: offene Flächen und von Wald bestockte Hügel ...................................................................... 33

Abb. 31: Landwirtschaft in der Ebene und an der Sonnebergseite....................................................... 34

Abb. 32: Die LN im Chupferhammer mitten in Kriens ........................................................................... 34

Abb. 33: ein Landwirtschaftsbetrieb mitten im Siedlungsgebiet von Horw ......................................... 34

Abb. 34: Landwirtschaft dominiert die oberen Hangpartien, wo die Siedlungsausläufer nicht mehr

hinreichen .............................................................................................................................................. 34

Abb. 35: Rebstöcke des Weinguts Rosenau auf der Horwer Halbinsel ................................................. 35

Abb. 36: Landwirtschaftsbetrieb mit Milchkühen auf der Horwer Halbinsel ....................................... 35

Abb. 37: Charakterisierendes Foto für die Stadt Luzern, das das Thema Urbanität vs. Landwirtschaft

darstellt ................................................................................................................................................. 37

Abb. 38: der Littauerbode mit Blick in Richtung Malters ...................................................................... 37

Abb. 39: Horw am See, Blick Richtung Pilatus ....................................................................................... 38

Abb. 40: Sicht auf die Stadt Luzern vom Dietschiberg aus .................................................................... 38

Abb. 41: Sicht vom Sonneberg auf den Udelboden .............................................................................. 38

Abb. 42: Blick vom Dietschiberg aus in Richtung Rontal ....................................................................... 39

Abb. 43: Radweg am Fusse des Pilatus mit Blick Richtung Kriens Zentrum und Sonneberg ................ 39

Abb. 44: Weg zwischen zwei Waldstücken am Rande des Cholbewaldes ............................................ 40

Abb. 45: gemähte LN mit Blick auf die Rigi ........................................................................................... 41

Abb. 46: Der Wald bei Sonnenuntergang auf dem Dietschiberg .......................................................... 42

Abb. 47: Bild vom Littauerberg in Richtung Luzern ............................................................................... 43

Abb. 48: Landwirtschaftsbetrieb in Hügellage ...................................................................................... 43

Abb. 49: Blick vom Bahndamm zwischen Buchrain und Root in Richtung Hinterleisibach .................. 45

Abb. 50: Radweg zwischen Kriens und Horw, Blick Richtung Horw ...................................................... 46

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C. Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Zusammenstellung der Landschaftsästhetik-Indikatoren und Erläuterungen .......................... 15

Tab. 2: Entwicklung der Betriebsstruktur im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre (ohne Arbeitskräfte)20

Tab. 3: Feldobstbäume nach Arten seit 1951 im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre .......................... 22

Tab. 4: Zusammenstellung der Entwicklung der Betriebsstruktur in der Agglomeration Luzern ......... 22

Tab. 5: Übersicht über die LN im Agglomerationsgebiet im Jahr 2003 ................................................. 23

Tab. 6: Zusammenstellung Nutztiere im Agglomerationsgebiet ........................................................... 23

Tab. 7: Bevölkerungsentwicklung Agglomeration, ausgewählte Jahre ................................................. 24

Tab. 8: Übersicht über die östlichen Agglomerationsgemeinden ......................................................... 26

Tab. 9: Übersicht über die Rontalgemeinden ....................................................................................... 27

Tab. 10: Übersicht über die nördlichen Agglomerationsgemeinden .................................................... 30

Tab. 11: Übersicht Gemeinden Horw und Kriens .................................................................................. 32

Tab. 12: Entwicklung der Tierhalter-Anzahl und des Nutztierbestandes im Kanton Luzern,

ausgewählte Jahre ................................................................................................................................. 65

Tab. 13: Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration in absoluten Zahlen, ausgewählte Jahre ........ 66

Tab. 14: Obstanlagen Agglomeration im Jahr 2003 .............................................................................. 66

Tab. 15: Verteilung der Betriebsgrössen in den Agglomerationsgemeinden im Jahr 2003 .................. 66

Tab. 16: prozentualer Anteil der einzelnen Nutzflächenarten an der gesamten LN im

Agglomerationsgebiet im Jahr 2003...................................................................................................... 67

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D. Abkürzungen

a Are = 100 Quadratmeter

ARE Bundesamt für Raumentwicklung

BAFU Bundesamt für Umwelt

BFS Bundesamt für Statistik

BLW Bundesamt für Landwirtschaft

BUWAL Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft

ha Hektare = 100 Aren

LN Landwirtschaftliche Nutzfläche

LUSTAT Statistik Luzern

WDZ Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems

WSL Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

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1. Einleitung

1.1 Ausgangslage

Im Rahmen der Agrarpolitik 2014-2017, welche die Entwicklung im Agrarbereich massgebend steu-

ert, werden die Direktzahlungen an die Landwirtschaft neu ausgerichtet. Nebst der Nahrungsmittel-

Produktion besagt der Artikel 104 der Bundesverfassung, dass die Landwirtschaft „einen wesentli-

chen Beitrag [leisten soll] zur (…) Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der

Kulturlandschaft“ (SE 2011). Mit der WDZ wird der gemeinwirtschaftliche Aspekt der Landwirtschaft

ins Zentrum gerückt, wobei der Bund Landwirten Landschaftsqualitätsbeiträge zur „Erhaltung, Förde-

rung und Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften mit ihren spezifischen regionalen Eigen-

heiten“ (BLW 2010, S. 25) auszahlen will.

Für das Aussehen einer Landschaft spielt nicht nur die Topographie eine zentrale Rolle, sondern auch

der menschliche Einfluss in seinen unterschiedlichsten Formen (Roth et al. 2010). Dabei hat die

landwirtschaftliche Produktion einen massgebenden gestalterischen Einfluss auf die Schweizer Land-

schaft, da ein Grossteil der Gesamtfläche des Landes Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN)1 ist (BFS

2001). Da sie verschiedenartig beeinflussbar sind, sind laut dem Leitbild Landschaft 2020 des Bun-

desamts für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) „vielfältige und attraktive Landschaften (…) kei-

ne Selbstverständlichkeit“ (2003, S. 2).

Landschaftsqualität bezieht sich auf die landschaftliche Eigenart, ein Nebeneinander von Natur und

Kultur, welches die Landschaft einer Region einzigartig macht (Stalder 2010). Durch den Menschen

und dessen Bezug zu seiner Umgebung wird Landschaft zu einem mit kulturellem Erbe gefüllter

Raum, der sich langsam aber fortwährend verändert und somit „das räumIiche Gedächtnis der Ge-

sellschaft [ist] und für ihre Identität“ (BUWAL 2003, S. 12) und ihr Wohlbefinden grosse Bedeutung

hat. Für die Definition von Landschaftsqualitätszielen und die darauf aufbauenden Massnahmen,

welche durch die Beiträge abgeglichen werden sollen, gilt es also, die regionalen Eigenheiten zu er-

fassen um somit der Bedeutung von Landschaft gerecht zu werden.

1.2 Fragestellung

Unter der Voraussetzung, dass regionaltypische Bewirtschaftungsformen ein zentrales Element der

landschaftlichen Eigenart sind, ist das Ziel dieser Arbeit das Erfassen der landschaftlichen Eigenart in

einer ausgewählten Region. Als Untersuchungsgebiet dienen die LN der Agglomeration Luzern. Dabei

soll erfasst werden, inwiefern die Landwirtschaft bei der qualitativ hochwertigen Gestaltung von

Siedlungsrändern mitwirken kann. Luzern eignet sich für eine solche Arbeit, da auf Grund der Dyna-

1 Die landwirtschaftliche Nutzfläche umfasst Wies- und Ackerland, Obst-, Reb- und Gartenbau sowie alpwirt-

schaftliche Nutzflächen (BFS 2001)

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mik im Agglomerationsgebiet die Entwicklung einer langfristigen Siedlungs- und Landschaftsqualität

zentral ist. Deshalb soll die erfasste Eigenart mit der Wahrnehmung und Beurteilung von (Kultur-

)Landschaft von Menschen aus der Agglomeration verglichen werden. Von diesen Menschen – die

gewissermassen die passiven Nutzer der landwirtschaftlich geprägten Landschaft sind - sagt Stalder,

dass sie „Erwartungen an die Landschaft [stellen], [die] einer idealisierten Landschaftsvorstellung

entsprechen“, und sie „mit dem Bild der ursprünglichen (Natur)Landschaft“ (2005, S. 45) assoziieren.

Ob sich diese Annahme bestätigt, wird sich in der Beurteilung der Qualität einer Landschaft auf

Grund von Indikatoren der Landschaftsästhetik zeigen, da diese zentral für die Beziehung vom Men-

schen zu seiner Umgebung sind (Roth et al. 2010).

Die leitende Frage für diese Arbeit lautet daher:

Was zeichnet die heutige Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet von Luzern aus und wie wird sie

durch die Bevölkerung der Siedlungsränder wahrgenommen und landschaftsästhetisch beurteilt?

Primäres Ziel der Arbeit ist, durch den Beschrieb und die Beurteilung der Landschaft Anhaltspunkte

zu gewinnen, um Landschaftsqualitätsziele für die Region zu definieren, auf welche die Landwirt-

schaft Einfluss nehmen kann. Weiter leistet sie einen Beitrag dazu, die Landschaft bewusst wahrzu-

nehmen, da die Leute, die sich am Experiment beteiligen, sich in ihrer Umgebung bewegen werden

und über das Beobachtete nachdenken müssen – etwas, was der Mensch im Alltag selten tut.

Der einleitende Teil wird mit der Erklärung der wichtigsten Begriffe und deren Verwendung in der

Arbeit abgeschlossen. Danach wird die Aufteilung der Arbeitsetappen und die dazugehörende Me-

thodik erklärt. Die Resultate werden im 3. Teil ausführlich dargestellt und anschliessend diskutiert.

Zuletzt wird zusammenfassend gesagt, was diese Resultate für die Agglomeration Luzern bedeuten.

1.3 Theoretischer Hintergrund – Konzepte und Begriffe

1.3.1 Landschaft

Es gibt verschiedenste Landschaftsdefinitionen. John Wylie beschreibt in seinem Buch „Landscape“

(2007) die Entwicklung des Landschaftsbegriffs im angelsächsischen Raum in den letzten 30 Jahren.

Er geht davon aus, dass Landschaft Spannungen unterworfen ist, die sich in Unterschieden in der

Auffassung des Landschaftsbegriffs widerspiegeln. Nachfolgend wird ein kleiner Überblick mit aus-

gewählten Ideen präsentiert.

Die erste von Wylie beschriebene Phase der Landschaftsforschung wurde von Carl Sauer, W.G. Hos-

kins und J.B. Jackson geprägt. Für alle drei ist Landschaft “a straightforward materiality and there-

ness, it is a palpable reality of objects and patterns that the eye can see” (Wylie 2007, S. 43). In die-

sem Sinne ist sie immer etwas Externes, unabhängig vom Menschen Existierendes und Beobachtba-

res. Nach Sauer wird dieses bereits Vorhandene durch die ansässige Kultur verändert, woraus eine

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Kulturlandschaft resultiert: “culture is the agent, the natural area is the medium, the cultural lands-

cape the result“ (Wylie 2007, S. 20). Im Unterschied zu Sauer und Hoskins sieht Jackson Menschen

klar als alltägliche Teilnehmer in der Welt. Seine Landschaft ist eine „that people inhabit and work in

and (…) produce through routine practice in an everyday sense“ (Wylie 2007, S. 43).

In der nachfolgenden, neuen Kulturgeographie (späte 80er, frühe 90er Jahre) wurde Landschaft

meist visuell definiert und man interessierte sich nicht dafür, was man darin sieht, sondern wie sie

interpretiert werden kann, resp. wie Natur-Kultur-Beziehungen visualisiert werden können. Denis

Cosgrove verwendet einen humanistischen Ansatz und sieht Landschaft, da sie durch ein Subjekt aus

der Distanz visuell erfassbar ist, „as a way of seeing“ (Wylie 2007, S. 58). Landschaft wird dabei als

eine Repräsentation, ein visuelles Bild kultureller Bedeutungen, verstanden. Sie kann daher auch ein

Schleier sein, durch den im „landscape way of seeing“ die darunterliegende Realität verborgen

bleibt2. Weiter wurde versucht, Landschaft als Text zu verstehen. Wie in einer intertextuellen Kreati-

on sind dabei die in der Landschaft versteckten kulturellen Codes und Bedeutungen ausfindig zu ma-

chen (Wylie 2007).

Mitchell kritisiert die neue Kulturgeographie: “cultural forms constitute an ideological realm” (Wylie

2007, S. 101) und sollen deshalb nicht zur Erklärung von Phänomenen gebraucht werden, da sie rein

als Idee existieren. Er fragt danach, was Landschaft als Instrument kultureller Macht tut und wie sie

als kulturelle Praktik funktioniert. Für ihn befindet sich Landschaft, ein in Raum und Zeit dynamisches

Medium, in einem fortwährenden Entstehungsprozess und ist „a contentious, compromised product

of society, shaped by power, coercion and collective resistance“ (Wylie 2007, S. 106), das sich im

Alltäglichen findet. Zudem begann man in den 90er Jahren, sich mit Konzeptionen von Diskurs, Macht

und Subjektivität in Bezug zu Landschaft zu beschäftigen. Ein Diskurs dient als Verständnis-Rahmen

und „will establish some behaviours and identities as normal, approved and even natural, while mak-

ing others appear unusual, marginal or unnatural“ (Wylie 2007, S. 111). Daher wurde angenommen,

dass Landschaft durch einen Landschaftsdiskurs entsteht und nicht bereits als ein externes Original

mit essentiellen Qualitäten existiert.

Zunehmend ersetzt die Diskussion von Landschaftspraktiken die Erforschung von Landschaftsreprä-

sentation: „Landscape moves from a particular type of knowing (a way of seeing), to a specific mode

of being (a seeing-with)” (Wylie 2007, S. 152). Mit phänomenologischen Ansätzen wollten Forscher

das Mensch-Erde-Verhältnis authentisch und auf holistische Weise darstellen. Die Landschaft wird

dabei als eine Verknüpfung von materiellen Kräften verstanden, nicht als ein fernes Objekt. Phäno-

menologie beschreibt alltäglich gelebte Erfahrungen und ist die kritische Antwort auf Ansätze, bei

welchen eine gegebene, träge Realität durch ein Subjekt aus der Distanz beobachtet wird. Für Mer-

2 Nach Bermingham entsprechen gemalte Landschaftsbilder beispielsweise dem Ausdruck einer sozialen Klasse

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leau-Ponty ist der menschliche Körper zur Wissensgewinnung notwendig, da er als Voraussetzung

gilt, mit Objekten eine Beziehung einzugehen: „Merleau-Ponty offers an original conception of em-

bodied vision as an enlacement or intertwining of self and landscape” (Wylie 2007, S. 152). Auch für

Tim Ingold ist die angenommene Unauflöslichkeit von Verbindungen zwischen Personen und Land-

schaft fundamental: der Mensch ist „immersed from the start, like other creatures, in an active, prac-

tical and perceptual engagement with constituents of the dwelling world“ (Wylie 2007, S. 158), stellt

er fest.

An der Phänomenologie wurde kritisiert, dass sie stark subjektbezogen und deshalb nicht objektiv ist,

da unbeachtet bleibt, wie die Individualität durch soziale, historische und weitere Kontexte beein-

flusst wird. Daher entstanden neue Strömungen, die für die Beschreibung von Leben erweiterte Kon-

texte einbezogen. Richard Schein deutet auf die Dynamik innerhalb von Landschaften hin: "land-

scapes are (…) continually under scrutiny, at once manipulable and manipulated, always subject to

change, and everywhere implicated in the ongoing formulation of social life” (Wylie 2007, S. 190).

Um der zunehmenden Beschleunigung des Lebens in der Welt in der Forschung gerecht zu werden,

muss der Raum und Landschaft in einem neuen Licht beurteilt werden. Die Welt wird als etwas Kom-

plexeres wahrgenommen. Denkt man den Raum relational, ist er das Produkt von „practices, trajec-

tories [and] interrelatedness“ (Wylie 2007, S. 199). In der Actor-Network-Theory (ANT) von Bruno

Latour ist die Trennung von Natur und Kultur unzulässig, da auch nicht-humane Entitäten Einfluss

(auf Menschen) haben können. Netzwerke sind die Hauptakteure und jedes Objekt ist ein Resultat

von Netzwerk-Beziehungen. Die Relationen dazwischen existieren fundamental und gestalten die

Räume.

Wylie selbst stellt fest, dass man, um die Entwicklungen und die Dynamik in der heutigen Welt nach-

vollziehen zu können, verschiedene Ansätze weiterentwickeln und miteinander kombinieren muss. Er

sagt zusammenfassend: “landscape is that with which we see: Landscape is not just a way of seeing, a

projection of cultural meaning. Nor (…) is landscape simply something seen, a mute, external field.

(…) Landscape might best be described in terms of the entwined materialities and sensibilities with

which we act and sense. (Wylie 2007, S. 215).

Unter diesem Hintergrund wird verständlich, dass Landschaft nicht einfach zu erfassen ist und die

Verflechtung unterschiedlicher Beziehungen auch in dieser Arbeit nicht unterschätzt werden darf.

Daher wird eine integrative Betrachtungsweise benötigt, die „die Natur- und Kulturbedingtheit der

Landschaft gleichermaßen“ (Meier et al. 2010, S. 214) berücksichtigt. Der Mensch soll als Gestalter

der Landschaft wahrgenommen werden. Weiter soll die Zeitlichkeit in der Definition erkennbar sein,

da sich Landschaft über einen langen Zeitraum kontinuierlich verändert. Die Landschafts-Definition

des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) erfüllt diese Bedingungen. Gleichzeitig stellt sie für die Thema-

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tik einen Rahmen dar, der in ähnlichen Kontexten bereits verwendet wurde. Die wichtigsten Punkte

der Definition lauten:

• „Landschaften bilden räumlich die gelebte und erlebte Umwelt des Menschen, welche ihm

als Individuum sowie der Gesellschaft die Erfüllung physischer und psychischer Bedürfnisse

ermöglicht“

• „Sie sind Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen, vielfältiger Erholungs- und Identifi-

kationsraum sowie räumlicher Ausdruck des kulturellen Erbes“

• „Landschaften sind dynamische Wirkungsgefüge und entwickeln sich aufgrund natürlicher

Faktoren (…) im Zusammenspiel mit der menschlichen Nutzung und Gestaltung“ (Stremlow

2008, S. 5)

In dieser Definition gilt auch die bebaute Umwelt klar als Teil der Landschaft. Weiter sind darin die

vielfältigen Ansprüche an eine Landschaft erkennbar, welche sich durch verschiedene Landschafts-

funktionen unterscheiden lassen: „Unterstützungs-, Produktions-, Regulations- und kulturelle Funkti-

on“ (Wissen 2011, S. 2). Welche Funktion vorherrscht, hängt von der individuellen Beurteilung ab.

Besonders für die den Siedlungsrand bewohnenden Leute dient die landwirtschaftlich geprägte Land-

schaft der Naherholung und ist daher eher Konsumgut, für die Landwirtschaft überwiegt die Produk-

tionsfunktion. Je nach Sichtweise ist Landschaft also unterschiedlich erfassbar. Das BAFU stellt dar,

wie Landschaften auf Grund von 4 Polen und 6 Landschaftsdimensionen zu verstehen sind:

Abb. 1: Landschaftsverständnis auf Grund von 4 Polen und 6 Dimensionen

In dieser Darstellung werden alle Dimensionen erfasst, die die Wahrnehmung beeinflussen. Darauf

nicht ersichtlich, aber jeder Dimension zu Grunde liegend, ist der zeitliche Aspekt. Die Schnittmenge

der verschiedenen Dimensionen macht eine Landschaft schlussendlich aus. Bei der subjektiven Be-

wertung von Landschaft in dieser Arbeit werden die ästhetische und die identifikatorische Dimension

wichtig sein, die körperliche und sinnliche spielt bei der Wahrnehmung ebenfalls mit. Bei der ästheti-

schen Dimension stehen auf die „schöne“ Landschaft bezogene Werte und Erwartungen im Fokus,

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14

die identifikatorische thematisiert Zugehörigkeit und die damit verbundenen Gefühle (Stremlov

2008).

1.3.2 Kulturlandschaft

Carl Sauer zu Folge ist jede Landschaft eine Kulturlandschaft, da sie durch eine (menschliche) Lebens-

art geprägt wird. Traditionellerweise wird jedoch hauptsächlich die landwirtschaftlich geprägte Land-

schaft als Kulturlandschaft verstanden, da „der Terminus ‚Kulturlandschaft’ als Prädikatsbegriff auf

solche Räume bezogen [wurde], in denen traditionelle Nutzungsstrukturen überwiegen“ (Gailing und

Röhring 2008, S. 5). Diese Art von Verständnis von Kulturlandschaft ist problematisch, da neue, resp.

intensivierte, Agrarlandschaften aus der Definition herausfallen würden. In dieser Arbeit wird der

Begriff ‚Kulturlandschaft’ im Sinne von LN verstanden, die „der Produktion von Nahrungsmitteln, der

Erholung und der räumlichen Identifikation“ (BUWAL 2003, S. 4) dient. Auch der Bund verfolgt auf

Grund dieses Verständnisses auf der Ebene der Förderung der Kulturlandschaft zwei Ziele: die Land-

schaftsvielfalt zu fördern und Flächen offenzuhalten, und vor allem die LN zu sichern (BLW 2010).

1.3.3 Landschaftsqualität und landschaftliche Eigenart

Landschaftsqualität wird oft mit „landschaftlicher Eigenart“ und „Authentizität“ einer Landschaft

verknüpft. Die landschaftliche Eigenart entsteht durch eine Kombination aus physischen und wahr-

genommenen Aspekten3 und ist regionstypisch (Stalder 2010). Die Landschaftsqualitätsbeiträge sol-

len eingesetzt werden, damit eine Landschaft ihre Besonderheiten und somit ihre landschaftliche

Eigenart bewahrt, da sie dadurch für den Bewohner identitätsstiftend wird. Die „Banalisierung der

Landschaft“ (ebd., S. 16), die Vorstellung, dass überall alles möglich ist, bedeutet Authentizitätsver-

lust und soll vermieden werden. Aus diesem Grund ergeben sich für jedes Gebiet eigene Qualitätszie-

le.

Um die landschaftliche Eigenart zu erfassen müssen natur- und kulturräumliche Aspekte identifiziert

und deren Zusammenwirken beobachtet werden (Stalder 2010). Das Besondere eines Raumes ba-

siert nicht auf den einzelnen Objekten oder Gebäuden, „sondern in ihrer je eigenen Form der Anord-

nung in Bezug zur Topografie“ (Fotografisches Archiv 2008, S. 19). Ob etwas authentisch wirkt, hängt

zudem vom Auge des Betrachters ab. Für die Wahrnehmung einer Landschaft und deren Eigenart

sind Wörter wie Identität, Heimat, Geborgenheit, Erlebnis, Ästhetik u.a. von Bedeutung (Stalder

2010).

3 Die wahrgenommenen Aspekte beinhalten emotionale, sinnliche und kulturelle Konnotationen und gesell-

schaftliche Werte

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15

1.3.4 Landschaftsästhetik und deren Beurteilung

Im Rahmen des Projekts „Landschaftsmonitoring Schweiz“ hat die Eidg. Forschungsanstalt für Wald,

Schnee und Landschaft (WSL) 35 Indikatoren geprüft, die in verschiedene Themenbereiche gegliedert

sind und anhand derer die Entwicklung der Schweizer Landschaft aufgezeigt werden soll (WSL 2006).

Einer dieser Themenbereiche ist die Landschaftsästhetik. Ästhetik bezieht sich auf die Wahrnehmung

der ‚schönen‘ Landschaft. Da „Landschaftsästhetik als Form der Wahrnehmung und Bewertung von

Landschaft (…) ein sehr umfassendes Konstrukt“ (ebd., S. 15) ist, wurde folgender Indikatorenkatalog

erarbeitet (Tab. 1):

Indikator Erläuterung

Landschaftsbild: Präfe-renzurteile

Dieser Indikator dient zur eigentlichen ästhetischen Beurteilung der Land-

schaft

Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft; Authentizität

Authentizität als Teilaspekt von der Eigenart drückt sich durch die „Echtheit“

einer Landschaft aus. Ob eine Landschaft als „echt“ erlebt wird, hängt davon

ab, wie die Landschaftselemente ins landschaftliche Gesamtbild passen und

wie angemessen deren Form und Funktion ist

Vielfalt; Kohärenz

Kohärenz dient als qualitative Ergänzung zur Vielzahl der Elemente. Sie soll

beschreiben, wie sich die unterschiedlichen Elemente in einer Landschaft zu

einem grossen Ganzen zusammenfügen

Mysteriosität

Lesbarkeit Beschreibt die Möglichkeit, sich in einer Landschaft zurechtzufinden. Das Er-

fassen und Verstehen einer Landschaft stehen im Zentrum

Faszination Tab. 1: Zusammenstellung der Landschaftsästhetik-Indikatoren und Erläuterungen

Anhand dieses Katalogs erfolgt die Bewertung von Landschaft in dieser Arbeit. Diese Bewertung ist

subjektiv und hängt mit lebenssituations – und personenbezogenen Faktoren, sowie ökonomischen

und ökologischen Interessen der Einzelperson zusammen (WSL 2006).

1.3.5 Agglomeration Luzern

Dem BFS zufolge ist eine Agglomeration ein zusammenhängendes Gebiet „mehrerer Gemeinden mit

insgesamt mindestens 20'000 Einwohnern“ (Schuler et al. 2005, S. 149). Weiter zeichnet sich eine

Agglomeration durch eine Kernzone aus, die aus der Kerngemeinde und weiteren funktional dazuge-

hörenden Gemeinden besteht. In diesen Gemeinden müssen min. 2000 Arbeitsplätze vorhanden sein

und min. 85 % der Erwerbstätigen in der Gemeinde selbst arbeiten (ebd.). Für weitere, nicht zur

Kernzone gehörende Gemeinden, müssen drei der folgenden fünf Kriterien, definiert durch Schwel-

lenwerte, erfüllt sein:

1. „baulicher Zusammenhang mit Kernstadt

2. hohe kombinierte Bevölkerungs- und Arbeitsplatzdichte

3. überdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung

4. tiefer Landwirtschaftsanteil

5. starke Pendlerverflechtung mit der Kernzone der Agglomeration“ (ebd., S. 78)

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Basierend auf dieser Definition besteht die Agglomeration Luzern aus den Gemeinden Emmen, Rot-

henburg, Adligenswil, Buchrain, Dierikon, Ebikon, Gisikon, Honau, Horw, Kriens, Littau, Luzern, Meg-

gen, Root und Udligenswil (LUSTAT 2011)4.

4 Weiter werden Küssnacht am Rigi und Hergiswil (NW) zur Agglomeration Luzern gezählt (Schuler et al. 2005).

Auf Grund der Einteilung der Datenerhebungsgebiete und der Datenlage werden diese beiden Gemeinden in

der Arbeit jedoch nicht berücksichtigt.

Abb. 2: Übersichtskarte Agglomeration Luzern

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2. Methodik

Durch die verschiedenen angesprochenen Bereiche ergibt sich folgende Aufteilung der Arbeit:

1. Aufzeigen der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und Erfassen der landschaftli-

chen Eigenart im Agglomerationsgebiet von Luzern

2. Erfassen des Landschaftsverständnisses von Leuten aus der Agglomeration durch die Beurtei-

lung von Fotos mithilfe von Landschaftsästhetik-Indikatoren

2.1 Aufzeigen der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und Er-

fassen der landschaftlichen Eigenart im Agglomerationsgebiet

In diesem Teil soll das Untersuchungsgebiet in Bezug auf die Entwicklung in der Landwirtschaft näher

beschrieben und durch die Ergebnisse eigener Beobachtungen in unterschiedliche Landschaftsgebie-

te unterteilt werden.

2.1.1 Statistische Daten

Im ersten Schritt steht die Auswertung von statistischen Daten bezüglich der Entwicklung der Be-

triebs – und Agrarstrukturen für den Zeitraum ab 1950 bis heute im Zentrum. Damit soll die Entwick-

lung im Agrarbereich in der Untersuchungsregion und deren Auswirkungen auf das Landschaftsbild

nachvollzogen werden. Weiter lässt sich ein erstes Bild über die Landschaftselemente gewinnen,

welche das Gebiet geprägt haben und/oder prägen.

2.1.2 Erkundungstouren

Eigene Begehungen des Gebiets sind unerlässlich. Diese erfolgen zu Fuss oder mit dem Fahrrad. Es

geht darum, das Gebiet in seiner Gesamtheit selber zu erleben und Besonderheiten zu protokollieren

und fotografisch festzuhalten, um die Eigenart bildlich zugänglich zu machen5. Für das Protokollieren

wird mit der Karte von Luzern (Massstab 1:25'000) gearbeitet. Die Begehungsrouten werden zufällig

gewählt und liegen in gut erreichbarer Distanz vom Siedlungsrand. Gewisse, auf der Karte als Land-

wirtschaftsbetriebe identifizierbare Gebäude werden angepeilt und in Bezug auf ihre Strukturen be-

gutachtet. Teil dieser Erkundungstouren sind auch informelle Gespräche, bei denen Menschen, die

sich gerade im Gebiet befinden, nach Veränderungen in der Land(wirt)schaft gefragt werden.

5 Fotos sind auch für die weiteren Arbeitsetappen zentral und stellen einen wichtigen Teil des Datenmaterials

dar.

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2.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses durch Beurteilung von Fotos

mithilfe von Landschaftsästhetik-Indikatoren

Um jemandem Zugang zu einer unbekannten Landschaft zu verschaffen eignet sich die zweidimensi-

onale Abbildung des Raumes auf einer Fotografie besser als eine wörtliche Beschreibung. Die Foto-

grafie ermöglicht „eine Darstellung jener Aspekte, welche für die sinnliche Wahrnehmung und damit

für die Atmosphäre von Räumen bedeutsam sind“ (Fotografisches Archiv 2008, S. 11). Fotos können

auch eine vergangene Wirklichkeit abbilden, die heute nicht mehr zugänglich ist6. Dadurch können

sie, wie Gillian Rose in ihrem Buch über „Visual Methodologies“ sagt, “achieve something that meth-

ods relying only on speech and writing cannot” (2007, S. 238).

Aus diesen Gründen werden im Agglomerationsgebiet wohnhafte Personen aufgefordert, Landschaft

zu fotografieren7. Die Landschaftswahrnehmung wird somit durch ein partizipatives Experiment er-

fasst. Die gemachten Fotos werden in einem weiteren Schritt diskutiert. Gillian Rose nennt die Arbeit

mit Fotos als Datenmaterial für ein darauf basierendes Interview „Photo Elicitation“ (ebd.). Das Inter-

view erlaubt “interviewees to reflect on things [e.g. aspects of their lives] they do not usually think

about” (ebd., S. 242-243). Damit soll ersichtlich werden, wie die Menschen ihre Umwelt wahrneh-

men und was sie darüber denken.

Rose unterscheidet mehrere Arbeitsschritte, an welchen sich folgende Arbeitsabfolge orientiert

(ebd.):

1) in einem Gespräch wird der fotografierenden Person die Thematik erklärt, resp. was für Fragen mit

den Fotos beantwortet werden sollen

→ die Fotos sollen Aufschluss darüber geben, was in der landwirtschaftlich geprägten Umgebung im

Agglomerationsgebiet von Luzern als ästhetisch schön und identitätsstiftend angesehen wird

2) der/die Fotografierende bekommt eine Kamera „and some guidance about what sort of photo-

graphs to take and how many” (ebd., S. 241)

→ fotografiert werden soll die Landschaft, die der Person gefällt, wo sie sich zu Hause fühlt und sich

gerne aufhält. Im Fokus steht die landwirtschaftlich geprägte Landschaft. Die Fotos sollen das unmit-

telbar Erfassbare abbilden. Gemacht werden sechs Fotos im Hoch- oder Querformat.

3) Jede Fotografie wird lokalisiert und mit Stichworten oder einigen Sätzen dokumentiert. Dies ist

wichtig, um eine Idee der Gedanken und Gefühle, als das Foto gemacht wurde, zu erhalten

6 Worte können dies nur bedingt, da sich ihre Bedeutungen im Laufe der Zeit verändern. Deshalb wäre es eine

spezielle Herausforderung, von altem Geschriebenem auf Sichtbares zu schliessen und sich dies vorzustellen.

Bei einer Fotografie entfällt dieser Interpretationsprozess. 7 An die teilnehmenden Personen werden keine anderen Bedingungen ausser der Ansässigkeit im Gebiet ge-

stellt. Das Alter wie auch das Geschlecht und die berufliche Tätigkeit spielen keine Rolle.

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4) Das auf den Fotos basierende Interview stellt den wichtigsten Schritt in Rose’s Arbeitsabfolge dar,

denn “it is only through interviewing that the information carried by a photo can be accessed by the

researcher” (2007, S. 240). Das Interview beinhaltet erstens die Beschreibung der Fotos, damit ver-

ständlich wird, warum sie gemacht wurden. Im zweiten Schritt wird auf die Landschaftsästhetik-

Indikatoren und auf Landschaftsveränderungen Bezug genommen. Vom WSL wurden für jeden Indi-

kator Fragen vorgeschlagen, die für dessen Erfassung zentral sind (2006). Die Interviewfragen orien-

tieren sich daran (siehe Anhang 7.1). Die Landschaftsveränderungen betreffend hat Philipp Stalder in

seiner Masterarbeit auf verschiedene Gefahren für die Landschaft hingewiesen, von welchen die

Interviewpartner hauptsächlich folgende beurteilten:

• „Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung

• Ausdehnung der Städte, Bau- und Industriegebiete

• Zunehmende Zerschneidung durch Strassen mit Hartbelägen und Bahntrassen“ (Stalder

2005, S. 38)

5) die Interviews werden mit einer Digitalkamera aufgezeichnet (Tonaufnahme), transkribiert und

anhand eigens gegebenen Codes ausgewertet (siehe Anhang 7.2)

6) Die transkribierten Dokumente beziehen sich immer auf die dazugehörenden Fotos. Mit Hilfe der

Codes können die einzelnen Interviews wie auch die Fotos miteinander verglichen werden. Die Codes

sind Schlagwörter, die sich am Interviewleitfaden orientieren, oder Bildnummern. Sie geben Auf-

schluss darüber, wie häufig und ausführlich ein Foto oder ein Thema diskutiert wurde. Die Fotos

werden nach Bildtyp, Besprechungs-Häufigkeit oder nach den Codes, die bei ihrer Besprechung ge-

nannt wurden, grob in Gruppen eingeteilt. Damit wird ersichtlich, welche Fotos für welches Thema

(z.B. Landschaftspräferenz oder Mysteriosität) charakteristisch sind und ob zwischen den Interviews

in dieser Hinsicht Übereinstimmungen bestehen. Weiter lässt sich durch die Codes beim Interview-

vergleich schnell erkennen, ob gewisse Wörter, resp. Landschaftselemente, in einem ähnlichen Zu-

sammenhang thematisiert wurden oder nicht. Die Erkenntnisse werden im Resultate-Teil dargestellt,

dessen Reihenfolge sich am Interviewleitfaden orientiert.

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3. Ergebnisse

3.1 Landwirtschaftliche Strukturen und landschaftliche Eigenart im Agglo-

merationsgebiet von Luzern

Für den Überblick über die Strukturveränderungen im Untersuchungsgebiet werden zu Beginn zum

Vergleich die Daten auf Kantonsebene vorgestellt. Erste regionsspezifische Unterschiede, die für die

Eigenart der Landschaft von Bedeutung sind, sollen so ersichtlich werden. Ferner werden die Resulta-

te der Begehungen und spezifischere Zahlen aus den Agglomerationsgemeinden präsentiert.

3.1.1 Kantonale Entwicklung im Agrarbereich seit 1950

Gesamtschweizerisch sind zwischen 1985 und 1996 fast ein Viertel aller Landwirtschaftsbetriebe

eingegangen und die Betriebsgrössen der weiter bestehenden nahmen zu: „vorab an den Vorzugsla-

gen im Mittelland hat der Trend zur Rationalisierung und Intensivierung die Agrarlandschaft in den

letzten Jahrzehnten stark umgestaltet“ (2001, S. 18), stellt das Bundesamt für Statistik (BFS) fest. Der

Kanton Luzern bestätigt dieses Bild (Tab. 2).

Landwirtschaftsbetriebe Betriebe mit einer Nutzfläche von ... ha Mittlere Nutzfläche in ha

Jahr

Total davon Haupt- 0 - <5 5 - <10 10 - <20 20+ Pro Betrieb Pro Haupt-

erwerbs- erwerbs-

betriebe betrieb

1955 9'864 8'605 2'894 3'039 3'931 8.4 ...

1965 9'255 7'741 2'400 2'782 2'979 1'094 9.2 ...

1975 8'418 6'763 2'042 2'133 3'033 1'210 10.1 11.8

1985 7'826 6'201 1'772 1'541 3'022 1'491 11.2 13.2

1996 6'171 5'063 867 1'452 2'886 966 13.0 ...

2003 5'523 4'346 631 1'196 2'575 1'121 14.2 16.2

2009 5'146 3'795 575 1'027 2'299 1'245 15.1 17.5

Tab. 2: Entwicklung der Betriebsstruktur im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre (ohne Arbeitskräfte)

Innerhalb von 55 Jahren hat sich die Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe um die Hälfte verringert,

während die mittlere Nutzfläche pro Betrieb zunahm. Vor allem Kleinbetriebe verschwanden. So sind

beispielsweise 1996 von 1772 Betrieben mit weniger als 5 ha im Jahr 1985 nur noch 867 übrig8. Hinzu

kommt eine starke Abnahme der Beschäftigtenzahl: arbeiteten 1955 noch 40'394 Leute im ersten

Sektor, davon 76 % Vollzeitbeschäftigte, sind es 2009 nur noch 14'384, wovon lediglich 42 % vollzeit-

beschäftigt sind (Tab. 2). Diese Abnahme widerspiegelt sich in der Zunahme des Anteils an Nebener-

werbsbetrieben an der Gesamtbetriebsanzahl und bedeutet, dass weniger Leute vollends in der

Landwirtschaft tätig sind.

8Durch eine neue Erhebungsmethode sind die Zahlen nur beschränkt vergleichbar: bis 1990 wurden die Grös-

senklassen nach Kulturfläche (LN, Wald und Sömmerungsweiden) eingeteilt, ab 1996 wird aber nur noch die LN

beachtet. Dies erklärt die starke Abnahme an Grossbetrieben (+20 ha), da Wald und Sömmerungsweiden nicht

mehr mitgezählt werden.

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Betrachtet man die Entwicklung der Tierhalter und des Nutztierbestandes im Kanton lässt sich eine

Parallele zur Entwicklung der Betriebsanzahl und der Flächengrösse ziehen: innerhalb von über 50

Jahren hat sich die Anzahl der Halter bei sämtlichen Tierarten ausser den Schafen deutlich verringert,

wogegen der Bestand fast überall wuchs (siehe Anhang 7.3 Tab. 13)9. Als Extrembeispiel gelten die

Hühner und Schweine: gehörten 1956 jedem Halter im Durchschnitt 36 Hühner, sind es 2009 703

Tiere, bei den Schweinen vervielfachte sich der Bestand um das Achtfache auf 190 Tiere pro Halter.

„Die Öffnung der regionalen Märkte führte zur Spezialisierung und Vergrösserung der Betriebe“

(LUSTAT 2011, S. 168), wird als Grund für diese Entwicklung angeführt. Ein Landwirt hält jetzt nicht

mehr verschiedenste Tierarten, sondern konzentriert sich auf eine oder zwei. Beim Rindvieh wuchs

die Zahl gehaltener Tiere weniger stark an (Tab. 13). Als Grund dafür wird die fehlende Fläche ge-

nannt (LUSTAT 2011). Die LN nahmen auf Kosten der markanten Siedlungsausdehnung ab, doch mit

einem Anteil von 53.5 % an der Gesamtfläche des Kantons, wovon 46 % in die Kategorie von Wies-

und Ackerland und Heimweiden gehören, prägen sie aber weiterhin das Landschaftsbild (ebd.).

Strukturveränderungen lassen sich auch an Hand der Entwicklung des Obstbaumbestandes verfolgen.

Laut Arealstatistik nahmen die LN besonders beim Obst-, Reb- und Gartenbau ab (LUSTAT 2011). Vor

allem mit der Abnahme von „Hochstammobstbaumgärten verschwindet zunehmend ein wichtiges

Element der Kulturlandschaft“ (BFS 2005, S. 46). Diese Bäume werden häufig in Bezug auf Biodiversi-

tät erwähnt und sind für die Landschaft als gestalterisches Element von Bedeutung. Veränderungen

lassen sich beim Baumbestand gut erkennen (Tab. 3). Der nahm innerhalb von 50 Jahren fast um das

Vierfache ab. Als Grund dafür wird angebracht, dass Selbstversorgung oder der Betriebszweig „Obst“

nicht mehr rentabel ist. „Zudem sind Obstgärten traditionell nahe an den Siedlungen angelegt (…)

und fallen daher oftmals der Siedlungserweiterung zum Opfer“ (ARE, BAFU 2007, S. 12). Der prozen-

tuale Anteil an Niederstammobstbäumen10 nahm um das Sechsfache zu und machte 1991 12 % aller

Bäume aus. Die Mengenverhältnisse der Baumsorten zueinander blieben in etwa gleich: Äpfel, Birnen

und Kirschen herrschen vor.

9 Allein der Pferdebestand nahm ab. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass das Pferd definitiv vom Nutz- zum

Freizeittier wurde und die Mechanisierung menschliche wie auch tierische Arbeitskräfte ersetzt hat. 10

„Feldobstbäume mit einer maximalen Stammhöhe von 1 Meter“ (LUSTAT 2011, S. 162)

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Baumbe-stand

davon nach Sorten

Total11 Nieder-stamm

Jahr

Äpfel Birnen Kirschen Pflaumen Apriko-sen

Pfirsi-che

Quit-ten

Nüsse Edelkasta-nien und

Zwetsch-gen

1951 1'165'641 22'929 517'428 321'384 147'292 141'239 1'094 2'055 7'233 27'916 ...

1991 401'544 48'878 158'789 105'697 69'476 52'825 394 427 1'814 12'122 ...

2001 300'682 … 107'148 80'335 54'857 42'323 482 392 1'711 12'603 831

Tab. 3: Feldobstbäume nach Arten seit 1951 im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre Im Kanton lässt sich also besagte Intensivierung im Agrarbereich feststellen, da es weniger, dafür

grössere Betriebe mit mehr Tieren und grösseren Nutzflächen gibt. Die Annahme, dass eine Speziali-

sierung erfolgt, bestätigt sich in der Abnahme der Arbeitskräfte, der Aufgabe von Obstkulturen zur

Selbstversorgung, resp. der Zunahme an intensiven Niederstammkulturen, sowie der Reduktion des

Tierbestandes auf wenige Arten, was sich in der starken Zunahme der Tieranzahl pro Halter zeigt.

3.1.2 Entwicklung der Agglomeration Luzern seit 1950

Im Jahr 2009 befinden sich rund 7.8 % aller Betriebe im Kanton im Agglomerationsgebiet (402 Be-

triebe, Tab. 4)12. Rund 29 % davon sind Nebenerwerbsbetriebe.

Zahl der Landwirtschaftsbetriebe Grössenverhältnisse: Zahl der Betriebe mit einer Kulturfläche von … ha

Jahr Total von hauptberuflichen Landwirten 0-1 1.01 - 5 5.01 - 10 10.01 - 20 20.01 - 50 über 50

LN pro

Betrieb in a

1955 1058 876 134 199 323 402 861

1965 873 716 103 150 250 272 105 3 999

1985 671 482 108 88 110 212 141 7 1231

2000 447 345 23 59 73 163 129 -

2003 425 337 22 48 72 166 117 -

2009 402 287 1459 Tab. 4: Zusammenstellung der Entwicklung der Betriebsstruktur in der Agglomeration Luzern

13

Die Zahlen zeigen eine ähnliche Entwicklung wie im Kanton (Vgl. Tab. 2). Die Betriebsanzahl nahm in

55 Jahren um mehr als die Hälfte ab, während die durchschnittliche Nutzfläche pro Betrieb in ähnli-

chem Ausmass zunahm. Waren 1955 62 % Betriebe kleiner als 10 ha, sind es 2003 nur noch 33 %. 28

% sind grösser als 20 ha und liegen somit über dem schweizerischen Durchschnitt (BFS 2011).

11 Seit 2001 ohne Nieder- und Halbstämmer und ohne Obstbäume in Privatbesitz

12 Als Ausgangslage für die Tabellen dienen alle heutigen Agglomerationsgemeinden. Es wurde nicht darauf

Rücksicht genommen, ab wann Gemeinde zur Agglomeration gezählt wurde. 13

Die Betriebsgrössen wurden im Verlaufe der Zeit unterschiedlich aufgeschlüsselt. 1955 existierten nur vier

Grössenklassen (10 ha + war die grösste), seit dem Jahr 2000 gibt es sieben Klassen. Für die Zusammenstellung

wurden im den Jahren 2000 und 2003 die Klassen 1-3 und 3-5 ha zusammengefasst, ebenso wie die Klassen 20-

30 ha und > 30 ha.

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Nach Arealstatistik 2006/07 beträgt die Gesamtfläche des Agglomerationsgebiets 15 389 ha, wovon

fast 30 % Siedlungsfläche und 40 % LN ist (LUSTAT 2011). Der hohe Anteil an Siedlungsfläche ist der

grösste Unterschied zwischen Agglomeration und Kanton (durchschnittlich 9.6 % Siedlungsfläche).

Die Tabelle der Flächen-Nutzungsarten lässt erkennen, dass im Gebiet Grünland dominiert und

Ackerbau sekundär ist (Tab. 5). Dies entspricht der besagten Ost-West-Linie (Hochdorf-Sursee-Zell),

die nach LUSTAT den Kanton in zwei Nutzungstypen teilt: „Nördlich dieser Linie wird relativ viel

Acker-, Obst- und Gemüsebau betrieben. Südlich davon herrscht intensive Gras- und Viehwirtschaft

vor“ (2011, S. 166). Das Agglomerationsgebiet befindet sich südlich dieser Linie.

gesamte LN 2003 in Aren 647000

davon sind … %:

offenes Ackerland14

7.6

Grünland15

90.1

Dauerkulturen16

1.1

übrige LN 1.2 Tab. 5: Übersicht über die LN im Agglomerationsgebiet im Jahr 2003

Da sich das Agglomerationsgebiet durch Viehwirtschaft auszeichnet, gestalten landwirtschaftliche

Nutztiere die Landschaft mit. Dies gilt vor allem für Tiere, die auf Weiden sichtbar sind und die LN

direkt verändern, indem sie z.B. grasen. Eine Tierart oder Rasse kann sogar als regionale Eigenheit

gelten: dem Kanton Luzern nachgesagt, er sei ein typischer Braunviehzucht-Kanton, in welchem nur

selten andere Rassen vorkommen. Tatsächlich gab es im Jahr 1956 kaum Fleckvieh im Agglomerati-

onsgebiet. Nur 2 % des Rindviehs gehörte einer Fleckvieh-Rasse an. Bis im Jahr 1988 wuchs der Anteil

aber auf 34 %, 2003 wurden die einzelnen Rassen nicht mehr getrennt aufgeführt.

Rindvieh Rassen Schweine

Jahr Rindviehbesitzer Gesamtbestand Kühe Braunvieh Fleckvieh Besitzer Gesamtbestand

1956 906 15293 10740 14945 278 752 16391

1988 461 15347 8430 10986 3711 238 30727

2003 345 12254 6589 … … 124 21870

Tab. 6: Zusammenstellung Nutztiere im Agglomerationsgebiet

Die Anzahl der Rindviehhalter hat sich in der Agglomeration im Vergleich mit dem Kanton von 1956

bis 2003 deutlicher verringert: Während 2003 nur noch rund 38 % aller Besitzer von 1956 Vieh be-

sass, waren es im ganzen Kanton im Jahr 2009 immerhin noch 48 % (Vgl. Anhang Tab. 12). Ähnliches

gilt bei den Schweinebesitzern: hielten 2009 im ganzen Kanton noch 25 % der Halter von 1956

Schweine, sind es in der Agglomeration im Jahr 2003 bereits nur noch 17 %, die im Durchschnitt 176

Schweine besassen.

14 Als offenes Ackerland gelten sämtliche Ackerflächen (z.B. für Getreide, Hackfrüchte, Mais, einjährige Gemü-

se- oder Beerenkulturen etc.) abzüglich der Kunstwiesen (Statistik Schweiz 2011) 15

Sämtliche Grünflächen, Wiesen (auch Kunstwiesen) und Weiden (ebd.) 16

Obst, Reben; mehrjährige Beeren, Gemüse und Gewürz- und Medizinalpflanzen; Hopfen; Baumschulen (auch

Christbäume und Ziersträucher) (ebd.)

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24

Auch diese Tabellen bestätigen den Wandel, der laut Roth et al. „zu einer Verarmung der Kulturland-

schaft [führt]: Kleine Betriebe mit vielfältigen Nutzungen weichen zunehmend grösseren Betrieben

mit weniger Nutzungen“ (2010, S.51). Im Agglomerationsgebiet sind die Strukturveränderungen im

Vergleich mit dem Kanton markanter. Die Intensivierung zeigt sich in der Zunahme der Nutztiere pro

Halter, aber auch im Wachstum der LN pro Betrieb oder in der Abnahme des Baumbestandes.

Die Entwicklung der Landwirtschaft im Agglomerationsgebiet muss in Zusammenhang mit der Sied-

lungsausdehnung, resp. der Bevölkerungsentwicklung, betrachtet werden, da auch die Ausdehnung

der Siedlungsflächen das Landschaftsbild verändert und mit den LN konkurriert.

Jahr Bevölkerung absolut

1950 104‘219 durchschnittliche Bev. Zunahme in Personen pro Jahr von 1950 -1980 1‘898

1980 161‘173 durchschnittliche Bev. Zunahme in Personen pro Jahr von 1980-2009 994

2009 190‘009

Tab. 7: Bevölkerungsentwicklung Agglomeration, ausgewählte Jahre

Im Jahr 2009 wohnen insgesamt 190‘009 Personen im Agglomerationsgebiet. Der Grossteil entfällt

auf die Stadt Luzern (seit 2010 mit Littau fusioniert), Emmen, Kriens, Ebikon und Horw. Es sind auch

diese Gemeinden, die in der Wachstumsphase von 1950-1980 das grösste absolute Wachstum zu

verzeichnen hatten (siehe Anhang Tab. 13). Den grössten Bevölkerungszuwachs insgesamt gab es in

Adligenswil, wo 2009 mehr als 7 Mal so viele Leute lebten wie anno 1950. Weiter folgt Gisikon mit

fast 6 Mal mehr Einwohnern als 1950 und Buchrain, wo sich die Bevölkerung innerhalb von 60 Jahren

verfünffacht hat (Tab. 13).

3.1.3 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet

Die Agglomerationsgemeinden lassen sich morphologisch und auf Grund der Verkehrsachsen in grös-

sere Gebiete zusammenschliessen:

• die östlichen Agglomerationsgemeinden Adligenswill, Udligenswil und Meggen: südlich

trennt sie der Vierwaldstättersee und die Kantonsgrenze von der Umgebung ab, im Norden

werden die Gemeinden durch den Dietschi-, den Dotte- und den Rooterberg vom Rontal ge-

trennt

• das Rontal mit Ebikon, Buchrain, Dierikon, Root, Gisikon und Honau: das Rontal lässt sich

durch die nach Norden ausgerichteten Hänge (Dotte- und Rooterberg) und die parallel dazu

fliessende Reuss von der Umgebung abtrennen

• die nördlichen Gemeinden Emmen, Rothenburg und Littau: die Reuss liegt zwischen dem

Rontal und Emmen, Littau wird durch den Sonneberg von Kriens getrennt

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25

• die Gemeinden Kriens und Horw: sie liegen am Fusse des Pilatus zwischen dem Sonneberg

und dem Vierwaldstättersee

Anhand dieser Zusammenfassung wird die landschaftliche Eigenart der einzelnen Gebiete durch die

eigenen Beobachtungen beschrieben und mit Zahlen ergänzt. Diesem Beschrieb werden einige all-

gemeine, während der Erkundungstouren gemachte, Beobachtungen vorangestellt.

3.1.3.1 Allgemeine Beobachtungen

Die LN ähneln sich in ihrer Nutzung in allen Gemeinden, unterscheiden sich aber in der Grösse auf

Grund ihrer (Hang-)Lage. Die Flächen in der Ebene sind bedeutend grösser und baumloser als die

Hänge. Es gibt hauptsächlich Grünflächen, die geweidet oder gemäht werden. Kornfelder fanden sich

nur vereinzelt, wobei die am häufigsten gesichtete Frucht Mais ist.

Bei den meisten Betrieben finden sich Obstbäume. Entweder hat es alte Hochstammbäume am

Strassenrand oder auf einer grossen (Weide-)Fläche unregelmässig verteilt. Oder dichtere

Obstanlagen befinden sich in Haus- oder Stallnähe. Die Produkte werden vielerorts per Direktverkauf

abgesetzt. Nicht alle gesichteten Betriebe hielten Tiere17. An manchen Orten trug das Vieh (v.a. das

Jungvieh) Glocken.

Auf Grund der gesichteten Bauten kann man auf die Entwicklung in Gebiet schliessen. Im Dorfkern

vieler Gemeinden hat es nach wie vor alte Häuser, wogegen der Siedlungsrand durch grosse, moder-

ne Neubauten geprägt wird. Weiter widerspiegelt sich die Grösse und Art eines Landwirtschaftsbe-

triebs in dessen Bauten und den landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen.

Je nach Gebiet besteht ein unterschiedlich stark ausgebautes Wander- oder Radwegnetz. Auch wenn

kleinere Wege nicht als Wander- oder Radweg markiert sind, ist der Durchgang für Motorfahrzeuge

häufig verboten. In Adligenswil wurde beobachtet, dass geteerte Kleinstrassen in Siedlungsnähe auch

für Radfahrer und Pferde verboten waren, da sie hauptsächlich als landwirtschaftliche Zufahrtsstras-

sen zu den angrenzenden Betrieben dienen.

Wie die unterschiedlichen Elemente in den einzelnen Gebieten auftreten, zeigt sich nun im detaillier-

teren Beschrieb.

3.1.3.2 die östlichen Agglomerationsgemeinden: Adligenswill, Udligenswil und Meggen

Die Seenähe lässt die Landschaft vor allem in Meggen offen erscheinen, da der Blick darüber hinweg

in die Berge schweifen kann (Vgl. Abb. 3). Durch die Ausrichtung nach Süden und die ausgleichende

Wirkung des Sees ist das Klima mild, was den Anbau von Reben ermöglicht (GM 2011).

17 An gewissen Orten weideten nur ein paar Rinder. Pferde, Ziegen oder Schafe fanden sich vereinzelt. Auch die

Schweinehaltung war relativ unauffällig.

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26

Abb. 3: Landwirtschaftsbetrieb (Altmatt, Adligenswil) am Siedlungsrand mit Blick auf den See und in die Berge

Abb. 4: Kirschbäume am Siedlungsrand in Meggen

Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2),

ohne Seen

LN (%) Landwirtschaftliche Zone

Meggen 6512 7.27 43.6 Vorwiegend Talzone

Adligenswil 5475 6.99 50.8 Hügelzone

Udligenswil 2167 6.25 65 Hügelzone Tab. 8: Übersicht über die östlichen Agglomerationsgemeinden

Im Gegensatz zum steuergünstigen Meggen ist der Anteil an LN in Adligens- und Udligenswil höher

und liegt in der Hügelzone (Tab. 8). Über die Landwirte in Meggen sagt die Gemeinde-Homepage:

„Sie betreiben hauptsächlich Milchwirtschaft, Viehhaltung und Obstbau“ (GM 2011). Dies stimmt

auch für die beiden anderen Gemeinden. Doch in Meggen fallen die vielen Kirschbäume auf (Abb. 4).

Im Jahr 2003 wurden dort 65 Aren Steinobst gezählt. Dem gegenüber stehen 19 Aren Äpfel und Bir-

nen (siehe Anhang Tab. 14). In der Agglomeration dominieren, gesamthaft betrachtet, Apfel-

Obstanlagen (Tab. 14). In Seenähe sind die Nutzflächen eher klein. Enthalten sie keine Unebenheiten,

sind sie grösser und die Landschaft wirkt offener, aber auch ein wenig monoton, da kaum Bäume

sichtbar sind (Abb. 5). Im Gegensatz dazu zeichnet sich die LN in Abbildung 6 durch Obstbäume aus.

Abb. 5: Am Siedlungsrand von Adligenswil mit dem Lauf des Stubebachs

Abb. 6: Landschaft im unebenen Gebiet auf über 600 m.ü.M. in Adligenswil

Im Jahr 2003 gehören von den 73 Landwirtschaftsbetrieben in den drei Gemeinden die Hälfte zur

Grössenklasse von 10-20 ha (siehe Anhang Tab. 15). In der Gemeinde mit dem höchsten Anteil an LN,

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Udligenswil, sind noch 31 % der Betriebe kleiner als 10 ha. Die grössten Betriebe finden sich 2003 in

Adligenswil, wo fast die Hälfte der 22 Betriebe mehr als 20 ha bewirtschaften.

Neben den Grünflächen18 beschränken sich die angebauten Kulturen im Gebiet auf Mais (Abb. 7). Nur

vereinzelt wurden Kornfelder gesichtet (Abb. 8). Getreide wurde 2003 weder in Meggen noch in Ud-

ligenswil angebaut und auch Hackfrüchte19 fehlten im ganzen Gebiet, bis auf wenige Aren Kartoffeln

in Meggen und Udligenswil (Statistik Schweiz 2011).

Abb. 7: Maisfeld auf der Ebene von Talacheri in der Höhe auf 598 m.ü.M. in Adligenswil

Abb. 8: Gerstenfeld in Adligenswil – ein eher seltener Anblick, mit Blick auf Udligenswil

Geht es um die Positionierung im Standortwettbewerb, hallt die Vergangenheit der Gemeinden als

kleine Bauerndörfer nach. Über Udligenswil wird gesagt, dass es trotz der rasanten Entwicklung seit

den 60er Jahren gelungen ist, „die ländliche Identität (…) bis heute zu bewahren“ (GU 2011). Im Ver-

gleich mit Meggen und Adligenswil spricht der hohe Anteil an LN (65 %), die tiefe Bevölkerungszahl

(siehe Tab. 8) und die kleineren Betriebsgrössen für die Bewahrung dieser ländlichen Identität.

3.1.3.3 das Rontal mit Ebikon, Buchrain, Dierikon, Root, Gisikon und Honau

Auf Grund ihrer Nutzung sind die besiedelten oder landwirtschaftlich geprägten Nord-Hänge, die

Rontalebene sowie der Südhang von Buchrain voneinander abzugrenzen und zu unterscheiden.

Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2),

ohne Seen

LN (%) Landwirtschaftl. Zone

Ebikon 11 850 9.69 36.1 Ebene Talzone,

Siedlungen teils Hügelzone

Buchrain 5710 4.79 43 Talzone

Dierikon 1442 2.28 56.7 Talzone (Siedlungen),

LW in der Hügelzone

Root 4363 8.64 48.5 Talzone (Siedlungen),

LW in der Hügelzone und Bergzone 1

Gisikon 1055 1.10 47.3 Tal- und Hügelzone

Honau 345 1.25 65.6 Tal- und Hügelzone Tab. 9: Übersicht über die Rontalgemeinden

18 Im Durchschnitt der drei Gemeinden sind ca. 95 % der Gesamt-LN Grünflächen (siehe Anhang Tab. 16)

19 Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben

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Ebikon, die grösste und mit Abstand einwohnerstärkste Gemeinde im Gebiet zeichnet sich durch

einen geringen Anteil an LN aus. Frappant ist der Vergleich mit Root, wo auf einer minim kleineren

Fläche weniger als halb so viele Menschen leben. Dennoch wird gesagt, dass Root „im strengen Sinne

keine ländliche Idylle mehr“ (GR 2011) bietet. Bei den Begehungen erschienen Root und Honau aber

weniger hektisch als der Komplex Ebikon-Dierikon-Buchrain.

Den Hauptanteil an LN bilden die Nord-Hänge (Dotte- und Rooterberg) von Dierikon bis Honau, die

durch die Landwirtschaft dominiert werden. Die Mehrheit der Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaf-

tet mehr als 10 ha (Vgl. Anhang Tab. 15). In Ebikon sind die Betriebe vergleichsweise grösser: 2003

hatten dort 4 Landwirte mehr als 30 ha Land (ebd.). Die 65.6 % LN im 345 Seelen-Dorf Honau werden

von 5 Landwirten bewirtschaftet, für die kleinere Fläche des dicht besiedelten Gisikon sind es 7, de-

ren vier nur 5-10 ha besitzen (ebd.). Wie auch schon in den östlichen Agglomerationsgemeinden ist

praktisch jeder Landwirt Halter von Tieren der Rindergattung. Rund die Hälfte hält auch Geflügel

und/oder Schweine (Statistik Schweiz 2011).

Zwischen dem Siedlungsgebiet in den unteren und dem Wald in den obersten Hangpartien liegt Wei-

de- und Grasland. Die Felder sind im Gegensatz zur Ebene klein (Abb. 9). Durch unregelmässige

Mähstriemen und lückenhafte (Obst-)Baumreihen erscheint das Gebiet ungeordnet. Daher ist es im

Vergleich mit dem Talboden abwechslungsreicher, obwohl in den Gemeinden mit viel Fläche in der

Talzone auch unterschiedliche Ackerflächen vorkommen (siehe Anhang Tab. 16)20.

Abb. 9: Blick an den Rooterberg - Bäume und kleinere Flächen am Hang, offene Flächen auf dem Talboden

Abb. 10: der Radweg ermöglicht einen guten Blick an die Hänge

Abb. 11: Obstbäume prägen die Hänge - Blick vom Radweg aus in der Nähe eines Betriebes

Durch die LN werden Siedlungen voneinander abgetrennt. Ebikon, Buchrain und Dierikon sind aber

praktisch verschmolzen und die Hanglagen werden als „vorzügliche Wohnlagen“ (GE 2011) angeprie-

sen. Bei den anderen Gemeinden sind die Gemeindegrenzen klarer ersichtlich. Die Abtrennung von

Siedlungsflächen erfolgt auf unterschiedliche Weise:

20 Für die Unterschiede in der Bewirtschaftung und die Feldergrösse stehen die landw. Zonengrenzen sinnbild-

lich da: In der Hügel- und Bergzone wird die Bewirtschaftung durch die starke Hangneigung erschwert, was sich

in einem grösseren Arbeitsaufwand niederschlägt. Abbildungen 9 und 10 präsentieren ähnliche Ansichten und

geben Aufschluss über den Kontrast zwischen Ebene und Hang.

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Abb. 12: eine gemähte Grasfläche trennt Siedlungen voneinander ab

Abb. 13: eine Mutterkuhherde weidet unterhalb von Gisikon

Die Ebene des Rontals wird durch die Industrie dominiert und zeichnet sich ansonsten durch gross-

flächige Landwirtschaft aus. Ackerflächen sind in diesem Gebiet zahlreicher als in den östlichen Ag-

glomerationsgemeinden (Abb. 14 und Abb. 156)21 und es wird Getreide angebaut (Statistik Schweiz

2011). Bei den Begehungen wie auch in den Zahlen von 2003 wird ersichtlich, dass hier Hackfrüchte

fehlen und auf den übrigen offenen Ackerflächen hauptsächlich Mais angebaut wird (ebd.).

Abb. 14: grossflächige Landwirtschaft dominiert die Ebene, ein Radweg führt durch das Gebiet

Abb. 15: die Ron und der Wald als Abwechslung zu den Industriekomplexen mit Blick auf den Pilatus

Abb. 16: Aussicht von Honau auf die Landwirtschaftsflächen

Als einzige der im Rontal liegenden Gemeinden liegt Buchrain auf der nach Süden ausgerichteten

Talseite, was eine gute Sicht auf die Nachbargemeinden ermöglicht (Abb. 17). Die sonnenexponierte

Lage eignet sich für grosse Obstanlagen (Tafel-

obst und Beeren), die in diesem Gebiet (inkl.

Hundsrügge und Sädel) öfter anzutreffen sind als

anderswo (Tab. 16). Im Gegensatz zu den östli-

chen Gemeinden, wo Steinobst dominierte, sind

hier Apfelkulturen dominant (Tab. 14).

Abb. 17: Blick vom Leisibach in Richtung Rooterberg

21 Als Vergleich dazu siehe GKL (2011), Markierung „Fruchtfolgeflächen“ und Tab. 16 im Anhang

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Als Kontrast zu den Industrieüberbauungen (Abb. 14) fliesst die Ron durch das Tal (Abb. 15) und

Wanderwege durchziehen den angrenzenden Hasliwald sowie die Nord-Hänge. Weiter sind Radwege

markiert22. Obwohl es so scheint, als befände man sich in einem Tal-Schlauch, wird das Rontal durch

„die verkehrstechnisch einzigartige, zentrale Lage“ (GG 2011), der Reuss als Naturraum und dem

Blick in die Berge, besonders auf den Pilatus, der „den Eindruck der Weite“ (GR 2011) erzeugt, als

reizvoller Wohnstandort angepriesen.

3.1.3.4 die nördlichen Gemeinden: Emmen, Rothenburg und Littau

Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2), ohne

Seen

LN (%) Landwirtschaftl. Zone

Emmen 27 833 20.34 42.2 Talzone (ausser Littau: Teil

Sonneberg Hügelzone und

Bergzone 1) Rothenburg 7121 15.52 65.7

Littau (seit 2010

Fusion mit Luzern)

76 702 29.07 28

Tab. 10: Übersicht über die nördlichen Agglomerationsgemeinden

Im Jahr 2003 wurde die LN in Emmen von 47 Landwirten bewirtschaftet. Die Betriebe sind dort im

Durchschnitt grösser als in Rothenburg und Littau und den vorher beschriebenen Gebieten: 2003

bewirtschafteten 9 Betriebe mehr als 30 ha, in Rothenburg waren es von 68 Betrieben nur 5. In bei-

den Gemeinden sind insgesamt 80 % der Betriebe grösser als 10 ha 23(Tab. 15).

Abb. 18 und Abb. 19: alte und neuere landwirtschaftliche Gebäude in Waltwil

Die Grösse der Betriebe widerspiegelt sich auch in den landwirtschaftlichen Gebäuden. In Waltwil am

Rande des Flugplatzes Emmen stehen alte Gebäude, z.B. der Spycher in Abbildung 18, neben neuen,

grösseren (Stall-)Gebäuden (Abb. 19).

22 Der separat im Grünen angelegte Radweg wird von Familien aber auch Einzelpersonen gut genutzt und ist, da

asphaltiert, auch als Inline-Strecke markiert. 23

In Littau (ohne Luzern) waren es von 43 Betrieben nur gerade 67 %. Ein Drittel der 9 Betriebe in Luzern sind

Kleinstbetriebe von 0-1 ha und ein Landwirt bewirtschaftet über 30 ha. Nur ein minimer Anteil der LN in der

Tabelle bei Littau gehört also zu Luzern.

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Abb. 20: Weide im Unterdorf in Emmen

Abb. 21: gemähtes Feld und Landwirtschaftsbetrieb in unmittelbarer Nähe der Flugpiste

Allgemein betrachtet sind die Felder in diesem Gebiet grösser, da es hauptsächlich in der Talzone

liegt. Auf den an die Flugplatz-Ebene angrenzenden Flächen weiden Milchkühe und Obstbäume zie-

ren teilweise das Land (Abb. 20). Wie im Rontal dominierten im Jahr 2003, vor allem in Emmen, Ap-

fel-Obstanlagen (siehe Anhang Tab. 14). Ansonsten scheint sich die Nutzung der LN an den Militär-

flugplatz anzupassen: Um die Flugpiste herum wird alles grossflächig gemäht (Abb. 21), die Felder

sind baumlos und erscheinen monoton, wogegen etwas entfernt Ackerbau mit Mais oder Getreide

betrieben wird (Abb. 22). Auch Hackfrüchte werden im gesamten Gebiet von Rothenburg, Littau und

Emmen angebaut: Kartoffeln und Futterrüben fanden sich 2003 sonst praktisch nirgends, wie auch

Gemüsekulturen, die in diesem Gebiet vermehrt vorkamen als in anderen Agglomerationsgemeinden

(Statistik Schweiz 2011).

Abb. 22: bewirtschaftete Flächen in Emmen, von der Flugplatzebene entfernt mit Blick in Richtung Luzern

Abb. 23: Weide- und Grasland bei Neu Adlige mit Blick auf den Siedlungsrand von Rothenburg

Im weniger flachen Gebiet gegen Rothenburg wirkt die Landschaft abwechslungsreicher als auf der

Flugplatz-Ebene. Die Eisenbahnlinie oder Strassen trennen die Siedlungsbauten vom Umland mit den

Landwirtschaftsbetrieben ab (Abb. 23). Der hohe Anteil an LN (über 65 %) an der Gesamtfläche

spricht für den ländlichen Charakter von Rothenburg, das sich aber „innert weniger Jahrzehnte … von

einer stark landwirtschaftlich geprägten Gemeinde zu einem sehr attraktiven Luzerner Vorort entwi-

ckelt“ (GRB 2011) hat. Diese Entwicklung zeigt sich in der verstärkten Bevölkerungszunahme in der

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Wachstumsphase von 1980-2009 (siehe Anhang Tab.13). Durch die Siedlungsausdehnung finden sich

im Siedlungsgebiet Relikte aus Tagen als weniger Landwirtschaftsflächen überbaut waren und mehr

Betriebe existierten (Abb. 24).

Abb. 24 und Abb. 25: landwirtschaftliche Bauten, leer stehend oder genutzt, prägen den Strassenrand in Rothenburg

Ähnlich abwechslungsreich wie Rothenburg ist Littau (Abb. 25). Die Gemeinde zeichnet sich durch

den Littauerbode aus, der eng mit Emmen verknüpft ist, während das Dorf auf einer Anhöhe liegt.

Die Landwirtschaft ist vielseitig: es gibt neben Weide- und Grasland auch Acker- und Gemüseanbau,

die Flächen sind gross und offen.

3.1.3.4 die Gemeinden Kriens und Horw

Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2),

ohne Seen

LN (%) Landwirtschaftl. Zone

Kriens 26 202 27.34 28.4 Talzone im Kernsiedlungsbereich, Hügelzone

(Obernau), Bergzone 1 (Teil Sonneberg und

Krienseregg), Bergzone 2 (Krienseregg)

Horw 13 182 12.82 29.3 Talzone, gemischt mit Hügelzone (Horwer

Halbinsel), Bergzone 1 (Krienseregg) Tab. 11: Übersicht Gemeinden Horw und Kriens

In Bezug auf die Bevölkerungsdichte und den Anteil an LN verhalten sich die beiden Gemeinden ähn-

lich: Kriens ist etwas mehr als doppelt so gross wie Horw, hat aber auch fast doppelt so viele Einwoh-

ner. Weiter zeichnet sie der sehr tiefe Anteil an LN und die enge Verflechtung mit Luzern aus.

Im Vergleich mit den Zahlen der anderen Agglomerationsgemeinden aus dem Jahr 2003 fällt auf,

dass in Horw und Kriens überdurchschnittlich viele Landwirtschaftsbetriebe Nebenerwerbsbetriebe

sind: In Horw sind es von 37 Betrieben 32 %, in Kriens von 60 Betrieben sogar 40 % (Statistik Schweiz

2011). Dies lässt sich durch die Betriebsgrössen begründen: In Kriens bewirtschaften 10 Betriebe mit

1-3 ha zu wenig, um davon leben zu können. Rund die Hälfte aller Betriebe beider Gemeinden ist

dennoch grösser als 10 ha (Tab. 15).

Am Siedlungsrand von Obernau finden sich Betriebe mit Milchwirtschaft. Unmittelbar in der Nähe

der Gebäude gibt es meistens einen Garten und Obstbäume (Abb. 27 und 28).

Abb. 26: Sicht auf die vielfältige Nutzung des Littauerbodes

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Abb. 27: Einfahrt zu einem Betrieb: rechts der Gartenzaun, links ein typisches Haus

Abb. 28: Obstgarten, der an einen Stall angrenzt

Abb. 29: Wanderweg mit guter Fernsicht auf die Rigi, links im Bild der überbaute Sonneberg

Abb. 30: offene Flächen und von Wald bestockte Hügel

Bei den neuen Überbauungen von Obernau in Richtung Kriens werden die Wanderwege dem Bach

entlang rege von Joggern und Hundehaltern genutzt (Abb. 29). Die daran angrenzende LN ist leicht

geneigt und wird gemäht, die steileren Partien des Nord-Hangs sind bewaldet (Abb. 30).

Die Sonnebergseite von Kriens ist in Stadtnähe bis auf ca. 600 m.ü.M. überbaut. Weiter vom Stadt-

zentrum entfernt dominiert die Landwirtschaft (Abb. 31). Als Insel im städtischen Zentrum kann der

Chupferhammer gesehen werden: LN mitten im Siedlungsraum mit guter Fernsicht (Abb. 32). Mais-

felder wie in Abbildung 32 und 33 kommen aber selten vor, Grünflächen (95 % der LN) dominieren

(siehe Anhang Tab. 16). Daher erinnert die Gegend an die östlichen Agglomerationsgemeinden, ob-

wohl sich Kriens dadurch unterscheidet, dass es leicht zwischen den Hügeln eingekesselt und daher

weniger offen ist.

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34

Abb. 31: Landwirtschaft in der Ebene und an der Sonnebergseite

Abb. 32: Die LN im Chupferhammer mitten in Kriens

In den flachen Teilen Horws sind auf Grund der Baudichte Grünflächen rar. Vereinzelt gibt es Betrie-

be, die alleine zwischen Siedlungen stehen (Abb. 33), doch meist grenzen die LN daran an wie in Abb.

34. Im Gebiet von Kriens nach Horw sind, ähnlich wie im Rontal, asphaltierte Radwege gut markiert.

Abb. 33: ein Landwirtschaftsbetrieb mitten im Siedlungsgebiet von Horw

Abb. 34: Landwirtschaft dominiert die oberen Hangpartien, wo die Siedlungsausläufer nicht mehr hinreichen

Charakteristisch für Horw ist der Seeanstoss, durch welchen, vergleichbar mit Meggen, die Land-

schaft offen wirkt. Durch die Ausrichtung nach Süden eignet sich die Horwer Halbinsel in der Höhe

für den Rebbau (Abb. 35). In Horw wurden 2003 sogar noch mehr Reben angebaut als in Meggen

(Statistik Schweiz 2011). Über die ganze Höhe der Horwer Halbinsel verteilt hat es Milchproduzenten.

Neben Kühen fallen andere Tiere kaum auf, obwohl den Zahlen von 2003 zu Folge Ziegen oder Schafe

hier häufiger vorkommen als in den übrigen Gebieten (ebd.). Obstbäume umgeben die Gebäude oder

säumen die Strassen, die als Wander- und Radwege ausgeschildert und für den Normalverkehr unzu-

gänglich sind (Abb. 36).

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Abb. 35: Rebstöcke des Weinguts Rosenau auf der Horwer Halbinsel

Abb. 36: Landwirtschaftsbetrieb mit Milchkühen auf der Horwer Halbinsel

Diese Beschreibung des Agglomerationsgebiets dient als Überblick. Zu einem späteren Zeitpunkt wird

diskutiert werden, ob und inwiefern die gebietsspezifischen Unterschiede von den Interviewpartnern

thematisiert wurden.

3.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses von Leuten aus der Agglomera-

tion

Ziel dieser Arbeitsetappe ist, das Landschaftsverständnis von Menschen aus der Agglomeration Lu-

zern zu erfassen. Dies passiert mittels Landschaftsfotos, die von den Beteiligten selbst gemacht wur-

den und die im Anschluss unter Einbezug von Landschaftsästhetik-Indikatoren besprochen worden

sind. Am Experiment haben sich vier Frauen und ein Mann zwischen 23 und 60 Jahren beteiligt. Zwei

Personen sind in Luzern wohnhaft und je eine in Littau, Horw und Buchrain. Dabei sind 33 Fotos ent-

standen. Einzelne Personen erachteten die Aufgabe als anspruchsvoll, da sie sich auf ungewohnte

Weise mit Alltäglichem auseinandersetzen mussten. Bei den Interviews wurden nicht nur die Fotos

diskutiert, sondern zuerst allgemeine Fragen zu Landschaft gestellt, um mehr über die Bedeutung

von Landschaft für eine Einzelperson zu erfahren. Im Anschluss daran wurden die Fotos in Bezug auf

die Landschaftsästhetik-Indikatoren besprochen und am Ende potentielle Gefahren für die Land-

schaft thematisiert.

3.2.1 Das Verständnis und die Bedeutung von Landschaft

Gesamthaft betrachtet ist das Landschaftsverständnis breit und es wurden in den Interviews alle

Forderungen genannt, welche an eine Landschaft gestellt werden können. Obwohl die Landschaft

primär Bedeutung als Erholungs- und Identifikationsraum hat, wurde die Produktionsfunktion nicht

ausgeblendet: „wir ernähren uns ja auch von der Natur“ (Interview VT, 26. Juli 2011). Da es um die

Wahrnehmung von Landschaft geht, ist es sinnvoll zu erfragen, „was für Gefühle und Wertungen er

[der Mensch] mit ihr [Landschaft] in Verbindung setzt“ (Meier et al. 2010, S. 215). Als Antwort kam,

dass eine Landschaft die Stimmung hebt und man sich mit ihr identifiziert, wenn sie gefällt: „Wenn

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eine Landschaft schön ist, ist es gut für das Gemüt“ (Interview CF, 11. Juli 2011). Daher wird sie auch

mit einer Kraftquelle gleichgesetzt (Interview HB, 18. Juli 2011). Als zu einer Landschaft gehörend

wurden Grünflächen, Bäume, Ruhe, Fernsicht, Berge und Tiere genannt24. Nur eine Interviewperson

schloss Industrie und Wohnraum bewusst mit ein: Landschaft ist, „wo ich mich bewege, inklusive

wohnen und arbeiten“ (Interview FA, 16. Juli 2011). Eine schöne Landschaft ist für diese Person eine,

in welcher eine angenehme Mischung zwischen den verschiedenen Nutzungsarten existiert (ebd.) -

eine Auffassung, die nicht alle Befragten teilten: Landschaft wurde oft auf ‚Natur‘ (Wald, Kulturland

oder andere Grünflächen) reduziert (Interview CB, 19. Juli 2011).

3.2.2 Rolle der Landschaft im Alltagsverhalten und Bezug zur Landwirtschaft

Landschaftliche Eigenheiten spielen bei der Wohnungssuche eine Rolle und sind für die Naherholung

von Bedeutung (Interview FA, 16. Juli 2011). Draussen bewegen sich viele Leute bei unterschiedli-

chen Aktivitäten. Für den Arbeitsweg mit dem Velo wählt die Interviewperson aus Horw bewusst den

längeren Radweg, wenn sie dazu Zeit hat. Dieser führt nicht an der Hauptstrasse entlang, ist sicherer

und bietet einen schöneren Ausblick, was den Erholungsfaktor steigert (Interview CB, 19. Juli 2011).

Auf einer Erkundungstour wurde angemerkt, dass Leute durch ihre gute Beziehung zur Landwirt-

schaft nach draussen gezogen werden und sie weiterpflegen, auch wenn sie in einer Blocksiedlung

leben und den Strukturwandel kritisieren (Gespräch Pensionärin, 20. Juni 2011). Andere suchen ein-

fach einen Ausgleich zum Berufsalltag25 und sind sich den Strukturveränderungen in der Landwirt-

schaft weniger bewusst. Alle Befragten akzeptieren die Bedürfnisse der Landwirte, auch wenn sie

negativ bewertete Erscheinungen wie Gestanks-Emissionen, Fliegen oder laute Maschinen erwähnen

(Interview FA, 16. Juli 2011).

3.2.3 Landschaftsbild Präferenzurteile

Mit diesem Indikator soll herausgefunden werden, welche Landschaft im Vergleich mit einer anderen

ästhetisch besser gefällt und warum. Der Begriff Landschaftspräferenz deutet auf Vorlieben hin und

„drückt ferner implizit aus, dass es sich bei der integralen Beurteilung der Landschaft um subjektive

Wahrnehmung und Deutung durch den Menschen handelt“ (WSL 2010, S. 35)26.

Als speziell schöne Landschaftsbilder wurden solche betrachtet, die auch als typisch für die Region

eingestuft wurden (Abb. 37). Diese Bilder wurden während dem Interview vermehrt thematisiert.

24 Die Interviewpartner wurden aufgefordert, 5 Eigenschaften oder Elemente zu nennen, die ihnen spontan zu

„Landschaft“ einfielen. 25

z.B. ein Walker, der sich in der Mittagspause bewegt oder Spaziergänger, die mit ihren Hunden draussen sind

(Gespräch Walker, 14. Juni 2011) 26

Bei den Fotos wurde deshalb eine Zusammenfassung der Beurteilung durch den Fotografen/die Fotografin

neben das Bild gesetzt.

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37

Abb. 37: Charakterisierendes Foto für die Stadt Luzern, das das Thema Urbanität vs. Landwirtschaft darstellt

Obwohl andere Bilder auch diskutiert und die Interviewpersonen selber darauf verwiesen haben,

liegen die Präferenzen dort, wo topographische Merkmale die Landschaft von anderen Landschaften

unterscheidbar machen. Weiter wurden Landschaftsbilder vorgezogen, die den Blick in die Ferne

zulassen und Weite ausstrahlen. Ein Bild muss aber mehrere Elemente enthalten, um als schön be-

zeichnet zu werden. Daher ist Vielfalt „ein Schlüsselmerkmal einer Landschaft, die die Menschen

anspricht“ (BAFU 2006, S. 7). Würden Bäume, die eine Abstufung darstellen und perspektivisches

Sehen zulassen, fehlen, würde die Landschaft als langweilig eingestuft werden (Vgl. Abb. 42) (Inter-

view CF, 11. Juli 2011).

Abb. 38: der Littauerbode mit Blick in Richtung Malters

Die grünflächige Landschaft in der Agglomerationsumgebung kann aber nicht das „Ursprüngliche,

wirklich in der Natur draussen sein“ ersetzen, da man zu viele „von Menschenhand gestaltete Sa-

chen“ (Interview CB, 19. Juli 2011) wahrnimmt. Viel eher ist sie ein Kompromiss, der der Natur, am

ehesten sichtbar in Abbildung 39, nicht entsprechen kann.

„Diese ruhige Idylle“ mitten in der Stadt ist eine Auflocke-

rung. Die auf der Weide grasenden Hochlandrinder und die

Bäume als Farbtupfer wurden als ein Merkmal für die Stadt

Luzern bezeichnet und erscheinen wertvoller als normale

Stadtparks. Dieses Foto lässt sich aber kontrovers diskutie-

ren, da die LN als Störfaktor im urbanen Raum beurteilt

werden könnte (muhende Rinder, Misthaufen). Bei der

Betrachtung des Bildes ist „aber (…) nicht sicher, was ge-

nau stört, ob die Stadt drum herum oder das Grün in der

Mitte.“ Das Foto ist nicht einfach zu erschliessen, hat einen

Anspruch an den Betrachter, was es interessant macht.

(Interview CF, 11. Juli 2011)

Die Vielfalt zeichnet dieses Foto aus. Im

abgebildeten Gebiet gibt es unterschiedliche

landwirtschaftliche Nutzungen: Acker- und

Weideland, aber auch Gemüse. Zudem

haben die Gebäudefassaden hier einen

Charakter, sie sind nicht monoton grau-

weiss. „Das Bild selber gefällt mir besser,

weil man keine Monokultur sieht. Man sieht

vom Einfamilienhaus, Industrie, bis Wohn-

raum alles.“ (Interview FA, 16. Juli 2011)

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38

Abb. 39: Horw am See, Blick Richtung Pilatus

3.2.4 Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft / Authen-

tizität

Mithilfe dieses Indikators wird beschrieben, wie sich natürliche und künstliche Elemente in der Land-

schaft zu einem „echt“ wirkenden Gesamtbild zusammenfügen (WSL 2006). Dabei werden regional-

typische Elemente, sofern sie als solche interpretiert wurden, ersichtlich.

Der unverwechselbare Charakter der Landschaft im Gebiet um Luzern entsteht durch „die Bergketten

im Hintergrund - Pilatus und Ausläufer - oder auch den See“ (Interview CF, 11. Juli 2011).

Abb. 40: Sicht auf die Stadt Luzern vom Dietschiberg aus

Trotz der Hügel erscheint die Landschaft im Gebiet relativ offen (Interview HB, 18. Juli 2011). „Was es

ausmacht ist der Übergang zwischen Flachland, voralpinem Gebiet und Pilatus“ (Interview FA, 16. Juli

2011). Für dieses Gebiet sei es typisch, dass die Gemeinden, von bewaldeten Hügeln umgeben, ins

Tal eingebettet sind (Abb. 41).

Doch nicht nur die Topographie, auch die Bausubstanz

Dieses Foto ist entstanden, weil die Stadt schön in die

Natur eingebettet wirkt. Das Bild repräsentiert das

Luzerner Motto "die Stadt, der See, die Berge." Die

Panoramatafel gehört trotz unvorteilhafter eckiger

Form dazu, da sie Signalwirkung hat: „Hey, mach mal

stopp, hier lohnt es sich hinzusehen.“ Die Strasse wurde

bewusst abgeschnitten. Das Bild repräsentiert die ge-

samte Region und bildet eine Einheit, wodurch es echt wirkt. (Interview CF, 11. Juli 2011)

Diese Landschaft wird als sehr schön befun-

den. Sie erscheint lebendig und wild: Sträu-

cher, Bäume und der Pilatus mit seinen

Vorläufern, die dem Bild weitere Ebenen

hinzufügen. „Eine so natürliche Schilf- und

Sumpfzone am See gibt es sonst nicht in der

Nähe. Viele Uferzonen sind privat oder

‚gepützelte‘ Rasenflächen“, weshalb diese

Zone als besonders wertvoll befunden wird.

Der Zaun ist nicht störend, da er aus Holz ist

und sich somit in das Gesamtbild einfügt.

(Interview CB, 19. Juli 2011)

Das Bild zeigt eine regionstypische Kombination von Grünflächen

und Bauten. Man sieht „die gute Flächennutzung für Wohnraum.“

Das Foto ist authentisch, da es das bebaute Gebiet und sein Um-

land - beides Teile der Landschaft - zeigt. Eine schöne Landschaft

entsteht, wenn verschiede Nutzungen sinnvoll miteinander ver-

knüpft sind. Im Bild ersichtlich sind Wohnkomplexe, aber auch LN

und Landwirtschaftsbetriebe und der daran angrenzende Rotsee

als Naherholungsgebiet. (Interview FA, 16. Juli 2011)

Abb. 41: Sicht vom Sonneberg auf den Udelboden

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39

lässt sich von der in anderen Gebieten unterscheiden. Die „Luzerner Häuser mit den Zwischendä-

chern“ (Interview VT, 26. Juli 2011) sind, im Gegensatz zu den überall ähnlich aussehenden Stallbau-

ten, typisch für das gesamte Gebiet.

Ob und wann ein Element in das landschaftliche Gesamtbild passt, hängt vom Auge des Betrachters

ab. Allgemein als nicht schön und unecht wurden asphaltierte Strassen oder stehende Fahrzeuge

betrachtet, die beim Fotografieren bewusst abgeschnitten wurden (Interview CF, 11. Juli 2011). Na-

turbelassene Strassen ohne Markierungen und Schilder wurden dagegen als Elemente bezeichnet,

die ins landschaftliche Gesamtbild passen (Abb. 42).

Abb. 42: Blick vom Dietschiberg aus in Richtung Rontal

Auch Elemente wie Zäune, Strassenlaternen oder Warntafeln wurden als störend empfunden, wenn

deren Funktion vor Ort nicht erschlossen werden konnte. So wurde ein Zaun in welchem sich keine

Tiere befanden als Störfaktor angesehen. „Authentisch wirkt ein Zaun eigentlich dann, wenn du auch

Tiere darin siehst“ (Interview CF, 11. Juli 2011)27.

Abb. 43: Radweg am Fusse des Pilatus mit Blick Richtung Kriens Zentrum und Sonneberg

Wanderwegweiser, Abfallkörbe und Robidogs erscheinen weniger störend, da sich ihre Zweckmäs-

sigkeit nicht abstreiten lässt (Interview VT, 26. Juli 2011). Ähnlich wie die Panoramatafel in Abbildung

27 Ein weiteres Beispiel ist die Strassenbeleuchtung in Abb. 43: da angenommen wurde, dass sich in der Nacht

nicht viele Leute auf dem Weg befinden, erscheint sie unnötig und wird als störend empfunden (Interview CB,

19. Juli 2011).

Erscheinen LN monoton, entscheiden andere Elemente

darüber, ob eine Landschaft authentisch wirkt oder

nicht. Eine Landschaft mit einer Naturstrasse ohne

Strassenmarkierung ist „mehr Natur“ und wird daher

als echter beurteilt als eine mit breiter Asphaltstrasse.

Auf Grund der Fernsicht gilt dieses Foto schöner als

eines mit ähnlich grossen Flächen. Ohne die Bäume

wäre es jedoch langweilig. Das Foto könnte auch in

einem anderen Landesteil der Schweiz entstanden sein

und ist daher nicht speziell. Was den Aufnahmepunkt

aber auszeichnet ist seine Stadtnähe: „Cool, dass du (…)

so schnell draussen bist. Nur 5 Minuten laufen und

dann so eine Aussicht.“ (Interview CF, 11. Juli 2011)

Dieser Geh- und Radweg verbindet ein Einfamilien-

haus-Quartier mit einer Industriezone. Dazwischen

liegt ein unbebauter Fleck Land. „Die Landschaft emp-

finde ich ein wenig langweilig“, doch die Aussicht auf

den Pilatus (nicht im Bild), die Ruhe und das Plätschern

des Bachs kompensieren dafür. Die offene Fläche hat

einen auflockernden Effekt, wenn man aus dem Sied-

lungsgürtel austritt. Doch die Monotonie überschattet

diesen positiven Aspekt. Weiter erscheinen der Baum

unpassend, die Wegränder zu sauber und die Beleuch-

tungslaternen störend. Dieses Bild ist für die Ebene

aber typisch. (Interview CB, 19. Juli 2011)

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40

40 wurden „landschaftsfreundliche“ Informationstafeln beurteilt. Diese weisen darauf hin, was man

alles sehen könnte und ermöglichen damit, etwas von einem anderen Blickwinkel her zu betrachten

(Interview HB, 18. Juli 2011).

Einzelne Landschaftselemente wurden vermehrt und auf unterschiedliche Weise thematisiert. Hier

die wichtigsten Erkenntnisse:

Wald, Obstgärten und Einzelbäume

• Alte Bäume verkörpern Standhaftigkeit und „strahlen dadurch Sicherheit aus“ (Interview CF, 11.

Juli 2011)

• Ein Baum ist als Horizontmerkmal wichtig (Interview FA, 16. Juli 2011) (Vgl. Abb. 42)

• Verdeckt Wald die Sicht auf eine weitere Landschaftsebene, z.B. Berge, wird er negativ beurteilt.

Hat es zu wenig Bäume und man kann leicht erschliessen, was dahinter liegt, fehlt der Reiz zur

Landschaftsbetrachtung (Interview CF, 11. Juli 2011)

• Wald kann beruhigend, aber auch unheimlich sein (siehe Mysteriosität) (ebd.)

• Hochstämmer und Hecken werden als wertvolle Lebensräume für unterschiedliche Lebewesen

bezeichnet

Abb. 44: Weg zwischen zwei Waldstücken am Rande des Cholbewaldes

Landwirtschaftsflächen / Grünflächen allgemein

• Dass im Gebiet Viehhaltung vorherrscht, wurde wahrgenommen. Schon ein Maisfeld gilt als Ab-

wechslung zwischen den Grünflächen oder dem Golfplatz, der „auch nur grün“ (Interview CF, 11.

Juli 2011) ist. Farbnuancen durch vielfältige Bewirtschaftung fehlen im Raum Gütsch und Diet-

schiberg (ebd.), wogegen im Rontal Getreide gesichtet und die farbliche Abwechslung geschätzt

wird (Interview VT, 26. Juli 2011)

• unterschiedliche Grüntöne werden geschätzt. Im Gegensatz zum „Düngergrün“ einer grossen

Grasfläche wurde das Grün einer Weide wegen seinen Unregelmäßigkeiten schöner befunden

(Interview HB, 18. Juli 2011)

Die den Weg säumenden Hochstammbäume

sind besonders schön. „Ich bin damit aufge-

wachsen, auf die kann man auch klettern.“ Im

Frühsommer blühen die Wiese sowie die un-

terschiedlichen Obstbäume und Bienen fliegen

umher. „Es ist einfach richtig idyllisch. Es sieht

aus wie ein gemaltes Bild.“ Der Zaun fällt kaum

auf und stört daher nicht. (Interview VT, 26.

Juli 2011)

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41

Tiere

• Wurden zwar selten fotografiert, aber auch als Landschaftselemente wahrgenommen. Sie lassen

die Landschaft lebendiger erscheinen: wenn es Tiere hat, „ist mehr Natur darin, mehr Dreck“ (In-

terview CB, 19. Juli 2011)

• Die Nähe von Tieren, besonders wenn sie durch Glocken ihre Präsenz markieren, wurde ge-

schätzt: „das finde ich (…) recht cool. Nebst dem Vorbeifahren des Zuges hört man auch Kuhglo-

cken, wenn man in der Badi ist“ (Interview CF, 11. Juli 2011). „Schafglocken sind so schön, so ‚ah,

die Schafe sind wieder da...‘" (Interview HB, 18. Juli 2011). Zudem besuchen Leute mit ihren Kin-

dern die Tiere (Interview VT, 26. Juli 2011)

Telefonmasten und Hochspannungsleitungen

• Die Präsenz von Starkstromleitungen gilt meist als störend. Nur eine Person stellt ihre Funktion -

die Stromversorgung - über das Aussehen und akzeptiert sie (Interview FA, 16. Juli 2011)

• Telefonmasten stören wenig, da sie aus Holz sind und somit in das Landschaftsbild passen (Inter-

view HB, 18. Juli 2011)

Praktisch bei jedem Landschaftselement lässt sich darüber streiten, ob und wann es authentisch ist

oder nicht. Das einzelne Element lässt sich nicht ohne die Umgebung beurteilen. Das Beispiel des

Baumes in Abbildung 43 zeigt, dass unter gewissen Umständen sogar „natürliche“ Elemente unpas-

send sein können. Die Meinungen betreffs der regionaltypischen Elemente stimmen aber weitge-

hend überein.

3.2.5 Mysteriosität und Faszination

Im Gegensatz zu vorhin spielen bei diesen Indikatoren nicht die Landschaftselemente selbst, sondern

eher Geräusche, die Tageszeit und die Witterung die Hauptrolle. So kann ein Wald beängstigend wir-

ken, wenn es dunkel ist: „wenn man etwas sieht, nimmt man es viel zu stark mit den Augen wahr.

„Wenn sie [die Landwirte] mähen, ist es auch ein

Wetterzeichen“, dass das Wetter noch sicher

zwei Tage schön bleibt. Zudem sind die Heurei-

hen schön, da sie dem Bild eine Struktur geben.

Der Geruch von Heu wird positiv bewertet. Eher

störend sind die Telefonleitungen, wobei sie hier

nicht zu auffallend sind, da es sich nicht um

grosse Fernleitungen handelt. (Interview HB, 18.

Juli 2011)

Abb. 45: gemähte LN mit Blick auf die Rigi

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42

Man hört die Vögel zwitschern oder die Bäume rauschen. Aber wenn es dunkel ist und man es nur

noch hört, dann wirkt das anders“ (Interview CF, 11. Juli 2011). Wald bei Nacht gilt jeher als unheim-

lich, denn „als Kind haben sie einem so Räubergeschichten erzählt“ (Interview VT, 26. Juli 2011). Ge-

räusche sind wichtig, verändern die Landschaftswahrnehmung und zeigen dem Menschen auf, wie

klein er innerhalb der Natur ist (Interview FA, 16. Juli 2011). Dies kann einerseits bedrohlich wirken,

andererseits als mit der Natur verbindend, resp. „heimelig“ angesehen werden.

Auch die Tageszeit bewirkt Unterschiede. Schon bei Dämmerung hat ein Wald oder ein Seeufer ein

anderes Gesicht – Baumformen bei Sonnenuntergang erscheinen schön und faszinierend, aber auch

geheimnisvoll (Abb. 46).

Abb. 46: Der Wald bei Sonnenuntergang auf dem Dietschiberg

Ein wirkungsvoller Witterungsfaktor, der eine Landschaft myste-

riös erscheinen lässt, ist Nebel. Er verursacht, dass „man nicht

alles sieht, was eigentlich da wäre“ (Interview FA, 16. Juli 2011).

Das ist faszinierend, da es die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht (Interview VT, 26. Juli

2011). Die Jahreszeiten können durch die verschiedenen Lichtverhältnisse Landschaft ganz unter-

schiedlich aussehen lassen (Interview HB, 18. Juli 2011)28. Kleine Dinge wie Veränderungen des Him-

mels oder Tiere, die man beobachtet, können faszinierend sein29 (Interview VT, 26. Juli 2011). Und

sogar Menschengemachtes, z.B. eine Hochspannungsleitung, kann bei einem gewissen Lichteinfall

durchaus eindrücklich und nicht hässlich wirken (Interview HB, 18. Juli 2011). Von einer Landschaft zu

sagen, wann genau sie mysteriös und/oder faszinierend ist, ist also kaum möglich, da z.B. Nebel oder

Gewitter bei einem Menschen sehr unterschiedliche Reaktionen und Gefühle hervorrufen können.

3.2.6 Lesbarkeit / Orientierung

Zur Orientierung dienen Berge, Bäume, Seen, Strassen und markante Liegenschaften (Abb. 47)30.

Orientierungshilfen geben Sicherheit. Fehlt die Orientierung, „kannst du dich nicht mehr auf die

Schönheit konzentrieren“ (Interview CF, 11. Juli 2011): findet man sich nicht zurecht, muss man sich

28 Sie können auch beeinflussen, ob ein Element als störend empfunden wird oder nicht: ein weisses Haus mit-

ten im Grünen ist im Winter bei Schnee weniger auffällig (Interview CB, 19. Juli 2011) 29

Dadurch kann eine grosse Grünfläche durchaus ihren Reiz haben. In Obernau erläuterte jemand, dass darauf

einmal jährlich eine Schafherde vorbeizieht. Die grosse Tieranzahl beeindruckt die Anwohner. (Gespräch Pas-

santin, 21. Juni 2011) 30

Im Untersuchungsgebiet sind das der Pilatus, der Sonneberg, die Reuss oder der Rotsee. Innerhalb der Stadt

sind Merkmale wie das KKL oder die Swisslife-Arena von Bedeutung

Grosse, alte Bäume „mit einer voluminösen Baumkrone“ und Wald wer-

den als Kraft ausstrahlend angesehen. Durch ihre Bodenständigkeit wirken

Bäume beruhigend. Wird es langsam dunkel, zeichnet sich die Silhouette

des Waldes ab und wirkt dadurch speziell schön, also faszinierend. (Inter-

view CF, 11. Juli 2011)

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Fragen betreffs der Orientierung stellen, was eine entspannte Landschaftswahrnehmung verunmög-

licht. Unwissenheit kann aber auch Neugier auslösen, beispielsweise bei LN: „Ich möchte schon wis-

sen, was der Bauer angesät hat“ (Interview FA, 21. Juli 2011). Diese Neugier kann aber nur bestehen,

wenn die Orientierung vorhanden ist.

Abb. 47: Bild vom Littauerberg in Richtung Luzern

3.2.7 Heimatgefühl und Identität

Die Identität einer Person resultiert aus Wahrnehmungsprozessen und Erfahrungen. Sie kann „nicht

direkt Räumen oder Gegenständen innewohnen“ (Meier et al. 2010, S. 216), da im Kopf verarbeitete

Erfahrungen „als Interpretationsbasis für das Selbstverständnis“ (ebd.) dienen. Die räumliche Umwelt

ist aber dennoch für die Identitätsbildung relevant, da ein Mensch sie erfahren und eine emotionale

Beziehung dazu entwickeln kann, die sich in der Wahrnehmung äussert (ebd.).

Abb. 48: Landwirtschaftsbetrieb in Hügellage

Identitätsstiftende Landschaften sind vor allem solche, die bereits als typisch für die Gegend einge-

stuft wurden. Natürliche Elemente wie ein Bach, ein Waldrand (Interview FA, 16. Juli 2011), Berge

und Seen (Interview CB, 19. Juli 2011) sind verstärkt thematisiert worden. Eine Landschaft kann auch

ein Heimatgefühl vermitteln, weil sie bekannte Elemente des früheren Zuhauses in ähnlicher Weise

kombiniert und daher daran erinnert (Interview CF, 11. Juli 2011). In dieser Hinsicht bestätigt sich die

Feststellung „ohne Erinnerung gibt es keine Identität“ (BAFU 2006, S. 14). Heimat ist somit etwas,

dass der Person von der Erfahrung her bereits vertraut ist (ebd.). Ist die Person in einem ländlichen

Gebiet aufgewachsen, vermittelt ihr eine landwirtschaftlich geprägte Landschaft am ehesten ein

Heimatgefühl (Interview VT, 26. Juli 2011).

Dieses Foto wurde als besonders urtümlich und

daher als „heimelig“ empfunden, da es Vergleichba-

res nicht mehr überall gibt. Die Weide erscheint

durch die Miniterrassen bergig und das Haus ist für

die Region typisch. Weiter ist der Betrieb von Ein-

zelbäumen umgeben. Schade ist, dass die Kühe

keine Glocken mehr tragen, denn Geräusche lassen

die Präsenz von Tieren erfahren, ohne dass man sie

sieht. (Interview HB, 18. Juli 2011)

Für dieses Foto ist die Weitsicht charakteristisch. Anhand

der Berge kann man sich orientieren. Die verschiedenen

Grüntöne (Gras, Mais, Bäume, Wald) werden geschätzt. Die

Hecke gibt dem Bild eine gewisse Struktur. Der Littauerberg

ist ein Gebiet, wo es noch Landwirtschaftsbetriebe hat, die

zukunftsfähig sind. Die geteerte Strasse und der Pfosten

werden als störend empfunden. Der dünne Grasstreifen

dagegen als Bereicherung, da man darin seltene Blumen

findet. (Interview HB, 18. Juli 2011)

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Beruhigend scheint zu sein, wenn „man sieht, dass man nicht alleine ist“ (Interview CF, 11. Juli 2011).

Die Präsenz von anderen Menschen gibt eine gewisse Sicherheit. Nicht nur Menschen, auch Tiere

können eine solche Funktion einnehmen. Kuhglocken und Vogelzwitschern erscheinen deshalb hei-

melig und lassen den Menschen die Landschaft lebendiger wahrnehmen, da sie darauf hinweisen,

„dass noch andere Lebewesen da sind, nicht nur wir Menschen“ (Interview VT, 26. Juli 2011).

3.2.8 Bewertung von Gefahren für die Landschaft

Die Gefahren für die Landschaft wurden angesprochen, um die Interviewten über Zukunftsaussichten

nachdenken zu lassen. Die Thematisierung von Gefahren hilft zudem zu verdeutlichen, „was die

Menschen mit und in der Landschaft machen“ (Meier et al. 2010, S. 215).

3.2.8.1 Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung

Der Intensivierung wird mit Bedenken begegnet und die Veränderungen in der Kulturlandschaft fal-

len auf. Es ist befremdend, wenn es keine Bäume mehr hat und die Felder nur noch rechteckig sind

(Interview CF, 11. Juli 2011). Grosse Flächen erscheinen sehr berechnend und werden daher als nicht

schön beurteilt (ebd.). Obwohl Hochstämmer schöner wären (Interview FA, 16. Juli 2011), trifft man

Tafelobstkulturen häufiger an. Diese „wirken gezüchtet und sind monoton und langweilig zum Durch-

laufen“ (Interview CB, 19. Juli 2011).

Bei der Arbeit mit schweren Maschinen wird hinterfragt, ob es der Bodenqualität schadet (Interview

HB, 18. Juli 2011) und angedeutet, dass für grössere Maschinen die Strassen ausgebaut werden müs-

sen (Interview FA, 16. Juli 2011). Mit dem Ausbau von Strassen und dem Verschwinden von Natur-

strassen wurde ein Punkt angesprochen, der darauf zurückzuführen ist, dass „die zunehmende Me-

chanisierung (…), geänderte Betriebsabläufe, Betriebsvergrösserungen, Produktivitätssteigerung und

weniger Arbeitskräfte (…) tendenziell zu einer Zunahme der landwirtschaftlichen Fahrten [führen]“

(ARE, BAFU 2007, S. 25).

Die Intensivierung zeigt sich auch in der Gestaltung von landwirtschaftlichen Bauten und der Umge-

bung eines Betriebes. Anstatt grosser Silos und „überdimensionalen Scheunen“ (Interview HB, 18. Juli

2011) wäre aber ein regionaltypisches Bauernhaus schöner. Zudem verschwinden in Betriebsnähe

Einzelbäume, z.B. Linden, zunehmend, wodurch die Vielfalt abnimmt (ebd.). Die Veränderungen

werden als Zeichen einer Kultur gedeutet, in welcher die Auffassung, schnell viel Gewinn zu erzielen,

dominiert (Interview CB, 19. Juli 2011). Daher ist die Vielseitigkeit nicht mehr rentabel und der Land-

wirt spezialisiert sich beispielsweise auf Milchwirtschaft oder Obstanbau (Interview VT, 26. Juli 2011).

Landwirte scheinen, durch die Existenzfrage bedrängt, zu solchen Veränderungen gezwungen und die

Flächenoptimierung zur Produktivitätssteigerung ist die logische Folge des Verlusts von LN auf Grund

der Siedlungsausdehnung (Interview CB, 19. Juli 2011).

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Abb. 49: Blick vom Bahndamm zwischen Buchrain und Root in Richtung Hinterleisibach

3.2.8.2 Siedlungsausdehnung und Strassenbau

In der Stadt Luzern wohnhafte Personen machen sich tendenziell weniger Gedanken zur Siedlungs-

ausdehnung als Leute, die auf den Erkundungstouren am Siedlungsrand angesprochen wurden. Nach

Veränderungen gefragt, haben sie die Siedlungsausdehnung meist zu Beginn erwähnt und den Ver-

lust von Kulturland bedauert. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: einige sind stark mit der Land-

wirtschaft verbunden und beklagen, dass der Zugang zu offenen Räumen ohne Fahrrad erschwert ist

(Gespräch Pensionärin, 20. Juni 2011), andere bemängeln fehlende Grünflächen im Siedlungsgebiet

selbst (Gespräch Spaziergänger, 20. Juni 2011)31. Doch für die Landwirtschaft ist es unpraktisch, wenn

einzelne, im Siedlungsgebiet verteilte Flächen bewirtschaftet werden müssen (Interview VT, 26. Juli

2011). Um die Bodennutzung zu optimieren, sollte der Bau von mehrstöckigen Gebäuden angestrebt

werden (Interview FA, 16. Juli 2011), obwohl der Wunsch nach einem Eigenheim nachvollziehbar ist

(Interview VT, 26. Juli 2011).

Allgemein bemerkt wird der starke Ausbau von bestehenden Strassen auf Grund der Verkehrszu-

nahme. „Naturstrassen werden vermehrt asphaltiert, schöner und breiter gemacht“ (Interview CB,

19. Juli 2011). Kritisiert werden die Dimensionen gewisser Strassen, da mit einem grossen Trottoir

oder einem separaten Radweg zu viel Fläche verloren geht (ebd.). Als noch stärkere Zerschneidung

31 Als Grund für den Kulturlandverlust wurde genannt, dass Landwirte den Betrieb stilllegen und das Land zur

Einzonung verkaufen (Gespräch Pensionär, 20. Juni 2011). Weiter werde durch veränderte Wohnstrukturen

mehr Platz beansprucht: die alte Generation bleibt nicht mehr auf dem Hof wohnen und die junge sucht sich

eine eigene Bleibe, falls sie sich von der Landwirtschaft abwendet (Gespräch Pensionärin, 20. Juni 2011)

Diese Landschaft wird als schön beurteilt, da sie abwechslungs-

reich ist. Damit scheint das Foto dem angenommenen Struk-

turwandel, durch den alles monoton wird, zu widersprechen.

Auf die Grasfläche folgen ein Getreide- und ein Maisfeld. Dahin-

ter die Pappeln, welche die Ron säumen und eine Tafelobstkul-

tur. Am Hang hat es Weideland und eine Weihnachtsbaumplan-

tage, die von einem Landwirt betrieben wird, der auch Hirsche

zur Fleischproduktion hält. „Zwischen Industriegebiet, Bahn,

Strasse und Wohnquartier sind vielfältige Landwirtschaftsfor-

men möglich und bieten Abwechslung für Wanderer und

Markt-Produkte.“ (Interview VT, 26. Juli 2011)

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der Landschaft wird ein Bahntrassee angesehen, weil dies im Vergleich zu einer Strasse endgültiger

erscheint (Interview FA, 16. Juli 2011).

Abb. 50: Radweg zwischen Kriens und Horw, Blick Richtung Horw

3.2.9 Ideen zur Landschaftsgestaltung

Zum Abschluss wurden die Interviewten nach Ideen zur Landschaftsgestaltung gefragt. Klare Erwar-

tungen hatte niemand, da es schwierig ist, sich vorzustellen, was welchen Einfluss haben wird. Als

Grund dafür wird genannt, dass es „wenige Leute [gibt], die wirklich bewusst in die Natur gehen“

(Interview CF, 11. Juli 2011). Es wurde auch nicht erwähnt, dass Elemente, z.B. Bäume, die als Berei-

cherung angesehen wurden, erhalten bleiben sollten. Aber es wurde gesagt, dass man die irreversib-

len Folgen von Verbauungen vermehrt ins Bewusstsein rufen sollte (Interview CB, 19. Juli 2011). Da-

mit wird der Schutz von Kulturland vor Überbauungen thematisiert. Das Irreversibilitäts-Bewusstsein

oder die Fähigkeit, Zusammenhänge in der Landschaft zu sehen, fehlt den Leuten (Interview HB, 18.

Juli 2011). Daher sei man unfähig, so zu handeln, damit die Ressource ‚Land‘ erhalten bleibt (ebd.).

Eine Möglichkeit wäre, den Kindern aus den Siedlungsräumen die Kulturlandschaft mit all ihren Ele-

menten näher zu bringen. Aber leider halten viele Landwirte neben Kühen kaum mehr Ziegen oder

Schafe, die die Kinder auf der Weide besuchen könnten (Interview VT, 26. Juli 2011). Die Hirsche und

die Weihnachtsbaumplantage im Rontal sind darum eine willkommene Abwechslung und stehen im

übertragenen Sinn auch für Landwirte, die „Fantasie haben und ausprobieren“ (ebd.), um existenzfä-

hig zu bleiben32.

Konkrete Vorschläge gibt es einzig betreffs der Gestaltung von als störend interpretierten künstlichen

Gegenständen. Damit Schilder und Tafeln weniger auffallen, könnten natürliche Materialien zu deren

Herstellung verwendet werden (Interview HB, 18. Juli 2011). Grosse Silos oder Jauchegruben und

auch unordentlich aufgetürmte Siloballen erscheinen störend (Interview FA, 16. Juli 2011). All diese

Dinge könnte ein Landwirt farblich weniger auffallend gestalten oder mit Grünwuchs kaschieren

32 Eine Passantin in Obernau erläutert, dass die auf Grund der Einstellung der Milchproduktion erstellte Baum-

schule auch Abwechslung ins Gebiet bringt (Gespräch Passantin, 20. Juni 2011).

„Ein typisches Bild, das man im bereits dicht bebau-

ten Gebiet Horw-Kriens immer wieder antrifft“ und

ein Beispiel für den schnellen Wandel ist. Noch vor

wenigen Monaten sah das Bachbett anders aus und

die Strasse rechts wie auch das weisse Gebäude

existierte nicht. Dieses wird als störend empfunden,

da es wie ein Klotz in der Landschaft aussieht. Rechts

am Hang findet sich die ursprüngliche Landschaft

„mit Wiesen, Obstbäumen und vereinzelten freiste-

henden Häusern.“ Links des Radwegs lässt sich ein

Maisfeld erkennen. Dieser Radweg ist die schönere

Alternative zum Radweg an der Hauptstrasse. (Inter-

view CB, 19. Juli 2011)

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(ebd.). Künstliche Objekte könnten aber auch bereichernd sein: einer Interviewperson fehlte in der

gesamten Region der Landschaftskünstler, der mit bewusst von Menschenhand gestalteten Skulptu-

ren das Landschaftsbild mitgestaltet (Interview FA, 16. Juli 2011).

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4. Diskussion

Die Leitfrage für diese Arbeit besteht eigentlich aus zwei Teilfragen:

1. Was zeichnet die heutige Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet von Luzern aus?

2. Wie wird sie durch die Bevölkerung der Siedlungsränder wahrgenommen und landschaftsäs-

thetisch beurteilt?

In diesem Teil wird zusammenfassend die landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet darge-

stellt, wie sie mithilfe der Statistik und der Begehungen erfasst wurde. Danach wird auf die Wahr-

nehmung der Landschaft in Bezug auf die Landschaftsästhetik-Indikatoren eingegangen. Mit der Dis-

kussion von Gefahren für die Landschaft und Ideen zur Landschaftsgestaltung werden zuletzt Zu-

kunftsaussichten thematisiert.

4.1 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet

Die Landwirtschaftsbetriebe im Agglomerationsgebiet sind im Vergleich mit dem Kantonsdurch-

schnitt grösser und der Anteil an Nebenerwerbsbetrieben ist höher. Anhand der Auswertung der

statistischen Daten und der Erkundungstouren wird ersichtlich, dass die Gemeinden verschieden

stark landwirtschaftlich geprägt sind. Kein untersuchtes Teilgebiet der Agglomeration erscheint bei

Betrachtung der Gemeindedaten einheitlich, obwohl das Gebiet an sich oft klar von den anderen

unterscheidbar ist.

Grundsätzlich muss vermerkt werden, dass die landwirtschaftliche Zone und die Ausrichtung der LN

in eine bestimmte Himmelsrichtung von Bedeutung für die Art der landwirtschaftlichen Produktion

sind. Die gemeindespezifischen kulturlandschaftlichen Unterschiede lassen sich darauf zurückführen

und anhand der unterschiedlich hohen Anteile an Grünflächen an der gesamten LN lassen sich die

einzelnen Teilgebiete unterscheiden. Die LN in der Talzone lassen sich einfacher mit Maschinen be-

wirtschaften, weshalb man dort Ackerbau, an den Hängen aber nur Gras- und Weideland findet. Im

gesamten Agglomerationsgebiet ist Ackerbau sekundär, Gras- und Viehwirtschaft herrschen vor.

Im Gebiet von Emmen, Rothenburg und Littau findet sich die grösste Vielfalt im Ackerbau. Das Gebiet

liegt in der Talzone, die Landschaft ist offen und es besteht eine gute Fernsicht. Littau fällt leicht aus

dem Rahmen, da die Landwirtschaftsbetriebe dort kleiner sind. Gesamthaft betrachtet sind die Be-

triebe in diesem Gebiet grösser als in den übrigen Gebieten33. Die ländlichste Gemeinde im Gebiet ist

Rothenburg, da dort erst in den letzten 30 Jahren eine verstärkte Bevölkerungszunahme stattfand

(Tab. 13).

33 Kleinere, leer stehende landwirtschaftliche Bauten deuten auf frühere Grössenverhältnisse hin.

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Auch im Rontal finden sich Ackerflächen. Diese sind jedoch auf die Gemeinden mit LN in der Ebene

beschränkt. Gisikon hat kaum LN in der Ebene und zeichnet sich deswegen durch kleine Landwirt-

schaftsbetriebe am Hang aus. Die Gemeinde verdeutlicht, dass die höheren Hanglagen durch klein-

flächige Landwirtschaft und Hochstammobstbäume geprägt werden, wogegen der Talboden intensi-

ver bewirtschaftet wird. Den grössten Anteil an Ackerflächen an der Gesamt-LN der Gemeinde hat

Buchrain. Buchrain fällt im Rontal weiter durch die nach Süden ausgerichtete Lage und die zahlrei-

chen Intensiv-Obstkulturen auf, die es kaum in einer anderen Gemeinde im Gebiet gibt.

Im östlichen Agglomerationsteil ist Udligenswil durch seinen noch besonders ländlichen Charakter

auffällig, wogegen Adligenswil das grösste Bevölkerungswachstum in der Agglomeration überhaupt

zu verzeichnen hatte und daher eher städtisch ist. Die Südlage der Hänge ist allen drei östlichen Ge-

meinden gemein, wobei Meggen zudem vom Seeanstoss profitieren kann. Finden sich in den beiden

anderen Gemeinden hauptsächlich Grünflächen und Äpfel- und Birnenobstanlagen, dominiert in Me-

ggen Steinobst und das Gebiet eignet sich für Rebbau. Auch die Horwer Halbinsel zeichnet sich durch

Reben aus. Das Gebiet von Horw und Kriens ist im flachen Teil stark überbaut und nur noch am Ran-

de, wo Weide- und Grasland dominiert, landwirtschaftlich genutzt. Die Betriebe sind, mit auffallend

hohem Anteil an Nebenerwerbsbetrieben, bedeutend kleiner als in den anderen Gebieten.

4.1.1 Rolle des Strukturwandels für die landschaftliche Eigenart

Die regionalen wie auch kantonalen Statistiken zeigen, dass die Landwirtschaft eine zunehmende

Rationalisierung und Intensivierung erfuhr: Mechanisierung, grössere Betriebe und Nutzflächen,

mehr Tiere pro Tierhalter und eine Abnahme der Beschäftigtenzahl gilt es zu vermerken. Die Vergrös-

serung der Betriebe geht mit Spezialisierung einher. Auf Grund des Arbeitsaufwandes kann ein

Landwirt nicht verschiedenste Tierarten zugleich halten. Deshalb konzentriert er sich auf wenige, hält

dafür aber grössere Bestände. Diese Veränderungen sind in der Landschaft durch eine fehlende Tier-

vielfalt und im Kontrast von alten zu neu erstellten Landwirtschafts-Gebäuden sichtbar. Auch (Hoch-

stamm-)Obstgärten fallen der Rationalisierung zum Opfer, da der Betriebszweig Obst zu Selbstver-

sorgungszwecken nicht mehr rentabel ist. Der hohe Anteil an Niederstammbäumen in gewissen Ge-

bieten widerspiegelt andererseits die Spezialisierung in Richtung Intensiv-Obstbau.

Durch die Bevölkerungszunahme wird mehr Fläche für Siedlungen beansprucht, was Druck auf die LN

ausübt, aber auch die Intensivierung rechtfertigt, da auf weniger LN für mehr Menschen produziert

werden muss. Besonders gut ersichtlich ist der Strukturwandel bei den Kulturflächen in der Rontal-

Ebene und den nördlichen Agglomerationsgemeinden, wo die Betriebe grösser sind. Dort ist es auf

Grund der offenen Flächen einfacher, Felder zu vereinheitlichen und die Betriebsabläufe zu optimie-

ren, wogegen in Hanglagen ältere Strukturen erhalten bleiben und kleinere Felder mit Bäumen do-

minieren.

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4.2 Bedeutung von Landschaft und Rolle im Alltagsverhalten

Als Landschaft wurde von den Interviewten hauptsächlich die ‚natürliche‘ Landschaft betrachtet,

Siedlungs- und Industrieräume wurden nur von einer Interviewperson bewusst in das Landschafts-

verständnis eingeschlossen. Die verschiedenen Funktionen der (Kultur-)Landschaft wurden genannt,

die Erholungsfunktion stand aber im Zentrum. Landschaft dient als Kraftquelle, weshalb sich viele

Menschen zur Erholung draussen bewegen. Der Entspannungsfaktor steigt, je schöner die Landschaft

ist. Die Landschaftselemente, welche am ehesten eine positive Reaktion auslösen sind natürlicher

Art, z.B. Bäume, Berge oder Tiere.

4.3 Wahrnehmung der landschaftlichen Eigenart im Untersuchungsgebiet

4.3.1 Die Echtheit einer Landschaft

Für die landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet verantwortlich sind den Interviews zufolge

die Topografie34 sowie die Bausubstanz der Bauernhäuser und – in der Stadt Luzern - markante Ge-

bäude mit überregionaler Bekanntheit. Einzelne Landschaftselemente können, abhängig von ihrer

Anordnung mit anderen Elementen, unecht wirken. Grundsätzlich wird eine Landschaft als authen-

tisch angesehen, wenn das landschaftliche Gesamtbild harmonisch und die Funktion aller Elemente

innerhalb dieses Bildes verständlich ist. Ist die Form eines künstlichen Landschaftselements nicht zu

auffällig und die Funktion nachvollziehbar, wird es als Teil des Landschaftsbildes akzeptiert. Eine Aus-

nahme sind Hochspannungsleitungen, die durch ihre Dimension meist als störend galten. Dasselbe

gilt für breite Strassen, die bewusst nicht fotografiert wurden, da sie nicht „echt“ sind wie Natur-

strassen. Die Landwirtschaft betreffend gelten teilweise markante Silos, Jauchegruben und ungeord-

nete Siloballen als hässlich, auch wenn ihre Funktion erkannt wird.

4.3.2 Regionale Merkmale vs. Präferenzurteile und Identifikation/Heimatgefühl

Erinnerungen und Erfahrungen spielen eine wichtige Rolle für die Landschaftswahrnehmung und die

Identifikation und beeinflussen, wie die Interviewten auf Veränderungen in der Kulturlandschaft rea-

gieren. Den Veränderungen wird kritisch begegnet, wenn für die Person etwas besonders Vertrautes,

Identitätsstiftendes verloren geht und sie sich zur veränderten, fremden Umwelt neu positionieren

muss (Vgl. BAFU 2006). Daher stehen Leute mit Bezug zur Landwirtschaft der Siedlungsausdehnung

und dem Strukturwandel verstärkt kritisch gegenüber, da der Verlust von Kulturland und die Intensi-

vierung in der Landwirtschaft die Umgebung umgestaltet, die ihnen ein Heimatgefühl gab35. Für im

Agglomerationsgebiet wohnhafte Menschen ohne direkten Bezug zur Landwirtschaft sind ortsspezifi-

34 Übergang zwischen See, Flachland, voralpinem Gebiet und Berggebiet

35 Diese „Zivilisationskritik“ liess sich besonders in den Interviews mit der älteren Generation feststellen. Für sie

ist es schwieriger, sich in der veränderten Umgebung neu zu orientieren, da in ihren Erinnerungen ein durch

Erfahrungen geformtes Bild besteht, das für sie der idealtypischen Heimat entspricht.

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sche Merkmale, die über das Gebiet hinaus bekannt sind, eher von Bedeutung für die Identitätsbil-

dung und ein Heimatgefühl. Landschaftsfotos sind als schön, regionstypisch und identitätsstiftend

eingestuft worden, wenn man Merkmale mit überregionaler Bedeutung erkennen kann, beispiels-

weise den Pilatus. Die unterschiedlichen Elemente müssen ein harmonisches Landschaftsbild abge-

ben, das eine gewisse Struktur hat, oder, falls wenige Elemente vorhanden sind, die Fernsicht ein-

schliesst.

Die regionaltypische Kulturlandschaft und gebietsspezifische Unterschiede, wie sie mit der Statistik

und den Beobachtungen beschrieben wurden, wurden von den Interviewpartnern nicht stark er-

kannt. Aber die Dominanz von Grünflächen im Agglomerationsgebiet im Vergleich mit anderen Ge-

genden der Schweiz wurde erwähnt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Dominanz den ästheti-

schen Präferenzen entspricht, obwohl sie regionaltypisch und daher identitätsstiftend sein sollte.

Vielfalt ist bei der Präferenz ein wichtiger Faktor, weshalb die Grünflächen eher als monoton be-

trachtet werden36, was durch die Abwesenheit von Tieren noch verstärkt wird. Tiere sind für das

Heimatgefühl wichtig und werden mit einer traditionellen Vorstellung von Heimat assoziiert, fiel

doch in Verbindung mit Glocken an Tierhälsen oft das Wort „heimelig.“ Durch sie erscheint die Land-

schaft lebendiger und gibt somit dem Menschen das Gefühl, nicht allein zu sein.

Vielfältige Ackerbaulandschaften wie in den nördlichen Agglomerationsgemeinden würden also eher

der Landschaftspräferenz entsprechen als die Gras- und Weideflächen an den Hängen im Rontal.

Doch für einige Leute liegt die Landschaftspräferenz dort, wo der menschliche Einfluss kaum erkannt

werden kann. Die intensivierte Kulturlandschaft in der Talebene kann diese Natürlichkeit nicht bie-

ten, da die Felder unnatürlich gross und eckig sind und Einzelbäume auf Weiden grossflächigen Ta-

felobstkulturen weichen. Sie gilt daher nur als Alternative, die der Siedlungslandschaft vorgezogen

wird37. Weideflächen an Hängen mit unregelmässigen Hochstammbaumreihen werden eher als ur-

sprünglich angesehen und mit einem Heimatgefühl verbunden.

4.3.3 Mysteriosität und Faszination

Bei diesen Indikatoren beeinflussen Witterung, Geräusche sowie Tages- und Jahreszeit die Land-

schaftswahrnehmung. Die fotografierte Landschaft wurde von den Interviewpartnern ohne diese

Einflüsse nicht als mysteriös oder faszinierend betrachtet, da sie alltäglich und vertraut ist. Wird sie

für einen Moment durch Nebel, die Dämmerung, oder einen speziellen Lichteinfall auf ungewohnte

36 Ein Getreide- oder Maisfeld widerspiegelt die Nutzungsvielfalt der LN und wurde im Rontal fotografiert und

als schön bewertet, da es Abwechslung bringt. 37

In dieser Alternativ-Landschaft werden künstliche Elemente aus natürlichen Materialien bevorzugt z.B. Tele-

fonmasten oder Zäune aus Holz oder naturbelassene Strassen.

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Weise verändert, kann sie faszinierend oder auch mysteriös sein38. Die Faszination unterscheidet sich

von der Mysteriosität insofern, dass sie nicht von einem Gefühl von Unbehagen begleitet wird. Für

eine ängstliche Person ist ein Wald in der Nacht eher mysteriös, während er für eine, die sich im

Dunkeln wohlfühlt, faszinierend ist.

4.4 Entwicklung der Landschaft – Beurteilung von Gefahren

Die Auswirkungen des Strukturwandels auf die LN sowie die Umgebung eines Landwirtschaftsbetrie-

bes wurden von den Interviewpartnern meist negativ beurteilt. Dies war besonders bei Personen mit

direktem Bezug zur Landwirtschaft der Fall, da diese den Wandel wahrgenommen haben. Leuten

ohne direkten Bezug zur Landwirtschaft fielen zwar intensivierte Flächen als unnatürlich auf, sie führ-

ten diese Veränderungen aber nicht direkt auf veränderte Rahmenbedingungen für die Landwirte

zurück. Es wurde aber gesagt, dass mit der Spezialisierung und dem Kulturlandverlust der Bezug und

viel Wissen über die mögliche Vielseitigkeit von (Kultur-)Landschaft verloren geht und man sie nur

einseitig wahrnimmt, wodurch sich deren Wert für einen Menschen minimiert.

Schöne Landschaftsfotos waren für die Interviewten solche, in welchen sich eine Vielfalt an Nutzun-

gen auf kleinem Raum erkennen lässt oder wo der menschliche Einfluss kaum sichtbar ist. Als qualita-

tiv schlecht wurden grosse, baumlose und eckige Flächen befunden. Durch die Abnahme an Einzel-

bäumen in Betriebsnähe und den Ausbau an landwirtschaftlichen Bauten geht die Authentizität eines

regionstypischen Landwirtschaftsbetriebs verloren. Beim Bau grosser Scheunen tauchen neue Ele-

mente wie z.B. Silos auf, die durch fehlende Bäume noch mehr auffallen. Solche Elemente sind un-

gewohnt und werden als unpassend empfunden, da sie nicht regionaltypisch sind und somit kein

Gefühl von Zugehörigkeit auslösen.

Unterschiedlich diskutiert wurden der Strassenbau und die Siedlungsausdehnung. Manchen Leuten

fehlen auflockernde Kulturflächen innerhalb des Siedlungsgebiets, weshalb sie die Siedlungsausdeh-

nung nach aussen befürworten. Andere sagen dagegen, dass solche Einzelflächen nur mühsam zu

bewirtschaften sind und deshalb aufgegeben werden sollten. Hinzu kommt die Zunahme von land-

wirtschaftlichen Fahrten, die ebenfalls bemerkt wurde und wiederum einen Strassenausbau zur Folge

hat.

4.5 Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung

Konkrete Ideen zur Landschaftsgestaltung wurden, ausser zur Gestaltung störender künstlicher Ob-

jekte, keine genannt. Dies deutet darauf hin, dass der menschliche Einfluss bei der Gestaltung der

(nicht intensivierten) Kulturlandschaft nicht stark wahrgenommen wird. Andererseits wurde von

38 Ungewöhnliches, z.B. die einmal pro Jahr vorbeiziehende Schafherde, kann auch faszinierend sein, da es

nicht alltäglich und oft nur von kurzer Dauer ist.

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denselben Personen darauf hingewiesen, dass sich die Bevölkerung der Kulturbedingtheit der Land-

schaft zu wenig stark bewusst ist, was sich im fehlenden Bewusstsein der Irreversibilität von Verbau-

ungen widerspiegelt. Für die Interviewpartner scheinen Erfahrungen, die man als Kind gemacht hat,

besonders prägend zu sein. Deshalb sollten Kinder mit der Kulturlandschaft in ihrer gesamten Vielfalt

(Tiere, verschiedene Nutzungsmöglichkeiten) in Berührung gebracht werden, damit sie lernen,

Mensch-Umwelt-Zusammenhänge zu erkennen.

Die Landwirtschaft betreffend probieren gewisse Landwirte, durch den Existenzdruck angetrieben,

bisher Unbekanntes aus. Neue Ideen, z.B. die Weihnachtsbaumplantage, verändern die Landschaft

und entsprechen meist nicht der landschaftlichen Eigenart im Gebiet. Entstehen solche Veränderun-

gen aber nicht zu grossflächig, haben sie eine Chance, als Bereicherung geschätzt und positiver als

eine Betriebsaufgabe oder vergrösserte Betriebsstrukturen aufgenommen zu werden.

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5. Bedeutung der Ergebnisse für die Agglomeration Luzern

Geht man davon aus, dass der Landschaftswandel langsam stattfindet, sind vor allem für die junge

Bevölkerung Veränderungen kaum bemerkbar und werden selten thematisiert. „Dies mag erklären,

warum trotz einer hohen Wertschätzung der Landschaft durch die Bevölkerung weiterhin intakte

Landschaften unter Druck geraten“ (2005, S. 39), meint Stalder. Dennoch lassen sich durch die Fotos

und die Interviews einige Punkte erkennen, die die Landschaft qualitativ aufwerten würden und auf

welche die Landwirtschaft Einfluss nehmen kann.

Am Siedlungsrand der Agglomeration wird der starke Siedlungsbau, resp. der Kulturlandverlust, kriti-

siert. Er bedeutet einen Qualitätsverlust, da die Sicht auf die Kulturlandschaft verloren geht und die

vertraute Umgebung, zu der sich ein Bewohner zugehörig fühlte, schnell verändert wird. Die Verän-

derung verursacht, dass sich der Bewohner zuerst an die neue Umgebung gewöhnen muss, damit ein

Gefühl von Wohlbefinden und Heimat entstehen kann. Weiter ist das Naherholungs-Bedürfnis nicht

unbeachtet zu lassen. Grünflächen mit Fernsicht als Auflockerung sind für das Wohlbefinden wichtig.

Dabei sollten die Flächen zu Fuss erreichbar und zugänglich sein. Mit diesen beiden Bemerkungen

werden die Erholungsfunktion und die identifikatorische Dimension von Landschaft angesprochen.

• Die Kulturlandschaft in Siedlungsnähe gilt es zu schützen und sie soll für Fussgänger in er-

reichbarer Distanz liegen

Die Veränderungen in der Kulturlandschaft und der Strukturwandel in der Landwirtschaft bestätigen

die Aussage, dass die Landschaft eine „Zivilisationslandschaft“, also ein „Abbild unserer Wirtschafts-

und Lebensform“ (BAFU 2006, S. 17) ist. Das, was Sauer die Kulturlandschaft nennt, wird durch eine

kulturelle Gruppe geschaffen. Da den Interviewpartnern zu Folge der Agglomerationsbevölkerung oft

das Bewusstsein von Konsequenzen des Kulturlandverlusts zu fehlen scheint, wird vorgeschlagen,

den Kontakt von Leuten, speziell Kindern, zu ihrer nahen Umgebung und das Erkennen von Mensch-

Umwelt Zusammenhängen zu stärken. Damit wird auch die Produktions-, resp. Ernährungsfunktion

von Landschaft und deren Wahrnehmung ins Zentrum gerückt.

• Auf die Kulturbedingtheit von Landschaft und die Irreversibilität von Kulturlandverlust ist

hinweisen, um die Kulturlandschaft zu erhalten und die Wichtigkeit der Ernährungsfunktion

den Menschen näher zu bringen → Ideen wie „Schule auf dem Bauernhof“ unterstützen

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wird negativ beurteilt, weil…

• die Flächen gleicher Kulturart grösser werden und das Landschaftsbild monoton wird

• durch grössere Maschinen die Platzansprüche zunehmen und Gebäude und Strassen ausge-

baut werden müssen, was die Schönheit des Landschaftsbildes negativ beeinflusst

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• die Bewirtschaftung von kleinen Flächen innerhalb von Siedlungen mit grossen Maschinen

auf Grund der engen Platzverhältnisse nicht rentabel ist und diese Felder aufgegeben werden

• die Spezialisierung dazu führt, dass ein Betrieb in einem ausgewählten Bereich die Produkti-

on intensiviert, wodurch die Vielfalt auf einem Einzelbetrieb abnimmt

• die neuen landwirtschaftlichen Bauten und die Betriebsumgebung nicht mehr der regionalen

Eigenart entsprechen, sondern austauschbar wirken und durch die Grösse neuer Elemente

sogar als im Landschaftsbild störend empfunden werden

Dagegen gilt es…

• kleine Einzelflächen innerhalb von Siedlungen zu erhalten, da sie eine kompakte Siedlungs-

struktur auflockern → Flächen, die ein Grossbauer in der Ebene aufgeben würde, da sie nicht

rentabel sind, könnten von einem Landwirten bewirtschaftet werden, der in Hügellagen

kleinflächige Landwirtschaft betreibt. Dieser könnte somit LN dazugewinnen und hätte eher

passende Maschinen zur Bodenbearbeitung, oder könnte Tiere darauf halten

• den Strassenausbau zu vermeiden, damit naturbelassene Feldwege zur Naherholung erhalten

bleiben

• die Vielfalt in der Umgebung eines Landwirtschaftsbetriebs zu erhalten

Als positiver Aspekt des Strukturwandels wird gesehen, dass einzelne Landwirte Nischen suchen und

neue Produktideen entwickeln, die für die Region an sich aber untypisch sind. Im Falle der Weih-

nachtsbaumplantage konnte sich ein lokaler Absatzmarkt entwickeln. Da die Idee auf einen Landwirt

beschränkt und nicht zu grossflächig ausgeführt wurde, wird sie geschätzt.

• Innovative Kleinprojekte von Einzellandwirten sind zu unterstützen, besonders wenn für die

umgebende Bevölkerung ein Mehrwert entsteht und sie auch als Produktabnehmer infrage

kommt

Schon beim vorher Beschriebenen hallt im Hintergrund das Thema Vielfalt nach. Vielfalt ist auf unter-

schiedlichen Ebenen diskutierbar. Beim einzelnen Landwirtschaftsbetrieb geht die Vielfalt durch die

Spezialisierung verloren und auf Gemeinde- oder Gebietsebene wird das Landschaftsbild auf Grund

der Intensivierung grosser, gleichartiger Flächen monoton. Auf Gemeinde- oder Gebietsebene kann

Vielfalt erreicht werden, indem unterschiedlich spezialisierte Betriebe nebeneinander existieren. Für

eine vielfältige Kulturlandschaft ist auch die Tierhaltung relevant, da unterschiedliche Tierarten für

Abwechslung sorgen.

• Vielfalt soll auf Betriebsebene und innerhalb von Gemeinden und Gebieten existieren und

kann mit unterschiedlichen Nutzungsarten und Tieren erreicht werden

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Tiere haben auch gestalterischen Einfluss auf die Landschaft, z.B. indem sie grasen. Befinden sie sich

in einer Weide erscheint durch sie die Landschaft lebendiger und man kann an ihnen beobachten,

wie sie ihre Umgebung verändern, was faszinierend sein kann. Glocken an Tieren beruhigen und ent-

sprechen der eher romantischen Vorstellung von Heimat und intakter Landschaft und vermitteln ein

Gefühl von Zugehörigkeit. Der Menschen realisiert dabei, dass er nicht alleine ist und wirkt. Dadurch

wird die Bedeutung von Landschaft als Lebensraum für alle Lebewesen und das Gefühl vom „in-der-

Welt-sein“ thematisiert.

• die Freilaufhaltung verschiedenster Tierarten ist zu fördern, damit sie von der Bevölkerung

wahrgenommen werden können

Spricht man von Vielfalt, scheint es fast so, als wären die gebietsspezifischen Eigenheiten, die von der

Topografie und den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Nutzungen ausgehen, unbedeutend. Von

den Interviewpartnern wurde beispielsweise nicht erwähnt, dass in den nördlichen Agglomerations-

gemeinden eine stärkere Intensivierung stattfand als anderswo oder dass sich Meggen und Horw

durch den Rebbau auszeichnen. Die Dominanz von Gras- und Viehwirtschaft wurde aber erkannt und

als monoton angesehen, wenn keine Verbindung unterschiedlicher Grüntöne (Gras, Bäume, Wald)

besteht. Damit eine Landschaft ästhetisch schöner wirkt, muss sie eine gewisse Struktur haben und

harmonisch sein - eine Kombination zwischen natürlicher Wildnis und menschlichem Strukturschaf-

fen. Zudem vermittelt die Fernsicht auf topografische Merkmale oder Gebäude mit überregionaler

Bekanntheit ein Heimatgefühl.

• Landschaftsgestaltung muss eine Struktur schaffen und Landschaftselemente zu einem har-

monischen Gesamtbild verbinden, der menschliche Einfluss darf dabei aber nicht künstlich

wirken und als solcher sichtbar sein

• Abwechslungsreiche Grüntöne und Bäume werten das Landschaftsbild auf, dürfen aber nicht

so dominant sein, dass sie keine Fernsicht zulassen

Die Präsenz von künstlichen Elementen wird besonders kritisiert, wenn deren Funktion vor Ort nicht

nachvollzogen werden kann (Beispiel Strassenlaterne, Zaun). Dabei muss vermehrt die Frage gestellt

werden, wann ein Element wirklich nötig ist. Informationstafeln, die über in der Landschaft Be-

obachtbares informieren, werden positiver aufgenommen als herkömmliche Strassenschilder.

• Die Anzahl künstlicher Elemente gilt es in Grenzen zu halten und sie sind unauffällig und mit

natürlichen Materialien zu gestalten. Wie ein Element gestaltet wird, hängt von dessen Funk-

tion ab: z.B. Wanderwegweiser müssen auffällig sein, daher ist ihre Anzahl gering zu halten.

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Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass für die Identifikation und ein Heimatgefühl die nahe

Landwirtschaftsbetriebs-Umgebung und die landwirtschaftlichen Bauten, sowie topografische

Merkmale, die überregionale Bekanntheit haben, eher relevant sind als die landschaftliche Eigenart

der Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet. Deshalb ist die Fernsicht auf solche Merkmale und die

Betriebsumgebung mit einem regionstypischen Wohnhaus und einer abwechslungsreichen Baumviel-

falt zu erhalten. Mit Bäumen oder anderem Grünwuchs können zudem störende Elemente kaschiert

werden.

Für eine bestmögliche Naherholung und das Wohlbefinden spielt die Nutzungsvielfalt der LN und die

dadurch entstehende Abwechslung eine Rolle. Da grosse Felder gleicher Nutzungsart (z.B. Grasfläche

oder Niederstamm-Obstkulturen) als langweilig betrachtet werden, ist im durch Gras- und Viehwirt-

schaft dominierten Agglomerationsgebiet von Luzern ein abwechslungsreiches Landschaftsbild anzu-

streben, da dieses als qualitativ schöner beurteilt wurde. Dies kann erreicht werden, ohne die land-

schaftliche Eigenart zu zerstören, da bereits unterschiedliche Grüntöne oder verschiedene Tierarten

für Abwechslung sorgen. Sucht ein Landwirt eine Nische zur Existenzsicherung und entwickelt neue

Ideen, sollten diese eher kleine Flächen beanspruchen, damit sie von der Bevölkerung geschätzt wer-

den. Von Seiten der Agrarpolitik sollten also Anreize geschaffen werden, nicht spezialisierte, sondern

vielfältige Betriebsstrukturen zu erhalten, da diese grundsätzlich als natürlich angesehen wurden und

ein schönes Landschaftsbild ausmachen.

Abschliessend muss vermerkt werden, dass für diese Arbeit nur wenige Personen befragt wurden

und die Resultate nicht für die gesamte Agglomerationsbevölkerung sprechen, da sie auf individuell

geschossenen Fotos und deren Diskussion basieren. Die Fotos und Interviews haben aber aufgezeigt,

wie unterschiedlich gleiche Landschafts-Elemente von Einzelpersonen wahrgenommen werden kön-

nen und dass sie immer in Zusammenhang mit weiteren Elementen im Landschaftsbild diskutiert

werden müssen. Den Interviews ist gemein, dass viele Elemente in ähnlichen Themenrahmen er-

wähnt wurden und dass bei jeder Interviewperson die persönlichen Lebenserfahrungen und Erinne-

rungen bei der Beurteilung der Landschaftsfotos eine wichtige Rolle gespielt haben. In diesem Sinne

stellt diese Bachelorarbeit keinen exakten Beschrieb der landschaftsästhetisch positiv bewerteten

Eigenheiten des Agglomerationsgebiets von Luzern dar, sondern vielmehr eine Sammlung von indivi-

duellen Vorstellungen, die weiter untersucht werden können.

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Wissen Hayek U. (2011): Landschaftsplanung in der Schweiz – Ziele und Instrumente. Zürich: ETH

(Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur FS 2011), 14 S.

WSL (2006): Vorstudie LAQUE: Monitoring Landschaftsqualität CH – Schlussbericht Phase 1. Birmens-

dorf: WSL, 34 S.

WSL (2010): Landschaftsqualität - Konzepte, Indikatoren und Datengrundlagen. Birmensdorf: WSL

(Forum für Wissen 2010), 67 S.

Wylie J. (2007): Landscape. London & New York: Routledge, 246 S.

6.2 Interviews und informelle Gespräche

CB (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Luzern, 19. Juli 2011

CF (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Luzern, 11. Juli 2011

FA (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Littau, 16. Juli 2011

HB (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Luzern, 18. Juli 2011

Passantin (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einer Passantin. Obernau, 21. Juni 2011

Pensionär (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einem Pensionär. Ebikon, 20. Juni 2011

Pensionärin (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einer Pensionärin. Kriens, 20. Juni 2011

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Spaziergänger (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einem Spaziergänger. Dierikon, 20. Juni

2011

VT (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Buchrain, 26. Juli 2011

Walker (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einem Walker. Root, 14. Juni 2011

6.3 Abbildungen

Abb. 1: Stremlow 2008, S. 4

Abb. 2: Geoinformation und Vermessung Kanton Luzern (2011) – Grundbuchplan (Amtl. Vermes-

sung). Luzern: RAWI.

Abb. 3-36: Veronika Trachsel

Abb. 37, 40, 42 und 46: Interviewpartner CF

Abb. 38 und 41: Interviewpartner FA

Abb. 39, 43 und 50: Interviewpartner CB

Abb. 44 und 49: Interviewpartner VT

Abb. 45, 47 und 48: Interviewpartner HB

6.4 Tabellen

Tab. 1: Selbst erstellte Tabelle nach WSL (2006), S. 15-17

Tab. 2: ausgewählte Daten aus: „Landschaftsbetriebe seit 1939 Kanton Luzern.“ Datenquelle: BFS -

Eidg. Landwirtschaftszählung, Landw. Betriebsstrukturerhebung

Tab. 3: ausgewählte Daten aus: „Feldobstbäume nach Arten seit 1951 Kanton Luzern.“ Datenquelle:

BFS – Schweizerische Obstbaumzählung

Tab. 4: Zusammenstellung aus: Eidg. Statistisches Amt (1960): Eidgenössische Betriebszählung 1955

Band 7 – Landwirtschaftsbetriebe nach Kantonen, Gemeinden und Grössenklassen. Bern: Statistische

Quellwerke der Schweiz, 345 S.; Eidg. Statistisches Amt (1967): Eidgenössische Betriebszählung Sep-

tember 1965 – Landwirtschaft Hauptergebnisse nach Kantonen, Bezirken und Gemeinden. Bern: Sta-

tistische Quellwerke der Schweiz, 121 S.; BFS (1986): Eidgenössische Betriebszählung 1985 – Land-

wirtschaftsbetriebe nach Gemeinden. Bern: BFS, 151 S.; Zahlen für die Jahre 2000 und 2003: Statistik

Schweiz (2011); Zahlen 2009 aus LUSTAT 2011, S. 165

Tab. 5: selbst erstellte Tabelle nach den absoluten Zahlen zu den LN im Agglomerationsgebiet für das

Jahr 2003 aus: Statistik Schweiz (2011)

Tab. 6: Zusammenstellung aus: Eidg. Statistisches Amt (1960): Nutztierbestand der Schweiz 1956.

Bern: Statistische Quellenwerke der Schweiz, 205 S.; BFS (1989): Eidgenössische Viehzählung 1988 –

Resultate nach Gemeinden. Bern: BFS, 151 S.; Zahlen zu Nutztieren, Nutztierhalter, Kühe und Rind-

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61

vieh-Gesamtbestand 2003 aus: Statistik Schweiz (2011): Interaktive Datenbank des Primärsektors.

Internetseite (konsultiert im Sommer 2011):

http://www.agr.bfs.admin.ch/ReportFolders/reportFolders.aspx

Tab. 7: Zusammenstellung aus: BFS (2011): „Eidgenössische Volkszählung 2000. Bevölkerungsent-

wicklung der Gemeinden 1850-2000.“ Neuchâtel: BFS, Excel-Tabelle., und für das Jahr 2009 LUSTAT

(2011)

Tab. 8-11: Zusammenstellung aus den Gemeindeprofilen aus LUSTAT (2011) und GKL (2011) für die

Landwirtschaftlichen Zonengrenzen

Tab. 12: ausgewählte Jahre aus: „Tierhalter und Nutztiere seit 1946 Kanton Luzern.“ Datenquelle: BFS

- Eidg. Viehzählung, Landw. Betriebsstrukturerhebung

Tab. 13: absolute Zahlen für die einzelnen Gemeinden: BFS (2011): „Eidgenössische Volkszählung

2000. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden 1850-2000.“ Neuchâtel: BFS, Excel-Tabelle.

Tab. 14: Zahlen zu den Obstanlagen in den Agglomerationsgemeinden von: Statistik Schweiz (2011)

Tab. 15: Zahlen aus: Statistik Schweiz (2011)

Tab. 16: selbst erstellte Tabelle mit den absoluten Zahlen aus: Statistik Schweiz (2011)

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7. Anhang

7.1 Interview-Leitfaden

Über den Interviewpartner

• Beruf

• Ungefähres Alter

• wie lange im Gebiet wohnhaft / woher ins Gebiet gezogen und wann?

• Hobbies

Allgemeine Fragen 1) Nennen Sie 5 Eigenschaften oder Elemente, die Ihnen spontan zu Landschaft einfallen (was

gehört zu einer Landschaft, was löst eine positive Reaktion aus?)

2) Was bedeutet Ihnen Landschaft? Inwiefern äussert sich diese Bedeutung in Ihrem Alltagsver-

halten? (Freizeit, Arbeit, Wohnort)

3) Was für einen Bezug haben Sie zur Landwirtschaft?

Diskussion der Fotos in Bezug auf die Indikatoren für Landschaftsästhetik Jedes einzelne Bild (Bezugnahme auf die Bildkommentare, die beim Fotografieren gemacht wurden):

1) Was gefällt Ihnen an diesem Bild und wieso gefällt es?

2) Gibt es etwas Störendes? Wenn ja, was und warum?

Vergleich der Bilder (Wie ordnen Sie das einzelne Bild im Vergleich zu den anderen ein? Ich erläute-

re jeweils kurz die Bedeutung des Indikators. Die Fragen orientieren sich an den vorgeschlagenen

Fragen des WSL zur Operationalisierung des Indikators)

Landschaftsbild/Präferenzurteile:

1) Wie sehr gefällt Ihnen die Landschaft in diesem Bild in Bezug auf die anderen Bilder?

2) Weshalb gefällt sie Ihnen besser/schlechter?

Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft / Authentizität

1) Auf welchen Fotos hat es für die Region typische Merkmale? Welche Elemente geben der

Landschaft den unverwechselbaren Charakter? (Art des Merkmals: Baum, Gebäude, Hügel,

Fläche, Tier…)

2) Wie gut fügen sich neue Elemente, wie z.B. eine Panoramatafel, in die Landschaft ein? (stö-

rend oder nicht, wenn ja, warum. Nur in einem spezifischen Bild störend oder auch anders-wo?)

3) Auf welchem Foto findet sich das einheitlichste Gesamtbild? (Warum, Unterschiede zu den

anderen Bildern. Repräsentativität für die gesamte Region, ja/nein?)

4) Inwiefern wirkt das Landschaftsbild „echt“? (Anzahl Fremdkörper, Gesamtbild)

5) Inwiefern und wann „passt“ ein Landschaftselement ins landschaftliche Gesamtbild und wirkt

„echt“? (z.B. Wanderwegweiser. Inwiefern Abhängigkeit von Material, Form und Funktion

des Elementes?)

Mysteriosität

1) Inwiefern wirkt die auf den Bildern dargestellte Landschaft geheimnisvoll? 2) Warum wirkt sie nicht geheimnisvoll? (zu wenig visuelle Reize, keine Überforderung?)

3) In welcher Weise und wo gibt es Dinge in der abgebildeten Landschaft zu entdecken, die

nicht auf den ersten Blick zu erschliessen sind? (auch ausserhalb des Bildrandes)

4) Was für Faktoren haben Einfluss darauf, ob etwas mysteriös wirkt oder nicht? (Geräusche,

Tageszeit, Jahreszeit, Witterung)

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Lesbarkeit

1) Wie gut kann man sich in der abgebildeten Landschaft zurechtfinden? (Orientierungshilfen,

Bedeutung der Orientierungshilfen, damit verbundene Gefühle) 2) Auf welchen Fotos kann man die Landschaft schnell erfassen und verstehen, auf welchen

nicht? (weshalb? Einfluss der einzelnen Landschaftselemente; Vermutungen, was in der

Landschaft passiert)

Faszination

1) Wie viele und welche Dinge auf den Fotos ziehen die Aufmerksamkeit auf sich? (Art der Din-

ge, positive/negative Aufmerksamkeit, was macht Eindruck, weshalb?)

Allg. Frage: Was für eine Landschaft vermittelt Ihnen am ehesten ein Heimatgefühl und warum? (ver-

gleichbar mit den Fotos oder nicht? Ja/nein, weshalb)

Inwiefern erkennen und wie bewerten Sie folgende „Gefahren“ für die Landschaft?

• Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung: Vergrösserung und Vereinheitlichung

der Nutzflächen (Zunahme von landw. Fahrten, Maschinen, Felder, Tiere, Einstellung der landw. Nut-

zung)

• Ausdehnung der Städte, Bau- und Industriegebiete (Bautätigkeit)

• Zunehmende Zerschneidung durch Strassen mit Hartbelägen und Bahntrassen (zunehmendes Verkehrsaufkommen, Strassenart)

Was haben Sie für Anliegen betreffs der Gestaltung von Landschaft? (Präferenzen, Notwendigkeiten,

was nicht passieren sollte; Lösungen, um „Störendes“ zu gestalten etc.)

Haben Sie noch etwas mitzuteilen, was vergessen ging?

7.2 Codierungsbeispiel

Nachfolgend sind Ausschnitte von drei Interviews dargestellt39. Alle fünf Interviews wurden codiert,

für ähnliche Themen sind die gleichen Codes verwendet worden. Durch Anklicken der Kommentare

wurde die zu einem Code gehörende Textstelle ersichtlich. Auf Grund der geringen Anzahl Interviews

ist auf den Gebrauch einer spezifischen Software verzichtet worden.

39 Hinweis: Die Ausschnitte wurden in einem Dokument zusammengestellt, deshalb die lückenlose Kommentar-

reihenfolge

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7.3 weitere Tabellen

Pferde Rindvieh Schweine Schafe Ziegen Hühner

Jahr Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand

1956 4'426 7'430 8'971 130'145 8'966 141'111 539 2'609 1'038 2'569 11'283 401'879

1966 3'127 4'462 8'358 151'990 8'129 232'217 600 4'423 684 1'856 8'626 399'063

1978 1'423 2'249 7'062 182'203 6'073 401'287 966 10'803 744 2'437 5'052 433'774

1988 1'100 2'290 6'223 168'337 4'850 441'406 1'050 12'423 719 2'309 3'794 525'490

1998 777 2'483 5'318 144'951 3'448 367'033 982 15'238 448 2'608 1'985 634'041

2009 691 3'251 4'345 150'343 2'210 420'781 798 18'093 596 4'635 1'339 941'623

Tab. 12: Entwicklung der Tierhalter-Anzahl und des Nutztierbestandes im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre

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1950 1980 2009

durchschnittliche Bev. Zunahme in

Personen pro Jahr von 1950 -

1980

durchschnittliche Bev. Zunahme in

Personen pro Jahr von 1980-

2009

Bev. Zunah-me in % 1950-

2009

Emmen 11065 22392 27883 378 189 252

Rothenburg 2171 4202 7121 68 101 328

Adligenswil 712 2100 5475 46 116 769

Buchrain 1127 2855 5710 58 98 507

Dierikon 359 742 1442 13 24 402

Ebikon 3007 8679 11850 189 109 394

Gisikon 185 370 1055 6 24 570

Honau 120 92 345 -1 9 288

Horw 4621 11629 13182 234 54 285

Kriens 9821 21097 26202 376 176 267

Littau 5644 14996

76702

312

-54 116 Luzern 60526 63278 92

Meggen 2165 4897 6512 91 56 301

Root 2095 2618 4363 17 60 208

Udligenswil 601 1226 2167 21 32 361

Tab. 13: Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration in absoluten Zahlen, ausgewählte Jahre

Einheit der Flächen in Aren

Emm

en

Ro

the

nb

urg

Ad

lige

nsw

il

Bu

chra

in

Die

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Gis

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Ho

nau

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rw

Kri

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s

Litt

au

Luze

rn

Meg

gen

Ro

ot

Ud

lige

nsw

il

Sum

me

Obstanlagen (Äpfel) 258 22 0 1438 32 310 0 0 0 0 0 55 4 5 56 2180

Obstanlagen (Birnen) 55 13 0 396 0 25 0 0 0 0 0 8 15 0 62 574

Obstanlagen (Steinobst) 20 2 0 100 10 83 0 0 0 0 0 16 65 14 88 398

Summe 333 37 0 1934 42 418 0 0 0 0 0 79 84 19 206 3152

Tab. 14: Obstanlagen Agglomeration im Jahr 2003

Betriebsgrössen 2003 in ha

Emm

en

Ro

the

nb

urg

Ad

lige

nsw

il

Bu

chra

in

Die

riko

n

Ebik

on

Gis

iko

n

Ho

nau

Ho

rw

Kri

en

s

Litt

au

Luze

rn

Meg

gen

Ro

ot

Ud

lige

nsw

il

Sum

me

Betriebe 0 - 1 ha 4 3 2 2 0 4 0 0 0 0 0 3 1 1 2 22

Betriebe 1 - 3 ha 0 3 0 0 0 2 0 0 1 10 1 0 1 3 0 21

Betriebe 3 - 5 ha 2 2 1 0 1 1 1 0 5 8 3 0 2 1 0 27

Betriebe 5 - 10 ha 3 6 2 2 1 2 4 1 12 10 10 2 1 9 7 72

Betriebe 10 - 20 ha 14 31 7 1 3 8 2 3 18 18 21 2 12 9 17 166

Betriebe 20 - 30 ha 15 18 8 3 4 4 0 1 1 11 5 1 4 7 2 84

Betriebe > 30 ha 9 5 2 2 2 4 0 0 0 3 3 1 1 0 1 33

Betriebszahl insgesamt 47 68 22 10 11 25 7 5 37 60 43 9 22 30 29 425

Tab. 15: Verteilung der Betriebsgrössen in den Agglomerationsgemeinden im Jahr 2003

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Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel

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Emm

en

Ro

the

n-

bu

rg

Ad

lige

ns-

wil

Bu

chra

in

Die

riko

n

Ebik

on

Gis

iko

n

Ho

nau

Ho

rw

Kri

en

s

Litt

au

Luze

rn

Meg

gen

Ro

ot

Ud

lige

ns-

wil

gesamte LN 2003 in Aren 96869 114745 39091 19502 23811 38414 7122 7301 39908 78068 63109 11213 33618 38197 36032

davon sind … %:

offenes Ackerland 12.2 13.1 4.7 17.9 3.1 13.4 4.6 14.8 1.7 0.2 7.8 3.6 1.6 7.4 0.8

Grünland 86.6 85.5 92.6 70.2 96.0 81.4 95.2 83.8 93.3 98.4 91.5 93.9 95.2 90.7 98.0

Dauerkulturen 0.5 0.9 0.2 10.3 0.2 2.9 0.0 0.3 1.1 1.2 0.1 1.0 1.9 0.1 0.6

übrige LN 0.7 0.6 2.5 1.6 0.7 2.3 0.1 1.1 3.9 0.2 0.5 1.5 1.3 1.9 0.6

Tab. 16: prozentualer Anteil der einzelnen Nutzflächenarten an der gesamten LN im Agglomerationsgebiet im Jahr 2003