Ueber die specifischen Volume flüssiger Verbindungen

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ANNALEN DER CHEMIE UND PHARMACIE. XCII. Bandee erstos Heft. Ueber die specifischen Volume flussiger Verbindungen ; von Hermann Kopp. Ich habe vor zwiilf Jahren Untersuchungen begonnen uber die Regelmafsigkeiten , welclie sich in den specifischen Volumen flussiger Verbindungen , namentlich organischer, zeigen. Unter specifischen Volumen verstehe ich die relativen Raume , welche aquivalente Gewichtsmengen der verschie- denen Substanzen erfullen. Diese relativen Riiume sind ge- geben durch die Quotienten aus den specifischen Gewichten in die Aequivalentgewichte. Man kann diese Riume, die specifischen Volume, auf bestimmte Volumeinheiten bezogen denlten, wenn man die Aequivalentgewichte *) als auf be- stimmte Gewichtseinheiten bezogen annimmt. Denkt man z. B. die Aequivalentgewichte Gramme bedeutend, so bedeuten die specifischen Volume Cubikcentimeter. Bei Oo z. B. er- fiillen : +)H=l; 0=8; C=6. Aniial. d. Uhcinir o. P~IHI.III. YCI1. Rd. 1. tleh. 1

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ANNALEN DER

CHEMIE UND PHARMACIE.

XCII. B a n d e e ers tos Heft .

Ueber die specifischen Volume flussiger Verbindungen ;

von Hermann Kopp.

Ich habe vor zwiilf Jahren Untersuchungen begonnen uber die Regelmafsigkeiten , welclie sich in den specifischen Volumen flussiger Verbindungen , namentlich organischer, zeigen. Unter specifischen Volumen verstehe ich die relativen Raume , welche aquivalente Gewichtsmengen der verschie- denen Substanzen erfullen. Diese relativen Riiume sind ge- geben durch die Quotienten aus den specifischen Gewichten in die Aequivalentgewichte. Man kann diese Riume, die specifischen Volume, auf bestimmte Volumeinheiten bezogen denlten, wenn man die Aequivalentgewichte *) als auf be- stimmte Gewichtseinheiten bezogen annimmt. Denkt man z. B. die Aequivalentgewichte Gramme bedeutend, so bedeuten die specifischen Volume Cubikcentimeter. Bei Oo z. B. er- fiillen :

+ ) H = l ; 0 = 8 ; C = 6 .

Aniial. d . Uhcinir o . P~IHI . I I I . YCI1. R d . 1. t leh. 1

2 K o p p , abet- die specijschen Volume

9 von Wasser (Sp. G. = l,OOOO) 9 Grm. (entspr. HO) -- ~,oooo- 9WC.

46 I) Weingeist (,, ,. ,, 0,8095) 46 ,, ( ,, C,H,O,) __- 0 , 8 0 9 5 - ~ ~ ' ~ '

44 C A O d o,soos=54,9

88 C,H,O,) 0,9105=96,6 ,,

,, Aldehyd (,, ,, ,, 0,8009) 44 ,, ( ,,

,, essigs.Aethyl( ,, ,, ,, 0,9105) 88 ,, ( ,,

Icli fand *), dafs flussige Verbindungen von derselben Zu- sammensetzungsdifTerenz haufig eine annahernd gleiche Diffe- renz der specifischen Volume zeigen; die Vergleichung der specifischen Volume organischer Sluren , ihrer Aethyl- und Methylverbindungen ergab dafur zahlreiche Belege, und auch bei der Betrachtung von Verbindungen, wo in den einen Chlor an der Stelle von Wasserstoff in den anderen enthalten ist, schien sich eine solche Regeliiilfsigkeit zu zeigen. Die Untersuchung dieser Verhiillnisse war dadurch erschwert, dafs damals die specifischen Gewichte selbst der auf ihre physika- lischen Eigenschaften genauer untersuchten Flussigkeiten, mit sehr wenigen Ausnahmen, nur fur die gewiihnliche mittlere Temperatur bekannt warun ; im An fang dieser Untersuchun- gen **I wurde es aber bereits klar, dafs eine Vergleichung der specifischen Volume von Plussigkeiten - einer Eigen- schaft, deren numerischer Werth ein niit der Temperatur ver- anderlicher ist - streng genomrnen nur vorgenommen wer- den kann fur solche Temperaturen , bei welchen die Warrne auf die Flussigkeiten denselben Einflufs ansiibt. Als solche Temperaturen betrachtete ich diejenigen , bei welchen die Spnnnkraft der Dampfe dieselbe ist ; also die Siedepunkte und approxirnativ Temperaturen, welche gleich weit von den Siedepunkten abstehen. Icb zeigte namentlich ") , dafs bei

") Diese Annalen XLI, 79. 169. **) Ebendaselbst XLI, 184. *"*) Pogg. Ann. LVI, 371; diem Annalen XLVI, 215.

tJiissigw Verbindungen. 3

der Vergleichung der specifmhen Volume fur solche correspon- dirende Temperaturen sich Regelmlfsigkeiten ergeben, welche unerkannt bleiben, so lange man die specifischen Volume nur fur eine und dieselbe Temperatur vergleicht. Bezieht man die Aequi- valentgewichte des Weingeists, des Aethers und des Wassers auf die Formeln C,H,O,, C,H,O und HO, so ist die Formel des Weingeists die Summe der Formeln des Aethers und des Wassers; dasselbe gilt natiirlich fur die Aequivalentgewichte ; dasselbe gilt aber auch fur die specifischen Volume, jedoch nur bei den Siedepunkten (oder uberhaupt bei Temperaturen von gleicher Spannkraft der Dampfe], in der Art namlich, dafs das specifische Volum des Weingeists bei den1 Siede- punkt desselben gleich ist dem specifischen Volum des Aethers bei dem Siedepunkt desselben + dem des Wassers bei dem Siedepunkt des letzteren.

Diese Wahrnehmung unterstutzte die Ansicht, dem spe- cifischen Voluin eines Elements komme in verscliiedenen Ver- bindungen bei den Siedepunkten derselben ein constanter Werth zu. Unter dieser Annahme machte ich einen Ver- such *), zu bestimmen, wie g d s die specifischen Volume eiriiger Eleinente , nanieiitlich des Kohlenstoffs, Wasserstoffs uud Satierstoffs, in flussigen Verbindungen bei den Siede- punkten derselben seyen. lch fand, dak bei dem Uebergang von Weingeist C4H,0, in Essigsaure C,H40,, bei dem Ein- treten von 2 At. Sauerstoff an die Stelle von 2 At. Was- serstoff, das specifische Voluin fur correspondii-ende Teni- peraturen nahezu unverandert bleibt ( nlmlich d d s das specifische Volum der Essigslure 104O unter ihrem Siede- punkt fast genau eben so grofs ist, als das des Alkohols 104O unter seinem Siedepunkt), rind nahm an , dieses habe slets statt, oder das specifische Volum von 0 sey allgemein bei correspondirenden Temperatwen den1 von H gleich. Es

*) Dieue Annaleii I . , 71.

i *

4 Kopp, ilber die specifischen Volvme

fehlte damals an Anhaltspunkten, diese von mir selbst als gewagt und nicht hinlanglich gerechtfertigt bezeichnete An- nahme durch die Vergleichung der specifischen Volume an- derer Substanzen zu priifen. - Die genannten Annahmen erlaubten , Zahlen fur die specifisclien Volume aufzusteIIen, welche namenllich dem Kohlenstoff, dem Wasserstoff und dem Sauerstoff in fliissigen Verbindungen Lei den Siedepunkten derselben beizulegen seyen; die weitere Annahme , man konne die Aenderung der specifischen Volunie dieser Elemente bei Abkuhlung um gleich vie1 Grade unter den Siedepunkt als gleich betrachten - cine willkiirliche Annahme, die nur das fur sich hatte, daD sie die einfachste war und die Bestim- mung rnoglichst wenig unbekannter Grol'sen, nur Einer, in- volvirte -, erlaubte inir einen Ausdruck aufzustellen , nach welchem sich das specifische Voluin und somit auch das spe- cifische Gewicht einer jeden Verbindung C,H,O, fur jede Temperatur berechnen l i e k Dieser Ausdruck , hinsichtlich dessen ich seiner Zeit Alles angefuhrt habe, was das Un- sichere und Willkiirliche in der Aufstellung desselben be- trim, gab das specifische Gewicht einer sehr groken Anzahl Substanzen mit einer fast stets sehr geniigenden Annaherung an die heobachteten Werthe, und ich hatte Grund "1, an der Annahme festzuhalten, das specifische Volurri eines und rles- selben Elements sey in verschiedenen flussigen Verbindungen bei correspondirenden Temperaturen stets gleich grofs , und zu hoffen, dab mit der Berichtigung der Zahlenwerthe fur die specifischen Volume, welche den Elementen bei der Siede- hilze der Verbindungen beizulegen seyen , und der Zahlen- werthe fur die Contraction, die das specifische Volum jedes einzelnen Elements fur die Abkuhlung um eine bestimmte Anzahl Grade unter den Siedepunkt erleidct , die Differenzen zwischen den berechneten specifischen Gewichten und den

*) Diese Annalen L V , 199.

flussiger Verbindungen. 5

durch genauere Beobachtung gegebenen immer kleiner wer- den wiirden. Ein miiglichstes Festhalten an jener Annahme schien mir schon defshalb unbedingt gelloten, weil mit der entgegengesetzten, von vornherein das specifische Volum, mit welchem ein Element in Verbindungen eingeht, fur veriinder- lich zu halten, eigenilich jede Aussicht auf die Erkenntnit von Regelmarsigkeiten abgeschnitten wird. Zu der letzteren Annahme parst jedes beobachlete specifische Volum ; wo sich Regelmafsigkeiten zeigen , sind sie mehr zufallige , und wo sie fehlen, kann es fur Anhanger der letzteren Annahme nicht auffallen; mit dieser Annahme steht jedes durch Beob- achtung gefundene specifische Volum , richtig oder unrichtig, in vollkommenem Einltlang, und nach ihr ist eine Priifung der Beobachtungen, ob sie durch das Ergebnifs gewisser Regel- mafsigkeiten eine innere Uebereinstimmung zeigen, ganz un- zulassig. Es sind Theorieen entwickelt worden , welche von der letzteren Annahnie ausgingen, und es hat sich da zur Geniige gezeigt , wie willkiirliche und unhaltbare Resultate dabei herauskommen , wenn man von vornherein annimmt, demselben Elemenl konne in verschiedenen Verbindungen ein wesentlich verschiedenes specifisches Volum zukommen.

Die Resultate, zu welchen meine friiheren Untersuchun- gen rnich fiihrten, lassen sich der Hauptsache nach in fol- genden Satzen zusammenfassen :

1) Gleicher Zusammensetzungsdifferenz entspreche gleiche Differenz der specifischen Volume.

2) Aequivalente Mengen Sauerstoff und Wasserstoff nehmen in fliissigen Verbindungen nahezu gleich groben Raum cin.

3) Das specifische Volum einer Verbindung sey ausge- driickl durch die Summe der specifischen Volume der Bestand- theile , mit welchen diese darin enthalten seyen. Demselben Element stehe wesentlich stets dasselbe specifische Volum zu.

6 K o p p , iiber die specifisden Volume

Isomere Verbindungen von gleichem Aequivalentgewicht haben dasselbe specifische Volum ; polymere Verbindungen haben specifische Volume , welche unter sich in demselben Verhiilt- nisse stehen wie die Aequivalentgewichte der Verbindungen. Verschiedenheit der chemischen Constitution , der rationellen Formeln, bei isomeren Verbindungen bedinge keine Verschie- denheit der specifischen Volume.

4) Vergleichungen der specifischen Volume von Flussig- keiten seyen eigentlich nur zuliissig fur solche Temperaturen, bei welchen die Diimpfe der Flussigkeiten gleiche Spann- kraft haben.

Seit jener Zeit , wo ich zu diesen Resultaten gelangte, sind Untersuchungen ausgefuhrt worden , die ein reicheres Material zur scharferen Yrufung dieser Ergebnisse liefern, als fruher zu Gebote stand. J. P i e r r e hat in den Jahren 1845 bis 1851 Untersuchungen uber die Ausdehnuug von Flussigkeiten publicirt *) , fur welche er auch das specifische Gewicht und den Siedepunkt beobachtete, so d a b sich fur die Siedepunkte selbst die specifischen Volume ableiten lassen. Ich habe namentlich 1846 und 1847 Untersuchungen uber das specifische Gewicht, den Siedepunkt und die Ausdehnung von Flussigkeiten angestellt **) , zum Zweck , die specifischen Volume derselben fur die Siedepunkte genauer kennbn zu lernen. Eine Priifung jener fruher von mir erhaltenen Re- sultate war daniit ermoglicht , und ich hahe wiederholt und lange diesen Gegenstand bearbeitet.

Eine grofse Schwierigkeit fur eine umfassende Eriirterung der Regelmalsigkeiten , welche in den specifischen Volumen von Flussigkeiten stattfinden, liegt darin, dafs die Zahl genauer

*) Ann. chim. phys. [3] XV, 325; XIX, 193; XXXI, 118; XXXIII, 199; diese Annalen LVI, 139; LXIV, 159; LXXX, 125.

**) Pogg. Ann. LXXII, i u. 223; diem Annalen LXIV, 212.

flilssiger Verbindutigen. 7

Bestimmungen dieser Eigenschaft immer noch eine verhalt- nifsmafsig kleine ist , und d d s andererseits selbst die vor- liegenden Bestimmungen keineswegs als SO zuverlassig zu betrachten sind , mie dieh fur die Bestimmung vieler anderer Eigenschaften der Fall ist. Da die Spannkraft der Dampfe bei verschiedenen Temperaturen nur fur wenige Fliissigkeiten untersucht ist, sieht man sich darauf hingewiesen, die speci- fischen Volume fur die Siedepunkte aufzusuchen und zu ver- gleichen. Fur eine Flussigkeit von bekanntem Aequivalent- gewiclit sind zu diesem Zweck zu bestimmen der Siedepunkt, das specifische Gewicht bei einer niedrigeren Temperatur, und die Ausdehnung, und die genaue Bestimmung der Aus- dehnung ist so muhsam und zeitraubend, dafs die Zahl der in dieser Bexiehung genauer bekannten Substanzen stets eine relativ beschrankte bleiben wird. Da aber das specifische Volum fur den Siedepunkt eine von der Ermittlung so vieler Eigenschaften - aufser dem Aequivalentgewicht nlmlich des specifischen Gewichts , des Siedepunkls und der Ausdehnung - abhangige Zahl ist, erkliirt es sich auch leicht, dafs diese Zahl nur schwierig mit einiger Scharfe festzustellen ist; eine Beimischung, die bei der Analyse nicht bemerkbar i8t , kann, wenn nicht das specifische Gewicht, doch den Siedepunkt und noch mehr die Ausdehnung von der Walirheit sehr abweichend sich ergeben lassen, und jeder Fehler, der in der Bestimmung Einer der genannten Eigenschaften begangen wird , wirft seinen Einflufs auf das Endresultat, das specifische Volum. Um eine Vorstellung von dem Einflufs solcher Fehler zu haben, die oft nur sellr scliwer zu erkennen und zu vermei- den sind, genugt die Betrachtung der S. 9 stelienden Tabelle, welche die aus P i e r r e ’ s Versuchen und die aus den kneinigen abgeleiteten specifischen Volume mehrerer Flits- sigkeiten fur die Siedepunkte derselben enthalt ; es zeigen sich hier mitunter Differenzen von solcher Griifse, dafs man die

8 K o p p , uber die specifischen Volume

Bestimmungen der specifischen Volume fur die Siedepunkte im Allgemeinen nur bei wenigen Korpern als auf 1 Hundert- theil der ganzen Grofse genau erreicht betrachten kann. - Und auch wo Uebereinstimmung ist, kann noch ein Fehler vorlianden seyn. Ich erinnere an den Holzgeist, dessen spe- cifisches Volum nach P i e r r e ’ s und nach rneinen Versuchen fur den Siedepunkt 66O etwa berechnet wurde. Ein von mir vielfach bestatigt gefundenes Gesetz, dah urn C,H, in der Zusammensetzung differirende analoge Substanzen eine etwa 190 betragande Siedepunktsdifferenz zeigen, liefs mich lange vermuthen, der Siedepunkt des Holzgeists musse um etwa 190 niedriger als der des Weingeists (780,4) liegen, bei 59 bis 60°, aber wiihrend nur K a n e den Siedepunkt 60° dafur be- obachtel hatte , ergab sich mir bei wiederholten Darstellungen von Holzgeist nach K a n e ’ s Reinigtingsinethode der Siede- punkt 65 bis 6G0, nahezu derselbe, den auch D u m a s und P e l i g o t , dann auch P i e r r e fanden. Jetzt hat D e l f f s *) wieder sowohl nach W o h l e r ’ s neuerer, als nach K a n e ’ s iilterer Reinigungsinethode Holzgeist erhalten , welcher bei 60 bis 610 siedet. Solche Unsicherheiten bei der Ermittlung eines wesentlichen Elements fur die Bestimmung des specifi- when Volums bei dem Siedepunkt zeigen sich bei einern Kor- per, welcher gewohnlich zu den am genausten bekannten gezahlt wird und jedenfalls einer der am haufigsten unter- sucbten isl. Wie wenig zahlreich sind verhaltnibrnafsig ge- nauere Beobachtungen, z. B. uber die Siedepunkte, fur die meisten unten genannten Substanzen.

Fur Korper, welche keine anderen Elemente als Kohlen- stoff, Wasserstoff und Sauerstoff enthalten, erhielten P i e r r e und ich folgende Resultate. (Bei den Siedepunktsbestimmun- gen von P i e r r e tauchte das Thermometer in die Flussigkeit,

+ j N. Jahrb. 1. pr. Pharm. 1, 1.

fliisdger Verbitldzmgen. 9

und die Angaben gelten fur Barometerstiinde, welche inner- halb der gewiihnlichen Barometerschwankungen verschieden waren. Bei rneinen Siedepunktsbestimmungen befand sich das Thermometer im Danipf der siedenden Flussigkeit, und die Angaben sind auf '760"" Barometerstmd reducirt. Der EinfluTs einer Verschiedenheit im Barometerstand ist fur diese Vergleichung nicht von Belang.)

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 K o p p , ilber die specifischen Volume I

Es zeigen sich hier einzelne sehr erhebliche Verschieden- heiten in den Bestimmungen des specifischen Volums bei dem Siedepunkt einer Flussigkeit. Davon , ob den Resultaten von P i e r r e oder den nieinigen grofseres Zutrauen zu schenken ist, hangt es sogar ab, ob man uberhaupt an Regel- rniitigkeiten in den specifischen Volumen der Flussigkeiten glauben sol1 oder nicht. P i e r r e ’ s Resultale zur Prufung benutzend, ob der von mir aufgestellte Satz richtig sey, dars bei der Vergleichung analoger flussiger Verbindungen der- selben Zusammensetzungsdiff erenz wesentlich dieselbe Diffe- renz der specifischen Volume entspreche, hat W. A. Mil ler *) geradezu ausgesprochen, dars dieser Satz mit den Thatsachen in Widerspruch stehe. Wie verschieden in der That die der- selben Zusammensetzungsdiffeferenz C,H, entsprechende Diffe- renz der specifischen Volume nach P i e r r e ’ s Resultaten aus- fallt, zeigt die folgende Zusammenstellung ; dafs aber aus meinen Untersuchungen uber dieselben Substanzen und iiber einige andere, der Zusainmenstellung nocli hinmgefugte, sich ganz andere Werthe fur diese Differenz der specifischen Volume ergeben, und zwar Werthe die sich der Gleichheit sehr nahern, ist gleichfalls aus der folgenden Tabelle er- sichtlich. Die der Zusammensetzungsdifferenz C,H, entspre- chende Differenz der specifischen Volume folgt aus der Vergleichung der fur die Siedepunkte gefundenen specifischen Volume

von Holzgeiet und Weingeist 19,3 19,9 n Hulzgeist I) Amylalkohol 20,l 20,2

nach Pierre nach Kopp

n Weingeist 9) Amylalkohol 20,3 20,4

*) London Chem. SOC. Qu. J. I, 363.

fiiiusiger Verbindungen. i i

yon ameisens. Aethyl und ameisens. Methyl 97 ameisens. Aethyl I) essigs. Aethyl o ameisens. Aethyl I) butters. Methyl n ameiseus. Aethyl n butters. Aethyl $9 ameisens. Aethyl 1) valerians. Methyl n essigs. Methyl 97 ameiseus. Methyl ,, assigs. Methyl n essigs. Aethyl n essigs. DIethyl ,, butters. Methyl I! essigs. Methyl 91 butters. Aethyl I) essigs. Methyl o valerians. Methyl n essigs. Aethyl I) ameisens. Methyl n essigs. Aethyl 19 butters. Methyl n essigs. Aethyl 19 butters. Aethyl s essigs. Aethyl n valerians. Methyl I) butters. Methyl v ameiseds. Methyl II butters. Methyl n butters. Aethyl s butters. Methyl 19 valerians. Methyl n butters. Aethyl 91 rmeisens. Methyl )J valerians. Methyl $9 ameisens. Methyl

von Ameisensaure und Essigsiiure n Ameisensaure H Buttersaure 91 Essigsaure s Buttersiiura

nach Pierre

224 14,2 21,8

- 14,s 10,4 19,3

- 539

21,5

- 37,O

nach Hopp 21,6 22,7 20,s 21,7 21,6 20,7 23,6 21,2 22,o 2t,9 22,2 18.8 241 21,i 2t,o 23,5 23,3 21,6 21,6

- 21,6 - 21,6 - 21,6.

Die vorstehenden Zahlen , wenigstens die aus meinen Bestimmungen folgenden, bestatigen fur die aufgeza2lten Al- kohole, Aetherarten und Siiuren , dafs bei ihnen gleicher Zu- sammensetaungsdifferena eine gleiche Differens der speciflschen Volume allerdings entspre'cht , der Zusammensetzungsdifferenz C,H, die Differenz der spccifischen Volume = 22 ungefahr. Denn die Abweicliungen zwischen den Zahlen , welche hier- nach gleich seyn sollten , stellcn sich als unerheblich heraus, namentlich wenn man das oben (S. 7) iiber die Unsicherheit der Bestimmungen der specibchen Volume Gesagte beriick- sichtigt, und d a t bei diesen Vergleichungen sich oft alle Fehler, die den Bestimrnungen der specifischen Volume noch anhaften, auf diese kleinen Differenzzahlen werfen. Was P i e r r e ' s Bestimmungen angeht, deren Resultate an der Wahrheit des genannten Gesetzes zweifeln l ieken, so kommt

i2 K o p p , ilber die specifischm Volume

es mir nicht zu, zwischen ihremwerth und dem meiper Re- sultate zu entscheiden. Doch darf ich erinnern, dafs Irrthiimer in den Bestimmungen wohl wahrscheinlicher eine Regelmarsig- keit, wie sie hier doch wenigstens angezeigt ist, verdecken, als d a t sie so vorhanden seyen, um eine nicht existirende Regelmafsigkeit sich nur scheinbar ergeben zu lassen. Ich kann nicht glauben, dafs die Uebereinslimmung in den Zahlen, welche meine Bestimmungen als die der Zusammensetzungs- differenz C,H, entsprechende Differenz der specifischen Volume ergeben, auf zufalligen Fehlern in diesen Bestimmungen be- ruhe; ich darf eher annehmen , dak die Bestimmungen P i e r r e ’ s , welche dieser Uebereinstimniung widersprechen, fehlerhaft seycn , und dafs der Mange1 vollkommener Ueber- einstimmung in den nach meinen Versuchen sich ergebenden Zahlen eben auch darauf beruht , dars diesen Versuchsresul- taten gleichfalls noch Fehler , aber kleinere, anhaften. Ich darf noch hinzufugen, d a t in mehreren Fallen, wo zwischen den Resultaten P i e r r e ’ s und deli meinigen erhebliche Diffe- renzen bezuylich des Siedepunkts oder des specifischen Ge- wichts vorhanden sind , die neueren Versuche von Del f fs , welcher fur eine Anzahl Flussigkeiten gerade diese Eigen- schaften moglichst genau zu ermitteln suchte, fur meine Re- sultate und gegen die von P i e r r e sprechen. - Ich werde fur die folgenden Betrachtungen die von mir gefundenen specifischen Volume zu Grund legen.

Diese Bestimmungen gestatten , noch mehrere andere Beziehungen als richtig nachzuweisen. Bei dem Uebergang verschiedener Siiuren in die entsprechenden Methylverbin- dungen findet dieselbe VerPnderung des specifisclien Volums statt (diese Eigenschaft stets fur die Siedepurikte genommen); ebenso bei dem Uebergang in die entsprechenden Aethylver- bindungen. Die hierbei durch den Zuwachs von C,H, her- vorgebrachte Vergroberung des specifischen Volums ergiebt

flihsiger Verbindungen. i 3

sich wiederum gerade so groD (etwa = 221, wie vorher gefunden , niimlich aus der Vergleichung der specifischen Volume

von Ameisensaure und ameisens. Methyl 21,3 s Essigsaure u essigs. Methyl 20,4 D Buttersaure ?f butters. Methyl 19,5

~9 Anieisensaure n ameisens. Aethyl 21,5

n Buttersaure ~9 butters. Aethyl 21,5. 2) Essigsaure n essigs. Aethyl 22,o

Es geht hieraus schon hervor , dars die fruher geinachte Annahme , Fliisuigkeiten VOlb yleicher empirischer Formel aber ningleicher rationeller Constitutioid haben bei ihren Siedepunkten gleichs specifische Volume, sich hier bestiiligt. Mit dem Be- weis hierfur gebe ich zugleich, um Wiederliolungen derselben Zusammenstellungen zu vermeiden, die Anhaltspunkte fur die Bestatigung der fruher von niir ausgesprochenen Ansicht, aquivuleizte Gewichtsnaeiagel Suuerstoff und Wusserstoff konnen sich in tliissigen Yerbindim~en ohne erhebliche Voluinanderung wertretew Ich fand (fur die Siedepunkte) die specifischen Volume yon

Weingeist C,H,O, 62,2 Holzgeist C,H,O, 42,3 Rlethylather C,H,O, ? Ameiseusaure C,H,O, 41,8 Essigsaure C,H,O, 63,s

Ameisens. Methyl C,lf,O, 63,1

Propylallrohol C,H,O, ? Aethylinethylather C,H,O, ? Prop iomla re C,H,O, ? Ameisens. Aethyl C,H,O, 84,7 Essigs. Methyl C,H,O, 83,9

Arnylallrohol C,,,H,, 0, 123,3 Methylbutyliither ClollllOa ? Valeriausaure C,,H,,O, ? Butters. Methyl C,,H,,O, 126,3 Propions. Aethyl C,,H,,O, ?

Butylallrohol C,HioO, Aether C*H,,O, 1062 Methylpropylather C,H,,O, 7 Bnttersiiure C,H,O, i06,7 Essigs. Aethyl C,H,O, 107,4 Propions. Methyl C,H,O, ? Wasserfr. Essigsaure C,H,O, 109,9

Caproylallrohol CiaH,,Oa ?

ilethylanlylathcr C,,H,,O, ? Capr onsaure CixHisO, ? Butters. Aethyl Ci,H,aO, 149,7 Valerians. Methyl C,,HlaO, 149,6 Ameisens. Amy1 C,,Hl,O, ? Wasserfr.PropionsliureC,,H,,O, ?

Propylather C,lH,&Ol ?

i4 K o p p , Uber die specvschen Votume

Fur die in einer jeden Gruppe zusainmengestellten Fliis- sigkeiten sind die Unterschiede zwischen den beobachteten specifischen Volumen nur sehr kleine, und Gleichheit der spe- cifischen Volume ist mit grorster Wahrscheinlichkeit anzu- nehmen *>.

Ich habe hier den Flussigkeiten, deren specifische Volume bei den Siedepunkten ich oben als durch Beobachtungen ge- fundene zusammengestellt habe, noch einige zugefugt, welche mit den beistehenden voraussichtlich gleiches specifisches Volum theilen (die Zahl solcher Substanzen liefse sich noch vermehren durch Zufiigen aller metamerer Aether u. s. w.]. Das angegebene specifisclie Volum der wasserfreien Essig- saure bestimmte ich bei Untersuchungen, die ich noch nicht veroffentlicht habe; das untersuchte Praparat begann schon einige Grade unter dem erst spater constant werdenden Siede- punkt 137O,9 zu sieden, und dieser Gehalt an einer fluchti- geren und wohl auch stiirker ausdehnbaren Beimischung kann die Ausdehnung und daniit das specifische Volum fur den Siedepunkt etwas zu grofs ergeben haben.

Fur mehrere unter den andcrn noch angefuhrten Flus- sigkeiten, deren specifisches Gewicht heobachtet wurde , Iafst sich ein Beweis der Zulassigkeit der obigen Zusannnenstel- lungen wenigstens annahernd fiihren, indem man gleich weit von den Siedepunkten abstehende Teuperaturen als cor- respondirende hetrachtet, welche Annahme allerdings nur so weit der Wahrheit enfspricht, als das s. g. D a 1 t o n 'sche Gesetz, dars alle Flussigkeitrn bei gleich vie1 Graden unter

*) Es iet wohl xu beachten, dah gleiche Unsicherheit in den Bestini- mungen der specifischen Volume sich in uiii so grnheren Zahlen ausspricht, je grdfser die specifischen Volume selbst sind. Gleich grofse Verschiedenheit, eiwa 2 tlutiderttlieile betragend, zeigen z. S. die Zahlen 21,2 und 21,6, 53 uud 54, 107 und 109.

ftilssiger Verbindungen. 15

ihren Siedepunkten gleiche Spannkraft der Dampfe haben ; sie ist keineswegs richtig.

D a t eine Vergleichung der specifischen Volume streng genommen nur bei Temperaturen von gleicher Dampfelasticitat zulassig ist, z. B. bei den Siedepunkten, ergiebt sich schon daraus , daD alle Regelmakigkeiten, die nach dem Vorher- gehenden doch wenigstens wahrscheinlich sind, zurucktreten oder verschwinden , wenn man fur an'dere Temperaturen, z. B. fur absolut gleiche, die Vergleichung versucht. Be- trachtet man z. B. die specifischen Volume

bei 0' bei dem Siedepunlrt von Alkohol C ~ H e o s 56,8 62,2 (bei 78OI4)

11 ameisens. Methyl C,H,O, 60,l 63,l ( 9 1 33 ,4) 11 Essigsaure C,HAO, 55,5 63,5 ( s 117 $3)

yon Aether C,H,,O, 100,5 106,2 (hei 34OI9) n ButterePure C ~ H ~ O A 89,O 106,7 ( v 157 ,O) n essigs. Aethyl C, H,O, 96,7 107,4 ( a 74,3) n wasserfr. Essigsaure C8Hu0, 93,O 109,9 ( n 137 $9)

so ersieht man, wie sich von jenen Regelmakigkeiten bei der gleichen Temperatur 00 fast Nichts zeigt, wahrend bei den ungleichen Siedepunkten , wo die Warme gleiche Wirkung auf die verschiedenen Fliissigkeiten ausiibt , die einfachsten Beziehungen hervortreten. Vergleicht man die specifischen Volume fur Temperaturen, welche gleich weit von den Siede- punkten abstehen, so treten die Regelmatigkeilen auch noch deutlich hervor. (Die specifischen Volume der auf ihre Aus- dehnung untersucliten Substanzen sind hier nach den yon mir dafur gefundenen Ausdehnungsformeln fur Temperaturen be- rechnet, die eben so weit von den Siedepunkten abstehen, als die Beobachtungsteniperatur des specifisclien Gewichts urid damit des specifischen Volums einer antleren Fliissigkeit von dem Siedepunkt der letzteren absteht.)

Buttersaure C,H,O, 94,6 bei + 57O,O (looo unter d. Siedep. 1570,O) Essigs. Aethyl C,H,O, 93,G 71 - 25 ,7 ( o v 1) #I 74 ,3) Wasserfr.Essigs. C,H,O, 96,9 11 + 37 ,9 ( n n n s 137 ,9)

Es sind die specifisclien VoIunie von

46 K o p p , uber die specifischen Volume

FBr den Aether ware das apecifische Volurn hei 34,9 - 100 = - 650,i LU berechnen, bis zu welcher niedrigen Teinperatur aus dern, was uber die Ausdehnung des Aethers belraunt ist, nicht geschlossen werden kann. Aether C,H,,O, 100,5 hci 0' ( 34",9 uiiter d. Siedep. 34',9) Butterssure C,H,O, 102,O $5 +iZZ ,I ( v >) n 9 ) 157 ,O) Essigs. Aethyl C,H,O, 101,9 1, + 39 ,4( 97 31 n 9 74 ,3) Wasserfr.Essigs. C,H,O, 104,9 +I03 ,0( n n n n 137 ,9)

Arnylalkohol CloHlaOa 104,O bei- 27",4 (158O,5 unter d. Siedep.131°,1) Valeriansaure C,,H,,O, 108,9 9) + 16 ,5 ( 9, I) 9, n 175 )

Das specifische Voluni der Valeriansaure ist nach Dunias' Beobach- tung den specifischen Gewichts, 0,937 bei 16015, herechnet. Das specifische Volum des buttersauren Methyls CloIlloO, lrann fur eine so niedrige Tem- peratur, wie 95,9 - 158,5 = - W , 6 , aus dern, was iiher die Ausdeh- nung dcsselhen belrannt iat, nicht wohl hercchnet werden. Caproy~alkohol C,,H,,O, 122,5 bei 0' (154O unter d. Siedep. 154' ) Butters. A e J y l C,,H,,O, 122,6 9 ) - 39 ,2 ( n v n 33 114 ,8) Valerians. Methyl C,,H,,O, 123,5 17 - 37 ,8 ( 77 5 ~t o 116 ,2)

Caproylalkohol C,,H,,O, 135,3 hei 100° ( 54" unter d. Siedep. 154" ) Butters. Aethyl C,,H,,O, 138,4 17 + 60 ,8 ( I) 19 n w 114 ,8) Valerians. Methyl C,,tI,,O, 138,7 $9 + 62 ,2 ( n n 17 I) 116 ,2)

Die specifischen Volume des Caproylalkohols fur 0 und 100" sind be- rechnct uach F a g e t's Angabe, dafs das specifische Gewicht desselben bei dieaen Temperaturen 0,833 und 0,754 sey. Fur den Siedepunlrt des Cs- proylalkohols giebt F a g e t 148 bis 154O a n ; ich hahe, vom Weingeist aus reehnend, dafiir 154 = 78 + (4 X 19) angenoinmen.

Ameisens. Amy1 Cl,HllO, 132,7 bei + 21" (95"unter d. Siedep. 116' ) Butters. Aethyl C,,H,,O, 131,4 b + 19,8 ( v 1) n n 114 ,8) Valerians. Methyl C,,H,,O, 131,s ,, + 21 ,2 ( ,, ,, n 116 ,2)

Das specifische Volum dcs arneisens. Arnyls ist berechnet nach meiner Beohacbtung des specifischen Gewichts 0,8743 bei 21' ; der Siedepunkt demlben liegt nach rneinen Versuclm gegen 116O.

Die vorstehenden Zusammtnstellungen bestatigen zunachst, d a t man keinen grofsen Fehler begeht, wenn man die spe- cifischen Volume fur Temperaluren vergleicht , die nur yon den Siedepunkten gleich weit abstehen, stat1 bei solchen, bei melchen die Spannkraft der Datnpfe der verglichenen Flussig- keiten geiiau gleich ist. Der Einflufs der Vergleichung bei jenen nur annahernd correspondirenden Temperaluren wiirde ohne Zweifel deutlicher hervortreten, wenn die specifischen Volume

Piissiger Vet.blnndungerr. i?

fur die Siedepunkte selbst genauer bekannt wiiren; es wiirde sich dann gewifs durch die Vrrgleichung der specifischen Volu~rte bei den Siedepunlrlen eiiie aufl'allcnd griifsere Ueber- eitistimtnung ergeben , als durch die Vergleichung bei jeilen nur annlhernd correspondirenden Temperature;i. Jetzt noch wird der EinfluTs dcr Fehlerquelle, welche in der Verglei- chung bei den lelzteren liegt , haufig ganz iiberwogen durch die Unsicherheit , niit welcher die specifischen Volume iiber- haupt beslimnit sind.

Es rechtfertiyt sich aber auch, daTs in die Zusammen- stellung S. 13 die dort genannten Flussigkeitcn aufgenommen wurden, deron specifische Volume ffir die Siedeputilite noch nicht bestitnrnt sind. Es bestltigt sicli, dufs it8 allen diesen Fullen Fliissigkei&en von derselben emnpirischen Formel , ohne Riicksicht auf die rationelle Constitution , gleiche specijfsche Volume bei correspondirenden Tetriperaturen habeir, u,nd dafs Fliissigkeiteir, woo in der eitten Sauerstoff an der Stelle einer iiquivalenten A h g e Wasserstot itr der aiidern enthalterr ist, niindestens iiaheau dasselbe , toenrr 'tiicht das gana gleiche spe- rifische Vohm zlukommt.

\'on den Resultaten nieiner friiheren Untersuchungen haben sicli soniit die S. 5 f. unter I ) , 2) und 4) genannten soweil, als erwartet werden konntc, dils unter 3) arigegebene grofsen- theils bestlligt. Es bleibt noch die Priifung der Frage, ob wirklicli das specifische Volutn desselben Elenients i n allen Fliissigkeitcn bei* correspondirenden Temperaturen als gleich grors snzunehrnen sey , und ob das specifische Volum einer flussigen Verbintlung einfach durcli die Sumnie der specifi- scheri Volume der Beslandlheilc ausgedrkkt sey. Die Prufullg diesel Annahnien , welclie der friiheren enipirischett Kenntnih der specilischen Volume der Fliissigkriten entsprachen, dnrch die in letzterer Zeit grwonnenen gi?tiaiif'reii Bcstim~nungen

.4nnal. 11. (>Iieiu. i t . l ' l i i w i i . X C I I . Hd. 1. Heft. 2

18

ist fur die Theorie der specifischen Volume der Fliissigkeiten ein Capitalpunkt.

Die bisher als bestiitigt hesprochenen Regelmiifsigkeiten, welche sich in derselben Weise bei den verschiedenartigsten Verbindungen nachweisen Iassen, schienen unbedingt fur diese Annahme zu sprechen. Fur diese Arinahme scheint eine weitere Uriterstutzung darin zu liegen , dafs z. B. die Sunime der specifischen Volume (bei den Siedepunkten) des Aethers C,I-I,O (gefunden 53,1) und des Wassers HO (gefunden Y,4) allerdings detn specifischen Voluln des Weingeists C,H,O, (gefunden 62,2; 53,1 + 9,4 == 62,5) gleich ist.

Es liifst sicli indefs zeigen, dafs mehrere der oben aus ineirien Versuchen abgeleiteten specifisclien Volume von Flus- sigkeiteii (fur die Siedcputikte der lelzleren] der Ansicht widersprechen , das spocifisclie Yolum einer Verbindung C,H,O, sey ausgedruclit durcli x c f y h + z 0 , wo c , h und o die specifischen Volume bedeuteii sollen , inii welchen Kohlenstoff, Wasserstoff und SauersioIF in solchen Verbindun- gen bei den Siedepunkten derselben enthalten sitid.

Nach dieser Forniel sollte das specifische Voluin einer Verbindung C,H,O, geracle die Hllfte seyn von den1 einer Verbindung C3xH2y02z. Es sollte allgemein das specifisclie Voluin einer Verbindung gleich seyn der Summe der specifischen Volume zweier andern, wenn die Formel der ersteren die Sumrne rler Formeln der beiden anderen ist. Es ist aber (fur die Siedepunktc?)

K o p p , uber die specifischen Volume

(Sp. Vol. des Aldehyds C,H,O, = 5G,9) X 2 = 113,9 Sp. Vol. des essigs. Aetllyls c, Ii, 0, . . . . . . 107,4 Sp. Vol. der Buttcislure C,H,O, . . . . . . 1OG,7

C,H,O, = 77,4) X 2 = 154,8 Sp. Vnl. des butters. Aetliyls ~ 1 2 ~ 1 , , ~ , . . . . . 149,7 S p . Vol. des valerians. Metl~yls C,,H,,O, . . . . . 149,G

. - . 134,3 Sp Yol. des Aldrliyds

Sp. Vo I . drs Ijutte1.s. M ~ I I I J I I C ,oHI,O, . * . * . . 1W3.

IS^. \'nl. des Acetons

C,H,O, = 56,9/ Sp, Vnl. rlcs ace to^^ C , , I l ~ O , = 77,4) -

fliissiger Verbirrdungeti. 19

Hier zeigen sich so grofse, u n d stets i n denrselben Sinne gerichtete Differenzen, dafs icli sit. nicht auf Rechnurig von Beobachtungsfchlern schrciben kann *I. Es scheint vielmehr liieraus hervorzugehen , dafs man bei der Vergleichung der specifischen Volume VOIL Flrissiykeiten nur die durch die wirk- lichen Aequivalentgewicl~te erfullten Ratme, nicht Multipla der- selbeid, vergleichen darf, und wenn das der Fall ist , rids die das Gegentheil ausdriiokende Fornirl I c + y 14 + z o fur das specifische Volum einer Flussigkeit C,H,O, unstatthaft seyn.

Nach dieser Erkenntnifs kann es nicht wundern, dafs tlas specifische Volum des Aethers, letzterer als C,H,O befrachfel, nicht gleich ist derii des Aldehyds C,H,O, (ersteres ist 53,1, letzteres 56,9), obgleich in so vielen Fallen bei Vergleichuiig von Verbindungen, deren eitie Sauersloff an der Stelle einer aquivalenten Gewichtsmenge Wassrmtofl in der anderen ent- halt, sich .wenigstens sehr annahernde Gleichheit des specili- schen Volums zeigte (S. 13). Denn f i r die Verbindungen, welche diefs ergaben, wurden die Volume wirklich aquivalen- ter Gewichtsmengen verglichen ; es ist aber das Aequivalent- gewicht des Aethers, vergliclien mit dem des Aldehyds C,M,O,, nach den neueren Untersuchungen durch C,H,,O, ausgedruckt, nnd es durfte nicht die Hidfte drsselben hin- sichtlich der Rauinerfullung- mit dern specifischen Voluni des Aldehyds C,H,O, vFrglichen werden. - Die Beziehung zwi- schen den specifischrii Voluriien des Wassers, Aethers u n d Weingeists, welche S. 18 angefuhrt wurde iind dem eben

*) D a t die gefundenan specifischen Volume des Aldehyds und des Acetons nicht weit von der Walltheit entl'ernt seyn lciinnen, gelit darniis hervot, d d u ilire Ditfetenz , 20,5, tier fur die Zusitrniiien- setzungsdiffeitnz C:211, nacligewiesenen (vargl. S. 10 f.) fast genaii entspriclrt. Uelirigens kind nuch P i e r t e fur ths spi:t:ifisclie Volunr des Alde11yd.i liei tleni Sit:dcpunlrt tlcsaellien genaii die von i t l i t er- hnllene ZHtIi.

2 *

20 K o p p , iiber die speclftschen Volume

Gesagten zu widersprechcn scheint, thut die& nicht; es wird S. 24 angegeben, wie sich jcne Beziehung zwischen den specifischen Volutnen des Wasscrs , Aetliers und Weingeists fur die riclitigen Aequivalentgewiclite tlieser Substanzen ausdruckt.

Man kann nacli dem, was eben angefuhrt wurde, vor- aussehen, dafs der Versuch niifslingt, fur die Formel

Spec. Vol. = x c + y h + z o Werthe von c, h und o zu finden, welche die bei den neue- ren scharferen Bestimmungen erlialtenen specifischen Volume der Verbindungen C,H,O, n i t hinlanglicher Genauigkeit aus- driicken , wenn auch jene friiheren Unlersuchungen dieses lioffen liefsen. Wird h = o gesetzt, so bestiinmen sich ails

den1 specifischen Volutn des Wassers HO = 9,39 h und 0,

die Volume niit welclien H rind 0 i n Verbindungen bei dcn Siedepunkten dersclben enthalten sind, = 4,7. Fur c unter denselben Uinstiinden findet tnan dann nach den i n der Ta- belle S. 9 angegebenen, aus nieinen Beolraclrlungen folgenden specifischen Volumcn aus vieletr Fliissiglieiteii sehr iiberein- stinimende Werlhe, aus dcni specifischcn Volinn dcs Alkohols z. B. c = 6,15, aus derii des Acthers = 6,225, aus den1 der Essigsaure = (445, aus den1 des essigs. Acthyls = 6,38 u. s. f . , aus der so zahlreich beobachteten, der Zusammen- setzungsdilferenz C,H, entsprechenden DilTerenz der specifi- schen Volume = 22 c = 6,3; aber andere Verbindungen geben sehr abweichende Werthe. So findet man c nach diesen Voraussclzungen aus dem spccifischtn Voluni des Acetons = 6,63, aus dem tlcs Aldehytls = 7,17, aus den1 des Benzols = 5,65. - Gehl inail dwon aus, dafs das specifische Yolutt: der Atomgruppe C,H, = 22 sey, SO findet man fur o aus dem specifischen Volunl der Essigsaure den Wertli 4,86 (nahazu wie cr obrn ails d m spccifischen Vo- tun: drs Wassers al)gr.liitnt wiirde), aber AUS dein tlrs

fliissiger Vrrbinrlnitgen. 21

Aldehyds den Werth 6,45; ans dem des Benzols den Werth yon c = 5,O.

Ich murs somit, so lange nicht die ails meinen Beobach- tungen hervorgehenden specifischen Volume der lelzteren Substanzen als unrichtig nachgewiesen sind, von der An- nahtne abstehen, das specifische Volum einer flussigen Ver- bindung sey einfach ausgedruckt durch die Sunime der spe- cifischen Volume, niit welchen die Bestandtheile darin enthalten sind , und bei correspondirenden Temperaturen kotnme dem- selben Element in allen fliissigen Verbindungen dasselbe specifische Voluin zu. Ich mufs davon abstehen, wenn auch fur die grofse Mehrzahl der fliissigen Verbindungen diese Annahine statthaft zu seyn scheint, und zu ihrer Aufrecht- haltung nur wenige Beobachtnngsresnltate ignorirt oder als unrichtig betrachtet zu werden brauchten.

Mit dem Aafgeben dieser Annahme verliert ,nun aller- dings das Probleni, die specifischen Volume in der Art zu erforschen, d a k fiir j e d e aus gewissen Elenlenten in bekann- tem Verhaltnifs bestehende fliissige Verbindung sicli das specifischc Volum (zunaclist fur den Siedepunkt) voraus be- stimmen lasse, sehr an Wahrscheinlichkeit geliist zu werden. Ich bin init der Forlsclzung dcr Untersuchungen hieriiber noch beschaft,igt; namentlich ist es nUthig, fiir eine noch vie1 griirsere Zahl yon Verbindungen das specifisdie Volum fur die Siedepunkte genan zu erniitteln, und wahrend es im An- fang ratlisam erschien , aus verhaltnifsrnlrsig wenig Klassen von fliissigen Verbindungen viele Glieder zu untersuchen, ist es jetzt meine Aufgabe, fur moglichst viele Klassen von Ver- bindungen einzelne Reprasentanten z u untersuchen. Aber solchc Arbeiten gehen langsam vorwiirts, und fur den Ein- zelnen ist es schwierig, solche Bestimniungen , wo nur Eine Zahl das Resultat langwieriger Untersuchnngen ist, in g r o k e r Anzahl auszufiihren.

22 K o p p , uber die specipschen Volume

Ich will noch Einiges daruber hinzufugen , wie ich zu berichtigteren Ansichten uber die specifischen Volume flussiger Verbindungen zu kommen suchte. Das Resultat dieser Unter- suchungen ist nicht ohne Interesse ; doch hat es nicht die Sicherheit, welche der Liisung des Problems zukame, wenn dimelbe mir in der friiher gehofften, oben aiigegebenen Weise geluirgen ware.

Da das Zweifache des specifischen Volunis einer Verbindung C,H,O, mehr betragt, R I S das specifische Volum eirier Verbindung C2,H502, (vergl. S. i8), so kiinnte es seyn, dafs die Formel fur das specifi- sche Voluin aufsser x c + y h + z o noch etwas enthielte, desseri Verdopplung das Product griirser werden liefse , als das der Verbindung C ~ ~ H 2 ~ 0 2 , zustehende specifische Volum ist. Es liefs sich die Verrnut,hung nicht von vornherein ver- werfen , das specifisclie Volum einer Verbindung sey ausge- druckt diirch eine Conslante + der Sumnie der specifischen Volume der Beslandtheile, nanienllich da dann dieselbe Formel fur alle drei Aggregatzustande gelten wiirde. Wenn A, B, C . . . . die cliemischeii Zeichen von Elementen, a, b , c . . . , die specifischen Volume derselben bedeuten , so ware nach dieser Verinuthung fiir eine Verbindung AXByC, . . , , ,

Spec. Vol. = Const,. + x a + y b + z c . . . ., und in den festen Korpern ware der Werth der Constante sehr klein, in den flussigen Korpern ware er bestimnibar, in den gasformigen ware e r iiberwiegend grofs gegen den der andern Glieder x a + y b + z c . . . . . , so dafs diese letz- tern ganz dagegen verschwanden und sich danach erklarte, wekhalb durch aquivalente Gewichtsmengen gasfiirmiger Ver- bindungeri unter denselben Umstanden derselbe Raum (der durch die Constante gegebene) erfiillt wird. Dieser Idee fehlt, um recht plausibel zu seyn, nur der Beweis der Wahr- heit, und den kann ich nicht fuhren. Fur einen solchen

Eine Betrachtungsweise lag iiahe.

/ltissiger Verbindungen. 23

Beweis ware etwas gethan, wenn sich nacli obiger Formel, durch passende Annahme Eines Werths fur die Constante und bestimmter Werthe fur die specifischen Volume tles Kohlenstoffs, Wasserstoffs und Saoerstoffs, alle specifisclien Volunie von fliissigen Verbindungen C,H,O,, die ich als wenigstens ziemlich genau bestimtnt lietrachten mufs, inner- halb der Grenzen der muthmafslichen Unsicherheit der Be- obachlungsresultate mit diesen iibereinstinrmend ableiten liefsen. Aber das gelingt nicht; es lassen sicli mittelst dieser Formel zwar die specifischen Volume einer grofseren Zahl von flus- sigen Verbindungen in liinliinglicher Uebereinstirnmung mit den aus den Beobnchtungen sich ergebenden ableiten, als mittelst der Formel : Spec. Vol. = x Q + y b + z c . . . ., aber nicht die von allerr genauer untersuchlen. Und letz- tcres iniifste der Pall seyn, wenn icli die eben besprochene Betrachturigsweise als hinliinglich unterstiilzt betrachten kiinntet Fiir die Constante in verschiedenen Reilien fliissiger Verbin- dungen verscliiedenc Wertlie anzunehnren , darf man nicht versuchen, denn d a m kann man Alles erkliiren, jede falsche und jede walire Zalil fur ein specifisches Volum, und die Lo- sung des Problems versuchte niaii dann durch Rechnen mi Gleichungen, die nur unbestimmte seyn konnen.

Wenn so die Liisung eines Problems, das midi seit Jah- ren stets wiederholt bescliiiftigt hat, weiter in die Ferne ge- riickt erscheint, als es mir friiher zii liegen scliien, so bleiben doch die einzelnen Regelniiifsisigkciten in den specifischen Vo- lirinen, die ich oben hervorhob und die sich in iihnlicher Weise noch weiter verfolgen lassen, genugend bewiesen. Es lassen sicti auch sammtlichc von mir festgestellte, in der Tahelle S. 9 angefiihrten specifischen Volunie unter einem gemeinschaftlichen Gesichtspunkle msammenfassen, nur nicht unter einem von den jeweiligen, der Natur der Sache nach wechselnden , Ansichten iiber die rationelle Constitution der

24

Verbindungen so unabhangigen , wie ich ihn aufgefunden zu haben fruhcr verrnuthen durfte.

Unter deli oben zusainmengestellten Kiirpern zeigten sich das Aldehyd, das Aceton, das Benzol uiifugsam, sich, wenn nur die empirische Formel berucksichtigt wurde, init den an- dern gerneinsam betrachten zu lassen. Wasser, gewohnliclier Aether, Sauren C,H,04, Alkoliole, s. g. zusainrnengesetzlc Aether C,H,04 eeigten sich einer geineinsamen Bctrach- tungsweise zugiinglich. Nach den Ansichten G e r h a r d t ’ s und W i 11 i a ins o ti’s, welche unlaugbar wichtige Beziehungen der organischen Verbindungen unter einander in einfachster Darstellung iiberblicken lassen , gehoren alle diese letzteren Iiorper dernselben Typus, Wasser H,O, an, nnd leiten sich ab von ihm durcli tlieilweise oder durch vollstiindige Ver- tretung des Wassersloffs im Wasser durch Atomgruppen.

Folgen wir diesen Ansichten, so stellt sich Vieles sehr einfach dar, und die friiher aufgefnndenen Kegelmlfsigkeiten in den specifischen Volunien flussigcr Verbindungen leihen sich ubcwichtlicher Darstellung. Wird in1 Wasser H,O, [sp. Vol. 18,8 bei dein Siedepunkt) 1 At. Wasserstoff durch Aerhyl C4H, substituirt , so erfolgt cine VoluaivergriiTserung um etwa 44 (sp. Vol. des Weingeists C4H,0, fur den Siede- punkt gefunden 62,2; 18,8 + 44 = 62,s). Wird auch noch das zweite Atom Wasserstoff durch Aethyl substituirt, so tritt gane dieselbe VoluinvergroTserung ein (sp. Vol. des Aethers C,H,,O, fur den Siedepunkt gefunden 106,2; 62,2 + 44 = 106,2).

Aehnliches gilt fur die Ableitung der specifischen Volume der Sauren C,H,04 und der entsprechenden s. g. wasserfreien Sauren , in welchen nacli jenen Ansichten Atomgruppen, als den Wasserstoff des Wassers theilweise oder ganz vertretend, anzunehmen sind , deren allgemeine Formel C;H,-,O, ist. Nach dem S. 13 Angefuhrten wiire anzunehmen, in den

K o p p , uber die spec@cken Volume

fliissiger Verbindmgen. 25

Alkoholradicalen Methyl C,H,, Aethyl C4H6 . . . . . nehmer. 2 At. Wasserstoff wenigstens sehr annahernd denselben Rauin ein, wie 2 At, Sauerstoff in den Sanreradicalen Formyl C,HO,, Acetyl C,H,O, . . . . ; den Alkoholradicalen C,H,+, ware glci- ches specifisches Volurn beizulegen wie den Saureradicalen C,H,-,O,. Einem Mehrgelralt der Formel an C,H, entspricht bei den Alkoholradicalen wie bei den Saureradicalen ein Grofserseyn des specifischen Voltinis urn etwa 22 (vergl.

In den Sauren C,H,04 ist nach diesen Ansichten der Saoerstoff in zweierlei Form enthallen : 2 At. desselben im Radical, welches an dcr Stelle von 1 At. Wasserstoff im Wasser steht; 2 At. an der Stelle, wn der Sauerstoff im

M’asser i 0 2 steht. Im Aldehyd, in] Acelon ist kein Sailer-

stoff in letzterer Form enthallen ; das Aldehyd ist nach Ger-

s. 10 f.).

C H O h a r d t ’ s Ansichteii 4Hs I, das Aceton C4H302. C,Hs

Rehmen wir aus meinen Bestiiiiinuiigeii fur das specifische Volnm des Weingejsts (beim Siedepunkt 62,2], der Essig- satire (63,5) und des ameiseiis. Melhyloxyds (63,1) das Miltel (63,O) als das der Wahrlieit aiii nachstcn koinmende specifische Voluni diescr drei Subslanzcn, wozu die S. 13 zusammengestellten Vergleicliungen Grund hieten durften. Es ist dann das specifisclie Volurn

der Essigsiiure cd2020, = 63.0

und das des Aldehyds C4Hs02 = 56,s.

So ergiebt sich die Differenz 6,2 als das spec. Volurn fur die 2 At. Sauerstoff, die den Platz einnelinien, welcher dem SauerslolT im Wasser zukoinnit. Die 2 At. Wassersloff im

Wasser HO, (spec. Vol. 18,8] rrfullen dann den Rauin 18,8

- 6,2 = 12,6, jedes einzelne den Rauin 6,3.

H

26 K o p p , iiber die specifischen Volume

Darauf hin, daTs i] 2 At. Sauerstbff irn Wasser den Raurn 6,2 erfiillen, 2 ) 1 Al. Wasserstoff den R a m 6,3, 3) dew Zutreten von C,H, eino Vergroherung der Raumerfullung iiin etwa 22 entspreche, 4) ein Radical C,H,IOI denselben Raurn erfulle wie ein Radical C,H,+I - wo die Feststellungen 3) und 4) der Ausdruck directer Erfahrungen sind, nur bci 4) in die Sprache der G e r h a r d t - W i l l i a m s o n ' s c h e n An- sichten ubersetzt - kann nian sich folgende Vorstellung da- von machen , welchen Antlieil die naheren Bestandtheile der unserer Betrachtung eben unterliegenden Verbindungen an der Raumerfiillung haben, welche (lurch iiyuivalente Gewichts- mengen der letzteren bei den Sicdepunkten derselben be- wirkt wird,

Specifisches Voluni berechnet 8 6,2 = 18,8

'2; 6,2 = 40,8

28,3 6,3 6,2 = 40,8

'2; 6,2 = 62,s

?073 30,3 6,2 = tO6,E)

':! 6,2 = 62,8

Wasser . . . . . .

Holzgeist

Ameisensaure . . . . Weingeist . . . . . C,H H)O,

Aether . . . . . . :p. Essigsb'ure . . . . . 6 A ~ 1 0 ~ o ,

;(A . . . . . c, HIO, H

CIHoaO, H

Wasserfr. Essigsaiire . C,li,O, c , l l ; o , O ~ :::$ 6,2 = I W 8

G"fL() 11,":; ( j 2 = 128,s I1

I f 6,3

Aniylalkohol . . . . Buttersaure . . . .

Anleisens. Methyl . . .

CsH,O,O, 9493 6,2 = 106,t(

Gill CaHosO, ig 6,2 = 62,8

C,HO, 28 3

c Ii 0 Essigs. Methyl . . . . h,fij'O,

Essigs. Aethyl . . . . C4H10'0, C,H,

C, H, Butters. Methyl . . .

Auieisens. Aethyl . . . 0, 50:3 692 = 8498

i:; 6 4 = 8 4 8

:$ 6,2 = 106,8

CnH70y0, ;A;$ 6,2 = 128,8

beobachtet

18,8

42,3

41,8

63,2

106,2

63,4

109,9

123,3

106,7

63,1

84,7

83,9

107,4

126,3

flussiger Verbindungen. 27

Specifisches Volnm berechnet beohachtet

C H O :::$ 6,2 = 150,8 149,7 Buttere. Aethyl . . . l?,fy01

Valerians. Methyl . . . ‘‘$i:O, ‘il’ 6,2 = 150,s 149,6

Aldehyd . . . . . . Aceton . . . . . Benzol . . .

C,H,O, H

50,3 6,3 = 56’6 56,8

96,O. . . . Aus der Bestimmung des specilischen Volums der Atom-

gruppe C,H, zu 22 und des von H zu 6,3 folgt das von C (iamer fur den Siedepunkt der Verbindungen) zu 4,7 ’:). Es ist auf weitere Berechnungen mit diesen Werthen zunachst noch weriig Werth zu legen, wenn die Annahrne einmal ge- macht ist, dasselbe Element kiinne (wie oben der Saucrstoff) mit verschiedenen specifischen Volumen in Verbindungen ein- gehen. Doch mag hier angefuhrt werden, dafs nach diesen specifischen Volumen fur C und H sich tlas specifische Volum des Benzols C,,H, z u 12 X 4,7 + 6 X 6,3 = 94,2 berech- net, dem aus den Beobachtungen sich ergebenden, 96,0, sehr nahe kommend. (Darauf hin ist das Benzol in die obige Zu- sanimenstellung aufgenomnien worden.) Es kann diefs ver- niuthen lassen, d a k auch in Radicalen von anderer Form, als C,H,+, und C,H,-lOl fur die Siedepunkte der dieselben enthaltenden Verbindungen das specifische Voluni von C durch 4,7, das von H durch 6,3 ausdruclibar sey ; cine Vermuthung, die weilerer Prufurig bedarf.

Die aus P i e r r e’s Bestiinmungen folgenden specifischen Volume schliefsen sich vielfach den oben berechneten ebenso

*) Nach der ohigen Betrachtung stehen die specitischen Volume, welche dent Sauerstoff, dem KolilenstolF und detn Wasserstoft‘ zukoititnen, uater sich in einfachen Verhaltnissen. Ob das etwas wesentliches ist, kann erst nnch der Untersuchung von Verbindungen, die nocli andere Elentente enthalten, entschieden werden.

20 K o p p , uber die specifischen Volume

genugend an , als die von mir gef'undenen; wo diefs nicht der Fall ist, liegt, wie ich S. 11 f. gezeigt habe, der lrrthunl walirscheinlich auf Seiten von P i e r r e ' s Resultaten. Unter den Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, welche e r untersuchte, ist es nur das Tereben, uber welchcs ich nicht such Vcrsuche angestellt habe. Was in der neue- ren Zeit uber das Terpentiniil und seine Derivate bekannl geworden ist, liifst diese Verhindungen nicht als geeignet er- scheinen, Anhaltspunkte fur die Unterstutzung oder Wider- legung einer Betrachtungsweise , wie die dargelegte , abzu- geben; die Eigenschaflen ties s. g. Terebens namentlich sind von verschiedenen Beobachtern sehr verschicden gefunden worden,

Es stellte sich hier heraus, dafs nach den G e r h a r d t- W i 11 i am s o n'schen Ansich ten uber die Constitution der or- ganischen Verbindungen sich die specifischen Volume einer Anzahl Flussigkeiten in genugenderer Uehereinstimmung niit den aus den Versuchen hervorgehenden Zahlen darst.ellen lassen, als wenn nur die empirischen Forineln derselben be- rucksichtigt werrlen. Damit ist liein entscheidender Beweis fur die Richtigkeit jcncr Ansichten gegcben *), wohl aber gezeigt , dafs sicli nach ihnen nicht nur die Beziehungen im chemischen Verlialten , sondern auch die in einer physikali- schen Eigenschaft, der Raumerfullung Squivalenter Mengen iin fliissigen Zustand , den Erfahrungen entsprechend uber- sichtlich darstellen lassen. Es ist auch niclit gesagt , dafs nicht nach anderen Ansichten iiber die rationelle Constitution jmer Flussigkeiten sich dasselbc , wie fiir das chemische

*) Es ware von Interesse, die specifischen Volunie von Verbindungen zu vergleichen, welche verschiedenen Typen angch6ren und von denen eine Sauerstoff an der Stelle einer aquivalenten Menge \Tas- serstoff in der anderen enthalt. Alle S. 13 in dieser Reziehung verglirhenen Substanzrn gehoren dertiselben Typus an.

fltissiger Verbindungen. 29

Verhallen, so auch fur dic specifischen Volume, leisten lasse; hervorheben will ich inders , dafs die obige , den Versuchs- resultaten sic11 so nalie anschliefsende Betrachtungsweise der specifischen Volume wesentlich involvirt , in den Sauren CnHn04 seyen von den 4 Sauerstoffatomen 2 in einer andern Form, nanilich mit einem andern specifischen Volum begabt, enthalten , als die beiden andern.

Es mag hier, wo ich nach lingerer Zeit die Veroffent- lichung von Untersuchungen uber die Abhangigkeit des spe- cifischen Gewichts von der Zusanimensetzung wieder beginne, noch ein Wort gestatlet seyn uber das Wesentliche der Re- gelmafsiglieiten, die in dieser Beiiehuiig sicli hernosstellen.

Diese Regelmafsigkeiten sind theils ganz geleugnet, theils in ilirer Bedeutung uberschatzt worden. Ich glaube, dafs sie mit dcrsclben Sicherheit nachgewiesen sind , wie irgcnd eine Beziehung zwischcn einer physikalischen Eigenschaft , der Ihystallform z. B . , und der Zusammensetzung, dah aber auch bis jetzt fur sie kauni niehr init Sicherheit erkannt ist, als hinsiclitlich der letzteren Beziehnng. U n d ganz dasselbe sclieirit niir fur die Regelnilkigkeiten der Fall zn seyn, welclic ich bei der Vergleichung der Siedepunkte rnit der chemischen Znsaminensetzung gefunden.

Wenn es noch nichl gelnngeii isl, aus dem, was tnan iiber dic chemische Zusaitii~iensetzung einer Substanz weirs, ihr specifisches Gewicht oder ihren Siedepunkt in allen Fallen genau vorilus zu bereclirien, so ist man defshalb doch nichl weniger weit in der Kenntnifs der Abhangigkeiten der letzteren Eigenschaflen von d w Zusammenselzung, als in der Kenntnik, wie die Krystallform von der Zusamniensetzung bedingt ist. Man kann auch nicht fur jede Substanz die Krystallform aus d i m , was ubrr die Zusammensetzung bekannt ist, ahleiten.

30 K o p p , idber die specifischen Volume

Bei der Vergleichung der specifischen Volume, der Siedepunkte mit den chemischrn Formeln ergeben sich ge- wisse Regelmafsigkeiten , gleiche Dilferenzen jener Eigen- schaften fur gleiche Dilferenz der Zusammensetzung. Bei dcr Vergleichung der Krystallformen rnit der chemischen Zusam- mensetzung ergab sich eine ahiiliche Regelmakigkeit, anna- hernde Gleichheit jener Eigenscliaft bei Bhnlicher Zusammen- setzung. Die eine wie die andere Erkenntnifs gestattet Vorausbestimmungen. Dafs sich in den Reihen der Alkohole, der Sauren und Aether C,H,O., und einer Menge von anderen Reihen solche Vorausbestimmungen des Siedepunkts mit grofser Sicherheit machen lasscn , betrachte ich als erwiesen; dars fur die specifischen Volume noch mehr erlangt ist , scheint mir aus dem Vorstehenden hervorzugehen und die Zusam- menstellungen S. 13 dafur ein schiines Beispiel abzugeben. Auch auf die Krystallforni einer Verbindung kann man, wenn analoge Verbindungen bekannt sind , schliefsen. Aber fur alle diese Beziehungen wird das Stattliaben der Gesetzmafsig- keit nicht dadurch widcrlcgt , dafs sie in einzelnen Fallen nicht in der vorhergesehenen Weise eintrifft. Es ware ein weiterer Beweis fur den Isomorphisinus, den man fur Silber und Natrium annimmt, wenn auch die salpetersauren Salze beider Metalle isomorph waren; aber es ist nicht der Fall. Es ware ein weiterer Beweis, wenn die schwefelsauren Salze aller als isomorph betrachteten Metalle mit 7 Aeq. Wasser isomorph waren; aber diese Salze krystallisiren in drei ver- schiedenen Systemen. Ware das chromsaure Bleioxyd iso- morph mit dem wolframsauren und dem molybdansauren, so wdre das eine neue Bestatigung der Lehre vom Isomorphismus; es ist nicht der Fall, aber diefs hebt nicht auf, dafs in andern Fallen, im Wesentlichen, die von M i t s c h e r 1 i c h ent- deckte Beziehung zwischen Krystallform und Zusammensetzung existirt.

flidssiger Verbindungen. 31

So auch, wenn z. B. zwei Iiiirper fur eine bestimmte Zusatnmensetzungsdifferenz eine andere Siedepunktsdifferenz *) zeigen , als sich fur dieselbe Zusammensetzungsdifferenz bei Vergleichung anderer Substanzen in vielen Fallen ergab, ist damit nicht bewiesen, dals nicht diese Beziehung zwischen Zusarnrnensetzung und Siedepunkt im Wesentlichen doch existire.

Die Lehre vorn Isomorpliisnius , dafs iihnlicher atomisti- scher Zusammensetzung lilufig nahezu gleiche Krystallform entspricht, fand ihre wesentliche Erweiterung und Erganzung in der Erforschung des flimorpliisrnus , dafs derselberi atomi- stischen Zusamrnensetzung wesentlich verschiedcne Krystall- form zukotnmen kann. Doch hiitte es der Erkenntnifs der Beziehungen , in welchen Zusarnnienselzung und Krystallform stehen, nur Zuni Hindernifs gereicht , wPre von vornherein angenommen worden, dieselbe cliemische Zusamrnensctzung k6nne in wesenllich verschiedenen Krystallfornien auftreten ; die vielfachen unrichtigen krystallographischen Bestinunungen (ich erinnere air die Angaben rhoinbocdrischer und regular- octaedrischer Krystallformcn des Eisenvitriols, ill] die friiheren

") nlinlich eine erliebliclr andere. Denn lcleine Verschiedenheiten in den Zdilen, welche die derselhen Zusanimenseteungsdifferenz ent- sprechenden Siedepunktsdifferenzen ausdriiclcen, werden sich iininer zeigen, so gewifs als fu r gleiche Aendcrungen des Barometerstands die Siedepunkte dcr verschiedenen Fliissiglceiten sich etwas ver- scliieden andern. Wir beobachten die Sicdepunlcte f u r etwa 760mm Barometerstand und finden bei einzelnen analogen Korpern f8r die Zusainmensetzuiigsdifferetiz C,li, die Siedepunktsdilferenz 19", bei anderen 2 I O. Bei einem sehr verschiedenen Id tdruck konnen ge- wda die ersteren die Siedepunktsdilferenz = 21, die letzteren die- selbe = 19O ergeben, und noch grijfsere Schwanlcnngen ltihnen vorlconimen. Eine niit den Ueobaclitnngen an allen niijglichst ge- nau untersuchlen Fliissiglreiten vollltornmen iibereinstinnnende , ganz scharfe Hsstirnmung der einer gewissen Zusarnniensetzungsdiffereiiz entsprechenden Siedeponlrlsdilfeienz ist schon aus diwein Grunde nicht nioglicli.

32 K o p p , uber die spec. Volume fiussiger Verbindungen.

unrichtigen Angaben uber die Krystallformen der Salze, die rnit dem schwefelsauren Magnesia- Ammoniak isomorph sind) waren alle darnit in Einklang zu bringcn gewesen, die Berich- tigung derselben wire verziigert, die Erkenntnik der Gesetze des Isomorpliismus gestiirt worden. - Fur die Siedepunkte, fur die specifischen Voluine is1 nachgewiesen, was elwa der Lehre vom Isoinorpliisinus entspricht, dal's dieselbe Zusammensetzungs- differenz haufig einen naliezu gleichen Einflul's auf die Ver- anderung jeder der genannten Eigenschaften ausiibt. Es bleibt noch zu erforschen, was der Erkenntnifs des Dimor- phismus entspricht , ob und welche verschiedene Einflusse durch dieselbe Zusammensetzungsdifferenz ausgeubt werden konnen. Verfruhtc Versuche , das letztere nachzuweisen, haben sich als ganzlich unhaltbar erwiesen ; zahlreiche Publi- cationen mit vie1 versprechenden und sehr wenig leistenden Versuchen, diese Aufgabe zu liisen , kritische Betrachtungen daruber, die der Natur dcr Sache nach vorzugsweise wider- legend und negirend seyn mufsten, haben gerade hinsichtlich des letztern Gegenstands eirie Zeit lang die Literatur ange- schwellt und die Geduld des wissenschaftlichen Publicums in Anspruch genomnicn, ohne dafs ein erhebliches Resultat dabei herausgekommen ware. Der Versuch, den ich in dem letzten Theile dieser Abhandlung machte, ist auch einer von zweifel- haftem Werth, aber ich glaube wenigstens bestimmt ange- geben zit haben, dafs und wie weit ihm das Verdienst man- gelt , unzweifelhafte Resultate zu geben.