Über die Theorie der Takata-Reaktion

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lOO6 t(LINISCHE WOCHENSCH So aufgefaBt, mul3 jedenfalls zun~tchst betont werden, dab zwar nach allen vorliegenden Versuchen die antithyreoi- deale Wirkung der Lipoidfraktion des Blutes in vitro nnd im Tierexperiment bet kfinstlicher Zufuhr feststeht. Es ist aber noch keineswegs als erwiesen zu betrachten, dab diese Stoffe in vivo beim gesunden und kranken Menschen eine wesent- liche antagonistische T~tigkeit gegenfiber der Schilddrtisen- t~ttigkeit tats~chlich entfalten, bzw. dab ihrer antagonistischen Eigenschaft bet der Steuerung der Schilddrfise tats~chlich eine einigermaBen maBgebende Rolle zukommt. Aus dem experimentel~ nachweisbaren Antagonismus gegen~ber den~ thyreotropen Hormon und dem ~hyroxin kann vorl~iu]ig noch nicht darau] geschlossen werden, daft eine wirkliche biologi.sche, antagonistische 2'unl~tion bei~r~ Menschen vorliegt. Unsere hier beschriebenen Versnche Iassen die Meinung erw~gen, dab diese Stoffe vielleicht eher vonder Funktion der Schilddrfise abh~ngen oder yon ihr beeinfluBt werden. Literatur: ~ FELLINaER U. SeHLESlNGER, Klin. Wschr. I935 I, 685. -- ~ HEROLD, Klin. \u ~934 II, ~242. -- ~ F~LL~Ca~R, Wien. kiln. Wschr. (ira Druck). -- ~ ANS~LMI~O U. HOFFMANN, Klin. Wschr. z933 I, 99. UBER DIE THEORIE DER TAKATA-REAKTION. Von Dr. STEPHAN RECHT, Assistent der UniversitSts-Kinderklinik in Budapest (Direktor: Prof. Dr. E. v. HAINISS). I. In der Takata-Reaktion besitzen wit eine gut bew~hrte Funktionsprobe der grSberen Lebersch~dignngen. In der Genese der verminderten Kolloidstabilit~t des Serums kommt der Leber eine bedeutende Rolle zu, doch k6nnen auch Er- krankungen anderer Organe dabei mitspielen, so dab die Takata-Reaktion (TR.) zugleich auch zur Registrierung der Dysfunktion anderer Organe geeignet ist (REcI~T). Natfir- lich muB zu diesem Behufe die Ablesung besonders sorg- f~ltig erfolgen, und auch minimalste Abweichungen mtissen mit berficksichtigt werden. Bedeutende kolloidehemische Ver~nderungen k6nnen z. t3. auch durch schwere Nieren- erkrankungen hervorgerufen werden, wobei sich ebenialls eine positive TR. ergibt, trotzdem in solchen Fallen keine primate Leberl~tsion besteht. Doch lassen die meisten Er- krankungen eine derart ausgepragte Reaktion vermissen, da das kolloidchemische Gleichgewicht des Organismus ziem- lich stabil ist. Voraussetzung einer positiven Reaktion ist also die Anh~ufung yon vielen Frelndstoffen, evtt. eine quantitative Ver~Lnderung der normal vorhandenen, sich in physiko-chemischem Gleichgewicht befindenden Substanzen. Die Reaktion wird wie folgt ausgefflhrt: zum Serum, das in geometrischer Reihe verdfinnt wird, wird nach Zusatz yon NaHCOa ein Gemisch yon o,5proz. Sublimat und o,2proz. FuchsiuI6sung zu gleichen Teilen zugesetzt; nach AblauI ether bestimmten Zeit bildet sich nunmehr in ether bestimmten Verdiinnung ein Nieder- schlag. Die Reaktion finder ihre Erkl~rung darin, dab das Sublimat im sehwach alkalischen Milieu ein Kolloidsol bildet, das die Fuchsin- teilchen adsorbiert. Das hydrophobe Kolloid flokkuliert nach einiger Zeit in einer bestimmten Verdflnnung, inzwischen lockert sich auch seine mit dem Fuchsiu eingegangene Bindung, die DispersitXt ~ndert sich und aasehliel3end an die Bildung des Niederschlages kommt Farbumschlag zustande. Das normale Serum enth~It auch noch in ether Verdt~nnung von i : 8 kolloide Stoffe, und zwar in ether Menge und Qualit~t, die im Sublimat-Sol die Bildung yon Niederschl~gen 24 Stunden Iang hintanzuhalten verm6gen. In h6heren Verdiinnungen kommt auch normalerweise Flokkulatiou zustande, wXhrend in pathologischen F~llen die Serumkolloide ent- weder schon in niederer Verdanuung den Sol nicht in L6sung zu halten vermSgen, oder sogar in h6herer Verdflnnung keine Nieder- schl~ge erfolgen. Das Fuchsin spielt eigentlich keine bedeutende Rolle, u. a. hat auch GINKEL ohne Fuchsin, bloB mit Sublimat, Reaktionen ausgeffihrt, die das gleiche Resultat ergaben, wie die Anwendung beider LSsungen. Seitdem die TR. Gegenstand theoretischer und kliniscber Untersuchungen ist, wird nach den Umst~nden geforscht, die den abnormen Verlauf der Reaktion bedingen. RIFT. 15 . JAHRGANG. Mr. 28 Ii. JULI 1936 Die TR. ist ein recht komplexer Vorgang, in dem das Vor- handensein, alas Fehlen, das dynamische Gleicbgewicht zahl- reicher Stoffe eine Rolle spielt. Da die meisten Autoren stets nur je einen dieser Faktoren als wesentlich hervorgehoben haben, konnte keine einheitliche Auffassung zustande kommen. Die Mehrzahl der Forscher schreibt den qualitativen und quantitativen Ver~nderungen des SerumeiweiBes eine ent- scheidende Rolle zu. Nach HUGO~OT fxllt bet Abnahme des Gesamteiweil3gehaltes die TR. positiv aus. Auch SCltlNDEL und BARTH sowie T.~ICATA, •IKOL, MICHEJEw und DA~X- SCHEWITSCH, GROBOW, PRUNELL, JAKOBSTHAL und ]OLE, 2~/[URZER, I~RIEDMANN sprechen dem GesamteiweiB hohe Be- deutung zu. Das quantitative Verh~ltnis der EiweH3e unter- einander gibt keine bdriedigende Erkl~rung der einzelnen F~lle, weshalb sich die Aufmerksamkeit dem qualitativen EiweiBbilde zuwandte. JZZL~R (S. seine frfiheren Arbeiten), ROHRER, VIGADA und LAZZARO, GINKEL USW. bekennen sich zu der Auffassung, dab der Verlauf eigentlich yon der Ab- bzw. Zunahme der einzelnen Fraktionen abhgngt. Der Albumin-Globulin-Quotient betrggt bet positiver Reaktion nach GINKEL I, nach LAZZARO schwankt er zwischen I nnd 1,7, nach ZADEK, TIETZKE und GEBERT verschiebt sich das EiweiBbild stets nach links, und der Quotient bleibt unter I. Die meisten Autoren stimmen heute darin tiberein, dab zwischen EiweiBquotient und TR. kein unmittelbarer Zu- sammenhang besteht (SKouGE, KNmGE, ROHRS und KOI~L- ]~GGER, OFELEIN USW.). ZIRM, MEDVEI und PASCHKIS konnten beobachten, dab Heparinzusatz das positive Serum in einem der zugesetzten Menge entsprechenden Grade nach der nega- tiven Seite verschiebt. Auch dies spricht ffir einen unmittel- baren Zusammenhang mit den EiweiBen, da nach der Theorie yon ALBERT FlSCI~ER Globulin als eine Komplexion yon Hepa- fin und Albumin aufzufassen ist, das Globulin somit auf Kosten des Albumins zunimmt. (Es kann nicht bestritten werden, dab Heparin eine gewisse Wirkung auf die Eiweil3e ausfibt, doch werden gegen die Theorie von FISCHER von vielen Seiten EinwXnde erhoben.) Ein anderer Tell der Forscher erkl~rt die Reaktion nicht mit der qualitativen und quantitativen Ver~nderung der Eiweil3e, sondern mit dem physiko-chemischen Milieu. KNIGGE, ROHRS und ~4~OHL-EGGER schreiben der H-Ionen- konzentration des Serums, OFEL~IN dem Ammonium, SCHIN- DEL und KALL6S-DEFFNER den schwachen FettsSmren, der Keton~mie, entscheidende Bedeutung zu. UcKo und GROSS sprechen sich scharf gegen ietztere Annahme aus. Wit haben hiermit die bedeutendsten, den physiko- chemischen Standpunkt vertretenden Auffassungen an- geffihrt, ohne auf Vollst~ndigkeit der Literaturangaben An- spruch zu erheben. Unterziehen wir die angeffihrten Anschauungen einer kritischen Betrachtnng, so mfissen wit zu der Annahme gelangen, dab nicht nur alle Faktoren, denen im Zustande- kommen der Reaktion eine Rolle zugesprochen wurde, ge- meinsam mitwirken, sondern daft in ihr augerdem aller Wahr- scheinlichkeit nach noch reeht viele andere Stoffe und physiko- chemische Faktoren mitspielen. Wie erw~hnt, beruht die TR. auf der Flokkulation des HgC12-Sols , der unter der Schutzwirkung der Serumkolloide steht. "Wenn wir jene physiko-chemischen Bedingungen, unter denen hydrophobe Kolloide ausgef~llt werden, yon neuem betrachten, mfissen wit feststellen, dag wit recht viele solcher Bedingungen in Betracht zu ziehen haben und dab in gewissem Mal?e jede derselben isoliert beeinfiuBt werden kann. Die allm~hliche F~.llung bzw. die Abnahme der Dispersit~t erfolgt in geradem Verh~ltnis zur Gr6Benzunahme der Teil- chen, welcher ProzeB wiederum yon der Konzentration, der ursprfinglichen Gr6Be der Teilchen, der Viscosit~t des L6sungs- mittels sowie von seiner Adh~sionsfithigkeit abh~ngt. Diese wird yon der Oberfl~chenspannung, der elektrischen Ladung, der Hydratation und noch anderen Umst~nden beeinfluBt. Von ihnen ist vielleicht die elektrische Ladung der Teilchen am wichtigsten; diese ist eine Funktion des Kontaktpotentials

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So aufgefaBt, mul3 jedenfalls zun~tchst be ton t werden, dab zwar nach allen vor l iegenden Versuchen die an t i thyreoi - deale Wi rkung der Lipoidf rak t ion des Blutes in v i t ro nnd im Tie rexper iment bet kfinstl icher Zufuhr feststeht . Es ist aber noch keineswegs als erwiesen zu bet rachten, dab diese Stoffe in v ivo be im gesunden und k ranken Menschen eine wesent- liche antagonis t ische T~t igkei t gegenfiber der Schilddrtisen- t~ttigkeit ta ts~chlich entfal ten, bzw. dab ihrer antagonis t i schen Eigenschaf t bet der S teuerung der Schilddrfise ta ts~chl ich eine einigermaBen maBgebende Rolle zukommt . Aus dem experimentel~ nachweisbaren Antagonismus gegen~ber den~ thyreotropen Hormon und dem ~hyroxin kann vorl~iu]ig noch nicht darau] geschlossen werden, daft eine wirkliche biologi.sche, antagonistische 2'unl~tion bei~r~ Menschen vorliegt. Unsere hier beschriebenen Versnche Iassen die Meinung erw~gen, dab diese Stoffe viel le icht eher v o n d e r Funk t ion der Schilddrfise abh~ngen oder yon ihr beeinf luBt werden.

L i t e r a t u r : ~ FELLINaER U. SeHLESlNGER, Klin. Wschr. I935 I, 685. -- ~ HEROLD, Klin. \u ~934 II, ~242. -- ~ F~LL~Ca~R, Wien. kiln. Wschr. (ira Druck). -- ~ ANS~LMI~O U. HOFFMANN, Klin. Wschr. z933 I, 99.

UBER DIE THEORIE DER TAKATA-REAKTION. Von

Dr. STEPHAN RECHT, Assistent der UniversitSts-Kinderklinik in Budapest

(Direktor: Prof. Dr. E. v. HAINISS).

I.

In der T a k a t a - R e a k t i o n besi tzen wi t eine gut bew~hr te Funk t ionsprobe der grSberen Lebersch~dignngen. In der Genese der ve rminde r t en Kolloidstabi l i t~t des Serums k o m m t der Leber eine bedeutende Rolle zu, doch k6nnen auch Er - k rankungen anderer Organe dabei mitspielen, so dab die T a k a t a - R e a k t i o n (TR.) zugleich auch zur Regis t r ie rung der Dys funk t ion anderer Organe geeignet ist (REcI~T). Natfir- lich muB zu diesem Behufe die Ablesung besonders sorg- f~ltig erfolgen, und auch minimals te Abweichungen mtissen mi t berf icksicht igt werden. Bedeu tende kol loidehemische Ver~nderungen k6nnen z. t3. auch durch schwere Nieren- e rk rankungen hervorgerufen werden, wobei sich ebenialls eine posi t ive TR. ergibt, t r o t zdem in solchen Fal len keine p r ima te Leberl~tsion besteht . Doch lassen die meis ten Er - k rankungen eine dera r t ausgepragte Reak t ion vermissen, da das kol loidchemische Gleichgewicht des Organismus ziem- lich s tabi l ist. Vorausse tzung einer posi t iven Reak t ion ist also die Anh~ufung yon vielen Frelndstoffen, evtt . eine quan t i t a t i ve Ver~Lnderung der normal vorhandenen, sich in phys iko-chemischem Gleichgewicht bef indenden Substanzen.

Die Reaktion wird wie folgt ausgefflhrt: zum Serum, das in geometrischer Reihe verdfinnt wird, wird nach Zusatz yon NaHCOa ein Gemisch yon o,5proz. Sublimat und o,2proz. FuchsiuI6sung zu gleichen Teilen zugesetzt; nach AblauI ether bestimmten Zeit bildet sich nunmehr in ether bestimmten Verdiinnung ein Nieder- schlag. Die Reaktion finder ihre Erkl~rung darin, dab das Sublimat im sehwach alkalischen Milieu ein Kolloidsol bildet, das die Fuchsin- teilchen adsorbiert. Das hydrophobe Kolloid flokkuliert nach einiger Zeit in einer bestimmten Verdflnnung, inzwischen lockert sich auch seine mit dem Fuchsiu eingegangene Bindung, die DispersitXt ~ndert sich und aasehliel3end an die Bildung des Niederschlages kommt Farbumschlag zustande. Das normale Serum enth~It auch noch in ether Verdt~nnung von i : 8 kolloide Stoffe, und zwar in ether Menge und Qualit~t, die im Sublimat-Sol die Bildung yon Niederschl~gen 24 Stunden Iang hintanzuhalten verm6gen. In h6heren Verdiinnungen kommt auch normalerweise Flokkulatiou zustande, wXhrend in pathologischen F~llen die Serumkolloide ent- weder schon in niederer Verdanuung den Sol nicht in L6sung zu halten vermSgen, oder sogar in h6herer Verdflnnung keine Nieder- schl~ge erfolgen. Das Fuchsin spielt eigentlich keine bedeutende Rolle, u. a. hat auch GINKEL ohne Fuchsin, bloB mit Sublimat, Reaktionen ausgeffihrt, die das gleiche Resultat ergaben, wie die Anwendung beider LSsungen.

Se i tdem die TR. Gegenstand theore t i scher und kliniscber Un te r suchungen ist, wird nach den Umst~nden geforscht, die den abnormen Verlauf der Reak t ion bedingen.

R I F T . 15 . J A H R G A N G . Mr. 28 Ii. JULI 1936

Die TR. ist ein recht komplexer Vorgang, in dem das Vor- handensein, alas Fehlen, das dynamische Gleicbgewicht zahl- reicher Stoffe eine Rolle spielt. Da die meis ten Autoren s te ts nur je einen dieser Fak to ren als wesent l ich hervorgehoben haben, konnte keine einhei t l iche Auffassung zustande kommen.

Die Mehrzahl der Forscher schreibt den qua l i t a t iven und quan t i t a t i ven Ver~nderungen des SerumeiweiBes eine ent- scheidende Rolle zu. Nach HUGO~OT fxllt bet Abnahme des Gesamteiweil3gehaltes die TR. posi t iv aus. Auch SCltlNDEL und BARTH sowie T.~ICATA, •IKOL, MICHEJEw und DA~X- SCHEWITSCH, GROBOW, PRUNELL, JAKOBSTHAL und ]OLE, 2~/[URZER, I~RIEDMANN sprechen dem GesamteiweiB hohe Be- deu tung zu. Das quan t i t a t i ve Verh~ltnis der EiweH3e unter - e inander gibt keine bd r i ed igende Erk l~ rung der einzelnen F~lle, w e s h a l b sich die Aufmerksamke i t dem qua l i t a t iven EiweiBbilde zuwandte . JZZL~R (S. seine frfiheren Arbeiten) , ROHRER, VIGADA und LAZZARO, GINKEL USW. bekennen sich zu der Auffassung, dab der Ver lauf eigentl ich yon der Ab- bzw. Zunahme der einzelnen F rak t ionen a b h g n g t . Der Albumin-Globu l in -Quot ien t be t rgg t bet posi t iver Reak t ion nach GINKEL I, nach LAZZARO schwankt er zwischen I nnd 1,7, nach ZADEK, TIETZKE und GEBERT verschiebt sich das EiweiBbild stets nach links, und der Quot ien t b le ibt un te r I.

Die meis ten Autoren s t immen heute dar in tiberein, dab zwischen EiweiBquot ien t und TR. kein unmi t t e lba re r Zu- s a m m e n h a n g bes teh t (SKouGE, KNmGE, ROHRS und KOI~L- ]~GGER, OFELEIN USW.). ZIRM, MEDVEI u n d PASCHKIS k o n n t e n beobachten, dab Hepar inzusa tz das posi t ive Serum in einem der zugesetz ten Menge entsprechenden Grade nach der nega- t iven Seite verschiebt . Auch dies spr icht ffir einen unmit te l - baren Zusammenhang mi t den EiweiBen, da nach der Theorie yon ALBERT FlSCI~ER Globulin als eine Komplex ion yon Hepa- fin und Albumin aufzufassen ist, das Globulin somit auf Kosten des Albumins zun immt . (Es kann n ich t bes t r i t t en werden, dab Hepar in eine gewisse Wi rkung auf die Eiweil3e ausfibt, doch werden gegen die Theor ie von FISCHER von vielen Seiten EinwXnde erhoben.)

E in anderer Tell der Forscher erkl~rt die Reak t ion nicht mi t der qua l i t a t iven und quan t i t a t i ven Ver~nderung der Eiweil3e, sondern mi t dem phys iko-chemischen Milieu. KNIGGE, ROHRS und ~4~OHL-EGGER schreiben der H- Ionen- konzen t ra t ion des Serums, OFEL~IN dem Ammonium, SCHIN- DEL und KALL6S-DEFFNER den schwachen FettsSmren, der Keton~mie, entscheidende Bedeu tung zu. UcKo und GROSS sprechen sich scharf gegen ie tz te re Annahme aus.

W i t haben h ie rmi t die bedeutends ten , den physiko- chemischen S t a n d p u n k t ve r t r e t enden Auffassungen an- geffihrt, ohne auf Volls t~ndigkei t der L i t e ra tu rangaben An- spruch zu erheben.

Unterz iehen wir die angeff ihrten Anschauungen einer kr i t ischen Bet rach tnng , so mfissen wi t zu der Annahme gelangen, dab nicht nur alle Faktoren , denen im Zustande- kommen der Reak t ion eine Rolle zugesprochen wurde, ge- meinsam mitwirken, sondern daft in ihr auge rdem aller Wahr - scheinl ichkeit nach noch reeht viele andere Stoffe und physiko- chemische Fak to ren mitspielen.

Wie erw~hnt, be ruh t die TR. auf der F lokkula t ion des HgC12-Sols , der un te r der Schutzwirkung der Serumkol loide steht . "Wenn wir jene phys iko-chemischen Bedingungen, un te r denen hydrophobe Kolloide ausgef~llt werden, yon neuem betrachten, mfissen wi t feststellen, dag wi t recht viele solcher Bedingungen in Be t r ach t zu ziehen haben und dab in gewissem Mal?e jede derselben i so l ie r t beeinfiuBt werden kann.

Die al lm~hliche F~.llung bzw. die Abnahme der Dispers i t~t erfolgt in geradem Verh~ltnis zur Gr6Benzunahme der Teil- chen, welcher ProzeB wiederum yon der Konzent ra t ion , der ursprfinglichen Gr6Be der Teilchen, der Viscosit~t des L6sungs- mit te ls sowie von seiner Adh~sionsfithigkeit abh~ngt. Diese wird yon der Oberf l~chenspannung, der e lektr ischen Ladung, der H y d r a t a t i o n und noch anderen Ums t~nden beeinfluBt. Von ihnen ist viel le icht die e lektr ische Ladung der Tei lchen am wicht igs ten; diese ist eine Funk t ion des Kon tak tpo ten t i a l s

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i1. JUL1 1936 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

zwischen Teilchen und Dispersionsmittel, ihrer dielektrischen Konstante (falls die disperse Phase geringes Leitverm6gen hat) und der F~ihigkeit der 14olloide zur Ionisierung und Ionbildung.

Die Fiillung wird durch die Adsorption fremder Sub- stanzen gefOrdert oder gehemmt, je nachdem dieselben die Ladung der Kolloide steigern, vermindern oder aufheben. All dies wird in hohem Mage beeinfluBt vom Altern der Kolloide bzw. v o n d e r seit der Dispersion vergangenen Zeit, yon der Temperatur, ferner davon, oh sich das System in 13ewegung oder in Ruhe befindet und noch von vielen anderen in ihrer Mannigfaltigkeit fast untibersichtlichen Umstiinden. Das Kolloid - - in diesem Falle der Hg-Sol - - befindet sich in einem metastabilen Zustand; jede im System vor sich gehende VerXnderung wirkt sich auf die Dispersit~it des Kolloids aus.

Das 131utserum enth~ilt 7 % EiweiB, dieses pr~ivaliert also nnter den Kolloiden, u n d e s kann als gesichert angesehen werden, dab die Menge des Eiweil3es im Entstehen der durch die t(olloidstruktur bedingten Erscheinungen eine Rolle spielt. Die TR. fgllt verschieden aus, je nachdem das Serum eines exsiccierten oder eines hydr~imischen Organismus mit einem Eiweil3gehalt yon 9 bzw. 5,5 % untersucht wurde. Die EiweiBmenge mug also unbedingt berticksichtigt werden, wobei wir nicht vergessen dtirfen, dab jede quanti tat ive Ver- gnderung, besonders aber die Vermehrung des ]?;iwei[3es, mit dessen qualitativer Knderung einhergeht.

Uber das qualitative Eiweil3bild ist noch ziemlich wenig bekannt. Wir wissen, dab nach Zusatz verschiedener Mengen yon Ammonium- oder Natriumsulfat verschiedene Mengen ausfallen, und unsere Kenntnisse fiber das EiweiBbild beruhen ant dieser Methodik, die nur grob ann~ihernde Werte liefert. Sie vermittel t uns zwar gewisse Aufkl~rungen fiber die Kolloid- s t ruktur des Serums, doch gentigen diese nicht zur Erkl/irung der TR.

Wir mfissen hier auf die Auffassung von SCHINDEL und I42ALL6S-DEFFNER n~her eingehen. Diesen Forschern gelang es, die Reaktion in vitro durch Zusatz schwacher Fetts~iuren zu beeinflussen, woraus sic schlieBen, dab Fettsguren und IKetonkfrper auch in vivo von t3edeutung sind. Nach UcKo soll es sich hier nm die Vergnderung der H-Ionenkonzentrat ion handeln, nnd da die Reaktion nur in einem alkalischen Milieu vor sich geht, kSnnen die derart entstandenen Ver- gnderungen die TR. nicht befriedigend erkliiren.

Hierzu mfissen wir bemerken, dab organische schwache Elektrolyte kolloiden Charakters, wie z. t3. Seifen oder Alkalialbuminate leichter adsorbiert werden, als starke molekulardisperse Elektrolyte. Das adsorbierte organische Elektrolyt erhSht das elektrokinetische Potential und stabili- siert hiermit das hydrophobe 14olloid. I n solchen Fgllen wird der Hg-Sol infolge yon Adsorption yon einer Alkali- albuminathfille umgeben, die ihm als Schutzkolloid eine ziemliche Stabilitgt verleiht. Wenn wir dem System Fett- sguren zusetzen, die als organische Elektrolyte ebenfalls gut adsorbiert werden, wird die Ladung des Schutzkolloids ver- mindert oder aufgehoben, und mit abnehmender Stabilitgt sefzt Flokkulation ein.

Wie ersichtlich, handelt es sich hier um mannigfaltige Zusammenhgnge innerhalb eines komplizierten Systems. Der Ausgang der Reaktion setzt sich aus der Gesamtwirkung vieler Faktoren zusammen, die nicht einzeln betrachtet, sondern in ihrem Zusammenhang erfaBt werden wotlen.

II.

Protoplasma, Gewebe und fliissige 13estandteile des Organismus, so auch das Serum, bilden ein poliphasisches System. Die Lfslichkeitsverhgltnisse, die Hydrophilie bzw. Hydrophobie der Dispersoide, die damit zusammenh/ingende Oberfl~ichenenergie, das elektrokinetische Potential, die Ad- sorption der einzelnen Stoffe und die yon allen diesen Fak- toren bedingte H-Ionkonzentrat ion, die nirgends stabil ist, sind die 14omponenten, aus denen sich die physiko-chemische Struktur des Organismus aufbaut. Quanti tat iv an erster Stelle stehen unter den Xolloiden die Eiweige, doch diirfen

R I F T . 15. J A H R G A N G . Nr. 28 i 007

vom physiko-chemischen Gesichtspunkte auch die Lipoide nicht auBer acht gelassen werden.

Das Serum wird yon hydrophilen und hydrophoben 14o1- loiden gebildet; am stgrksten hydrophob ist das Neutralfett. DaB dennoch eine Lfsung zustande kommt, ist der emul- gierenden Wirkung der hydrophilen Xolloide zuzuschreiben. Die dem Wasser bzw. der hydrophoben Phase zugewandten Seiten der hydrophilen Kolloidteilchen besitzen verschiedene Oberfl/ichenspannungen, und da die konkave Fl~che kleiner ist als die konvexe, krfimmen sie sich in der Richtung der hfheren Spannung, wodurch die hydrophoben Teilchen fiber- zogen werden (13ANGROFT). Auch die Ionen spielen eine be- deutende Rolle. Die Wirkung der hydrophilen 14olloide wird durch die Anionen, die der hydrophoben durch die Kationen gesteigert, und zwar im Verh~iltnis zu ihrer Ladung und. ihrer Adsorbierbarkeit. Die einzelnen Kolloide sind in verschie- denem MaBe TrXger der hydrophilen bzw. hydrophoben Eigenschaften: das Lecithin ist ein 1Jbergang zu den hydro- phoben, der h6here Cholesterinester zu den hydrophilen Kolloiden. Zwischen Lecithin und Cholesterin besteht ein gewisser Antagonismus; synergetisch mit dem Lecithin sind die einwertigen Seifen, EiweiBe, Anione, mit dem Cholesterin das Neutralfett und die 14atione. Sowohl Lecithin wie Cholesterin besitzen eine hohe Oberfl~ichenaktivitgt, weshalb sic auch die Grenzfl~ichen der einzelnen Phasen bilden und somit die L6slichkeitsverhgltnisse (Narkosetheorie yon MAYER- OVERTON), die Hydrogen-Ionenkonzentration, Hydratation, Adsorptionsf~higkeit der Oberfl~iche entscheidend beeinflussen. Die Rolle der Lipoide ist daher ffir die Kolloidstruktur nicht gleichgtiltig, insbesondere da sehr kleine Mengen sehr grol3e Wirkungen auszufiben verm6gen (oligodynamische Wirkung), wie das neuerdings yon DEGKWITZ hervorgehoben wurde.

Es bedarf noch der Erw~ihnung, dab gewisse Versuche darauf deuten, dab Eiweil3 und Lipoide anch unmit te lbar aufeinander einwirken. Nach CI~ICX ist Euglobulin ein Additionsprodukt yon Pseudoglobulin und Lecithin. Die Versuche yon WENT und FARAGO haben erwiesen, daB, wenn der Lecithingehalt des Serums in vitro gegndert wird, auch die EiweiBfraktionen stark verschoben werden. Mithin k6nnen die Lipoide sowohl selbstiindig, wie auch in Verbin- dung mit Eiweil3 die Kolloidkonstellation des Serums be- einflussen, sic miissen daher unter den die TR. bedingenden Faktoren mitberficksichtigt werden.

Zur Kl~irung der Rolle der Lipoide haben wir die TR. in den Sera yon 29 verschiedenen Kranken ausgefiihrt. Zu- gleich haben wit in denselben Sera je zwei weitere Reaktionen vorgenommen, und zwar nachdem wir ihnen o, I ccm Lecithin, Cholesterin bzw. beide Substanzen zusetzten. Um die Ge- samtmenge nicht zu gndern, wurde bet der~Verdiinnung entsprechend weniger NaC1 zugesetzt. Die 2 proz., sehr rein verteilte Lecithin- bzw. CholesterinlSsung wurde nach der Vorschrift yon DE~KWlTZ hergestellt. 13evor die Ver- dt innung vorgenommen wurde, lieBen wit das lecithin- bzw. cholesterinangereicherte Serum 24 Stunden im Thermostat, worauf dann die TR. ausgeftihrt und nach weiteren 24 Stunden abgelesen wurde*. 13el der Ablesung der Ergebnisse haben wit registriert, in welcher Verdiinnung sich Niederschlag oder Triibung meldete und wie groB die Niederschl~ige waren. NiederschUige yon 3 mm wurden mit + , solche yon 6 mm mit + + , yon I o m m und darfiber mit + + + , unter 3 m m bleibende, jedoch ausgepr~gte Niederschl~ge mit 1/2, Trfi- bungen mit t bezeichnet. Dieserart konnten nicht nur grobe Leberl~sionen, sondern auch aus anderen Ursachen entstandene feinere Ver~nderungen der 14olloidstruktur nachgewiesen werden. Normalerweise haben wit zuerst in der Verdfinnung i : 8 NiederschHige erhalten; eine Verschiebung nach rechts bzw. links (starke bzw. schwache Verdfinnungen) stellt eine Ab- weichung yon der Norm dar. So haben wit z. t3. in den meisten F~Lllen yon schwerer Pneumonie schon in schwachen Verdfin- nungen ausgiebige, bei Rachitis und exsudativer Diathese in h6herer Verdtinnung unbedeutende Niederschl~tge erhalten.

* Die TR. wurde naeh der Vorschrift JEZLERs durehgeftihrt, doeh mit halbert Mengen: 1/~ ecru Serum, 1/a ecru Nat l . phys., dazu kam %125 ccm NaHCOa und o,15 ecru Takata-Reagens.

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T a b e l l e I.

Nr.

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13

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3

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51/2

2 I

9

6

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Diagnosis

Empyema thoracis, Otitis m. supp.

Bronchitis

Exsud. Diathesis, Eczema faciei, Bronchitis

Bronchopneumonie 1. u.

Bronchopnenmonie

Bronchitis

Eczema faciei, Diathesis exsud.

Pneumonia crouposa, Otitis u. 1. u., Rachitis

Bronchopneumonie, Lues cong.

Bronchopneumonie

Diathesis exsud., Eczema faciei, Rachit is

Diathesis exsud., Eczema laryngitis

Atrophia, Decomp., Rachitis, Tetania

Bronchopneumonie 1. d.

Exsud. Diathesis, Spasmophylia, Rachitis, Bronchitis

Hydronephrosis, Rachitis, I Mikrocephalia

Rachitis gravis

Atrophia

Exsud. Diathesis, Eczema faciei

Toxicosis

Lipoidzugabe

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+ + : + + + +

F- t -+

+ + + +

T T

-- T

%+ ) ++

1/2 1/2

)

+

T T T T

Fieber

Schwer, ante exitum

Schwer, toxisch, sp~ter Exi tus

Schwerer Zustand, Cyanosis

Sparer Empyem

In schlechtem Zustande

Gewicht : 48oog, in sehr schlechtem

Zustande

L. = Leci th in , T = Trf ibung, Ch. = Cholesterin, 1/2 = un t e r 3 ram, + = 3 - - 6 nlm, + q- = 6 - - 1 o mm, [- -}- -}- = fiber xo ram.

Page 4: Über die Theorie der Takata-Reaktion

1L 1ULI 1936 lOO9 K L I N I S C I I E W O C H E N S C H R I F T . 15. J A H R G A N G . Nr . 28

T a b e l l e i (Fortsetzung).

21

22

23

24

25

26

27

28

29

Nr.

Alter

Monate

IO

15

IO

Diagnosis Lipoidzugabe Verdtinnung

0,2 ~o ~ 0,I ccm 113 1I, 1126 1I~3 1/8 I 1'/6,

T T T + Ch. T T T

+ L . + Ch. T T T

&. �9 + 4 :/: '/3 §247 ; r :/. + Ch. T + + + i 1 1/3

+ L. + Ch. T + + 1/3 /2 /3

+ Ch. 1/2 T T T § L. + Ch. T T

+-~. 1/. 1113 11/'

?/ ;:ii § L. -{- Ch. 1/T3 1/3

a. )+/§ ++ + Ch. § 1 h + L. + Ch. 1/3 1/2

+ Ch. + L. + Ch.

! ';' § ++ +§ + Ch. T ++ +

+ L. + Ch. + +

+ L. + Ch. 113 + + +

Empyema thoracis, Pneumonia 1. d.

Empyema, Bronchopneumonia, Meningitis pneumoconica

Empyema 1. d., ]3ronchopneumonie 1. u.

Bronchopneumonie

Toxicosis otitis u.

Toxicosis otitis u.

Exsud. Diathesis

Dystrophia, Rachitis, Otitis m. 1. u.

Enteritis gripposa

Bemerkungen

In schwerem Zu- stande

Der 25. Fall ante exitum, Seleroedema

Gewichtabfall 500 g

T a b e l l e 2.

Diagnosis Alter

Monate

Toxicosis, Otitis

Exsud. Diathesis

Dystrophia, Rachitis, Otitis

Atrophia

Decompositio 5

Takata-Reagens

eem 1/2

norm. o,I 5 0,30

O,I5 0,30 0,40

O, I5 0,30

O,15 O,30 0,40

O~I5 0,30 0,40

1/4

- - + +

+ + + + +

+ + + + + +

+ + + + + + + + + + / + + +

Verdfinnung

lh lh6

+% ;

T + + + + + + +

- - 1 / 2 + + + +

+ + + + + + +

+ + + + +

+ + + + + + + + + + + + + +

+ +

++ +++ + +

+++ +

Nr.

+

+

+

Bemerkungen

Wie aus unserer Tabel le ersichtlich, t r e t en in I6 F~tllen yon insgesamt 29 nach Zusatz yon Lecithin, Cholesterin oder beiden Stoffen Ver~tnderungen auf, die sich auI die Menge der Niederschl~ge oder auI den Or t ihres En t s t ehens be- ziehen. Die Ver~nderungen sind nicht immer gleiehgerichtet , d. h. Zusatz der einzelnen Lipoide bewi rk t n icht immer die gleiche Abweichung, doch ist dies in Anbe t r ach t des kom- plexen Charakters der dabei mi tspie lenden Vorg~nge ver- st~ndlich. Auch die Lipoide werden nicht un te r allen U m - s tSnden gleich s ta rk adsorbiert , dabei ist die Gleichgewichts- lage der Serumkol lo ide ziemlich stabil und widerstandsf~hig. Wir k6nnen mi th in n ich t erwar ten , dab die Reak t ion nach Lipoidzusatz in j edem Serum anders ausfalle, wenn es abe t f iberhaupt zu einer Ver~nderung kommt , sind recht viel-

Kiinische Wochenschrift. 15. Jahrg.

f~ltige Modif ikat ionen zu gew~rtigen. Auch ZIRM ist es n icht gelungen, mi t Hepar inzusa tz jedesmal eine Anderung der Reak t ion zu erzielen.

I n einigen FMlen haben wir die Menge des Taka ta -Reagens ge~ndert . Auch in diesem Falle haben wir gefunden, dab wenn in der Reakt ionsweise eine Anderung eintr i t t , dieselbe sich in den einzelnen Sera n ieht gleichart ig manifes t ier t . Als Beispiel diene Tabel le 2, Nr. 3: mi t der fiblichen Reagens- menge (o, 15 ccm) Verschiebung nach rechts, geringe F lokkula- tion, m i t der doppet ten Menge (0,30 ccm) schon im ersten R6hrchen ausgiebiger Niederschlag; bei Nr. 4 ist die Differenz viel geringer.

Z~sammenJassung: In e inem grol3en Teil der F~lle ~nder t sich die TR. nach Zusatz yon Lipoiden, doch erfolgt diese

71

Page 5: Über die Theorie der Takata-Reaktion

I010 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

V e r S n d e r u n g n i c h t i m m e r im gle ichen Sinne. Die Lipoide h a b e n d a h e r yore S t a n d p u n k t e de r p h y s i k o - c h e m i s c h e n Kons te l l a t ion , die die G r u n d l a g e de r TR. bi ldet , eine gewisse B e d e u t u n g . Die R e a k t i o n b e r u h t auf k o m p l e x e n VorgS~ngen, ih r Ausfa l l h~ingt v o n zah l r e i chen p h y s i k o - c h e m i s c h e n Be- d i n g u n g e n ab, sie i s t d e m n a c h nie m i t e iner e inzigen Ursache , s o n d e r n m i t de r W e c h s e l w i r k u n g de r v e r s c h i e d e n s t e n F a k t o r e n zu erkl~iren.

L i t e r a t u r : BANCrOFt, J. physik. Chem. 16, 177, 345, 475, 734 (I912) ; 17, 5or (1913). - - CHICK, 13iochemic. J. 8, 4o4 (I9Z4). - - DEGK- WlTZ, Lipoide und Ionen. 1933. -- GINKXL, ref. Kongregzbl. inn. Med. 75, 323 (1934). - - G~oss, M~nch. reed. Wschr. I935, 1151. -- HrJaoNow, Rev. m~d.-chir. Mal. Foie etc. 9, 5 (1933). - - JAKOBSTH*L U. JOLE, Klin. Wschr. I927, 1896. -- J~ZL~R, Kiln. Wschr. ~934, 36, 1276 - - Miinch. reed. Wschr. ~935, 289. - - I~,LL6S-D~FNZR, Z. exper. Med. 92, 394 (1933). - - K~IGaE, Mflnch. med. Wschr. i928 , 1836. - - MEnv~I u. PASetIKIS, Klin. Wschr. 1933, 49, 191o. - - O~ELEISr, Kiln. Wschr. I936, 2, 56. -- I~CHT, Z. Kinderheilk. 5, 419 (1935). - - ROH~ER, Z. Min. Med. le3, z67I (1933)- -- R6nRs u. KO~L-E~a~R, Dtsch. Z. Nervenheilk. Io1 ( I 9 2 8 ) . - SCHINDEL, Klin. Wschr. I934, 221. - - SCttlNDEL U. BARTI-I, Klin. Wschr. i934, 1329. -- SKO~JGE, Klin. Wschr. I933, 905 . - - TAKATA bei STAUB, Dtsch. reed. Wschr. I93 I, 5o/5I. - - UCKO, Klin. Wschr. i935, 468. - - WENT u. FARAGO, Magy. orv. Arch. I93I, 6. - - ZAD]~X, TIETZKE U. GEB]~I~T, Klin. Wschr. I935, 60. - - ZIR~, Klin. Wschr. I935, 43, I695.

EIN WENIG BEKANNTES PUPILLENPHANOMEN WAHREND DER TROPFNARKOSE.

Von

ADOLF ~-IEINRICH. Aus dem Hafenkrallkenhaus zu Hamburg (Direktor: Prof. Dr. H. BRUTr).

Ver fo lg t m a n auf das g e n a u e s t e die P u p i l l e n a n d e r u n g e n im Ver l au I e iner T ropfna rkose , speziell de r m i t ~ t h e r , so b e m e r k t man , wie b e k a n n t , daI3 sich die Pup i l l en au f L i ch t b in von e inem b e s t i m m t e n N a r k o s e g r a d a n n i c h t m e h r ver - engen. N u n m a c h t e de r Narkosespez ia l i s t ADOLPH HETS a n u n s e r e m K r a n k e n h a u s die B e o b a c h t u n g , d a b es ein Sta- d i u m gibt , in we lchem bere i t s eine re f lek t0r i sche Pup i l l en - s t a r r e bes t eh t , w e n n n u t ein Auge be l i ch t e t wird, w~thrend bet doppelseitigem (~Ifnen de r L ide r (oder w e n n bet t3eob- a c h t u n g eines Auges a u c h das a n d e r e d u r c h H e b e n des Lides be t i ch t e t wird) be ide Pup i l l en noch deu t l i ch reagieren . U n d e r s t bet s t~irkerem N a r k o t i s i e r e n reag ie ren die Pup i l l en a~ch bet doppe l se i t ige r B e l i c h t u n g de r A u g e n n i c h t mehr . Das Gebiet , in we lchem bet doppelse i t iger B e l i c h t u n g die Pup i l l en - r e a k t i o n n o c h v o r h a n d e n ist, abe r bet e inse i t iger B e l i c h t u n g re i l ek to r i sche S t a r r e be s t eh t , i s t n i c h t bre i t , u n d es g e h 6 r t einige l~lbung dazu, s ich m i t de r Narkose au f d iesem Geb ie te zu bewegen .

Die D e u t u n g dieses Ph~inomens muB wohl d a h i n g e h e n , d a b es s ich h ie r u m eine A d d i t i o n yon Re izen i m Bere i ch oder in de r NS~he de r W e s t p h a l - E d i n g e r s c h e n t ( e r n e h a n d e l t . D u t c h die Narkose wi rd die A n s p r e c h b a r k e i t dieser Ke rne auf Reize h in he rabgese t z t , so d a b bet B e l i c h t u n g n u r eines Auges die y o n b e i d e n prim~iren S e h z e n t r e n he r den be iden Oculomotor ius - k e r n e n zuf l ieBenden Reize n i c h t ausre ichen , diese zu erregen. Bet doppelseitiger B e l i c h t u n g k o m m t a b e t y o n be iden p r imi i r en S e h z e n t r e n eine gen/ igende A n z a h l (oder genf igend s t a rke? ) Impulse , die n u n die O cu l om o t o r i u s ke r ne e r regen u n d eine Pup i l l enver~ inderung a n be iden Augen h e r v o r r u f e n . D u r c h wei te re V e r t i e f u n g de r Narkose n i m m t die A n s p r e c h b a r k e i t de r K e r n e auch f fir diese Reiz intensi t~i t ab, u n d es b e s t e h t e r s t d a n n v o l l k o m m e n e Ref lexlos igkei t .

Das Ph~tnomen t r i t t e twa im A n f a n g des T o l e r a n z s t a d i u m s in E r s c h e i n u n g u n d f inde t s ieh sowohl auf d e m Wege yon ger inger zur t ie fen Narkose als auch u m g e k e h r t . M a n h a t w ~ h r e n d seines B e s t e h e n s eine aus re i chende Tiefe, u m jede % a p a r o t o m i e auszuf f ih ren - - n u r in ganz s e l t e n e n F~illen i s t m a n gezwungen, e twas t iefer zu n a r k o t i s i e r e n - - , u n d auBer- d e m k a n n m a n j ederze i t den P a t i e n t e n in 14iirze z u m E r w a e h e n b r ingen . Der N t h e r v e r b r a u c h is t d a d u r c h auf ein M i n i m u m zu reduz ie ren u n d die Gefah r e ther p o s t o p e r a t i v e n P n e u m o n i e e rheb l i eh zu m i n d e r n .

R I F T . 15 . J A H R G A N G . N r . 28 11. JULI 1936

Die p r a k t i s c h e B r a u c h b a r k e i t dieses Ph~inomens er le ide t a b e r d a d u r c h Einbul3e, d a b es d u t c h die f ibl ichen v o r h e r i g e n I n j e k t i o n e n yon M o r p h i u m - A t r o p i n oder derg le ichen m a n c h - ma l n i c h t in E r s c h e i n u n g t r i t t , was abh~ingig is t v o n d e r Do- s ie rung de r In j ek t ion , i h r e r zeitlichem Verabfo lgung , sowie yon der I4ons t i t u t i on des P a t i e n t e n . I n d e s s e n s ieh t m a n oft, d a b t r o t z de r I n j e k t i o n e n das Ph~inomen zu b e o b a c h t e n is t oder wen igs tens im Ver laufe e ther li~nger d a u e r n d e n Narkose ans- 15sbar wird. M a n smi te d a h e r bet j eder Na rkose ve r suchen , das Ph~inomen zu f inden, u m d a n n m i t de r Narkose in se inem Bere i ch b le iben zu kSnnen .

Wie ich bet D u r c h s i c h t de r L i t e r a t u r fes t s te l len konn t e , is t dieses Ph~inomen bere i t s vo r I-t~Ts y o n STRASSMANN 1 n n d sp~iter yon CZE~PIN ~ gesehen worden , j edoch m a c h t e n die l e t z t e r en n i c h t die N u t z a n w e n d u n g . E r s t FLOCKEMANN ~ m a c h t e 19Ol a n t die p r a k t i s c h e B e d e u t u n g dieses Ph~inomens kurz a u f m e r k s a m , doch is t d ieser Hinweis - - sowei t ich sehe - - in Vergessenhe i t ge ra ten , wesha lb es wohl ge r ech t f e r t i g t ist, b i e r e r n e u t d a r a u f h inzuweisen , zumM es a u c h zur g e n a u e n K e n n t n i s de r phys io log i schen Vorgi inge w~ihrend de r Narkose yon In t e r e s se ist.

Zusammen]assung: Bet T r o p f n a r k o s e n is t vor E i n t r i t t der r e f l ek to r i schen P u p i l l e n s t a r r e bei B e l i e h t u n g beider Augen ein Be re i ch v o r h a n d e n , in we lchem bere i t s re f lek tor i sche Pup i l l en- s t a r r e bes t eh t , w e n n n u t ein Auge be l i ch t e t wird. I n d iesem Bere i ch l iegt die gf ins t igs te Narkose t ie fe .

L i t e r a t u r : 1 STRASSMANbr, Z. Geburtsh. 29 (1894). - - e CZEMPIN, Die Technik der Chloroformnarkose. Mfinchen: Otto Gmelin 1897. -- a FLOCKE~ANN, Zbl. Chir. 28, 537 (19Ol).

EINE NEUE METHODE ZUR BESTIMMUNG DES JODS IM BLUT.

Yon

HELMUT DOERING. Aus der Universit~.ts-Kinderklinik Freiburg i. Br.

(Letter: Prof. Dr. C. NOEGGERATH).

Einleitung: Die F r a g e de r r i c h t i g e n 131utjodwerte, die l ange Ze i t s t a r k u m s t r i t t e n war , i s t im l e t z t en h a l b e n J a h r e gekl~irt worden . STURM u n d M i t a r b e i t e r 1, so wie ich se lbs t 2 h a b e n gezeigt, d ab die h o h e n J o d w e r t e de r L i t e r a tu r , die mi t t e t s de r V e r f a h r e n PFEIFFER S s, SCItWAIBOLDS 4 u n d REITH S 5, e r h a l t e n w o r d e n sind, n i e h t die wahren , s o n d e r n vorget~iuschte B l u t j o d w e r t e s ind. Bet r i ch t ige r H a n d h a b u n g dieser M e t h o d e n b e k o m m t m a n die gle ichen n ied r igen Wer t e , wie m a n sie m i t den Verfahren FELLENBERGS ~ u n d LEIPERTS 7 erh~ilt. Wenn es fiberhaupt m6glich gewesen ist, dab sieh so viele Autoren fiber die Richtigkeit ihrer Analysen getXuscht haben, so liegt das daran, dab die heute gebr~iuchlichen, oben genannten 4 Blutjodbestimmungsmethoden schwierig zu handhaben sind. Operationen, wie offene Veraschungen, Alkoholextraktionen, die Entfernung letzter Spuren yon organischen Verunreinigun- gen, Wasserdampfvakuumdestillationen usw., k6nnen nut zu leicht fehlerhaft ausgefiihrt werden und stellen groBe An- forderungen an die experimentelle Gesehicklichkeit eines jeden Analytikers. ]~s bestand daher schon seit langem das Bedfirfnis nach einem Verfahren, das sowohl in bezug auf die Verasehung, als auch auf die Aufarbeitung weniger Fehler- quellen in sich birgt. Im Iolgenden beschreibe ich eine derartige, yon mir ausgearbeitete neue Methode.

Die neue Methode. Prinzip get Methode: Die o rgan i s chen S u b s t a n z e n des B lu t e s w e r d e n n a c h CARIUS im :[30mbenrohr u n t e r Z u s a t z yon S i l b e r n i t r a t mi t t e l s t o t e r r a u c h e n d e r Sa lpe te r - s~ure vo l l s t~nd ig zers t6r t . Die Ha logene C1, Br, J gehen dabe i in die un16sl ichen Si lbersalze fiber. D u t c h F i l t r a t i o n u n d Auswaschen wi rd der Niederseh lag yore s a u r e n M e d i u m ge- t r e n n t u n d die schwer 15slichen S i lbe rha logen ide mi t t e l s des e l ek t ropos i t i ve ren Zinkes n a c h de r Gle ichung :

2 A g H a l + Z n = ZnHal~ + 2 Ag H a l ~ C1 = t3r = J

in die le ich t lSs l ichen Z i n k h a t o g e n i d e f ibergeff ihr t . N a c h dem Abf i l t r i e ren v o m fiberschfissigen Z i n k s t a u b u n d ausgef~l l ten