Über eine Klasse modifizierter ζ- undL-Funktionen

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Arch. Math., Vol. 36, 157--161 ( 1 9 8 1 ) 0003-889X/81/3602-0005 $ 01.50 + 0.20/0 ~) 1981 Birk]Z4userVerlag, Basel ~ber eine Klasse modifizierter C-und L-Funktionen Yon 1. In der Arbeit [3] haben E. Grosswald und F. J. Sehnitzer eine Klasse yon Funktionen angegeben, die in der rechten Halbebene die gleiche Nullstellenverteilung wie die Riemannsche C-Funktion bzw. wie irgendeine Dirichletsche L-Funktion besitzen. Die Motivation zu diesen Konstruktionen ist begriindet durch verschiedene Ans~tze, die im Zusammenhang mit der Riemannschen Vermutung studiert wurden. In dem folgenden Abschnitt dieser Arbeit werden Ergebnisse angefiihrt, die die yon E. Grosswald und F. J. Schnitzer verallgemeinern bis zu einer Grenze, die in gewissem Sinne bestmSglich ist. Die Beweise enths Abschnitt 3. Im letzten Ab- schnitt wird ein explizites Beispiel f'dr eine modifizierte ~-Funktion angegeben, die sich nieht fiber die imagin~re Achse hinaus analytisch fortsetzen l~Bt. Im folgenden wird mit Tn die gewShnliche n-re Primzahl bezeiehnet. Ferner denke man sich eine Folge (qn)neN reeller Zahlen gew~hlt mit 1 ~ ql ~ q2 ~ "'" und qn -> r mit n -> r Die Anzahffunktionen (x):= ~.1 bzw. Q(x):= ~1 sind offensiehtlieh f'dr x > 0 wohldefiniert. Die komplexe Variable s sehreiben wir alss=a ~-i.t. 2. Analog zu der Eulerschen Produktdarstellung der Riemannschen ~-Funktion C(8) = 1-I (1 - pj~)-~, ~ > 1 de~eren C* (s) := i-I (I - qj~)-~ und betrachtet nun das Problem, wie stark die q~ yon den Pn abweiehen kSnnen, so dab ~* (s) noeh in der rechten Halbebene bis auf einen einfachen Pol bei s = 1 holomorph ist und dort die gleichen Nullstellen besitzt wie $ (s). Die in [3] angegebene Bedingung (1) p~----<q~--<_p~+l, n_>--n0 l~Bt sich, wie Grosswald und Schnitzer vermutet haben, noch abschwi~chen. Es gilt diesbezfiglich der folgende

Transcript of Über eine Klasse modifizierter ζ- undL-Funktionen

Arch. Math., Vol. 36, 157--161 ( 1 9 8 1 ) 0003-889X/81/3602-0005 $ 01.50 + 0.20/0 ~) 1981 Birk]Z4user Verlag, Basel

~ber eine Klasse modifizierter C- und L-Funktionen

Yon

1. In der Arbeit [3] haben E. Grosswald und F. J. Sehnitzer eine Klasse yon Funktionen angegeben, die in der rechten Halbebene die gleiche Nullstellenverteilung wie die Riemannsche C-Funktion bzw. wie irgendeine Dirichletsche L-Funktion besitzen. Die Motivation zu diesen Konstruktionen ist begriindet durch verschiedene Ans~tze, die im Zusammenhang mit der Riemannschen Vermutung studiert wurden.

In dem folgenden Abschnitt dieser Arbeit werden Ergebnisse angefiihrt, die die yon E. Grosswald und F. J. Schnitzer verallgemeinern bis zu einer Grenze, die in gewissem Sinne bestmSglich ist. Die Beweise enths Abschnitt 3. Im letzten Ab- schnitt wird ein explizites Beispiel f'dr eine modifizierte ~-Funktion angegeben, die sich nieht fiber die imagin~re Achse hinaus analytisch fortsetzen l~Bt.

Im folgenden wird mit Tn die gewShnliche n-re Primzahl bezeiehnet. Ferner denke man sich eine Folge (qn)neN reeller Zahlen gew~hlt mit 1 ~ ql ~ q2 ~ "'" und qn -> r mit n -> r Die Anzahffunktionen

(x ) := ~.1 bzw. Q ( x ) : = ~ 1

sind offensiehtlieh f'dr x > 0 wohldefiniert. Die komplexe Variable s sehreiben wir a l s s = a ~ - i . t .

2. Analog zu der Eulerschen Produktdarstellung der Riemannschen ~-Funktion

C(8) = 1 - I (1 - p j ~ ) - ~ , ~ > 1

de~eren

C* (s) := i - I (I - qj~)-~

und betrachtet nun das Problem, wie stark die q~ yon den Pn abweiehen kSnnen, so dab ~* (s) noeh in der rechten Halbebene bis auf einen einfachen Pol bei s = 1 holomorph ist und dort die gleichen Nullstellen besitzt wie $ (s). Die in [3] angegebene Bedingung

(1) p~----<q~--<_p~+l, n_>--n0

l~Bt sich, wie Grosswald und Schnitzer vermutet haben, noch abschwi~chen. Es gilt diesbezfiglich der folgende

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Satz 1. I s t Q (x) ~- ~ (x) ~- 0 (xS) /fir jedes s > O, x --> ~ , so gilt

i) ~* (s) ~= 0/i~r z > 1,

ii) ~* (s) ist in a > 0 holomorph bis auf einen ein/achen Pol bei s ~- 1,

iii) ~* (s) besitzt in a :> 0 die gleichen -~ullstellen (einschliefllich Viel/achheiten) wie ~(s).

Da berei ts aus der Holomorphie yon $*'(s)/$*(s) ffir a _~ 1, s :4:1 naeh dem klassischen Taubersa tz yon Landau und Ikeha ra (vgl. z .B. [5], S. 114) der , ,Prim- zahlsa tz"

x

Q (x) ~ log x ' x -+

bzw.

(2) qn "" Pn , n --> r

folgt, mul3 (2) s tets gelten, u m i)--i i i) aus Satz 1 zu erffillen. En tgegen der in [3] ausgesprochenen Vermutung reicht (2) allein nicht dazu aus, wie sich an dem fol- genden Beispiel nachpri ifen l~13t. Setz t m a n qn :---- pn(1 + 1/log log n) f i i r n ~ no, so ist ~ p ~ ~ qn ~ fiir a ---- 1 divergent. Un te r Berficksichtigung der Doppelreihen-

n

"~f q)-ms /m darstel lung logq(s) ---- ~ r n ~ , a > 1 auch f'fir die modifizierte Funk t i on ~*(s), n ~ m

sieht man , dab ~* (s) an der Stelle s ---- 1 keinen einfachen Pol haben kann . Dari iber hinaus gab H. G. D iamond in [4] ein Beispiel an, in dem zwar (2) gilt, aber die zu- geh6rige ~*-Funkt ion nieht fiber die Gerade a ~- 1 hinaus for tse tzbar is t .

Verschs m a n (2) dadurch, dab fiber die blot3e A s y m p t o t i k hinaus genauere Restgl ieder ver langt werden, so l~Bt sich zeigen

KoroUar. Setzt man an : = qn/Pn, n ~ ~ und gilt an = 1 + 0 (n s-z) / is jedes s > O, so er/i21lt die zugehSrige ~*-Funkt ion i)--i i i) aus Satz 1.

Schliel31ich geben wir ohne Beweis ein zu Satz 1 analoges Ergebnis ffir L -Funk- t ionen an. Dazu sei Z ein Charakter rood g, q e M und ffir a > 1 die Dirichletsche L - F u n k t i o n erkl~rt du tch

L(s , Z) : = ~-~ (1 - - g ( p n ) p ~ ) -1 .

D a n n gilt

Satz 2. WShlt man nati~rliche Zahlen qn, n e ~ mi t

Pn ~ qn ~ Pn + R ( n ) , n = 1 , 2 , 3 , . . . :

wobei

und

/~(n) = O ( n g ,

qn - pn (rood q)

s >= 0 beliebig

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ist, so gi l t / i ir die durch das in a > 1 absolut konvergente Produkt

I-I (i - z (q~) qZ~) -~ n

definierte lVunktion L* (s, Z)

i) L * (s, Z) ist in die Halbebene a > 0/ortsetzbar,

ii) L * (s, Z) besitzt in a > 0 exakt die gleichen Nullstellen wie L (s, g),

iii) L * (s, Z) ist in a > 0 holomorph, so/ern % nicht der Hauptcharakter rood q ist.

Der Fall e ---- 0 entspricht dem Theorem 2 in [3].

3. Beweis yon Satz 1. Offensiehtlich reicht es zum Beweis yon Satz 1 aus zu zeigen, dab log (C* (s)/C(s)) in a > 0 holomorph ist. I)ie Holomorphie werden wir mit Hiffe einer geeigneten Laplace-Integraldarstellung beweisen, w~hrend Grosswald und Schnitzer sie aus der gleichm~liigen Konvergenz der entsprechenden I)oppelreihe hergeleitet haben.

Gehen wit noch zu den Funktionen

1 1 bzw. ypq(X):= ~. - - ~ ( x ) : = E.

fiber, so gilt wegen

~v(x) = ~(x) + -I -~(~) + "'" bZW.

(3)

Fq(x) = Q(x) -y -I-Q(V~) ~- . . .

VJv (x) - Wq(X) = 0 (x') + O(x'/2) + . . . = O(z~) , z - + oo,

da stets hSehstens 0 (log x) Summanden auftreten. Sei nun s = a ~- it, a > 1. Ausgehend yon der wohlbekaunten Darstellung

O o

iog C (3) = Sy-, a ~ (y) 1

folgt

(4) / (s) := log ~* (s) --_ f y-s (dypq (y) - - dypp (y)). C(s) i

Integrieren ~ i4) partiell, nutzen die Voraussetzung in Satz 1 aus und substituieren noch y -= e u, so erhalten wir

o o

/(~) = 8 f e-~'~ (Wq (eu) - ~ (eU)) d u . 0

Wegen (3) ist das Laplace-Integral sogar ffir s = a----e, s > 0 beliebig, absolut konvergent, so dab in der Tat / ( s ) in a > 0 holomorph ist. Damit ist Satz 1 bewiesen.

Die in Satz 1 geforderte Bedingung

Q (x) -- g(x) + O(x~), e > 0 beliebig,

ist in folgendem Sinne bestm6glich:

160 H. MOLLER AKCH. MATH.

Angenommen, wit h~tten qn e R, n e ~ so gefunden, dab

i) Ion ~_ qn, n >>- no (vgl. (1))

and

i~)

(5)

die zugeh6rige $*-Funktioni)--iii) aus Satz 1 erffillt, so ware /(s) = log (~* (s)/~ (s)) in a > 0 holomorph, also auch

f e-~ (~q(e~) - W ~ (e~)) du. 0

Wegen i) muB nach einem klassischen Satz yon Landau (vgl. [2], S. 153) for den absoluten Konvergenzpunk~ fl gel~en: /3 ~ O. Insbesondere muB das Integral (5) for s ~ a ~ e, 8 > 0 beliebig, absolut konvergieren.

Zum JBeweis des $~orollars is~ nur anzumerken, dab aus

qn = Pn + 0 (p~ n~-:) = Pn + 0 (n~), ~ > 0 bel,

unmittelbar fiir die Anzahlfunktionen

Q (x) -= z (x) ~- O (xs)

folgt. Somit ist man auf Satz 1 zuriickgefiihrt.

4. AbsehlieBend greifen wit noeh die Frage der Fortsetzbarkeit der bier betraeh- teten $*-Funktionen nach a ~ 0 auf. Wie bereits in [3], Abschnitt 5 angedeutet warde, lassen sieh Beispiele mit der imagin~ren Aehse als natfirliche Grenze angeben. Dazu betraehte man fiir eine beliebige reeUe Zahl ~ > 1

( q : , . . . , ~ . . . . ) = ( p : , . . . , p n . . . . ) u ( ~ , ~ 2 , . . . , ~ % . . . ) .

Dann ist

Q (x) = ~ (x) + ~ 1 = g (x) -k O (x~), e > 0 bel.. ct n ~x

Also besitzt die zugeh6rige ~*-Funktion die Eigensehaften i)--iii) aus Satz 1. Nun gilt wegen der absoluten Konvergenz des Produktes in a > 1

c* (~) = i-[ (~ - q;')-: = I-I (1 - p;.)-: I-I (~ - ~-~)-:

= $(s)- F (~ - , ) ,

wobei /V(z) die aus der Theorie der Par~i~ionen wohlbekannte (vgl. [1], S. 135ff.) Funktion

1 _ v ( z ) =

(1 - - z) ( 1 - z2) . . .

ist. F (z) ist in [z [ < 1 analytisch und besitzt [z I ~ 1 als natiirliche Grenze. Da ~(s) for a = 0 holomorph is~, lgBt sieh ~* (s) nicht fiber die imagin~re Achse hinaus fortsetzen. Dieses Beispie] zeigt auBerdem, dab das in Satz 1 angegebene Holomor- phiegebiet im allgemeinen nicht ver~SBert werden kann.

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Literaturverzeiehnis

[1] R. AYovB, An Introduction to the Analytic Theory of Numbers. Amer. Math. Soc. Math. Surveys 10, 1963.

[2] G. Dov, Tsc~, Handbuch der Laplace-Transformationen I. Basel 1950. [3] E. GROSSW~D and F. J. Scm~rrZER, A Class of modified ~- and L-Functions. Pac. J. Math.

74, No. 2, 357--364 (1978). [4] C. RYAv•C, The Analytic Continuation of Euler Products with Applications to Asymptotic

Formulae. Illinois J. Math. 17, 608--618 (1973). [5] W. Sc~w~z , Einffihrung in Methoden und Ergebnisse der Primzahltheorie. B.I.-Hochschul-

taschenbfichcr 278, (1969).

Anschrift des Autors:

Helmut Miiller Mathematisches Seminar Bundesstra$e 55, D-2000 Hamburg 13

Eingegangen am 2. 6. 1980

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