ÜBERTRAGUNG DES STERNBERG-PARADIGMAS IN DEN ... · nen räumliche Positionen, die in einer 4x4...

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FAKULTÄT F UR PSYCHOLOGIE BERICHT NRM 54/1999 Thomas Friedrichsmeier ÜBERTRAGUNG DES STERNBERG-PARADIGMAS IN DEN ZWEIDIMENSIONALEN RAUM VERSUCH EINER SYSTEMATISCHEN ENTFERNUNG SERIELLER CHARAKTERISTIKA AUS DEM STIMULUSMATERIAL

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FAKULTÄT F UR PSYCHOLOGIE

KOGNITIONS- UND UMWELTPSYCHOLOGIE

D-44780 BOCHUM

BERICHT NRM 54/1999

Thomas Friedrichsmeier

ÜBERTRAGUNG DESSTERNBERG-PARADIGMAS

IN DENZWEIDIMENSIONALEN

RAUM

VERSUCH EINERSYSTEMATISCHEN ENTFERNUNG

SERIELLER CHARAKTERISTIKAAUS DEM STIMULUSMATERIAL

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Vorwort

Die Arbeit von Thomas Friedrichsmeier hat kein empfehlendes Vorwort nötig, nur ein paarInformationen über ihre Entstehung.Frisch von der Schule gekommen, hat Thomas Friedrichsmeier im 2. Semester einen sehrguten Untersuchungsbericht zum ersten Laborpraktikum verfasst und nun im 3. Semesterdiese Studienarbeit als Resultat des 2. Praktikums. Die Idee zu der neuartigen Variable„Grad der seriellen Bindung" im Sternberg-Versuch ist Frucht des eigenen Nachdenkensüber die empfohlene Lektüre. Die Realisierung der Versuchsidee mittels eines Computer-Programms, komplexe Versuchsplanung, Technik der Nachbefragung, sophistizierte stati-stische Bearbeitung — alles geschah ohne Zutun des Betreuers. Thomas Friedrichsmeiernutzte fast nie die für ihn reservierte Sprechzeit des Praktikumsleiters. Der Text ist ohnedie geringsten redaktionellen Eingriffe des Betreuers geblieben. Erst beim Lesen sind mirdie enormen theoretischen Implikationen des neuen Ansatzes aufgegangen.

Wolfhart Matthäus

Bochum, im August 1999

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung IV

1 Einleitung 1

1.1 Der klassische Sternberg-Versuch 1

1.2 Erklärungsansätze 1

1.2.1 Modell der seriellen Suche 1

1.2.2 Modelle der parallelen Suche 2

1.2.3 Direct Access Modelle 3

1.2.4 Hybride Modelle 5

1.3 Abwandlungen des klassischen Sternberg-Versuchs 6

1.4 Forderungen an einen neuen Versuch im Sternberg-Paradigma 6

Die neue Variante des Sternberg-Paradigmas 8

3 Fragestellungen 10

3.1 Replikation der klassischen Ergebnisse 10

3.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante 10

3.3 Generelle Annahmen 11

4 Methode 12

4.1 Details des Versuchsaufbaus 12

4.2 Design 13

4.3 Versuchspersonen 14

4.4 Versuchsablauf 14

4.5 Grundlagen der statistischen Auswertung 15

4.6 Mathematische Formulierung der Hypothesen 16

4.6.1 Replikation der klassischen Ergebnisse 16

4.6.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante 17

5 Ergebnisse 19

5.1 Überprüfung der formulierten Hypothesen 19

5.1.1 Replikation der klassischen Ergebnisse 19

5.1.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante 22

5.2 Auswertung der subjektiven Befragung 24

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Inhaltsverzeichnis B1

5.3 Post hoc-Betrachtungen 26

5.3.1 Replikation der klassischen Ergebnisse 27

5.3.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante 29

5.3.3 Suche nach homogenen Gruppen 30

6 Diskussion der Ergebnisse 31

6.1 Interpretation der zentralen Ergebnisse 31

6.2 Kritik an der Verfahrensweise 34

6.2.1 Kritik an der vorliegenden Studie 34

6.2.2 Generelle Kritik 36

6.3 Perspektiven zukünftiger Forschung 37

7 Allgemeine Diskussion 38

8 Literatur 41

9 Anhang 43

9.1 Zentrale deskriptive Daten 43

9.2 Regressionsanalysen 43

9.3. t-Tests 44

9.4 Effekt der Merklistenlänge bei link 1&3 44

9.5 Korrelationen der Prädiktoren 44

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Zusammenfassung IV

Zusammenfassung

Das von Samuel Sternberg (1966) entwickelte Paradigma zur Untersuchung von Suchpro-zessen im Kurzzeitgedächtnis ist seit nunmehr 30 Jahren Gegenstand einer andauerndenKontroverse darüber, wie die gefundenen Ergebnisse zu interpretieren seien. Dabei wurdejedoch nur von wenigen Autoren Wert darauf gelegt den Einfluß unterschiedlichen Stimu-lusmaterials auf den Suchprozeß zu untersuchen. Insbesondere wurde bisher kein systema-tischer Versuch unternommen, serielle Charakteristiken des Stimulusmaterials zu entfernenbzw. kontrolliert zu variieren. In der vorliegenden Studie wird eine Variante des Sternberg-Paradigmas vorgestellt, die diesen Anforderungen gerecht wird. Als Stimulusmaterial die-nen räumliche Positionen, die in einer 4x4 Matrix dargestellt werden. Die Serialität derDarbietung kann hier in vier Stufen systematisch variiert werden. Angenommen wird, daßdadurch unabhängig von der Versuchsperson beeinflußt werden kann, ob und in welchemAusmaß die von Sternberg gefundenen Effekte auftreten. Untersucht werden auch einigeandere Aspekte des neuen Versuchsaufbaus. Die vorliegende Studie ist dabei eher als Pi-lot-Studie, denn als tiefergehende Untersuchung anzusehen.Es stellt sich vor allem heraus, daß die untersuchten Versuchspersonen unterschiedlicheStrategien verwenden, um die Versuchsaufgabe zu bewältigen. Entsprechend ergeben sichunterschiedliche Effekte für die verschiedenen Versuchspersonen, die allerdings aufgrundeines unglücklich gewählten Designs nicht in wünschenswertem Umfang beleuchtet wer-den können. Dennoch scheint der Versuchsaufbau zu erlauben, die Serialität des Stimu-lusmaterials zu variieren und damit zusammenhängend erwartungsgemäß das Ausmaß, indem die klassischen Sternberg-Ergebnisse repliziert werden. Der vorliegende Ver-suchsaufbau verdient damit weitere Beachtung.Es wird ein Modell vorgeschlagen, innerhalb dessen Theorien der seriellen und parallelenSuche, ebenso wie Theorien des direct access gleichberechtigt nebeneinander stehen kön-nen.

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Einleitung 1

1 Einleitung

Vor mittlerweile mehr als 30 Jahren entwickelte Samuel Sternberg (1966) ein inzwischennach ihm benanntes Paradigma, dessen Ergebnisse einen bis heute andauernden regelrech-ten Streit auslösten, welches Modell am Besten zur Erklärung geeignet sei. Der Grund da-für dürfte sein, daß Sternberg in seinem Experiment zur Suche im Kurzzeitgedächtnis Re-sultate erhielt, die zunächst einer intuitiven Vorstellung, wie solche Suchprozesse ablaufenwidersprechen. Keine der seither entstandenen Theorien vermag eine wirklich überzeugen-de Erklärung für alle in späteren Abwandlungen des ursprünglichen Paradigmas gefunde-nen Effekte zu liefern.

1.1 Der klassische Sternberg-Versuch

Sternberg (1966) präsentierte seinen Versuchspersonen eine kurze Merkliste von n zu be-haltenden Items und anschließend ein Testitem, zu dem die VPn jeweils möglichst schnellentscheiden sollten, ob es in der Merkliste vorhanden war oder nicht. Dabei stellte sichheraus, daß die Reaktionszeiten linear mit der Listenlänge n bei einer Steigung von etwa38 ursec pro Merkitem ansteigen. Interessant ist dabei vor allem, daß die Steigung für po-sitive (also in der Merkliste enthaltene) und negative Testitems identisch ist. Damitschließt sich die rein intuitive Vorstellung aus, die Merkliste werde durchsucht, bis entwe-der ein Testitem gefunden oder das Ende der Liste erreicht wird. In diesem Fall wäre näm-lich zu erwarten, daß die mittlere Reaktionszeit bei negativen Testitems proportional zu n

ansteigt, während die Steigung bei positiven Antworten der mittleren Anzahl der zu durch-suchenden Items, also n/2 proportional wäre (bei gleicher Proportionalitätskonstante)I.

1.2 Erklärungsansätze

Im Folgenden soll vor allem eine Übersicht über die wichtigsten Modelle zur Interpretationdieser Daten gegeben werden. Dabei wird allerdings auch Wert darauf gelegt, auf einigeder Schwächen dieser Modelle hinzuweisen. Eine ausführliche Darstellung der Modelle,ihrer Vorzüge und Probleme findet sich bei McNicol & Stewart (1980).

1.2.1 Modelle der seriellen Suche

Um den gefundenen Daten gerecht zu werden, schlug Sternberg (1966) ein Modell vor, dasgenau wie die intuitive Vorstellung davon ausgeht, daß die Items der Merkliste nacheinan-der mit dem Testitem verglichen werden, wobei jeder Vergleich die ermittelten 38 msec inAnspruch nimmt und zusätzlich etwa 400 msec für die Enkodierung des Testitems, die

1 Im Folgenden wird in diesem Zusammenhang von Realctionszeitgeraden bzw. Reaktionszeitfunktionen gesprochen.Diese sind nicht zu verwechseln mit den absoluten Reaktionszeiten.

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2 Einleitung

Entscheidung und die eigentliche Reaktion benötigt werden. Zusätzlich machte er jedochdie Annahme, daß unabhängig davon, ob eine Übereinstimmung mit dem Testitem bereitsgefunden wurde, die gesamte Merkliste durchsucht wird. Entsprechend dieser Grundan-nahmen wird dieser Ansatz als Modell der exhaustiven seriellen Suche bezeichnet. Einernstzunehmendes Problem dieses Ansatzes ist allerdings, daß es einen unendlichen Re-greß impliziert, indem die Ergebnisse der einzelnen Vergleiche selbst seriell abgespeichertund anschließend exhaustiv durchsucht werden müssen, ebenso wie die Vergleiche diesesweiteren Scans (Corballis, Kirby & Miller (1972)). Um das Modell zu verteidigen, mußalso zusätzlich angenommen werden, daß die Ergebnisse des Scans vielmehr in einemZähler gespeichert werden, der bei jedem positiven Vergleich erhöht wird.Zudem zeigte sich in Replikationen des Sternberg-Versuchs, daß die Reaktionszeiten nichtvollkommen unabhängig von der Position des Testitems in der Merkliste sind (bei positi-ven Items), sondern sich signifikante Primacy- und Recency-Effekte ergeben, d.h. also aufTestitems am Anfang oder Ende der Merkliste schneller reagiert wird, als auf solche in derMitte (siehe McNicol & Stewart (1980)). Um zumindest den in der Regel stärker ausfal-lenden Recency-Effekt erklären zu können, entwickelten Theios, Smith, Haviland, Traup-man & Moy (1973) das Modell einer selbstterminierenden Suche, die mit dem zuletzt prä-sentierten Item der Merkliste beginnt und sich rückwärts durcharbeitet, bis das Testitemgefunden wird. Um dennoch der Parallelität der Reaktionszeitgeraden für positive und ne-gative Testitems gerecht zu werden, wird die Annahme gemacht, daß zusätzlich zurMerkliste noch weitere Items aus vorangehenden Versuchsdurchgängen in einer Art Puffervon bestimmter Größe gespeichert werden. Im Falle von negativen Testitems werden nunnach Theios et al. (1973) auch die weiteren Items im Puffer abgearbeitet. Setzt man nundie Puffergröße auf c, so ergibt sich für positive Durchgänge ein Mittelwert von n/2 abzu-arbeitenden Items, für negative von n+(c-n)I2 = n/2+c/2 Items. Die vertikale Position derReaktionszeitgeraden kann durch die Annahme unterschiedlicher Entscheidungsdauern fürpositive und negative Items angepaßt werden. Implizit wird allerdings zusätzlich vorausge-setzt, daß sich das negative Item genau einmal im Puffer befindet. Denkt man sich nun einAlphabet (d.h. eine Menge möglicher Items), welches erheblicher kleiner und eines, wel-ches erheblicher größer ist als der verbleibende Puffer (c-n), so wird deutlich, daß je nachdiesem Verhältnis die mittlere Anzahl der im verbleibenden Puffer zu scannenden Itemskeineswegs dessen Hälfte entsprechen muß, daß also bei schwankenden Alphabetgrößen(und der sinnvollen Annahme eines konstanten Puffers) die Parallelität der Reaktionszeit-geraden nicht mehr gegeben ist.

1.2.2 Modelle der parallelen Suche

Aufgrund solcher offensichtlichen Probleme der Modelle der seriellen Suche konzentrier-ten sich viele auf alternative Erklärungen. Modelle der parallelen Suche gehen davon aus,daß alle Items der Merkliste gleichzeitig mit dem Testitem verglichen werden. Auch hierkann nach Modellen unterschieden werden, die eine exhaustive Suche annehmen und sol-chen, die von einer selbstterminierenden Suche ausgehen. Erstere Modelle haben dabeierheblich weniger Schwierigkeiten, die gefunden parallelen Reaktionszeitgeraden zu erklä-

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Einleitung 3

ren (Taylor (1976)). Sie gehen davon aus, daß der Vergleich unterschiedlicher Items derMerkliste unterschiedlich lange dauert, daß aber eine Entscheidung erst dann gefällt wer-den kann, wenn alle Items verglichen sind. Das Item, welches die längste Verarbeitungs-dauer beansprucht, bestimmt also die Reaktionszeit. Nun steigt die Chance, daß dieMerkliste ein Item enthält, welches eine besonders lange Verarbeitungsdauer erfordert, mitder Länge der Merkliste. Nimmt man jedoch eine Normalverteilung der Verarbeitungsdau-ern an, so ergibt sich eine deutlich rechtsgekrümmte Funktion der Reaktionszeiten in Ab-hängigkeit von der Merklistenlänge, nicht jedoch die immer wieder bestätigte lineare Be-ziehung. Taylor (1976) behalf sich damit, daß er statt dessen eine Exponentialverteilungannahm und zusätzlich einen Faktor einführte, der die für jeden einzelnen Vergleich zurVerfügung stehende Berabeitungskapazität berücksichtigt. Dabei wird also davon ausge-gangen, daß insgesamt nur eine limitierte Bearbeitungskapazität (K) zur Verfügung steht,die sich auf die n Items der Merkliste aufteilen muß. Konkret wurde eine gleichmäßigeVerteilung der Bearbeitungskapazität angenommen, so daß sich als Kehrwert der FaktornIK ergibt. Dadurch erlaubt das Modell auch für längere Merklisten ein gute Vorhersageder Ergebnisse, allerdings ist die Annahme einer Exponentialverteilung durchaus proble-matisch und kann auch nicht inhaltlich begründet werden (McNicol & Stewart (1980)).Möglicherweise könnte das Modell auf diese Annahme verzichten, wenn stattdessen dieVerteilung der Bearbeitungskapazität als nicht-linear angenommen würde. So wäre esdurchaus denkbar, daß sich die einzelnen Vergleichsprozesse zusätzlich gegenseitig stören,so wie es in vielen anderen Bereichen auch außerhalb der Psychologie (z.B. Amdahl's Ge-setz für die Leistung von Multiprozessorencomputern) bei parallel laufenden Prozessengefunden wird. Allerdings sollte dann im Voraus eine gut gesicherte Annahme über diegenaue Verteilung der Bearbeitungskapazität bestehen, um ein entsprechendes Modell di-rekt auf seine Tauglichkeit zu beurteilen, anstatt ein mathematisch perfekt auf die Datenanwendbares, aber inhaltlich unbegründetes Modell zu entwerfen.Ratcliff (1978) entwarf statt dessen ein Modell, welches selbstterminierende Suche fürpositive und exhaustive Suche für negative Versuchsdurchgänge annimmt.. Der eigentlicheVorzug von Ratcliff' s Modell ist jedoch, daß es den Prozeß der Entscheidungsfindung überdie Übereinstimmung des Testitems mit den jeweiligen Items der Merkliste näher spezifi-ziert. Dabei nimmt er einen Prozeß an, der sich sehr gut mit der Signaldetektionstheorievereinen läßt (vgl. McNicol & Stewart (1980)).

1.2.3 Direct Access Modelle

In dieser Hinsicht Ratcliff' s Modell verwandt ist die Gruppe der Direct Access Modelle.Diese basieren auf der Vorstellung, daß die Items der Merkliste bei der Präsentation akti-viert werden. Die Aktivierungsstärke der Items verringert sich dabei mit der Zeit (generellwird eine Exponentialfunktion mit negativem Exponenten angenommen). Der Vergleichmit dem Testitem erfolgt nun durch direkten Vergleich mit der Aktivierungsstärke diesesItems im Gedächtnis. Je eindeutiger dieser Vergleich ausfällt, desto schneller kann eineEntscheidung getroffen werden. Damit ist dieses Modell sofort in der Lage, eine plausibleErklärung für Recency-Effekte zu geben. Um den linearen Anstieg der Reaktionszeit mit

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4 Einleitung

der Merklistenlänge zu erklären, muß jedoch zusätzlich angenommen werden, daß mitsteigender Anzahl zu behaltender Items die Alctivierungsstärken weniger eindeutig werden.Baddeley & Ecob (1973) nahmen dementsprechend an, daß insgesamt nur eine bestimmteStärke (S) vergeben wird, und sich somit die mittlere Aktivierungsstärke der einzelnenItems zu Sin ergibt2. Damit ist das Modell in der Lage, die klassischen Sternberg-Ergebnisse vorherzusagen, einschließlich der Erkenntnis, daß mehrfach in der Merklisteauftauchende Items schneller erkannt werden, welche den anderen Modellen erheblicheSchwierigkeiten bereitet. Allerdings läßt sich die Annahme, daß insgesamt stets nur einekonstante Aktivierungsstärke vergeben wird, durchaus hinterfragen. Um sie plausibel er-scheinen zu lassen, muß entweder angenommen werden, daß die einzelnen Items kontinu-ierlich aufgefrischt werden, wofür nur eine begrenzte Kapazität zur Verfügung steht, oder(unwahrscheinlicher), daß die VPn schon im Voraus wissen, wie viele Items sie erwarten(so daß nicht bspw. die komplette Aktivierung schon an die ersten paar Items vergebenwird).

d Aktivierungsstärke

Figur 1.1: Die Normalkurve symbolisiert die Wahrscheinlichkeit, eines negativen Items, eine bestimmteAktivierungsstärke aufzuweisen. Damit entspricht die durchschnittliche Aktivierung eines negativen Itemsder gestrichelten Linie. Soll nun entschieden werden, ob ein Item positiv ist, so könnte dazu zum einen derAktivierungsunterschied cl zu einem durchschnittlichen negativen Item dienen. Es könnte aber auch, dieWahrscheinlichkeit p herangezogen werden, mit der ein Item bei einer bestimmten Aktivierungsstärke nega-tiv ist. Wahrscheinlich dürfte eine heuristische Annäherung an diese oder andere Werte sein. Ein linearerZusammenhang ist damit nicht zwingend notwendig.

2 Eigentlich gingen sie davon aus, daß es sowohl positive als auch negative Aktivierungen gibt, wobei die negativenAktivierungen dann einfach ein negatives Vorzeichen erhalten, so daß das Entscheidungskriterium bei null Hegt (sofernes nicht durch eine Antworttendenz verzerrt ist). Das ist jedoch nicht unbedingt erforderlich, da statt dessen die sinnvolleAnnahme gemacht werden kann, daß sich die Items zu Beginn in einem neutralen Aktivierungszustand von null befindenund entsprechend das Kriterium sich der Aktivierungsstärkenverteilung anpasst. Ansonsten müßte entweder angenom-men werden, daß jedes negative Item explizit negativ aktiviert wird (aber wann soll das geschehen? Schließlich werdendie negativen Items gerade nicht präsentiert), oder daß alle Items im Voraus negativ aktiviert werden (aber warum dannnicht mit der Stärke -S/a, wobei a der Größe des Alphabetes entspricht? Schließlich wurde zuvor angenommen, daß mehrAktivierungsstärke nicht zur Verfügung steht) und anschließend mit der doppelten Stärke positiv aktiviert werden (aberwarum steht dafür die doppelte Stärke zur Verfügung?).

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Einleitung 5

Zusätzlich darf die Frage aufgeworfen werden, ob die Schwierigkeit der Entscheidung ehervon der Entfernung des Aktivierungsniveaus vom Entscheidungskriterium abhängig ist,wie es die als invers zur Merbistengröße angenomme Aktivierungsstärke voraussetzenwürde, um den linearen Zusammenhang zu beschreiben, oder ob vielmehr die Wahr-scheinlichkeit, eine Fehlentscheidung zu treffen, die Schwierigkeit der Entscheidung be-einflußt (siehe zur Verdeutlichung Figur 1.1). Ebenfalls denkbar wäre, daß zwar alle Itemsgleichermaßen aktiviert werden, daß jedoch auch mit jedem Item ein gewisses Rauschenauf sämtliche anderen Items verteilt wird, so daß eine Entscheidungsfindung nach der Si-gnaldetektionstheorie, ob nur Rauschen oder aber Signal-FRauschen vorliegt, zunehmendschwieriger wird. Allerdings würde sich dadurch nicht zwangsläufig ein linearer Anstiegder Reaktionszeit bei steigender Merklistenlänge ergeben. Außerdem mag die Annahme,daß sämtliche Items im Alphabet bei jedem präsentierten Item mit Rauschen aktiviert wer-den, zwar plausibler erscheinen als der Ansatz, den Baddeley & Ecob verfolgen, letztlichinhaltlich rechtfertigen läßt sie sich aber auch nur schwer.

1.2.4 Hybride Modelle

Aufgrund der Schwierigkeit, die sich mit allen drei Formen ‚reiner' Modelle ergeben, ist esnichtverwunderlich, daß eine ganze Reihe unterschiedlicher Kombinationen entwickeltwurden, die versuchen, die Stärken verschiedener Modelle zu übernehmen, ohne gleich-zeitig auf ihre problematischen Annahmen zurückgreifen zu müssen. An dieser Stelle solljedoch als einziges solcher Modelle jenes von Corballis & Miller (1973) berücksichtigtwerden, welches eine Kombination der Direct Access und Seriellen Suche-Modelle dar-stellt und meiner Ansicht nach vom Ansatz her äußerst vielversprechend ist.Corballis und Miller gehen davon aus, daß der eigentliche Vergleich von Testitem undMerkliste direkt erfolgt, daß es jedoch in der Regel notwendig ist, die Items zuvor zu pri-men. Dieses Priming erfolgt seriell und dient dazu, die Aktivierungen der Items derMerkliste aufzufrischen, um einen Vergleich erst zu ermöglichen. Wurde das fraglicheItem allerdings sowieso erst kürzlich aktiviert, da es am Ende der Merkliste steht, so ist einPriming nicht unbedingt erforderlich, und ein Vergleich kann erheblich schneller erfolgen.Somit erklärt das serielle Priming den linearen Anteil der Reaktionszeitgeraden, währendgleichzeitig die Erklärungsstärke der Direct Access Modelle bezüglich von Recency-Effekten berücksichtigt wird. Als Erklärung dafür, daß überhaupt ein serielles Primingstattfindet, führen Corballis und Miller an, daß aufgrund von Rehearsal die einzelnen Itemsso stark seriell verbunden werden, daß sie zwar einzeln vielleicht nicht mehr präsent sind,aber durch sequentielle Aktivierung wieder für einen Vergleich verfügbar gemacht werdenkönnen. Entsprechend sagen sie voraus, daß der lineare Anteil der Reaktionszeitfunkionbesonders bei solchen Experimenten stark hervortritt, die ein serielles Rehearsal stark na-helegen, während die Linearität in entgegengesetzten Fällen hinter Recency-Effekten zu-rücktritt, wie es tatsächlich z.B. in der Studie von Okada (1971) gefunden wurde.Auf diesen Erklärungsansatz werde ich in den Teilen 6.1 und 7 noch einmal zurückkom-

men.

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6 Einleitung

1.3 Abwandlungen des klassischen Sternberg-Versuchs

Zuletzt wurde postuliert, daß die im klassischen Versuch gefundenen Reaktionszeitgeradenin der stark seriellen Organisation der Merkliste begründet sein könnten, welche wiederumdurch serielles Rehearsal bedingt wird. Zwar wurden auch Variationen des Sternberg-Experiments untersucht, bei denen dieses serielle Rehearsal unterdrückt wird, jedoch blie-ben solche Versuche stark in der Minderheit. In diesem Kontext ist zudem darauf hinzu-weisen, daß schon die Beschaffenheit des Stimulusmaterials eine mehr oder weniger starkserielle Verarbeitung bedingen kann. So weist Anderson (1996) (siehe auch schon Ander-son (1983)) darauf hin, daß verbales Material geradezu zwangsläufig serieller Natur ist,während dies für bildliches Material nicht unbedingt zutrifft. Nicht zuletzt fällt auf, daß dasSternberg-Paradigma oft unter dem Stichwort der Suche im Kurzzeitgedächtnis beschrie-ben wird, sich jedoch der Großteil der Experimente in diesem Gebiet auf verbale oderleicht verbalisierbare Stimuli bezieht. Spätestens seit der Formulierung der eng mit demNamen B addeley verknüpften Theorie des Arbeitsgedächtnisses (erstmals 13addeley &Hitch (1974)) besteht jedoch weitestgehend Konsens darüber, daß das Kurzzeitgedächtnisnicht einheitlich aufzufassen ist, sondern sich vielmehr modalitätsspezifische Systeme un-terscheiden lassen. Sicherlich hat es Variationen des Sternberg-Versuchs gegeben, die bei-spielsweise Ausschnitte einer Schwarzweiß-Zeichnung (Letiö & Kauri (1973)), Farbfelder(Imberg (1998)), einfache Symbole, zufällige Muster (beides Wolski & Maj (1998)) oderTöne unterschiedlicher Frequenzen (Pereira (1999)) als Stimulusmaterial benutzen. Den-noch findet sich in der Literatur kein Ansatz, in dem systematisch gleichzeitig nicht-verbalisierbares Material verwendet wird und solches, welches keine serielle Verarbeitungvoraussetzt3.

1.4 Forderungen an einen neuen Versuch im Sternberg-Paradigma

Um den Einfluß der seriellen Natur des Stimulus-Materials zu untersuchen, wäre also einVersuchsaufbau wünschenswert, bei dem zum einen das Rehearsal unterdrückt und zumanderen Material benutzt wird, das eine Verbalisierung in keiner Weise nahelegt undgleichzeitig eine parallele Speicherung ermögliche.Um letztere Forderung zu erfüllen, bieten sich haptische oder visuelle Stimuli an, wobeierstere in der praktischen Realisierung des Versuchs natürlich erheblich aufwendiger sindund daher an dieser Stelle zunächst unberücksichtigt bleiben.Zur bestmöglichen Vermeidung von Verbalisierungen sollten Farbinformationen keine

3 Die von Lethiö und Kauri benutzte Zeichung bestand aus leicht benennbaren Objekten; Imberg berichtete, daß einigeVPn sich die Farben mit Namen merkten; akustische Stimuli sind ebenso seriell wie verbale; die zufälligen Muster sindin dieser Richtung der vielversprechendste Ansatz (sie wurden auch mit genau dieser Absicht entworfen), WolsId&Majberichteten jedoch, daß ihre VPn dennoch auch bei diesen Stimuli auf Verbalisierungsstrategien zurückgriffen. Es wur-den Namen oder Bezeichnungen mit den einzelnen Mustern assoziiert. Zu vermuten ist, daß die Muster zu komplexwaren, um parallel bildlich gemerkt zu werden, so daß sich eine Vereinfachung über Verbalisierung geradezu aufdrängt.4 In logischer Folge müßte das Material auch parallel dargeboten werden. Allerdings ergibt sich das Problem, daß dieStimuli dann entweder trotzdem seriell verarbeitet würden, wenngleich in nicht durch den Versuchsaufbau kontrollierba-rer Reihenfolge, oder aber mit hoher Wahrscheinlichkeit als zusammengesetzter Stimulus gänzlich anders prozessiertwürden.

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Einleitung 7

Bedeutung im Sinne der Versuchsaufgabe tragen. Damit verbleiben als mögliche Stimulivisuelle Strukturen (bspw. geometrische Figuren) oder rein räumliche Informationen. Beider Verwendung von Strukturen ergibt sich das Problem, daß komplexe Strukturen zumeinen mitunter schwer unterscheidbar sind, zum anderen zu verbalen Assoziationen oder-Vereinfachungen verleiten könnten (siehe Fußnote 3). Einfache Strukturen, wie z.B. geo-metrische Figuren, sind jedoch oft benennbar. Insofern erscheint es am sinnvollsten, reinräumliche Informationen zu nutzen, obwohl natürlich auch in diesem Fall Verbalisierungennicht komplett ausgeschlossen werden können. In dem Versuchsaufbau, den ich im Fol-genden vorschlagen werde, erscheint es jedoch, daß Verbalisierungen entweder zu einerrecht komplexen Benennung führen würden, oder aber ein geübtes Schema voraussetzen.Es bleibt schließlich die Unterdrückung von Rehearsal5 . Auf diesen Aspekt soll hier jedochbewußt nicht eingegangen werden. Zunächst sollte vielmehr getestet werden, ob der Ver-suchsaufbau in dieser Form die klassischen Sternberg-Ergebnisse zu replizieren vermag,bzw. ob diese Übertragung in ein anderes Medium allein möglicherweise schon zu erheb-lich anderen Ergebnissen führt.

5 Was in diesem Zusammenhang unter Rehearsal zu verstehen ist, wird in Teil 6.1 diskutiert werden.

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8 Die neue Variante des Sternberg-Paradigmas

2 Die neue Variante des Sternberg-Paradigmas

Der neu entworfene Versuchsaufbau gestaltet sich derart, daß zunächst auf einem Compu-terbildschirm eine quadratische 4x4-Felder-Matrix präsentiert wird. Diese bleibt währendeines ganzen Versuchsdurchlaufs sichtbar. Im Mittelpunkt der einzelnen Felder erscheinennun als Merkitems nacheinander weiße Kreise konstanter Größe; das Testitem erscheintnach einem Signalton ebenfalls als ein solcher Kreis in einem der Felder. Die Aufgabe derVP ist es also, sich zu merken, ob diese räumliche Position bereits präsentiert worden ist.

Dabei dient die Matrix zugleich als Orientierungsmuster und als symbolische Darstellungdes möglichen Alphabets. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Varianten des Sternberg-Versuchs ist der VP also zu jedem Zeitpunkt präsent, welche möglichen verschiedenenItems potentiell auftauchen können, wodurch Unsicherheiten über die Identität verschiede-ner Items (wie sie bspw. bei der Darbietung von Tönen unterschiedlicher Frequenzen auf-treten können) vermieden werden6.In diesem Aufbau bietet es sich allerdings zusätzlich an, die Serialität der Merkliste syste-matisch zu variieren. Figur 2.1 illustriert graphisch vier verschiedene Bedingungen, die inden Versuchsaufbau integriert wurden. Diese werden im Folgenden mit link (für serielle

Verbindung) 0 bis 3 bezeichnet. Im einzelnen bedeutet

link 0: Die Merkitems werden nacheinander präsentiert, zwischen den Darbietungen derItems erfolgt jeweils eine Pause (Das Inter-Stimulus-Intervall, im Folgenden ISI),während der keiner der Kreise sichtbar ist.

link 1: Im Gegensatz zur vorigen Bedingung sind während einer Übergangszeit beideStimuli sichtbar. Dann verschwindet der erste Kreis, während der nächste beste-hen bleibt, um wiederum mit dem darauffolgenden Stimulus (zeitlich) zu überlap-pen.

link 2: Wie link 1, nur daß zusätzlich während der Überlappungsdauer zwischen denKreisen ein Pfeil präsentiert wird, der vom ersten auf das nächste Item deutet.

link 3: Der das Item repräsentierende Kreis wandert von einer Position zur nächsten.Während dieser Zeit (die wiederum dem ISI bzw. der Überlappungsdauer 7 ent-spricht) ist also weder das erste, noch das nächste Item direkt sichtbar, sondernnur die Bewegung des Kreises. Da das BI konstant bleibt, ergibt sich natürlich,daß der Kreis bei größeren zurückzulegenden Distanzen schneller wandert, als beigeringeren.

6 Ein konträrer Versuchsaufbau, ohne Orientierungshilfen und mit weniger klar definierten bedeutungstragenden Unter-schieden (in diesem Fall sind dies exakt konstante horizontale und vertikale Abstände), wäre natürlich genauso untersu-chenswen. An dieser Stelle soll jedoch versucht werden, einen möglichst einfachen, eindeutigen Versuchsaufbau zugestalten, in dem Faktoren, die nicht direkt die Serialität/Parallelität der Stimuli betreffen, möglichst ausgeschlossenwerden.7 Auch die Überlappungs- bzw. Bewegungsdauer werden im Folgenden unter dem claftir_streng genommen nicht ange-messenen Begriff des ISI subsummiert.

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link 0 link 1 link 2 link 3

Figur 2.1: Symbolische Darstellung der verschiedenen Iink-Bedingungen. Die ausgefüllten Kreise stellenwährend des ISI sichtbare Items dar. Die Positionen des vorhergehenden bzw. folgenden Items werden durchleere Kreise dargestellt. (siehe Text)

Die Bedingungen sind in der Reihenfolge geordnet, in der gemutmaßt wird, daß sie suk-zessive eine stärkere Serialität in der Merkliste bedingen, indem sie eine assoziative Ver-bindung der jeweils aufeinanderfolgenden Punkte nahelegen. Kritisch kann angemerktwerden, daß die Items in der link 0-Bedingung insgesamt kürzer sichtbar sind, als in denanderen Bedingungen, in denen die Darbietung während des ISI zeitlich überlappt (bzw.im 'Fall von link 3 zumindest ein indirekter Hinweis besteht, wo sich Ausgangs- und End-punkt der „Wanderung" befinden). Zugunsten einer stärkeren Trennung der Darbietung dereinzelnen Items wurde jedoch darauf verzichtet, das IST gewissermaßen auf die beidenItems aufzuteilen. Ansatzweise rechtfertigen läßt sich diese Vorgehensweise vielleicht da-durch, daß keine Maskierung der Items erfolgt, daß also das vorausgehende Item jeweilsnoch im sensorischen Register erhalten bleibt, bis die Aufmerksamkeit dann ohnehin aufdas nächste Item gelenkt werden muß.Wie bereits in Abschnitt 1.4 angesprochen scheint eine Verbalisierung der so dargebotenenräumlichen Information dadurch unwahrscheinlich zu werden, daß sich spontan keinehandlichen Benennungen für die einzelnen Positionen finden lassen. So erscheint es reinintuitiv, daß sich die Positionen einfacher als solche merken lassen, als mit Bezeichnungenwie „3. von oben, 2. von links". Auch eine verkürzte Verbalisierung in Analogie zur Be-nennung der Felder eines Schachbretts (bspw. „C2") setzt nicht nur einige Übung voraus,sondern verdoppelt zugleich die Anzahl der zu merkenden Items (sofern nicht hoch trai-nierte VPn eine solche Codierung dermaßen verinnerlicht haben, daß die Kombinationenauf Zeilen- und Spaltenindizes selbst direkt bedeutungstragend werden). Die Möglichkeit,daß die Felder systematisch durchnummeriert oder buchstabiert werden, sollte ebenfallshöchstens bei hoch trainierten VPn erwartet werden. In der vorliegenden Studie gab keineVPn an, auf solche oder ähnliche Verbalisierungsstrategien zurückgegriffen zu haben.Zur konkreten Realisierung des neuen Versuchsaufbaus wurde ein bereits existierendesComputerprogramm, welches eine Vielzahl verschiedener Varianten des Sternberg-Paradigmas unterstützt, entsprechend erweitert. Das ursprüngliche ausgiebig getestete Pro-gramm übernimmt dabei vor allem die Funktionen des Einlesens von Steuerungsdaten, desTimings einschließlich der Reaktionszeitmessung und die Ausgabe der gewonnenen Daten.Die Erweiterung zeigte nach diversen Korrekturen während der Erprobungsdauer keineAuffälligkeiten während der eigentlichen Datenerhebung.

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10 Fragestellungen

3 Fragestellungen

3.1 Replikation der klassischen Ergebnisse

Am Anfang der Untersuchung über die Eigenschaften des neuen Versuchsaufbaus sollteselbstverständlich die Frage stehen, ob bzw. in welchem Ausmaß sich die klassischen Er-gebnisse anderer Sternberg-Versuche hier replizieren lassen. Die zentralen Punkte sind hierder lineare Anstieg der Reaktionszeiten mit der Merklistenlänge sowie die Parallelität derReaktionszeitfunktionen für positive und für negative Testitems. Des weiteren ist das Auf-

treten von Positionseffekten zu untersuchen. Als untergeordnete Fragestellung kommt dieFehlerhäufigkeit in Betracht.

3.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante

Die zentrale Fragestellung ist in diesem Bereich, ob die unterschiedlichen link-Bedingungen einen Effekt auf die Reaktionszeitgerade haben. Hierbei interessiert aller-dings weniger, ob es eine Hauptwirkung der link-Bedingung gibt, sondern eher, ob eineWechselwirkung zwischen Merklistenlänge und link-Bedingung in Erscheinung tritt. Einweiterer Punkt der Untersuchung soll sein, ob das ISI einen Einfluß auf die mittleren Re-aktionszeiten hat. Zwar wäre hier letztlich die dreifaktorielle Wechselwirkung mit den vor-genannten Faktoren von Interesse (also die Frage, ob die vorgenannte Wechselwirkung vonder Länge des IST abhängig ist), im Rahmen dieser Studie soll jedoch zunächst grundle-gend untersucht werden, ob und in welcher Weise sich eine Hauptwirkung des Faktors ISIauf die abhängige Variable Reaktionszeit zeigt s . Zusätzlich soll die mittlere räumliche Di-stanz zwischen den Items als Prädiktor der Reaktionszeit untersucht werden (gemeint istdie mittlere Distanz zwischen aufeinanderfolgenden Items, also die serielle im Gegensatzzur parallelen Distanz). Hierbei erscheint es plausibel anzunehmen, daß eine größere mitt-lere Distanz für ein komplizierter zu merkendes räumliches Muster und somit für langsa-mere Reaktionen spricht. Im Lichte der Ausführungen in Fußnote 8 wird hierzu dennochkeine gerichtete Vermutung angestellt. Ebenfalls im Zusammenhang der Überlegungen inFußnote 8 wird untersucht, ob die räumliche Distanz des Testitems zum zuletzt dargebote-nen Item eine Hauptwirkung auf die Reaktionszeit aufweist. Schließlich soll überprüftwerden, ob ein starker Trainingseffekt bezüglich der absoluten Reaktionszeit besteht.

8 Im klassischen Sternberg-Versuch wäre zu erwarten, daß mit sinkendem ISI, also mit insgesamt schnellerer Darbietungdie Entscheidung schwieriger wird, also die mittlere Reaktionszeit ansteigt. Es besteht jedoch die Vermutung, daß diesemEffekt entgegenwirkt, daß bei schnellerem ISI die VP zugleich dazu bewegt wird, ihre Aufmerksamkeit schneller zuverschieben (um der „Bewegung" der Items zu folgen). In Image-Scanning-Experimenten (z.B. Kosslyn, Ball & Reiser(1978)) wurde festgestellt, daß die Zeit, die nötig ist, um sich mental die Bewegung von einem Punkt zum nächstenvorzustellen (z.B. auf einer memorisierten Landkarte) proportional der Distanz dieser Punkte ist. Es wäre denkbar, daßauch der Vergleich des Testitems mit den Merklistenitems zunächst ein Scanning auf der mentalen „Karte" der Merklistehin zum fraglichen Punkt beinhaltet. Dadurch würde sich also die Reaktionszeit erhöhen. In ähnlichen Experimenten(z.B. Pylyshyn (1984)) ergab sich jedoch, daß die Geschwindigkeit eines solchen Scans von den gegebenen Instruktionenabhängig ist. Auf den vorliegenden Versuch übertragen wäre es denkbar, daß die VPn sich gewissermaßen an eine „Be-wegungsgeschwindigkeit" gewöhnen und entsprechend das Scanning bei kürzerem ISI schneller abläuft als bei längerem.

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Fragestellungen 11

Auch hier wäre letztlich die Fragestellung von größerem Interesse, ob eine Wechselwir-kung mit der Merklistenlänge besteht, ob sich also im Gegensatz zu Sternbergs Ergebnis-sen die Steigung der Reaktionszeitfunktion durch Training beeinflussen läßt. Wiederumwird diese komplexere Fragestellung im Rahmen dieser Studie zunächst nicht beachtet.

3.3 Generelle Annahmen

Generell wird vorausgesetzt, daß keine personenbedingten Wechselwirkungen auftreten.Da es im Sternberg-Experiment nicht darum geht, individuelle Unterschiede aufzudecken,sondern gerade mentale Prozesse zu untersuchen, von denen angenommen wird, daß siebei allen Menschen in gleicher oder ähnlicher Weise ablaufen, kann der Personenfaktor nurals Hauptwirkung in Erscheinung treten. D.h. es wird also davon ausgegangen, daß dieVPn potentiell unterschiedliche Reaktionszeitkonstanten in die Untersuchung mitbringen(z.B. aufgrund von Computererfahrung, Motivation besonders schnell zu reagieren, etc.),daß dennoch ihre Reaktionszeitfunktionen ansonsten gleichförmig verlaufen. Die ange-nommene Hauptwirkung des Personenfaktors ist allerdings nicht von Interesse, da ihreAusprägung nicht dazu geeignet ist, Rückschlüsse auf den Ablauf mentaler Prozesse zuzieheng . Damit wird also insgesamt von prinzipiell unabhängigen Daten ausgegangen, auchwenn die Richtigkeit dieser Voraussetzung zu überprüfen sein wird. Was diese Vorausset-zung für das konkrete Vorgehen bedeutet, wird in Teil 4.5 diskutiert.

9 Die Frage, inwieweit demgegenüber Reaktionszeitdifferenzen über unterschiedliche Versuchsbedingungen solche_Rückschlüsse erlauben, wird in Teil 6.2.2 andiskutiert.

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12 Methode

4 Methode

Die grundsätzliche Gestaltung des Versuchsaufbaus ist zum Zwecke besserer Verständ-lichkeit der Fragestellung bereits in Teil 2 vorgestellt worden. An dieser Stelle wird des-halb nur die konkrete Umsetzung im Rahmen der Studie vorgestellt.

4.1 Details des Versuchsaufbaus

In der technischen Realisierung des Versuchsaufbaus nimmt die 4x4 Matrix der räumli-chen Positionen 400*400 Pixel eines 640*480 VGA-Bildschirms ein. Der horizontale undvertikale Abstand zwischen benachbarten Positionen beträgt also jeweils 100 Bildschirm-punkte. Der Kreis, der die räumlichen Positionen der Items symbolisiert, hat einen Radiusvon 20 Pixeln und ist vollständig ausgefüllt. In der link 2-Bedingung hat der Pfeil eineDicke von einem Pixel. Sämtliche Darstellungen auf dem Bildschirm sind in schwarz-weißgehalten, der Hintergrund ist also maximal schwarz, alle Elemente werden maximal weißdargestellt. Als Monitor kamen verschiedene 15 Zoll-Geräte zum Einsatz, allerdings wurdees der VP freigestellt, von welchem Abstand aus sie den Monitor betrachten wollte, so daßder Sehwinkel der Darstellungen nicht konstant gehalten wurde.Als Expositionsdauer der einzelnen Items wurden 1000 msec gewählt, das ISI wurde imVersuch variiert. In der A-Bedingung (siehe 4.2) wurde ein Retentionsintervall von 50msec gewählt. Allerdings hat das verwendete Computerprogramm die Eigenschaft, daß esnach Darbietung des letzten Items der Merkliste zusätzlich noch die Dauer eines ISI ab-wartet. Somit ergab sich das effektive Retentionsintervall in Bedingung A zu 800 msec, inBedingung B wurde es bei 1000 msec konstant gehalten (der angegebene Wert mußte da-für zwischen 0 und 500 msec variiert werden). Vor der Darbietung des Testitems wird einSignalton ausgegeben, um zu markieren, daß das folgende Item nicht mehr zur Merklistegehört.Die Versuche wurden in verschiedenen gleichmäßig beleuchteten Räumen durchgeführt,wobei besonders darauf geachtet wurde, daß sich die Lichtquellen nicht auf dem Monitorspiegelten.Als Eingabegeräte für die Reaktionen wurde eine Computermaus benutzt, wobei die linkeMaustaste für positive, die rechte für negative Reaktionen vorgesehen war. Zwischen deneinzelnen Versuchsdurchläufen erhielt die VP bei richtigen Antworten eine Rückmeldungin Form ihrer Reaktionszeit in msec, bei fehlerhaften Antworten eine Fehlermeldung aufdem Bildschirm. Dadurch sollten die VPn kontinuierlich zu schnellen Reaktionszeiten undgeringen Fehlerraten motiviert werden. Den Beginn des nächsten Versuchsdurchlaufskonnte die VP durch gleichzeitiges Drücken beider Maustasten selbst bestimmen.

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Methode 13

4.2 Design

In Teil 3 wurden als relevante Faktoren genannt:link-Bedingung (4-stufig), Merklistenlänge (n-stufig), Position positiver Testitems inder Merkliste (mindestens 3-stufig: Anfang, Mitte, Ende), Erwartete Reaktion(2-stufig), Länge des ISI (n-stufig), mittlere räumliche Distanz (n-stufig), letzteräumliche Distanz zum Testitem (n-stufig)1°.

Wenn alle diese Faktoren systematisch variiert werden sollen und von jeder VP mehrereMessungen in den einzelnen Bedingungen erhoben werden sollen, ergibt sich offensicht-lich auch bei wenigen Abstufungen der als n-stufig bezeichneten Faktoren ein extrem un-übersichtliches und für die VPn langwieriges Design. Allerdings sollen in dieser Studie nurwenige Wechselwirkungen untersucht werden. Deshalb bietet es sich an, das Design auf-zuteilen. Die verhältnismäßig komplexen Faktoren ‚mittlere räumliche Distanz' und ‚letzteräumliche Distanz' werden nicht systematisch variiert. Der Faktor Position in der Merklistewird zwar bewußt variiert, jedoch wird kein Wert darauf gelegt, daß jede Ausprägunggleich häufig auftritt, bzw. in Kombination mit den anderen Faktoren exakt gleich verteiltist. Das Design wird nun unterteilt in:a) ein 4x3x2 Design, in dem link-Bedingung, Merklistenlänge und erwartete Reaktionsystematisch variiert werden. Die Merklistenlänge wird in den drei Ausprägungen 2 Items,4 Items und 6 Items untersucht. Die Länge des IM bleibt dabei konstant bei 750 msec. JedeKombination wird bei jeder VP viermal getestet. Aufgrund der Struktur des benutztenComputerprogramms werden dabei jeweils vier Positive und vier negative Versuchsdurch-gänge (Ausprägungen des Faktors erwartete Reaktion) zu einem Block zusammengefaßt,in dem die anderen Bedingungen konstant gehalten werden. Der Einfachheit halber werdendie übrigen Bedingungen ebenfalls hierarchisch angeordnet, so daß zunächst innerhalbeiner link-Bedingung sämtliche Variationen der Merklistenlänge durchgetestet werden,dann in der nächsten link-Bedingung usw. Um Reihenfolge-Effekte auszuschließen, wer-den zwei Steuerdateien erstellt, in denen die Bedingungen umgeordnet sind. Die jeweiligenVersuchsdurchläufe bleiben dabei jedoch identisch.Es ergeben sich also 2 Steuerdateien mit jeweils 4*3*2*4 = 96 Versuchsdurchläufen.b) ein 4x2x2 Design, in dem link-Bedingung, die Länge des ISI und die erwartete Re-aktion variiert werden. Das ISI wird in den Stufen 500 msec und 1000 msec untersucht.Die Merklistenlänge wird bei 5 Items konstant gehalten. Wie oben werden jeweils vierpositive und vier negative Testdurchläufe gruppiert. Alternierend werden Blöcke mit kur-zem und langem ISI durchlaufen, wobei jeweils auch die link-Bedingung wechselt. Auchhier werden zwei Steuerdateien mit vertauschten Blöcken erstellt. Es ergeben sich hier proDatei '4*2*2*4 = 64 Versuchsdurchläufe.Der 3-stufige Positionsfaktor konnte innerhalb der jeweils 4 positiven Testitems in einemBlock nicht gleichmäßig variiert werden. Es wurde jedoch Wert darauf gelegt, daß jedeBedingung zumindest einmal in jedem Block vorkam. Eine Ausnahme bilden die vier

10 Zusätzlich wird die Nummer des Versuchsdurchslaufs bezüglich der jeweiligen VP als Prädiktorvariable bezüglich desTrainingseffektes erhoben. Diese kann allerdings schlecht systematisch mit allen Bedingungen variiert werden.

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1'11

14 Methode

Blocks des A-Designs, die mit einer Merklistenlänge von lediglich 2 keine Codierung einermittleren Position erlaubten. Im Übrigen wurden bei Merklistenlänge 4 und 6 die beidenmittleren Positionen als Mitte kodiert, während bei Länge 5 lediglich die eine mittlere Po-sition als solche kodiert wurde, während die beiden ersten und letzten jeweils als Anfangbzw. Ende kodiert wurden. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise wird in Teil 6.2.1 dis-kutiert. Bei negativen Testitems wurde keine Position kodiert.Die beiden räumlichen Distanzmaße schließlich wurden erst nachträglich berechnet undnicht beim Design berücksichtigt. Es ist anzumerken, daß die räumliche Distanz des Testi-tems zum letzten Merkitem in denjenigen positiven Durchgängen, in denen das Testitemdem zuletzt präsentierten Item entspricht, natürlich zu null berechnet wird, während diemittlere räumliche Distanz der Merkitems immer Werte größer oder gleich eins (bzw. 100(s.u.)) annimmt. Im übrigen wurde die Distanz als euklidische Distanz berechnet, wobeidie Distanz vertikal bzw. horizontal benachbarter Felder jeweils als 100 definiert wurde.Um einzelnen Entscheidungen möglichst gleich schwer zu machen, wurden als Testitemsausschließlich solche gewählt, die zu Items der jeweiligen Merkliste benachbart waren.Jede VP durchlief nun jeweils ein A- und ein B-Design. Die Hälfte der VPn wurde zuerstmit dem A-, die andere zuerst mit dem B-Design getestet. Ebenfalls wurden die zwei ver-schiedenen Steuerdateien der jeweiligen Designs gleich häufig VPn zugeordnet. Es erge-ben sich also 2 A-Steuerdateien*2 B-Steuerdateien*2 Reihenfolgen = 8 unterschiedlicheAnordnungen.

4.3 ' Versuchspersonen

Insgesamt wurden 10 VPn getestet. Es fällt auf, daß somit zwei der oben geschildertenAnordnungen doppelt vergeben wurden (und zwar B 1-Al und A2-B2). Insgesamt wurdendabei trotzdem alle Steuerdateien gleich häufig (5 mal) verwendet, und A- und B-Designswurden gleich häufig an erster Stelle getestet.Die Reihenfolge der verwendeten Anordnungen wurde im Voraus willkürlich festgelegt;da die Reihenfolge, in der die VPn an dem Test teilnahmen, zufällig zustande kam, kanndieses Vorgehen als einer zufälligen Zuordnung der VPn zu den Anordnungen äquivalentangesehen werden. Alle VPn waren Studierende an den Universitäten Bochum und Dort-mund im Alter zwischen 21 und 39 Jahren. Vier der VPn stammten aus dem Bekannten-kreis des Versuchsleiters und wurden vornehmlich durch Neugier motiviert, an dem Ver-such teilzunehmen. Die übrigen sechs VPn wurden durch sogenannte Versuchspersonen-stunden motiviert, von denen eine bestimmte Anzahl zu absolvieren ist, um zum Vordi-plom in Psychologie zugelassen zu werden.

4.4 Versuchsablauf

Den VPn wurde zunächst mündlich ihre Aufgabe in dem Experiment erklärt. Insbesonderewurde betont, daß die VPn zwar möglichst richtig, aber auch möglichst schnell reagierensollten. Anschließend durchliefen die VPn acht Testdurchgänge mit konstanter Merkli-

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Methode 15

stenlänge, wobei jede link-Bedingung zweimal vorkam. Die Messungen aus diesem Test-lauf wurden nicht in die Auswertung einbezogen. Die VPn wurden gefragt, ob ihnen dasVerfahren soweit klar sei, bzw. ob sie einen weiteren Testdurchgang wünschten (keine derVPn äußerte zu diesem Zeitpunkt Unsicherheiten). Zudem wurden die VPn an dieser Stelledarauf vorbereitet, welche Merklistenlänge sie im eigentlichen Versuch zunächst erwartete,bzw. ob diese während des Versuchs variieren würde. Diese Vorbereitung erfolgte selbst-verständlich nochmals, bevor die VPn das zweite Design durchliefen.Jeweils nach der Hälfte und nach der vollständigen Bearbeitung eines Designs erfolgte einePause. Diese sollte nicht nur dazu dienen, die Konzentrationsfähigkeit der VPn zu regene-rieren, sondern wurde auch dazu genutzt, die VPn subjektiv zu befragen. Insgesamt er-folgten also vier Befragungen jeweils nach ungefähr einem Viertel des ganzen Versuchs.Die Befragungen wurden größtenteils offen gehalten und sollten vornehmlich dazu dienen,einen generellen Eindruck davon zu bekommen, wie die VPn selbst den Versuch wahr-nahmen. Sofern die VPn diese Themen nicht selbst ansprach, wurde Wert darauf gelegt,die Strategien zu erfragen, die die VPn anwendeten, um sich die Merkliste einzuprägen. Indiesem Zusammenhang wurde insbesondere erfragt, ob sich die VPn die gesamte Merklisteauf einmal vorstellen konnten, sowie ob und wieweit das Bilden geometrischer Figurenund Flächen als Behaltensstrategie eingesetzt wurde. Ferner wurden die VPn gebeten, dieeinzelnen link-Bedingungen hinsichtlich ihrer Schwierigkeit zu beurteilen, sowie zu versu-chen, diesen Eindruck zu begründen. Im Rahmen des A-Designs wurden die VPn zudemgebeten einzuschätzen, wie schwierig die unterschiedlichen Merklistenlängen jeweils zubehalten waren. Nach Beendigung des B-Designs wurden die VPn zudem gefragt, ob ihnendie Unterschiedlichen ISI aufgefallen waren und ob diese ihrem Eindruck nach einen Ein-fluß auf ihre Reaktionszeiten hatten. Am Anfang jeder Befragung wurden die VPn jedochermuntert, zunächst frei ihre Eindrücke zu schildern. Die Befragung erfolgte zu vier ver-schiedenen Zeitpunkten aus dem Grund, daß schon nach möglichst kurzen Intervallen ge-fragt werden sollte, wie die VPn die jeweiligen Versuchsbedingungen beurteilten. Zudemsollte erfaßt werden, ob sich Veränderungen in den Behaltensstrategien der VPn ergaben.Ingesamt dauerte ein kompletter Versuchsdurchlauf inklusive Instruktionen und Testphasezwischen 50 und 60 Minuten.

4.5 Grundlagen der statistischen Auswertung

In die Auswertung gingen ausschließlich die Reaktionszeiten bei richtigen Anworten, alsoTreffern oder korrekten Zurückweisungen ein. Reaktionszeiten unterhalb von 50 msec (1Fall) und oberhalb von 2000 msec (3 Fälle) wurden ebenfalls von der Auswertung ausge-schlossen. Als abhängige Variable wurde ausschließlich die Reaktionszeit untersucht. Un-abhängige Variablen waren die vorgestellten Faktoren. Bezüglich des Positionsfaktors gin-gen selbstverständlich nur Durchgänge mit positiven Testitems in die Auswertung ein. DieFehlerraten der einzelnen VPn wurden nur auf deskriptiver Ebene untersucht; es wurdenicht versucht, sie durch die vorgestellten Faktoren zu erklären. Das Kriterium Reaktions-zeit ist mindestens intervallskaliert, ebenso die Faktoren Merklistenlänge, ISI, mittlereräumliche Distanz, letzte Distanz zum Testitem, sowie die Nummer des Versuchsdurch-

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16 Methode

Laufs bezüglich der jeweiligen VP. Dabei werden die Faktoren Merklistenlänge und ISImitunter als kategoriale Prädiktoren untersucht. Weitere kategoriale Prädiktoren auf Ordi-nal- bzw. Nominalskalenniveau sind Position in der Merkliste, erwartete Reaktion undlink-Bedingung.Unter 3.3 wurde bereits erläutert, daß die Daten, obwohl von verschiedenen VPn erhoben,als unabhängig betrachtet wurden. Um so verfahren zu können, müssen jedoch in der infe-renzstatistischen Auswertung die durch den Faktor VP eingebrachten Freiheitsgrade wie-der ausgestrichen werden. Außerdem sollte die Unabhängigkeit der Residuen gewährleistetbleiben. Zu diesem Zweck wurden die Messungen der VPn in den korrespondierendenBedingungen (also alle insgesamt 160 Bedingungen, die jede VP jeweils genau einmaldurchlief) als Mittelwerte zusammengefaßt. Aus den 1600 Messungen wurden also 160Mittelwerte gebildet, die in der statistischen Auswertung als gedachte Messungen einereinzigen VP behandelt wurden. Zur Untersuchung des Trainingseffektes wurden analogjeweils die Messungen mit gleicher Versuchsdurchgangsnummer zusammengefaßt.

4.6 Mathematische Formulierung der Hypothesen

Für eine ausführliche inhaltliche Begründung der Hypothesen sei auf Teil 3 verwiesen.Hier soll vor allem dargelegt werden, auf welche Weise sich die Fragestellungen im Rah-men des geschilderten Versuchsdesigns überprüfen lassen. Die Gliederung und Reihenfol-ge, in der die Hypothesen vorgestellt werden, orientiert sich dabei an Teil 3. Da verhält-nismäßig viele Hypothesen formuliert werden, wird auf eine eindeutige Indizierung dereinzelnen Hypothesen verzichtet. Statt dessen werden die Hypothesen im Ergebnisteildurch Stichwörter gekennzeichnet.

4.6.1 Replikation der klassischen Ergebnisse

Zunächst wird die Linearität der Reaktionszeitgeraden getrennt für positive und negativeTestitems geprüft. Eine lineare Beziehung würde sich darstellen als Reaktionszeit =b*Merklistenlänge + c. Diesbezüglich ergibt sich für beide Fälle die Nullhypothese zu

H0:b # 0Da ein Absinken der Reaktionszeit mit der Merklistenlänge nicht erwartet wird, können dieAlternativhypothesen formuliert werden als

H 1 : b 0Sofern die Nullhypothese verworfen werden kann, muß die Steigung der Reaktionszeitge-raden zusätzlich mit den von Sternberg gefunden Wert von 38 msec pro Item verglichenwerden. Also

Ho: b = 38 msec/ItemH1 : b # 38 msec/Item

Allerdings wäre bei Ablehnung der zuvor genannten Nullhypothese (bezüglich der Frageder Linearität) zunächst nur gesagt, daß die Beziehung durch eine lineare Funktion besservorhergesagt wird, als durch den Parameter c allein. Um gegebenenfalls dennoch signifi-

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Methode 17

kante Abweichungen von der Linearität aufzuspüren, bietet es sich an, den PrädiktorMerklistenlänge kategorial aufzufassen und zu formulieren:Reaktionszeit = c+ b i *(Merklistenlänge = 4) + b2*(Merklistenlänge = 6) 11 . Dabei würde cfür die mittleren Reaktionszeiten bei Merklistenlänge 2 stehen. Bei Linearität sollte nungelten12

Ho: b i - b2 = 0Ansonsten

1-1/: b i � 0Um die Parallelität der beiden Reaktionszeitfunktionen für positive und negative Testitemszu testen, bietet es sich an, vom obigen Modell ausgehend zu formulieren:

Ho: bipositiv bl negativ = b2positiv b2negativ = 0Um Parallelität zu verwerfen, reicht es, wenn eine der beiden Differenzen signifikant vonnull abweicht Da allerdings gleich zwei Hypothesen getestet werden, ist es auch erforder-lich, das Signifikanzniveau zu senken, da sich die cz-Fehlerwahrscheinlichkeiten kumulie-ren.H 1 wird hier nicht explizit mathematisch formuliert, sollte aber trivial sein.Schließlich bleibt der Positionseffekt zu überprüfen. Hier läßt sich als Modell formulieren:Reaktionszeit = c + b i *(Mitte) + b2*(Ende). Wobei c die mittlere Reaktionszeit bei An-fangspositionen darstellt.

Ho diesbezüglich: b 1 = b2 = 0H1 läßt sich getrennt für Primacy- und Recency-Effekte (gerichtet) formulieren als

HiPrimacy: bi 0

HiRecency: b2 bl

Die Fehlerhäufigkeiten sollen hier nur deskriptiv ausgewertet werden, da nicht direkt aus-zumachen ist, mit welcher Nullhypothese verglichen werden soll. So führen McNicol &Stewart (1980) Fehlerhäufigkeiten zwischen 2% und 20% in verschiedenen Studien an.

4.6.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante

Zunächst soll überprüft werden, ob es eine Wechselwirkung zwischen link-Bedingung undMerklistenlänge auf die Reaktionszeit gibt. Das entsprechende Modell und die Nullhypo-these im Rahmen des ALM sollen hier nicht mathematisch dargestellt werden, da sie sichzu unübersichtlich gestalten und sich somit nicht zur Veranschaulichung der geprüftenBeziehung eignen würden. Stattdessen wird hier vereinfacht formuliert:

11 Es wird hier ganz bewußt (allerdings post hoc) darauf verzichtet, die Merklistenlänge 5 in das Modell mit aufzuneh-men. Die VPn berichteten nämlich übereinstimmend, daß aufeinanderfolgende Bedingungen mit unterschiedlicherMerklistenlänge jeweils eine Umstellung erforderten, die sich auch auf die Reaktionszeiten ausgewirkt haben dürfte.Somit können die absoluten Reaktionszeiten des Designs A, in dem solche Umstellungen vorkamen, nicht mit den Datendes Design B, in dem die Merklistenlänge konstant gehalten wurde, verglichen werden.12 Während die erste Nullhypothese gerade bei einem scheinbar linearen Zusammenhang verworfen werden muß, ist esdann sinnvoll davon auszugehen, daß der Zusammenhang, wie von Sternberg gefunden, tatsächlich linear ist. Um nun zuüberprüfen, ob nicht doch eine andere Funktion zur Beschreibung der Reaktionszeiten herangezogen werden muß, wirddie zweite Nullhypothese gewissermaßen entgegengesetzt formuliert Natürlich macht das Testen dieser zweiten Nullhy-pothese nur dann Sinn, wenn zuvor die erste abgelehnt wurde.

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I

1H

18 Methode

Ho: Es gibt keine Wechselwirkung zwischen link-Bedingung und MerklistenlängeH 1 : Es gibt eine Wechselwirkung zwischen link-Bedingung und MerklistenlängeBezüglich der Hauptwirkung ISI läßt sich als Modell formulieren:Reaktionszeit = c + b i *(ISI 1000msec). Mit c = mittlere Reaktionszeit bei IST = 500msec 13 .Es ergeben sich

110 : b1=0und die ungerichtete

HI : b/ � 0Die Überprüfungen von Hauptwirkungen der Faktoren ,mittlere räumliche Distanz' und‚letzte Distanz zum Testitem' gestaltet sich formal analog. Hier werden Modell und Hy-pothesen deshalb nur exemplarisch für den Einfluß des Faktors ‚mittlere räumliche Di-stanz' vorgestellt. Überprüft werden soll in allen drei Fällen zunächst nur ein Zusammen-hang mit der Reaktionszeit, da andere Zusammenhänge an dieser Stelle nicht inhaltlichbegründet werden könnten und somit artefaktisch blieben.Modell: Reaktionszeit c + b*(mittlere räumliche Distanz)

Ho: b 0H1 : b 0

Auch , für den Trainingseffekt gestalten sich Modell und Hypothesen analog. Hier kannallerdings gerichtet formuliert werden:

H I : b 0Außerdem ließe sich hier durchaus auch ein nicht-linearer Zusammenhang vorstellen.Schließlich ist anzunehmen, daß sich ab einem bestimmten Trainingsniveau keine Verbes-serungen mehr erzielen lassen. Dem würde beispielsweise eine Exponentialfunktion mitnegativem Exponenten besser gerecht:Reaktionszeit = c*e^(b*Versuchsdurchgang) 14. Mit c = mittlere Reaktionszeit beim hypo-thetischen Versuchsdurchgang 0.H0 und H 1 sind für beide Modelle gleich.

13 vgl. Fußnote 1I. Auch hier wurde auf die Einbeziehung der Bedingung ISI=750 aus Design A in das Modell verzichtet,da sich die absoluten Reaktionszeiten aus den beiden Designs nicht miteinander vergleichen lassen.14 Diese Funktion strebt zwar immerhin keine negativen Werte an, allerdings sagt sie bei sehr hohen Versuchsdurchgän-gen ebenfalls unwahrscheinliche Reaktionszeiten nahe 0 ursec voraus. Sie kann deshalb auch nur als vereinfachendesModell für relativ niedrige Ausprägungen der Variable Versuchsdurchgang angesehen werden. Für ein allgemeingültigesModell (bzw. ein Modell mit solchem Anspruch) müßte eine weitere Konstante addiert werden. Das Modell würde da-durch (noch) weniger anschaulich.

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Ergebnisse 19

5 Ergebnisse

Die Ergebnisse werden in der Reihenfolge der Hypothesen in der bekannten Gliederungnach Hypothesen bezüglich der Replikation der Sternberg-Ergebnisse und Hypothesen zuspezifischen Eigenschaften der neuen Variante vorgestellt. Übergeordnet ist allerdings eineDifferenzierung zwischen Ergebnissen bezüglich der formulierten Hypothesen und posthoc Betrachtungen. Dazwischen werden die subjektiven Befragungen ausgewertet.

5.1 Überprüfung der formulierten Hypothesen

5.1.1 Replikation der klassischen Ergebnisse

Zur Überprüfung der ersten Hypothese wird getrennt für positive und negative Stimuli einelineare Regression in Abhängigkeit der Merklistenlänge gerechnet. Für negative Stimuliergibt sich ein hochsignifikanter linearer Zusammenhang (F = 27,942; df = 1/46; p <0,001) 15 . Der geschätzte Regressionskoeffizient liegt bei 28 msec/Item. Für die negativenVersuchdurchläufe werden durch dieses Modell 37,8% Varianz erklärt. Bei positiven Ver-suchsdurchgängen liegt der geschätzte Regressionskoeffizient lediglich bei 17 msec/Item,der Zusammenhang wird nur auf dem 5%-Niveau signifikant (auch einseitig) (F = 4,796;df = 1/46). Es werden lediglich 9,4% der Varianz aufgeklärt.Die obere Grenze des 95%-Konfidenzintervalls für den Koeffizienten der Regression beinegativen Items liegt bei 38,8 msec/Item und umschließt somit gerade noch den von Stern-berg gefundenen Wert von 38msec/Item. Bei positiven Testitems ergibt sich als obereGrenze des 95%-Konfidenzintervalls ein Wert von lediglich 32,5 msec/Item. Damit kannfür positive Items die Nullhypothese, daß die Steigung der Reaktionszeitgeraden dem vonSternberg gefundenen Wert entspricht, auf dem 5%-Signifikanzniveau zurückgewiesenwerden 16.Betrachtet man jedoch Figur 5,1, so ergibt sich schon augenscheinlich, daß die Reaktions-zeitfunktion für positive Testitems keineswegs eine Gerade ist und auch nicht parallel zurFunktion für negative Items verläuft. Die inferenzstatistische Überprüfung ist nicht ganztrivial, da nicht ein einzelner Koeffizient gegen null, sondern vielmehr zwei Koeffizientengegeneinander getestet werden sollen. Zur Überprüfung der Hypothesen wird hier auf dieKonfidenzintervalle zurückgegriffen. Bezüglich der Linearität wird hier einfach überprüft,ob der für den Unterschied in der Reaktionszeit zwischen 4 und 6 Items geschätzte Para-meter innerhalb des 95%-Konfidenzintervalls des Unterschieds zwischen 2 und 4 Itemsliegt. Ist dies nicht der Fall, so ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Parameter identisch sind,

15 Die wichtigsten Größen sind zusätzlich tabellarisch im Anhang aufgelistet.16 Das Konfidenzintervall gibt Eckwerte an, zwischen denen sich der „wahre" Parameter bewegen kann, wenn der Para-meter in der Stichprobe auf einen bestimmten Wert geschätzt wurde. Somit ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, daß derwahre Parameter, der in der Population gilt, außerhalb des Konfidenzintervalls liegt, obwohl es für die Stichprobe ge-schätzt wurde, zur Gegenwahrscheinlichkeit des Konfidenzintervalls, in diesem Fall also zu 1-0,95=5%. Im übrigen isteine signifikante Abweichung des Parameters von null im t-Test gleichbedeutend damit, daß null nicht mehr innerhalbdes Konfidenzintervalls liegt. Verallgemeinert formuliert gibt das Konfidenzintervall also die Grenzwerte.an, von denensich der Paramter gerade noch auf dem gewählten Signifikanzniveau unterscheidet.

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2 4

Merklistenlänge

560

540

I!

20 Ergebnisse

kleiner als 5% 17 . Die untere Grenze des Konfidenzintervalls des Parameters bei positivenDurchgängen liegt hier bei 6,5 msec, die Mittelwerte von 6 und 4 Items unterscheiden sichallerdings um –7,4 msec. Im Fall negativer Items liegen die als Differenz zwischen 6 und 4Items geschätzten 68,2 msec klar unterhalb der oberen Grenze von 114,7 msec des Konfi-denzintervalls für die Differenz von 4 und 2 Items.

Figur 5.1: Reaktionszeitkurven für positive und negative Testitems

Damit läßt sich also feststellen, daß sich die Reaktionszeitfunktion für positive Items zwarbesser durch eine lineare Funktion darstellen läßt, als durch einen bloßen Mittelwert, daßsie sich dennoch signifkant von einer Geraden unterscheidet. Im Fall negativer Testitemsbesteht kein Anlaß, die aus den klassischen Sternberg-Ergebnissen bekannte Linearität zubezweifeln (vgl. Tabelle im Anhang).Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß sich die Annahme von Parallelität der Reaktions-zeitfunktionen auf dem 5% Signifikanzniveau zurückweisen läßt. Diese Frage soll hier mitder selben Technik untersucht werden. Allerdings ist zu bedenken, daß, da in diesem Fallgleich zwei Einzelhypothesen geprüft werden sollen (siehe 4.6.1), höhere Anforderungenan das Signifikanzniveau der einzelnen Tests gestellt werden müssen. Konkret sollte aufdem 2,5% Niveau getestet werden. Dafür wird um die geschätzten Differenzenparameterbei negativen Testitems ein 97,5%-Konfidenzintervall berechnet, und die entsprechendenDifferenzenparameter bei positiven Durchgängen werden mit diesem verglichen.Mit 97,5%iger Wahrscheinlichkeit ist bei negativen Durchgängen die Differenz der Reak-tionszeitmittelwerte zwischen 6 und 4 Items größer als 14,5 msec. Das ist eindeutig mehrals die –7,4 msec, die für die entsprechende Differenz bei positiven Testitems geschätztwird. Damit ist die Nullhypothese der Parallelität der Reaktionszeitfunktionen auf dem5%-Signifkanzniveau widerlegt (Die Überprüfung der zweiten Teilhypothese ist nichtmehr notwendig).

17 Voraussetzung ist strenggenommen, daß die Standardabweichung der Differenzen vergleichbar ist. Diese Vorausset-zung ist nur eingeschränkt gegeben, so daß natürlich sicherheitshalber derjenige der zu vergleichenden Paramter mit demgrößeren Konfidenzintervall als Referenz herangezogen werden muß. Das ist im Folgenden auch geschehen.

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580

570

10

5

0

Ergebnisse 21

Anfang Mitte Ende

Position

Figur 5.2: Positionseffekte

Bezüglich der klassischen Ergebnisse bleibt der Positionseffekt zu überprüfen. Wie in Fi-gur 5.2 ersichtlich fällt der Recency-Effekt im Gegensatz zu den gewöhnlichen Ergebnis-sen bei Sternberg-Experimenten kleiner aus als der Primacy-Effekt. Der Recency-Effektwird auch nicht signifikant (t = -1,295; dfkorrigiert = 43,205; p > 0,1) 18 , durchaus aber der

, -korrigiert = 41,495; p < 0,05). Damit ist freilich nicht gesagt,Primacy-Effekt (t = -2,043; dfdaß• es im Gegensatz zu den klassischen Ergebnissen keinen Recency-Effekt gibt. SeineExistenz konnte dennoch nicht bewiesen werden.

Fehlerart

Falscher

Alarm

Miss

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

VersuchspersonFigur 5.3: Fehler nach VPn

18 Im Folgenden wird der t-Test stets ohne Voraussetzung gleicher Varianzen durchgeführt, was durch die Indizierung derFreiheitsgrade als „korrigiert" angezeigt wird. Es ergäben sich auch mit Annahme dieser Voraussetzung bei keinem derdurchgeführten Tests Unterschiede im Sinne einer über- oder Unterschreitung eines Signifikanzniveaus.

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22 Ergebnisse

Die Fehlerraten werden in Figur 5.3 nach VPn getrennt dargestellt. Insgesamt ergibt sicheine durchschnittliche Fehlerhäufigkeit von 14,8 (entsprechend 9,25%), wobei misses mitdurchschnittlich 10,4-maligem Auftreten (70% der Fehler) deutlich häufiger vorkommen,als false alarms (4,4 mal entsprechend 30 % der Fehler). Lediglich VP 2 zeigt ein deutlichanderes Bild, VP 6 zeigt vier false alarms und drei misses. Auffallend ist die hohe Standar-dabweichung der Gesamtfehlerzahlen von 10,4. Diese wird hier nicht weiter untersucht, davermutet wird, daß sie durch verschiedene, hier nicht zu trennende Faktoren bedingt wird(speed-accuracy-trade-off, Motivation zu niedrigen Fehlerzahlen, unterschiedliche Erfah-rung in Experimenten mit ähnlicher Reaktionsabfrage, allgemeine Konzentration währenddes Versuchs etc.)

5.1.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante

Zunächst sollte überprüft werden, ob eine Wechselwirkung zwischen link-Bedingung undMerklistenlänge auf die Reaktionszeit in Erscheinung tritt. Die Variable Merklistenlängewird hierbei als Kovariate eingegeben, schließlich interessiert vor allem ein linearer Zu-sammenhang. Tatsächlich ergibt sich eine (über die Hauptwirkung des Faktors link-Bedingung hinausgehende) signifikante Wechselwirkung (F = 3,301; df = 3/88; p < 0,05).Bei der genaueren Betrachtung der geschätzten Parameter für den Einfluß der Merklisten-länge auf die Reaktionszeit bei den unterschiedlichen link-Bedingungen fällt auf, daß vorallem bei link 0 offensichtlich kein linearer Trend auszumachen ist (siehe die Werte imAnhang). Dieser Effekt wird in Figur 5.4 deutlich.

700

600

500

400

Merklisterdänge

2

4

NW 60

1 2

3

Link

Figur 5.4: Der Effekt der Merklistenlänge auf die mittleren Reaktionszeiten in den unterschiedlichen Iink-Bedingungen. Idealerweise sollten positive und negative Items getrennt untersucht werden. Da dann aller-dings Reihenfolgeeffekte nicht ausgeschlossen werden können, wird darauf verzichtet.

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Ergebnisse 23

Die vermutete Rangfolge bezüglich der Serialität (link 0 < link 1 < link 2 < link 3) läßt sichjedoch nicht aus den Daten ablesen.Werden nur die Daten aus den link-Bedingungen 1 und 3 (also denen, die augenscheinlichgut linear sind) berücksichtigt, so ergibt sich für die Reaktionszeitfunktionen ein erheblichanderes Bild (Figur 5.5).

Testitem

negativ

positiv2

Merklisten länge

Figur 5.5: Die Reaktionszeitfunktionen für positive und negative Testitem, wenn nur Daten aus link-Bedingungen 1 und 3 berücksichtigt werden.

Linearität und Parallelität der Kurven lassen sich nicht widerlegen (siehe auch dazu dieentsprechende Tabelle im Anhang). Auch die von Sternberg postulierte Steigung von 38msec/Item liegt innerhalb der Konfidenzniveaus.Ein Haupteffekt des ISI auf die Reaktionszeit kann hingegen nicht signifikant nachgewie-sen werden (t = 1,032; dfkorrigiert = 61,682; p > 0,1). In der getesteten Stichprobe geht dieTendenz jedoch in die Richtung, daß längeres ISI schnellere Reaktionszeiten erlaubt.Bezüglich der räumlichen Distanzen ergeben sich in beiden Fällen schwache, aber signifi-kante Zusammenhänge in Richtung langsamerer Reaktionen bei größeren Distanzen. Fürdie mittlere räumliche Distanz aufeinanderfolgender Items in der Merkliste: F = 6,250;df = 1/158; p < 0,05; die Varianzaufklärung liegt bei lediglich 3,8%. Für die letzte Distanzzum Testitem: F = 6,572; df = 1/158; p < 0,05; die erklärte Varianz beträgt ebenfalls mage-re 4,0%.Zu überprüfen bleibt noch der Trainingseffekt. Wie erwartet läßt sich der Effekt besserdurch eine Exponentialfunktion darstellen (F = 256,36; df = 1/158; p < 0,001; Varianzauf-klärung = 61,9%), als durch eine lineare Funktion (F = 236,10; df = 1/158; p < 0,001; Va-rianzaufklärung = 59,9%). Es wird allerdings nicht auf einen signifikanten Unterschied hingeprüft. Im anschaulicheren linearen Modell ergibt sich eine Konstante von –1,69msec/Durchgang. Das würde also bei 100 Durchgängen eine durchschnittliche Verbesse-rung um knapp 170 msec bedeuten. Die Überprüfung auf einen Trainingseffekt hat natür-lich unter anderem den Zweck, für zukünftige Untersuchungen mit diesem Versuchsaufbau

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2 4

1 3

1 2

43

24 Ergebnisse

eine Orientierung zu geben, wie lange Trainingsphasen benötigt werden, um Trainingsef-fekte während der eigentlichen Datenerhebung auszuschließen. Deshalb wird zusätzlichüberprüft, ob sich das vierte und das fünfte Quintil der durchgeführten Messungen nochsignifikant voneinander unterscheiden oder ob davon ausgegangen werden kann, daß nachüber 100 Versuchsdurchgängen kein Trainingseffekt mehr zu finden ist. Es zeigt sich je-doch, daß sich auch die letzten zwei Quintile sich deutlich unterscheiden (t = 2,492; dfkorri-giert = 59,989; p < 0,05 bzw. p < 0,01 im einseitigen Test). Der Mittelwertsunterschied liegthier bei etwa 32 msec, was also ziemlich genau 1 msec/Durchgang entspricht (160 Durch-gänge/5 = 32 Durchgänge). Der Trainingseffekt stellt sich damit als der prominenteste Ef-fekt unter den untersuchten heraus.

5.2 Auswertung der subjektiven Befragung

An dieser Stelle macht es Sinn, die subjektiven Eindrücke der VPn zu berücksichtigen.Hierbei treten vor allem folgende Ergebnisse deutlich zu tage:a) Sämtliche VPn versuchen aus den einzelnen Items der Merkliste zusammenhängendeFormen zu bilden. Dabei berichten die VPn übereinstimmend, daß Items, die zusammen-,hängende Flächen bilden, die Schwierigkeit der Behaltensaufgabe enorm reduzieren, auchohne daß sich sinnvolle geometrische Formen bilden lassen. Zusammenhängende Flächenmüssen also nicht als einzelne Items gemerkt werden, sondern lassen sich zu Gruppen re-duzieren. Das ist auch dann der Fall, wenn die Flächen nicht „systematisch" aufgebautwerden, in dem Sinne, daß benachbarte Felder auch direkt nacheinander dargeboten wer-den (siehe Figur 5.6), allerdings ist der nötige Konzentrationsaufwand in diesem Falledurchaus deutlich größer.

Figur 5.6: Dieselbe Merkliste in unsystematischer und systematischer Anordnung (die Zahlen geben dieReihenfolge der Darbietung der Items an). Rechts werden die Flächen nacheinander vollständig aufgebaut.Links erfordert das Erkennen der Flächen mehr Konzentration.

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Ergebnisse 25

b) Die VPn unterscheiden sich deutlich bezüglich ihrer Einschätzung der allgemeinenSchwierigkeit der einzelnen link-Bedingungen. VP 5 beispielsweise berichtet, die Bedin-gung link 2 sei besonders einfach, da die eingezeichneten Pfeile gewissermaßen der eige-nen Vorstellung genau entsprechen, ebenso sei link 3 eher einfach. Demgegenüber emp-findet beispielsweise VP 9 diese Bedingungen als besonders verwirrend. Link 1 wird vonVP 2 als besonders übersichtlich charakterisiert, während VP 3 berichtet, diese link-Bedingung „zerstöre" den Rhythmus.c) VPn unterscheiden sich ebenfalls deutlich in den genutzten Strategien. Hier lassensich als einigermaßen homogene Gruppe VPn 1, 5, 8, 9 und 10 ausmachen. Sie berichten,daß sich Felder, die zu merken sind, gewissermaßen verfärben, hervor- oder zurücktreten,heller oder dunkler erscheinen. Diese VPn nutzen also die höchst interessante Strategie,daß die räumlichen Informationen im visuo-spatial sketch-pad in farbliche Muster umge-setzt werden. Diese Strategie sollte vor allem im Lichte der Befunde von Baddely & Lie-bermann (1980) betrachtet werden, die beinhalteten, daß Helligkeits-Beurteilungen nurwenig mit der Aufgabe der räumlichen Visualisierung von Informationen interferierten.Obwohl nun in diesem konkreten Fall die farbliche Markierung der Felder kein rein farbli-cher Prozeß ist, sondern natürlich auch eine entscheidende räumliche Komponente hat,erscheint es naheliegend, daß mit dieser Behaltensstrategie ein Weg gefunden wurde,gleichzeitig die zu behaltende Information farblich zu visualisieren und die am Bildschirmdargebotene räumliche Information auszuwerten. Keine der VPn versuchte hingegen, dieFelder beispielsweise als durch Kreuze markiert zu visualisieren, vermutlich, weil dieseMarkierung durch die Aufgabe, den Kreis (also die weiteren Items) zu betrachten, gestörtworden wäre. Die beschriebene farbliche Markierung wird im Folgenden so verstandenwerden, daß die VPn gewissermaßen eine zusätzliche Bildebene kreieren, die, gerade weilsie kaum strukturell und dafür vor allem farblich kodiert ist, über die eigentliche Betrach-tungsebene (die Ebene, auf der weiße Kreise die Positionen markieren) mental übergeblen-det werden kann, ohne daß sich die mentale Bildebene und die Betrachtungsebene gegen-seitig stören.Die übrigen VPn versuchten zumeist, sich Symmetrien und Geometrien einzuprägen (eineStrategie, auf die die vorgenannten VPn zusätzlich zurückgriffen, die sie allerdings als we-niger zentral beschrieben). Besonders interessant war hierbei VP 3, die von sich selbst be-hauptete, ein besonders schlechtes räumliches Gedächtnisvermögen zu besitzen. Sie schienbestrebt zu sein, die zu behaltende visuelle Information mit möglichst vielen anderen Sy-stemen zu assoziieren. Dabei zählte sie nicht nur halblaut die einzelnen Punkte (und nahmdiese Zählung dann in ihr Rehearsal auf), sondern machte zusätzlich dem dargebotenenMuster entsprechende Kopfbewegungen. Es könnte also interpretiert werden, daß die visu-elle Information mit verbaler und motorischer Information verknüpft wurde, um besserbehalten werden zu können. VP 3 unterteilte zudem die Merklisten mit 5 bzw. 6 Items inGruppen zu den jeweils ersten und letzten 3 bzw. zu 3+2 Items. Keine andere Versuchsper-son berichtete von so einer Aufteilung.d) Die Strategien wurden zum Teil der Merklistenlänge angepaßt. Für VP 3 wurde diesschon geschildert. Als anderes Beispiel berichtete VP 1, daß sie vor allem bei Merklisten-länge 2 in der Lage war, ihre Aufmerksamkeit so auf die beiden Felder zu fokussieren, daß

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26 Ergebnisse

eine Reaktion direkt nach Lokalisierung des Testitems, ohne Vergleich mit der farblichgemerkten Markierung der Felder, stattfinden könne. Demgegenüber berichtete sie, beigrößeren Merklistenlängen diesen Vergleich durchführen zu müssen. Zu beachten ist na-türlich, daß zwar festgestellt werden kann, daß somit subjektiv ein anderes Verfahren an-gewandt wurde, daß jedoch Zweifel daran bestehen dürften, inwieweit kognitiv reflektiertwerden kann, ob und wie ein Vergleich genau stattfindet. In diesem Zusammenhang fiel esder VP auch deutlich schwer, ihre genaue (subjektive) Verfahrensweise verbal zu be-schreiben.e) Bis auf VP 3 berichteten alle VPn, daß sie sich die serielle Position der zu behalten-den Items nicht gemerkt hatten. Sie gaben an, daß sie höchstens von den ersten und letztenItems hätten sagen können, an welcher Stelle in der Liste sie auftauchten (anzumerken istnatürlich, daß dies zu keinem Zeitpunkt ihre Aufgabe war, so daß sich diese Einschätzungnicht objektiv übelprüfen läßt). Lediglich VP 3, die sehr stark andere Modalitäten als dievisuelle einsetzte, schätzte ein, dazu in der Lage gewesen zu sein.f) Die wenigsten VPn bemerkten die Unterschiedlichkeit der ISI im B-Design. Grunddafür dürfte sein, daß mit dem ISI zugleich immer die link-Bedingung wechselte. Da dielink-Bedingungen nun ohnehin als sehr unterschiedlich empfunden wurden, wurde dasunterschiedliche IST vermutlich fälschlicherweise als Eigenschaft der jeweiligen link-Bedingung wahrgenommen. VPn 8 und 10 berichteten jedoch, sie hätten den Eindruckgehabt, bei kürzerem IST schneller zu reagieren, während VP 7 umgekehrt von größerenEntscheidungsunsicherheiten bei kürzerem IST berichtete. (Für VP 10 entspricht dieserEindruck nicht den Daten)

5.3 Post hoc-Betrachtungen

Im Lichte der obigen Ausführungen wird vor allem eines deutlich: daß die Grundannahme,die VPn seien als einheitlich zu betrachten, schwerlich haltbar ist. Die Daten sollten alsonochmals nach VPn getrennt untersucht werden. Dabei ist es jedoch im Lichte des deutli-chen Trainingseffektes fraglich, inwieweit inferenzstatistische Schlüsse überhaupt nochgezogen werden dürfen. Innerhalb der einzelnen VPn wurden Reihenfolgeeffekte nämlichnicht ausreichend ausgeschlossen. Das gilt insbesondere für die Wechselwirkung zwischenlink-Bedingung und Merklistenlänge. Hier wurde jede Bedingung von jeder VP nur genaueinmal durchlaufen und das in individuell unterschiedlicher Reihenfolge. Am wenigstendavon betroffen sind die Positionseffekte, durchaus noch betrachtenswert dürften auch dieeinzelnen Merklistenlängen und das ISI sein. Dennoch wird die Untersuchung hier sinn-vollerweise auf deskriptive Betrachtungen beschränkt. Vorsichtshalber werden ausschließ-lich Kombinationen einzelner Variablen mit den VPn untersucht. Die besonders interes-santen Wechselwirkungen der VP mit zwei weiteren Faktoren werden dabei nicht berück-

sichtigt.

ci

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Ergebnisse 27

Testitem

700

650•

600.

550-

500

///

••"

negativ

positiv

1 2 3

4

Flächenzahl

Figur 5.7: Mittlere Reaktionszeit in Abhängigkeit der Anzahl an Flächen

5.3.1' Replikation der klassischen Ergebnisse

Zunächst soll aber der Tatsache Rechnung getragen werden, daß alle VPn die Bildung vonFlächen als besonders hilfreich empfanden. Wenngleich sich die VPn hier eher unsicherwaren, stimmten sie darin überein, als Flächen tendenziell auch diagonal angrenzende Fel-der zu gruppieren. Demzufolge soll untersucht werden, ob möglicherweise die Anzahl derFlächen einen eindeutigeren Zusammenhang mit der Reaktionszeit aufweist, als dieMerklistenlänge. Problematisch ist hierbei, daß die Anzahl möglicher voneinander ge-trennter Flächen in der 4x4 Matrix maximal 4 beträgt. Dieser Wert wurde allerdings beimgegebenen Stimulusmaterial nur zweimal erreicht. Außerdem sind die Flächenanzahlennicht gleichmäßig auf die link-Bedingungen und vor allem nicht auf positive und negativeDurchgänge verteilt. So ergibt sich in Figur 5.7 ein insgesamt etwas linearer anmutenderZusammenhang; dieser kann allerdings nicht sinnvoll interpretiert werden.Bezüglich der Merklistenlänge und der Positionseffekte stellen Figur 5.8 und 5.9 eine Auf-schlüsselung nach den einzelnen VPn dar. Bei den Merklistenlängen fällt hier zunächst auf,daß VPn 1, 5 und 10 eindeutig keinen linearen Zusammenhang zwischen Merklistenlängeund Reaktionszeit aufweisen. VP 8 zeigt ebenfalls eher einen logarithmischen Zusammen-hang (VP 2 nur einen sehr schwachen linearen). Noch überraschender stellt sich die Ab-hängigkeit von Positionseffekten von der VP dar. Hier zeigen VPn 2, 4, 8, 9 und 10 deut-lich untypische Muster, VP 1 zeigt nur einen schwachen Effekt.

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1000

900

800

700!,11;11!'ll

600

Versuchsperson

Figur 5.9: Positionseffekte, aufgeschlüsselt nach VPn

28 Ergebnisse

1 2 3 4 5 6 7

Versuchsperson

8 9 10

Figur 5.$: Einfluß der Merklistenlänge auf die Reaktionszeit, aufgeschlüsselt nach VPn.

900

800

0 700ce 600

CC500

CD

2-* 4002

300

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900

" CD—N

800

700

tuCD

600

CC

CD 500CD

400

300

Link

31 2

31

2 3 4

8 9 10

Versuchsperson

Ergebnisse 29

5.3.2 Spezifische Eigenschaften der neuen Variante

Figur 5.10 zeigt, daß VPn 2, 5, 8 und 10 in ihren mittleren Reaktionszeiten weitgehendunabhängig von der link-Bedingung sind. Im Übrigen zeigt sich erwartungsgemäß ein sehrheterogenes Bild.In Figur 5.11 kann abgelesen werden, daß die VPn 1, 3, 6 und 8 einen eher atypischen undvor allem nur geringen Zusammenhang in ihren Reaktionszeiten mit dem IH erkennenlassen.

Figur 5.10: Hauptwirkung der link-Bedingung nach VPn getrennt dargestellt

800

700

600

500

400

300

181/ msec

500

zu 10001 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Versuchsperson

Figur 5.11: Wirkung des ISI auf die Reaktionszeit, nach VPn aufgetrennt

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30 Ergebnisse

5.3.3 Suche nach homogenen Gruppen

Es wurden die wesentlichen personenbedingten Differenzen herausgestellt. Allerdings istes wenig aufschlußreich zu wissen, daß unterschiedliche Muster von Effekten auftretenkönnen, sofern diese nicht sinnvoll kategorisiert oder durch eine andere Variable vorherge-sagt werden können. Zu diesem Zweck wurden die oben angeführten, rein nach Augen-schein vorgenommenen Kategorisierungen bezüglich in den vier Variablen ,linearer Effektder Merklistenlänge`„ typischer Positionseffekt`, ,deutlicher Effekt der link-Bedingung'und ,Effekt des IST` jeweils nominal als vorhanden oder nicht vorhanden kodiert. An-

schließend wurde eine hierarchische Clusteranalyse in zwei Cluster nach dem Zentroid-Verfahren (euklidisches Distanzmaß) bezüglich dieser vier Variablen durchgeführt 19 . Die

Ergebnisse sind in Tabelle 5.1 dargestellt. Es zeigt sich, daß für acht der zehn Ver-suchspersonen die Clusterzugehörigkeit durch die verwandte Strategie (aufgeteilt in ,farb-liche Markierung' und ‚keine farbliche Markierung') vorhergesagt werden kann. Auf VPn2 und 4 trifft diese Vorhersage allerdings nicht zu.Als typisch für ihre Cluster können VPn 3 und 8 gegeneinander gestellt werden. VP 3weist alle ursprünglich erwarteten Effekte auf. Ihre Strategie ist von allen VPn diejenige,die am stärksten auf der Zuhilfenahme von seriellen Strategien bzw. Modalitäten mit starkseriellem Charakter beruht. VP 8 hingegen weist keinen der untersuchten Effekte auf. Eserscheint, daß sie sich vollständig auf ein farbliches Muster stützt. Serielle Effekte, selbstin Form von Positionseffekten fehlen gänzlich. Die genau Form der Darbietung beeinflußtihre absoluten Reaktionszeiten kaum. Es könnte gemutmaßt werden, daß sie sich auch vonder beabsichtigten Verleitung zu seriellen Strategien durch die unterschiedlichen link-Bedingungen nicht beeinflussen ließ. Auch wenn sich diese Aussage durch diese Studieempirisch nicht ausreichend absichern läßt erscheint es, als beruhten letztendlich alleSternberg-Effekte und ebenso die anderen hier berücksichtigten Effekte hauptsächlich aufder primär verwendeten Modalität.

Tabelle 5.1: Rohdaten und Ergebnisse der Clusteranalyse

VP lineareReaktion-

zeitfunktion

typischePositions-

effekte

deutlicheHauptwirkungder link-Bed.

typischeWirkung des

ISI

Cluster-Zugehörigkeit

farblicheBildebene als

Strategie

1 nein ja ja nein 1 ja

2 (ja) nein nein ja 1 nein

3 ja ja ja nein 2 nein

4 ja nein ja ja 1 nein

5 nein ja nein ja 1 ja

6 ja ja ja nein 2 nein

7 ja ja ja j nein

8 nein nein nein—

nein 1 ja

9 ja nein ja ja 1 ja

10 nein nein nein ja 1 ja

19 siehe hierzu unbedingt den entsprechenden Abschnitt in Teil 6.2.1

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Diskussion der Ergebnisse 31

6 Diskussion der Ergebnisse

6.1 Interpretation der zentralen Ergebnisse

Es läßt sich insgesamt feststellen, daß die ursprüngliche Absicht, eine Variante des Stern-berg-Paradigmas zu schaffen, in der serielle Merkstrategien weitestgehend ausgeschlossenwerden können, nur teilweise gelungen ist. Gut die Hälfte der VPn scheint die Informationtatsächlich parallel zu verarbeiten, in dem sie sie in eine farbliche Information überträgt.VP 3 dient im Gegensatz dazu als Beweis, daß die Merkliste durchaus durch Assoziationmit anderen Sinnesmodalitäten zu großen Teilen seriell verarbeiten läßt. Damit ließe sichfür diese , VPn ein Erklärungsansatz benennen, weshalb der klassisch erwartete Sternberg-Effekt der Linearität der Reaktionszeitfunktion auftritt bzw. fehlt. Dabei ist allerdings dar-auf hinzuweisen, daß für VP 9 (und 2) dieses Erklärungsmuster offensichtlich nicht ver-wendet werden kann (siehe Tabelle 5.1).Viel problematischer ist jedoch die Interpretation der Ergebnisse bei denjenigen VPn, diezwar von keinen direkt seriellen Strategien berichteten, jedoch auch nicht auf eine zusätzli-che farbliche Kodierung zurückgriffen. Diese zeigten in der Mehrzahl klassische Stern-berg-Effekte, bzw. klassisch zu erwartende Effekte. In der Befragung gaben diese VPn an,sich vor allem auf geometrische Formen und Symmetrien zu stützen. Als Erklärung würdesich also anbieten, daß tatsächlich eine Art der Verarbeitung vorliegt, wie sie Corballis &Miller (1973) vorschlagen (siehe Teil 1.2.4): Die einzelnen Items der Merkliste werden sostark miteinander verknüpft, daß sie einzeln zunächst gar nicht mehr auszumachen sind.Freilich ist hier die Verknüpfung der Merklistenitems untereinander weniger als seriell inder Reihenfolge der Darbietung zu betrachten, als vielmehr in Formen innerhalb des visu-ellen Systems. Dennoch müssen zunächst die einzelnen Items innerhalb ihrer Gruppierunggeprimt werden, um erst dann als einzelne Items (per direct access) verglichen werden zukönnen. Dabei ergibt sich hier ganz unabhängig von der Serialität der Darbietung ein linea-rer Anstieg der benötigten Zeit mit der Merklistenlänge. Recency-Effekte lassen sich ganznormal nach der Theorie des direct access erklären2G.Oben wurde nun gesagt, eine parallele Verarbeitungsstrategie verhindere das Auftreten vonklassischen Sternberg-Effekten. Für die Frage des linearen Anstiegs der Reaktionszeit-funktionen ist diese Erklärung halbwegs schlüssig. Wie ist aber das Ausbleiben der Positi-onseffekte, insbesondere des Recency-Effektes zu erklären? Betrachten wir zunächst die

2° Die Stichhaltigkeit dieses Erklärungsansatzes könnte sich möglicherweise mit Hilfe des experimentellen Ansatzes vonKnjazeva (1989) überprüfen lassen. Sie verwendet zusätzlich zu dem Testitem eine Art von Priming. Dabei nimmt sie an,daß sich die Suche (sofern das Prime-Item in der Merkliste enthalten ist) seriell aber ausschließlich zwischen Prime- undTestitem abspielt. Dadurch steigt die benötigte Suchzeit mit der (zeitlichen) Distanz zwischen den Items in der Darbie-tung an. Nach der hier vorgeschlagenen Erklärung wäre allerdings nicht die zeitliche Distanz in der Darbietung aus-schlaggebend, sondern vielmehr die Zugehörigkeit zur selben geometrischen Einheit. Wenn das Prime-Item also auf dieFigur (oder Fläche) verweist, in der sich auch das Testitem befindet (beide Items sollten also in der Merkliste enthaltensein), so wäre eine kürzere Reaktionszeit zu erwarten, als wenn das Prime-Item auf eine andere figurale Einheit verweist,als die für den Vergleich relevante. Ein Problem in der praktischen Realisierung könnte sich allerdings darin ergeben, daßdieselbe Merkliste von verschiedenen VPn möglicherweise in unterschiedliche Figuren unterteilt wird. Es sollte alsoeiniger Aufwand betrieben werden, möglichst eindeutige Muster zu erzeugen.Im Übrigen sei darauf hingewiesen, daß der interpretative Ansatz von Knjazeva (eine serielle Suche) hier nicht geteiltwird. Allerdings wird angenommen, daß sich Knjazevas Daten genauso gut mir dem hier favorisierten Modell von Cor-ballis & Miller (1973) erklären lassen, das letztlich zwar keine serielle Suche, aber durchaus ähnlich-ein serielles Primingannimmt.

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II!:

11111,1

32 Diskussion der Ergebnisse

VPn, die die Merkliste farblich verarbeiteten. Hier wurde bisher angenommen, eine solcheStrategie würde gerade einen Vergleich im Sinne des direct access besonders plausibelerscheinen lassen. Eine erst kürzlich erfolgte Aktivierung eines Items müßte dann zu einembesonders schnellen Vergleich führen. Als Erklärungsansatz soll hier vorgeschlagen wer-den, daß gerade die Übertragung der räumlichen Information in eine farbliche Kodierungdiesen erwarteten Effekt verschwinden läßt. Es wird an dieser Stelle nämlich die Annahmegemacht, daß jeder einzelne Übertragungsvorgang selbst eher schleichend abläuft, daß alsoeine gewisse Zeit nötig ist, bis der Stimulus in voller Stärke in eine farbliche Information

übertragen worden ist. Möglicherweise ist die Aktivierungsstärke auf der farblichen Bilde-bene zunächst so schwach, bzw. die genaue räumliche Ausdehnung der Farbinformationauf dieser Ebene zunächst so diffus, daß mehrere Zyklen von, Rehearsal notwendig sind,um die Information tatsächlich verfügbar zu machen. Dadurch erschiene es plausibel, daßein Recency-Effekt überhaupt nicht durchgreifen kann. Diese Interpretation ist selbstver-ständlich recht gewagt und kann sich in der vorliegenden Studie auf keine empirischenDaten stützen. Um in dieser Richtung etwas mehr Klarheit zu erlangen, sollte in folgendenUntersuchungen der Effekt einer Unterdrückung von Rehearsal, sowie einer radikalerenVariation des Retentionsintervalls untersucht werden.Allerdings zeigten auch die Vpn 2 und 4, die keine farbliche Strategie verfolgten keinetypischen Positionseffekte. Diese VPn versuchten die Merklisten in geometrische Figurenzu zerlegen. Es könnte nun angenommen werden, daß hier Positionseffekte zwar prinzipi-ell auftreten, sich jedoch weniger auf einzelne Items beschränken, sondern auf die figuraleEinheit, in die sich die Items einfügen. Dann könnten die Positionseffekte nicht mit her-kömmlichen Methoden erfaßt werden. Dieser Ansatz wird im Folgenden Absatz zum Ver-ständnis des Rehearsal-Prozesses vielleicht etwas klarer. Zunächst bleibt jedoch anzumer-ken, daß sich damit das Ausbleiben von Positionseffekten zwar erklären läßt, jedoch keineschlüssige Aussage gemacht werden kann, wieso bei anderen VPn, die auf dieselbe Strate-gie zurückgriffen, dennoch Positionseffekte auftreten. Es sollte untersucht werden, ob sichdie beschriebene Strategie sinnvoll in Untergruppen differenzieren, und damit eine Vorher-sage von Positionseffekten machen läßt.Was ist an dieser Stelle unter Rehearsal zu verstehen? Offensichtlich entstammt diesesWort ursprünglich einer Wiederholungsaktivität im phonological loop, wo die Informationtatsächlich ,wieder gehört' wird. Der Sinn des Rehearsals ist die Speicherung ansonstenflüchtiger Informationen im Kurzzeitgedächtnis. Visuelle Informationen sind nun genausowie akustische äußerst flüchtig. Auch Informationen im spatial medium von Kosslyn(Kosslyn & Schwartz (1977)) müssen also kontinuierlich aufgefrischt werden (vgl. auchEysenck Keane (1995)). Es besteht zunächst kein Grund zur Annahme, daß beide Pro-zesse grundsätzlich voneinander verschieden sind, daher wird der Begriff des Rehearsals inder vorliegenden Arbeit einfach übernommen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß dasRehearsal akustischer Informationen in serieller Reihenfolge der Darbietung der Informa-tion stattfindet, während es bei bildlicher Information wahrscheinlicher ist, daß in diesemFall Blöcke , von benachbarten Item oder Gruppierungen von Items (allgemeiner figuraleEinheiten) in einer nicht genau zu bestimmenden Reihenfolge nacheinander aktiviert wer-den. Damit ließe sich zugleich erklären, weshalb diejenigen VPn, die sich am stärksten auf

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Diskussion der Ergebnisse 33

eine rein bildliche Information stützen, ebenfalls keinen Primacy-Effekt erkennen lassen.Der Primacy-Effekt läßt sich generell dadurch erklären, daß die ersten Informationen ineiner Reihe einen wichtigen Anker darstellen, da sie gerade der Ausgangspunkt für einserielles Rehearsal sind. Deshalb treten diese Informationen sinnvollerweise besondersprominent hervor. Wird nun angenommen, daß beim Rehearsal bildlicher Informationeneine weniger klar definierte Reihenfolge herrscht, so wird ersichtlich, daß ein Anker nichtmehr denselben zentralen Stellenwert einnimmt, bzw. daß als Anker nicht unbedingt diezeitlich zuerst dargebotene Information, sondern bspw. ein zentrales Bildelement dienenkann. Dadurch kann ein Primacy-Effekt nicht mehr mit den herkömmlichen Methodenerfaßt werden. Freilich wird bei dieser Erklärung zugleich impliziert, daß VPn, die sichweniger ein vollständiges Bild, als vielmehr bestimmte Geometrien einprägen, dennoch aufdie zuerst dargebotene Information als Anker zur Erinnerung der Konfiguration zurück-greifen. Diese Implikation erscheint nur bedingt plausibel. Es wird weitere Forschung nö-tig sein, um die gefundenen Daten sicherer interpretieren zu können.Eher im Sinne der ursprünglichen Erwartungen ist die Wechselwirkung zwischen link-Bedingung und Merklistenlänge. Zwar konnte die ursprünglich angenommene Rangfolgeder link-Bedingungen in bezug auf die Linearität der Reaktionszeitfunktion nicht bestätigtwerden, jedoch ist diesbezüglich vor allem zentral, daß scheinbar die Serialität innerhalbdieser Variante des Sternberg-Paradigmas durchaus durch verschiedene link-Bedingungenvariiert werden kann. Damit ist ein deutlicher Schritt getan, zu beweisen, daß die Linearitätund Parallelität der von Sternberg gefundenen Reaktionszeitfunktionen tatsächlich zumgroßen Teil auf die serielle Natur des verwendeten Stimulus-Materials attribuiert werdenkann. Bedauerlich ist an dieser Stelle, daß die dreifaktorielle Wechselwirkung zwischenlink-Bedingung, Merklistenlänge und VP in dem gewählten Design nicht untersucht wer-den konnte.Die gefundene positive Beziehung zwischen mittlerer räumlicher Distanz und Merklisten-länge deutet darauf hin, daß dieses Maß möglicherweise als Operationalisierung der Kom-plexität der Merkliste dienen kann. In Verbindung damit sollte die Variable ‚Anzahl derFlächen' in folgenden Studien systematischer untersucht werden. Möglicherweise ist aller-dings der Ansatz, verschiedene Merklisten subjektiv von mehreren VPn einstufen zu las-sen, vielversprechender in Bezug auf die Erfassung dieses Faktors, als eine rein mathema-tische Formulierung. Letztlich müßte vor allem eine mögliche Wechselwirkung eines sol-chen Komplexitätsfaktors mit der VP untersucht werden. Zu erwarten wäre, daß jeneGruppe von Personen, die vor allem auf farbliche Visualisierungsstrategien zurückgreift,von der Komplexität kaum beeinflußt wird. In der vorliegenden Studie wurde dieser Effektebenfalls nicht untersucht, da sich Reihenfolge-Effekte nicht von tatsächlichen Wirkungenhätten unterscheiden lassen.Mit das wichtigste Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist jedoch, daß ein sehr deutli-cher Trainingseffekt zu beobachten ist. Dabei verweist dieses Ergebnis nicht nur darauf,daß zukünftige Studien diesen Effekt auf jeden Fall beachten sollten, sondern auch darauf,daß das verwendete Stimulus-Material im Gegensatz zu dem von Sternberg gebrauchtenerheblich weniger vorab trainiert ist. Während für verbale Stimuli fast alle VPn ähnlicheund sehr gut geübte Strategien mitbringen, ist die Aufgabe, sich räumliche Informationen

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34 Diskussion der Ergebnisse

der hier vorgestellten Art einzuprägen, offensichtlich weit weniger trainiert. Während bei-spielsweise das Behalten einer Telefonnummer eine beinahe alltägliche Situation ist,scheint es sich hier um eine Aufgabe zu handeln, die in dieser Form neu für die VPn ist,die die VPn vor allem aber auf sehr unterschiedliche Art und Weise angehen. Vermutlichist diese Erkenntnis die zentralste aus der vorliegenden Studie.

6.2 Kritik an der Verfahrensweise

6.2.1 Kritik an der vorliegenden Studie

Verschiedene Kritikpunkte an der methodischen Verfahrensweise dieser Studie wurden imVerlauf der Vorstellung der Ergebnisse und ihrer Interpretation bereits genannt. Als ganzzentraler Kritikpunkt muß hier ohne Frage angesehen werden, daß die Daten offensichtlichungerechtfertigterweise als unabhängig betrachtet wurden. Es kann eben nicht davon aus-gegangen werden, daß alle VPn als einheitlich zu betrachten sind. Gerade die Wirkungendes Personenfaktors sollten in weiteren Studien genauer analysiert werden. Alle Aussagen,die hierzu in dieser Studie gemacht wurden, können berechtigt hinterfragt werden.Als weiterer Kritikpunkt im Design sollte die Kodierung der Positonen in der Merklisterelativ zur Merklistenlänge angesehen werden. Hier werden mal nur ein Item, mal zweiItems als einheitliche Position angesehen. Methodisch ‚sauberer' wäre es wohl gewesen,jeweils nur eine einzige Itemposition für sich zu kodieren. Allerdings wäre damit zugleichdie Auswertung undurchsichtiger geworden. Die Positionen der Items bei Merklistenlänge6 hätten sich nur unanschaulich mit denen kürzerer Merklistenlängen vergleichen lassen.Ein weiteres Problem ergibt sich bei Merklisten mit nur zwei Items. Hier gibt es offen-sichtlich nur erste und letzte Position. Es wäre also zu fragen, ob die Reaktionszeitkurve(Reaktionszeit gegen Merklistenlänge) in diesem Fall nicht durch Primacy- und Recency-Effekte nach unten verzerrt wurde. Immerhin werden bei Merklistenlänge 2 keine Items inmittlerer Position getestet, die längere Reaktionszeiten erfordern. Hier scheint es auf jedenFall erfoderlich, den Faktor Merklistenlänge zukünftig in deutlich mehr Stufen zu untersu-chen, um besseren Aufschluß über den genauen Verlauf der Reaktionszeitfunktion zu er-halten.Darüber hinaus müssen allerdings auch weitere methodische Aspekte kritisiert werden.Ganz grundsätzlich ist dabei zunächst einmal anzumerken, daß die verwendeten inferenz-statistischen Verfahren von der Annahme der Normalverteilung der Reaktionszeit ausge-hen. Diese ist hier eigentlich nur annäherungsweise gegeben. Die Verteilung der gemesse-nen Reaktionszeiten kann der Normalverteilung besser durch logarithmische Transformati-on angepaßt werden. Darauf wurde hier zugunsten besserer Interpretierbarkeit der Ergeb-nisse verzichtet.Ebenfalls recht grundsätzlich muß angemerkt werden, daß die große Anzahl der hier gete-steten Hypothesen methodisch unsauber ist. Da sich die ce-Fehlerwahrscheinlichkeiten ku-mulieren, ist es insgesamt höchst wahrscheinlich, daß unter den hier vorgestellten Ergeb-nissen mindestens eines nicht auf die Population zu übertragen ist. Um dem Rechnung zutragen, ist es eine sinnvolle Praxis, das getestete Signifikanzniveau entsprechend zu sen-

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Diskussion der Ergebnisse 35

ken, so daß sich insgesamt eine vertretbare Fehlerwahrscheinlichkeit ergibt. Dies wurde inder vorliegenden Untersuchung nur im Falle zweier direkt zusammenhängender Teilhypo-thesen getan. Generell läßt sich also feststellen, daß diese Untersuchung mit Hypothesenförmlich überfrachtet ist und dem methodisch nicht gerecht wird. Allerdings sei daraufverwiesen, daß diese Studie vor allem zum Ziel hat, eine neue Variante des Sternberg-Paradigmas zu entwerfen und einen möglichst sinnvollen Überblick zu geben, welche Ef-fekte in diesem neuen Versuchsaufbau generell zu erwarten sind. Damit hat die Studie denCharakter einer Pilot-Studie, die lediglich als Ausgangspunkt genauerer Nachforschungendienen soll und kann. Es darf nicht fälschlicherweise davon ausgegangen werden, daß diehier vorgestellten Ergebnisse zugleich ausreichend empirisch abgesichert sind.In dieser Studie wurden zugleich viele Faktoren, die möglicherweise durchaus bedeutsamsind, nicht systematisch untersucht, bzw. konstant gehalten. Dazu zählen insbesonderesämtliche Maße, die die Komplexität der einzelnen Merklisten betreffen. Es kann an dieserStelle nicht ausgeschlossen werden, daß ein Teil der Ergebnisse dadurch verfälscht wurde,daß beispielsweise in verschiedenen Bedingungen durchschnittlich unterschiedlich schwie-rige Merklisten verwendet wurden. Bei der Berücksichtigung solcher Faktoren wäre aller-dings zusätzlich darauf zu achten, daß sie nach Möglichkeit für alle VPn vergleichbarwirksam sein sollten. Es wäre daher notwendig, im Vorfeld einer weiteren Untersuchungmit diesem Versuchsaufbau systematisch Untersuchungen zur Einschätzung der Komple-xität der verschiedenen Merklisten durch verschiedene VPn durchzuführen.Von den hier vorgestellten Ergebnissen ist vor allem die durchgeführte Klassifizierung derVPn mittels einer Clusteranalyse mit großer Vorsicht zu betrachten. In diese Analyse gin-gen 'lediglich vier zweistufige Variablen ein, die zudem lediglich nach Augenschein ausden vorliegenden Daten extrahiert wurden. Es darf durchaus bezweifelt werden, ob allediese Variablen die gleiche Relevanz bezüglich der durchgeführten Klassifizierung hatten(beispielsweise darf angenommen werden, daß die Linearität der Reaktionszeitfunktionzentraler ist, als der Effekt des IST). Ebenfalls sollte zu der Variable ‚lineare Reaktionszeit-funktion' angemerkt werden, daß hier eigentlich nach positiven und negativen Durchgän-gen differenziert werden sollte (siehe die Ergebnisse in 5.1.1). Zu argumentieren, die erho-benen Daten ließen eine solche Differenzierung nicht sinnvoll zu, ist durchaus richtig,spricht allerdings eher dafür, diese Variable überhaupt nicht in die Clusteranalyse einzube-ziehen. Darüber hinaus sind lediglich 10 VPn eine eher geringe Basis für eine Clusterana-lyse. Weiterhin muß darauf hingewiesen werden, daß diese Clusteranalyse als rein de-skriptiv zu verstehen ist. Die Aufteilung in genau 2 Cluster ist willkürlich. InferenteSchlüsse auf die Population sind hier nicht zulässig. In diesem Licht müssen auch sämtli-che auf der Analyse aufbauende Interpretationen als Erklärungsansätze für möglicherweisefehlerhafte Daten angesehen werden, können also höchstens als denkbare Ansätze oderErklärungsvorschläge verstanden werden, die mit großer Wahrscheinlichkeit im Lichtespäterer, empirisch besser gesicherter Ergebnisse modifiziert oder gar verworfen werdenmüssen. Es darf geargwöhnt werden, daß der Autor hier sah, was er sehen wollte.Des weiteren kann kritisch bemerkt werden, daß die subjektiven Befragungen der VPnmöglicherweise etwas zu offen und unstrukturiert durchgeführt wurden. Durch diese Vor-gehensweise sollte vor allem erreicht werden, daß die VPn möglichst frei individuelle Ein-

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36 Diskussion der Ergebnisse

1,1

drücke schilderten, um so einen umfassenden Überblick zu erlangen. Der Nachteil ist, daßletztendlich die Gruppierung der VPn aufgrund der Befragung sich zu einem großen Teilauf den wiederum subjektiven Eindruck des Autors stützen mußte. In zukünftigen Untersu-chungen sollte deshalb zusätzlich zur offenen Befragung Wert auf Skalierungen der sub-jektiv wahrgenommenen Schwierigkeit der unterschiedlichen Bedingungen gelegt werden.Ebenso sollte darauf hingewiesen werden, daß die (nicht explizit durchgeführte) inferenz-statistische Auswertung der Messungen aus den link-Bedingungen 1 und 3 nicht a priorivorgesehen wurde. Bortz (1993) betont, daß es einer wissenschaftlichen Vorgehensweisenicht angemessen ist, am selben Datensatz Hypothesen zu begründen und zu überprüfen.Das Ergebnis, daß bei link lund 3 Linearität und Parallelität der Reaktionszeitfunktionengegeben ist, ist deshalb nicht als empirisch abgesichert anzusehen. Die inferente Überprü-fung dieses Ergebnisses sollte deshalb nicht im eigentlichen Sinne als solche angesehenwerden, sondern vielmehr als deskriptive Abgrenzung von den Ergebnissen bei Betrach-tung aller Meßwerte interpretiert werden, wobei inferenzstatistische Mittel lediglich hilfs-weise genutzt werden. Ob tatsächlich hier gefundenen Ergebnisse auf die Population ver-allgemeinert werden können muß deshalb an einem seperaten Datensatz überprüft werden.Hier wurde letztendlich nur die entsprechende Hypothese generiert. In diesem Licht istnatürlich auch der angemessene Verzicht auf inferenzstatistische Verfahren im Teil 5.3 zusehen. Auch die Effekte, die in diesem Teil vom Augenschein her recht eindeutig auftretenund in dem vorliegenden Datensatz wohl signifikant in Erscheinung treten würden, müs-sen erst noch in weiteren Untersuchungen bestätigt werden.Schließlich sei darauf hingewiesen, daß hier in der Regel die Wirkungen einzelner Fakto-ren untersucht wurden. Im Anhang findet sich eine Tabelle mit Korrelationen der Prädik-torvariablen untereinander. Insbesondere die Variable ‚letzte Distanz' weist deutliche Kor-relationen mit anderen Prädiktoren auf. Insofern muß gefragt werden, inwieweit beideFaktoren tatsächlich einen eigenen Erklärungswert in das Modell einbringen.

6.2.2 Generelle Kritik

Ganz prinzipiell hat bspw. Pachella (1974) darauf hingewiesen, daß die Interpretation vonReaktionszeitdifferenzen durchaus problematisch ist. Vereinfachend gesagt führt er an, daßdas Ganze nicht unbedingt gleich der Summe seiner Teile ist, daß also beispielsweise dieAufgabe bei einer Merklistenlänge von 4 nicht unbedingt die gleiche ist, wie bei einerMerklistenlänge von 6 Items. Die Differenz der mittleren Reaktionszeiten zwischen beidenBedingungen verlöre damit ihre Interpretierbarkeit. Unter den Ergebnissen der subjektivenBefragung (5.2) wurde nun unter Punkt d) angeführt, daß in der Tat einige VPn sogar be-wußt ihre Strategie den jeweiligen Merklistenlängen anpaßten. Damit ist die grundsätzlicheFrage gerechtfertigt, ob die gefundenen Ergebnisse überhaupt in der Weise interpretiertwerden können, wie das hier geschehen ist. Es erscheint hier unumgänglich, genauere Ein-zelfalluntersuchungen durchzuführen, wobei insbesondere Wert darauf gelegt werdensollte, die Daten der VP in relativ untrainiertem Zustand (wenn möglicherweise noch un-differenzierte Strategien verwendet werden) mit denen nach intensivem Training (wenn dieVP hochspezfische Strategien zum Umgang mit der jeweiligen Aufgabe entwickelt haben

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Diskussion der Ergebnisse 37

könnte) miteinander zu vergleichen, um Aufschluß darüber zu erlangen, inwieweit dasverwendete Interpretationsmuster überhaupt aufrecht erhalten werden kann.

63 Perspektiven zukünftiger Forschung

In der Studie wurde bereits an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, in welcherRichtung weitere Forschung wünschenswert und denkbar wäre. Diese Vorschläge sollenhier nicht nochmals aufgegriffen werden. In der subjektiven Befragung der VP 2 ergab sich

jedoch ein zusätzlicher Aspekt, der weitere Beachtung durchaus verdient. Die VP berich-tete, daß ihr die Behaltensaufgabe insgesamt leichter fiel, wenn sie sich weiter vom Moni-tor entfernte. Diese Aussage ist nicht nur in bezug auf eine zukünftige Konstanthaltung desFaktors Monitordistanz interessant, sondern bietet vielmehr Anlaß zu weitergehenden Spe-kulationen. In Abschnitt 6.1 wurde bereits auf die Bedeutung einer Art visuellen Rehear-sals für die Bearbeitung der Aufgabe eingegangen. Es wird hier vermutet, daß ähnlich wiebeim Rehearsal akustischer Informationen eine Art Wortlängeneffekt eine Rolle spielenkönnte. Baddeley, Thomson & Buchanan (1975) entdeckten, daß VPn größere Anzahlenkürzerer, als längerer Worte behalten konnten. Sie erklärten diesen Befund dadurch, daßkürzere Wörter schneller und somit öfter im Rahmen des Rehearsal wiederholt werdenkönnen. Es wäre nun durchaus plausibel, daß ein ähnlicher Effekt im spatial medium zufinden ist. Hier könnte beispielsweise gemutmaßt werden, daß größere Flächen oder Figu-ren aufwendiger und somit langsamer aufzufrischen sind, als kleinere. Übertragen auf diehier untersuchte Aufgabe wird in Übereinstimmung mit den Angaben der VPn angenom-men, daß die VPn ihr mentales Bild der Merkliste mit der permanent dargebotenen Matrixzur Deckung bringen. Folglich nimmt dieses Bild genau wie die Matrix bei größerer Di-stanz zum Monitor einen kleineren ‚Sehwinkel' ein. Dadurch verändert sich also die Größe

-der aufzufrischenden Flächen und somit die mögliche Rate des Rehearsal.Wenngleich diese Erklärung in hohem Maße spekulativ ist, sollte sie dennoch dazu Anre-gung bieten, Wortlängeneffekte, nicht nur in diesem noch recht unerforschten Ver-suchsaufbau sondern vor allem auch unter Verwendung akustischer Informationen, imRahmen des Sternberg-Paradigmas zu untersuchen. Auch diese Untersuchung könnte Auf-schluß darüber geben, welchen Einfluß die allgemeinen Verarbeitung des verwendetenStimulusmaterials auf den Ablauf der Suche im Kurzzeitgedächtnis im Sinne des Stern-berg-Versuchs hat.Bezüglich dieser speziellen Variante sollte nochmals betont werden, daß der Schwerpunktzukünftiger Forschung darauf gelegt werden sollte, gerade die Unterschiede zwischen denVPn genauer zu beleuchten. Die verschiedenen möglichen Strategien sollten differenzierteruntersucht werden, um schließlich fundiertere und exaktere Erklärungen geben zu können,unter welchen Bedingungen bestimmte Effekte auftreten und unter welchen nicht.

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Ebene 1

Ebene 2

Ebene 3

7 Allgemeine Diskussion

An verschiedenen Stellen wurde bereits angedeutet, daß jede VP zwar primär auf andereStrategien zurückgreift, um sich die Merkliste einzuprägen. Die meisten VPn berichtendennoch, daß sie sich gleichzeitig an mehreren Aspekten orientieren. So berichteten auchdiejenigen VPn, die sich die Merkliste vorrangig als farbige Bildebene merkten, daß siezusätzlich Flächen und Formen als besonders hilfreich empfanden. Im Fall von VP 3 zeigtesich am deutlichsten, daß es durchaus möglich ist, daß VPn nicht nur eine einzelne Sin-nesmodalität nutzen, um sich eine Information zu merken (also beispielsweise Verbalisie-

rung), sondern daß sie vor allem, wenn sie vor Aufgaben gestellt werden, in denen sie nichttrainiert sind, die zu behaltende Information redundant in verschiedener Form speichern.Wenn nun aber angenommen wird, daß die Suche im Kurzzeitgedächtnis in verschiedenenModalitäten auf jeweils spezifische Art und Weise abläuft, was bedeutet das dann für dieunter 1.2 vorgestellten Theorien? Unter einer konnektionistischen Perspektive erscheint esdurchaus möglich, die Modelle zu kombinieren. Figur 7.1 soll einen Vorschlag dazu ver-deutlichen, wie möglicherweise sogar alle drei Familien von Modellen vereinbar sind.

Figur 7.1: Schematische Darstellung eine konnektionistischen Verbindung mehrerer Modelle. Erläuterungensiehe Text. Die gestrichelte Verbindung auf Ebene zwei soll eine Verbindung benachbarter Flächen sysmbo-lisieren. Der Übersichtlichkeit halber wurden ab Ebene zwei nicht alle einzelnen Verbindungen skizziert,durch einen Pfeil werden in diesem Fall gleich drei Verbindungen dargestellt.

Auf Ebene 1 der Skizze sind einzelne Items als kompakte verbale oder semantische Infor-mationen gespeichert und stark seriell miteinander verbunden. Darüber könnte bei akusti-schem Material eine noch stärker seriell organisierte Ebene angesetzt werden, auf der dierein akustische Information angesiedelt ist. Diese Ebene spielt in der vorliegende Studiekeine Rolle und wurde deshalb zur besseren Übersichtlichkeit weggelassen.Ebene 2 beinhaltet Visualisierungen der einzelnen Iterns. In dem vorliegenden Fall wärendies Repräsentationen der einzelnen Kreise in der Matrix. Die Items auf dieser Ebene sindetwas komplexer. Sie sind zunächst nicht so stark seriell verknüpft, wie dies auf Ebene 1noch der Fall war. Allerdings sind die Items auf dieser Ebene stark mit denen auf der dar-

38 Allgemeine Diskussion

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Allgemeine. Diskussion 39

überliegenden Ebene verknüpft. Auf dieser Ebene werden zudem Verbindungen zwischenzu Flächen gruppierten Items vermutet, Flächen könnten allerdings durchaus auch auf einerseparaten, der Ebene 1 ähnlichen Struktur gespeichert sein.Schließlich stellt Ebene 3 eine solche dar, auf der sämtliche Items parallel visualisiert wer-den können. Dies ist die Ebene, die von den dazu ‚talentierten' VPn benutzt wird, um einfarbliches Bild von der Merkliste zu kreieren. Auf dieser Ebene befindet sich nur eine ein-zige Matrix, deshalb bestehen auch keine horizontalen Verbindungen. Dennoch ist dieseEbene mit allen Items auf Ebene 2 verbunden (Die Repräsentationen der Items auf allenEbenen sind wechselseitig miteinander verbunden).Die Anordnung der Ebenen ist nicht notwendigerweise so zu verstehen, daß die Informati-on auf Ebene 1 in das System eingebracht wird, um dann nach unten fortgegeben zu wer-den. Im konkreten Fall ist es am wahrscheinlichsten, daß die Information zunächst im vi-suellen Cortex in einer Form vorliegt, die der Ebene 3 am ähnlichsten ist. Von dort werdendie einzelnen Items extrahiert und auf Ebene 2 gespeichert. Dann erst werden sie bei-spielsweise mit einer verbalen Anordnung (z.B. Zählen) auf Ebene 1 assoziiert. Aber auchandere, individuell unterschiedliche Ausbreitungsrichtungen sind denkbar. Wichtig ist da-bei zunächst nur, daß die Information auf mehreren, miteinander verknüpften Ebenen red-undant gespeichert wird, wobei auf einigen dieser Ebenen eine stärkere serielle Organisati-on vorherrscht, während auf anderen Ebenen die Information parallel verarbeitet werdenkann.Jetzt wird es durchaus plausibel, daß tatsächlich alle drei verschiedenen Familien von Mo-dellen ihre Daseinsberechtigung haben. Auf Ebene 1 sind die Informationen stark seriellorganisiert. Hier ist eine serielle Suche also durchaus wahrscheinlich. Allerdings darf dar-über spekuliert werden ob auf dieser Ebene eher ein serielles Priming stattfindet, wie vonCorballis & Miller (1973) angenommen, oder tatsächlich ein serieller Vergleich. Immerhinwird in dem vorliegenden Versuchsaufbau auf dieser Ebene vermutlich keine direkt ver-wertbare Information gespeichert, sondern die Items auf dieser Ebene werden vielmehr nurassoziiert, um auf die eigentliche Information verweisen zu können.Auf Ebene 2 erscheinen sowohl parallele Verarbeitung, als auch direct access plausibel.Auf Ebene 3 dürfte ein Vergleich wohl per direct access stattfinden.Zu fragen bleibt allerdings, ob die hier vorgeschlagene Kombination tatsächlich eine ent-scheidende Verbesserung der Theorie von Corballis & Miller ist, oder ob lediglich gezeigtwird, daß sich diese Theorie gut mit einem konnektionistischen Ansatz vereinen läßt. DieMiteinbeziehung paralleler Modelle liefert an sich keinen besonderen Erklärungsvorteil.Der Grund, weshalb das Modell hier trotzdem vorgestellt wird, ist, daß es anschaulich ver-deutlicht, daß nicht nur verschiedene Arten der Verarbeitung in verschiedenen Modalitätendominieren, sondern daß zugleich verschiedene Modalitäten benutzt werden und damitVerarbeitungsweisen durchaus auch parallel ablaufen können. Welche Effekte sich in einerbestimmten Variante des Sternberg-Paradigmas nun ergeben, wäre damit weniger eineFrage, welches Modell ,am besten' ist, sondern vielmehr welche Art der Verarbeitung un-ter den gegebenen Bedingungen besonders dominiert. Es nützt also relativ wenig, wie inder Vergangenheit immer wieder geschehen, ein Modell zu ‚widerlegen', indem Stimu-

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40 Allgemeine Diskussion

lusmaterial verwendet wird, für das es nicht konzipiert wurde. Hilfreicher wäre es, zu-nächst Extremfälle (extrem serielle oder überhaupt nicht serielle) von Stimulusmaterial zuuntersuchen, um die erklärenden Modelle weiter verfeinern zu können, während der näch-ste Schritt wäre, aufzudecken, welche Bedingungen erforderlich sind, um nun eine be-stimmte Art der Verarbeitung besonders hervortreten zu lassen.Mit der vorliegenden Studie wurde gerade ein interessanter Punkt gefunden, in dem guteine Hälfte der VPn auf eine stark direkte oder parallele Verarbeitungsstrategie zurück-greift, während hei der anderen Hälfte die serielle Strategie weiterhin dominiert. Es scheint

also eine Variante zu sein, die vielversprechende Möglichkeiten zur weiteren Forschungeröffnet.

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Anhang 43

9 Anhang

9.1 Zentrale deskriptive Daten

mittlere Reaktionszeitennach Merklistenlänge

mittlere Reaktionszeitennach Position

...

nach ISI

Fehleranzahl

VP 2 Items 4 Items 6 Iterns Anfang Mitte Ende 500ms

1000ms

Misses FalseAlarms

Farb-Strate-

gie

11-

622,47 621,97 674,37 572,31 620,59 606,96 469,00 476,00 11 2 Ja

2 635,97 654,23 669,57 577,79 593,07 595,86 689,38 646,71 13 19 Nein

3 597,19 706,41 768,22 576,64 761,33 588,22 532,97 543,22 16 2 Nein

4 486,09 538,52 607,79 618,48 607,61 585,83 759,61 743,32 6 1 Nein

5 502,34 637,21 607,84 495,30 601,71 491,17 501,16 462,53 7 3 Ja

6 698,61 848,75 890,90 672,07 830,89 722,66 638,00 648,37 3 4 Nein

7 472,40 527,92 556,59 653,64 719,80 689,15 771,96 719,21 28 3 Nein

460,40 518,48 529,56 452,45 429,11 472,32 435,59 432,61 4 3 Ja

9 374,08 405,92 468,52 528,91 523,71 526,92 582,89 534,94 15 6 Ja

10 649,72 610,47 631,50 608,77 625,45 654,31 755,50 730,06 1 1 Ja

ge-samt

552,69 610,22 641,16 574,62 626,44 591,70 612,84 590,74 6,5% 2,8% 515

9.2 Regressionsanalysen

inferenzstatistische Maße Koeffizienten 95% Konfidenz-intervall für B

Unabhängige Var. F df Sig21 r2 Beta B unteres oberes

Merklistenlängepositive Testitems

4,796 1/46 0,034 0,094 0,307 16,956 1,372 32,540

...negative 27,942 1/46 0,000 0,378 0,615 28,095 17,397 38,794

...nur link 1&3positive

8,695 1/38 0,005 0,186 0,432 23,180 7,267 39,094

...negative 9,528 1/38 0,004 0,200 0,448 25,667 8,833 42,500

mittlere Distanz 6,250 1/158 0,013 0,038 0,195 0,287 n.b. n.b.

letzte Distanz 6,572 1/158 0,011 0,040 0,200 0,157 n.b. n.b.

Training (linear) 236,105 1/158 - 0,000 0,599 -0,774 -1,690 n.b. n.b.

Training (exp.) 256,36 1/158 0,000 0,619 n.b. -0,0027 n.b. n.b.

21 Auch wenn mitunter einseitig getestet wurde, werden hier nur die zweiseitigen Signifikanzen angegeben.

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inferenzstatistische Maße 95 % Kon.fidenz-intervall (MW.-Diff)

97,5% Konfidenz-intervall

Test t df

(korrigiert)

Sig

(2seit)21

Mittelw.

Differenz

unteres oberes unteres oberes

2 Items zu 4 Itemspositiv

-2,235 25,093 0,035 -75,1996 -144,4765 -5,9227 n.b. n.b.

...negativ -2,136 28,754 0,041 -44,1764 -86,4934 -1,8593 n.b. n.b.

4 Items zu 6 Itemspositiv

0,307 29,752 0,761 24,0530 -41,7454 56,5001 n.b. n.b.

...negativ -2,999 30,0 0,005 -68,2042 -114,6527 -21,7556 -121,8690 -14,5393

Anfang zu Mitte -2,043 41,495 0,047 -49,4296 n.b. n.b. n.b. n.b.

Ende zu Mitte -1,295 43,205 0,202 -32,1833 n.b. n.b. n.b. n.b.

Training (4tesQuinta zu 5tes Q)

2,492 59,989 0,015 321637 6,3483 57,9790 n.b. n.b.

ISI 500 zu 1000 1,032 61,682 0,306 21,8031 n.b. n.b. n.b. n.b.

PI

11:

Ci

;1111.

:H111;11

21 Auch wenn mitunter einseitig getestet wurde, werden hier nur die zweiseitigen Signifikanzen angegeben.22 Signifkante Korrelationen (zweiseitig) sind fett gedruckt. (Pearson Korrelationen)

44 Anhang

rl Illi

9.3 t-Tests

9.4 Effekt der Merklistefflänge bei link 1&3

'

95 % Konfidenzintervall(97,5% Intervall hier nicht erforderlich, da Parallel-

tiätshypothese auch auf dem weniger strengen Signifi-kanzniveau nicht zurückgewiesen werden kann)

Test Mittelwertdifferenz untere Grenze obere Grenze

2 zu 4 Items positive -83,3153 -156,7717 -9,8588

4 zu 6 Items positive -46,2885 -118,9456 26,3685

2 zu 4 Items negative -47,7264 -122,1728 26,7200

4 zu 6 Items negative -87,1444 -157,6028 -16,6861

9.5 Korrelationen der Prädiktoren22

Versuchs& e. Reaktion link letzte Dist. mitt. Dist. Positionen Merkliste

Versuchs-durchgang

1,000 -0,002 0,070 -0,022 -0,010 0,002 0,000

e. Reaktion -0,002 1,000 0,000 -0,316 0,027 ---------- 0,000

link 0,070 0,000 1,000 0,044 -0,010 -0,026 0,000

letzte Dist -0,022 -0,316 0,044 1,000 0,152 -0,441 0,244

mitt. Dist. -0,010 0,027 -0,010 0,152 1,000 -0,015 0,063

Position 0,002 -0,026 -0,441 -0,015 1,000 0,021

Merkliste 0,000 0,000 0,000 0,244 0,063 0,021 1,000

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Berichte aus der Fakultät für Psychologieder Ruhr-Universität Bochum

(ehemals Psychologisches Institut)

Arbeitseinheit Kognitions- und Umweltpsychologie

Neumann, 0., Eine Umkehrung des `semantischen Gradienten' beim Benennenvon Stroop Reizen (1/1977)

Neumann, 0., Steuerung der Informationsselektion durch visuelle und 'semanti-sche' Reizmerkmale (2/1977)

Neumann, 0., Intramodale und intermodale Interferenz zwischen eine Nach-sprech- Shadowing'-) und einer Entdeckungsaufgabe (3/1978)

Scheerer, E., Probleme der Modellierung kognitiver Prozesse: Von der Funkti-onsanalyse zur genetischen Analyse (4/1978)

Neumann, 0., Zum Mechanismus der Interferenz beim dichotischen Hören(5/1978)

Neumann, 0., Visuelle Aufmerksamkeit und der Mechanismus des Metakon-trasts (6/1978)

Neumann, 0., Zeitliche und funktionale Asymmetrien beim Stroop-Effekt(7/1979)

Scherer-Neumann, G.,Zur Analyse des Leseprozesses beim Grundschulkind (8/1979)

Neumann, 0., Über den Unterschied zwischen Lesen und Benennen (911979)

Neumann, 0., Einführung in die Planung und Durchführung einer experimen-talpsychologischen Untersuchung (10/1979)

Stoffer, Th., Aspekte einer generativen Syntax zur Beschreibung musikalischerStrukturen für eine kognitive Musikpsychologie (11/1979)

Neumann, 0., Bemerkungen zum Leistungsbegriff der Kognitionspsychologie(12/1979)

Reinert, G., Visuelles Suchen in Strichzeichnungen unterschiedlicher Organi-sation bei Variation der Situativen Nähe der Suchobjekte(13/1980)

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1!:1

11'

1!1:111•11

Reinert, G., Der Einfluß eines situativ fernen Kontextgegenstandes auf dieSuche (14/1980)

Matthäus, W., Planung der Gedächnistätigkeit bei Doppelaufgaben (15/1981)

Reinert, G., Begrenzung des relevanten Suchfeldes bei der Suche in komple-xen Szenen (16/1981)

Schulz, Th., Das ikonische Gedächnis - oder: Vom schlecht zugänglichen vi-suellen Speicher und dem langandauernden Ikon (Teil I: VisuelleElementarmerkmale) (17/1981)

Neumann, 0., Interferenz beim Beachten simultaner Texte: Unspezifische Kapa-zitätsbegrenzung oder spezifische Verarbeitungsschwierig-keiten?(18/1981)

Neumann, 0., Über den Zusammenhang zwischen Enge und Selektivität derAufmerksamkeit (19/1981/1983)

Reinert, G., Visuelle Suche in Szenen unterschiedlicher Objekt- und Merk-malsdichte (20/1981)

Matthäus, W., Psychologische Mechanismen der Tätigkeitsregulation. Referatüber ein Buch von Olek Alexandrovic Konopkin (21/1981)

Stränger, J., Schorneck, D. & Droste, I.,Wahrnehmungsstrukturierung und Erinnerung konkreter Hand-lungen (22/1982)

Neumann, 0. & Kautz, L.,Semantische Förderung und semantische Interferenz im Benen-nungsexperiment (23/1982)

Neumann, 0., Experimente zum Fehrer-Raab-Effekt und das 'Wetterwart'-Modell der visuellen Maskierung (24/1982)

Neumann, 0., Sprechplanung als Erklärungskonzept. Überlegungen zum innerenSprechen beim Lesen und zum Lee-Effekt (25/1982)

Kolbert, .1., Müsseler, J. & Neumann, 0.,Scheinbare Abstandsverkürzung durch Bewegung: Der'Tandem'-Effekt (26/1982)

Lison, E., Das ZNS - ein taugliches Instrument zur Erfahrung anderer Rea-litäten? Überlegungen zur Interpretation von „near - death expe-riences" (27/1982)

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Reinert, G., Augenbewegungen bei geistig behinderten Kindern (28/1983)

Schulz, Th., Ikonisches Gedächnis (Teil II: Untersucht am Paradigma derEinzelitemauslese) (29/1983)

Mankwald, B., Lösungsstrategien bei Analogieaufgaben - Kritik an STERNBERsund MULHOLLANDs Komponententheorien (30/1984)

Matthäus, W., Metagedächnis (31/1984)

Bardin, K.V.,

Schulz, Th.,

Die Entdeckung neuer Klangdimensionen bei der Lautstärke-diskrimination im Schwellenbereich. Übersetzung von vier Ar-beiten zur Psychophysik von Kirill Vasilevic Bardin & Mitarbei-tern. (W. Matthäus, 32/1984)

Zum Einfluß der Sprechgeschwindigkeit auf die Sprechstörungenbei verzögerter Rückmeldung der eigenen Sprechstimme (Lee-Effekt): Evidenz für eine Reafferenztheorie des Sprechens?(33/1985)

Werner, J. & Strzalka, F.-J.,Perspektivisches Denken und Reflexionen beim Lösen eineskomplexen Problems (34/1985)

Guski, R., Leserbriefe zum „Türkischen Polizisten". Über Schwierigkeitenbeim Erstellen eines inhaltsanalytischen Kategoriensystems zumThema „Vorurteile" (35/1985)

Guski, R., Materialien zur Inhaltsanalyse von deutschen Briefen über Aus-länder (36/1985)

Matthäus, W., Zum Diskurs über Intuition (37/1987)

Guski, R., Inhaltsanalyse mit Personal-Computern (38/1987)

Guski, R., Pasligh, B. & Wühler, K.Wahrnehmung und Bewertung von Ruhepausen in diskontinuier-lichen Schallverläufen (39/1987)

Schulz, Th., Direct perception or unconccios inference? Some remarks an thevalence of affordances within the debate between „direct" realismand ratinalism.* (62/1988)

Höger, R., Physische und psychische Wirkungen von Umweltgiften(40/1989)

III

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1: 1

Guski, R., Rudolph, R & Schinauer, Th.,Zur Funktionalität der „Vertikalen-Täuschung" (41/1993)

Guski, R., Psychische Auswirkungen von Umweltbelastungen (42/1993)

Matthies, E., Bedroht durch Luft, Wasser und Nahrung? (43/1994)

Paramey, G.V., Schneider, K., Josephs, I. & Slusarek, M.,Identification of emotional meaning in line drawings of faces(44/1994)

Matthies, E., Aspekte der Bedrohlichkeit von Umweltbelastungen (45/1995)

Matthies, E., Krömker, D., Höger, R.,Das Planspiel als Lern- und Forschungsfeld in der Risiko-kommunikation (46/1995)

Hunecke, M., Blöbaum, A., Matthies, E., Höger, R.,Verantwortung und Umweltverhalten – Zwischenbericht(47/1996)

Matthier, E. u.a., „Sortieren geht über Studieren" - Durchführung und Evaluationeiner psychologischen Intervention zur Förderung der Müllfrak-tionierung in einer Universitätscafeteria (48/1996)

Blöbaum, A., Hunecke, M., Matthies, E., Höger, R.,Ökologische Verantwortung und private Energie- & Pkw-Nutzung (49/1997)

Matthäus, W., Ironies of experiments with ironic processes (50/1997)

Blöbaum, A., Hunecke, M., Matthies, E., Höger, R.,Die Interaktion von ökologischer Normorientierung und situati-ven Faktoren - Zwischenbericht - (51/1998)

Kielmann, R, Matthies, E.,„WIR SPAREN WATT" - Projektbericht - (52/1998)

Hellmann, A., Guski, R.,Auditive Informationsnutzung bei mechanischen Arbeiten- Projektbericht - (53/1999)