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Ulrich van Suntum Regionalökonomik, Regionsabgrenzung 1 2. Verfahren der Regionsabgrenzung Je größer die einzelnen Regionen, desto kleiner werden i.a. die Unterschiede „richtige“ Abgrenzung von Fragestellung abhängig (Umwelt, Arbeitsmärkte...) Landes- und Verwaltungsgrenzen i.a. ökonomisch problematisch → funktionale Abgrenzung sinnvoller Daten jedoch oft nur nach politischen Grenzen getrennt verfügbar

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2. Verfahren der Regionsabgrenzung

• Je größer die einzelnen Regionen, desto kleiner werden i.a. die Unterschiede

• „richtige“ Abgrenzung von Fragestellung abhängig (Umwelt, Arbeitsmärkte...)

• Landes- und Verwaltungsgrenzen i.a. ökonomisch problematisch → funktionale Abgrenzung sinnvoller

• Daten jedoch oft nur nach politischen Grenzen getrennt verfügbar

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Kleinere Länder haben tendenziell höhere Exportquoten

Exporte in % vom BIP 2004

85,1

58,3

32,8

7

0 20 40 60 80 100

Belgien

Niederlande

Deutschland

USA

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Gebräuchliche Kennziffern in der Regionalanalyse(vgl. Schätzl, S. 51 ff)

• Pro-Kopf-Einkommen: BIP/Einwohner• Bevölkerungsdichte: Einwohner/qkm• Industriedichte: Industriebeschäftigte/ qkm• Industriebesatz: Industriebeschäftigte/1000 EW• Arbeitsplatzbesatz: Beschäftigte/1000 EW• Arbeitsproduktivität: BWS/Erwerbstätige• Exportorientierung: Exportanteil an BWS

a) absolute Kennziffern

b) Beispiel für relative Kennziffern:

Sektoren alle

jSektor

)Gesamtrauman iRegion (Anteil

)Gesamtrauman iRegion (AnteilotientStandortqu

• liegt zwischen 0 und unendlich• ist 1, wenn Sektor j in Region i genauso stark vertreten ist wie im Gesamtraum

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1. Morphologische Regionsabgrenzung

• Beispiele: Verdichtungsraum, ländlicher Raum

• Idee: Abgrenzung über ähnliche, zusammenhängende Strukturen (Homogenität)

• Kritik: Ökonomisch oft nicht wirklich zusammenhängend, politisch oft heterogen

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2. Kulturell/historische Regionsabgrenzung

• Beispiele: Ruhrgebiet, Münsterland, Westfalen,

• Abgrenzung über Historie, Kultur, Landsmannschaften, kulturelle, sprachliche, politische Identitäten

• Kritik: Ökonomisch oft nicht wirklich zusammenhängend, oft auch nicht homogen

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3. Politische Regionsabgrenzung

• Beispiele:

NUTS-1-Regionen 1)

(derzeit 89 in allen EU-Ländern, in Deutschland = Bundesländer)

• Abgrenzung über politische Grenzen bzw. Verwaltungseinheiten

• Kritik: Ökonomisch oft nicht wirklich zusammenhängend, auch nicht homogen

1) NUTS = Nomenclature des unités territoriales statistiques - „Systematik der Gebietseinheiten für die Statistik

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NUTS 0 – Nationalstaaten NUTS 1 – Größere Regionen/Landesteile (3 bis 7 Mio. Einwohner) NUTS 2 – Mittlere Regionen/Landschaften (0,8 bis 3 Mio. Einwohner) NUTS 3 – Kleinere Regionen/Großstädte (150.000 – 800.000 Einwohner)LAU 1 – Gemeindeverbände (früher: NUTS 4)LAU 2 – Gemeinden (früher: NUTS 5)(LAU = local administrative unit)

Regionsabgrenzungen der EU:

NUTS-Regionen in Deutschland:

16 NUTS 1-Regionen (= Länder)41 NUTS 2-Regionen (im wesentlichen Regierungsbezirke, Stadtstaaten) (kleinere Bundesländer sind gleichzeitig NUTS 1 und NUTS-2)439 NUTS-3 Regionen (Kreise und kreisfreie Städte)

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4. Funktionale Regionsabgrenzung

• Kriterium: Verflechtung von Personen-, Waren- oder Dienstleistungsverkehr (Ausbildungs- und Berufspendlerströme, Ausbreitungsgrad von Zeitungen (Auswertung von Wohnungsanzeigen) Einkaufsverkehr, Großhandels- und Bankeninteraktionen, Handelsströme, Telefonverbindungen)

• Anwendung: ökonomische Analysen, Prognosen, Planung von Infrastruktur, Definition von Absatz- und Beschaffungsmärkten

• Beispiele: Wohnungsmarkt Münster, EUREGIO, Europäischer Binnenmarkt

• Kritik: Je nach Analysezweck unterschiedliche Abgrenzung möglich, oft politisch nicht integriert, möglicherweise überlappende Regionen, Datenverfügbarkeit problematisch

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• 75 % der Pendler fahren täglich aus den dünn besiedelten Räumen in die Zentralräume.

• Oberzentren sind Hauptziele der Pendler

• Hoher Anteil von Fernpendlern außerhalb der großen Zentren durch anhaltende Stadt-Umland-Wanderung (Suburbanisierung)

• Im Osten gibt es auch eine hohe Zwangsmobilität in peripheren, ländlichen Regionen durch hohe Arbeitsplatzverluste

Beispiel: Pendlerverflechtungen in Deutschland(Quelle: BBR, Raumordnungsbericht 2005)

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• Gebietskörperschaften (16 Bundesländer, Regierungsbezirke, 439 Kreise und kreisfreie Städte, 12.141 Gemeinden)

• Raumordnung: 97 Raumordnungsregionen

• GRW: 271 Arbeitsmarktregionen („Klemmer-Aktionsräume“, kreisscharf)

Wichtige Regionsabgrenzungen in Deutschland

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439 Stadt- und Landkreise16 Bundesländer

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• Bestimmung des Oberzentrums aus der amtlichen Planung

• Zuordnung der übrigen Kreise – Nach dem stärksten

Auspendlerstrom– Aber mind. 15 % der

Berufsauspendler

• Abgleich mit den Planungsregionen der Länder

• Ergebnis: 97 Raumordnungsregionen, kreisscharf abgegrenzt

Raumordnungsregionen des BBR

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• Ca. 1,5 Mio. EW• 257 EW/qkm (BRD 230, NRW

527)• 1 Oberzentrum, 20 Mittelzentren

in 4 Kreisen (Coe, Bor, War, St)• Regionstyp II.1 („Verstädterte

Räume höherer Dichte“)

Beispiel Raumordnungsregion Münster

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• Bestimmung von Arbeitsmarktzentren über Arbeitsmarktzentralität *)

• Zuordnung Umland über Berufspendlerverflechtungen

• Anpassung der gemeindescharfen Vorgehensweise an Kreisgrenzen

• Resultat: 271 Arbeitsmärkte (204 in West-, 67 in Ostdeutschland)

*) Arbeitsmarktzentralität = Einpendler - Auspendler

GRW-Förderregionen

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Regionsabgrenzung über Pendlerströme: Die ÖSTAT-Methode

• Ziel: Abgrenzung von Agglomerationsräumen• Abgrenzung Kernregion über Berufspendlerverflechtungsindex (PVI)

• i = potenzieller Kern der Agglomeration– j = Nachbarkern– Pij = Berufstagespendler von i nach j– Pji = Berufstagespendler von j nach i– BW = Beschäftigte am Wohnort– BA = Beschäftigte am Arbeitsort

100*

i

ji

j

ji

j

ij

i

ij

BA

P

BW

P

BA

P

BW

PPVI

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Stadt I Stadt IIBeschäftigte am Wohnort BW 100 500Pendler in jeweilige Nachbarstadt Pij 80 20

Pij/BWi 0,8 0,04Pij/BAj 0,16 0,2Pji/BWj 0,04 0,8Pji/BAi 0,2 0,16

=> PVI 120 120

Zahlenbeispiel zur Berechnung des PVI nach ÖSTAT-Methode

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BBR- Raumordnungs-regionen

Abgrenzung der Gemeinschafts-aufgabe (GRW)

ÖSTAT

Anzahl der Regionen 97 271 -

verwendete Daten Berufspendler Berufspendler, Erreichbarkeit

Berufspendler

Abgrenzungskriterien Mind. 15 % Auspendler in Oberzentren

Max. Anzahl der Auspendler, höchstens 45 Min., Region mind. 100.000 Ew.

Innenbereich PVI, Außenbereich mind. 25 % Auspendler-anteil

Bezugsebene Kreisebene Gemeindeebene auf Kreise Gemeindeebene

Bestimmung Zentren Oberzentren (Planung) Arbeitsmarktzentren (Arbeitsmarkt-zentralität)

Mind. 15.000 Ew. in der Stadt und Tagespendlerzone

Durchführende Organisation

BBR Ausschuss der GRW Statistisches Amt Österreich

Bezugszeitpunkt 1993 2000 2004

Verwendung, Einsatzzweck

BBR-Raum-beobachtung

Strukturförderung EU Agglomerationsforschung

Regionsabgrenzungen in der Praxis: Zusammenfassende Übersicht