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An das Bundesministerium der Finanzen Herrn MDg Dr. Günter Hofmann Referat IV D 2 Wilhelmstraße 97 10117 Berlin vorab per Email: [email protected] Düsseldorf, 4. November 2014 642/515 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von sonstigen Leistungen nach den Grundsätzen der Dienstleistungskommission i. S. d. § 3 Abs. 11a UStG n.F. Sehr geehrter Herr Dr. Hofmann, wir begrüßen, dass das Bundesministerium der Finanzen beabsichtigt, mit ei- nem Anwendungsschreiben zu verschiedenen Zweifelsfragen im Zusammen- hang mit der neu eingefügten Vorschrift Stellung zu nehmen. Gerne machen wir von der Gelegenheit Gebrauch, Ihnen praktische Fälle und Zweifelsfragen zu der Neuregelung des § 3 Abs. 11a UStG zu übermitteln. 1. Allgemeine Anmerkungen Art. 9a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom 07.10.2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 (im Folgenden: MwStDVO) erweitert den Anwendungsbereich von Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteu- ersystem, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndRL 2013/61/EU vom 17.12.2013 (im Folgenden: MwStSystRL) um Fallgruppen, die per Fiktion als Dienstleistungs- kommission zu behandeln sind. Der Wortlaut des neu eingefügten § 3 Abs. 11a UStG i. d. F. ab 01.01.2015 geht allerdings über Art. 9a MwStDVO hinaus und erfasst weitere Fallgruppen.

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An das

Bundesministerium der Finanzen

Herrn MDg Dr. Günter Hofmann

Referat IV D 2

Wilhelmstraße 97

10117 Berlin

vorab per Email: [email protected]

Düsseldorf, 4. November 2014

642/515

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von sonstigen Leistungen nach den

Grundsätzen der Dienstleistungskommission i. S. d. § 3 Abs. 11a UStG

n.F.

Sehr geehrter Herr Dr. Hofmann,

wir begrüßen, dass das Bundesministerium der Finanzen beabsichtigt, mit ei-

nem Anwendungsschreiben zu verschiedenen Zweifelsfragen im Zusammen-

hang mit der neu eingefügten Vorschrift Stellung zu nehmen. Gerne machen wir

von der Gelegenheit Gebrauch, Ihnen praktische Fälle und Zweifelsfragen zu

der Neuregelung des § 3 Abs. 11a UStG zu übermitteln.

1. Allgemeine Anmerkungen

Art. 9a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 in der Fassung der

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom 07.10.2013 zur

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 (im Folgenden:

MwStDVO) erweitert den Anwendungsbereich von Art. 28 der Richtlinie

2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteu-

ersystem, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndRL 2013/61/EU vom 17.12.2013 (im

Folgenden: MwStSystRL) um Fallgruppen, die per Fiktion als Dienstleistungs-

kommission zu behandeln sind. Der Wortlaut des neu eingefügten § 3 Abs. 11a

UStG i. d. F. ab 01.01.2015 geht allerdings über Art. 9a MwStDVO hinaus und

erfasst weitere Fallgruppen.

Seite 2/9 zum Schreiben vom 4. November.2014 an das Bundesfinanzministerium

Bei Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen

und sonstigen Dienstleistungen (andere sonstige Leistungen), die über die be-

treffenden Wege erbracht werden, ist unter den Voraussetzungen des § 3

Abs. 11a UStG i. d. F. ab 01.01.2015 aufgrund nationalen Rechts eine Dienst-

leistungskommission anzunehmen, während sich nach dem Recht anderer Mit-

gliedstaaten keine Fiktion einer Dienstleistungskommission ergibt, sofern diese

die MwStSystRL im nationalen Recht unverändert anwenden. Dies führt bei

grenzüberschreitenden Umsätzen innerhalb der EU zu erheblichen Problemen

in der Praxis.

Die Neuregelung steht im Zusammenhang mit der sog. „Branchenlösung“, die

bis zum 31.12.2014 im Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes

(im Folgenden: TKG) eine umsatzsteuerliche Dienstleistungskommission fin-

giert. Zu dieser nationalen Regelung existiert ebenfalls keine Entsprechung im

europäischen Recht. Im Hinblick auf den nur nationalen Anwendungsbereich

des TKG war bereits streitig, ob sie auf einen grenzüberschreitenden Fall über-

haupt Anwendung finden kann. Die Finanzverwaltungen mehrerer Bundeslän-

der haben dies für die Altregelung bejaht, die Vorschrift aber in solchen grenz-

überschreitenden Fällen nicht angewendet, in denen die Annahme einer Dienst-

leistungskommission nicht auf Gegenseitigkeit beruht (OFD Niedersachsen vom

26.08.2011, S 7100-497-St 172, UR 2011,S. 652; OFD Hannover vom

06.08.2009, S 7100 – 497 – StO 172, StEd, S. 620; LfSt Bayern vom

15.05.2009, S 7117.1.1 – 5 St34 M, UR 2010, S. 276).

2. Offene Fragen und Problemfälle

Dies vorausgeschickt, möchten wir nachfolgend einige problematische Fälle der

ab 01.01.2015 geltenden Fassung darstellen.

Für ein einheitliches Begriffsverständnis nennen wir den leistenden Unterneh-

mer, der die Dienstleistung über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle

oder ein Portal erbringt, „Inhaltsanbieter“. Unternehmer, die im Sinne des § 3

Abs. 11a S. 1 UStG i. d. F. ab dem 01.01.2015 in die Leistungserbringung ein-

geschaltet werden, sollen „eingeschaltete(r) Unternehmer“ heißen. Schließlich

wird der Leistungsempfänger als „Endabnehmer“ bezeichnet.

Seite 3/9 zum Schreiben vom 4. November.2014 an das Bundesfinanzministerium

2.1. Auslegungsfragen

Begriff „in die Erbringung der sonstigen Leistung eingeschaltet sein“ im

Sinne des § 3 Abs. 11a S. 1 UStG

Entsprechend den Erläuterungen der EU-Kommission vom 03.04.2014 zu den

Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Tele-

kommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen, die 2015 in

Kraft treten (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates), im Fol-

genden „Hinweise der Kommission“, wird unter 3.4.1. sinngemäß ausgeführt,

dass der Tatbestand der Dienstleistungskommission im Sinne des Art. 28

MwStSystRL, nämlich das Handeln des Kommissionärs im eigenen Namen für

Rechnung des Kommittenten, im Anwendungsbereich des Art. 9a MwStDVO

durch die Tatbestandsvoraussetzungen

1. Teilnahme eines Unternehmers an der Leistungserbringung einer betref-

fenden Leistung,

2. Handeln im eigenen Namen und

3. Handeln für eine andere Person

ersetzt werden sollte. Nichtunternehmer in der Kette sollen folglich nicht betrof-

fen sein. Zudem soll ein Handeln auf fremde Rechnung nicht erforderlich sein,

sondern es sollen auch andere Handlungsformen ausreichen (z. B. Auftrags-

verhältnis, Vertretung mit Vertretungsmacht, usw.).

Wir regen aus Gründen der Rechtssicherheit an, den Auslegungsvorschlag der

EU-Kommission in ein BMF-Schreiben zu übernehmen und einen Beispielskata-

log zivilrechtlicher Regelungen aufzunehmen, die das Tatbestandsmerkmal des

Handelns für eine andere Person erfüllen.

Voraussetzungen für die Widerlegung der Vermutung des § 3 Abs. 11a S. 1

UStG gem. § 3 Abs. 11a S. 2 und 3 UStG

Die Voraussetzungen für das Widerlegen der Vermutung des Satzes 1 sollten

unter Rückgriff auf die Hinweise der EU-Kommission, hier: 3.4.2. in ein BMF-

Schreiben übernommen werden, insbesondere die Aufzählung zum dem betref-

fenden Gliederungspunkt. In Abgrenzung zu der in Bezug genommenen Auf-

zählung könnte das folgende oder ein ähnliches Beispiel angeführt werden.

Seite 4/9 zum Schreiben vom 4. November.2014 an das Bundesfinanzministerium

Fall 1

Ein Internetdienstanbieter bzw. Mobilfunkbetreiber zieht lediglich Zahlungen ein

und überträgt die Inhalte der Dienstleistung nur im Wege der Bereitstellung sei-

nes Netzes. Weitere Tätigkeiten führt er nicht aus.

Steuerliche Würdigung

Der Internetdienstanbieter ist an der Erbringung der Dienstleistung nicht beteiligt

(vgl. Hinweise der EU-Kommission, hier unter 3.4.3. Ziffer 3 und Szenario 4).

Rechtsfolgen einer uneinheitlichen Widerlegung der Vermutung des § 3

Abs. 11a S. 1 UStG gem. § 3 Abs. 11a S. 2 und 3 UStG innerhalb der Kette

der eingeschalteten Unternehmer

Für den mehrstufigen Fall soll klargestellt werden, dass die Widerlegung der

Vermutung ausgehend vom Endabnehmer zu prüfen ist. Darf, kann oder möch-

te ein eingeschalteter Unternehmer die Vermutung nicht widerlegen, so tritt er

für die zwischen ihm und dem Endabnehmer in der Kette stehenden eingeschal-

teten Unternehmen an die Stelle des Inhaltsanbieters. Die dazwischen in der

Kette stehenden Unternehmer haben die Voraussetzungen somit nicht in Bezug

auf den Inhaltsanbieter, sondern in Bezug auf den eingeschalteten Unternehmer

zu erfüllen, um die Vermutung zu widerlegen.

Für Unternehmer „vor diesem Unternehmer“ in der Kette sollten die allgemeinen

Regeln gelten, so dass die Vermutung in dieser Teilkette wiederum widerlegt

werden kann.

Unwiderleglichkeit der Vermutung des § 3 Abs. 11a S. 1 UStG gem. § 3

Abs. 11a S. 4 UStG

Die in den Hinweisen der EU-Kommission unter 3.4.3. dargelegten Beispiele für

die Unwiderleglichkeit der Vermutung sollten in ein BMF-Schreiben übernom-

men werden.

Fall 2

Ein Unternehmer führt neben sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der

Zahlungsabwicklung auch mindestens eine Tätigkeit im Sinne des Beispielkata-

logs der Erläuterungen.

Steuerliche Würdigung

Der Unternehmer ist lediglich für diese Inhaltsleistungen als an der Erbrin-

gung der sonstigen Leistung beteiligt anzusehen. Es ist stets zwischen der

Einschaltung in eine Dienstleistung im Sinne des § 3 Abs. 11a S. 1 UStG und

einer Zahlungsdienstleistung gem. § 3 Abs. 11a S. 1 UStG zu unterscheiden.

Es liegen keine gemischten Leistungen vor. Keine der Leistungen ist geeig-

net, der anderen das Gepräge zu geben.

Anwendung der Ausnahme des § 3 Abs. 11a S. 5 UStG bei Einschaltung

eines Unternehmers in sonstige Leistungen zur Zahlungsabwicklung

Fall 3

In der Praxis wird die Zahlungsabwicklung häufig durch sog. Payment Ser-

vice Provider (im Folgenden: „PSP“) erbracht. Diese Unternehmer beziehen

weitere zur Zahlungsabwicklung erforderliche, oft technische Dienstleistungen

von anderen Unternehmern (z. B. von sog. Aggregatoren oder von Netzbetrei-

bern), die in die Erbringung der Zahlungsdienstleistung eingeschaltet werden.

Steuerliche Würdigung

Entsprechend den Ausführungen unter 3.4.2. bis 3.4.4. der Hinweise der EU-

Kommission gehen wir davon aus, dass nicht nur beim PSP, sondern auch bei

weiteren Unternehmen (z. B. Aggregatoren, Netzbetreibern), die zur Zahlungs-

abwicklung erforderliche Dienstleistungen erbringen, § 3 Abs. 11a S. 5 UStG

Anwendung findet.

Wir bitten um entsprechende Klarstellung.

2.2. Verhältnis zu anderen Vorschriften

Fiktionswirkung zwischen Inhaltsanbieter und eingeschaltetem Unterneh-

mer im Inlandsfall

Abweichend von § 3 Abs. 11 UStG werden gem. § 3 Abs. 11a UStG auch dann

zwei Umsätze angenommen, wenn der eingeschaltete Unternehmer nicht im ei-

genen Namen und für Rechnung des Inhaltsanbieters auftritt. Damit wirkt die

Vorschrift als lex specialis zu § 1 Abs. 1 S. 1 UStG und § 3 Abs. 11 UStG.

Dies kann zur Folge haben, dass Umsätze auch in Fällen fingiert werden, in de-

nen keine steuerbaren Umsätze vorliegen (bspw. Innenumsätze, mangels Leis-

Seite 6/9 zum Schreiben vom 4. November.2014 an das Bundesfinanzministerium

tungsaustausch nicht steuerbare Umsätze, etc.). § 3 Abs. 11a UStG darf jedoch

nicht zu einer Erweiterung von Umsätzen führen.

Betroffen davon sind z.B. Gesellschafterbeiträge und Umsätze innerhalb einer

Organschaft. Unter den weiteren Voraussetzungen könnten nicht steuerbare

Gesellschafterbeiträge eines inländischen Inhaltsanbieters, der Gesellschafter

eines eingeschalteten Unternehmers ist, unter die Fiktion des § 3 Abs. 11a S. 1

UStG fallen.

Ein vergleichbares Problem ergibt sich im Organkreis. Zwischen Inhaltsanbieter

und einer in die Erbringung der Leistung eingeschalteten Organgesellschaft

würde durch § 3 Abs. 11a S. 1 UStG ein Umsatz fingiert. Dem steht bereits ent-

gegen, dass im Organkreis nur ein Unternehmer existiert (§ 2 Abs. 2 UStG).

Wir regen an, klarzustellen, dass es nicht Folge der Fiktion des § 3 Abs. 11a

UStG sein kann, nach nationalem Recht nicht steuerbare Gesellschafterbeiträ-

ge, Innenumsätze und andere Fälle eines fehlenden Leistungsaustauschs steu-

erbar zu stellen.

Fiktionswirkung zwischen Inhaltsanbieter und eingeschaltetem Unterneh-

mer im innergemeinschaftlichen Outbound-Fall

Fall 4

Der Inhaltsanbieter ist im Inland, der eingeschaltete Unternehmer in einem an-

deren EU-Mitgliedstaat ansässig. Der Endabnehmer hat seinen Wohnsitz in

Deutschland und ist kein Unternehmer. Es wird eine sonstige Leistung ausge-

führt, die zwar nicht unter Art. 9a MwStDVO, aber unter § 3 Abs. 11a S. 1 UStG

fällt. Die Rückausnahme greift nicht ein.

Steuerliche Würdigung

Nach nationalem Recht wird ein Umsatz des Inhaltsanbieters an den einge-

schalteten Unternehmer gem. § 3 Abs. 11a UStG fingiert. Dieser Umsatz ist

nach nationalem Recht gem. § 3a Abs. 2 UStG im Inland nicht steuerbar. Die

Fiktion führt dazu, dass der eingeschaltete Unternehmer die Umsatzsteuer auf

den Umsatz an den Endabnehmer anzumelden und zu entrichten hat. Dieser

könnte sich auf die MwStSystRL berufen und den Inhaltsanbieter in der Ver-

pflichtung sehen, die Anmeldung und Entrichtung der Umsatzsteuer auf den

Umsatz an den Endabnehmer durchzuführen. Dies gilt selbst dann, wenn der

eingeschaltete Unternehmer die Rechnung stellt.

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§ 3 Abs. 11a UStG sollte aufgrund des Widerspruchs zu der MwStSystRL nur

zur Anwendung kommen, wenn der in die Dienstleistungserbringung einge-

schaltete Unternehmer bestätigt, dass er die Umsatzsteuer auf den Umsatz an

den Endabnehmer abführt. Wir bitten um entsprechende Klarstellung in einem

BMF-Schreiben.

Des Weiteren könnte die Dienstleistungsfiktion die Verpflichtung des Inhaltsan-

bieters zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung gem. § 18a Abs. 2

UStG auslösen. Das Kontrollmaterial der Zusammenfassenden Meldung wird

sich allerdings nicht mit den ausländischen Steuererklärungsdaten abstimmen

lassen, sofern der Mitgliedstaat des eingeschalteten Unternehmers die MwSt-

SystRL anwendet.

Es sollte klargestellt werden, dass das Tatbestandsmerkmal „für die der in ei-

nem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort

schuldet“ gem. § 18a Abs. 2 UStG für diesen Fiktionsfall des § 3 Abs. 11a S. 1

UStG in nicht harmonisierten Fällen als nicht erfüllt anzusehen ist und die Fikti-

on insoweit keine Pflicht zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung aus-

löst.

Rechtssicherheit für inländische eingeschaltete Unternehmer im innerge-

meinschaftlichen Inbound-Fall

Fall 5

Der Inhaltsanbieter ist im EU-Ausland, der eingeschaltete Unternehmer im In-

land ansässig. Der Endabnehmer hat seinen Wohnsitz in Deutschland und ist

kein Unternehmer. Eine sonstige Leistung wird ausgeführt, die nicht unter

Art. 9a MwStDVO, aber unter § 3 Abs. 11a S. 1 UStG fällt. Die Rückausnahme

greift nicht ein.

Steuerliche Würdigung

Sofern nach dem Recht des Staats des Inhaltsanbieters eine Leistung an den

Endabnehmer angenommen wird, wird der Ort der Leistung für elektronisch er-

brachte Dienstleistungen, Telekommunikationsleistungen und Rundfunk- und

Fernsehdienstleistungen nach dem Bestimmungslandprinzip im Wohnsitzstaat

des Endabnehmers liegen. Bei anderen sonstigen Leistungen könnten auch an-

dere Ortsbestimmungen einschlägig sein, so dass es auch zu steuerbaren Um-

sätzen im Staat des Inhaltsanbieters kommen kann (Bsp.: Rechtsberatungsleis-

tung im Zusammenhang mit einem Grundstück). Der Inhaltsanbieter wird sich

möglicherweise aufgrund der MwStSystRL in der Verpflichtung sehen, die Um-

Seite 8/9 zum Schreiben vom 4. November.2014 an das Bundesfinanzministerium

satzsteuer auf den Umsatz an den Endabnehmer in Deutschland anzumelden

und abzuführen.

Nach nationalem Recht wird der eingeschaltete Unternehmer in seiner Umsatz-

steuervoranmeldung einen fiktiven Umsatz des Inhaltsanbieters an sich selbst

unter Umkehr der Steuerschuldnerschaft versteuern. Zugleich wird er unter den

allgemeinen Voraussetzungen den Vorsteuerabzug für diesen Umsatz geltend

machen. Da beide Umsätze fingiert sind, sollte klargestellt werden, dass in ei-

nem solchen Fall die Voraussetzungen des § 15 UStG stets erfüllt sind und

Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.

Nach nationalem Umsatzsteuerrecht hat der eingeschaltete Unternehmer die

Umsatzsteuer auf den Umsatz an den Endabnehmer anzumelden und abzufüh-

ren. Nach der MwStSystRL hat diese Verpflichtung der Inhaltsanbieter.

§ 3 Abs. 11a UStG sollte in diesem Fall entgegen der MwStSystRL nur dann zur

Anwendung kommen, wenn sich der eingeschaltete Unternehmer mit dem In-

haltsanbieter darüber einigt und ihm bestätigt, dass er die Umsatzsteuer auf den

Umsatz an den Endabnehmer abführt. Umgekehrt sollte der eingeschaltete Un-

ternehmer von seiner Pflicht zur Anmeldung und Entrichtung der Umsatzsteuer

auf den Umsatz an den Endabnehmer befreit sein, wenn der Inhaltsanbieter

dem eingeschalteten Unternehmer bestätigt, dass er die Umsatzsteuer auf die-

sen Umsatz abführt. § 3 Abs. 11a UStG kommt dann nicht zur Anwendung. Wir

bitten um entsprechende Klarstellung in einem BMF-Schreiben.

Abwandlung zu Fall 5

Der Endabnehmer ist ein im EU-Ausland ansässiger Unternehmer, der die Leis-

tung für sein Unternehmen bezieht.

Steuerliche Würdigung

Sofern nach dem Recht des Staats des Inhaltsanbieters eine Verlagerung des

Leistungsortes in das Bestimmungsland im Sinne des Art. 44 MwStSystRL (ent-

sprechend § 3a Abs. 2 UStG) vorliegt, gelten für die Rechnungsstellung die Re-

geln des Bestimmungslands und der Inhaltsanbieter hat den Umsatz in seine

Zusammenfassenden Meldung aufzunehmen.

Nach nationalem Recht wird jedoch ein Umsatz des Inhaltsanbieters an den

eingeschalteten Unternehmer fingiert. Dieser Umsatz ist gem. § 3a Abs. 2 UStG

im Inland steuerbar und führt nach nationalem Recht zur Umkehr der Steuer-

schuld gem. § 13b Abs. 1, 5 UStG, so dass der volle Vorsteuerabzug zu gewäh-

ren ist (siehe hierzu Fall 3).

Seite 9/9 zum Schreiben vom 4. November.2014 an das Bundesfinanzministerium

Zudem fällt der fingierte Umsatz an den Endabnehmer unter § 18a Abs. 2 UStG,

da der Umsatz im Bestimmungsland durch den Endabnehmer der Umsatzsteuer

zu unterwerfen ist – allerdings wird er dort unter den oben genannten Voraus-

setzungen als vom Inhaltsanbieter erbracht angesehen. Das Kontrollmaterial

der Zusammenfassenden Meldung wird sich voraussichtlich nicht mit den aus-

ländischen Steuererklärungsdaten abstimmen lassen.

Es sollte klargestellt werden, dass das Tatbestandsmerkmal des § 18a Abs. 2

UStG „für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfän-

ger die Steuer dort schuldet“ für den Fiktionsfall des § 3 Abs. 11a S. 1 UStG in

diesem Fall als nicht erfüllt anzusehen ist und keine Pflicht zur Abgabe einer

Zusammenfassenden Meldung ausgelöst wird.

Mit freundlichen Grüßen

Hamannt Rindermann, RA StB

Fachleiterin Steuern und Recht