und Physiotherapeut U Krabbeln ist kein Kinderspiel · das Gehirn. Denn eine Be sonderheit de s...

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Anfangs haben mich alle belächelt. Doch Krabbeln ist etwas Ursprüngliches. < Johannes Randolf, Tanzlehrer und Physiotherapeut U Krabbeln ist kein Kinderspiel Ein neuer Fitnesstrend erobert Österreich. So ein Workout ist aber anstrengend. LINZ. (VN-mm) Er krabbelt, sie krabbelt, es krabbelt. Bei Johannes Randolf (49) krab- belt die ganze Familie. So- gar die sechsjährige Tochter macht schon mit, wenn es auf alle viere geht. Krabbeln wie ein Baby gilt als der große Fitnesstrend, weil es gleich- zeitig Körper und Gehirn trai- niert. In den USA und China boomt „Crawling" bereits. In Österreich will ihm Johan- nes Randolf zum Durchbruch verhelfen. Sein Buch „Krabb- le!" ist ab heute erhältlich und der Titel als bewusste Auffor- derung zu mehr Bewegung formuliert. Denn: „Krabbeln ist etwas Ursprüngliches", betont der Autor, Tänzer und Physiotherapeut. Das von ihm entwickelte Krabbel- Workout nimmt gerade ein- mal zwanzig Minuten täglich in Anspruch, soll aber durch- schlagende Wirkung zeigen. Die Übungen gibt es für An- fänger und Fortgeschrittene. Dem Tanz entsprungen Johannes Randolf lehrt Tanz an der Anton-Bruckner-Uni- versität in Linz und leitet dort auch eine physiothera- peutische Praxis. Seit Lan- gem schon befasst er sich mit Problemen, die durch zu viel Sitzen und Stehen oder durch einseitiges Training in Fitnesscentern entstehen. „Früher kamen die Leute zur Physiotherapie, weil sie den Körper überstrapazierten, heute ist es der Bewegungs- mangel", weiß Randolf. Die Idee zum Krabbeln als Fit- nesstraining entsprang je- doch dem zeitgenössischen Tanz. „Auch dort gibt es vie- le Kombinationen, die am Boden ausgeführt werden", erzählt Johannes Randolf. Ebenso enthalten sind Ele- mente aus dem Breakdance. Angespornt, ein Buch daraus zu machen, hat ihn dann sein Verleger. Bevor er das Ganze Das Krabbeln für Erwachsene ist eine herausfordernde Angelegenheit. aber in die Tat umsetzte, pro- bierte er die Übungen mit sei- nen Tanzstudenten aus. Keine isolierten Bewegungen „Anfangs haben mich alle belächelt", gibt er zu. Doch schon nach fünf Minuten Krabbel-Workout für Fortge- schrittene wurden sie eines Besseren belehrt. „Das Krab- beln wird total unterschätzt", merkt Johannes Randolf mit einem Schmunzeln an. Für Erwachsene ist Krabbeln nämlich kein Kinderspiel. Was Babys auf die Sprün- ge hilft, müssen die Großen wieder lernen. Und das for- dert den Körper ebenso wie das Gehirn. Denn eine Be- sonderheit des Krabbeins ist die Dreidimensionalität der Übungen. „Das heißt, es geht nie um isolierte Bewegungen, sondern um das Trainieren ganzer Muskelketten und damit das Zusammenspiel einzelner Muskeln", erklärt Randolf. Die natürlichen Ab- läufe beim Krabbeln stärken zudem Muskeln, von denen die meisten Menschen gar nichts wissen, und der stän- dige Links-Rechts-Wechsel stimuliert das Gehirn, was unter anderem Demenz und Alzheimer vorbeugen soll. Johannes Randolf hofft, dass es seine Krabbel-Philo- sophie in die Breite schafft. Nicht nur, weil es gesund ist. „Es macht auch Spaß", ver- sichert er. Ein Problem sei nämlich, dass sich viele Leute zwar gerne bewegen würden, aber nicht wissen, was Spaß mache. Und ohne Spaß ist bekanntlich jede körperliche Aktivität schnell zum Schei- tern verurteilt. Zehn Wirkungen Damit das nicht passiert, nennt er in seinem Buch zehn Wirkungen des Krabbeins: O Kräftigung von Muskeln und Muskelketten: Jede natürliche menschliche Be- wegung, selbst eine so einfa- che wie Händeschütteln, ist dreidimensional und belastet nicht einzelne Muskeln, son- dern ganze Muskelketten. Das Krabbeln wird damit den natürlichen Bewegungsab- läufen gerecht, anders als herkömmliches Fitnesstrai- ning, das einzelne Muskeln repetitiv belastet. Dabei stellt das Krabbeln einen Ausgleich zwischen der linken und der rechten Körperhälfte her. Kräftigung der Diagona- len: Ein kräftiger Körper und ein starker und stabiler FOTO: HONGWEI TANG Rücken entstehen vor allem durch das Training der vorde- ren und hinteren diagonalen Muskelketten zwischen der linken Schulter und dem rechten Bein und umgekehrt. Das Krabbeln stärkt die Kreu- zungspunkte der Diagonalen im Körperschwerpunkt, dem Rumpf, was Rückenbe- schwerden und Bandschei- benprobleme verhindert oder heilt. © Kräftigung des gesamten Oberkörpers: Durch den aufrechten Gang sind vor al- lem unsere Beine belastet und der Oberkörper kommt zu kurz. Das Krabbeln bean- sprucht beides. Kräftigung der Beine: Vor allem die Übungen für Fortgeschrittene, bei denen Krabbler die Knie vom Boden abheben, machen auch die Beine stark. Kräftigung des Halses: Wer richtig krabbelt, hält den Kopf automatisch in der richtigen Position und stärkt dabei wie in keinem anderen Training die Hals- und Na- ckenmuskulatur. Kräftigung der intrinsi- schen Muskulatur: Die in- trinsischen Muskeln liegen unter den bekannten sichtba- ren Muskeln und sind dafür zuständig, die Gelenke rich- tig in den Pfannen zu führen. Je besser diese Muskeln trai- niert sind, desto geschmeidi- ger sind unsere Bewegungen und desto gesünder bleiben die Gelenke. © Die Mobilisierung der Wir- belsäule: In der Waag- rechten, beim Krabbeln, ist der Druck von den Wirbeln und den Bandscheiben weg und die Wirbelsäule befindet sich mit ihrer Krümmung in der von der Anatomie vorge- sehenen Position. © Verbesserung der allge- meinen Beweglichkeit: Durch zu viel Sitzen entsteht eine sogenannte Beckenver- kippung, die Probleme mit den Hüften, der Lenden- und Halswirbelsäule sowie mit den Schultern zur Folge ha- ben kann. Beim Krabbeln be- findet sich das Becken auto- matisch in der anatomisch richtigen Position. Verbesserung der Koordi- nation: Das Krabbeln ver- bessert die Koordination, in- dem es die linke und die rechte Körperhälfte besser miteinander verbindet. /1"v Training des Gehirns: Bei ^1/ Babys hat das Krabbeln entscheidende Rückwirkun- gen auf das Gehirn. So hilft es ihnen, bestimmte neurologi- sche Reflexe in automatische Bewegungsabläufe zu ver- wandeln. Die medizinische Forschung hat nachgewiesen, dass Krabbeln auch Impulse an das Gehirn von Erwachse- nen sendet. Randolf betont aber, dass auch Krabbeln gelernt sein will und Aufwärmen ein un- abdingbares Muss darstellt. Und: „Krabbeln darf keine Schmerzen verursachen oder bestehende Schmerzen ver- stärken." Dafür lMHUH », kann es in je- ' dem Raum aus- geführt werden und erfordert kaum Ausrüs- tung. - B5E 3 ! Johannes Randolf: Krabble!, edition a, durchgehend illustriert, 184 Seiten, Preis: 19,95 Euro «* www.observer.at VN Vorarlberger Nachrichten Schwarzach, am 04.02.2017, 312x/Jahr, Seite: 63 Druckauflage: 67 117, Größe: 75,43%, easyAPQ: _ Auftr.: 1161, Clip: 10331114, SB: Physiotherapie Seite: 1/1 Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 05572/501*500).

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Page 1: und Physiotherapeut U Krabbeln ist kein Kinderspiel · das Gehirn. Denn eine Be sonderheit de s Krabbein ist die Dreidimensionalität der Übungen. Da s heißt, e geht ni e um isoliert

Anfangs haben mich alle belächelt. Doch Krabbeln ist etwas Ursprüngliches. <

Johannes Randolf, Tanzlehrer und Physiotherapeut U

Krabbeln ist kein Kinderspiel Ein neuer Fitnesstrend erobert Österreich. So ein Workout ist aber anstrengend. LINZ. (VN-mm) Er krabbelt, sie krabbelt, es krabbelt. Bei Johannes Randolf (49) krab­belt die ganze Familie. So­gar die sechsjährige Tochter macht schon mit, wenn es auf alle viere geht. Krabbeln wie ein Baby gilt als der große Fitnesstrend, weil es gleich­zeitig Körper und Gehirn trai­niert. In den USA und China boomt „Crawling" bereits. In Österreich will ihm Johan­nes Randolf zum Durchbruch verhelfen. Sein Buch „Krabb­le!" ist ab heute erhältlich und der Titel als bewusste Auffor­derung zu mehr Bewegung formuliert. Denn: „Krabbeln ist etwas Ursprüngliches", betont der Autor, Tänzer und Physiotherapeut. Das von ihm entwickelte Krabbel-Workout nimmt gerade ein­mal zwanzig Minuten täglich in Anspruch, soll aber durch­schlagende Wirkung zeigen. Die Übungen gibt es für An­fänger und Fortgeschrittene.

Dem Tanz entsprungen Johannes Randolf lehrt Tanz an der Anton-Bruckner-Uni-versität in Linz und leitet dort auch eine physiothera­peutische Praxis. Seit Lan­gem schon befasst er sich mit Problemen, die durch zu viel Sitzen und Stehen oder durch einseitiges Training in Fitnesscentern entstehen. „Früher kamen die Leute zur Physiotherapie, weil sie den Körper überstrapazierten, heute ist es der Bewegungs­mangel", weiß Randolf. Die Idee zum Krabbeln als Fit­nesstraining entsprang je­doch dem zeitgenössischen Tanz. „Auch dort gibt es vie­le Kombinationen, die am Boden ausgeführt werden", erzählt Johannes Randolf. Ebenso enthalten sind Ele­mente aus dem Breakdance. Angespornt, ein Buch daraus zu machen, hat ihn dann sein Verleger. Bevor er das Ganze

Das Krabbeln für Erwachsene ist eine herausfordernde Angelegenheit.

aber in die Tat umsetzte, pro­bierte er die Übungen mit sei­nen Tanzstudenten aus.

Keine isolierten Bewegungen „Anfangs haben mich alle belächelt", gibt er zu. Doch schon nach fünf Minuten Krabbel-Workout für Fortge­schrittene wurden sie eines Besseren belehrt. „Das Krab­beln wird total unterschätzt", merkt Johannes Randolf mit einem Schmunzeln an. Für Erwachsene ist Krabbeln nämlich kein Kinderspiel. Was Babys auf die Sprün­ge hilft, müssen die Großen wieder lernen. Und das for­dert den Körper ebenso wie das Gehirn. Denn eine Be­sonderheit des Krabbeins ist die Dreidimensionalität der Übungen. „Das heißt, es geht nie um isolierte Bewegungen, sondern um das Trainieren ganzer Muskelketten und damit das Zusammenspiel einzelner Muskeln", erklärt Randolf. Die natürlichen Ab­läufe beim Krabbeln stärken zudem Muskeln, von denen die meisten Menschen gar nichts wissen, und der stän­dige Links-Rechts-Wechsel stimuliert das Gehirn, was unter anderem Demenz und Alzheimer vorbeugen soll.

Johannes Randolf hofft, dass es seine Krabbel-Philo-sophie in die Breite schafft. Nicht nur, weil es gesund ist. „Es macht auch Spaß", ver­sichert er. Ein Problem sei nämlich, dass sich viele Leute zwar gerne bewegen würden, aber nicht wissen, was Spaß mache. Und ohne Spaß ist bekanntlich jede körperliche Aktivität schnell zum Schei­tern verurteilt.

Zehn Wirkungen Damit das nicht passiert, nennt er in seinem Buch zehn Wirkungen des Krabbeins:

O Kräftigung von Muskeln und Muskelketten: Jede

natürliche menschliche Be­wegung, selbst eine so einfa­che wie Händeschütteln, ist dreidimensional und belastet nicht einzelne Muskeln, son­dern ganze Muskelketten. Das Krabbeln wird damit den natürlichen Bewegungsab­läufen gerecht, anders als herkömmliches Fitnesstrai­ning, das einzelne Muskeln repetitiv belastet. Dabei stellt das Krabbeln einen Ausgleich zwischen der linken und der rechten Körperhälfte her.

Kräftigung der Diagona­len: Ein kräftiger Körper

und ein starker und stabiler

FOTO: HONGWEI TANG

Rücken entstehen vor allem durch das Training der vorde­ren und hinteren diagonalen Muskelketten zwischen der linken Schulter und dem rechten Bein und umgekehrt. Das Krabbeln stärkt die Kreu­zungspunkte der Diagonalen im Körperschwerpunkt, dem Rumpf, was Rückenbe­schwerden und Bandschei­benprobleme verhindert oder heilt.

© Kräftigung des gesamten Oberkörpers: Durch den

aufrechten Gang sind vor al­lem unsere Beine belastet und der Oberkörper kommt zu kurz. Das Krabbeln bean­sprucht beides.

Kräftigung der Beine: Vor allem die Übungen für

Fortgeschrittene, bei denen Krabbler die Knie vom Boden abheben, machen auch die Beine stark.

Kräftigung des Halses: Wer richtig krabbelt, hält

den Kopf automatisch in der richtigen Position und stärkt dabei wie in keinem anderen Training die Hals- und Na­ckenmuskulatur.

Kräftigung der intrinsi­schen Muskulatur: Die in­

trinsischen Muskeln liegen unter den bekannten sichtba­ren Muskeln und sind dafür

zuständig, die Gelenke rich­tig in den Pfannen zu führen. Je besser diese Muskeln trai­niert sind, desto geschmeidi­ger sind unsere Bewegungen und desto gesünder bleiben die Gelenke.

© Die Mobilisierung der Wir­belsäule: In der Waag­

rechten, beim Krabbeln, ist der Druck von den Wirbeln und den Bandscheiben weg und die Wirbelsäule befindet sich mit ihrer Krümmung in der von der Anatomie vorge­sehenen Position.

© Verbesserung der allge­meinen Beweglichkeit:

Durch zu viel Sitzen entsteht eine sogenannte Beckenver-kippung, die Probleme mit den Hüften, der Lenden- und Halswirbelsäule sowie mit den Schultern zur Folge ha­ben kann. Beim Krabbeln be­findet sich das Becken auto­matisch in der anatomisch richtigen Position.

Verbesserung der Koordi­nation: Das Krabbeln ver­

bessert die Koordination, in­dem es die linke und die rechte Körperhälfte besser miteinander verbindet. /1"v Training des Gehirns: Bei ^ 1 / Babys hat das Krabbeln entscheidende Rückwirkun­gen auf das Gehirn. So hilft es ihnen, bestimmte neurologi­sche Reflexe in automatische Bewegungsabläufe zu ver­wandeln. Die medizinische Forschung hat nachgewiesen, dass Krabbeln auch Impulse an das Gehirn von Erwachse­nen sendet.

Randolf betont aber, dass auch Krabbeln gelernt sein will und Aufwärmen ein un­abdingbares Muss darstellt. Und: „Krabbeln darf keine Schmerzen verursachen oder bestehende Schmerzen ver­stärken." Dafür l M H U H » , kann es in je- ' dem Raum aus­geführt werden und erfordert kaum Ausrüs­tung. - B5E3

! Johannes Randolf: Krabble!, edition a, durchgehend illustriert, 184

Seiten, Preis: 19,95 Euro

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Schwarzach, am 04.02.2017, 312x/Jahr, Seite: 63Druckauflage: 67 117, Größe: 75,43%, easyAPQ: _

Auftr.: 1161, Clip: 10331114, SB: Physiotherapie

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