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Universität Salzburg Naturwissenschaftliche Fakultät Institut für Psychologie Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, des Verhaltens und der Alltagsfunktionen bei älteren Menschen mit kognitiven Defiziten und der Belastung der Angehörigen im Zuge eines Therapie- und Förderaufenthaltes TuF Evaluationsstudie beim Verein M.A.S, Bad Ischl DIPLOMARBEIT Zur Erlangung des Grades einer Magistra der Naturwissenschaften am Institut für Psychologie an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg Eingereicht von Petra Pöcksteiner Salzburg, im November 2006

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Universität Salzburg

Naturwissenschaftliche Fakultät

Institut für Psychologie

Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, des Verhaltens

und der Alltagsfunktionen bei älteren Menschen mit kognitiven Defiziten und der Belastung der Angehörigen im Zuge eines

Therapie- und Förderaufenthaltes TuF

Evaluationsstudie

beim Verein M.A.S, Bad Ischl

DIPLOMARBEIT

Zur Erlangung des Grades einer Magistra der Naturwissenschaften

am Institut für Psychologie

an der Naturwissenschaftlichen Fakultät

der Universität Salzburg

Eingereicht von

Petra Pöcksteiner

Salzburg, im November 2006

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Seite

Einleitung 5 1. Bevölkerungsentwicklung 6

2. Altern 6

2.1. Körperliche Veränderungen 7

2.2. Kognitive Veränderungen 7

2.3. Mild Cognitive Impairment MCI 8

3. Demenz 9

3.1. Sekundäre Demenzen 10

3.2. Zerebrovaskuläre Demenz 10

3.3. Primär degenerative Demenz 13

3.3.1. Frontotemporale Demenz 13

3.3.2. Lewy-Body-Demenz 14

3.3.3. Parkinson Demenz 14

3.4. Demenz vom Alzheimer Typ (DAT) 15

3.4.1. Degenerativer Prozess 16

3.4.2. Retrogenese Theorie 17

4. Risikofaktoren 19 5. Klassifikationskriterien 20

5.1. ICD-10 20

5.2. DSM-IV 22

6. Epidemiologie 23 7. Diagnostik 25

7.1. Bildgebende Verfahren 25

7.2. Laboruntersuchungen 26

7.3. Fremdbeurteilungs- und Rating-Skalen 27

2

7.4. Screeningverfahren – Demenztests 33

7.5. Kognitive Tests und Testbatterien 35

7.6. Depressionsskalen 36

8. Therapie der Demenz 37

8.1. Medikamentöse Therapie kognitiver Symptome 37

8.1.1. Alzheimer Krankheit 37

8.1.2. Vaskuläre Demenzen 38

8.1.3. Demenz mit Lewy Körperchen 39

8.1.4. Frontotemporale Demenz 39

8.2. Medikamentöse Therapie nicht-kognitiver Symptome 39

8.2.1. Antipsychotika 39

8.2.2. Antidepressiva 40

8.2.3. Benzodiazepine 40

9. Nicht-medikamentöse Therapie 40

9.1. Beschäftigungstherapie 41

9.2. Bewegungstherapie 41

9.3. Biographiearbeit 42

9.4. Gedächtnistraining 42

9.5. Kognitiv-aktivierende Interventionen 43

9.6. Milieutherapie 43

9.7. Musik- und Kunsttherapie 43

9.8. Physiotherapie 45

9.9. Realitäts-Orientierungstraining (ROT) 46

9.10. Selbsterhaltungstherapie 47

9.11. Validation 47

9.12. Verhaltenstherapie 48

10. Die pflegenden Angehörigen 48 11. Evaluation 51

3

12. Therapie- und Förderaufenthalt 54

12.1. Angebote für pflegende Angehörige 54

12.2. Interventionen für Betroffene 55

13. Durchführung der Untersuchung 57

13.1. Stichprobe 57

13.2. Testinstrumente 58

13.3. Versuchsplan 60

14. Fragestellungen und Hypothesen 61 15. Methodik 62

15.1. Beschreibung der Stichprobe 62

15.2. Beschreibung der Testmethode 64

15.3. Testergebnisse 65

15.3.1. kognitive Leistungsfähigkeit 65

15.3.2. Verhalten 68

15.3.3. Selbständigkeit/Alltagskompetenz 72

15.3.4. Belastung der Angehörigen 73

16. Diskussion 76

17. Kritikpunkte 80

18. Schluss 81 Literatur 82

Tabellenverzeichnis 91

4

Anhang:

GDS Global Deterioration Scale

BCRS Brief Cognitive Rating Scale

MMSE Mini Mental State Examination

FAST Functional Assessment Staging

BEHAVE-AD-FS Behavioral Pathology in Alzheimer`s Disease Severity and Fre-

quency weighted Severity Scale

E-BEHAVE-AD The Empirical Behavioral Pathology in Alzheimer`s Disease Rat-

ing Scale

5

Einleitung

Im Laufe meines Studiums absolvierte ich unter anderem auch spezifische Lehrver-

anstaltungen im Bereich Gerontologie. Dadurch wuchs mein Interesse mich mit den

körperlichen und kognitiven Veränderungen im Alter intensiver auseinanderzusetzen.

Während meiner Praktika auf der Demenzstation im Geriatriezentrum am Wiener-

wald und im Tagestherapiezentrum TANDEM, eine Einrichtung von pro mente in Bad

Ischl, hatte ich die Möglichkeit, einen Einblick in die Arbeit mit Demenzkranken zu

bekommen. Ich absolvierte eine Ausbildung zur Alzheimer- und Demenztrainerin

beim Verein M.A.S in Bad Ischl. Dieser Verein bietet neben einem vielfältigen Ange-

bot auch Therapie- und Förderaufenthalte (TuF) für demente Personen und ihre pfle-

genden Angehörigen an. Es werden dabei unterschiedliche Interventionsmaßnah-

men und Hilfestellungen angeboten, um dadurch die Lebensqualität der Betroffenen

und die Belastungen des täglichen Lebens zu verbessern. Aufgrund meiner gewon-

nenen Erfahrungen war es mir ein Bedürfnis, meine Diplomarbeit über diese Thera-

pie- und Förderaufenthalte zu schreiben.

In der vorliegenden Arbeit werden die verschiedenen Therapiemöglichkeiten evalu-

iert und es wird davon ausgegangen, dass sie einen positiven Effekt auf die kognitive

Leistungsfähigkeit, die Alltagsfertigkeiten und das Verhalten der betroffenen demen-

ten Personen haben. Es wird ebenfalls erwartet, dass ein umfassendes Interventi-

onsprogramm auch auf die Belastung der Angehörigen positive Auswirkungen hat.

Zu Beginn wird auf die aktuelle Bevölkerungsentwicklung und allgemeine Verände-

rungen von Leistungen im höheren Alter eingegangen. Weiters erfolgt eine Beschrei-

bung der verschiedenen Demenzformen und unterschiedliche Klassifikationssysteme

werden dargestellt. Es werden die Diagnostik, die medikamentöse und nicht-

medikamentöse Behandlung, die einen besonderen Stellenwert während des Thera-

pieaufenthaltes hat, dargestellt. Danach folgt eine kurze allgemeine Erklärung bezüg-

lich Evaluation.

Im empirischen Teil der Arbeit wird die Wirksamkeit der Interventionen während des

Therapie- und Förderaufenthaltes überprüft und anschließend diskutiert.

6

1. Bevölkerungsentwicklung

Der Begriff Alterspyramide geht auf eine pyramidenförmige Darstellung zurück, bei

der die jüngsten Jahrgänge die Basis der Grafik bildeten auf der eine immer kleiner

werdende Zahl älterer Menschen ruhte (Wikipedia, 2006). In den letzten Jahrzehnten

hat sich dieses Bild vor allem in den Industrienationen völlig verändert. Auch Öster-

reich befindet sich in einer Phase des Wandels von einer demographisch jungen zu

einer demographisch alten Gesellschaft. Seit 1900 ist die Lebenserwartung um über

30 Jahre gestiegen, die Zahl der über 65-jährigen hat sich in diesem Zeitraum ver-

fünffacht und die Anzahl der Hochbetagten verdreizehnfacht. Der Anteil der über 60-

jährigen Personen wird von derzeit rund 22 % bis zum Jahr 2030 auf rund 30,5 %

steigen. Nach Prognosen des Österreichischen Statistischen Zentralamtes werden

bis zum Jahr 2030, je nach Entwicklung der Lebenserwartung, zwischen 2,7 und 3

Millionen Personen im Alter von über 60 Jahren in Österreich leben (Statistik

Austria). In den Industrieländern sind gerontopsychiatrische Erkrankungen im Stei-

gen. Die gestiegene Lebenserwartung und die zunehmende Überalterung der Bevöl-

kerung führen sowohl zu einem Anstieg von körperlichen als auch psychischen

Krankheiten. Vor allem die degenerativen Erkrankungen des Gehirns, wobei die De-

menz vom Alzheimer-Typ bereits als die Krankheit des Jahrhunderts bezeichnet

wird, nehmen ständig zu.

2. Altern

Altern wird heute als ein dynamischer Prozess mit vielen physiologischen Verände-

rungen gesehen. Die Alterungsprozesse verlaufen individuell differenziert und führen

zu großen Unterschieden zwischen den Individuen einer Altersgruppe. Bezogen auf

ein bestimmtes Merkmal, das zu messen oder zu beurteilen ist, gibt es auch Unter-

schiede zwischen älteren Menschen und jüngeren Gruppen. Auch intraindividuell

können die Alterungsprozesse unterschiedlich verlaufen.

Wenn die regressiven biologischen Veränderungen sichtbar und auch messbar wer-

den, so spricht man vom Altern bzw. von der Seneszenz. Mit etwa 70 Jahren sind

eindeutige äußerliche Unterschiede zum jungen Adulten sichtbar, die vor allem auch

physiologisch feststellbar sind (Runge & Rehfeld, 2000).

7

Es gibt in der Literatur keine einzige und gültige Definition. Empirisch nicht haltbar ist

das „Defizitmodell“, das davon ausgeht, dass Altern mit dem Abbau geistiger, körper-

licher und sozialer Funktionsfähigkeit gleichzusetzen ist (Gatterer & Croy, 2005).

2.1. Körperliche Veränderungen im Alter

Das Alter verändert den menschlichen Körper dadurch, dass es häufig zu einer Re-

duktion in zahlreichen physiologischen Variablen kommt, wie Veränderungen der

Vitalkapazität, der Adaptations- und Kompensationsreserven des Organismus, der

einzelnen Organsysteme und der sensorischen Funktionen. Obwohl es im Alter ver-

mehrt zu einer Häufung von Erkrankungen kommt, gibt es viele Ältere die körperlich

weitgehend rüstig altern. Altern ist somit ein sehr individueller Prozess. Körperliche

Funktionen, die eine rasche Anpassung des Körpers erfordern, werden aber im Alter

allgemein deutlich schlechter (Gatterer & Croy, 2005).

2.2. Kognitive Veränderungen im Alter

Normales Altern geht mit einer Veränderung der kognitiven Leistungsfähigkeit einher,

wobei man nicht von einem generellen Leistungsabbau sprechen kann. Für das al-

ternde Gehirn werden produktive Prozesse bzw. ein differenzierter organischer Ent-

wicklungsprozess beschrieben, die zwar zu bestimmten anatomischen und funktio-

nellen Veränderungen, nicht aber zu regelhaften krankhaften Zuständen wie z.B.

Demenz führen (Oesterreich, 1992). Die einzelnen Gedächtnissysteme sind vom Al-

terungsprozess in verschiedener Art betroffen. Die im Alter erlebte Vergesslichkeit ist

primär durch eine allgemeine Verlangsamung der Verarbeitung von Informationen

bedingt. Sekundär spielen Faktoren wie Aufmerksamkeit, Wachheit, Konzentration,

Anpassungsfähigkeit und Flexibilität des Denkens eine wichtige Rolle. Diese Fakto-

ren, Güte und Schnelligkeit der Informationsverarbeitung, werden unter dem Begriff

der „Speed-Funktionen“ oder „fluiden Funktionen“ zusammengefasst, die im Alter

generell einem stärkeren Abbau unterworfen sind und als Prozess des „normalen

Alterns“ angesehen werden können (Gatterer & Croy, 2005).

Die Leistungen des semantischen Langzeitgedächtnisses sind im Alter normalerwei-

se nicht eingeschränkt. Dieses speichert das über die Lebensspanne angesammelte

Allgemeinwissen eines Menschen, lebenspraktische und gut trainierte Fähigkeiten,

soziale Funktionen und viele alltägliche Automatismen. Diese „Power-Funktionen“

8

oder „kristallisierten Fähigkeiten“ zeigen weitgehend eine Stabilität bis ins hohe Alter

(Gatterer & Croy, 2005).

2.3. Mild Cognitive Impairment MCI – leichte kognitive Störung

Als „Mild Cognitive Impairment“ wird ein Zustand bezeichnet, der noch nicht die Krite-

rien einer Demenz aufweist, jedoch sind bereits Beeinträchtigungen im sozialen,

emotionalen und kognitiven Bereich vorhanden (Stoppe, 2002). Es liegt eine subjek-

tiv empfundene kognitive Minderleistung vor, die im umfassenden neuropsychologi-

schen Test auch Lern- und Gedächtnisstörungen zeigt. Der Abfall der Gedächtnis-

leistung ist zwar für die jeweilige Altersgruppe unterdurchschnittlich, im Gegensatz zu

dementiellen Erkrankungen jedoch nicht durch eine progrediente Störung charakte-

risiert. Auch kommt es zu einer Reduzierung der Aufmerksamkeit und Sprache, al-

lerdings wirken sich diese Veränderungen nicht auf die Funktionsfähigkeit im Alltag

aus. Durch ein entsprechendes Hirnleistungstraining oder psychosoziale Maßnah-

men kann sich der Zustand der Betroffenen stabilisieren oder sogar verbessern. Pa-

tienten mit MCI erkranken zu 10 bis 15% an einer Alzheimerkrankheit; wohingegen

normal alternde Menschen nur zu 1 bis 2% an Alzheimer erkranken (Petersen,

2000).

Tabelle 1: Charakteristika der leichten kognitiven Störung (Golomb et al., 2000)

1 Leichte kognitive Störung wird entweder vom Patienten oder einem Informanten bemerkt und

objektiv bestätigt (unterhalb des Normendurchschnittes in einem Test), aber ist weniger stark

ausgeprägt als bei der Demenz.

2 Die leichte Behinderung betrifft das Gedächtnis und meist auch andere kognitive Bereiche, welche

in der Demenz stärker beeinträchtigt sind.

3 Global betrachtet handelt es sich um Patienten mit einem GDS-Wert von 3 oder CDR Score von

0.5 (bei einem Alter von größer gleich 50 Jahren).

4 Gängige Alltagsaktivitäten (ADL) sind intakt, es könnten jedoch subtile Verschlechterungen in sehr

komplexen instrumentalen Alltagsaktivitäten (IADL) vorliegen.

5 Es handelt sich oft um ein sehr frühes Stadium einer Demenz, da die meisten eine Demenz

entwickeln (10–15% pro Jahr).

6 Das Prodromalstadium für eine Alzheimer’sche Krankheit ist die häufigste Subkategorie; Fälle

können nach diagnostischen AK Kriterien eingeteilt werden, außer die Symptomatik ist nicht

schwerwiegend.

9

3. Demenz

Demenz (vom lateinischen: de = Wortteil mit der Bedeutung von: weg, ab, herab so-

wie mens = Denkvermögen, Verstand, Vernunft) heißt soviel wie ohne Verstand oder

Vernunft bzw. ist ein Sammelbegriff für den erworbenen Abbau intellektueller Funkti-

onen oder Leistungen mit einer sich meist schleichend entwickelnden Wesensände-

rung.

Im diagnostischen Instrument der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO), der Inter-

national Classification of Diseases (ICD-10; WHO 1992), werden die Demenzformen

den organischen, einschließlich symptomatischen psychischen Störungen zugeord-

net. Es handelt sich um eine Erkrankung des Gehirns, die einerseits geistige (kogni-

tive) Fähigkeiten betrifft, andererseits aber auch nichtkognitive Systeme, wie Wahr-

nehmung, Affektivität, Willen und Persönlichkeitsmerkmale (Kohlhammer, 2005). Es

müssen eine Reihe von diagnostischen Kriterien erfüllt sein, wie Störung des Ge-

dächtnisses, des Denkvermögens, des Ideenflusses, des Urteilsvermögens, der All-

tagskompetenz, der Informationsverarbeitung, der Aufmerksamkeit, es darf keine

Störung des Bewusstseins vorliegen und die Symptome und Störungen müssen

mindestens sechs Monate bestanden haben (ICD-10). Die Demenz ist keine normale

Alterserscheinung, sondern eine Erkrankung, die typischerweise im Alter auftritt (Gat-

terer & Croy, 2005).

Abbildung 1: Einteilung der Demenzformen

DEMENZEN

Primäre Demenzen

(90%)

sekundäre Demenzen

(10%)

degenerativ

(55-75%)

vaskulär

(15-25%)

gemischt

(10-20%)

Alzheimer

(45-60%)

10

90% sind primäre oder irreversible Demenzen und können derzeit nicht therapiert

werden. Davon fallen auf degenerative Demenzformen 55 – 75%. Die häufigste Form

stellt die senile Demenz vom Alzheimer-Typ (SDAT) mit 45 – 60% dar, wobei 5 –

10% bereits vor dem 65. Lebensjahr auftreten und als präsenile Demenz oder Alz-

heimer-Krankheit bezeichnet werden. Weitere 1 – 5% sind als präsenile Erkrankun-

gen auf andere Ursachen zurückzuführen z.B. Morbus Pick oder Chorea Huntington;

hierbei spielen genetische Faktoren eine Rolle. Die zerebrovaskulären Erkrankungen

betreffen 15 – 25%, 10 – 20% der Demenzen sind Mischformen, das heißt es liegen

sowohl vaskuläre wie degenerative Ursachen vor. Die sekundären Demenzen betra-

gen ca. 10% der Demenzformen (Gatterer & Croy, 2005, S. 14).

3.1. Sekundäre Demenzen

Die Demenzformen treten mit unterschiedlicher Häufigkeit auf. 10% aller Demenz-

formen sind zu den reversiblen Störungen oder sekundären Demenzen zu zählen.

Dabei liegt die Krankheitsursache nicht im Gehirn, sondern in einem anderen Kör-

perorgan- oder bereich. Wie bei den primären Demenzen treten auch hier Gedächt-

nisstörungen und Verwirrtheitszustände auf, diese sind jedoch auf Fehl- oder Man-

gelversorgung des Gehirns zurückzuführen. Krankheitsursachen sind zum Beispiel

Normaldruckhydrozephalus, chronischer Alkohol- oder Drogenkonsum, Vitaminman-

gelzustände (Vitamin B12, B1, Folsäure), metabolische oder Stoffwechselerkrankun-

gen, Demenz nach Hirnverletzungen, entzündliche Erkrankungen und Infektions-

krankheiten des Gehirns (Syphilis, AIDS, Creutzfeld-Jakob-Krankheit, Enzephalitis

oder Multiple Sklerose). Wird die organische Grunderkrankung adäquat behandelt,

so normalisiert sich meist die geistige Leistungsfähigkeit. Waren die empfindlichen

Nervenzellen der schädigenden Wirkung zu lange ausgesetzt, können jedoch auch

Dauerschäden auftreten.

3.2. Zerebrovaskuläre Demenz

Diese ist nach der Alzheimer Demenz mit 15 – 25% die zweithäufigste Ursache einer

demenziellen Erkrankung. Sie entsteht aufgrund einer Störung der Blutversorgung

des Gehirns, hauptsächlich verursacht durch eine Hirnblutung, einen Hirninfarkt oder

Arteriosklerose (Alzheimer Forschung Initiative e.V., 2005). Die vaskuläre Demenz ist

gekennzeichnet durch einen plötzlichen Beginn, intermittierenden Verlauf bei starken

11

kognitiven Schwankungen innerhalb eines Tages, neurologischen Herdbefunden und

fokalem Befund im bildgebenden Verfahren (Gatterer & Croy, 2005, S. 24).

Diagnosekriterien laut DMS-IV TR für eine vaskuläre Demenz:

A.) Entwicklung multipler kognitiver Defizite in Form von:

1) Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses und

2) eine oder mehrere der folgenden Funktionsstörungen: Aphasie, Apraxie, Agnosie,

Störungen der Handlungsfähigkeit (Planung, Organisation, abstraktes Denken)

B.) Die kognitiven Defizite der diagnostischen Kriterien A1 und A2 verursachen eine

signifikante Beeinträchtigung sozialer Funktionen und führen zu einer signifikan-

ten Verschlechterung vor Erkrankungsbeginn bestehender Fähigkeiten.

C.) Fokale neurologische Symptome (z.B. Reflexsteigerung, Gangstörungen, Pare-

sen …) oder technische Zusatzuntersuchungen, die eine zerebrovaskuläre Er-

krankung anzeigen (z.B. multiple Infarkte) und die als ursächlich für die Erkran-

kung angesehen werden.

D.) Die Symptomatik besteht nicht ausschließlich im Verlauf eines Delirs.

Die diagnostischen Kriterien der NINDS-AIREN-Arbeitsgruppe für Demenz bei ze-

rebrovaskulärer Krankheit nach Roman (1993) sind a) notwendige Symptome wie

erhebliche Fluktuationen im Verlauf, die Demenz setzt nach zerebralem Insult ein,

fokale neurologische Störungen, strategische zerebrale Infarkte und periventrikuläre

Aufhellung im cCT, b) unterstützende Symptome wie Urininkontinenz, Gangstörun-

gen, Hypertonus (auch anamnestisch), transitorische ischämische Attacken (Hamann

& Liebetrau, 2002).

Die Häufigkeit einer kombinierten Demenzform vom Alzheimer-Typus, sowie einem

vaskulären Typus beträgt ca. 20%. Wichtige Kriterien zur Unterscheidung der beiden

Formen betreffen den Krankheitsbeginn (akut oder schleichend), den Verlauf (stetig

progredient oder intermittierend verstärkt bzw. abgeschwächt), neurologische Sym-

ptome (fehlend oder vorhanden), den Charakter der kognitiven Störungen (kortikal –

subkortikal), Art und Ausmaß von Persönlichkeitsveränderungen und Verhaltensauf-

fälligkeiten, motorische Störungen, Grad der Funktionseinbußen im Alltag (Gatterer &

Croy, 2005, S. 25).

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Zur diagnostischen Differenzierung der vaskulären Demenz von einer Demenz vom

Alzheimer-Typ wird neben der medizinischen Diagnostik der Ischämie-Score von

Hachinski et al. (1975) herangezogen, mit dem Daten zu Anamnese, Beginn und

Verlauf der Krankheit erhoben werden (Gatterer & Croy, 2005). Dieses Instrument

wurde durch Rosen (Rosen, Terry, Fuld, Katzman & Peck, 1980) aufgrund neuropa-

thologischer Befunde und durch Loeb und Gandolfo (1983) modifiziert (Gutzmann &

Zank, 2005).

Tabelle 2: Modifizierter Ischämiescore zur Diagnose einer Multiinfarkt-Demenz

(modifiziert nach Rosen et al., 1980, zitiert nach Mielke & Kessler, 1994. S. 39)

Plötzlicher Beginn 2 Punkte

Schrittweise Verschlechterung 1 Punkt

Somatische Beschwerden 1 Punkt

Emotionale Labilität 1 Punkt

Hypertonus 1 Punkt

Anamnestische Schlaganfälle 2 Punkte

Neurologische Herdsymptome 2 Punkte

Neurologische Herdzeichen 2 Punkte

Summe:

Primär degenerative Demenz 0 bis 2 Punkte

Mischform ohne eindeutige Zuordnung 3 bis 6 Punkte

Multiinfarkt-Demenz 7 bis 12 Punkte

Bei der vaskulären Demenz gibt es kein einheitliches Bild, daher liegt der Schwer-

punkt der Untersuchung bei der Aufdeckung vaskulärer und kardialer Grunderkran-

kungen sowie fokal-neurologischer Ausfälle. Ischämische Hirninfarkte können auf

unterschiedliche Weise zustande kommen. So können mehrere große Schlaganfälle

zum Untergang einer kritischen Masse von Hirngewebe mit entsprechenden kogniti-

ven Ausfällen führen. Aber auch kleinere Läsionen an den richtigen Stellen können

schwerwiegende Ausfälle herbeiführen (Hamann & Liebetrau, 2002).

Das Risiko einer vaskulären Demenz erhöhen laut Mielke und Heiss (2003) folgende

Faktoren: Vorhofflimmern um das 6- bis 18-fache, Bluthochdruck um das 4- bis 5-

fache, koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus, chronischer Alkoholmissbrauch

13

und Fettstoffwechselstörungen um das 2- bis 4-fache, Übergewicht und Rauchen um

das 1- bis 2-fache. Viele kardiovaskuläre Risikofaktoren tragen nicht nur zu einem

erhöhten Auftreten von vaskuklären Demenzen bei, sondern erhöhen generell das

Risiko für kognitive Störungen im Alter (Gesundheitsberichterstattung des Bundes,

2005). Weitere Formen der vaskulären Demenz sind die Multiinfarktdemenz, bei der

sich mehrerer Territorialinfarkte mit überwiegend kortikaler Infarzierung finden und

Morbus Binswanger.

3.3. Primär degenerative Demenzen

3.3.1. Frontotemporale Demenz (Pick-Krankheit)

Es handelt sich dabei um eine Gruppe von Demenzformen, die alle durch einen Ab-

bau von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich (Fronto-Temporallappen) des

Gehirns entstehen. Im Vordergrund stehen Veränderungen der Persönlichkeit und

des Sozialverhaltens (Antriebsminderung, Enthemmung) (Gatterer & Croy, 2005).

Auffällig bei dieser Form der Demenz ist das frühe Erkrankungsalter, das zwischen

50 und 60 Jahren liegt, wobei die Spanne sehr groß ist (20 – 85 Jahre). Die Fronto-

temporale Demenz wird selten diagnostiziert und man schätzt, dass ca. 3 – 9 % aller

Demenzkranken an dieser Form leiden. Männer und Frauen sind gleich häufig betrof-

fen. Es sind keine Risikofaktoren bekannt, doch in einigen wenigen Familien wird die

Krankheit durch Veränderungen des Erbguts im Gen für ein Nervenzell-Stützprotein

(Tau) hervorgerufen (Deutsche Alzheimer Gesellschaft, 2003).

Die Frontotemporale Demenz ist gekennzeichnet durch einen schleichenden Beginn,

das erste Symptom ist häufig die Hemmungslosigkeit in Form unangebrachten Ver-

haltens gegenüber der Umwelt. Praktisches Geschick und das Gedächtnis bleiben

zunächst relativ gut erhalten. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf entwickeln sich

Störungen der Sprache, Antriebslosigkeit, Inkontinenz und neurologische Symptome

bis hin zur Bettlägrigkeit (Alzheimer Forschung Initiative, 2005).

Der Krankheitsverlauf dauert ca. 8 Jahre und es gibt bisher keine effektiven Thera-

piemöglichkeiten. Bei der medikamentösen Behandlung werden Antidepressiva, ins-

besondere Serotoninwiederaufnahmehemmer eingesetzt, die eine günstige Wirkung

auf die affektiven Symptome haben. Die nicht-medikamentösen Therapien zielen

ebenfalls auf die Verhaltensauffälligkeiten der Betroffenen ab (Deutsche Alzheimer

Gesellschaft, 2003).

14

3.3.2. Lewy-Body-Demenz

Bei dieser Demenzform werden Gehirnteile durch Ablagerungen von kleinen Eiweiß-

teilchen - Lewy-Körperchen - geschädigt. Diese treten bei der klassischen oder Hirn-

stamm-DLB in den tieferen Schichten des Gehirns auf. Bei der kortikalen oder diffu-

sen DLB zeigen sich Lewy-Körperchen vorwiegend verteilt auf einer außenliegenden

Hirnregion, dem zerebralen Kortex. Im Gegensatz zu anderen Demenzformen führt

die DLB nicht zu einem stetigen Verfall des Gehirns. (Alzheimer Forschung Initiative,

2005). An der Gesamtzahl der Demenzen hat sie, geschätzt auf der Basis von Obku-

tionsserien, etwa einen Anteil von 15-20% (Weiner, 1999).

Die klinischen Kriterien für eine Demenz mit Lewy-Körperchen sind Gedächtnisstö-

rungen, Störungen von visuell-räumlichen Fähigkeiten und der Aufmerksamkeit.

Wiederkehrende, visuelle Halluzinationen, spontane motorische Parkinson-

Symptome, Stürze und wiederkehrende, kurzzeitige Bewusstlosigkeit (Alzheimer

Forschung Initiative, 2005).

Der Verlauf der Erkrankung liegt im Mittel bei etwa vier bis sechs Jahren. Da die Per-

sonen mit Lewy-Body-Demenz sehr sensitiv auf Medikamente reagieren, ist die Ver-

abreichung von Neuroleptika mit großer Vorsicht und nur sehr eingeschränkt einzu-

setzen. Zu deutlichen Veränderungen und einer nachhaltigen Verbesserung der kog-

nitiven und nichtkognitiven Störungen führt die Behandlung mit Cholinesterase-

Hemmern (Gutzmann & Zank, 2005).

3.3.3. Parkinson-Krankheit

Eine Parkinson-Krankheit mit einem sehr schweren Verlauf, kann das Gehirn so ver-

ändern, dass bei ca. 20 - 40% der Betroffenen demenzartige Krankheitszeichen auf-

treten können (Gatterer & Croy, 2005). Bei Morbus Parkinson gehen dopaminerge

Neuronen in einer im Gehirn tief liegenden Region, der substantia nigra, zugrunde.

Dadurch kommt es zu charakteristischen Störungen im Bewegungsablauf, steife Be-

wegungen (Rigor), Zittern der Hände (Tremor) und einer allgemeinen Bewegungs-

starre (Akinese). Das mittlere Ersterkrankungsalter liegt bei 58 Jahren. Die Ursache

ist unbekannt und derzeit gibt es auch keine Heilung für Parkinson. Die medikamen-

töse Behandlung versucht den Dopaminmangel auszugleichen, somit kann Morbus

Parkinson lange Zeit kontrolliert werden (Alzheimer Forschung Initiative, 2005).

15

3.4. Demenz vom Alzheimertyp (DAT) – Alzheimer-Demenz (AD)

Im Jahre 1907 beschrieb der bayrische Nervenarzt Alois Alzheimer erstmals die nach

ihm benannte Demenz. Er bezeichnete diese Erkrankung als eine klinisch-

pathologische Krankheitseinheit, bei der es zu einer fortschreitenden Störung höhe-

rer kognitiver Funktionen auf dem Boden unumkehrbarer Veränderungen des Ge-

hirns kommt, die durch feingewebliche Charakteristika gekennzeichnet sind, nament-

lich durch das massive Auftreten neuritischer Plaques und neurofibrillärer Bündel

(Alzheimer, 1907).

Die Alzheimer-Demenz ist eine primär degenerative zerebrale Krankheit und ist mit

ca. 65% die bekannteste und häufigste Krankheit, welche eine Demenz verursacht.

Sie beginnt meist schleichend und entwickelt sich langsam aber stetig über Jahre.

Alzheimer ist eine Erkrankung die primär im höheren Lebensalter auftritt, doch in

Ausnahmefällen kann sie auch schon im frühen Erwachsenenalter vorkommen. Die

Ätiologie ist noch unbekannt, geforscht wird an genetischen Einflüssen, Ablagerun-

gen kleiner, störender Partikel (Beta-Amyloid) in bestimmten Gehirnbereichen, dem

Einfluss von Hormonen (vor allem Östrogen), Mangel an Botenstoffen, freien Radika-

len, Entzündungsprozessen im Gehirn und Umwelteinflüssen (Gatterer & Croy,

2005).

Bei der Alzheimer-Demenz handelt es sich um ein klinisches Bild, das pathologisch

gekennzeichnet ist durch eine ausgeprägte Hirnschrumpfung (Atrophie) mit Erweite-

rung der inneren und äußeren Liquorräume, wobei der Krankheitsprozess beide Hirn-

hälften gleichermaßen mit einbezieht. Er beginnt in tiefer liegenden Regionen des

Schläfenlappens (Ammonshorn: für Gedächtnisprozesse verantwortlich) und schrei-

tet in Richtung des Scheitellappens (räumliche Wahrnehmung und Operrationen)

fort. Auch die Übergangsregion zwischen Schläfen-, Scheitel- und Hinterhauptslap-

pen ist in den Krankheitsprozess einbezogen (Braak & Braak, 1996).

Die Demenz vom Alzheimer-Typ beginnt mit kognitiven Störungen und führt inner-

halb weniger Jahre zu einem vollständigen Verlust der Alltagskompetenzen und dem

Zerfall der Urteilsfähigkeit und Persönlichkeit.

Die typischen Symptome dieser Erkrankung sind die Gedächtnisstörungen, die zu

Beginn vor allem das Kurzzeit- später aber auch das Langzeitgedächtnis betreffen.

Die zeitliche und örtliche Orientierungslosigkeit ist schon früh im Verlauf der Alzhei-

mer-Krankheit nachzuweisen. Im Verlauf der Erkrankung leiden die Betroffenen unter

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Konzentrationsmangel, Unruhe, Angst, Depressionen und viele haben einen unan-

gemessen hohen Bewegungsdrang. Es zeigen sich oft auch aggressive Reaktionen,

Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Im Endstadium werden die Betroffenen

meist bettlägerig und die Gefahr von Infektionen nimmt zu. Die häufigste Todesursa-

che ist eine Lungenentzündung (Maier, 2004).

3.4.1. Degenerativer Prozess

Bei der Alzheimer Krankheit kommt es zu einem fortschreitenden Verlust von Ner-

venzellen, die das Gehirn um bis zu 20% schrumpfen lassen, die Windungsfurchen

an der Hirnoberfläche vertiefen sich und es kommt zu einer Erweiterung der Hirn-

kammern. Dafür verantwortlich ist die Bildung von amyloiden Plaques um die Ner-

venzellen und ihrer Fortsätze und den Ablagerungen in den Nervenzellen, die neuro-

fibrillären Knäuel. Die Fibrillen bestehen aus unauflöslichen, gedrehten Fasern. Sie

bestehen überwiegend aus Tau-Proteinen, die Teile einer Struktur formen, die man

Mikro-Tubuli nennt. Diese helfen beim Nährstoff-Transport und anderen wichtigen

Substanzen von einer Nervenzelle zur anderen. Bei der Alzheimer-Krankheit ist das

Tau-Protein abnormal und die mikro-tubularen Strukturen kollabieren. Das Beta-

Amyloid ist das Fragment eines Proteins, das aus einem größeren Protein APP he-

rausgeschnitten wird. Im gesunden Gehirn werden diese Fragmente zersetzt und

vernichtet. Bei der AD häufen sie sich zu harten, unauflöslichen Plaques an. Dadurch

kommt es zu Störungen der Sauerstoff- und Energieversorgung im Gehirn (Alzhei-

mer Forschung Initiative, 2006).

Abbildung 2: Fibrillen und amyloide Plaques

(Alzheimer Forschung Initiative e.V., 2006)

17

Die Degeneration der Nervenzellen erstreckt sich meist über mehrere Jahrzehnte.

Solange sich die Krankheit nur auf gewisse, kleine Teile des Gehirns beschränkt,

sind auch keine Symptome ersichtlich. Greift die Krankheit auf den Hippocampus,

der im Temporallappen liegt, über, entstehen erkennbare Krankheitszeichen. Diese

stehen in engem Zusammenhang mit einem deutlichen Verlust an cholinerger Tätig-

keit. Acetylcholin ist als Nervenüberträgerstoff für die Aufmerksamkeit, das Arbeits-

gedächtnis und für die Fähigkeit, Gelerntes anzuwenden, von entscheidender Wich-

tigkeit. Doch gerade zu Beginn der Krankheit gehen diese Acetylcholin erzeugenden

Nervenzellen zugrunde. Es kommt zur Vergesslichkeit, reduzierter Leistungsfähigkeit

im Beruf, Alltag und Haushalt. Breitet sich die Krankheit auf den Schläfen- und Schei-

tellappen aus, so kommt es zu weiteren Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der

Sprache und des praktischen Handelns. Wenn ein hochgradiger Nervenzellverlust

auch im Stirnlappen besteht, dann kommt es zum Verlust höherer Gedächtnisfunkti-

onen und eine Selbstversorgung ist nicht mehr möglich (Maier, 2004).

3.4.2. Retrogenese-Theorie nach Reisberg (2002)

Diese Theorie ist ein neuer Denkansatz zur Ätiologie, der medizinischen und der

nicht-pharmakologischen Behandlung der Alzheimer Krankheit. Im Verlauf des

Krankheitsprozesses nehmen nicht nur die geistigen, sondern auch die funktionellen

Fähigkeiten im Alltag zunehmend ab. Reisberg (1999) definiert Retrogenese als „den

Prozess, bei dem degenerative Mechanismen den Mechanismus der normalen Kind-

heitsentwicklung umkehren“. Er sieht beim Alzheimer Kranken die psychosoziale

Entwicklung von der Kindheit bis zum Erwachsenen als rückläufig.

Ein DAT-Kranker ist am Beginn der Krankheit einem Jugendlichen im Alter von 13

bis 19 Jahren gleichzusetzen, der nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf auszufüh-

ren. Im Stadium 4 auf der 7teiligen FAST-Skala (Functional Assessment Staging),

diese wird später noch ausführlich dargestellt, gehen Fähigkeiten zur Alltagsbewälti-

gung, etwa das Regeln finanzieller Dinge, verloren. Die Patienten befinden sich auf

dem Entwicklungsstand eines acht- bis zwölfjährigen Kindes. Bei mittlerer Alzheimer-

Demenz (FAST-Stadium 5) ähneln die Fähigkeiten der Kranken denen eines fünf- bis

siebenjährigen Kindes. Sie verlieren etwa die Fähigkeit, angemessene Kleidung aus-

zuwählen. Am Ende von Stadium 6 (mittelschwere bis schwere Demenz) setzen In-

18

kontinenz und Sprachzerfall ein. Dieses Stadium entspricht dem Entwicklungsstand

eines zweijährigen Kindes. Stadium 7 ist durch den Verlust der Fähigkeiten Spre-

chen, Gehen und Sitzen gekennzeichnet. Alzheimer-Patienten im Endstadium befin-

den sich kognitiv und emotional auf dem Entwicklungsstand eines einjährigen Kin-

des. Zuletzt geht die Fähigkeit zum Lächeln verloren.

Diese Einteilung ermöglicht einen besseren emotionalen Zugang. Die mentalen Fä-

higkeiten werden nach der Retrogenese-Therorie zurückgestellt, wichtiger sind die

gefühlsmäßige Annäherung, und die Vermittlung von Zutrauen und Vertrauen. Tabelle 3: Grundlagen der Retrogenese- Theorie: Merkmale der normalen Kindheitsentwicklung und

der Alzheimer Krankheit (Reisberg et al. 2002) Ungefähres

Alter

Dauer bei

der

Entwicklun

g

Erworbene

Fähigkeiten

Verlorene

Fähigkeiten

Alzheimer

Stadium

Dauer bei

der

Alzheimer

Krankheit

Entwicklungs-

alter des

Patienten

Erwachsener 13 – 19 7 Jahre Beruf

Ausüben

Beruf

Ausüben

3 MCI * 7 Jahre 19 – 13

(Erwachsener

)

Späte

Kindheit

8 – 12 5 Jahre Einfache

Finanzaktion

en

Einfache

Finanzaktionen

4 (leicht) 2 Jahre 12 – 8 Jahre

(späte

Kindheit)

Mittlere

Kindheit

5 – 7 2.5 Jahre Kleidung

Auswählen

Kleidung

Auswählen

5 (mäßig) 1.5 Jahre 7 – 5 Jahre

(mittlere

Kindheit)

Frühe

Kindheit

5

4

4

3 – 4,5

2 – 3

4 Jahre

Anziehen

Waschen

Toilette

Urinkontrolle

Darmkontroll

e

Anziehen

Waschen

Toilette

Urinkontrolle

Darmkontrolle

6 a (mittel–

schwer)

b

c

d

e

2.5 Jahre 5 – 2 Jahre

(frühe

Kindheit)

Dau

er c

a. 2

0 Ja

hre

Säuglings-

Alter

15 Monate

1 Jahr

1 Jahr

6 – 10 Mon.

2 – 4 Mon.

1 – 3 Mon.

1,5 Jahre

5 – 6 Worte

sprechen

1 Wort

sprechen

Gehen

Sitzen

Lächeln

Kopf aufrecht

halten

5 – 6 Worte

sprechen

1 Wort

sprechen

Gehen

Sitzen

Lächeln

Kopf aufrecht

halten

7 a (schwer)

b

c

d

e

f

7 Jahre 15 Monate

bis Geburt

(Geburt-

Säuglingsalte

r)

Dauer ca. 20 Jahre

© Copyright 1984, 1986, 2000 Barry Reisberg, alle Rechte vorbehalten. * MCI – Mild cognitive Impairment (Leichte kognitive Störung)

19

4. Risikofaktoren

Genetische Risikofaktoren

Man kann die Alzheimer-Demenz (AD) in familiäre und sporadische Formen auftei-

len. Der Anteil der familiär bedingten AD wird auf 5 bis 10% geschätzt, jener der spo-

radisch bedingten auf 90%, d.h. Erkrankungen ohne offenkundige familiäre Häufung.

Bei der familiären AD konnte bei 70% der Betroffenen eine Genmutation des Präse-

nilin-I (PS-I) auf Chromosom 14 ermittelt werden. Bei 1 bis 3% ist eine Mutation des

APP (Amyloid-Precursor-Protein) auf Chromosom 21 nachweisbar, ebenso kommt

eine Mutation des PS-2 auf Chromosom 1 vor. Es wird vermutet, dass die verschie-

denen Mutationen mit einem unterschiedlichen Manifestationsalter der AD verbunden

sind: APP (40-50 Jahre), PS-I (30 bis 40 Jahre), PS-2 (50 bis 65 Jahre).

Auch in der Gruppe der sporadischen AD gibt es Hinweise auf eine genetische Prä-

disposition. Das Plasmaprotein Apolipoprotein E (ApoE), das für den Cholesterin-

Transport verantwortlich ist, tritt in verschiedenen Genvariationen auf. Nach derzeiti-

gem Wissensstand scheint der ApoE-Genotyp eher das Erkrankungsalter der AD zu

modifizieren als das allgemeine Erkrankungsrisiko (Bürger, 2003).

Nichtgenetische Risikofaktoren

o Alter: Das Alter ist der bedeutsamste Risikofaktor für die Entstehung einer De-

menz. Zwischen dem 60. und dem 95. Lebensjahr steigt das Vorkommen von AD

um das Hundertfache an. Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es

nicht.

o Bildung: Es ist ein Zusammenhang zwischen geringer Schulbildung und niedri-

gem sozialem Status und höherem Erkrankungsrisiko zu beobachten. Intelligenz

und Schulbildung kann auch als Basis für günstigere Lebensbedingungen gese-

hen werden bzw. für eine verminderte Aussetzung gegenüber Risikofaktoren in

den frühen Lebensjahren oder im Beruf.

o Alkohol: Der Missbrauch von Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko von AD oder

kognitiven Störungen um mehr als das vierfache. In Maßen getrunken zeigt sich

keine Risikoerhöhung, mäßig trinkende Ältere weisen sogar ein geringeres Risiko

als völlig Abstinente auf.

20

o Rauchen: Der Abbau der Gedächtnisleistung erfolgt bei Rauchern schneller als

bei Nichtrauchern. Wenn eine erbliche Grundlage vorhanden ist, dann vermindert

das Rauchen die Häufigkeit des Auftretens von Alzheimer. Doch ohne diesen erb-

lichen Risikofaktor steigert es das Erkrankungsrisiko.

o Ernährung: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Gesamtfettzufuhr und

der Entstehung von Alzheimer, während ein ausreichender Fischkonsum und die

dadurch aufgenommenen mehrfach ungesättigten Fettsäuren eine schützende

Wirkung hat.

o Aluminium: Aufgrund der Nervengiftigkeit und der erhöhten Konzentration in den

senilen Plaques wird dem Leichtmetall eine Beteiligung an der Entstehung von

Alzheimer zugeschrieben. Dazu gibt es allerdings keine gesicherten Studien

(Maier, 2004, S. 23f).

5. Klassifikationskriterien für eine Demenz

5.1. ICD – Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation WHO ICD-10 Kriterien Kapitel V (F) (International Classification of Diseases):

Bei diesen klinisch-diagnostischen Leitlinien handelt es sich um eine umfassende 10.

Revision, herausgegeben von der WHO. Es umfasst als Gesamtsystem aller Krank-

heiten 21 Kapitel (I – XXI), wobei das Kapitel V die psychischen Störungen enthält.

Die Krankheiten werden in die Bereiche A-Z untergliedert, wobei das Kapitel V den

Bereich F umfasst; so dass die psychischen Störungen im Kapitel V (F) angeführt

sind (Baumann & Perrez, 1998). Die unterschiedlichen Formen der Demenz sind im

Kapitel F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen

zu finden. Es handelt sich dabei um psychische Krankheiten mit nachweisbarer Ätio-

logie in einer zerebralen Krankheit, einer Hirnverletzung oder einer anderen Schädi-

gung, die zu einer Hirnfunktionsstörung führt. Die Störung kann primär sein, wenn

das Gehirn direkt oder in besonderem Maße betroffen ist oder sekundär, bei Sys-

temerkrankungen oder Störungen, die das Gehirn nur als eines von vielen anderen

Organen oder Körpersystemen betreffen. Aufgrund der wesentlichen Merkmale las-

21

sen sich diese Störungen in zwei Hauptgruppen gliedern. Eine Gruppe ist gekenn-

zeichnet dadurch, dass die vorhandenen Merkmale Störungen der kognitiven Funkti-

onen, wie des Gedächtnisses, des Lernens und des Intellekts sind oder Störungen

des Sensoriums wie Bewusstseins- und Aufmerksamkeitsstörungen. Die auffälligsten

Störungen der anderen Gruppe liegen im Bereich der Wahrnehmung (Halluzinatio-

nen), der Denkinhalte (Wahn), der Stimmung und der Gefühle (Depression, gehobe-

nen Stimmung, Angst) oder im gesamten Persönlichkeits- und Verhaltensmuster,

während kognitive oder Störungen des Sensoriums nur minimal oder schwierig fest-

zustellen sind (ICD-10, 1991).

Da die Demenz vom Alzheimertyp (DAT) mit ca. 65 % die häufigste Form der demen-

tiellen Erkrankungen ist, werden im Folgenden die diagnostischen Leitlinien laut ICD-

10 näher beschrieben. Es müssen sowohl allgemeine als auch Alzheimerspezifische

Symptome vorhanden sein um von einer DAT sprechen zu können.

Demenz allgemein:

• Verlauf chronisch oder fortschreitend

• Beeinträchtigung vieler höherer kortikaler Funktionen einschließlich Gedächtnis,

Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Urteilsver-

mögen

• Verschlechterung der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Moti-

vation

• Deutliche Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit

• Beeinträchtigung der persönlichen Aktivitäten des täglichen Lebens

• Symptome und Störungen bestehen seit mindestens 6 Monaten

F00* Demenz bei Alzheimer-Krankheit (G30+):

• Vorliegen einer Demenz

• Schleichender Beginn mit langsamer Verschlechterung; eine Demenz bei Alzhei-

mer-Krankheit muss gegenwärtig als irreversibel angesehen werden.

• Fehlen klinischer Hinweise oder spezieller Untersuchungsbefunde, die auf eine

System- oder Hirnerkrankung hinweisen, welche eine Demenz verursachen kann

(z.B. Hypothyreose, Hyperkalzämie, Vitamin-B-12-Mangel,…).

22

• Fehlen eines plötzlichen apoplektischen Beginns oder neurologischer Herdzei-

chen wie Hemiparese, Sensibilitätsverlust, Gesichtsfeldausfälle und Koordinati-

onsstörungen in der Frühphase der Krankheit.

F00.0* Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit frühem Beginn (G30.0+)

• Beginn vor dem 65. Lebensjahr (DAT mit präsenilem Beginn)

• Rasche Verschlechterung

• Deutliche und vielfältige Störungen der höheren kortikalen Funktionen

• Aphasie, Agraphie, Alexie, Apraxie relativ früh im Verlauf

F00.1* Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit spätem Beginn (G30.1+)

• Beginn nach dem 65. Lebensjahr (DAT mit senilem Beginn)

• Langsame Progredienz

• Meist Gedächtnisstörung als Hauptmerkmal

F00.2* Demenz bei Alzheimer-Krankheit, atypische oder gemischte Form (G30.8+)

• Demenzen, die nicht den Beschreibungen und Leitlinien für F00.0 oder F00.1

entsprechen

• Mischformen von vaskulärer und Alzheimer-Demenz

F00.9* nicht näher bezeichnete Demenz bei Alzheimer-Krankheit (G30.9+)

5.2. DSM-IV – Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders der Ameri-

can Psychiatric Association (APA)

Dieses multiaxiale Klassifikationssystem für psychische Störungen ist unterteilt in 17

Hauptgruppen, wobei jede Hauptgruppe weitere Einheiten (Störungen) beinhaltet.

Diese Einheiten sind in Form eines systematisierten, kurzgefassten Lehrbuchtextes

beschrieben. Auf der Achse der klinischen Störungen werden 15 Hauptkategorien

unterschieden. Die Demenz ist unter Punkt 2: Delir. Demenz, amnestische und ande-

re kognitive Störungen zu finden (Baumann & Stieglitz, 1998).

23

Die Demenz wird nach folgenden Kriterien diagnostiziert:

eine nachweisbare Beeinträchtigung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses und min-

destens eines der folgenden vier Merkmale:

- Beeinträchtigung des abstrakten Denkvermögens,

- Beeinträchtigung des Urteilsvermögens,

- Störung höherer kortikaler Funktionen, wie Aphasie, Apraxie, Agnosie und kon-

struktiver Aufgaben

- Persönlichkeitsveränderungen

- Weiters eine deutliche Beeinträchtigung sozialer Alltagsaktivitäten und persönli-

che Beziehungen zu anderen Menschen.

- Sie dürfen nicht während eines Delirs (kurzfristige Verwirrtheit) auftreten.

- Hinweise auf einen spezifischen organischen Faktor, der einen ätiologischen Zu-

sammenhang mit der Störung nahe legt. Ist ein konkreter ätiologischer Zusam-

menhang nicht nachzuweisen, muss eine nicht organisch bedingte psychische

Störung, wie zum Beispiel eine Depression mit kognitiver Beeinträchtigung aus-

geschlossen sein.

6. Epidemiologie

Aufgrund der Verbesserung der medizinischen Versorgung, der Hygiene, der Vor-

sorge und Behandlung werden Krankheiten im Alter seltener, doch die Häufigkeit

organisch bedingter psychischer Störungen steigt in der Gesamtbevölkerung deutlich

an. Dafür verantwortlich sind zwei Tatsachen. Zum einen die zunehmende Alterung

der Bevölkerung, zum anderen das Alter selbst, als primärer Risikofaktor für De-

menzerkrankungen (Gutzmann & Zank, 2005).

Laut der Delphi consensus study leiden weltweit ca. 24,3 Millionen Menschen an

Demenz. Bis zum Jahr 2040 wird die Zahl der Betroffenen auf 81,1 Millionen steigen.

Prävalenz:

Aufgrund neuerer epidemiologischer Studien und Meta-Analysen liegt die Prävalenz

demenzieller Erkrankungen in westlichen Industrieländern – bezogen auf die 65-

jährigen und Älteren – zwischen 5 und 8%, das entspricht in Deutschland einer Ge-

24

samtzahl von 800.000 bis 1,2 Millionen Erkrankten (Bickel, 2005). In Österreich lei-

den ca. 120.000 bis 160.000 Menschen an einer Demenz. Die Prävalenzrate steigt

mit dem Alter steil an. Sie verdoppelt sich im Abstand von jeweils etwa fünf Altersjah-

ren. Somit ist bei den 65 – 69jährigen jeder Zwanzigste von einer Demenz betroffen,

zwischen 80 und 90 Jahren betrifft es schon fast jeden Dritten (Gatterer & Croy,

2005, S. 11).

Die Alzheimer-Krankheit ist mit einem Anteil von zwei Dritteln an den Krankheitsfäl-

len in den westlichen Ländern die häufigste Ursache einer Demenz, gefolgt von den

durch Schädigungen der Blutgefäße des Gehirns verursachten vaskulären Demen-

zen mit einem Anteil von knapp 20% (Canadian Study of Health and Aging 1994, Ott,

Breteler & Van Harskamp, 1995).

Demenzen können auch in jüngeren Jahren auftreten. Die Prävalenz der präsenilen

Demenzen ist jedoch sehr niedrig. Die Rate im Alter zwischen 30 und 59 Jahren liegt

bei etwa 0,1% (Hofman, Rocca & Brayne, 1991), im Alter zwischen 55 und 64 Jahren

bei 0,4% (Ott et al, 1995).

Das Risiko in verbleibenden Jahren an einer Demenz zu erkranken, beträgt für heu-

tige 65-jährige Männer 16% und für Frauen dieser Altersgruppe, aufgrund ihrer höhe-

ren Lebenserwartung, 34,5% (Ott, Breteler, Van Harskamp, Stijnen & Hofmann,

1998).

Inzidenz:

Die jährliche Neuerkrankungsrate an Demenzen in der Altenbevölkerung wird in den

meisten Studien mit 1,5 – 2% angegeben. Die mittlere Inzidenzrate liegt bei 1,9%

das sind in Deutschland ca. 190.000 bis 230.000 jährliche Neuerkrankungen. Wer-

den die sehr leichten Erkrankungen miteinbezogen, so ergibt sich eine Gesamtzahl

von Neuerkrankungen von mehr als 300.000 pro Jahr (Bickel, 2000). Es scheint als

gesichert, dass das Neuerkrankungsrisiko mit zunehmendem Alter stark ansteigt. Bei

den 65- bis 69-Jährigen liegt die Inzidenz bei 0,43% unter den über 90-jährigen bei

10,1%.

Über die präsenilen Demenzen ist wenig bekannt. Legt man Daten aus den anglo-

amerikanischen Ländern zugrunde, sind in Deutschland jährlich insgesamt 4.000 bis

6.000 Neuerkrankungen bei den unter 65-jährigen zu erwarten. Vor allem aufgrund

der höheren Lebenserwartung treten Neuerkrankungen bei Frauen wesentlich häufi-

25

ger auf als bei Männer. Über 70% der Ersterkrankungen entfallen auf Frauen (Bickel,

2005).

Die Jahresinzidenz der Alzheimer-Demenz liegt im Mittel bei 1% bei den über 65-

Jährigen. Es zeigt sich eine steile Zunahme mit dem Alter von durchschnittlich 0,16%

bei den 65-bis 69-Jährigen bis zu 6,73% bei den über 90-Jährigen.

Für die vaskuläre Demenz wird in der Literatur ein Wert von 0,3% angegeben. Unter

Zugrundelegung dieser Werte ergibt sich, dass in Deutschland jährlich 120.000 bis

160.000 neue Fälle von Alzheimer-Demenz und etwa 40.000 Fälle von vaskulären

Demenzen auftreten.

7. Diagnostik

Die Diagnose einer Demenz soll folgende Punkte beinhalten:

• Eine ausführliche Anamnese inklusive Informationen über Beginn und Verlauf der

Erkrankung.

• Eine medizinische Untersuchung inklusive Blutparameter, neurologischem und

psychiatrischem Status sowie bildgebenden Verfahren.

• Eine testpsychologische Untersuchung der geistigen Leistungsfähigkeit, der Be-

findlichkeit und der Selbständigkeit.

• Wenn möglich eine Außenanamnese (Gatterer & Croy, 2005).

Im Folgenden werden die üblichen Methoden und Testverfahren, die zur Bestim-

mung einer Demenz herangezogen werden, näher beschrieben.

7.1. Bildgebende Verfahren

Diese Verfahren sind von entscheidender Bedeutung für den Ausschluss anderer

Erkrankungen, wie Hirnblutungen oder Tumore.

Kraniale Computertomographie – CT:

Die CT ist völlig schmerzfrei und eine Variante des klassischen Röntgens. Dabei wird

der Abbau von Hirngewebe (Hirnatrophie, Ventrikelerweiterungen und Verbreiterung

der Sulci) sichtbar. Es können auch Hinweise zur Differentialdiagnostik zwischen ei-

26

ner Demenz vom Alzheimer-Typ und einer vaskulären Demenz erhalten werden. Ers-

tere ist durch eher allgemeine Veränderungen charakterisiert, letztere weist in der CT

mehrere kleine Bereiche mit geringerer Dichte auf.

Magnetresonanztomographie – MRT:

Dieses Verfahren nutzt ein starkes Magnetfeld und macht damit anatomische Struk-

turen, z.B. Blutgefäße deutlich sichtbar. Die berechneten Werte der weißen Substanz

scheinen mit dem Schweregrad der Erkrankung zu korrelieren. MRT-Systeme mit

hoher Auflösung zeigen die typische hippocampale Atrophie bei Alzheimer-Krankheit.

Die MRT ist sehr gut geeignet um eine vaskuläre Demenz festzustellen.

Single-Photon-Emissions-Computertomographie – SPECT:

Dabei handelt es sich um ein funktionsdarstellendes Verfahren, bei dem die Gehirn-

durchblutung in bestimmten Arealen messbar ist. Bei einer vermuteten Alzheimer

Demenz kann mit Hilfe des SPECT eine globale sowie eine parietotemporale Min-

derversorgung des Gehirns festgestellt werden.

Positronen-Emissions-Tomographie – PET:

Hierbei lässt sich der Stoffwechsel im Gehirn darstellen, der bei Alzheimer im parie-

talen und temporalen kortikalen Bereich vermindert ist.

Elektroenzephalogramm – EEG:

Mittels EEG werden elektrische Hirnströme aufgezeichnet. Eine Verlangsamung mit

Theta-Betonung kann ein Hinweis auf eine Demenz sein, tritt jedoch auch bei ca. 1/3

der über 60-jährigen Personen ohne pathologische kognitive Veränderungen auf. Ein

normales EEG kann aber ein Hinweis auf eine Pseudodemenz (Depression) sein,

auch dient es zum Ausschluss anderer Erkrankungen wie Epilepsie, Enzephalitis,

Tumore oder toxisch/metabolischer Einwirkungen.

7.2. Laboruntersuchungen

Laboruntersuchungen geben wichtige Hilfestellungen bei der Diagnostik der Alzhei-

mer-Krankheit, können aber auch zur Abgrenzung gegenüber anderen Demenzen

genutzt werden. Neben den Routineuntersuchungen von Blut und Urin, kann in be-

27

stimmten Fällen auch ein Liquor-Test durchgeführt werden. Als Liquor wird das Ge-

hirn- und Nervenwasser in den Kammern (Ventrikeln) des Gehirns bezeichnet. Er

umspült das Gehirn und ist im Rückenmarks- bzw. Wirbelkanal bis zum Steißbein

enthalten („Liquorräume“). Eine kleine Menge kann im Rahmen einer Lumbalpunkti-

on entnommen und einer Untersuchung im Labor zugeführt werden.

Die Liquorpunktion diente in der Vergangenheit vor allem zum Ausschluss anderer

entzündlicher oder autoimmunologischer Demenzursachen. Durch diese Spezial-

untersuchung sind die Bestimmung eines Alzheimer-typischen Eiweißstoffes, des

Tau-Proteins, sowie die erbliche Bestimmung des Apolipoproteins E möglich. Erhöh-

te Tau-Proteine und erniedrigte Aktivitäten des Stoffes Ab42 in der Gehirnflüssigkeit

grenzen Alzheimer-Patienten gegenüber Gesunden sehr gut ab. Das gleichzeitige

Vorliegen von erhöhtem Tau-Protein und erniedrigtem Ab42 beweist mit 90%iger Si-

cherheit die Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung (Maier, 2004, S. 38).

7.3. Fremdbeurteilungs- und Rating-Skalen

Durch Beobachtung, Beschreibung und Einstufung des Patientenverhaltens nach

bestimmten Kriterien kann auf einfache und rasche Weise ein Demenzscreening

durchgeführt werden. Ein Vorteil liegt in der breiten Einsatzmöglichkeit, sowohl bei

leicht als auch schwer dementen Personen. Probleme ergeben sich jedoch hinsicht-

lich der Testgütekriterien, wie Objektivität, Reliabilität und Validität. Auch besteht eine

starke Abhängigkeit vom Allgemeinzustand eines Patienten. Personen mit schlech-

tem körperlichem Allgemeinzustand werden meist auch als stärker kognitiv beein-

trächtigt eingestuft (Gatterer & Croy, 2005).

Die wichtigsten Verfahren dieser Gruppe sind die Reisberg-Skalen (Reisberg, Ferris,

de Leon & Crook, 1982, 1988; dt. Ihl & Fröhlich, 1991), die im Folgenden näher be-

schrieben werden:

Global Deterioration Scale (GDS)

Die Global Deterioration Scale (GDS, Reisberg et al. 1982, 1988a) ist eine

Fremdbeurteilungsskala und dient zur globalen Beurteilung von Demenz bei älteren

Menschen. Die GDS beschreibt 7 Stadien kognitiver Leistungseinbußen, wobei man

ab dem Stadium 3 von einer milden kognitiven Leistungseinbuße (MCI) spricht und

ab Stadium 4 die Diagnose Demenz gestellt werden kann (Reisberg et al., 1994).

28

Die GDS Skala hat sich aufgrund ihrer exzellenten Reliabilität (r = .92) (Reisberg,

Ferris, Steinberg, Shulman, de Leon & Sinaiko, 1989) und Validität (r = 86) (Kessler,

Markowitsch, & Denzler, 1990) in zahlreichen internationalen Studien bewährt.

Da in meiner Untersuchung die GDS als Kriterium für eine kognitive Beeinträchtigung

herangezogen wurde, werde ich diese Skala im Folgenden näher beschreiben und

die deutsche Übersetzung von Ihl und Fröhlich (1991, zitiert nach Mielke & Kessler,

1994) darstellen:

1. Stadium: Keine kognitiven Leistungseinbußen

Keine subjektiven Hinweise auf ein Gedächtnisdefizit. Im klinischen Interview wird

kein Gedächtnisdefizit evident.

2. Stadium: Zweifelhafte kognitive Leistungseinbußen

Subjektive Klagen über Defizite, am häufigsten in nachfolgenden Bereichen: a) ver-

gisst, wo vertraute Gegenstände abgelegt wurden; b) vergisst früher gut bekannte

Namen. Keine objektiven Zeichen eines Gedächtnisdefizits im klinischen Interview.

Keine objektivierbaren Defizite im Beruf oder im sozialen Umfeld. Angemessenes

Verhalten unter Berücksichtigung der Symptomatik.

3. Stadium: Geringe kognitive Leistungseinbußen

Erste eindeutige Defizite manifestieren sich in mehr als einem der nachfolgenden

Bereiche: (a) Patient(in) kann sich an einem fremden Ort nicht zurechtfinden; (b)

Mitarbeiter(innen) bemerken die reduzierte Arbeitsleistung; (c) Freunde und

Bekannte bemerken Wortfindungsstörungen und Schwierigkeiten, die Namen von

Bekannten zu erinnern; (d) die/der Patient(in) behält nur einen geringen Teil einer

gelesenen Textpassage; (e) die/der Patient(in) kann sich Namen bei der Vorstellung

neuer Personen schlechter merken; (f) die/der Patient(in) verlegt oder verliert

Wertgegenstände; (g) während der klinischen Testung wird ein Konzentrationsdefizit

evident.

Objektive Gedächtnisdefizite lassen sich nur in einem ausführlichen klinischen

Interview bzw. in psychometrischen Tests finden:

29

Verringerte Leistungsfähigkeit im Beruf oder im sozialen Umfeld. Die/der Patient(in)

beginnt, Defizite zu verleugnen. Geringe bis mittelgradige Angst begleitet die

Symptome.

4. Stadium: Mäßige kognitive Leistungseinbußen

Im sorgfältig durchgeführten klinischen Interview manifestieren sich eindeutige Defizi-

te in folgenden Bereichen: (a) Kenntnis aktueller oder kurz zurückliegender

Ereignisse; (b) Erinnern des eigenen Lebenslaufes; (c) Konzentration bei den

Aufgaben mit seriellen Subtraktionen; (d) Fähigkeit, sich an unbekannten Orten

zurechtzufinden oder mit Geld umzugehen, usw.

Meist keine Defizite in nachfolgenden Bereichen: (a) Orientierung zu Zeit und Per-

son; (b) Wiedererkennen vertrauter Personen und Gesichter; (c) Fähigkeit, sich an

bekannten Orte zurechtzufinden.

Unfähigkeit, komplexe Aufgaben durchzuführen. Das Verleugnen von Defiziten ist die

dominierende Abwehrstrategie: Der Affekt verflacht, und die/der Patient(in) beginnt,

Situationen mit höheren Anforderungen zu vermeiden.

5. Stadium: Mittelschwere kognitive Leistungseinbußen

Die/der Patient(in) kann ohne fremde Hilfe nicht mehr zurechtkommen. Sie/Er kann

sich während des Interviews kaum an relevante Aspekte seines Lebens erinnern:

z.B. an die Adresse, die langjährige Telefonnummer, die Namen naher Familienan-

gehöriger (wie die der Enkel), den Namen der Schule, die sie/er zuletzt besucht hat.

Häufig ist Desorientierung zur Zeit (Datum, Wochentag, Jahreszeit etc.) oder zum

Ort. Eine gebildete Person kann Schwierigkeiten haben, beginnend bei 40 in

Viererschritten oder beginnend bei 20 in Zweierschritten rückwärts zu zählen.

Patienten dieses Stadiums erinnern allerdings noch einige Fakten, die sie selbst oder

andere betreffen. Sie erinnern ihren Namen ebenso gut wie den der/s

Ehepartnerin(s) oder der Kinder. Sie brauchen keine Hilfe beim Toilettengang oder

Essen, können aber Schwierigkeiten bei der Auswahl situationsgerechter Kleidung

haben (z.B. Hausschuhe für den Waldspaziergang wählen).

6. Stadium: Schwere kognitive Leistungseinbußen

Kann gelegentlich den Namen der(s) Ehegattin(en) vergessen, von dem ihr (sein)

Überleben abhängt. Keine Kenntnis kurz zurückliegender Ereignisse und eigener

30

Erfahrungen. Lückenhafte Erinnerung an die eigene Vergangenheit. Jahreszeiten

und zeitliche Veränderungen werden z.B. nicht mehr wahrgenommen. Kann

Schwierigkeiten haben, von zehn bis eins rückwärts zu zählen, gelegentlich sogar

beim Vorwärtszählen von 1 bis 10. Benötigt Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen, kann

z.B. inkontinent werden oder Hilfe benötigen, um sich an bekannten Orten

zurechtzufinden. Gelegentlich gelingt es aber auch ohne Hilfe. Der Tag/Nacht-

Rhythmus ist häufig gestört. Beinahe immer wird der eigene Name erinnert. Häufig

können noch bekannte von unbekannten Personen unterschieden werden.

Persönlichkeitsveränderungen und Gefühlsstörungen treten in den Vordergrund.

Sehr variabel ausgeprägte Störungen sind: (a) Verfolgungsgedanken; z.B. wird der

Betreuungsperson Betrug und Diebstahl unterstellt oder mit imaginären Personen

oder dem eigenen Spiegelbild gesprochen; (b) Zwangssymptome; z.B. wird ständig

ein und derselbe Gegenstand gereinigt; (c) Angstsymptome, Unruhe und aus der

Vergangenheit nicht bekanntes aggressives Verhalten können auftreten; (d) fehlen-

der Willensantrieb, z.B. kann erwünschtes Verhalten nicht mehr in die Tat umgesetzt

werden, weil der Gedankengang dazu nicht mehr lange genug im Kopf behalten

werden kann.

7. Stadium: Sehr schwere kognitive Leistungseinbußen

Häufig totaler Sprachverlust; gelegentlich sind noch sprachliche Automatismen erhal-

ten. Harninkontinenz; ist auf Hilfe beim Toilettengang und Essen angewiesen. Verlust

grundlegender psychomotorischer Fähigkeiten, kann z.B. nicht mehr laufen. Das

Gehirn scheint den Körper nicht mehr steuern zu können.

Häufig finden sich generalisierte und fokale neurologische Symptome (Ihl & Fröhlich,

1991, zitiert nach Mielke & Kessler, 1994, S. 8f).

Brief Cognitive Rating Scale (BCRS: Reisberg & Ferris, 1988)

Für die vorliegende Untersuchung wird die Brief Cognitive Rating Scale zur

Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit verwendet. Die Achse V –

Alltagskompetenz und selbständige Versorgung – wird nicht durchgeführt, da sie

nicht der Einschätzung der kognitiven Fähigkeiten dient und zur Messung der

Selbständigkeit und Alltagskompetenz die Functional Assessmant Staging (FAST)

herangezogen wird.

31

Die BCRS (Reisberg et al., 1988b) besteht aus fünf Hauptachsen, die die Bereiche

Konzentration, Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis, Orientierung,

Alltagskompetenz und selbständige Versorgung operationalisieren. Mit dieser Skala

werden ausschließlich kognitive Bereiche abgefragt, somit kann der Einfluss einer

kognitiven Maßnahme ganz spezifisch gemessen werden. Die Zuordnung des

Schweregrades der Beeinträchtigung in jedem Beurteilungsbereich der Hauptskalen,

erfolgt mittels eines klinischen Interviews. Das Ausmaß der Beeinträchtigung wird auf

einer 7 stufigen Ratingskala beurteilt (1 = Merkmal nicht vorhanden; 7 = Merkmal

sehr schwer ausgeprägt). Die BCRS liefert befriedigende Werte, was die Reliabilität

und die Validität (Reisberg, Ferris, Steinberg, Shulman, De Leon & Sinaiko, 1989)

betrifft.

Functional Assessment Staging (FAST)

Dieses Testinstrument wird bei der vorliegenden Arbeit herangezogen, um die All-

tagskompetenzen und die Selbständigkeit der dementen Personen darzustellen.

Die FAST (Reisberg et al., 1988) ist eine ausführliche Skala zum Beurteilungsbereich

der Hauptskala fünf der BCRS „Alltagskompetenz und selbständige Versorgung“. Sie

ermöglicht eine präzise Beurteilung der „activities of daily living“ (ADL). Durch eine

16-stufige Skala ist eine sehr genaue Einstufung und eine besondere Differenzierung

der Demenzstadien 6 und 7 möglich. Besonders für spätere Stadien, in denen die

Betroffenen mit anderen Verfahren bereits als untestbar gelten, ist die FAST beson-

ders sensibel. Weiters ist dieses Testinstrument am charakteristischen funktionellen

Abbauprozess der Demenz vom Alzheimer Typ orientiert. Treten gravierende

Abweichungen auf, ist dies meist ein Hinweis auf eine andere Form der Demenz.

Das FAST wird in 5 (Stadium 6) und 6 (Stadium 7) Substadien gegliedert. Grundlage

für diese Substadien lieferten klinische Beobachtungen. Bei der Zuordnung des

Schweregrades ist die schwerste Beeinträchtigung, die aufgrund einer Demenz

hervorgerufen wurde, entscheidend. Die Ergebnisse der Studie von Reisberg und

Sclan (1992) indizieren, dass der FAST-Fragebogen ein reliables und valides

Messinstrument zur Beurteilung der funktionalen Alterung bei Personen mit der

Alzheimer´schen Krankheit ist und zwar während des gesamten Krankheitsverlaufes.

32

Somit kann der FAST-Fragebogen die charakteristischen Muster der progressiven,

ordinalen und funktionalen Verläufe der Alzheimer´schen Krankheit erklären.

Tabelle 4: Functional Assessment Staging (FAST) (Reisberg, 1988)

Alzheimer-Stadium Beschreibung/Diagnose Dauer des Stadiums

1 normal -

2 subjektive Beschwerden -

3 Mitarbeiter bemerken eine reduzierte Arbeitsleistung 7 Jahre

Schwierigkeiten, sich an fremden Orten zurecht

zu finden

4 verminderte Fähigkeit komplexe Aufgaben durchzu- 2 Jahre

führen (z.B. ein Abendessen für Gäste vorzubereiten,

mit Geld umzugehen, einzukaufen, usw.)

5 Selbständiges Überleben ohne Hilfe nicht gewähr- 1,5 Jahre

leistet, Probleme bei der Auswahl der Kleidung

6 Verlust grundlegender Tätigkeiten des Alltags (Anziehen, 2,5 Jahre

Waschen, Toilettengang, Urinkontrolle, Darmkontrolle)

7 Verlust der Sprache und der Psychomotorik 6 Jahre und

mehr

Behavioral Pathology in Alzheimer`s Disease Severity and Frequency weighted Severity Scale (BEHAVE-AD-FS) (Monteiro, Boksay, Auer, Torossian, Ferris &

Reisberg, 2001)

Die BEHAVE-AD-FS wurde von Reisberg et al. (1987) entwickelt und erhebt

Verhaltensauffälligkeiten und Verhaltensprobleme im Rahmen der Alzheimer´schen

Krankheit. Sie besteht aus 25 Items, die in sieben Kategorien (A bis G) erfasst

werden und einer globalen Beurteilung des Leidensdrucks der Betreuungsperson,

der aufgrund der Verhaltensprobleme entsteht. Die unterschiedlichen

Verhaltensbereiche umfassen ein bis sieben Items: Paranoide Ideen und

Wahnvorstellungen (7), Halluzinationen (5), Aktivitätsstörungen (3), Aggressivität (3),

Störungen des Tag/Nacht Rhythmus (1), Affektive Störungen (2) und Ängste und

33

Phobien (4). Jedes Symptom wird auf einer 4-Punkte-Skala nach dem Schweregrad

und der Intensität beurteilt. Die Kategorien der BEHAVE-AD-FS werden im Rahmen

eines klinischen Interviews bewertet, das mit einer Betreuungsperson durchgeführt

wird (Symptomatik der letzten 2 Wochen). Der Gesamtwert ergibt sich aus der

Addition der einzelnen Items. Die BEHAVE-AD hat in zahlreichen internationalen

Studien ihre Konstruktvalidität (Reisberg et al., 1996) und Reliabilität (Patterson et

al., 1990) bewiesen.

The Empirical Behavioral Pathology in Alzheimer’s Disease Rating Scale

(E-BEHAVE-AD) (Auer, Monteiro & Reisberg, 1996)

Die E-BEHAVE-AD wurde als Begleitskala zur oben genannten BEHAVE-AD-FS

entwickelt (Auer et al., 1996) um Verhaltensprobleme von Alzheimer Patienten erfas-

sen zu können. Der Patient wird vom Kliniker allein während des Interviews

beobachtet und mittels 6 Kategorien beurteilt (alle Kategorien wurden von der

BEHAVE-AD-FS übernommen, bis auf die Kategorie „Schlafstörungen“). Innerhalb

der 6 Kategorien werden 12 Items auf einer 4 Punkte Skala beurteilt (von 0 = nicht

vorhanden bis 3 = sehr stark vorhanden). Auf einer Globalskala wird nach den

Beobachtungen eine Beurteilung des Schweregrades der beobachteten

Verhaltensauffälligkeiten vorgenommen, die von 0 (keine beobachteten

Verhaltensauffälligkeiten) bis 3 (schwere Verhaltensauffälligkeiten) reicht. Auch

dieses Skalensystem wird in zahlreichen klinischen Studien eingesetzt.

7.4. Screeningverfahren – Demenztests

Diese Verfahren dienen zur Verdachtsabklärung demenzieller Erkrankungen und

ermöglichen die Abgrenzung demenzieller Erkrankungen von altersbedingten Be-

schwerden sowie eine Quantifizierung des Abbaues. Die erfassten Aufgabengruppen

orientieren sich an den Leitkriterien einer Demenz und erfassen die wichtigsten kog-

nitiven Bereiche wie z.B. Gedächtnis, Orientierung, Wortfindung, Motorik und Re-

chenfähigkeit. Werden die entsprechenden Testdurchführungskriterien eingehalten,

so sind diese Verfahren hinreichend objektiv, reliabel und valide. Sie sind einfach

durchzuführen und haben einen hohen Aussagewert. Da sie jedoch vorwiegend ver-

bal durchgeführt werden, kann es zu Problemen bei Probanden mit sprachlichen

34

Ausfällen und möglicher Demenz (z.B. nach einem Schlaganfall) kommen (Gatterer

& Croy, 2005).

Die bekanntesten Verfahren dieser Gruppe werden im Folgenden kurz dargestellt.

Mini Mental State Examination (MMSE)

In der vorliegenden Untersuchung wird der MMSE verwendet, da er nur kognitive

Fähigkeiten misst und eine kurze Durchführungszeit hat. Das ist besonders bei

dementen Personen von Vorteil, da nicht mit einer langen Aufmerksamkeit,

Konzentrationsfähigkeit und Compliance zu rechnen ist.

Der MMSE von Folstein, Folstein & Mc Hugh, (1975) stellt ein Instrument zur

Erfasung kognitiver Beeinträchtigungen bei älteren Personen dar. Es handelt sich um

ein Interview mit Handlungsaufgaben, die von kognitiv nicht beeinträchtigten

Personen im Regelfall problemlos beantwortbar sind, von Personen mit

Demenzverdacht dagegen nur zum Teil bewältigt werden. Erfasst werden kognitive

Aspekte wie Orientierung, Aufnahmefähigkeit, Aufmerksamkeit und Rechnen,

Gedächtnis, Sprache, Ausführung einer Anweisung, Lesen und Schreiben. Der

MMSE liefert sehr gute Validitäten und Reliabilitäten bei psychiatrischen,

neurologischen, geriatrischen und anderen medizinischen Populationen. Er wird

jedoch wegen seiner häufig falsch positiven Ergebnisse, niedrigen Sensibilität und

Unspezifizität in Bezug auf die Demenz (vor allem in den frühen Stadien) kritisiert.

Der Mini-Mental-Status-Test ist zur Ergänzung der neuropsychologischen Testung

gedacht und kann sie keinesfalls ersetzen! Die Auswertung erfolgt als einfache

Addition der vergebenen Punkte (maximal zu erreichende Punkte: 30). Der MMSE

eignet sich, um kognitive Beeinträchtigungen, die Schwere der Beeinträchtigung zum

Testzeitpunkt, den Krankheitsverlauf und die individuellen Reaktionen auf

Behandlungen feststellen zu können.

Uhrentest (Monsch, Thalmann, Ermini-Fünfschilling, Stähelin & Spiegel, 1997)

Dieser Test wird in unterschiedlichen Versionen in der Diagnostik älterer Menschen

eingesetzt. Der Proband wird dabei aufgefordert, eine Uhr mit bestimmter Uhrzeit

(zehn Minuten nach elf) zu zeichnen. Für die Auswertung ist wichtig, wie die Uhr ge-

zeichnet wird und wie die Ziffern verteilt sind, um Rückschlüsse auf eine eventuell

35

vorliegende kognitive Beeinträchtigung machen zu können. In verschiedenen Unter-

suchungen hat sich gezeigt, dass sich die Kombination von Uhrentest mit dem

MMSE als sensitiv für die Erfassung einer Demenz zeigt.

Alters-Konzentrations-Test (Gatterer, 1990)

Bei diesem Test handelt es sich um ein psychometrisches Verfahren, das speziell für

ältere Menschen entwickelt wurde, um die Konzentrationsfähigkeit und Vigilanz zu

messen. Es berücksichtigt besonders die spezifischen Bedürfnisse dieser Personen-

gruppe wie Anforderungen an die Belastbarkeit, Aufgabenschwierigkeit und Ver-

ständlichkeit. Dieser Test kann auch für Personen mit sprachlichen Beeinträchtigun-

gen (Aphasien) eingesetzt werden. Bei Personen mit Demenz ist eine Aussage über

den Grad des zerebralen Abbaus möglich.

SIDAM (Strukturiertes Interview für die Diagnose der Demenz vom Alzheimer Typ, der Multiinfark- (oder vaskulären) Demenz und Demenzen anderer Ätiolo-gie nach DSM-III-R, DSM-IV oder ICD-10) (Zaudig & Hiller, 1995)

Dieses Verfahren ermöglicht in einfacher und praktikabler Weise die Diagnose ver-

schiedener Demenzsyndrome sowie leichter kognitiver Beeinträchtigung. Das SIDAM

besteht aus einem Fragebogenteil und einigen kognitiven Aufgaben. Zur Erfassung

des Störungsbildes werden die integrierten Tests wie Mini-Mental-State-Examination,

SIDAM-Score SISCO und Hachinski-Score bzw. der modifizierte Ischemic Score

verwendet.

7.5. Kognitive psychometrische Tests und Testbatterien

Dabei handelt es sich um Verfahren, die für geriatrische Probanden entwickelt wur-

den und eine genaue Erfassung von Einzelfunktionen ermöglichen. Der Einsatzbe-

reich erstreckt sich auf eine Quantifizierung der kognitiven Leistungsfunktionen, die

Abgrenzung pathologischer von normaler Alterung und die Evaluation von Therapie-

maßnahmen. Sie dienen oft als Grundlage für ein kognitives Training. Da sie aller-

dings in der Durchführung aufwendiger sind, sollten sie bei schwer dementen Perso-

nen nicht mehr zum Einsatz kommen.

NAI – Nürnburger Alters-Inventar (Oswald & Fleischmann, 1995)

36

Das Ziel dieser Testbatterie ist es, wesentliche Bereiche der kognitiven Leistungsfä-

higkeit, des Verhaltens, der Befindlichkeit und des Selbstbildes von Testpersonen

hohen Lebensalters zu erfassen. Die kognitive Leistung wird mit dem Zahlen-

Symbol-Test, dem Mosaiktest und dem Subtest Zahlennachsprechen aus dem

HAWIE erhoben. Weiters werden eine modifizierte Form des Labyrinth-Tests, des

Benton Tests, des d2 und des Trail Making Tests eingesetzt.

CERAD – Consortium to Establish a Registry for Alzheimer`s Disease (Morris,

Mohs, Rogers, Fillenbaum & Heyman, 1989)

Bei diesem Demenztest handelt es sich um eine kurze, reliable Testbatterie mit klini-

schen und neuropsychologischen Tests. Dieser Test wurde bisher vor allem im wis-

senschaftlichen Rahmen und in deutschsprachigen Memory-Kliniken verwendet. Er

wurde primär an gebildeten Personen durchgeführt, es fehlen Informationen bezüg-

lich schwerer Demenzen (Gatterer & Croy, 2005).

Zehn-Wort-Merkliste von Reischies et al, 2000.

Dabei handelt es sich um einen neuen Kurztest zur klinischen Gedächtnisprüfung,

der sich gut in der Frühdiagnostik bewährt. Der Vorteil besteht in der Kopplung der

verbalen Speicherung mit einer bildlichen Vorstellung (Gatterer & Croy, 2005, S. 40)

7.6. Depressionsskalen

Depressive Symptome treten bei älteren Menschen als auch bei dementiellen Er-

rankungen häufig auf. Somit kann eine im Alter erstmals auftretende Depression

auch Symptom einer beginnenden Demenz sein. Im Rahmen der Demenzdiagnostik

ist der Ausschluss einer affektiven Störung, die als beginnende Demenz fehlgedeutet

werden kann, unumgänglich. Denn Konzentrationsstörungen, Entscheidungsschwie-

rigkeiten, Müdigkeit, Interessensverlust und sozialer Rückzug können in beiden Fäl-

len vorkommen. Die Symptome und begleitenden Defizite einer depressiven Erkran-

kung können mittels pharmakologischen als auch psychotherapeutischen Behand-

lungsmöglichkeiten wieder aufgehoben werden. Es werden geeignete Selbst- und

Fremdbeurteilungsskalen eingesetzt.

37

Geriatric Depression Scale (Yesavage, Brink & Rose 1983)

Diese Selbstbeurteilungsskala wurde speziell für ältere Menschen entwickelt. Sie

ermöglicht bei kognitiv wenig beeinträchtigten älteren Menschen eine relativ gute

Abschätzung der Stimmungslage. Probleme dieser Skalen sind jedoch die Lesbarkeit

und Verständlichkeit, die Abhängigkeit der Fragen von den Diagnosesystemen und

die Abgrenzung echter somatischer Beschwerden von psychischen Erkrankungen

(Gatterer & Croy, 2005, S. 41).

8. Therapie der Demenz

Die Behandlung der Demenz besteht einerseits aus einer medikamentösen Therapie,

die eingesetzt wird um den Verlauf der Krankheit zu verzögern, für die Behandlung

von Begleitkrankheiten und Verhaltensstabilisierung, für hirnleistungsfördernde Maß-

nahmen und für prophylaktische und neuroprotektive Maßnahmen. Andererseits för-

dern nichtmedikamentöse Behandlungsmethoden eine optimale Betreuung in der

geistige Anregung und Geborgenheit geboten wird und die zu einem erheblichen

leistungs- oder stimmungsmäßigen Fortschritt beitragen können (Alzheimer For-

schung Initiative, 2006).

8.1. Medikamentöse Therapie kognitiver Symptome

Antidementiva sollten neben Verbesserungen von Kognition und Alltagskompetenz

auch zu weiteren Symptomverbesserungen, z.B. Vigilanz und Motorik beitragen. Tabelle 5: Einsatz und Wirkung von Antidementiva (Fox & Rüther, 2001)

Wirkstoff Wirkung auf Progressionsverlauf

Kognition Motorik Vigilanz ADL Pflege klinisch experimentell

Donepezil ++ + ? + + ++ 0

Rivastigmin ++ + ? ++ ? + 0

Galantamin +++ + ? ++ ? ? 0

Memantine ++ +++ ++ ++ ++ ++ ++

+++ stark verbessert; ++ deutlich verbessert; + verbessert; 0 geringe/keine Wirkung; ? keine Daten

ADL = Alltagsaktivitäten (Activities of daily living)

8.1.1. Alzheimer Krankheit

38

Das Beenden des zugrunde liegenden krankhaften Prozesses einer Alzheimer-

Krankheit ist zurzeit nicht möglich. Doch der Einsatz von Medikamenten kann ihren

Verlauf verzögern, bzw. eine gewisse Zeit stabilisieren. Eine Heimeinweisung kann

bis zu zwei Jahre hinausgezögert werden.

Bei der leichten bis mittelschweren Alzheimerdemenz (Richtwert MMSE 11-26) sind

Acetylcholinesterasehemmer, wie Donepezil, Galantamin und Rivastigmin, entspre-

chend dem Alzheimer-Konsensuspapier (Jellinger, 2004) die Mittel der ersten Wahl

in der Behandlung. Diese Medikamente greifen systematisch in den fehlgeleiteten

Stoffwechsel von Nerven-Botenstoffen ein. Sie hemmen den zu schnellen Abbau des

Botenstoffes Acetylcholin, der für die Kommunikation der Nervenzellen im Gehirn

zuständig ist. Es kommt zu einer günstigen Beeinflussung kognitiver Funktionen, der

Alltagsaktivitäten und des globalen klinischen Eindruckes.

Die Verabreichung von Memantine ist bei mittelschwerer Alzheimerdemenz (Richt-

wert MMSE 11-14) das Mittel der 2. Wahl und wird bei Unverträglichkeit oder Unwirk-

samkeit von Cholinesterasehemmern empfohlen. Bei Patienten mit mittelschwerer

bis schwerer Alzheimerdemenz kann eine Kombination von Cholinesterasehemmern

mit Memantine den Krankheitsverlauf weiter hinauszögern.

Bei der schweren Alzheimerdemenz (Richtwert MMSE 3-10) ist die Behandlung mit

Memantin als Mittel der ersten Wahl zu empfehlen. Es verbessert die Alltagsaktivitä-

ten, den globalen klinischen Eindruck und die kognitiven Fähigkeiten.

Die intravenöse Verabreichung von Cerebrolysin bewirkt ebenfalls eine Verbesse-

rung in neuropsychologischen Tests und den Alltagsfunktionen.

Ginkgo biloba, eine pflanzliche Substanz, wird zur Erhöhung der Gedächtnisleistung

und zur Verbesserung der sozialen Fertigkeiten eingesetzt. Es zeigt positive Wirkun-

gen hinsichtlich neuropsychologischer Funktionen und anderer klinischer Aspekte.

8.1.2. Vaskuläre Demenzen

39

Primäres Ziel der Therapie ist die Sekundärprävention von Schlaganfällen durch

Verminderung der Risikofaktoren wie z.B. Bluthochdruck. Die Einnahme von Done-

pezil und Galantamin trägt zur Verbesserung der Kognition und der globalen Funkti-

on von Patienten mit wahrscheinlicher oder möglicher vaskulärer Demenz bei.

Der Einsatz von Ginkgo biloba zeigt positive Effekte in Teilaspekten kognitiver Funk-

tionen. Eine Verbesserung der kognitiven Leistung zeigt sich auch bei Einnahme von

Memantin.

8.1.3. Demenz mit Lewy Körperchen

Wenige Studien zeigen doch einen positiven Effekt von Cholinesterasehemmern.

8.1.4. Frontotemporale Demenz

Da bei dieser Form der Demenz kein cholinerges Defizit vorliegt, zielt die medika-

mentöse Behandlung darauf ab, die Verhaltensauffälligkeiten der Patienten zu mil-

dern. Vor allem Antidepressiva der neueren Generation (Serotoninwiederaufnahme-

hemmer) steigern insbesondere den Antrieb und können eine affektive Ausgegli-

chenheit erreichen.

8.2. Medikamentöse Therapie nicht-kognitiver Symptome

Auftretende Begleitsymptome wie niedergeschlagene Stimmung, Ängstlichkeit, Ag-

gressivität, Unruhe, Schlaflosigkeit, Wahngedanken oder Sinnestäuschungen können

durch Medikamente wesentlich gemildert oder sogar völlig behoben werden. Die

sachgemäße Verwendung dieser Medikamente ist sehr wichtig, denn bei nicht richti-

gem Gebrauch können sie mehr Schaden als Nutzen anrichten. Die Nebenwirkungen

können die geistige Leistungsfähigkeit einschränken, Verwirrtheitszustände hervorru-

fen, die Beweglichkeit hemmen, Stürze provozieren, Krampfanfälle auslösen oder die

Blasenfunktion beeinträchtigen (Maier, 2005). Daher sollte die medikamentöse Inter-

vention zur Milderung oder Behebung von nichtkognitiven Symptomen als Therapie

der zweiten Wahl betrachtet werden, wenn verhaltenstherapeutische Maßnahmen

nicht greifen.

8.2.1. Antipsychotika

40

Zur Anwendung kommen atypische Neuroleptika wie Risperidon, das in dieser Indi-

kation in Österreich als einziges atypisches Antipsychotikum zugelassen ist. Es wird

bei psychotischen Symptomen und Verhaltensauffälligkeiten bei Demenzpatienten

als Mittel der 1. Wahl empfohlen.

Cholinesterasehemmer sind ebenfalls für die Behandlung wirksam, reichen aber als

Monotherapie oft nicht aus und werden deshalb gemeinsam mit Antipsychotika ver-

abreicht.

8.2.2. Antidepressiva

Die Depression findet sich sehr häufig im Frühstadium der Demenz, als Reaktion auf

die Hirnleistungsschwäche. Zur Behandlung bei dementen Patienten mit Depression

werden Serotoninwiederaufnahmehemmer oder Moclobemide als Mittel der ersten

Wahl empfohlen.

8.2.3. Benzodiazepine

Diese werden vor allem bei Angst und Agitiertheit eingesetzt. Doch aufgrund der

Nebenwirkungen wie Muskelschwäche, Doppelbilder, Sturzneigung, Schläfrigkeit,

paradoxe Reaktion mit Verwirrtheit, muss auf die häufig negative Gefahren-Nutzen-

Analyse geachtet werden. Diese Medikamente sollten bei Halluzinationen oder Wahn

nicht verabreicht werden.

9. Nicht-Medikamentöse-Therapien

Neben der medikamentösen Therapie von Demenzkranken, die auf eine Verzöge-

rung des Krankheitsfortschrittes und der Behandlung der einzelnen Symptome ab-

zielt, haben die nichtmedikamentösen Behandlungs- und Versorgungsmaßnahmen

einen festen Platz im Gesamtbehandlungsplan bei Demenzerkrankungen einge-

nommen. Nicht nur der Nutzen für die Betroffenen konnte in zahlreichen Studien be-

legt werden, auch bei den pflegenden Angehörigen kommt es zu einer deutlichen

Verbesserung in der Bewältigung der alltäglichen Aufgaben.

41

In der Literatur lassen sich die unterschiedlichsten therapeutischen Ansätze finden,

auf die in der vorliegenden Arbeit nicht alle eingegangen werden kann. Ich beschrän-

ke mich auf jene Methoden, die während des Therapie- und Förderaufenthaltes zum

Einsatz kommen bzw. deren positive Wirksamkeit durch Studien belegt wurde.

9.1. Beschäftigungstherapie

In der Beschäftigungstherapie werden, trotz der möglichen Defizite die Demente

aufweisen, vorhandene Fähigkeiten und Kräfte berücksichtigt und gefördert. Die

Aufmerksamkeit richtet sich darauf, was jemand noch kann. Dadurch kommt es zu

einer Stärkung des Selbstwertgefühls, des Selbstvertrauens. Die Aktivitäten richten

sich nach den individuellen Interessen und Vorlieben des Betroffenen, Sinn und

Zweck müssen erkennbar und einen Alltagsbezug haben. Das Ziel der Beschäftigung

ist eine Verbesserung der Lebensqualität bei der Befriedigung grundlegender Be-

dürfnisse. Sie wird auch als Kommunikationsmittel zur Förderung der sozialen Kon-

takte und Stimulans gesehen (Auer & Lichtenegger, 2005)

9.2. Bewegungstherapie

Überschießende körperliche Energie kann bei vielen Kranken, so auch bei Demen-

ten, zu Ruhelosigkeit und gelegentlich zu agitiertem Verhalten führen. Durch die Be-

wegung wird der Betroffene ausreichend stimuliert und muss sich nicht so oft in seine

eigene Welt zurückziehen. Er nimmt aktiver seine Umwelt wahr und nimmt somit

auch aktiver am Geschehen um ihn teil. Bei täglichen Spaziergängen kommt es

durch die Beanspruchung der Körpermuskulatur zur Ermüdung und dadurch kann

der nächtliche Wandertrieb minimiert werden. Es wird der Kontakt zur Außenwelt auf-

rechterhalten und die Wahrnehmung durch besondere Ausblicke, Düfte oder Geräu-

sche sensibilisiert. Die Bewegungstherapie setzt unterschiedliche Materialen und

Spiele ein, um die Muskelkraft und die Gelenkbeweglichkeit zu fördern. Es sorgt für

ein leichtes kardiopulmonales Training, das Körpergefühl wird durch das Empfinden

von Bewegung gestärkt und das Selbstwertgefühl wird durch die Erfahrung etwas zu

42

Können gefördert (Zgola, 1999). Bei bettlägerigen Patienten wird durch die Bewe-

gung eine Versteifung der Muskulatur verhindert. Wichtig ist auch der Versuch der

Mobilisierung von Personen, die seit längerer Zeit nicht mehr gehen. Dadurch kehrt

bei vielen auch das Interesse an ihrer Umwelt zurück.

Ein wichtiger Faktor der Bewegungstherapie ist es die Alttagskompetenzen zu erhal-

ten und zu trainieren. Dadurch kann eine vorzeitige Heimeinweisung verhindert wer-

den.

9.3. Biographiearbeit/Reminiszenz

Das Ziel der biographischen Methoden ist es, die Erinnerungen des Kranken an sei-

ne Lebensgeschichte möglichst aufrechtzuerhalten. Wenn aus dem reichhaltigen

Erfahrungsschatz berichtet werden kann, so erfährt der Demente eine Bestätigung

und Wertschätzung seiner Person, obwohl er sich im Alltag wegen seiner Pflegebe-

dürftigkeit vielleicht als hilflos und nutzlos erlebt. In der Biographiearbeit werden Ma-

terialien wie Bücher, Zeitungsausschnitte, Fotoalben oder Musikstücke verwendet,

die den Abruf von Erinnerungen anregen und somit den Zugriff auf die eigenen Le-

bensdaten, Interessen Vorlieben und Neigungen erleichtern. Reminiszenz zielt auf

die Stärkung des Selbstvertrauens durch eine positive Bilanzierung des eigenen Le-

bens und die Stützung des Identitätserlebens ab. Es ergeben sich häufig günstige

Effekte auf die Kommunikation und das Zusammengehörigkeitsgefühl, dadurch

kommt es zu einer Steigerung der Lebensqualität der Erkrankten (Gutzmann & Zank,

2005).

9.4. Gedächtnistraining

Studien belegen, dass bei dementen Personen Lernvorgänge möglich sind. Beson-

ders die Vorgänge des Speicherns und des Abrufens werden durch diese Maßnah-

men unterstützt. Es kommt zu einer Verbesserung des Sozialverhaltens, der Stim-

mung und des Antriebsniveaus. Das kognitive Training eignet sich besonders für

leichtgradig demente Personen und soll durch Steigerung der Gedächtnis- und Auf-

merksamkeitsfunktionen die Selbständigkeit im Alltag in den ersten Jahren der

Krankheit stabilisieren. Es trägt auch positiv dazu bei, den zunehmenden Verlust der

geistigen Fähigkeiten aktiv zu bewältigen (Kurz & Jendroska, 2002).

43

Fischer und Schwarz (1999, S. 133-135) geben allerdings zu bedenken, dass der

Demenzkranke durch das Gedächtnistraining mit den Grenzen seiner Leistungsfä-

higkeit konfrontiert wird und zwar in einem Bereich der von der Krankheit am stärks-

ten betroffen ist, aber am wenigsten beeinflusst werden kann. Sie betonen deshalb

die Wichtigkeit einer entspannten, fröhlichen und spielerischen Atmosphäre der

Übungen ohne Leistungs- und Konkurrenzdruck. Die Übungsprogramme müssen

dem Leistungsstand und an die Frustrationstoleranz jedes einzelnen Patienten an-

gepasst werden.

9.5. Kognitiv-aktivierende Interventionen

Diese Verfahren streben mit neuropsychologischen Behandlungsmethoden eine di-

rekte Verbesserung der kognitiven Leistungen und mittelbar auch der Gesamtbefind-

lichkeit des Kranken an.

In einer Studie von Ermini-Fünfschilling (1995), inder ein multimodales Training be-

stehend aus Übungen im Gebrauch von externalen Gedächtnishilfen, Kategorisieren,

Assoziieren und Visualisieren, Erlernen der zeitlichen und örtlichen Orientierung und

dem Training des Wortschatzes und des Allgemeinwissens eingesetzt wurde, konnte

gezeigt werden, dass zwar die globale kognitive Leistungsfähigkeit in der Trainings-

gruppe im Unterschied zu einer leichten, nicht aber signifikanten Abnahme in der

Kontrollgruppe konstant blieb, doch die Trainingsgruppe deutlich weniger depressiv

war und es zu einem verbesserten zwischenmenschlichen Verhalten kam.

Vom kognitiven Training profitieren leichtgradig demente Kranke besonders dann,

wenn die zu erlernenden Informationen in engem Bezug mit der Alltagsituation des

Kranken stehen. Je mehr dabei auch die körperliche Bewegung mit einbezogen und

geübt wird, desto eher ist ein Trainingserfolg zu erwarten (Deutsche Alzheimer Ge-

sellschaft, 2000).

9.6. Milieutherapie

Die Milieutherapie orientiert sich am gewohnten Lebensablauf des Dementen und es

wird versucht, ihn in den täglichen, normal strukturierten Tagesablauf einzubeziehen.

Im Wohn- und Lebensbereich werden Veränderungen vorgenommen, um somit die

noch vorhandenen Fähigkeiten und Leistungspotenziale vermehrt anregen und för-

dern zu können. Es werden persönliche Gegenstände und andere Orientierungshil-

44

fen angebracht. Wichtig ist auch, Reizüberflutungen und irritierende Informationen

wie Fernsehen, Spiegel oder glatte Bodenflächen, zu vermeiden. Auch wird versucht,

die krankheitsbedingten Leistungseinbußen durch eine stützende Umgebung zu

kompensieren (Deutsche Alzheimer Gesellschaft, 2000)

9.7. Musik- und Kunsttherapie

Bei diesen Therapieformen handelt es sich um nonverbale und emotionale Aus-

drucksmedien, die einen sehr effektiven Zugang zu nicht mehr kommunikationsfähi-

gen Demenzpatienten schaffen können. Vor allem für das mittelschwere und schwe-

re Demenzstadium sind diese Trainings- und Therapiemaßnahmen wichtig und sinn-

voll. Sie führen zu einer Besserung des Befindens des Dementen und geben ihm

damit mehr Sicherheit und Orientierung (Füsgen, 2004).

Primäres Ziel der Musiktherapie ist es Erinnerungen zu wecken. Demente leben

meist in ihrer Vergangenheit, in der Realität ihrer Kindheit und Jugend. Hier knüpft

die Musik an ihre Ressourcen an, denn die prägenden musikalischen Erfahrungen

die zu der Zeit gemacht wurden, erweisen sich als resistent gegen das Vergessen.

Demente leiden oft unter ihrer unbefriedigenden sozialen Situation, diese kann durch

das aktive und passive Musizieren positiv beeinflusst werden. Betroffene können

zwar nicht mehr sprechen, aber Lieder, die sie von früher kennen und gut abgespei-

chert haben, noch fehlerfrei singen (Neugebauer, 2004). Dies trägt zum Identitätser-

halt, zum Angstabbau und somit zu einem erheblichen Stück Lebensqualität bei. Da

die Emotionalität viel länger erhalten bleibt als die kognitiven Fähigkeiten, wird auch

diese mit vertrauter Musik gezielt angeregt und erhöht dadurch die Wachheit und

Verbalisierungsfähigkeit. Erlebnisse aus dem Altgedächtnis können wieder erzählt

werden, die äußere Beweglichkeit nimmt zu und dadurch werden wichtige Vitalfunk-

tionen angeregt. Musik ermöglicht den Kontakt mit der Umwelt, mit anderen Men-

schen und dem Kontakt mit der eigenen Gefühlswelt.

Musiktherapie mit Dementen:

o stärkt ihre emotionalen Ressourcen

o weckt Erinnerungen

o lässt die Identität erlebbar werden

o verhilft zum Ausdruck, wo logisches Denken und verbale Fähigkeiten fehlen

45

o bietet Orientierung an Vertrautem

o bietet ein Handlungsfeld, in dem man keine Misserfolge hat

o lindert Ängste und Schmerzen.

Demente Personen profitieren besonders in den frühen Stadien der Erkrankung von

der Maltherapie. Ziel ist es, die Lebensfreude, die Lebenskräfte, auch die Kraft zur

Orientierung möglichst lange zu erhalten und so dem geistigen Abbau und Verfall

entgegenzuwirken. Diese Form der Therapie aktiviert den Geist, die Konzentrations-

leistung wird gesteigert, das strukturierte Denken verbessert und das individuelle Er-

leben angeregt. Das Malen fördert das Selbstwertgefühl und gibt den Menschen

Selbstvertrauen zurück. Es werden Stress und Aggressionen abgebaut und die De-

menten finden wieder Ruhe und Entspannung. Wird die Maltherapie regelmäßig

durchgeführt, so kann diese nachhaltig Depressionen verbessern oder ihnen entge-

genwirken (Fahnenstich, 2006).

9.8. Physiotherapie

Patienten mit Demenz leiden an vielfältigen Störungen. Aufgrund ihrer kognitiven

Einschränkungen fällt es ihnen oft schwer die Alltagsanforderungen adäquat zu be-

wältigen. Aufgrund eines Mangels an Trainingsreizen ist das Risiko, eine Bewe-

gungsstörung zu entwickeln, erhöht. Aufgabe der Physiotherapie ist es, pathologi-

sche Bewegungsmuster, krankhafte Muskel- und Skelettzustände sowie fehlgeleitete

neuromuskuläre Übertragungen nach entsprechenden Konzepten zu therapieren.

Die dominierende Symptomatik bestimmt dabei das physiotherapeutische Vorgehen.

Es können speziell die Symptome Orientierungs- und Aufmerksamkeitsstörung, An-

triebslosigkeit und Bewegungsunlust positiv beeinflusst werden.

Durch die Behandlung sollen

o die Denk- und Merkfähigkeit unterstützt,

o die Aufmerksamkeit gelenkt,

o zeitliche, räumliche und personelle Orientierung gefördert,

o Motivation zur Auseinandersetzung mit der Umwelt geweckt oder unterstützt,

o Freude an Bewegung vermittelt und

o die Mobilität bestmöglich erhalten werden.

46

Das Ziel der Physiotherapie ist eine Steigerung der Lebensqualität, die sich bei Pati-

enten mit Demenzsyndrom durch geringere Aggressivität, weniger Depression, bes-

sere Orientiertheit und aktivere Auseinandersetzung mit der Umwelt zeigt (Boie,

2002).

9.9. Realitäts-Orientierungstraining (ROT)

Das Realitätsorientierungstraining (ROT) ist ein verhaltenstherapeutischer Ansatz,

der 1958 in den USA entwickelt wurde. Primäres Ziel ist es, die Gedächtnisleistung

zu steigern und die zeitliche, örtliche und personelle Orientierung zu verbessern. Au-

ßerdem soll die Identität der Dementen erhalten, ihre Selbständigkeit, ihr Wohlbefin-

den und ihre soziale Kompetenz gefördert werden.

Es gibt drei Komponenten wie das ROT angewendet werden kann:

Komponente 1: Das Einstellungstraining des Personals

Mit einer positiven, empathischen und respektvollen Grundhaltung gegenüber ver-

wirrten Menschen sollen die Patienten bei jedem Kontakt an Zeit, Ort und die eigene

Person erinnert werden. Aktuelle Ereignisse sollen erwähnt und positive Verstärker

gegeben werden.

Komponente 2: Das 24-Stunden-ROT

Das Ziel ist es, "den Alltag der dementiell erkrankten alten Menschen ‚rund um die

Uhr' so zu gestalten, dass ihre Orientierungsfähigkeit unterstützt wird." (Egidius,

1997, Kap. V. 2.3.5). Die Maßnahmen zielen hauptsächlich auf die Förderung der

Kommunikation und das Bewusststein für das reale Geschen ab. Die überschaubare

und anregende Gestaltung der Umgebung, mit externalen Gedächtnishilfen wie

Wegweiser, Namensschilder, farbliche Gestaltung verschiedener Funktionsbereiche

hilft dem Dementen ebenfalls sich in seiner Umgebung zurechtzufinden.

Komponente 3: Gruppensitzungen Classroom-ROT

47

In homogenen Gruppen, je nach Schweregrad der Demenz, werden täglich struktu-

rierte Trainingseinheiten mit drei bis sechs Personen von bis zu einer Stunde durch-

geführt. Dabei kommen Karteikarten zum Einsatz, die nach Schwierigkeitsstufen und

Funktionsbereiche geordnet sind: personelle, räumliche, zeitliche und situative Orien-

tierung, Gedächtnis und geistig Fähigkeiten, Wahrnehmung und soziale Kompetenz

(Ehrhardt & Plattner, 1999).

9.10. Selbsterhaltungstherapie

Diese von Romero und Eder (1992) entwickelte Therapie, hat als primäres Ziel das

längere Erhalten der personalen Identität. Es wird angenommen, dass die Persön-

lichkeit durch vier Prozesse gefährdet wird: 1) Verletzung der personalen Kontinuität,

2) Erlebnisarmut, 3) Veränderungen der Persönlichkeit und des Gefühlserlebens und

4) Selbstwissensverlust. Die Therapie knüpft an individuell weniger beeinträchtigte

Kompetenzen an und ermöglicht so Erfolgserlebnisse. Es umfasst ein kognitives

Trainingsprogramm, das aber nicht die Aufmerksamkeit oder Merkfähigkeit fördert,

sondern das längere Erhalten des Selbstwissens anstrebt. Dazu gehören Wissen

über den eigenen Körper, Familie, Wohnung, soziale Kontakte, charakteristische

Einstellungen und Tätigkeiten. Es wird erwartet, dass eine längere Selbsterhaltung a)

störendem Verhalten entgegenwirkt, b) psychisches Leiden vermindert und c) effi-

zientes Verhalten länger ermöglicht (Ehrhardt & Plattner, 1999). Durch Überlernen

selbstbezogenen Wissens soll das Gefühl der Identität und der personalen Kontinui-

tät erhalten werden.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich im Verlauf dieser Therapie weniger die

kognitiven als vielmehr die nichtkognitiven Symptome bessern. Im nichtkognitiven

Symptombereich nehmen insbesondere depressive Auffälligkeiten ab (Romero &

Wenz, 2002).

9.11. Validation

„Validieren bedeutet, die Gefühle des anderen anerkennen und zu bestätigen. Sa-

gen, dass seine Gefühle echt sind. Das Ablehnen seiner Gefühle macht den anderen

unsicher. Die Erlebniswelt basiert auf Erinnerungen und Wunschdenken; sie ist die

48

persönliche Sicht der Wirklichkeit, die Wahrnehmung mit dem geistigen Auge. Die

Erlebniswelt ist eine innere Wirklichkeit.“ (Feil, 1990, S. 11).

Validation ist eine Gesprächsform und Therapie, mittels derer man mit Dementen

Personen in Verbindung treten und kommunizieren kann. Dabei anerkennt man die

Realität des Dementen und akzeptiert seine momentane Befindlichkeit. Man respek-

tiert den Menschen und seine Gefühle, versetzt sich in die Ursachen des Verhaltens

des alten, desorientierten Menschen, unterstützt ihn somit in seinem Dasein und ver-

sucht nicht sein Verhalten zu verändern.

In der Methode der Validation verwendet man Einfühlungsvermögen, um in die inne-

re Erlebniswelt der sehr alten, desorientierten Person vorzudringen. „Einfühlungs-

vermögen – in den Schuhen des andren gehen – schafft Vertrauen. Vertrauen schafft

Sicherheit, Sicherheit schafft Stärke – Stärke stellt das Selbstwertgefühl wieder her,

Selbstwertgefühl verringert Stress.“ (Feil, 1992, S. 11)

9.12. Verhaltenstherapie

Diese sehr strukturierte Therapiemethode, ist besonders in frühen Stadien der De-

menz, in der die Kranken häufig unter Ängsten und Depressionen leiden, gut ein-

setzbar. Es werden alltagsorientiert aktuelle Probleme bearbeitet und sehr individuell

auf die Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt, damit es zu keiner Überforderung

kommt. Gerade im Frühstadium der Demenz registriert der Kranke seine Defizite

sehr gut und setzt alles daran diese vor der Umgebung zu verbergen. Durch einen

angemessenen Aktivitätenaufbau wird versucht, den Zusammenhang von Aktivitäts-

niveau und Stimmung zu erklären. Gleichzeitig trägt die Veränderung der schädli-

chen bzw. selbstabwertenden Gedanken zu einer Änderung der Emotionen bei. Da-

durch sollen die Defizite nicht mehr einseitig gesehen werden, sondern die vorhan-

denen Fähigkeiten genutzt und die Kompetenzen länger erhalten bleiben. Der Kran-

ke erfährt mehr Selbstbestätigung und gewinnt an Selbstvertrauen (Alzheimerforum,

2004).

10. Die pflegenden Angehörigen

49

Es wird geschätzt, dass in Österreich ca. 120.000 – 160.000 Demenzkranke leben,

diese Zahl wird sich aufgrund der Überalterung der Bevölkerung bis zum Jahr 2030

auf etwa 168.000 erhöhen (Wancata, 2003).

Demenz betrifft nicht nur den Erkrankten, sondern meistens die ganze Familie. In

den USA wird heute die Zahl der Erkrankten mit vier multipliziert, um eine weitere

Dimension der Tragik zum Ausdruck zu bringen. Das bedeutet, dass in Österreich

derzeit rund 400.000 Menschen direkt und indirekt von der Krankheit betroffen sind.

Rund 85% der Betroffenen werden zu Hause gepflegt, wobei in 70% der Fälle die

Versorgung von nur einer Person, primär vom Ehepartner oder von den Kindern, er-

folgt (Füsgen, 2001).

Die Anforderungen an die pflegenden Angehörigen sind vielfältig und erfordern einen

intensiven Zeit- und Energieaufwand. Die Aktivitäten des täglichen Lebens und die

Alltagskompetenz soll erhalten werden, eine sichere Umgebung und die Medika-

menteinnahme garantiert sein. Es sind Arztbesuche zu organisieren, der Kontakt zu

Freunden und Verwandten sollte aufrechterhalten und die Persönlichkeit und Identi-

tät des Kranken bewahrt werden. Dabei muss der pflegende Angehörige selbst emo-

tionale Stärke zeigen, damit es dem Kranken gut geht. Die zu leistenden Pflegeauf-

gaben richten sich nach den jeweiligen Beeinträchtigungen in den Aktivitäten des

täglichen Lebens. Mit zunehmender Krankheitsdauer können auch grundlegende

Fertigkeiten nicht mehr selbständig bewältigt werden. Neben der Konfrontation mit

Verhaltensauffälligkeiten und kognitiven Einbußen, müssen sich die Angehörigen

auch mit Gefühlen der Trauer und des Abschiednehmens von einem geliebten Men-

schen auseinandersetzen.

Tabelle 6: Bedürfnisse dementer Personen nach der Retrogenese Theorie (Reisberg, 1998)

FAST Stadium Entwicklungsalter Benötigte Betreuung bei Alzheimer Patienten

1 Erwachsener Keine

2 Erwachsener Keine

3 > 12 Jahre Keine

4 8 – 12 Jahre Unabhängiges Überleben möglich

5 5 – 7 Jahre Person kann alleine ohne Unterstützung nicht überleben

6 2 – 5 Jahre Person braucht vollzeitige Begleitung

7 0 – 2 Jahre Person benötigt vollzeitige Pflege und Begleitung

50

© Copyright 1997 Barry Reisberg, alle Rechte vorbehalten

Die andauernde Belastung durch die Pflegeaufgaben kann negative Konsequenzen

für das psychische Wohlbefinden der Pflegenden haben. So zeigen pflegende Ange-

hörige im Vergleich zu nicht pflegenden Personen vermehrt depressive Verstimmun-

gen, die klinisch bedeutsam werden können, gesteigerte Ängstlichkeit und Feindse-

ligkeit sowie ein geringeres Ausmaß an Lebenszufriedenheit (Gutzmann & Zank,

2005, S. 156).

Obwohl Pflegende häufig extremen Belastungen ausgesetzt sind, nehmen nur ca.

13% professionelle Hilfen in Anspruch. Gründe dafür sind, dass Beratungs- und Ent-

lastungsmöglichkeiten zu wenig bekannt oder zu wenig auf die Bedürfnisse der Be-

troffenen ausgerichtet sind, sie erscheinen zu teuer oder sind noch immer nicht aus-

reichend vorhanden. Es erfordert auch einen individuellen Lernprozess, sich mit der

Diagnose Demenz auseinanderzusetzen, Entlastungen anzunehmen und darin für

die Erkrankten wie sich selbst einen Nutzen zu sehen (Beyer-Feldmann, 2000).

Es konnte gezeigt werden, dass durch edukative und psychotherapeutische Interven-

tionen bei pflegenden Angehörigen die Belastung durch die Pflege verringert wird,

aber auch die Motivation zur Fortsetzung der häuslichen Pflege deutlich zunimmt und

somit langfristig eine geringere Rate an Heimunterbringungen in informierten und

beratenden Familien erreicht wird. Diese Interventionen beinhalten eine allgemeine

Wissensvermittlung, in der Informationen über die Krankheit, ihre typischen Merkma-

le, die Alltagsauffälligkeiten, den zu erwartenden Verlauf bzw. die therapeutischen

Aussichten vermittelt werden. Das dabei weitergegebene Wissen hilft bereits Verhal-

tensänderungen des Dementen als krankheitsbedingt zu erkennen, sie beugt Fehlin-

terpretationen vor und trägt dazu bei, unberechtigte Hoffnungen, unbegründete Re-

signation, aber auch ungeeignete Lösungsstrategien zu vermeiden.

Angehörigen-Selbsthilfegruppen sind darauf ausgerichtet, die eigene Lebenssituation

zu thematisieren und zu erörtern sowie Entlastung und Unterstützung anzubieten.

Wichtige Ziele sind die Informationsvermittlung, Hilfestellung, Anregung von Lernpro-

zessen, Verhaltensänderungen gegenüber dem Kranken und die Prävention von Be-

lastungsauslösern.

Die Familie ist nach wie vor das wichtigste stützende soziale System für an Demenz

erkrankte Personen. Leben allein stehende Kranke alleine zuhause, so ist die Unter-

51

bringung in einer Institution innerhalb eines Jahres doppelt so hoch wie bei Demen-

ten, die in einer häuslichen Gemeinschaft leben (Haupt, Bürger, Karger, Hampel,

2003).

11. Evaluation

Definition

Der Begriff Evaluation ist sehr vielfältig und in der Literatur haben sich zahlreiche De-

finitionen etabliert. So behaupten Franklin und Trasher: „To say that there are as

many definitions as there are evaluators is not too far from accurate” (Wottawa &

Thierau, 1998, S. 13). Es gibt allgemeine Kennzeichen wissenschaftlicher Evaluati-

on. Evaluation hat etwas mit “Bewerten” von Handlungsalternativen zu tun und dient

als Planungs- und Entscheidungshilfe. Sie ist ziel- und zweckorientiert. Das vorrangi-

ge Ziel ist es, praktische Maßnahmen zu überprüfen, zu verbessern oder über sie zu

entscheiden. Evaluationsmaßnahmen haben dem aktuellen Stand wissenschaftlicher

Techniken und Forschungsmethoden angepasst zu sein.

Aspekte von Evaluationsstudien

Evaluationsziele – Warum wird evaluiert?

Die jeweiligen Ziele müssen gemeinsam mit dem Auftraggeber erarbeitet werden.

Dabei können sich widersprechende Ziele ergeben, da gewöhnlich mehrere Perso-

nengruppen von den Ergebnissen der Evaluation betroffen sind. Auch die Verände-

rung der Ziele im Laufe der Studie kann zu Problemen führen.

Evaluationsbereiche – In welchen gesellschaftlichen Bereichen wird evaluiert?

Die jeweiligen Bereiche bestimmen auch das Vorgehen und die Wahl der Methoden

der Evaluationsstudie. „Je nach Bereich gelten andere Spielregeln, Arbeitsmöglich-

keiten und rechtliche Rahmenbedingungen“ (Wottawa & Thierau, 1998, S. 57).

Evaluationsobjekte – Wer/was wird evaluiert?

52

Grundsätzlich können verschiedene Gruppen, wie Personen, Umwelt- oder Umge-

bungsfaktoren, Produkte, Techniken und Methoden, Zielvorgaben, Projekte oder

Programme, Systeme/Strukturen oder auch Forschungsergebnisse bzw. Evaluati-

onsstudien evaluiert werden. Für die Untersuchung ist die Unterscheidung zwischen

dem eigentlichen Evaluationsobjekt und den anderen Objekten, die nur als Hilfsmittel

dienen, wichtig.

Evaluationsorte – wo wird evaluiert?

Als Ort der Evaluation kann das Labor oder das Feld, das meistens aufgrund der hö-

heren Praxisnähe und Generalisierbarkeit vorgezogen wird, dienen. Doch die Vortei-

le einer Untersuchung im Labor, wie größere Kontrollierbarkeit, weniger Störvariab-

len und größerer Validität sollten in die Überlegung miteinbezogen werden.

Evaluationsmodelle – wie wird evaluiert?

Je nach Schwerpunkt der Zielsetzung und Realisierungsmöglichkeiten wurden unter-

schiedliche Evaluationsmodelle entwickelt. Die größte Bedeutung hat die Untertei-

lung in formative und summative Evaluation. Die formative Evaluation stellt vor allem

Informationen für noch in der Vorbereitungs- oder Implementierungsphase befindli-

che, oder laufende Programme bereit, die verbessert werden sollen. Die summative

Evaluation soll die Qualität und den Einfluss bereits stattgefundener Programme

feststellen und abschließend bewerten.

Evaluationsnutzung – wie werden die Ergebnisse aufbereitet und entscheidungsrele-

vant verwendet?

Die Frage, auf welche Art und Weise die Ergebnisse der Evaluation umgesetzt wer-

den, ist entscheidend für die Gestaltung des Projektes. Wichtig ist auch, dass der

Evaluator bedeutende Ergebnisse im Bericht dokumentiert, um somit Missverständ-

nisse und falsche Bewertungen zu vermeiden.

Evaluationskriterien

Werden während einer Untersuchung bestimmte Therapiemaßnahmen bzw. Inter-

ventionen durchgeführt, so müssen zur Bewertung verschiedene Kriterien berück-

53

sichtigt werden: Welche Variablen müssen sich wie verändern, um die Maßnahmen

als wirksam, positiv, effektiv einzustufen?

Baumann und Reinecker-Hecht (1998) beschreiben folgende Evaluationskriterien:

1. Effektivität / Wirksamkeit: Dabei handelt es sich um die Wirksamkeit bezüglich

definierter Ziele und eines Vergleichsmaßstabs.

- Statistische Signifikanz der Veränderung: diese wird vor allem in Gruppenstudien

als Kriterium der Wirksamkeit herangezogen.

- Klinische Signifikanz der Veränderung: diese kann durch ein Experten-Urteil fest-

gelegt werden oder durch die Überprüfung, inwieweit sich ein klinischer Aus-

gangsbefund in den Normbereich verändert hat.

- Prozentsatz an gebesserten Patienten: Für die Besserungsrate werden häufig

bedeutsame Veränderungen von Patienten, die erfolgreich bzw. nicht erfolgreich

reagiert haben, zugrunde gelegt.

- Breite der Veränderung: Eine breite multimodale Erfassung der Effekte ist not-

wendig, nicht ausschließlich die zu beobachtbare Zielsymptomatik.

- Veränderungsmuster: dazu ist eine komplexe Analyse der Merkmale notwendig.

- Dauerhaftigkeit der Veränderung: Die Wirksamkeit der Intervention muss nach-

haltig vorhanden sein; das erfordert Nachuntersuchungen (Katamnesen).

- Ausmaß an negativen Effekten: umfasst unerwünschte Nebenwirkungen, Thera-

pieablehnung, Drop-Out-Raten.

2. Effizienz: Darunter ist die Beurteilung des zur Zielerreichung benötigten Aufwan-

des zu verstehen. Werden nur die Kosten, nicht aber der Nutzen dargestellt, so

spricht man von einer Kosten-Effektivitäts-Analyse. Bei einer Kosten-Nutzen-

Analyse werden Kosten als auch Nutzen monetär dargestellt.

3. PatientInnen-Zufriedenheit: Interventionen sind nur dann erfolgversprechend,

wenn sich die Patienten dem therapeutischen Setting unterziehen und sich an die

vereinbarten Regeln halten.

4. Praxisbewährung: Die Wirksamkeit einer Intervention muss auch in der Praxis

gewährleistet sein.

54

5. Ethische Angemessenheit: Bei Interventionen muss auch die ethische Perspekti-

ve betrachtet werden. Sie dürfen nicht nur effektiv und effizient sein. Vor allem bei

Zwangsbehandlungen, Aversionsmethoden oder bei Körperkontakt als Therapie-

mittel stellt sich die Frage, ob die angewandten Mittel mit den Zielen vereinbar

sind.

12. Therapie- und Förderaufenthalt (TuF) des Vereins Morbus Alz-heimer Syndrom (M.A.S.) in Bad Ischl

Der Verein M.A.S. wurde 1996 zur Unterstützung von Alzheimerkranken und deren

Angehörigen gegründet. Neben den staatlichen Einrichtungen und den privaten, so-

zialen Diensten sieht sich dieser gemeinnützige Verein als Impulsgeber für fortschritt-

liche, bedürfnisgerechte Begleitung und Pflege von Demenzpatienten. Neben der

wissenschaftlichen Forschung werden auch Seminare, Kongresse und Kurse zur

Aus- und Weiterbildung abgehalten. Seit 2001 werden regelmäßig Therapie- und

Förderaufenthalte angeboten. Dieses Konzept wurde mit dem Paul Petrie Preis der

Universität Graz ausgezeichnet (Ein Preis, der im Rahmen der Aus- und Weiterbil-

dung in Gerontologie für innovative Projekte vergeben wird).

Beim TuF handelt es sich um zweiwöchige Aufenthalte in einem ausgewählten Hotel

in Bad Ischl, während dem Personen mit Demenz eine optimale Förderung und de-

ren Angehörige Erholung und Entspannung finden. Gerade pflegende Angehörige

benötigen adäquate Entlastungsmöglichkeiten, um die Betreuung möglichst lange

und gesund durchführen zu können. Das multiprofessionelle Team umfasst 15 bis 20

Personen, bestehend aus M.A.S.-Trainerinnen, Ärzten, Psychologen, verschiedenen

Therapeuten und Pflegepersonal, entlastet in dieser Zeit die Angehörigen und beglei-

tet, betreut und aktiviert die Betroffenen. Diese werden als normale Gäste gesehen,

somit wird einer Stigmatisierung entgegengewirkt.

12.1. Angebote für die pflegenden Angehörigen

55

Ohne die pflegenden Angehörigen ist die Betreuung und Begleitung Demenzkranker

nicht möglich. Damit Familienangehörige die Betreuung so lange wie möglich gesund

durchführen können, ist es notwendig entsprechende Entlastung anzubieten. Wäh-

rend des Therapie- und Förderaufenthaltes (TuF) können die pflegenden Angehöri-

gen auf ein vielfältiges Angebot zurückgreifen. Es wird besonders darauf Wert gelegt,

dass es durch mehr Verständnis der Krankheit zu einem besseren Umgang mit dem

Betroffenen kommt, um auch mit den völlig ungewohnten Verhaltensweisen zurecht-

zukommen.

Durch Schulungen werden Informationen über den Verlauf der Erkrankung, über Mo-

delle der Entstehung von Verhaltensstörungen und psychosoziale Techniken der Be-

handlung und praktische Aspekte der Demenzpflege vermittelt.

Auf die emotionalen Bedürfnisse des Betreuers wird in Einzel- und Gruppensitzun-

gen eingegangen und mögliche Strategien zur Stressbewältigung, Bearbeitung von

Gefühlen wie Schuld, Einsamkeit, Inadäquatheit oder Ärger, Bearbeitung von

Schuldgefühlen bei Institutionalisierungsgedanken und Strategien zur Erhaltung des

Selbstwertes „Auch ich bin wichtig“ besprochen. Durch die Verbesserung der

interpersonalen Beziehungen soll es auch zu einer Verbesserung der

Kommunikation zwischen Betroffenem, Betreuer und anderen Familienmitgliedern

kommen. Die Angehörigen lernen ein soziales Unterstützungssystem aufzubauen,

Hilfe bei Verwandten und bei Servicestellen einzuholen und ihre sozialen Aktivitäten

sowie Freizeitaktivitäten auszuweiten.

Für das Wohl der Angehörigen steht ein umfangreiches Angebot aus Massagen,

Physiotherapie, Akupunktur oder Schwimmen zur Verfügung. In Einzel- und Grup-

pengesprächen werden die Bedürfnisse und Sorgen besprochen. Auch können Ent-

spannungstechniken erlernt werden. Weitere Angebote wie Ausflüge, kulturelle Ver-

anstaltungen, ein Museumsbesuch, Lesungen oder Tanzabende sollen das Allge-

meinbefinden der Gäste verbessern.

12.2. Angebote für die Betroffenen

Das Tagesprogramm der Betroffenen richtet sich nach den individuellen Bedürfnis-

sen und Fähigkeiten. Sie werden stadiengerecht gefördert und beschäftigt. Die ver-

56

schiedenen Interventionen, die bereits im Literaturteil ausführlich dargestellt wurden,

werden täglich durchgeführt, um somit einen positiven Effekt zu erreichen.

Ein wesentlicher Teil stellt die Musiktherapie dar. Die musiktherapeutischen Gruppen

treffen sich zweimal täglich mit einer speziell ausgebildeten Musiktherapeutin. Dabei

wird gemeinsam musiziert und meist alte Lieder, die gut im Altgedächtnis abgespei-

chert sind, gesungen. Vor allem durch Musik kann ein guter emotionaler Zugang zu

den Betroffenen gefunden werden. In zahlreichen Studien konnte ein positiver Effekt

bezüglich des Verhaltens beobachtet werden. So haben Bernhardt, Fröhlich, Land-

siedel-Anders, Müller und Schramm (2002) beobachtet, dass eine Kombination aus

Musiktherapie und Gedächtnistraining Besserungen bezüglich Aggressivität und stö-

rendem Verhalten bewirkt.

Während des Aufenthaltes wird versucht, durch Validation wieder einen Zugang zu

sehr zurückgezogenen Personen zu finden und Vertrauen, Stärke und Selbstwertge-

fühl bei den Betroffenen zu schaffen. Somit sollten sich unterschiedliche Bereiche

wie Gedächtnis, Alltagsfertigkeiten und das Verhalten verbessern. Es lassen sich

allerdings in der Literatur kaum empirische Beweise für die Wirksamkeit der Validati-

on finden. Geht man jedoch von Beobachtungsstudien aus, so ist die Wirksamkeit

dieser Methode, vor allem bei Personen in höheren Stadien der Erkrankung, sehr

wohl vorhanden.

Die positive Wirkung des Realitäts-Orientierungs-Trainings (ROT) bezüglich der Ver-

besserung der Orientierung und der kognitiven Leistungsfähigkeit von Dementen,

lässt sich in Studien beweisen. Dieses Verfahren fließt während des Therapie- und

Förderaufenthaltes täglich und zu jeder Zeit als 24-Stunden ROT ein.

Ein tägliches Gedächtnistraining, das von den ausgebildeten M.A.S - Trainerinnen

durchgeführt wird, passt sich den individuellen Bedürfnissen der Personen an und ist

auf alltagsrelevante Problembereiche zugeschnitten. Besonderer Wert wird darauf

gelegt, die Betroffenen nicht zu überfordern, zu frustrieren und noch vorhandene

kognitive und soziale Ressourcen zu nützen und zu stärken.

57

Durch den Einsatz der Physiotherapie soll bewirkt werden, dass Verhaltensprobleme

wie Agitation, Unruhe und Aggression reduziert werden und es zu einer Verbesse-

rung der Alltagsfertigkeiten bzw. dem Funktionsniveau und der Selbstständigkeit

kommt. Es soll zum Wohlbefinden der dementen Personen beitragen und helfen, die

Mobilität länger zu behalten.

Das Ziel der Maltherapie ist es, die Orientierungsfähigkeit möglichst lange aufrecht

zu erhalten und sie soll dazu beitragen, Lebensfreude und Lebenskraft zu stärken,

der Depression, dem Verfall und dem Abbau entgegenzuwirken.

Therapiemöglichkeiten wie Akupunktur und Massagen können je nach Zustand und

Wunsch individuell in Anspruch genommen werden und tragen zum Wohl der Gäste

bei.

Weitere Angebote zielen nicht direkt auf die Verbesserung der Krankheit ab, beein-

flussen aber das Allgemeinbefinden der Betroffenen und ihrer pflegenden Angehöri-

gen positiv. So werden Konzerte, Museumsbesuche, Ausflüge, kleine Wanderungen,

Musik- und Tanzabende oder Lesungen organisiert.

13. Durchführung der Untersuchung

13.1. Stichprobe

Die Therapie- und Förderaufenthalte werden in erster Linie als Urlaub angeboten. Es

wird bereits bei der Anmeldung darauf hingewiesen, dass ein umfassendes Thera-

pieangebot in Anspruch genommen werden kann, dieses jedoch nicht verpflichtend

ist. Auch werden verschiedene Testungen durchgeführt, die für die Wissenschaft und

zur ständigen Weiterentwicklung der TuF`s notwendig sind. Die Teilnahme daran ist

ebenfalls freiwillig. Da die pflegenden Angehörigen und die Betroffenen zu diesem

Zeitpunkt bereits unter einem großen Leidensdruck stehen, werden die Angebote

großteils auch genutzt und auch die Testungen können durchgeführt werden. Es wird

diesbezüglich ausreichend Information über das Konzept gegeben und die Anonymi-

tät wird gewährleistet.

58

Dieser zweiwöchige Aufenthalt ist mit hohen Kosten verbunden, somit kann nicht da-

von ausgegangen werden, dass die Stichprobe repräsentativ ist, da das Angebot

eher von finanziell besser gestellten Personen angenommen wird. Die Teilnehmer

(Stichprobe) kommen aus ganz Österreich, einige auch aus Deutschland. Sie werden

durch unterschiedliche Quellen auf die Therapie- und Förderaufenthalte aufmerksam

gemacht. Durch Berichte in den Medien und Inseraten in spezifischen Broschüren,

Informationen auf der homepage vom Verein M.A.S, durch Empfehlungen von Fach-

ärzten, Alzheimergesellschaften, Memory-Kliniken, Selbsthilfegruppen oder durch

Mundpropaganda.

Die Stichprobe umfasst 47 Personen, die an den letzten 7 Turnussen teilgenommen

haben. Pro Jahr finden 4 Turnusse, zwei im Frühling und zwei im Herbst, statt. Die

Betroffenen wohnen alle zuhause und werden von primär einer Betreuungsperson

gepflegt. Eine medikamentöse Behandlung wurde während des 14tägigen Aufent-

haltes weder abgesetzt noch verändert.

Als Kriterium bei der Auswahl der Stichprobe wurde die geistige Leistungsfähigkeit

bzw. das kognitive Defizit herangezogen. Die Therapie- und Förderaufenthalte wer-

den von Personen mit unterschiedlichen Formen der Demenz genützt, der Großteil

der Betroffenen ist jedoch an Morbus Alzheimer erkrankt. Die Diagnose wurde von

Fachärzten bzw. Demenzdiagnosezentren gestellt, wobei eine Diagnose wün-

schenswert, aber nicht Voraussetzung für den Therapie- und Förderaufenthalt ist.

13.2. Testinstrumente

Eine Auswahl über mögliche Testinstrumente zur Abklärung eines demenziellen

Syndroms wurde bereits unter Punkt 7. gegeben. Im Folgenden werden jene Instru-

mente dargestellt, die für die vorliegende Arbeit verwendet wurden.

Es handelt sich dabei um die Global Deterioration Scale (GDS) von Reisberg et al.

(1982, 1988a), die zur Schweregradeinstufung von Demenzen bei älteren Menschen

zum Einsatz kommt. Nach Durchführung des klinischen Interviews, werden die beo-

bachteten Auffälligkeiten einem Stadium der GDS anhand der dort angegebenen

Kriterien zugeordnet. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zuordnung zu ei-

nem Stadium während der beiden Testzeitpunkte nicht verändert. Sollte es doch zu

einer positiven bzw. negativen Veränderung kommen, so ist dies darauf zurückzufüh-

59

ren, dass sich die betroffene Person bereits am Anfang bzw. Ende eines Stadiums

befand und aufgrund der Interventionen in ein vorangehendes bzw. folgendes Krite-

rium kommt. Die GDS wird als Kriterium zur Beurteilung eines kognitiven Defizites

herangezogen, fließt jedoch nicht in die statistische Auswertung ein.

Eine weitere Skala zur Bestimmung des Schweregrades einer Demenz ist die Brief

Cognitive Rating Scale (BCRS) von Reisberg & Ferris (1988), die gemeinsam mit der

GDS zum Einsatz kommen sollte. Mittels BCRS ist jedoch eine bessere Operationa-

lisierung der Stadienbeschreibung in Testform möglich. In den fünf Hauptskalen wer-

den die Beurteilungsbereiche Konzentration, Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächt-

nis, Orientierung und Alltagskompetenz und selbständige Versorgung dargestellt.

Der Mini Mental State Examination (MMSE) von Folstein et al. (1975) wird zur Erfas-

sung der kognitiven Leistungsfähigkeit herangezogen. Für die Frühdiagnostik von

Demenz-Erkrankungen ist der MMSE wenig geeignet, da er nicht empfindlich genug

ist. Da sich in der vorliegenden Untersuchung der Großteil der Personen in einem

schweren Demenzstadium befindet, eignet sich der MMSE gut um das kognitive

Defizit zu messen.

DieFunctional Assessment Staging (FAST) von Reisberg (1988) ist eine ausführliche

Skala zum Beurteilungsbereich V Alltagskompetenz und selbständige Versorgung

der BCRS und ermöglicht eine differenziertere Operationalisierung. Es wird die Beur-

teilung der activities of daily living (ADL) unter besonderer Berücksichtigung schwe-

rer Demenzstadien möglich.

Zwei weitere Skalen zur Messung von Verhaltensauffälligkeiten sind die Behavioral

Pathology in Alzheimer`s Disease Severity and Frequency weighted Severity Scale

(BEHAVE-AD-FS) von Reisberg et al. (2001). Die Daten werden mittels eines

Interviews mit der primären Betreuungsperson des Betroffenen erhoben. Mittels der

Empirical Behavioral Pathology in Alzheimer’s Disease Rating Scale (E-BEHAVE-

AD) von Reisberg et al. (1996), bei der die Erhebung der Daten nicht vom Angehöri-

60

gen, sondern durch Beobachtung des Patienten im Interview erhoben werden, soll

eine Verzerrung der Darstellung der Verhaltensprobleme ausgeschlossen werden.

13.3. Versuchsplan

Mit dieser Arbeit soll dargestellt werden, wie sich unterschiedliche Interventions-

methoden während eines zweiwöchigen Therapie- und Förderaufenthaltes auf ver-

schiedene Bereiche, wie Verhalten, Alltagsfertigkeiten und kognitive Leistungsfähig-

keit, von an Demenz erkrankten Personen auswirken.

Es handelt sich um eine Interventionsstudie mit zwei Messungen, ein erster Erhe-

bungszeitpunkt (Prätest) vor Durchführung der Intervention und ein zweiter Erhe-

bungszeitpunkt (Posttest) direkt nach der Intervention.

Das Evaluationskonzept wurde vom Verein M.A.S erarbeitet und konzipiert und wäh-

rend der Therapie- und Förderaufenthalte TuF durchgeführt.

Messzeitpunkt 1: In den ersten beiden Tagen werden in Einzelsettings Daten von

den pflegenden Angehörigen und den Betroffenen mittels Interviews und den bereits

beschriebenen Testinstrumenten MMSE, BCRS zur Erfassung der kognitiven Leis-

tungsfähigkeit, FAST zur Erfassung der Alltagsfertigkeiten und BEHAVE-AD-FS und

E-BEHAVE-AD zur Einstufung von Verhaltensproblemen, erhoben.

Anschließend erfolgt eine zweiwöchige Interventionsphase mit den bereits im Litera-

turteil beschriebenen Therapieangeboten. Wobei jeder der Betroffenen täglich die-

selben Angebote und auch dieselbe Anzahl an Angeboten erhält.

Messzeitpunkt 2: An den beiden letzten Tagen des Therapie- und Förderaufenthaltes

werden die Daten der pflegenden Angehörigen und der Betroffenen wieder getrennt

voneinander mit denselben Verfahren wie zum Messzeitpunkt 1 erhoben.

61

14. Fragestellungen und Hypothesen

Die hier angeführten Fragestellungen beziehen sich auf die im Literaturteil angeführ-

ten Studien zu den einzelnen Therapiemöglichkeiten. Da während des Therapie- und

Förderaufenthaltes mehrere Interventionen kombiniert über einen Zeitraum von zwei

Wochen angeboten werden, wird davon ausgegangen, dass sich positive Verände-

rungen in den Bereichen kognitive Leistungsfähigkeit, Verhalten und Selbständigkeit

und Alltagskompetenz der betroffenen dementen Personen und Belastung der Ange-

hörigen ergeben.

Fragestellung 1: Wie wirkt sich das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes

auf die kognitive Leistungsfähigkeit der Betroffenen aus?

Hypothese 1: Es tritt eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit der betrof-

fenen Personen durch das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes ein (ge-

messen mit MMSE und BCRS).

Fragestellung 2: Wie wirkt sich das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes

auf das Verhalten der Betroffenen aus?

Hypothese 2: Es tritt eine Verbesserung im Verhalten der betroffenen Personen

durch das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes ein (gemessen mit E-

BEHAVE-AD und BEHAVE-AD-FS).

Fragestellung 3: Wie wirkt sich das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes

auf die Selbständigkeit und Alltagskompetenz der Betroffenen aus?

62

Hypothese 3: Es tritt eine Verbesserung der Selbständigkeit/Alltagskompetenz der

betroffenen Personen durch das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes ein

(gemessen mit FAST).

Fragestellung 4: Wir wirkt sich das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes

auf die Belastung der Angehörigen aus?

Hypothese 4: Es tritt eine Verbesserung in der Belastung der Angehörigen durch

das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes ein (gemessen mit BEHAVE-AD).

15. Methodik

15.1. Beschreibung der Stichprobe: Einen Therapie- und Förderaufenthalt, angeboten vom Verein M.A.S in Bad Ischl,

haben 47 Personen in Anspruch genommen, deren Daten für die Studie herangezo-

gen wurden. Die Daten wurden für die vorliegende Untersuchung nicht selbst erho-

ben, sondern vom Verein M.A.S zur weiteren Auswertung zur Verfügung gestellt.

Die Patienten waren zwischen 47 und 94 Jahre alt, wobei bis auf 3 Personen alle

über 70 Jahre waren (vgl. Abb. 3). Die Stichprobe setzt sich aus 13 Frauen und 34

Männern zusammen. Die Anzahl an fehlenden Beobachtungen ist unproblematisch

(Nonresponserate unter 3%). Jede erhobene Variable wurde mindestens 42-mal be-

obachtet.

Altersverteilung

0

5

10

15

20

25

30

0-49 50-59 60-69 70-79 80-89 90 -99

Alter in Jahren

Anza

hl

Abbildung 3: Altersverteilung in der Stichprobe

63

Minimum: 47 Jahre

Maximum 94 Jahre

Durchschnittsalter: 80,05 Jahre

Standardabweichung: 8,35 Jahre

In Tabelle 7 wird die Verteilung der GDS-Werte der Personen dargestellt, die zu Be-

ginn der Therapie- und Förderaufenthalte TuF erhoben wurden um das Kriterium ei-

ner kognitiven Störung darzulegen. 3 Personen hatten mit einem GDS-Wert von 4

eine mäßige kognitive Leistungseinbusse zu verzeichnen, 36 Personen litten unter

mittelschweren und 4 Personen unter schweren kognitiven Leistungseinbußen.

GDS-Wert 4 5 6 7 N

3 14 22 4 43 Tabelle 7: Anzahl der GDS-Werte (N=43)

Wie in Tabelle 8 (Messzeitpunkt zu Beginn des TuF) ersichtlich ist, befanden sich zu

Beginn der Aufenthalte die Personen in den FAST-Stadien 4, verminderte Fähigkeit,

komplexe Aufgaben durchzuführen bis 6e, Stuhlinkontinenz. Der überwiegende An-

teil der Personen ist den Stadien 6c, beherrscht den Toilettengang nicht mehr und

6d, Harninkontinenz, zuzuordnen. Nach der Global Deterioration Scale GDS von

Reisberg ist bei diesen Personen eine mäßige bis schwere kognitive Leistungsein-

buße vorzufinden.

In der Tabelle 9 (Messzeitpunkt am Ende des TuF) sind geringfügige Veränderungen

in der Zuordnung zu den Stadien ersichtlich. Die statistische Auswertung und die In-

terpretation dieser Veränderungen werden mittels der Hypothese 3 ab Seite 72ff dar-

gestellt.

FAST Stadium 4 5 6a 6b 6c 6d 6e

Anzahl 1 7 2 6 10 13 7

% 2,2 15,2 4,4 13 21,7 28,3 15,2

64

FAST – Stadien: 1. Weder subjektiv noch objektiv Schwierigkeiten 2. Beklagt zu vergessen, wohin er/sie Gegenstände gelegt hat.

Subjektive Schwierigkeiten bei der Arbeit. 3. Mitarbeiter bemerken eine reduzierte Arbeitsleistung;

Schwierigkeiten, sich an fremden Orten zurechtzufinden. 4. Verminderte Fähigkeit, komplexe Aufgaben durchzuführen. 5. Benötigt Hilfe bei der Auswahl situationsgerechter Kleidung. 6a. Schwierigkeiten, die Kleider richtig anzuziehen. 6b. Kann sich nicht baden; entwickelt Angst davor. 6c. Beherrscht den Toilettengang nicht mehr. 6d. Harninkontinenz. 6e. Stuhlinkontinenz. 7a. Eingeschränkte Sprechfähigkeit. 7b. Verlust der verständlichen Sprache. 7c. Bettlägrig. 7d. Kann nicht selbständig sitzen. 7e. Kann nicht mehr lachen. 7f. Kann den Kopf nicht aufrecht halten.

15.2. Beschreibung der Testmethode Die Datenerhebung wurde für alle 47 Personen der Stichprobe sowohl vor als auch

nach der Therapie durchgeführt, wodurch eine abhängige Stichprobe entsteht. Un-

terschiede bei ordinalen Merkmalen (BCRS, E-Behave-AD, Behave-AD-FS und

FAST) werden mit dem nichtparametrischen Wilcoxon's Rang-Test überprüft. Für

metrische Merkmale (Punkte bei MMSE-Test) wird der T-Test für abhängige Stich-

proben verwendet. Vorraussetzung für die Validität der Ergebnisse des T-Tests ist,

dass die Normalverteilungsannahme nicht verletzt wird. Dies wird vor dem T-Test

mittels Shapiro-Wilk-Test überprüft. Ist die Normalverteilungsannahme nicht gerecht-

fertigt, wird der Wilcoxon-Test verwendet.

FAST Stadium 4 5 6a 6b 6c 6d 6e

Anzahl 1 7 4 4 12 10 8

% 2,2 15,2 8,7 8,7 26,1 21,7 17,4

Tabelle 8: Einteilung der Patienten nach FAST (N=46) Messzeitpunkt 1 prä

Tabelle 9: Einteilung der Patienten nach FAST (N=46) Messzeitpunkt 2 post

65

Da auch die Möglichkeit eingeräumt werden muss, dass die Therapie zu einer Ver-

schlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit, des Verhaltens oder der Selbstän-

digkeit bzw. Alltagskompetenz der Betroffenen führt, werden die Hypothesen zwei-

seitig formuliert und getestet. Die Irrtumswahrscheinlichkeit wird für alle Tests mit α =

5% festgelegt.

15.3. Testergebnisse

15.3.1. Kognitive Leistungsfähigkeit

Hypothese 1: Das Konzept des Therapie- und Förderaufenthaltes TuF

verändert die kognitive Leistungsfähigkeit der betroffenen Personen.

Diese Hypothese wird mittels MMSE-Skala und BCRS-Skala überprüft. Die beiden

Skalen werden im Abschnitt 7. Diagnostik auf den Seiten 30ff genauer beschrieben.

Mini Mental State Examination - MMSE:

Kennzahl MMSE1 MMSE2

N 47 47 Minimum 0 0 Maximum 28 28 Mean 10,81 11,72 Median 12 13 Std. Deviation 7,033 7,098

Tabelle 10: statistische Kennzahlen der MMSE-Skala vor MMSE1 bzw. nach der Therapie MMSE2.

Bei dieser Untersuchung kam es bei beiden Testzeitpunkten zu keinen fehlenden

Beobachtungen. Es gab sowohl vor als auch nach der Therapie Personen, die keine

Frage richtig beantworten konnten. Die besten Ergebnisse waren jeweils 28 der 30

66

möglichen Punkte. Bei annähernd gleicher Streuung (Standardabweichung von SD1

= 7,033 bzw. SD2 = 7,098) verbesserte sich die mittlere Anzahl an erzielten Punkten

(M1=10,81 bzw. M2=11,72) und der Median erhöhte sich von 12 auf 13 Punkte. Ob

der Unterschied der Mittelwerte signifikant ist, wird mittels T-Test überprüft:

T-Test

Vorraussetzung für den T-Test ist eine Normalverteilung der erzielten Punkte zu bei-

den Messzeitpunkten. Der Test nach Shapiro-Wilk ergibt Signifikanzen von 0,101

zum Zeitpunkt vor und 0,161 zum Zeitpunkt nach dem Therapieaufenthalt. Die Null-

hypothese, dass die Daten normalverteilt sind, wird nicht verworfen. Die Ergebnisse

des T-Tests sind gültig.

Variablen Differenz der Mittelwerte t-Wert Signifikanz

(2-seitig)

MMSE1 – MMSE2 -0,91 -2,315 0,025

Tabelle 11: Ergebnisse des T-Tests zum Unterschied in der MMSE-Skala

Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 5% kann die Einshypothese angenom-

men werden. Der Unterschied der beiden Mittelwerte vor bzw. nach der Therapie ist

signifikant (p-Wert von 0,025). Durch den Therapie- und Förderaufenthalt hat sich

anhand der MMSE-Skala die kognitive Leistungsfähigkeit der Betroffenen signifikant

verbessert.

Brief Cognitive Rating Scale - BCRS:

Kennzahl KZ 1 KZ 2 KZG 1 KZG 2 LZG 1 LZG 2 OR 1 OR 2

N 47 47 47 47 47 47 47 47 Minimum 3 3 3 3 3 3 1 1 Maximum 7 7 7 7 7 7 7 7 Mean 5,38 5,23 5,51 5,45 5,17 5,15 5,38 5,3 Median 5 5 5 6 5 5 6 6 Std. Dev. 1,226 1,088 1,061 1,1 0,985 1,122 1,295 1,196 Tabelle 12: statistische Kennzahlen der BCRS-Skala vor bzw. nach der Therapie

67

KZ 1 … Wert der BRCS-Skala Konzentration vor der Therapie

KZ 2 … Wert der BRCS-Skala Konzentration nach der Therapie

KZG 1 … Wert der BRCS-Skala Kurzzeitgedächtnis vor der Therapie

KZG 2 … Wert der BRCS-Skala Kurzzeitgedächtnis nach der Therapie

LZG 1 … Wert der BRCS-Skala Langzeitgedächtnis vor der Therapie

LZG 2 … Wert der BRCS-Skala Langzeitgedächtnis nach der Therapie

OR 1 … Wert der BRCS-Skala Orientierung vor der Therapie

OR2 … Wert der BRCS-Skala Orientierung nach der Therapie

Bei diesen Untersuchungen kam es bei beiden Testzeitpunkten zu keinen fehlenden

Beobachtungen. Zu beiden Messzeitpunkten waren die besten Werte bei Konzentra-

tion 3 (= geringe objektive Zeichen verminderter Konzentrationsfähigkeit), Kurz- bzw.

Langzeitgedächtnis 3 (= es zeigen sich Schwächen im Erinnern kurz zurückliegender

Ereignisse als auch im Langzeitgedächtnis) und bei der Orientierung die Klasse 1 (=

kein Defizit zu Zeit, Ort, eigener Identität und der Identität anderer). In jedem Bereich

gab es zu beiden Zeitpunkten Personen mit sehr schwerem Defizit. Obwohl der Mit-

telwert bei ordinalen Merkmalen keine gültige Maßzahl darstellt, wird er wegen dem

Informationsgewinn trotzdem angegeben. Man kann in allen vier Teilbereichen eine

geringfügige Verringerung des Mittelwertes (=Verbesserung des Zustandes) erken-

nen. Ob die Unterschiede der kognitiven Leistungsfähigkeit vor und nach der Thera-

pie signifikant sind, wird mittels Wilcoxon-Test überprüft:

Wilcoxon Test

Konzentration Kurzzeit-gedächtnis

Langzeit-gedächtnis Orientierung

negative Ränge 12 8 6 8

positive Ränge 7 5 7 4

gleich bleibend 28 34 34 35

gesamt 47 47 47 47 Signifikanz (2-seitig) 0,201 0,405 0,793 0,356

Tabelle 13: Ergebnisse des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der BCRS-Skala

Der schon bei den Mittelwerten beobachtete Trend zur leichten Verbesserung setzt

sich auch hier fort. Im Teilaggregat Konzentration kam es 12-mal zu einer Verbesse-

68

rung, nur 7-mal verschlechterte sich das Ergebnis und 28-mal blieb der Zustand un-

verändert. Beim Kurzzeitgedächtnis war das Verhältnis 8 zu 5 zu 34, beim Langzeit-

gedächtnis 6 zu 7 zu 34 und bei der Orientierung 8 zu 4 zu 35. Der Wilcoxon-Test

ergibt, dass keiner der Unterschiede signifikant ist (Signifikanzen zwischen 0,201 und

0,709). Nach der BCRS-Skala hat sich durch den Therapie- und Förderaufenthalt die

kognitive Leistungsfähigkeit der Betroffenen nicht signifikant verändert.

Es wird daher versucht, ähnlich wie beim MMSE ein Gesamtaggregat aus den 4

Teilbereichen zu generieren.

Gesamtaggregat

negative Ränge 15

positive Ränge 14

gleich bleibend 18

gesamt 47

Signifikanz (2-seitig) 0,184

Tabelle 14: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der BCRS–Skala

Auch diese Vorgehensweise lieferte kein signifikantes Ergebnis. Es konnte nach

BCRS-Skala keine Veränderung der Kognition durch die Therapie festgestellt wer-

den.

15.3.2. Verhalten

Hypothese 2: Das Konzept des Therapie- und Förderaufenthalt verän-

dert das Verhalten der betroffenen Personen.

Die Hypothese 2 wird mittels E-BEHAVE-AD-Skala bzw. BEHAVE-AD-FS-Skala ü-

berprüft. Während die E-BEHAVE das Verhalten aufgrund direkter Patienten-

beobachtung durch den Untersucher darstellt, misst die BEHAVE-AD das Verhalten

69

aufgrund von Angaben der Angehörigen. Die beiden Skalen werden im Abschnitt 7.

Diagnostik auf den Seiten 32ff genauer beschrieben.

The Empirical Behavioral Pathology in Alzheimer`s Disease Rating Scale

(E-BEHAVE-AD)

Kennzahl E-Behave-AD Untersuchung 1

E-Behave-AD Untersuchung 2

N 47 47 Minimum 0 0 Maximum 9 8 Mean 1,98 1,4 Median 1 1 Std. Deviation 2,279 1,93 Tabelle 15: statistische Kennzahlen der E-Behave-AD-Skala vor bzw. nach der Therapie

Bei dieser Untersuchung kam es bei beiden Testzeitpunkten zu keinen fehlenden

Beobachtungen. Der mittlere E-BEHAVE-AD-Wert (Tabelle 15) der Gruppe lag bei

1,98 vor der Therapie und reduzierte sich auf 1,4 nach der vierzehntägigen Interven-

tion. Bei einem maximal zu erreichendem Gesamtwert von 36 und einem durch-

schnittlichen Wert von 1,98 bzw. 1,4 hatten die an der Untersuchung teilnehmenden

Personen nur geringe Verhaltensauffälligkeiten bzw. waren kaum Verhaltensauffäl-

ligkeiten beim Interview zu beobachten.

Ob die oben beschriebene Veränderung im Verhalten der Studienteilnehmer signifi-

kant ist, wird mittels Wilcoxon-Test überprüft:

Wilcoxon Test

E-BEHAVE-AD

negative Ränge 20

70

positive Ränge 5

gleich bleibend 22

gesamt 47

Signifikanz (2-seitig) 0,003

Tabelle 16: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Un-terschied in der E-Behave-AD-Skala

Die Verbesserung des Verhaltens der Personen anhand der E-Behave-AD-Skala

wurde in der Studie durch das Testergebnis bestätigt. 20-mal wurde eine Verbesse-

rung beobachtet, nur 5-mal eine Verschlechterung und 22-mal wurde das Verhalten

als unverändert bewertet. Der Wilcoxon-Test liefert ein hochsignifikantes Ergebnis

(p-Wert = 0,003). Durch den Therapie- und Förderaufenthalt hat sich das Verhalten

der Betroffenen aufgrund der Beobachtung der Untersuchers signifikant verbessert.

Behavioral Pathology in Alzheimer`s Disease Severity and Frequency weighted Severity Scale (BEHAVE-AD-FS)

Kennzahl BEHAVE-AD-FS Betreuungsperson 1

BEHAVE-AD-FS Betreuungsperson 2

N 42 44 Minimum 0 0

Maximum 3 3

Mean 2,12 1,23

Median 2 1 Std. Deviation 0,861 0,912

Tabelle 17: statistische Kennzahlen der Behave-AD-FS-Skala vor bzw. nach der Therapie

Die Ergebnisse aufgrund der Einschätzung der Angehörigen liefern ein sehr ähnli-

ches Bild. Der Mittelwert verbessert sich durch die Therapie von 2,12 auf 1,23 und

der Median verbessert sich von Kategorie 2 (= mäßig vorhanden) auf Kathegorie 1 (=

nicht vorhanden). Eine Verteilung der Personen aufgrund der BEHAVE-AD-FS-Skala

vor bzw. nach der Therapie ist in Abbildung 4 dargestellt. Sie zeigt deutlich, dass

71

durch die Therapie die Anzahl der Personen in der Kategorie 3 (=schwer vorhanden)

deutlich zurückgeht. Ob diese Veränderung im Verhalten der Studienteilnehmer sig-

nifikant ist, wird mittels Wilcoxon-Test überprüft:

Abbildung 4: Verteilung nach Behave-AD-FS-Skala vor bzw. nach der Therapie

Wilcoxon Test

Behave-AD-FS

negative Ränge 25 positive Ränge 4

gleich bleibend 12 gesamt 41 Signifikanz (2-seitig) 0,000

Tabelle 18: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der Behave-AD-FS-Skala

25 Angehörige konnten im Verhalten der Studienteilnehmer eine Verbesserung er-

kennen, 12 Personen beurteilten die Entwicklung durch die Therapie als gleich blei-

bend und nur 4 Personen nahmen eine Verschlechterung wahr. Das Ergebnis des

Wilcoxon-Tests ist hochsignifikant (p-Wert von 0,000). Durch den Therapie- und För-

Verteilung laut Behave - Skala vor der Therapie

0 2 4 6 8

10 12 14 16

nicht vor- handen

mäßig vor- handen

schwer vor- handen

schwerst vor- handen

Verteilung laut Behave - Skala nach der Therapie

0 2 4 6 8

10 12 14 16

nicht vor- handen

mäßig vor- handen

schwer vor- handen

schwerst vor- handen

72

deraufenthalt hat sich das Verhalten der Betroffenen aufgrund der Beobachtungen

der Angehörigen signifikant verbessert.

15.3.3. Selbständigkeit/Alltagskompetenz

Hypothese 3: Das Konzept des Therapie- und Förderaufenthalt verändert

die Selbständigkeit/Alltagskompetenz der betroffenen Personen.

Diese Hypothese wird mittels FAST-Skala überprüft. Diese teilt die Selbstständigkeit

der Testpersonen in 16 Kategorien von "keine Schwierigkeiten" (entspricht Kategorie

1) bis "massivste Schwierigkeiten bzw. Bettlägrigkeit" (entspricht Kategorie 16). Eine

genaue Beschreibung der FAST-Skala befindet sich im Abschnitt 7. Diagnostik auf

der Seite 31ff.

Functional Assessment Staging - FAST-Skala

Kennzahl FAST 1 FAST 2

N 46 46

Minimum 4 4 Maximum 10 10

Mean 7,83 7,76

Median 8 8

Std. Deviation 1,717 1,741

Tabelle 19: statistische Kennzahlen der FAST-Skala vor bzw. nach der Therapie

Bei dieser Untersuchung lassen sich anhand der deskriptiven Kennzahlen kaum Un-

terschiede zwischen den Ergebnissen vor und nach der Therapie feststellen. Es wird

73

mittels Wilcoxon-Test überprüft, ob dennoch signifikante Unterschiede zwischen den

Ergebnissen bestehen:

Wilcoxon Test

FAST

negative Ränge 6 positive Ränge 3 gleich bleibend 37 gesamt 46 Signifikanz (2-seitig) 0,454

Tabelle 20: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der FAST-Skala

Der Test liefert kein signifikantes Ergebnis. 6 Personen konnten durch den Therapie-

aufenthalt ihre Selbständigkeit verbessern, bei 3 Personen verschlechterte sich das

Testergebnis und der Zustand der überwiegenden Mehrheit blieb unverändert. Die

Null-Hypothese kann nicht verworfen werden (p-Wert von 0,454). Es konnte nicht

nachgewiesen werden, dass sich durch den Therapie- und Förderaufenthalt die

Selbstständigkeit der Studienteilnehmer signifikant verändert hat.

15.3.4. Belastung der Angehörigen

Hypothese 4: Das Konzept des Therapie- und Förderaufenthalt verändert

die Belastung der Angehörigen.

Diese Hypothese wird mittels der Globalen Beurteilung der BEHAVE-AD-FS Skala

überprüft. Diese unterteilt das Belastungsempfinden der Angehörigen in vier Katego-

74

rien. Eine genaue Beschreibung der Global-Skala befindet sich im Abschnitt 7. Dia-

gnostik auf der Seite 32.

Global-Skala

Kennzahl Globalskala1 Globalskala2

N 46 47

Minimum 0 0

Maximum 2 3 Mean 0,93 0,72

Median 1 1

Std. Deviation 0,646 0,713

Tabelle 21: statistische Kennzahlen der Globalskala vor bzw. nach der Therapie

Die Verbesserung des Belastungsempfindens der Angehörigen durch den Therapie-

aufenthalt lässt sich durch die Verringerung des Mittelwertes und die Verteilung auf

Abbildung 5 schon erahnen. Besonders auffallend ist der große Anstieg in der Anzahl

der Angehörigen, die die Krankheit als keine Belastung erachten. Ob diese Verände-

rung im Belastungsempfinden der Angehörigen signifikant ist, wird mittels Wilcoxon-

Test überprüft:

75

Verteilung laut Global-Skala vor der Therapie

0

5

10

15

20

25

30

keineBelastung

leichteBelastung

mittelgradigeBelastung

schwergradigeBelastung

Anz

ahl

Verteilung laut Global-Skala nach der Therapie

0

5

10

15

20

25

keineBelastung

leichteBelastung

mittelgradigeBelastung

schwergradigeBelastung

Anz

ahl

Abbildung 5: Verteilung nach BEHAVE-AD-FS-Skala vor bzw. nach der Therapie

Wilcoxon Test

Global

negative Ränge 16

positive Ränge 4

gleich bleibend 26

gesamt 46

Signifikanz (2-seitig) 0,022 Tabelle 22: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der Globalen Beurtei-lung der BEHAVE-AD-Skala

In der Stichprobe waren 16 Personen, deren Angehörige durch den Therapieaufent-

halt eine Verminderung der Belastung feststellen konnten, bei 4 Angehörigen ver-

schlechterte sich das Belastungsempfinden und bei 26 Personen blieb es unverän-

dert. Das Ergebnis des Wilcoxon-Tests ist signifikant (p-Wert von 0,022). Es konnte

nachgewiesen werden, dass sich durch den Therapie- und Förderaufenthalt das Be-

lastungsempfinden der Angehörigen signifikant verbessert hat.

76

16. Diskussion

Im nachfolgenden wird versucht, die Ergebnisse der Untersuchung zu interpretieren

und Veränderungen von Werten in Bezug auf kognitive Leistungsfähigkeit, Verhalten,

Selbständigkeit und Alltagskompetenz und Belastung der Angehörigen zu erläutern.

Im Bereich der kognitiven Leistungsfähigkeit konnte mittels Mini-Mental-State-

Examination MMSE eine signifikante Verbesserung festgestellt werden, während die

Untersuchung mit der Brief Cognitive Rating Scale BCRS einen positiven Trend in

Richtung Verbesserung, jedoch kein signifikantes Ergebnis, brachte.

Hierbei muss berücksichtigt werden, dass auch bei einer dementen Person ein ge-

wisser Lerneffekt eintreten kann und dieser das Ergebnis bei einer neuerlichen Tes-

tung nach 14 Tagen verändern könnte.

Ein möglicher Grund dafür ist, dass der MMSE ein Messverfahren darstellt, indem

die sechs Kategorien nach einem standardisierten Ablauf, in einer relativ kurzen Be-

arbeitungszeit abgefragt werden können. Dadurch ist es auch Personen mit kogniti-

ven Defiziten möglich, die ihnen gestellten Handlungsaufgaben besser ausführen zu

können und ihre Aufmerksamkeit und Konzentration während dieser Zeit aufrecht zu

erhalten. Weiters wurden in der Studie die einzelnen Kategorienwerte nicht berück-

sichtigt, sondern der Gesamtscore herangezogen. Durch den Therapie- und Förder-

aufenthalt und die täglichen Interventionen die auf die geistige Förderung abzielen,

ist es möglich, dass Personen die zu Beginn des Aufenthaltes bereits in einzelnen

Kategorien sehr gute Werte erzielten, diese noch verbessern konnten.

Die Testergebnisse die mittels BCRS erzielt wurden, stellen einen leichten Trend in

Richtung kognitiver Verbesserung dar. Die Untersuchung wird in Form eines Inter-

views durchgeführt, während dem die betroffenen Personen über einen längeren

Zeitraum aufmerksam und konzentriert sein müssen um dem Gespräch folgen zu

können. Gerade im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz fällt es den Betroffenen

zunehmend schwerer aufmerksam zu sein und die Konzentration aufrecht zu erhal-

ten.

77

Geht man davon aus, dass die Personen vor dem Therapie- und Förderaufenthalt

keine in dieser Form angebotenen und umfassenden Maßnahmen zur Förderung der

kognitiven Leistungsfähigkeit erhalten haben, dann kann ein positiver Trend in Rich-

tung Verbesserung auf das Interventionsprogramm zurückzuführen sein.

Das Verhalten der betroffenen dementen Personen, dass mittels E-BEHAVE-AD

Skala durch einen Untersucher und mittels BEHAVE-AD Skala durch Angaben der

Angehörigen operationalisiert wurde, ergab hoch signifikante Ergebnisse.

Verhaltensprobleme können in jedem Stadium einer Demenz auftreten, doch vor al-

lem im mittleren und schweren Stadium der Erkrankung sind sie am häufigsten. Der

Großteil der an der Untersuchung teilnehmenden Personen befand sich zum Zeit-

punkt der Studie in einem fortgeschrittenen, schweren Stadium 6b (=kann sich nicht

baden; entwickelt Angst davor) bis 6c (=Harninkontinenz) nach Functional Assess-

ment Staging FAST. Hier ist der Umgang mit problematischen Verhaltensweisen be-

sonders schwierig und stellt eine starke Belastung für die Betreuer und die Umge-

bung dar.

Durch die spezifische Schulung der Trainerinnen in Bezug auf Verhaltensprobleme

und den Einsatz von gezielten nicht-medikamentösen Therapiemöglichkeiten können

diese positiv beeinflusst werden, wie auch in der vorliegenden Studie gezeigt wurde.

Da in der Literatur zu einzelnen Interventionsmöglichkeiten positive Studien zu finden

sind, ist es nicht verwunderlich, dass die Kombination von Therapiemethoden, wie

sie während des Therapie- und Förderaufenthaltes angeboten wird, positive Ergeb-

nisse in Bezug auf das Verhalten zeigt. Vor allem die Musiktherapie wirkt sich positiv

auf Aggressivität und störendes Verhalten aus. Doch auch andere Möglichkeiten, wie

Validation, zu der es noch keine ausreichenden Studien gibt, die die positive Wirkung

belegen, können sehr wohl zu einer Verbesserung beitragen.

Welche Therapie letztendlich für die positiven Veränderungen verantwortlich ist, lässt

sich hier nicht beantworten. Doch die signifikanten Ergebnisse der Untersuchung in

Bezug auf Verbesserung des Verhaltens der betroffenen dementen Personen, spre-

78

chen für den Einsatz eines multiprofessionellen Konzeptes, das in seiner Gesamtheit

zu positiven Ergebnissen in unterschiedlichen Bereichen führt.

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass ein Großteil der an der Studie teilnehmenden

Personen mit Antidementiva behandelt wurden, die einen positiven Einfluss auf die

Stimmung der Betroffenen auch in späteren Stadien der Erkrankung haben können

und somit ebenfalls dazu beitragen, Verhaltensstörungen zu minimieren.

Im Bereich Selbständigkeit und Alltagskompetenz, die mit dem Functional Assess-

ment Stating FAST ermittelt wurde, konnte kein signifikantes Ergebnis in der vorlie-

genden Untersuchung festgestellt werden.

Von den 47 an der Studie teilnehmenden Personen haben sich die Werte bei 37 Pa-

tienten nicht verändert, das heißt, dass durch das Interventionsprogramm weder ein

positiver noch ein negativer Effekt erreicht werden konnte. Sechs Personen konnten

ihre Selbständigkeit verbessern bei drei verschlechterte sich das Testergebnis. Es

kann auch angenommen werden, dass sich diese Personen am Beginn oder am En-

de eines nachfolgenden Stadiums befanden und sich somit eine Verbesserung oder

Verschlechterung ergab.

Ein möglicher Grund dafür, dass die Testergebnisse nicht signifikant sind, könnte in

der kurzen Aufenthaltsdauer von zwei Wochen liegen. Diese Zeitspanne dürfte für

Patienten, die sich in einem fortgeschrittenen Krankheitsverlauf befinden zu kurz

sein, um positive Veränderungen in den Alltagsfunktionen erreichen zu können. Es

muss berücksichtigt werden, dass sich zu Beginn des Therapie- und Förderaufent-

haltes der Großteil der Personen in einem schweren Stadium der Demenz befand.

Der FAST Mittelwert lag zu Beginn des TuF bei 7,8, das heißt, dass die Personen bei

fast allen alltäglichen Dingen Hilfe und Unterstützung benötigen. Dieser Wert ist

gleichzusetzen mit FAST Stage 6c (= beherrscht den Toilettengang nicht mehr).

Auch besteht die Möglichkeit, dass das verwendete Testinstrument nicht sensibel

genug ist, um in so hohen Stadien noch ausreichend zu differenzieren.

79

Es konnte ein signifikantes Ergebnis in Bezug auf die Belastung der Angehörigen,

welche mit der Globalen Beurteilungsskala des BEHAVE-AD-FS erfasst wurde, fest-

gestellt werden. Nach dem zweiwöchigen Aufenthalt und den Entlastungsmöglichkei-

ten für pflegende Angehörige, konnte bei 16 Personen eine Verbesserung bezüglich

der Belastungssituation erzielt werden. Am Ende des Therapie- und Förderaufenthal-

tes wurde von 42 Personen angegeben, keine Belastung oder eine leichte Belastung

zu empfinden.

Dieses Ergebnis überrascht insofern nicht, da die betroffenen Angehörigen zum Zeit-

punkt des Therapie- und Förderaufenthaltes bereits seit vielen Jahren einer enormen

Belastung ausgesetzt sind und der Leidensdruck aufgrund der Pflegebedürftigkeit

der dementen Angehörigen stetig steigt.

In der Literatur wird die Bedeutung der pflegenden Angehörigen immer stärker be-

rücksichtigt und es wird betont, durch entsprechende Entlastungsmöglichkeiten das

psychische und physische Wohlbefinden zu erhalten und zu fördern.

Ein wesentliches Ziel des Therapie- und Förderaufenthaltes ist es, den pflegenden

Angehörigen zahlreiche Möglichkeiten zur Entlastung und Hilfestellungen durch ein

professionelles Team anzubieten. Die positive Wirkung dieser Interventionen wird in

einer Reihe von Evaluationsstudien belegt. Die Gesprächsgruppen zielen auf emoti-

onale Unterstützung ab und es wird versucht, durch Information und Erfahrungsaus-

tausch hinsichtlich des Umgangs mit der Pflegesituation mehr Verständnis für den

Krankheitsprozess zu erlangen. Das Gefühl, mit der Situation nicht alleine zu sein,

fördert wesentlich die Selbstverantwortung und das Selbstbewusstsein.

Gerade zu Beginn des Aufenthaltes ist es für die pflegenden Angehörigen oft schwie-

rig, ihre dementen Angehörigen in die Obhut des Betreuungsteams zu geben. Doch

bereits nach wenigen Tagen stellt sich durch die Entlastung eine deutliche Entspan-

nung ein. Nicht mittels eines Testinstrumentes, sondern während vieler Gespräche

ist erkennbar, wie wichtig diese Interventionen für die pflegenden Angehörigen sind.

80

17. Kritikpunkte

Es konnte bei der vorliegenden Untersuchung keine Kontrollgruppe gestellt werden,

da dies den finanziellen Rahmen sprengen würde. Auch aus ethischen Gründen ist

es nicht vertretbar, Personen, die sich diesen teuren Aufenthalt selber bezahlen

müssen, kein Therapieangebot zukommen zu lassen. Es ist natürlich wünschens-

wert, eine Experimentalgruppe und eine unbehandelte Kontrollgruppe miteinander zu

vergleichen, um die erhobenen Daten richtig interpretieren zu können. Eine Interven-

tion zielt gerade im Bereich der Demenz nicht immer auf eine Verbesserung ab, son-

dern kann auch eine Stabilisierung bewirken oder eine Verlangsamung des Abbaus

zur Folge haben. Keine Veränderung bedeutet daher nicht zwangsläufig, dass die

Intervention erfolglos ist.

Die Verwendung des MMSE zur Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit er-

scheint mir bei Patienten in einem stark fortgeschrittenen Stadium der Demenz als

nicht effektiv, da die Aufgaben für diese Personen zu schwierig sind und ein schlech-

tes Testergebnis Ärger und Frustration herbeiführen können. Dieses Testinstrument

ist nicht unumstritten, wird jedoch trotz Kritikpunkten als das meist eingesetzte De-

menz-Screening-Verfahren verwendet.

Im Bereich der Alltagsfertigkeiten, die in der vorliegenden Untersuchung mit dem

FAST erfasst wurden, wäre auch zu überlegen, ob nicht andere Testinstrumente

sensibler im Bereich der funktionalen Fertigkeiten differenzieren könnten. Es werden

kleine positive Veränderungen, die während des Therapie- und Förderaufenthaltes

erzielt und vom Betreuungspersonal als auch von den pflegenden Angehörigen beo-

bachtet werden, nicht mittels eines Verfahrens erfasst. Diese kleinen Schritte in Rich-

tung positive Veränderung sind sehr wohl auf die Interventionsmaßnahmen zurück-

zuführen, aber auch das Wohlbefinden, die sozialen Kontakte und die besondere

Fürsorge während dieser zwei Wochen, wirken sich positiv auf das Verhalten der

dementen Personen und ihre Angehörigen aus.

81

Während der Therapie und Förderaufenthalte wird das Befinden der Angehörigen nur

mittels der globalen Beurteilung der BEHAVE-AD Skala erfasst. Es wäre zu überle-

gen, ob zusätzlich andere Testinstrumente zum Einsatz kommen sollten, die die sub-

jektive Belastung der Angehörigen erfassen können.

Bezüglich der Nachhaltigkeit der Interventionsmaßnahmen des Therapie- und För-

deraufenthaltes wäre festzuhalten, dass es sinnvoll wäre, den Kontakt zu den pfle-

genden Angehörigen aufrecht zu erhalten und in mehreren Zeitintervallen das Befin-

den dieser und der Betroffenen zu erfragen. Somit könnte festgehalten werden, ob

die Informationen und erlernten psychosozialen Techniken der Behandlung und

praktische Aspekte der Demenzpflege auch zuhause durchgeführt und Beachtung

finden.

18. Schluss Wie in der vorliegenden Untersuchung eindeutig hervorgeht, hat das Konzept des

Therapie- und Förderaufenthaltes positive Auswirkungen auf die betroffenen demen-

ten Personen und ihre pflegenden Angehörigen.

Der Verein M.A.S leistet durch das Angebot des Therapie- und Förderaufenthaltes

einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung und Unterstützung pflegender Angehöri-

ger und trägt in Österreich zur Verbesserung in der Versorgung von an Demenz er-

krankten Personen bei.

Es wäre wünschenswert, weitere Angebote in dieser Form flächendeckend in ganz

Österreich anzubieten und somit möglichst vielen Menschen in ihrer Situation helfen

zu können.

82

Literatur:

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Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin, 64, 146-148.

Alzheimer Forschung Initiative e.V. (2005). Die Alzheimer-Krankheit und andere De-

menzen. Düsseldorf: Autor.

Auer, S.R. & Lichtenegger, U. (2005). Modul 5 Beschäftigung. Unveröffentlichtes

Manuskript. M.A.S Alzheimer Akademie. Bad Ischl.

Auer, S.R., Monteiro, I.M. & Reisberg, B. (1996). Behavioral Pathology in Alz-

heimer´s Disease (BEHAVE-AD) Rating Scale. International Psychogeriatrics, 8 (3),

301 – 308.

Auer, S.R., Monteiro, I.M. & Reisberg, B. (1996). The Empirical Behavioral Pathology

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Tabellenverzeichnis: Tabelle 1: Charakteristika der leichten kognitiven Störung S. 8

Tabelle 2: Modifizierter Ischämiescore zur Diagnose einer Multiinfarkt-Demenz S. 12

Tabelle 3: Grundlagen der Retrogenese-Theorie S. 18

Tabelle 4: Functional Assessment Staging (FAST) S. 32

Tabelle 5: Einsatz und Wirkung von Antidementiva S. 37

Tabelle 6: Bedürfnisse dementer Personen nach der Retrogenese Theorie S. 49

Tabelle 7: Anzahl der GDS-Werte S. 63 Tabelle 8: Einteilung der Patienten nach FAST Messzeitpunkt 1 S. 63

Tabelle 9: Einteilung der Patienten nach FAST Messzeitpunkt 2 S. 63

Tabelle 10: statistische Kennzahlen der MMSE-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 65

Tabelle 11: Ergebnisse des T-Tests zum Unterschied in der MMSE-Skala S. 66

Tabelle 12: statistische Kennzahlen der BCRS-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 66

Tabelle 13 Ergebnisse des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der BCRS-Skala S. 67

Tabelle 14: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der BCRS-Skala S. 68

Tabelle 15: statische Kennzahlen der E-Behave-AD-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 69

Tabelle 16: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der E-Behave-AD-Skala S. 69

Tabelle 17: statistische Kennzahlen der Behave-AD-FS-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 70

Tabelle 18: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der Behave-AD-FS-Skala S. 71

Tabelle 19: statistische Kennzahlen der FAST-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 72

Tabelle 20: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der FAST-Skala S. 73

Tabelle 21: statistische Kennzahlen der Globalskala vor bzw. nach der Therapie S. 74

Tabelle 22: Ergebnis des Wilcoxon Tests zum Unterschied in der Globalen Beurteilung

der BEHAVE-AD-Skala S. 75

Abbildungsverzeichnis: Abbildung 1: Einteilung der Demenzformen S. 9

Abbildung 2: Fibrillen und amyloide Plaques S. 16

Abbildung 3: Altersverteilung in der Stichprobe S. 62

Abbildung 4: Verteilung nach Behave-AD-FS-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 71

Abbildung 5: Verteilung nach BEHAVE-AD-FS-Skala vor bzw. nach der Therapie S. 74