Unser Geld: wie sich kaufen anfühlt

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1 1. Schritt: Information Geld ist eine aufregende Sache. Für sich genommen ist es eigentlich nichts wert, und doch kann man so viele schöne Dinge dafür kaufen! Wir, die Klasse 5a des Attendorner St.-Ursula-Gymnasiums, haben im Politikunterricht versucht, den Geheimnissen des Geldes auf die Spur zu kommen. Hierzu haben wir uns anhand von Arbeitsblättern und mitgebrach- ten alten Münzen und Scheinen zunächst einmal gründlich informiert. Danach standen dann noch ein spannender Selbstversuch und ein paar Interviews mit Geschäftsleuten auf dem Programm. Aber der Reihe nach... Wie entstand das Geld? Handel gab es erst in einer Gesellschaft, in der sich nicht mehr jeder selbst versorgte. Erst indem sich die Menschen auf bestimmte Tätigkeiten spezialisierten, konnten sie einander Waren zum Kauf anbieten. Wenn jemand z. B. gerne Fisch aß, aber selbst „nur“ Jäger war, musste er bei einem Fischer seine erjagten Felle gegen dessen Fische eintauschen. So entstand der Naturaltausch. Dieser war allerdings sehr unbequem und zeitaufwändig, da man nicht immer einen geeigneten Tauschpartner fand und bei all dem Suchen nach einem Interessenten der Fisch zwischenzeitlich schon mal verderben konnte. So gingen die Menschen dazu über, mit sogenannten Zwischentauschmitteln zu handeln. Der Jäger gab dem Fischer für dessen Fische beispielsweise ein Stückchen Gold, und der Fischer konnte sich dann später für dieses Gold beim Angelhakenmacher ein paar neue Haken kaufen. Das Gold hatte dabei nur die Aufgabe, den Wert der Fische gewissermaßen zu speichern und für den Angelhakenmacher aufzubewahren.

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Unterrichtsprojekt der Klasse 5a des Attendorner St.-Ursula-Gymnasiums

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���������������������������������������� 1. Schritt: Information Geld ist eine aufregende Sache. Für sich genommen ist es eigentlich nichts wert, und doch kann man so viele schöne Dinge dafür kaufen! Wir, die Klasse 5a des Attendorner St.-Ursula-Gymnasiums, haben im Politikunterricht versucht, den Geheimnissen des Geldes auf die Spur zu kommen. Hierzu haben wir uns anhand von Arbeitsblättern und mitgebrach-ten alten Münzen und Scheinen zunächst einmal gründlich informiert. Danach standen dann noch ein spannender Selbstversuch und ein paar Interviews mit Geschäftsleuten auf dem Programm. Aber der Reihe nach...

Wie entstand das Geld?

Handel gab es erst in einer Gesellschaft, in der sich nicht mehr jeder selbst versorgte. Erst indem sich die Menschen auf bestimmte Tätigkeiten spezialisierten, konnten sie einander Waren zum Kauf anbieten. Wenn jemand z. B. gerne Fisch aß, aber selbst „nur“ Jäger war, musste er bei einem Fischer seine erjagten Felle gegen dessen Fische eintauschen. So entstand der Naturaltausch. Dieser war allerdings sehr unbequem und zeitaufwändig, da man nicht immer einen geeigneten Tauschpartner fand und bei all dem Suchen nach einem Interessenten der Fisch zwischenzeitlich schon mal verderben konnte. So gingen die Menschen dazu über, mit sogenannten Zwischentauschmitteln zu handeln. Der Jäger gab dem Fischer für dessen Fische beispielsweise ein Stückchen Gold, und der Fischer konnte sich dann später für dieses Gold beim Angelhakenmacher ein paar neue Haken kaufen. Das Gold hatte dabei nur die Aufgabe, den Wert der Fische gewissermaßen zu speichern und für den Angelhakenmacher aufzubewahren.

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Bei der Wahl der Zwischentauschmittel ließen sich die Menschen einiges einfallen. Ein per-fektes Zwischentauschmittel musste folgende Eigenschaften haben:

Es musste haltbar sein, damit es einem nicht „zwischen den Fingern zerrann“. Es musste sich gut teilen lassen, damit man gut damit rechnen konnte. Es musste gut zu transportieren sein, damit man es bequem bei sich tragen konnte. Es musste (relativ) selten sein, damit es sich nicht jeder problemlos beschaffen konnte. Es musste fälschungssicher sein (aus demselben Grund). Es musste von möglichst vielen Geschäftspartnern akzeptiert werden, denn ohne das

Vertrauen der Handelspartner war es nichts wert.

Gängige Zwischentauschmittel waren (etwa in Polynesien) sel-tene Muscheln und Schnecken-häuser, in Afrika Krummbeile und Eisenringe, in Ostasien Tee-ziegel. Sehr beliebt war jede Form von Edelmetallen, vor al-lem Silber und Gold, deren Wert sich nach ihrem Gewicht richtete. Damit man dieses Ge-wicht nicht immer umständlich auswiegen musste, begann man die Gewichtsangaben auf das Metall zu prägen. Daraus ent-standen dann im Lauf der Zeit (wahrscheinlich im 7. Jahrhun-dert vor Christus) die ersten Münzen. Leider entwickelten sich diese Münzen in verschiede-nen Regionen ganz unterschiedlich, so dass man trotzdem noch viel umrechnen musste. Erst Karl dem Großen gelang es 793, mit dem Denar für eine weite Fläche Westeuropas eine ein-heitliche Währung einzuführen. – Als den europäischen Herrschern später das Geld ausging, begannen sie Schuldscheine auszuschreiben. Hieraus entstand dann um 1500 das Papiergeld. Die Chinesen hatten dieses in Ostasien schon ein halbes Jahrtausend zuvor eingeführt, weil ihnen das Herumtragen des schweren Eisengeldes zu lästig war.

Heutzutage wird das Münz- und Papiergeld bei vielen Gelegenheiten vom sogenannten Giralgeld abgelöst, das heißt, eine Geldüberweisung wird nur noch „verbucht“, aber nicht mehr „in barer Münze“ vom Absender zum Empfänger transportiert. Eine Sonderform dieses „Buchgeldes“ findet man auf Scheckkarten, die einen bestimmten Wert (z. B. den des eigenen Bankkontos) repräsentieren und von denen bei Kaufaktionen auf elektronischem Weg Geld abgezogen wird.

Geld vereinfacht den Handel. Ohne Geld wäre der Austausch von Waren ganz schön umständlich und langwierig.

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2. Schritt: Selbstversuch

Als wir erfahren hatten, wie das Geld ent-standen ist, haben wir einen Selbstversuch gemacht: Wir wollten wissen, wie es ist, auf verschiedene Art und Weise zu be-zahlen. So haben wir in unserer Klasse in zwei aufeinanderfolgenden Schulstunden insgesamt drei Stationen aufgebaut. Jedes Kind brachte von zu Hause irgendwelche Kleinigkeiten mit, die es nicht mehr brauchte – sozusagen Flohmarktartikel. Dann wurde mit den Waren gehandelt.

Im ersten Durchgang durfte nur Ware gegen Ware getauscht werden. Der zweite Durchgang erlaubte ausschließlich das

Bezahlen mit Geld. Hierbei haben wir eine Obergrenze von 2 Euro Bargeld pro Schülerin bzw. Schüler festgelegt. Für den dritten Durchgang haben wir „fälschungssichere“ Wert-gutscheine zurechtgeschnipselt, die zunächst beim Politiklehrer gegen echtes Geld einge-tauscht werden mussten. Nur mit diesen Gutscheinen durften wir bezahlen. Zum Schluss konnten wir die Gutscheine dann wieder in Bargeld zurücktauschen. Später haben wir uns dann noch überlegt, statt mit Wertgutscheinen bargeldlos mit Chipkarten zu bezahlen. Das ging am besten über das Spiel „Monopoly Banking“, das einen Chipkartenleser enthält. So haben einige von uns Monopoly per Kartenbezahlung gespielt, andere haben das klassische Monopoly mit Spielgeld benutzt. Abschließend haben wir unser Kaufverhalten in den beiden Spielvarianten verglichen. – Hier einige Erfahrungsberichte: War unser Kaufverhalten bei allen Stationen gleich?

Unser Verhalten war nicht bei allen drei Stationen gleich. Bei der ersten Station (Geld gegen Ware) wurden die Angebote von den Verkäufern laut herumgeschrien, aber bei den anderen beiden Stationen (Ware gegen Ware und Ware gegen Wert-gutscheine) war es leiser und die Käufer ha-ben sich mehr umgeguckt und verhandelt. Manche Käufer haben ihre gekaufte Ware auch wieder teurer weiterverkauft. – Jose-phine

Beim direkten Tausch konnte man nicht verhandeln und man hatte nicht die Chance, günstiger wegzukommen. Mit Geld und mit den Gutscheinen hat man versucht zu handeln, was beim direkten Tausch nicht ging. – Jan

Beim direkten Tauschen sind wir hektisch durch die Klasse gelaufen und haben gefragt, ob jemand unsere Ware haben wollte. – Sophia

Mir ist aufgefallen, dass bei Station 2, dem Bezahlen mit Geld, am meisten gekauft wurde. – Luisa

Beim Tauschen von Ware gegen Ware herrschte in unserer Klasse ein ziemlicher Tru-bel, da alle auf der Suche nach einem geeigneten Tauschpartner waren. Beim Tausch mit Geld bzw. Gutscheinen war es ruhiger. Da die meisten gewohnt waren, mit Geld zu bezahlen, war hier der Umsatz am größten.

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Wo ist es uns leicht gefallen, Waren zu erwerben, un d wo war es für uns schwer?

Das Kaufen und Verkaufen mit Gutscheinen fand ich am schwersten, denn man hatte nur 100, 50, 20, 10, 5 Cent zur Auswahl und musste dafür etwas Passendes kaufen und verkaufen. Beim echten Geld war das einfacher, da hatte man mehr zur Auswahl. – Alina

Als wir mit normalem Geld bezahlt haben, war es leichter. Denn es war so, wie man immer bezahlt. Beim Tausch Ware gegen Ware war es hingegen schwerer; denn ich wollte gerne ein Buch von den „Drei ???“

haben und es gegen ein Kartenspiel tauschen, aber mein Tauschpartner wollte das Kartenspiel nicht haben. Bei den Wertgutscheinen war es noch schwerer; denn es gab nur 100-Cent-, 50-Cent-, 20-Cent-, 10-Cent- und 5-Cent-Bons. Wenn jemand 75 Cent haben wollte und ich nur einen 100-Cent-Bon hatte und er nicht wechseln konnte, war das sehr doof. – Aline

Mit Geld war es sehr leicht, denn wir konnten gut nehmen und geben. Mit den Gutscheinen war es schwerer, weil es nur 5-Cent-, 10-Cent-,. 20-Cent-, 50-Cent- und 100-Cent-Bons gab. Wenn man z. B. nur einen 50-Cent- und einen 20-Cent-Gutschein hatte, das Produkt aber 60 Cent kostete und der Verkäufer leider nicht wechseln konnte, war das ein Problem. Und so musste man sich immer überlegen: Gönne ich dem Verkäufer etwas mehr für diese Sache, weil ich sie unbedingt haben will – oder ist die Ware ihren Preis nicht wert? – Clara

Bei Station 1 (Ware gegen Ware) war es schwerer, da die Tauschwaren den gleichen Wert haben mussten. – Luisa

Wirklich am einfachsten war es, mit dem Geld zu handeln. Man konnte einfach an einen Stand gehen, fragen, wie viel eine Sache kostete, seinen Geldbeutel zücken und bezahlen. – Sophia

Mit Geld ging es am besten; denn wir hatten meistens alles passend. Bei Ware gegen Ware war es umso schwerer, Sachen zu erwerben, weil die Sachen nicht immer den gleichen Wert hatten. – Tommes

Ich habe besonders beim Tausch Ware gegen Geld einen großen Gewinn erwirtschaftet, indem ich die Preisschraube zunächst heruntergedreht habe. Dadurch habe ich mehr Interessenten bekommen. Je mehr Kinder sich für eines meiner Produkte interessierten, desto mehr habe ich den Preis wieder erhöht – z. B. habe ich ein „Lustiges Taschenbuch“ erst einmal auf 0,50 € gesetzt, und sofort interessierten sich drei Kunden dafür. Sogleich habe ich das Buch auf 1 € gesetzt und es dafür verkauft. Durch diese Masche habe ich einen hohen Gewinn erwirtschaftet. – Marius

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Beim Spiel „Monopoly Banking“ gibt man automatisch mehr Geld für Straßen, Hotels und Häuser aus, weil man das Geld nicht bei sich liegen hat, sondern es auf einer Karte gespeichert ist. Bei dem normalen Mo-nopoly liegt das Geld hingegen neben den Spielern und man achtet darauf, wie viel Geld man hat, und gibt we-niger aus. – Genauso ist es auch im richtigen Leben mit einer Chipkarte und echtem Geld. Mit einer Chipkarte ist man leichtsinniger, hat nicht den genauen Überblick und gibt mehr aus, als wenn man mit „sichtbarem“ Geld bezahlt. – Malena

Am einfachsten ist uns der Tausch mit Geld gefallen, denn den waren wir gewohnt. Beim Tausch Ware gegen Ware mussten wir erst mühsam einen passenden Tauschpart-ner suchen. Bei den Gutscheinen waren wir beim Kaufen etwas zurückhaltend, weil wir ihnen irgendwie nicht so ganz getraut haben. „Gefährlich“ war das Bezahlen mit Chip-karte. Da haben wir zum Teil mehr ausgegeben, als wir es mit echtem Geld getan hätten.

Wie denkt bzw. fühlt man, wenn man seine eigenen Waren gegen fremde tauscht, was, wenn man sein Geld für die Flohmarktartikel ausgibt, und was, wen n man bargeldlos bezahlt?

Beim direkten Tausch denkt man sich: „Hoffentlich war es ein fairer Tausch.“ Beim Kaufen und Verkaufen mit echtem Geld denkt man: „War es der richtige Preis oder war es zu teuer?“ Beim Tauschen mit Gutscheinen denkt man eigentlich gar nichts, man macht es einfach. – Alina

Beim Tausch Ware gegen Ware hatte ich ein unsicheres Gefühl. Ich wusste nicht, ob der Tausch „gerecht“ war. – Clara

Wenn ich gegen meine Sachen andere bekam, dachte ich zunächst: Okay! Aber nachher fand ich es irgendwie doch nicht mehr so gut. Wenn ich gegen Gutscheine tauschte,

dachte ich nachher, dass es doch nicht so gut war, dass ich das gekauft hatte, weil ich doch recht viel Geld ausgegeben hatte, was ich wegen der Gutscheine gar nicht bemerkt hatte. – Aline

Ich fand es nicht so toll, dass ich bei den ersten zwei Durch-gängen (Ware gegen Ware, Ware gegen Geld) meinen Schlüsselanhänger nicht verkaufen konnte. Haben wollten ihn einige Kameraden, aber leider nicht für 50 Cent. Beim dritten Durchgang (mit Gutscheinen) wollte ich ihn für 10 Cent verkaufen, doch da hatte keiner mehr Interesse, das war schade! – Clara

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Ich habe wenig verkauft, weil ich nicht die beste Ware hatte. Aber es hat mich nicht geärgert. – Josephine

Man denkt, wenn man seine eigenen Sachen gegen fremde tauscht, ob das wohl sinnvoll ist. Es ist auch komisch, wenn man eine Sache tauscht, die man eigentlich total gerne hat, aber trotzdem nicht behalten will. – Wenn man diese gegen Gutscheine oder Geld tauscht, ist das etwas anderes. Denn dann hat man ein Zwischentauschmittel, weil man sich für das Geld oder den Gutschein ja auch noch etwas anderes kaufen kann. – Jule

Ich habe mich komisch gefühlt, als wir Ware gegen Ware tauschen sollten. Ich habe mir ge-dacht, dass derjenige, der mein Produkt erwirbt, es dann vielleicht nochmal gegen Geld, Ware oder Gutscheine tauscht. – Pia

Als ich meine Sachen direkt gegen andere tauschte, dachte ich teilweise, dass meine angebo-tene Ware mehr Wert gehabt hätte als die eingetauschte. Beim Handel mit Geld oder Gut-scheinen bekam ich so viel, wie ich verlangte, oder es wurde fair verhandelt. – Viktoria

Wenn ich z. B. mit Geld oder Gutscheinen kaufe, dann denke ich: „ So, jetzt hast du dir was gegönnt!“ Beim direkten Tauschen Ware gegen Ware fühle ich nichts, weil man die Ware eigentlich nur wechselt. Andererseits ist der direkte Tausch für Leute, die nicht genügend Geld haben, sich etwas Neues zu kaufen, eine sinnvolle Lösung. – Simon

Wenn man erfolgreich gegen Geld oder Gutscheine getauscht hat, hat man gefühlt, wie in einem der Stolz angeschwollen ist. Dabei hatte man dann auch mehr Verkaufslust. Aber wenn dann keiner mehr kam, spürte man in sich die Trauer aufsteigen. – Sophia

Manchmal tat es einem im Nachhinein leid, eine Ware gegen eine andere getauscht zu haben. Hatte man sie allerdings gegen Geld oder einen Gutschein eingetauscht, konnte man sich immerhin noch mit der Aussicht trösten, sich für das eingenommene Geld spä-ter etwas Schönes kaufen zu können.

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3. Schritt: Interviews Natürlich wollten wir auch wissen, wie im „richtigen Leben“ die Waren getauscht und die Preise ausgehandelt werden. Deswegen haben einige von uns, mit Diktiergeräten bewaffnet, hierzu verschiedene Geschäftsleute – Eltern, Freunde und Nachbarn – befragt und die Inter-views später „von Band“ abgeschrieben. Hier eine Auswahl der Antworten: Wie machen Betriebe ihre Preise?

Gisela W. (49), kaufmännische Angestellte im Kaufpark Finnentrop:

Bevor der Kaufpark ein Produkt verkaufen kann, muss der Preis für das Produkt festgelegt, d. h. kalkuliert werden. In die Kalkulation müssen alle Kosten einfließen, die der Kaufpark hat, z. B. die Kosten für das Personal oder für den Verkaufsraum (Reinigung, Heizung, Reparaturen) und fürs Lager (Miet- oder Logistikkosten). Auch Büro- und Porto-kosten müssen berücksichtigt werden. Ebenso werden die Transportkosten umge-legt, die für die Lkws (Blumen, Brot, Ge-tränke), Flugzeuge (z. B. Bananen, Orangen), Eisenbahnen (Getreide, z. B. für Müslis oder Haferflocken) und Schiffe (Tief-kühlware, Fisch) bezahlt werden, damit die Ware vom Produzenten zum Zentrallager der Rewe und von dort bis zum Kaufpark ge-bracht werden kann. Für die Kredite bei einer Bank muss der Kaufpark Zinsen bezahlen, die sind ebenfalls einzurechnen. Auch Rabatte für Kunden muss man eigentlich kalkulieren, diese sind im Lebensmitteleinzelhandel aber nicht üblich. Zum Schluss wird noch der Gewinn fest-gelegt, der im Einzelhandel auch Spanne genannt wird. Die Kalkulation des Verkaufspreises muss gut überlegt werden, damit der Kaufpark auch Käufer findet. Hierbei muss auch an die Mitbewerber (z. B. Edeka, Marktkauf) gedacht werden, die ebenfalls die Produkte, die es im Kaufpark gibt, anbieten.

Manfred S. (50), Schornsteinfegermeister in Attendorn:

Die Preise werden von den Behörden festgelegt. Sie werden deutschlandweit durch verschie-dene Gutachten ermittelt. Es werden Zeiten gemessen, wie lange man für die einzelnen Ar-beiten benötigt, wie lange man zum Kunden fährt, wie lange es dauert, bis jemand die Tür öffnet usw. Dadurch werden die Preise festgelegt, in einem Katalog mit insgesamt 523 Ge-bühren festgehalten und je nach Arbeit dem Kunden in Rechnung gestellt.

Markus F. (49), Bauking-Filialleiter in Plettenberg:

Verkaufspreise in den Firmen entstehen durch den Einstandspreis. Der Einstandspreis ist der sogenannte Einkaufspreis. Dazu kommen zusätzlich noch Porto, die Frachtkosten, Löhne, Gehälter, Strom- und Heizungskosten und dann kommt noch ein kalkulatorischer Aufschlag dazu, sodass wir einen Verkaufspreis haben. – Die Lagerkosten entstehen durch die Lager-dauer, die Lagermitarbeiter, Stapler- und Spritkosten und Regale.

Eva K. (42), Landwirtin (Erdbeeren Korte) in Attendorn:

Es kommt auf die Menge der Erdbeeren auf dem Gesamtmarkt an. Die Menge ist vom Wetter (Frost, Regen, Trockenheit) und von anderen Faktoren wie Schädlingen abhängig. Gute Qua-lität erzielt gute Preise. Wichtig sind während der Erntezeit schönes warmes Wetter und Sonne. Deutsche Erdbeeren, die im zeitigen Frühjahr angeboten werden können, erzielen auf-grund der starken Nachfrage beim Konsumenten erfahrungsgemäß Höchstpreise.

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Matthias P. (48), Vertriebsleiter der Firma Viega in Attendorn:

Die Preise ermittelt bei uns die Kalkulationsabteilung. Dazu muss man wissen, dass Viega ein Industriebetrieb ist, der Produkte selber herstellt und dann auch selber verkauft. Um ein Produkt herzustellen, werden verschiedene Dinge benötigt. Für Rohrverbindungen braucht man z. B. Rotguss. Der ist also ein Teil der Materialkosten. Diese bestehen aus den Kosten für das Fertigungsmaterial und den sogenannten Materialgemeinkosten. Die Gemeinkosten sind die Kosten für die Fabrikhalle, in der produziert wird, oder die Kosten für die Maschinen, mit denen das Produkt hergestellt wird. Und dann muss man noch die Fertigungskosten, beispielsweise die Löhne der Arbeiter, berücksichtigen. Hinzu kommen weiter die sogenannten Fertigungsgemeinkosten, z. B. Kosten für Energie, Strom und Wasser. Wenn

man all diese genannten Kosten addiert, erhält man die Herstellkosten. – Zu den Herstellkosten kommen aber noch weitere Kosten hinzu, die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten. Das sind die Kosten, um die Produkte zu vermarkten, um sie auf Messen auszustellen und sie mit dem Lkw zum Kunden zu transportieren. Auch mein Einkommen ist den Verwaltungs- und Vertriebs-gemeinkosten zuzurechnen. Zum Schluss gibt es noch den Gewinn, den ein Unternehmen ja machen muss, um auch in Zukunft weiterarbeiten zu können. Das ist auch die Belohnung für den Unternehmer für seinen unternehmerischen Ein-satz und das Risiko, das er eingeht.

Auf den Verkaufspreis kann man noch Skonto draufrechnen. Das ist ein kleiner Nachlass, den der Kunde erhält, wenn er pünktlich zahlt. Für die Abnahme großer Mengen können noch Rabatte gegeben werden. Auch die müssen vorher zu dem Preis hinzuaddiert werden, damit man hinterher keinen Verlust macht.

Neben der reinen Kalkulation des Verkaufspreises ist die Beobachtung des Marktes von großer Wichtigkeit. Das bedeutet, dass wir ständig im Auge haben müssen, welches Preis-Leistungs-Verhältnis unsere Konkurrenten haben. Dürfen wir unsere Produkte teurer anbieten, weil wir technisch besser sind oder sich die Teile z. B. leichter montieren lassen? Wenn wir aber feststellen, dass der Wettbewerb vergleichbare Produkte hat und wir mit unseren Leis-tungen einfach zu teuer sind, müssen wir unsere Preise senken. Dann schauen wir wieder auf die Kalkulation: Wie weit sinkt der Gewinn, wenn wir den Marktpreis der Produkte senken? Bis zu einem gewissen Punkt kann man das mitmachen. Da habe ich auch einen gewissen Entscheidungsspielraum. Wenn der ausgeschöpft ist, kann ich noch meine Chefs fragen. Ist der Gewinn letztlich zu gering, dann ist das ein Geschäft, auf das man verzichten muss. Und daher gibt es auch mal das eine oder andere Produkt, das Viega dann nicht mehr herstellt und vom Markt nimmt. Am höchsten ist der Gewinn bei neuen Produkten, sogenannten Innova-tionen, die möglichst Vorteile oder Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb ha-ben, so dass man sie teurer verkaufen kann. Daher steckt Viega sehr viel Aufwand in For-schung und Entwicklung neuer Produkte.

In den Preis einer Ware gehen viele Faktoren ein, an die man als einfacher Kunde gar nicht immer denkt – zum Beispiel die Kosten für den Transport der Ware zum jeweili-gen Markt, für die Lagerung und für das Verkaufspersonal. Wichtig ist auch, dass die Verkäufer bei der Auspreisung ihrer Ware immer die Preise der Konkurrenz im Auge haben müssen, damit sie auf ihrem Angebot nicht „sitzen bleiben“.