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DEUTSCH-POLNISCHE AKADEMISCHE GESELLSCHAFT e.V. Deutsch-Polnische Akademische Gesellschaft e.V. www.dp-ag.org © Agnieszka !uczak/Aleksandra Pietrowicz 2012 Agnieszka !uczak, Aleksandra Pietrowicz Institut des Nationalen Gedenkens in Pozna" Unsere Ausstellung „Alltag im besetzten Wielkopolska 1939- 1945“ Übersetzt von Sebastian Engel Das Ziel der von uns im Auftrag der Abteilung für öffentliche Bildung des Instituts für Nationales Gedenken vorbereiteten und im Februar 2003 erstmals gezeigten Ausstellung war es, die Rahmenbedingungen des Alltagslebens unter NS-Besatzung unter möglichst vielen Gesichtspunkten darzustellen. Infolge der von uns durchgeführten Recherchen erhielten wir vielfältiges fotografisches Material, das verschiedene Lebensbereiche disproportional zur Ansicht brachte. Dies ergab sich aus dem Übergewicht der deutschen Propagandafotografie, die gleichermaßen aus den offiziellen Verlagen und der NS-Presse dieser Zeit stammten (beispielsweise aus der Tageszeitung „Ostdeutschen Beobachter“ und „Wartheland. Zeitschrift für Aufbau und Kultur im Deutschen Osten“; dem Buch der Deutschen Arbeitsfront (Hrsg.), Wartheland – Verfall und Aufbau, 1941, und dem Wartheländischen Bauernkalender, 1942), wie auch aus dem Bestand der „Landesbildstelle Wartheland – Stadtbildstelle der Gauhauptstadt Posen“ und der „Kreisbildstelle Turek“. Die Fotografien der Landesbildstelle wurden von professionellen Fotografen hergestellt, woraus sich ihre gute Qualität unter technischem und ästhetischem Gesichtspunkten erklärt. Die zweite Art von uns verwendeter Fotografien waren private Aufnahmen, die sich in geringerer Zahl erhalten haben. Sie sind jedoch wertvolle Quellen zum Alltagsleben, da sie für die privaten Bedürfnisse der Einwohner der Region entstanden, sowohl der Deutschen als auch der Polen. Diese Fotos konnten wir vor allem in den Regionalmuseen und Familienarchiven finden. Wesentlich ist hierbei, dass meist ihre Herkunft bekannt ist. Manchmal wurden in diesen Fällen die Geschichte der abgebildeten Personen und Objekte, Aufnahmeort und –datum festgehalten. Eine interessante Quelle ist beispielsweise die Chronik der deutschen Schule in Chrzypsko Wielkie („Chronik der Volksschule Groß-Seeberg“), in der Fotografien der Landschullehrerin verwendet wurden. Die dritte Art von uns verwendeter Fotografien sind von polnischen Widerstandsorganisationen hergestellte Aufnahmen, die großen Wert auf eine Dokumentation der Besatzungspolitik legten. Die Mehrheit dieser Materialien fiel bei der Verhaftung der Mitglieder der Informations- und Dokumentationsabteilung der Delegatur der polnischen Exilregierung in Poznan (Wydzia# Informacji i Dokumentacji Delegatury Rz$du w Poznaniu) in die Hände der Gestapo. Die an die Delegatur der polnischen Exilregierung (Biuro Zachodni Delegatury Rz$du) in Warschau übermittelten Fotografien wurden während des Warschauer Aufstandes vernichtet. Einige dieser Fotografien sind abgedruckt in dem 1942 von der polnischen Exilregierung in London veröffentlichten Buch „The German New Order in Poland“.

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DEUTSCH-POLNISCHE

AKADEMISCHE

GESELLSCHAFT e.V.

Deutsch-Polnische Akademische Gesellschaft e.V.www.dp-ag.org

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Agnieszka !uczak, Aleksandra Pietrowicz

Institut des Nationalen Gedenkens in Pozna"

Unsere Ausstellung „Alltag im besetzten Wielkopolska 1939-

1945“Übersetzt von Sebastian Engel

Das Ziel der von uns im Auftrag der Abteilung für öffentliche Bildung des Instituts fürNationales Gedenken vorbereiteten und im Februar 2003 erstmals gezeigten Ausstellungwar es, die Rahmenbedingungen des Alltagslebens unter NS-Besatzung unter möglichstvielen Gesichtspunkten darzustellen.

Infolge der von uns durchgeführten Recherchen erhielten wir vielfältigesfotografisches Material, das verschiedene Lebensbereiche disproportional zur Ansichtbrachte. Dies ergab sich aus dem Übergewicht der deutschen Propagandafotografie, diegleichermaßen aus den offiziellen Verlagen und der NS-Presse dieser Zeit stammten(beispielsweise aus der Tageszeitung „Ostdeutschen Beobachter“ und „Wartheland.Zeitschrift für Aufbau und Kultur im Deutschen Osten“; dem Buch der DeutschenArbeitsfront (Hrsg.), Wartheland – Verfall und Aufbau, 1941, und demWartheländischen Bauernkalender, 1942), wie auch aus dem Bestand der„Landesbildstelle Wartheland – Stadtbildstelle der Gauhauptstadt Posen“ und der„Kreisbildstelle Turek“. Die Fotografien der Landesbildstelle wurden vonprofessionellen Fotografen hergestellt, woraus sich ihre gute Qualität unter technischemund ästhetischem Gesichtspunkten erklärt.

Die zweite Art von uns verwendeter Fotografien waren private Aufnahmen, diesich in geringerer Zahl erhalten haben. Sie sind jedoch wertvolle Quellen zumAlltagsleben, da sie für die privaten Bedürfnisse der Einwohner der Region entstanden,sowohl der Deutschen als auch der Polen. Diese Fotos konnten wir vor allem in denRegionalmuseen und Familienarchiven finden. Wesentlich ist hierbei, dass meist ihreHerkunft bekannt ist. Manchmal wurden in diesen Fällen die Geschichte der abgebildetenPersonen und Objekte, Aufnahmeort und –datum festgehalten. Eine interessante Quelleist beispielsweise die Chronik der deutschen Schule in Chrzypsko Wielkie („Chronik derVolksschule Groß-Seeberg“), in der Fotografien der Landschullehrerin verwendetwurden.

Die dritte Art von uns verwendeter Fotografien sind von polnischenWiderstandsorganisationen hergestellte Aufnahmen, die großen Wert auf eineDokumentation der Besatzungspolitik legten. Die Mehrheit dieser Materialien fiel bei derVerhaftung der Mitglieder der Informations- und Dokumentationsabteilung der Delegaturder polnischen Exilregierung in Poznan (Wydzia# Informacji i Dokumentacji Delegatury

Rz$du w Poznaniu) in die Hände der Gestapo. Die an die Delegatur der polnischenExilregierung (Biuro Zachodni Delegatury Rz$du) in Warschau übermitteltenFotografien wurden während des Warschauer Aufstandes vernichtet. Einige dieserFotografien sind abgedruckt in dem 1942 von der polnischen Exilregierung in Londonveröffentlichten Buch „The German New Order in Poland“.

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Unser Ziel war eine Erfassung der Erscheinungen des Alltagslebens von Polen undDeutschen durch das Prisma derselben oder ähnlicher Lebenssituationen, was bisweilenunmöglich war. Nur in sehr geringem Umfang ließ sich das Alltagsleben der jüdischenBevölkerung darstellen, von der ein Drittel in der Jahreswende 1939/40 in das Gebiet desGeneralgouvernements ausgesiedelt wurde. Aus diesem Grund werden hier nurFotografien von Polen und Deutschen gezeigt.

Abb. 1: Die vierte Teilung Polens infolge des deutschen und sowjetischen Überfalls 1939. Das Gebiet desDeutschen Reichs in den Grenzen von 1937 ist blau markiert. Die 1939 annektierten und besetzten Gebietedes Deutschen Reichs sind hellblau dargestellt. Karte: Sansculotte/Wikipedia.

Den chronologischen Rahmen der Ausstellung bildet die Zeit der nationalsozialistischenBesatzung der Region Wielkopolska, d.h. September 1939 – Februar 1945. Dengeografischen Rahmen bilden die Vorkriegsgrenzen der Woiwodschaft Poznan. Diesewurde zusammen mit Teilen der Woiwodschaft Pomorze, Lodz und Warszawa durch dasDekret Adolf Hitlers vom 8. Oktober 1939 als Reichsgau Wartheland an das DeutscheReich angegliedert. Diese Verwaltungseinheit des Dritten Reichs setzte sichausschließlich aus Gebieten zusammen, die bis 1939 nicht zum deutschen Staat gehörten.Es handelte sich um eine Fläche von 44.000 qkm mit 4,9 Mio. Einwohnern (darunter

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4,19 Mio. Polen, 325.000 Deutsche und 385.000 Juden). Die Fläche der Vorkriegs-Woiwodschaft Poznan dagegen betrug 28.100 qkm mit 2.339.000 Einwohnern.

Abb. 2: Amtseinführung von Arthur Greiser (mitte) in Posen, im Hintergrund das Schloss, November 1939(Bundesarchiv Bild 183-E12078/Wikipedia)

Der Reichsstatthalter und zugleich Gauleiter der NSDAP des Reichsgau Wartheland warwährend der gesamten Besatzungszeit Arthur Greiser. Das Ziel seiner Politik war es, ausdem Reichsgau einen Mustergau des Dritten Reichs zu schaffen. DieseVerwaltungseinheit wurde von ihm und seinen Vorgesetzten in Berlin auch als„Exerzierfeld des Nationalsozialismus“ verstanden.

Die polnischen Einwohner des Gebiets dagegen bezeichneten es als „StraflagerWartheland“. Die Realisierung der nationalsozialistischen Politikziele determinierte alleErscheinungen des Alltagslebens der Bewohner des Reichsgau Wartheland. Daswichtigste Element dieser Politik war eine schnelle und vollständige Germanisierung desBodens (nicht der Menschen), die mittels direkter und indirekter Vernichtung der„ungermanischen“ Bevölkerung durchgesetzt wurde.

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Abb. 3: Einmarsch des deutschen Militärs in Leszno (Lissa), Marktplatz – Südseite, Blick auf die Adolf-Hitler-Straße, 4. September 1939, Fotograf: Tomasz Tritt (Muzeum Okr%gowe w Lesznie)

Im Zeitraum vom September 1939 bis zum Mai 1940 wurde die sog. politischeFlurbereinigung und Intelligenzaktion durchgeführt. Es ging dabei um die Vernichtungder polnischen Eliten durch massenhafte Erschießungen und Einweisungen inKonzentrationslager. Ihr zum Opfer fielen insgesamt etwa 15.000 Personen im gesamtenReichsgau Wartheland.

Abb. 4: Exekution in Kórnik am 20. Oktober 1939, bei der insgesamt 15 Personen erschossen wurden,Fotograf unbekannt (Bundesarchiv Bild 146-1968-034-19A/Wikipedia)

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Abb. 5: Austausch der polnischen Straßennamen gegen deutsche in Pozna" (Posen), Plac Wolno&ci

(Wilhelmsplatz), Fotograf unbekannt (Bundesarchiv Bild 183-E11572/Wikipedia)

Zugleich fand eine vollständige äußere Germanisierung statt, indem die Namen derOrtschaften, der Straßen und die Sprache der öffentlich sichtbaren Schilder verändertwurden. Das Polentum verschwand völlig aus dem äußeren, offiziellen Leben.

Abb. 6: Wegweiser in Turek, 1939-1945, Foto: Kreisbildstelle Turek.(Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

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Begleitet wurde dieser Prozess von einer Vernichtung der Denkmäler, Bücher undsonstigen Zeugnisse der polnischen Besiedlung und Kultur dieses Territoriums.

Abb. 7: Die zerstörte Mutter-Gottes-Grotte in Krotoszy", Fotograf unbekannt(Muzeum Regionalne w Krotoszynie)

Ein weiteres Element der Besatzungspolitik war die Enteignung des gesamten polnischenund jüdischen Immobilieneigentums (Wohnungen, Werkstätten, Landbesitz,Industrieanlagen) sowie des überwiegenden Teils ihres beweglichen Eigentums.

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Abb. 8: Aussiedlung von Polen aus dem Kreis Jarocin. Die Ausgesiedelten stehen am Franziskaner-Klosterin Jarocin, 8./9. Dezember 1939. Aus dem Kreis Jarocin wurden etwa 1.000 Personen deportiert, von denen

ein Teil im Franziskaner-Kloster „gesammelt“ wurde. (Muzeum Regionalne w Jarocinie)

Von November 1939 an wurde die polnische und jüdische Bevölkerung in dasGeneralgouvernement ausgesiedelt. Den Ausgesiedelten wurden häufig nur zehnMinuten gegeben, um ihre persönliche Habe zusammen zu packen. Insgesamt wurden bisMärz 1941 etwa 280.000 Polen und 100.000 Juden abtransportiert. Die verbleibendejüdische Bevölkerung sollte vollständig vernichtet und die polnische rücksichtslosausgebeutet werden.

Abb. 9: Aussiedlung von Polen aus dem Kreis Jarocin. Die Ausgesiedelten auf dem Weg vom Kloster zumBahnhof in Jarocin, 8./9. Dezember 1939. (Muzeum Regionalne w Jarocinie)

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Abb. 10: Bessarabiendeutsche beziehen ein Landgut, Kreis Ko&cian.(Wartheländischer Bauernkalender 1942, S. 66)

Anstelle der Ausgesiedelten und Ermordeten wurden von 1940 an sog. Volksdeutschevor allem aus den baltischen Ländern, Wolhynien und Rumänien angesiedelt. Bis in denNovember 1944 wurden von ihnen im gesamten Reichsgau Wartheland etwa 537.000angesiedelt. Ein Effekt dieser Politik war die Veränderung der nationalen Struktur desGebiets. Im April 1944 betrug die Einwohnerzahl des Reichsgau Wartheland 4,4 Mio,verringerte sich also um etwa eine halbe Million (die Einwohner setzten sich nun aus

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3,33 Mio. Polen und 1,13 Mio. Deutschen zusammen), wobei die Zahl der Deutschen aufinsgesamt 23% der Bevölkerung in der Verwaltungseinheit stieg.

Abb. 11: Deutsche Ansiedlerin aus Bessarabien, 22.6.1943. Foto: Landesbildstelle Posen(Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu)

Trotz der Betreuung und Hilfe, welche die deutsche Zivilverwaltung ihnen zukommenließ, blieben sie in ihrem neuen Umfeld entfremdet. Entgegen der offiziellen Propagandabestanden unter den verschiedenen deutschen Gruppen Vorurteile und Animositäten.

„Insgesamt – fühlen sich die Deutschen unwohl. Trotz des Ablaufs dreier Jahre gelang esnicht, ein Gefühl nationaler Einheit zu schaffen. Es handelt sich eher um aus ganz

Europa zusammen getriebene Gruppen, die einander seelisch fremd sind. Es trennen siezu große kulturelle und soziale Unterschiede.“

Raporty z ziem wcielonych do III Rzeszy (1942-1944) [Berichte aus den in das Dritte Reich eingegliederten Gebieten(1942-1944)]. Hrsg. v. Zbigniew Mazur, Aleksandra Pietrowicz, Maria Rutowska, Pozna! 2004, S. 33.

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Abb. 12: Eine polnische Familie am Sarg des während der Aussiedlung verstorbenen Franciszek Gauza,Chocicza, 27. November 1941 (Muzeum Regionalne w Jarocinie – Fotografie aus der Privatsammlung

Ludwik Jacoszek)

Ein Beitrag zum Verständnis der Lage der Ausgesiedelten können zwei Fotografien sein,die thematisch mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Polen Jacoszek aus dem DorfChwa#kowo bei Jarocin verbunden sind. Er wurde zusammen mit seiner Familieausgesiedelt. Eine Etappe ihres Weges war die Schule in der Ortschaft Chocicza, wo sieübernachteten. Dort starb infolge der mit der Aussiedlung verbundenen Erlebnisse derSchwiegervater. In dem landwirtschaftlichen Betrieb wurde eine Familie vonSchwarzmeerdeutschen angesiedelt. Kurz darauf starb der Vater dieser Familie.

Abb. 13: Der verstorbene Georg Ruebe („Schwarzmeerdeutsche“) aus der Familie, die den Betrieb vonJacoszek in Chwa#kowo übernahm (Muzeum Regionalne w Jarocinie – Fotografie aus der Privatsammlung

Ludwik Jacoszek)

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Die Trennung der Nationalitäten

Polen wurde der Aufenthalt an Orten verboten, die als „Nur für Deutsche“gekennzeichnet wurden.

Abb. 14: Park Wilson in Pozna" (Posen), ohne Datum, Fotograf unbekannt(Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu – zbiór fotografii)

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Abb. 15 und 16: „Deutsches Schwein“(links) und „Polnisches Schwein“ (rechts) nach Darstellung desWartheländischen Bauernkalenders 1942, S. 128.

Der Rassendoktrin des Nationalsozialismus entsprechend wurde eine vollständigeTrennung zwischen Deutschen („Herrenmenschen“) und dem Rest der Bevölkerung(„Untermenschen“) durchgeführt. Freundschaftliche Kontakte, Heiraten usw. zwischendiesen Gruppen wurden verboten. Dies wurde begleitet von einer Propaganda desLächerlichmachens („Polnische Wirtschaft“) und vielen Schikanen, beispielsweise derPflicht, alle Deutschen zu grüßen, ihnen den Bürgersteig freizumachen usw.

Abb. 17: Polnische Kinder vor dem Hintergrund baufälliger örtlicher Gebäude, Turek, Mai 1942.Foto: Kreisbildstelle Turek. (Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

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Abb. 18: „Polnische Wirtschaft“ – ein polnischer Betrieb in Lezeczki (Klein-Lentschütz), 29.5.1940,fotografiert von einer deutschen Volksschul-Lehrerin, aus der „Chronik der Volksschule Groß-Seeberg“

(Muzeum Regionalne w Mi%dzychódzie)

Abb. 19 und 20: Das Innere einer Hütte, Tuliszków, 20.8.1942, Foto: Kreisbildstelle Turek(Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

Im Bericht der Delegatur der polnischen Exilregierung stand:

„Die ungezählten Anordnungen und Vorschriften drangen tief in das Privatleben ein, dasKontrollsystem entblößte es und glich es einem Kasernenleben an. Diese Öffentlichkeitdes Lebens, das Fehlen eines privaten Asyls vor der Kontrolle durch den Okkupanten,zählt zu dem schwersten Unglück, das auf die polnische Bevölkerung des Reichsgau

Wartheland fällt.“

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Polen wurden in die schlechtesten Wohnungen umgesiedelt, wo primitive hygienischeVerhältnisse und eine große Enge herrschten.

„Die eigenen vier Wände verloren ihren wesentlichen Charakter. In einem überbelegten,mit Haushaltsgegenständen überladenem Zimmer war es schwer, ein Eckchen für sichselbst zu finden, wo man sich entspannen konnte. Die Rolle der eigenen vier Wände alsZitadelle im Kampf mit dem Deutschtum wurde durch das nationalsozialistische System

stark erschwert, da es das polnische Familienleben zerschlug.“

Abb. 21: Die Familie Latuszek mit dem Bild „Zbuntowany orze#“, die auf diese Weise den Jahrestag ihrerHochzeit zugleich als Form des Widerstands gegen die Besatzungswirklichkeit beging, 1941.

(Muzeum Regionalne w Krotoszynie)

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Die Polen in der Verwaltungseinheit waren keine Bürger des Deutschen Reiches, sondernnur sog. Schutzangehörige. Doch wurden sie mit zusätzlichen Abgaben belastet(„Polenabgabe“). Die deutsche Bevölkerung dagegen wurde mit verschiedenartigen,formal freiwilligen Abgaben verfolgt. Hierzu zählten beispielsweise öffentlicheSammlungen für das „Winterhilfswerk“.

Abb. 22: Wasserholen am örtlichen Brunnen an der „Strasse der S.A.“ (heute: ul. S. 'eromskiego) in

Turek, Januar 1942. Foto: Kreisbildstelle Turek. (Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

Im Winter herrschte bittere Kälte. Die Polen im Reichsgau Wartheland erhielten nur einViertel der Kohle-Zuteilungen, die Deutsche erhielten. Mit dem weiteren Andauern desKrieges begrenzte die Besatzungsverwaltung den Verbrauch von Strom, Gas und Ölimmer weiter, was die gesamte Bevölkerung betraf.

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Abb. 23: Deutsches „Musterhaus“. Foto: Landesbildstelle Posen (Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu)

Die deutsche Bevölkerung wurde bei den Wohnbedingungen bevorzugt behandelt. Fürsie wurden Modellwohnungen auf hohem Standard gebaut, die mit drei Zimmern undeinem Bad, fließendem Wasser, Gas und Elektrizität ausgestattet waren. DieWohnsituation der deutschen Bevölkerung verschlechterte sich, als begonnen wurde,Deutsche aus den bombardierten Städten des alten Reichsgebiets in den ReichsgauWartheland zu evakuieren.

Abb. 24: Deutsche Familie aus der Umgebung Jarocins, Fotograf unbekannt. (Muzeum Regionalne wJarocinie)

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Abb. 25 (links): Kind vor einem Haus in Radziejowski (?), Kreis unbekannt, im Reichsgau Wartheland,Mai 1942, Foto: Landesbildstelle Posen (Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu).

Abb. 26 (rechts): „Spielplatz nur für deutsche Kinder“ an der ul. Ogrodowa in Posen, 1941 (Archiwum

Pa"stwowe w Poznaniu - zbiór fotografii).

Besonders schwer war die Situation polnischer Kinder, insbesondere der jüngsten, derenMütter zu langen Arbeitstagen verpflichtet wurden. Die Besatzungspolitik zielte auf eineBegrenzung der Geburtenraten von Polen u.a. durch eine Erschwerung neuer Ehen undeine Zerschlagung bereits bestehender. In den meisten Landkreisen wurden kirchlicheHochzeiten für Polen verboten. Von Mai 1943 wurden höhere Altersgrenzen für diestandesamtlichen Heiraten von Polen eingeführt. Es wurden minimale Sozialleistungenvorgesehen und die medizinische Versorgung war unzureichend.

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Abb. 27: Illustration zur Propagierung kinderreicher Familien, Wartheländischer Bauernkalender 1942.

Demgegenüber wurde der Kinderreichtum in deutschen Familien propagiert, ein Systemsozialer Hilfen für sie ausgebaut sowie spezielle Auszeichnungen für Mütter verliehen,die eine große Zahl von Kindern bekamen.

Abb. 28: Porträt einer für ihre Kinderzahl mit einem „Ehrenkreuz“ ausgezeichneten deutschen Mutter.(Muzeum Pa#ac Gorków w Szamotu#ach)

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Es entstanden ferner zahlreiche Kindergärten, Schulen und Betreuungszentren fürdeutsche Kinder.

Abb. 29: Eine deutsche Familie fotografierte sich selbst auf einer Bank mit der Beschriftung „Nur fürDeutsche“ im Park (heute: Ko&ciuszko-Park) in Leszno, der 1939-1945 nur für Deutsche zugänglich war.

(Bild aus dem Wartheländischen Bauernkalender 1942)

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Abb. 30: Das Innere des Geschäfts Wagner an der Straße des 13. September (heute: ul. Kaliska), Turek,Mai 1942, Foto: Kreisbildstelle Turek. (Muzeum Rzemios# i Tkackich w Turku)

Im Verlauf der Besatzungszeit wurde das Reglementierungssystem der Zuteilung vonLebensmitteln und anderen Artikeln verschärft. Die Lebensmittelkarten für Polen sahenniedrigere Zuteilungen vor als die für Deutsche. Arbeitende Polen erhielten für ihreLebensmittelkarten nur 50% der für Deutsche vorgesehenen Lebensmittelzuteilung.Einige Waren wurden prinzipiell nicht an Polen verkauft.

„Die durchschnittliche Ernährung der polnischen Bevölkerung setzt sich zusammen ausBrot, Kartoffeln, Rüben und >Ersatz<-Suppe“

BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr. 2/1943.

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Abb. 31: Geschäft mit Milch und Butter am Adolf-Hitler-Platz (heute: Plac Wojska Polskiego), Turek,Februar 1942, Foto: Kreisbildstelle Turek. (Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

In der ersten Hälfte der Besatzungszeit (bis 1941) bildeten die auf Märkten erhältlichenLebensmittel eine gewisse Erleichterung für die polnische Bevölkerung.

Abb. 32: Markttag in Krotoszy", ca. 1939/40, Fotograf unbekannt. (Muzeum Regionalne w Krotoszynie)

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Abb. 33: Sortieren von Eiern in der Molkerei Turek, 8.4.1942, Foto: Kreisbildstelle Turek.(Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

Entgegen der Propaganda waren die Geschäfte in der zweiten Hälfte der Besatzungszeitfür gewöhnlich leer.

„In den Läden mangelt es fast vollständig an Waren. Ohne Karten erhält man überhauptnichts, und selbst mit Karten erhält man oft keine Waren... Die Mehrheit der Artikel ist

für die deutsche Bevölkerung reserviert (sogar Blumen).“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr. 2/1943.

Besonders bekämpft wurde der sog. Schwarzhandel.

„Im Dezember [1941] wurde der Bauer Walenty Majewski aus dem Dorf Marcinka,Kreis Konin, wegen >Schwarzschlachtens< und >Schwarzhandels< mit Fleisch zum

Tode verurteilt.“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr 1/1942.

„Für das Ergattern bzw. den Verkauf von einem Ei im freien Handel drohte 1 MonatStraflager.“

Raporty z ziem wcielonych do III Rzeszy (1942-1944) [Berichte aus den in das Dritte Reich eingegliederten Gebieten

*1942-1944)]. Hrsg. v. Zbigniew Mazur, Aleksandra Pietrowicz, Maria Rutowska, Pozna! 2004, S. 155.

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Abb. 34: Deutsche Polizisten inspizieren einen Sack mit Viehfutter, Regierungsbezirk Posen, Fotograf:unbekannt

(IPN AGK)

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Abb. 35: Lagerhaus für Kunststoffe Adolf Graumann, Turek, August 1942, Foto: Kreisbildstelle Turek.(Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

Dramatisch war auch die Situation im Bereich der Versorgung mit Kleidung undSchuhwerk:

„eine immer größere Zahl von Geschäften tauschte Schuhe, sie tauschen ... gebrauchteSchuhe oder sehr kleine (Kinderschuhe)“

BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr. 4/1942.

„... das Sondergericht Posen verurteilte am 11. Februar [1942] Mieczyslaw Przychodzkizum Tode für versuchten Diebstahl von zwei paar Socken und einem Paar Schuhe aus

dem Magazin...“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr. 1/1942.

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Abb. 36: Polnischer Junge mit einem umgehängten Schild in zweisprachiger Aufschrift „Diese Schuhehabe ich der deutschen Wehrmacht gestohlen“, Szamotu#y 1939-1945, Fotograf unbekannt.

(Muzeum Pa#ac Gorków w Szamotu#ach)

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Abb. 37: Zwangsarbeit, Abriss des Schlosses in 'erków bei Jarocin, 1939-1945, Fotograf unbekannt.(Museum Regionalne w Jarocinie)

Von Beginn der Besatzungsherrschaft an wurden Polen – oft auch an Sonntagen - zuunbezahlten Arbeiten gezwungen.

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Abb. 38: Zwangsarbeit, Frauen sammeln Steine in der Umgebung von Jaraczew bei Jarocin, 1939-1945,Fotograf unbekannt. (Muzeum Regionalne w Jarocinie)

Es wurde eine streng überwachte Arbeitspflicht für Polen im Alter von 14 bis 55 fürFrauen und bis 70 für Männer eingeführt.

Polen durften keine Eigentümer von Industriebetrieben, Geschäften undlandwirtschaftlichen Betrieben sein. Sie durften weder in leitenden Positionen arbeitennoch freie Berufe ausüben.

Abb. 39 und 40: Geschäft mit polnischen Verkäuferinnen, Jarocin, 1939-1945. (Museum Regionalne wJarocinie)

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Abb. 41: Herstellung von Ofenkacheln, Tuliszków, 20. August 1942, Foto: Kreisbildstelle Turek(Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

Anständige Löhne und Gehälter erhielten nur Deutsche, die Löhne und Gehälter derPolen dagegen reichten nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Arbeitszeit betrugfür sie im Jahr 1943 80 Stunden in der Woche. Die Ausbeutung durch ungeheure Arbeitbei unzureichender Ernährung, beschränkter medizinischer Versorgung und sozialerFürsorge sowie die oft fatalen Existenzbedingungen bewirkten einen fortschreitendenbiologischen Verfall der polnischen Bevölkerung.

Abb. 42: Maschinenfabrik in Dobrzyca, Kreis Krotoszyn, 1942. (Muzeum Regionalne w Krotoszynie)

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Abb. 43: Staatliche Meisterschule des deutschen Handwerks in Posen, Dezember 1943, Foto:Landesbildstelle Posen. (Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu)

Die Zahl der im Reichsgau Wartheland zur Wehrmacht eingezogenen „Volksdeutschen“war relativ klein (ca. 10.000 Soldaten), da sie eher in den örtlichen Polizeiformationendienten. In diesem von alliierten Bombardements verschonten Gebiet entstandenzahlreiche Spitäler für verwundete Wehrmachtsoldaten.

Im Verlauf des Krieges wurden die Betriebe liquidiert, die nicht für die Kriegsindustrieoder für die deutsche Verwaltung arbeiteten.

Viele junge Polen wurden zur Zwangsarbeit in das Innere des Reiches transportiert.

Der Reichsgau Wartheland sollte die „Kornkammer des Reiches“ sein und spieltetatsächlich diese Rolle, indem durch eine Raubwirtschaft die gesamte Rechnung gezahltwurde.

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Abb. 44: Getreidefeld, Arbeiten bei der Ernte in einem Landwirtschaftsbetrieb, Kreis Posen, August 1942.Foto: Landesbildstelle Posen (Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu)

„Unermessliche Mengen Kartoffeln froren während des Transports und verfaulten in denMagazinen (...) Die Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln ist mehr als

unzureichend.“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr. 3/1942.

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Abb. 45: Deutsche Mädchen, die an einem „Landjahrlager“ in einem Lager nahe Szamotuly teilnahmen. ImJahr 1942 gab es 33 nach Geschlechtern getrennte Lager. (Muzeum Pa#ac Gorków w Szamotu#ach)

Breit propagiert unter der deutschen Jugend wurde der sog. Landdienst in den„eingegliederten Ostgebieten“.

Polnische Kinder ab einem Alter von 7-8 Jahren wurden zur Arbeit auf den Felderngezwungen. An einigen Arbeiten auf dem Land nahmen auch deutsche Kinder teil.

Abb. 46 (links): Arbeit auf dem Acker - Polnischer Junge, Ort unbekannt, 1940, Foto: LandesbildstellePosen (Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu). Abb. 47 (rechts): Sammlung von Lindenblüten durch

Volksschüler, Lezeczki (Klein-Lentschütz), 10. August 1941, fotografiert von einer deutschen Volksschul-Lehrerin, aus der „Chronik der Volksschule Groß-Seeberg“ (Muzeum Regionalne w Mi%dzychodzie)

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Alle polnischen Schulen und Kindergärten wurden geschlossen. Ab 1940 wurde einigewenige sog. Polenschulen für Kinder im Alter von 9 bis 13 Jahren eröffnet. Eine geringeZahl polnischer Kindern wurde heimlich unterrichtet.

Abb. 48: Flaggenparade, 30. Mai 1941, fotografiert von einer deutschen Volksschul-Lehrerin, aus der„Chronik der Volksschule Groß-Seeberg“. (Muzeum Regionalne w Mi%dzychodzie)

Sehr dynamisch entwickelten sich alle Zweige des deutschen Schulwesens. DeutscheKinder und Jugendliche waren zur Mitgliedschaft in den Nazi-Jugendorganisationen(Hitlerjugend, Bund Deutscher Mädel) oder zum Dienst in paramilitärischen Einheitenverpflichtet.

Abb. 49: Abteilung des Reichsarbeitsdienstes (RAD) während einer Besichtigung von Turek–Zdrojki,1943, Foto: Kreisbildstelle Turek. (Muzeum Rzemios#a Tkackiego w Turku)

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Abb. 50: Berufsschule, Frauen während des Näh-Unterrichts, Ko&cian 9. März 1944, Foto: LandesbildstellePosen (Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu)

Im Untergrund waren polnische Jugendorganisationen tätig, insbesondere Pfadfinder-Organisationen (Szare Szeregi)

Abb. 51: Mitglieder der Szare Szeregi in Buk bei Posen – heimliche Vorführung des von den Pfadfindernhergestellten Films "B%dzie lepiej" am 26. Dezember 1943. (Privatsammlung Henryk Blimel)

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Alle polnischen Kulturinstitutionen wurden liquidiert und ihr Vermögen beschlagnahmt.Das polnische Kulturleben ging in den Untergrund.

„... die polnische Bevölkerung unternimmt Versuche, zumindest ein Kulturleben zuersetzen. In einem Haus, in dem durch irgendein Wunder ein Klavier erhalten blieb (...)

werden Chopin-„Konzerte“ für sechs Personen veranstaltet, es werden still und heimlichPuppenspiel-Vorstellungen für Kinder vorbereitet usw. Weiter wird in vielen Familiensehr auf das Begehen der Nationalfeiertage geachtet. Alles das ist bescheiden, ärmlich.Nicht zu reden von irgendeinem gemeinsamen Gesang. Am Ende dieser Feierlichkeiten

fallen also die Worte: und jetzt singen wir in Gedanken die Nationalhymne.“Raporty z ziem wcielonych do III Rzeszy (1942-1944) [Berichte aus den in das Dritte Reich eingegliederten Gebieten

(1942-1944)]. Hrsg. v. Zbigniew Mazur, Aleksandra Pietrowicz, Maria Rutowska, Pozna! 2004, S. 84

Abb. 52: Heimliche Vorstellung „(luby panie"skie“ von Aleksander Fredro in Leszno, 1943.(Archiwum Pa"stwowe w Poznaniu – zbiór fotografii)

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Die Besatzungsmacht legte großen Wert auf eine Verbreitung deutscher Kultur. Demdienten zahlreiche Ausstellungen, Konzerte und Theatervorstellungen nur für Deutsche.

Polen hatten nur sehr beschränkten Zugang zu Freizeit- und Sporteinrichtungen.Verunmöglicht wurden ihnen auch Erholungsmöglichkeiten. Von 1942 an wurde ihnenprinzipiell kein Urlaub bewilligt und sie wurden oft auch zur Arbeit an Sonntagengezwungen.

„Den Polen in den eingegliederten Gebieten ist es unter Androhung harter Strafenverboten, in die Oper, ins Theater, in Museen, auf Konzerte, in Ausstellungen, in die

Mehrzahl der Kinos, öffentliche Lokale, Restaurants, Cafés, Bars, Sportstätten,Schwimmbäder usw. zu gehen, Boote oder Kajaks, Urlaubsorte, Fotoapparate, Radios,

Grammophone oder Schallplatten zu benutzen.“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr 1/1942.

Eine große Bedeutung wurde demgegenüber der Pflege körperlicher Betätigung derDeutschen beigemessen.

Abb. 53: Propagierung gymnastischer Übungen für deutsche Mädchen.Illustration zum Artikel „Durch Leibesübungen zur Blutspflege“ von Günther Scheele im

Wartheländischen Bauernkalender, 1942.

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Das religiöse Leben der Polen wurde fast vollständig zerstört. Die Mehrzahl derkatholischen Kirchen wurde geschlossen und die polnische Geistlichkeit gezielt verfolgt.Von 1941 an wurde nur noch die Öffnung einer katholischen Kirche pro Landkreiserlaubt.

Abb. 54: Das verwüstete und geplünderte Innere der König-Christus-Kirche in Jarocin.(Muzeum Regionalne w Jarocinie)

„Die Kirche ging in den Untergrund. Einige wenige katholische Geistliche lebtenverborgen und führten heimliche Gottesdienste durch, nahmen polnischsprache Beichten

ab und in Privatwohnungen Trauungen vor.“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr 4/1943.

Abb. 55: Glocken der Martins-Kirche in Jarocin (Muzeum Regionalne w Jarocinie)

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Abb. 56: Hinrichtung in Tuchorza, Kreis Wollstein, 9. Juli 1942. Erhängt wurden 15 Personen (elf ausPosen, drei aus Warschau und eine aus Nowy Tomysl) als Rache für den Tod eines deutschen Gendarmen.

Die Exekution mussten sich mit Zwang aus der Umgebung zusammen getriebene Einwohner ansehen.(IPN AGK)

Das gesamte Alltagsleben drehte sich um den Terror des Strafrechts. Von 1942 an galtein spezielles Strafrecht für Polen und Juden.

Todesurteile wurden nicht nur wegen der Zugehörigkeit zu einer Untergrundorganisationverhängt, sondern beispielsweise auch für kleine Diebstähle oder illegalen Handel.

„Zum Tode verurteilt wurden in den letzten Wochen [...] wegen Schmuggels: [...] dieLokomotivführer Franciszek Bartkowiak und Walenty Wendland durch das

Sondergericht in Posen.“BeZet. Informacje z Zachodnich Ziem Rzeczypospolitej, Nr 3/1942.