Untersuchung des neuen Wegekonzeptes des Nationalpark ...
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Projektarbeit
Vertiefungsrichtung GIS und Landschaftsmanagement
Untersuchung des neuen Wegekonzeptes des Nationalpark Schwarzwald
in Bezug auf störungsreduzierte Bereiche für Wildtiere
Datum: 23.01.2018 Verfasser: Jorina Fink & Jannis Schwärzli
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JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
InhaltsverzeichnisAbkürzungsverzeichnis,Begriffserklärungen................................................................3
Eigenständigkeitserklärung..........................................................................................3
VorbemerkungzumSprachgebrauch...........................................................................4
1.)Einleitung...............................................................................................................4
2.)TheoretischeGrundlagen........................................................................................82.1.)Störungsökologie.............................................................................................................................................82.1.1.)DefinitionStörung........................................................................................................................................82.1.2.)DefinitionFluchtdistanz............................................................................................................................82.1.3.)StörungsquellenundAuswirkungen....................................................................................................82.1.4.)Gewöhnung...................................................................................................................................................10
2.2.)Rotwild..............................................................................................................................................................122.3.)Auerwild...........................................................................................................................................................143.)Methodik..............................................................................................................203.1.)ForschungsleitendeFragen......................................................................................................................203.2.)GIS-Daten........................................................................................................................................................203.3.)ArbeitsschritteundToolsinArcMap...................................................................................................21
4.)Ergebnisse............................................................................................................274.1.)AltesundneuesWegenetz........................................................................................................................274.2.)StörungsreduzierteBereicheimSommer..........................................................................................304.2.1.)Bufferallgemein.........................................................................................................................................304.2.4.)Auerwild.........................................................................................................................................................314.2.5.)Rotwild...........................................................................................................................................................34
4.3.)StörungsreduzierteBereicheimWinter.............................................................................................374.3.1.)Bufferallgemein.........................................................................................................................................374.3.4.)Auerwild.........................................................................................................................................................384.3.5.)Rotwild...........................................................................................................................................................40
5.)DiskussionundAusblick........................................................................................42
6.)Zusammenfassung................................................................................................45
Quellenverzeichnis....................................................................................................47
Abbildungsverzeichnis...............................................................................................50
Anlagen.....................................................................................................................51
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
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JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
Abkürzungsverzeichnis,BegriffserklärungenNLP :NationalparkSchwarzwald
GIS :GeografischeInformations-Systeme
km :Kilometer
m :Meter
ha :Hektar
FVA :ForstlicheVersuchs-undForschungsanstaltBaden-Württemberg
Auerwild :Auerhühner,männlichundweiblich(Tetraourogallus)
Rotwild :Rothirsche,männlichundweiblich,(Cervuselaphus)
Prädator :lateinischfür"Beutemacher"
Losung :Kot
etal. :"etalii",lateinischfür"undandere"
v.a. :vorallem
EigenständigkeitserklärungHiermiterklärenwir,dasswirdievorliegendeArbeitselbstständigundohnefremde
Hilfe angefertigt haben. Alle Stellen, die wir dem Wortlaut oder dem Sinn nach
einemanderenWerkentnommenhaben,sindalssolchegekennzeichnet.
Rottenburg,23.01.2018
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JorinaFink JannisSchwärzli
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
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VorbemerkungzumSprachgebrauchNach dem Grundgesetz und allgemein anerkannten ethischen Grundsätzen sind
Menschen ungeachtet ihres Geschlechts gleichberechtigt. Alle in dieser Arbeit
verwendetenPersonen- und Funktionsbezeichnungen gelten in gleicherWeise für
Frauen,Männerundalljene,diesichkeinemdieserbeidenGeschlechterzugeordnet
fühlen.
1.)EinleitungDer Nationalpark Schwarzwald (NLP) hat im April 2017 ein neues Wegekonzept
verabschiedet, um Störungen fürWildtiere im Gebiet zuminimieren und größere
Flächen für sienutzbarzumachen. ImRahmendesWegekonzepteswurdensomit
dieöffentlich zugänglichenWegevoneinerGesamtstreckevon circa1.200kmauf
rund 460 km reduziert. Weiterhin bestehen zusätzliche Wege, die nur für
ManagementundForschungdesNationalparkszugänglichsind.
Die Arbeit soll die möglichen Auswirkungen der ehemaligen Wegedichte im
Vergleich zum neuen Wegekonzept vergleichen und eine Evaluierung der neuen
Konzeption imHinblickaufdieausderReduzierungderWegedichtegeschaffenen
beruhigten Bereiche für Wildtiere darstellen. Zudem soll die ökologische
Wirksamkeit aufgrund reduzierter Störungspotenziale insbesondere für Rot- und
Auerwildbetrachtetwerden,umdieökologischeWirksamkeitderWegekonzeption
zuüberprüfen.
Hierzu wird ein Vergleich der alten und neuen Wegenutzung herbeigeführt und
störungsreduzierte Bereiche werden eruiert. Hierbei wird differenziert zwischen
Rot-undAuerwildwieauchSommerundWinter.
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JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
Abbildung1:LagedesNationalparkSchwarzwald
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Dem Auerwild (Tetrao urogallus) kommt nicht zuletzt wegen seiner Größe und
SchönheiteinezentraleRolleinderökologischenRaumplanungzu.Diespezifischen
HabitatansprüchemachendieTierartzueinemzentralenIndikatorfürArtenvielfalt
in montanen Lebensräumen. Seit rund 100 Jahren gehen die Bestandeszahlen im
Schwarzwald zurück und das Auerwild zieht sich immer mehr in höhere Lagen
zurück,wobeiauchdieräumlicheIsolierungeinzelnerTeilpopulationeneineFolge
darstellt (Vgl. Suchant, R. et al., 2009, S. 2). Als eine der wesentlichen
Rückgangsursachen nennen die Autoren des "Aktionsplan[s] Auerhuhn" den "
enorme Anstieg der menschlichen Einflüsse bzw. Störungen (v. a. Tourismus)"
(Suchant,R.etal.,2009,S.3).Auchein"AnstiegderPrädatorendichten"(Suchant,R.
et al., 2009, S. 3) wird angeführt. Eine ausbleibende Bejagung von potentiellen
Auerwild-Prädatoren,wieFuchs,Dachs,Wildschwein,MarderundHabicht imNLP
kann - bei allerDiskussion über derenWirksamkeit, die hier nichtweiter vertieft
werden soll - zu einer erhöhten Prädatorendichte führen. Die Relevanz dieser
ThematikistalsospeziellineinemNationalparkbesondershoch.Trotzallemkann
der heutige Bestand - "nach allemwaswir heutewissen - immer noch als vitale,
längerfristigüberlebensfähigePopulationangesehenwerden" (Bergmann,H.etal.,
2003,S.85).
Abbildung2:Auerhahn
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AuchdasRotwild(Cervuselaphus)spielt imNationalparkSchwarzwaldeinegroße
Rolle.Dieser liegtmitten imRotwildgebietNordschwarzwald,welches eineGröße
von 105.000 Hektar aufweist und somit das größte Rotwildgebiet Baden-
Württembergsist.ImNationalparkSchwarzwaldgehtmanvoneinerStückzahlvon
350bis370Tierenaus.
Ziel des Nationalparks ist es, in 25 Jahren auf 75 Prozent der Fläche die Jagd
einzustellen und somit dem Rotwild seinen natürlichen Lebensraum zurück zu
gebenundeinnatürlichesVerhaltenzuermöglichen.DasRotwildsollsichinoffene
Bereiche wie Waldränder und Lichtungen trauen und zudem wieder tagaktiver
werden.1DiesemZielwirdsichindreiMeilensteinengenähert.
Meilenstein1:Bis2020sollinderjetzigenKernzoneundgleichzeitigemBereichder
Rotwildberuhigung, eine Fläche von 3.300 Hektar, keine Jagd mehr stattfinden.
ZudemwirddieKernzonemittelfristigumdieEntwicklungszoneerweitert.
Meilenstein 2: Nach etwa 10 Jahren soll die jagdfreie Zone auf 51 Prozent der
Nationalparkflächeerweitertwerden.
Meilenstein3:Auf75ProzentderNationalparkflächesollbis in25JahrendieJagd
kompletteingestelltwerden.
Abbildung3:Rothirsch
1https://freundeskreis-nationalpark-schwarzwald.de/magazin/november-2015/detailansicht.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=71&cHash=5d202acd4d3001ee0d9008d9d3f0a0a3,20.01.2018
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2.)TheoretischeGrundlagen
2.1.)StörungsökologieStörungsökologiebeschreibtStörungendurchdenMenschenaufandereIndividuen,
ferner auf deren Populationen, die Fortpflanzung und Verhaltensstrukturen (Vgl.
Reichholf, J., 2001, S. 11). Dabei können Auswirkungen auf drei Arten festgestellt
werden. Physiologisch, also durchMessungen,wie zumBeispiel derHerzfrequenz
oderdesStress-Hormon-Levels.Verhaltensbiologisch, alsodurchBeobachtungdes
Verhaltens. Und ökologisch, also zum Beispiel durch die Beobachtung, dass eine
TierartaneinempotentiellenHabitatnichtmehrvorkommt(Vgl.Reichholf,J.,2001,
S.11).
2.1.1.)DefinitionStörungUnter Störung verstehtman eine äußere Einwirkung, die einen Ablauf behindert.
Aktivitäten werden unterbrochen oder verändert, wie zum Beispiel die
NahrungssucheundNahrungsaufnahme,Brüten,Ruhen,…
Eine Störung kann verschiedene Ursachen haben. Sie kann durch andere Tiere
verursacht werden, vor allem Feinde oder andere Großtiere, die dem Tier
unbekanntsind.AuchVorgängeinderUmwelt,wiezumBeispielHochwasseroder
StürmeoderauchderMenschkönneneineStörungauslösen(Vgl.Reichholf,J.2001,
S.11).
2.1.2.)DefinitionFluchtdistanzAls Fluchtdistanz wird der Abstand bezeichnet, den ein Tier zu bedrohlichen
LebewesenwienatürlichenFeindenundMenscheneinhält,ohnedassesdieFlucht
ergreift(Vgl.Garniel,A.&Mierwald,U.,2010,S.8).
2.1.3.)StörungsquellenundAuswirkungenStörungsquellen können natürlicher und menschlicher Art auftreten. Natürliche
Störungsquellen auf Wildtiere können zum Beispiel Hochwasser, Waldbrand,
Trockenheit, Klimaveränderungen und natürliche Feinde sein (Vgl. Reichholf, J.,
2001, S. 12).Warum Tiere denMenschen als Störung empfinden, ohne dass sein
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VerhaltenihnenSchadenzufügt,istnichtvollkommengeklärt(Vgl.Beale,C.M.etal.,
2004,S.335).
Abereswirddavonausgegangen,dassdieaktuelleundvergangene Jagdeinerder
Hauptgründe für die Störungsempfindlichkeit gegenüber demMenschen ist. Diese
Erfahrungenmüssen jedochnichtvon jedemTierselbstgemachtwerden,sondern
werdenbeisoziallebendenTierartenvonGenerationzuGenerationweitergegeben,
auch wenn keine Gefahr mehr durch den Menschen besteht. Beispielsweise
verknüpftdasRotwildkalbdieWahrnehmungdesMenschenmitderReaktiondes
Muttertieres. Durch konditioniertes Lernen entsteht so das überlieferte Feindbild
Mensch. Werden nie schlechte Erfahrungen gemacht, so kann auch die
FluchtbereitschaftderTiere imLaufederZeitundderGenerationenabschwächen
(Vgl.Bützler,W.,2001,S.79).
Auch mit der unterschiedlichen Form der Erholungsnutzung entsteht ein
unterschiedliches Feindbild der Tiere gegenüber dem Menschen. Wandern und
Joggen findenmeist in geringeren Geschwindigkeiten statt und auf festenWegen.
EineGewöhnungderTiere andieseErholungsnutzung kanndurchaus stattfinden,
durch regelmäßige Wiederholung und ausschließliche Nutzung der Wege. Doch
sobald dieTierewieder eineNachstellungmitVerbindungdesMenschen erleben,
seiesauchnureinHundeinerWandergruppederabseitsderWege läuftunddas
Tieraufspürt,sofindetwiederdieVerknüpfungderschlechtenErfahrungmitdem
MenschenstattunddieStörempfindlichkeitnimmtwiederzu(Vgl.Bützler,W.,2001,
S.80).
DurchReiter undRadfahrer fühlen sichReh- undRotwildweniger gestört. Grund
könnte sein,dassReiterkaumdieWegeverlassenundzumanderenkönnteesan
derverändertenSilhouettedesMenschenliegen(Vgl.Reimoser,F.,2012,S.61ff).
MountainbikinghingegenwirddurchdashoheTempoundeinegeringeLautstärke
von den Tieren relativ spät wahrgenommen und kann durch diesen
ÜberraschungseffektzuernsthaftenStörungenführen.StatteinerGewöhnungkann
eshierzurMeidungdesgestörtenGebieteskommen.AnderswieRot-undRehwild
reagieren Wildscheine wenig empfindlich auf Erholungsaktivitäten und auch
Mountainbiking(Vgl.Hirnschall,F.etal.,2012,S.344).
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Reaktionen auf Störungen sind vielseitig: zunächst tritt eine erhöhte
Aufmerksamkeit und verändertes Wachsamkeits-Verhalten ein (Vgl. Reichholf, J.,
2001, S. 12). Eine erhöhte Herzfrequenz und höhere Stresshormon-Werte sind
messbar(Vgl.Coppes,J.etal,2017,S.1).SostelltenThieletal.inUntersuchungen
höhereCorticosteron-Abbauprodukte inAuerwild-Losung inGebietenmithöherer
IntensitätvonWintersportaktivitätenfest(Vgl.Thiel,D.etal.,2008,S.8).DieFlucht
stelltdienächsteStufederReaktionaufeineStörungdar.DiegravierendsteFolgeist
dasWegbleibeneinerTierartineinempotentiellgeeignetenHabitat(Vgl.Reichholf,
J., 2001,S.12).AusFlucht resultiert zunächsteinEnergieverlust,beiwiederholter
Störung kann es auch zu einer reduzierten Nutzung oder gar Vermeidung des
Gebiets und einer damit einhergehenden Umsiedlung kommen, was einen
Habitatsverlust bedeutet, der zumindest relevant ist, wenn das Habitat örtlich
begrenztist(Vgl.Coppes,J.etal.,2017,S.1).
ZwischeneinzelnenTierartenbestehenhiergroßeUnterschiedeundauchinnerhalb
einer Art kann sich die Reaktion unterscheiden, zum Beispiel je nach Geschlecht
(Coppes,J.etal.,2017,S.1).
2.1.4.)GewöhnungScheuvordemMenschenistkeineEigenschaft,dieTierenatürlichbesitzen,sondern
dasErgebnis auspositivenodernegativenErfahrungenmit ihm (Vgl.Reichholf, J.,
2001,S.12).
DieScheueinesTieresvordemMenschenistdann-ingewissemMaß-reversibel,
wennsieaufeinelangemenschlicheVerfolgungzurückgeht(Vgl.Georgii,B.,2001,
S. 40). Der sogenannte "Nationalpark-Effekt" beschreibt das sich verändernde
VerhaltenvonWildtieren,zumBeispielineinemNationalpark,nachdemdieJagdauf
die Tierart(en) eingestellt wurde. Im Schweizerischen Nationalpark etwa "äsen
Rothirsche trotz immenser Besucherströme auch am helllichten Tag auf den
offenenalpinenMatten"(Georgii,B.,2001,S.40).DamitsicheinTieraneineStörung
gewöhnen kann, muss diese berechenbar sein, also sich regelmäßig wiederholen
undzudemohnenegativeKonsequenz fürdasTierbleiben. SolltederStörreiz für
längere Zeit wieder ausbleiben, kann sich eine entsprechende Scheu wieder
entwickeln. Anderenfalls kann eine "Gewöhnung" sogar in eine "Anziehung" zum
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Menschen übergehen, wenn also Wildtiere einen Nutzen darin sehen, sich dem
Menschenzunähern(Vgl.Georgii,B.,2001,S.40).
Nachdem die Jagd im Nationalpark Schwarzwald vollkommen zum Erliegen
gebrachtseinwird,istalsoauchhiermiteinerGewöhnungverschiedenerTierarten
gegenüberdenBesucherinnenzurechnen.BeiSäugetieren istvoneinerzügigeren
Lernfähigkeitauszugehen,alszumBeispielbeiVögelnoderReptilien,daSäugerein
weiter entwickeltes und größeres Gehirn besitzen (Vgl. Reichholf, J., 2001, S. 12).
Wie schnell sichdiesevollziehenwirdundbeiwie starkeineAusprägungbeiden
einzelnenTierartenzuerwartenist,lässtsichschwerfestlegen.ImweiterenVerlauf
derArbeitundinsbesonderederGIS-AusarbeitungwirddeshalbaufdiesenAspekt
nichtweitereingegangen.
Abbildung4:MasaiMaraNationalReserve
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2.2.)RotwildZu Beginn ist zu erwähnen, dass es nur eingeschränkt sinnvoll ist, Wege als
StörfaktorfürRotwildzubezeichnen,dadieWegezwarzujederJahreszeittagsüber
von den Tieren gemiedenwerden, aber nachts eine positive Assoziation zu ihnen
feststellbarist(Vgl.Coppes,J.etal.,2017,S.10).
FürdieAuswertungderstörungsreduziertenBereichefürRotwildimNationalpark
Schwarzwald dienen uns nach Absprache mit Friedrich Burghardt, Schalenwild-
Forschung Nationalpark Schwarzwald, die Untersuchungen von Petrak, M. „Der
MenschalsStörgrößeinderUmweltdesRothirsches“ausdemJahr1996.Siefinden
ineinem30QuadratkilometergroßenUntersuchungsgebietinderWesteifelmitvon
BachtälerntiefeingeschnittenenHochflächenundeinemFichtenanteilvoncirca90
Prozentstatt (Vgl.Petrak,M.,1996,S.1ff).EswerdenLangzeitbeobachtungenvon
biszu24Stundendurchgeführt,mitFerngläsernundSpektivenalsHilfsmittel.Des
Weiteren werden Orte gewählt, die „eine repräsentative Berücksichtigung aller
wesentlichen Lebensraumelemente zulassen und damit auch die von Wild und
MenschgleichermaßennichtregistrierteBeobachtungerlauben“(Petrak,M.,1996,
S. 2). Bei der Datenaufnahme berücksichtigt das Team die Zusammensetzung der
Rudel (Kahlwildrudel, Hirschrudel, gemischtes Rudel), die Art derWahrnehmung
(optisch, akustisch, olfaktorisch), Standort und Fluchtrichtung der Tiere, die
Feinderkennungsentfernung (erkennbare Registrierung des Menschen), die
Fluchtdistanz, Fluchtgeschwindigkeit und Fluchtweite und die Entfernung ab der
dasRotwildnachderFluchtruhigweiterziehtbeziehungsweisedieFluchtbeendet.
Weiterhin wird unterschieden zwischen Nacht (vor Sonnenuntergang bis nach
Sonnenaufgang)undTag(dazwischenliegendeZeit)(Vgl.Petrak,M.,1996,S.2).Die
Untersuchungen werden außerdem im Zeitraum Hochsommer bis Spätherbst, in
unserer GIS-Analyse als Sommer bezeichnet, und Winter bis Frühsommer, als
Winterbezeichnet,durchgeführt.
Da wir die Untersuchung des neuen Wegenetzes des Nationalparks am
Sommerwegenetz und Winterwegenetz durchführen, verzichten wir auf die
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Einteilung nach Tag und Nacht und beschränken uns auf die jahreszeitliche
Differenzierung.
DieFluchtdistanzistalsSchwellenwertzuWegennichtdereinzigrelevanteWert,da
TieredenMenschenauchaufweitausgrößereDistanzenmeiden(Vgl.Coppes,J.et
al., 2017, S. 10). Distanzen, ab denen ruhig gezogenwird sind je nach Geschlecht
unterschiedlich,fürdieseArbeitwerdendieWertefürgemischteRudelverwendet.
Die Reichweite der Störgröße Mensch wird bei 300 bis 500 Meter angegeben, je
nachDeckung (Vgl.Petrak,M.,1996, S.13).BereicheaußerhalbdieserReichweite
werdenindieserArbeitalsstörungsfreiangesehen.ImVergleichzualpinenMatten
kann im Schwarzwald von verhältnismäßig guter Deckung ausgegangen werden.
WerteausPetraksUntersuchungenwerdenfürdieGISAusarbeitunggestaffeltund
ergeben:
Sommer:
• "starkbismäßiggestört":160-300mvomWeg
• "ungestört":ab300m
Winter
• "starkbismäßiggestört":120-300mvomWeg
• "ungestört":ab300m
Die frühzeitigere Störung der gemischten Rudel im Sommer ergibt sich durch die
Nutzung und Bevorzugung halboffener Waldsteppenlandschaften durch die
Brunftrudel und einer stärkeren Beunruhigung durch Wildtierbeobachter, und –
Fotografen, Jäger und einen weitreichenden Erholungsbetrieb mit Wanderern,
Mountainbike-Fahrern,Reitern,…(Vgl.Petrak,M.,1996,S.9).
Die imProjekt als „Rotwildberuhigung“ angegebenBereiche gehen einhermit der
Kernzone des Nationalparks. Derzeit findet eine Bejagung in der Kernzone noch
statt, die aber in 20 bis 30 Jahren auf 75 Prozent verringert werden soll.2Wenn
außerhalbderKernzoneweiterhineineintensiveBejagungstattfindet,kannmanin
2http://nationalpark.blog/fachbereich-5-eine-truppe-fuer-alle-faelle/(15.01.2018)
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derKernzonemit verschiedenenAuswirkungen rechnen, falls dasRotwild auf die
Beruhigungreagiert:
• RückzugvonaußenindieKernzone
• VermehrteSchälschädenundVerbiss
• WenigerScheuvorFreiflächenundLichtungen
• SichtungvonRotwildamTag
2.3.)AuerwildAufeineumfassendeBeschreibungdesAuerwildeswirdverzichtet,dawesentliche
KenntnisseüberdieseTierartvorausgesetztwerdenkönnen.
Im"AktionsplanAuerhuhn",einMaßnahmenplanfürdasAuerwildimSchwarzwald,
beschreiben die Autoren die Lebensrausmansprüche für diese Tierart wie folgt
(Suchantetel.,2009,S.3):
DasAuerhuhnbevorzugtlichte,strukturreicheNadelmischwäldermit
reichlichBodenvegetation(v.a.Heidelbeere).Insbesonderefürdie
HennenmitKükenisteineengverzahnteMischungausoffenen,
besonntenBereichenunddeckungsbietendenRandliniennotwendig.[...]
EineüberlebensfähigeMindestpopulationbenötigteine
Lebensraumflächevonmindestens10.000–50.000ha,wobeisowohldie
GrößealsauchdieBesiedlungsdichteunddieindividuelle
StreifgebietsgrößevonderHabitatqualitätabhängigsind.
Sommer- und Winterstreifgebiete können unter Umständen mehrere Kilometer
auseinanderliegen und sich in Größe und Struktur unterscheiden (Vgl. Zeiler, H.,
2001, S. 42). Untersuchungen in Schottland ergaben, dass Auerwild im Winter
bevorzugtGebietemitAltholzbeständenaufsucht (Vgl. Summers,R. et al., 2004, S.
5). Andere Untersuchungen im Alpenraum ergaben, dass sich die Habitate im
SommerundWinterunterscheiden,sowerdenunterschiedlicheStrukturengenutzt
und verschiedene Expositionen bevorzugt (Vgl. Storch, I., 1993, S. 4ff). Auch die
WahlderNahrungistjenachSaisonundGebietsehrunterschiedlich(Vgl.Lieser,M.,
1996,S.6undSchroth,K.-E.etal.,2005,S.1).
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JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
DasAuerwildimSchwarzwaldwirdalsgeografischisoliertePopulationbezeichnet,
dienureinbegrenztesGebietalsHabitatnutztundsichdementsprechendauchnur
begrenzt in ungestörte Bereiche zurückziehen kann. Eine Verringerung der
Habitatsgröße kann speziell bei solchen Populationen unterschätzt oder gar
unbemerktbleiben(Vgl.Coppes,J.etal.,2017,S.1).MenschlicheStörungensindals
problematischfürdieAuerwild-PopulationeninZentral-Europaanzusehen,dadiese
örtlich auf Gebirgsregionen beschränkt sind, die gleichzeitig Hotspots für
Naherholung darstellen (Vgl. Coppes, J. et al., 2017, S. 2). Die Population im
Schwarzwald ist sowieso schon sehr isoliert und in sich zerstückelt, außerdem
gingendieZahlenindenletzten30Jahrenum65Prozentzurück.Heutegibtesnoch
circa 400 bis 500 Exemplare (Coppes, J. et al., 2017, S. 3). Speziell im Winter
befindensichAuerhühnerineinem"energetischsensiblenZustand"(Thiel,D.etal.,
2008,S.2),FluchtreaktionenführenzueinemgefährlichenEnergiedefizitundhaben
erhöhte Stresshormon-Konzentrationen zur Folge, was direkte Auswirkungen auf
dieReproduktion,dasImmunsystemunddasÜberlebenderTierehat(Vgl.Thiel,D.
etal.,2008,S.2).
Es gibt zahlreiche Studien, in denen Reaktionen des Auerwildes auf Störungen
untersuchtwurden.Folgendewerden fürdieseArbeit inBetrachtgezogen,umfür
die spätere GIS-Ausarbeitung sinnvolle Schwellenwerte zu Wegen festzulegen,
sodass Bereiche abseits von Wegen ermittelt werden können, in denen sich das
Auerwild"ungestört"fühlt.
• Summers, R. et al. (2005): Measuring avoidance by capercaillies Tetrao
urogallusofwoodlandclosetotracks,Inverness
• Thiel,D.etal.(2007):EffectsofRecreationandHuntingonFlushingDistance
ofCapercaillie,Zürich
• Thiel, D. et al. (2008): Der Einfluss von Freizeitaktivitäten auf das
Fluchtverhalten,dieRaumnutzungunddieStressphysiologiedesAuerhuhns
Tetraourogallus,Sempach
• Moss,R. etal. (2014): ImpactsofhumandisturbanceoncapercaillieTetrao
urogallus Distribution and demography in Scottish woodland,
Kincardineshire
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
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• Coppes,J.etal.(2017):Outdoorrecreationcauseseffectivehabitatreduction
in capercailleTetraourogallus: amajor threat for geographically restricted
populations,Freiburg,Bern
RonW. Summers et al. (Measuring avoidance by capercailliesTetraourogallus of
woodland close to tracks) untersuchten 2005 zwei schottische Waldgebiete. Sie
nahmen imUntersuchungsgebiet dasVorkommenvonAuerhuhn-Kot auf. In ihren
Untersuchungen waren unter 20 Prozent der Erholungssuchenden auf dem Rad
unterwegs, die anderen waren Fußgänger. Das Untersuchungsgebiet entlang der
Wege wurde in einem festgelegten Raster nach Losung untersucht, um somit
Rückschlüssezuziehen,obAuerwilddortgefressenundsichaufgehaltenhat (Vgl.
Summers,R.etal.,2005,S.21).EswurdeinnerhalbdesRastersunterKiefern(Pinus
sylvestris),diegrößerals fünfMeterwaren,nachKotgesucht.DieEntfernungzum
WegwurdemitdemAnteilderBäume,diezurNahrungsaufnahmegenutztwerden,
inRelationgesetzt.HierzeigendieErgebnisse,dassderAnteildergenutztenBäume
mitzunehmendemAbstandzudenWegenstetigsteigt.AbeinemAbstandvon197
m respektive 291 m, je nach Untersuchungsgebiet, zum Weg war kein weiterer
AnstiegdesAnteilsdergenutztenBäumemehrfestzustellen(Vgl.Summers,R.etal.,
2005, S. 24). Gebiete, die das Auerwild quasi vollständig vermied, hatten zu den
WegenAbständezwischen61mund108m(Vgl.Summers,R.etal.,2005,S.22).
Dominik Thiel et al. (Effects of Recreation and Hunting on Flushing Distance of
Capercaillie)untersuchtenselbstAuerwild imSchwarzwald (2003-2005),das teils
besendert war und verglichen die Ergebnisse mit Untersuchungen aus den
französischenPyrenäendurchBrenotetal. (1984-1996).Relevant isthier,dass in
Teilen des französischen Untersuchungsgebietes die Jagd auf die Hähne zeitweise
erlaubt ist (Vgl. Thiel, D. et al., 2007, S. 2). In den französischen Untersuchungen
wurden bekannte Auerwild-Gebiete entlang der Höhenlinien abgelaufen und die
Distanzzwischen"Wanderer"undderPosition,vondereinVogelflüchtete,notiert.
Zudem wurden weitere Variablen aufgenommen, wie das Geschlecht, Daten zur
Vegetationsstruktur, IntensitätderNaherholungundJagddruck(Vgl.Thiel,D.etal,
2007,S.3ff).UntersuchungennachdemselbenMusterwurdenauchimSchwarzwald
durchgeführt. Zudem wurden hier 14 Auerhühner besendert und regelmäßig
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besucht,umderenLosungzusammeln,wobeidieVögel fürgewöhnlich flüchteten
(Vgl.Thiel,D.etel.,2007,S.3).FüralleUntersuchungsgebietekombiniert,flüchteten
AuerhühnerabeinerdurchschnittlichenDistanzvon27m,wobeidieFluchtdistanz
imSchwarzwaldbei30mlag.90%allerFluchtreaktionenwurdenunterhalbeiner
Distanz von 50 m beobachtet (Vgl. Thiel, D. et al., 2007, S. 4). Zudem wurde
beobachtet,dassHähnegrundsätzlichhöhereFluchtdistanzenaufweisenalsHennen
und diese durch Jagddruck nochmals deutlich steigen (48 m bei 29 m ohne
Jagddruck). Es wurde auch festgestellt, dass in Gebieten mit hoher touristischer
NutzungdieFluchtdistanzenhöhersind,speziellbeiHähnen.Letztendlichsinktdie
FluchtdistanzmitderZunahmevonvisuellemSichtschutzumca.10m(Vgl.Thiel,D.
etal.,2007,S.6ff).
In einer weiteren Arbeit von Dominik Thiel et al. (Der Einfluss von
Freizeitaktivitäten auf das Fluchtverhalten, die Raumnutzung und die
StressphysiologiedesAuerhuhnsTetraourogallus)wirdinsbesonderedieGrößeder
Streifgebiete im Winter angegeben. Diese liegt durchschnittlich bei 177 ha, in
GebietenmitSkitourismuslagendieWerteausdenUntersuchungenvonThieletal.
bei durchschnittlich 193 ha, während der Skisaison lediglich bei durchschnittlich
118ha(Vgl.Thiel,D.etal.,2008,S.4ff).
RobertMosset al. (ImpactsofhumandisturbanceoncapercaillieTetraourogallus
Distribution and demography in Scottish woodland) untersuchten ähnlich wie
Summers et al. Gebiete in Schottland mit bekannten Auerwild-Vorkommen nach
einem festgelegten Raster nach Losung (Vgl. Moss, R. et al., 2014, S. 4), zudem
beziehen sie sich auch auf Zählungen von Hennen mit Küken durch speziell
trainierteHundedurchMossundOswald(1985),diezumErgebnishaben,dass in
denammeistentouristischgenutztenWälderndasVerhältnisvonausgewachsenen
Hennen zu Hähnen ungewähnlich niedrig ist (Vgl. Moss, R. et al., 2014, S. 1). In
diesen Untersuchungsgebieten wird anhand der gefundenen Losung der Bereich,
dendasAuerwildgrundsätzlichmeidet,miteinemAbstandvon70bis125mzum
Wegangegeben(Vgl.Moss,R.etal.,2014,S.9).DieWahrscheinlichkeitLosungzu
findenstiegmitzunehmenderDistanzvomWegbiszueinemAbstandvon230m,
danachgingsiewiederzurück(Vgl.Moss,R.etal.,2014,S.11).
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
18
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg
veröffentlicht 2017 Ergebnisse einer Studie: Auerwild wurde in einem 8.284 ha
großen Gebiet rund um den Feldberg besendert und die Bewegungen wurden
analysiert. In den Untersuchungen werden unterschiedliche Nutzungsarten der
WegeauchjenachSaisongesondertuntersuchtunddabeikommendieVerfasserzu
folgenden Ergebnissen: Im Sommer beträgt der Mindestabstand zu einem
Mountainbike-Trail durchschnittlich 150 m. Die Waldstruktur und
Versteckmöglichkeiten beeinflussen diese Distanz nicht. Im Winter beträgt der
Schwellenwert zu jeglichen Wegen durchschnittlich 320 m, wobei hier eine
entsprechende Habitatsstruktur zur Reduktion dieses Schwellenwertes beiträgt
(Vgl.Coppes,J.etal.,2017,S.8).ZudemkommenCoppesetal.aufähnlicheGrößen
derStreifgebieteimWinterwieThieletal.,nämlich182hafürHähneund86hafür
Hennen,wobei dieseWerte im Sommer bei 581 ha respektive 207 ha lagen (Vgl.
Coppes,J.etal.,2017,S.5).
VomNLP habenwir GIS-Daten erhalten,welche dieWege des neuenWegenetzes
nachNutzungsartdifferenziert ausgeben.DieFluchtdistanz fürdasAuerwildkann
nachBrenotetal.undThieletal.bei30mfestgesetztwerden.AlleanderenStudien
aberbelegen,dassAuerwildGebieteinderNähevonWegenauchnochmitweitaus
größerenDistanzenmeidet.Somiterscheintessinnvoll,dassdieFluchtdistanznicht
allein der einzig relevante Wert sein kann, der für eine Analyse der
störungsreduzierten Bereiche im NLP herangezogen wird. Da viele Faktoren die
DistanzzumWeg,abdereinAuerhuhnflüchtetodersichgestörtfühltbeeinflussen,
können für die GIS-Analyse nur näherungsweise Schwellenwerte zu Wegen
festgesetzt werden. Diese sollen sich für Sommer undWinter unterscheiden und
zudemwerdendieWerteklassifiziert.
Weil indenUntersuchungennichtinausreichendemMaßzwischenStörwirkungen
je nach Nutzungsart eines Weges differenziert wird, können keine individuellen
PufferwertefüreinzelneNutzungsartenderWegefestgelegtwerden.
ImSommerergibtdas:
• "starkgestörtbisweniggestört"=65-200mvomWeg
• "nichtgestört"=ab200m
19
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
ImWinter:
• "starkgestörtbisweniggestört"=65-320mvomWeg
• "nichtgestört"=ab320m
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
20
3.)Methodik
3.1.)ForschungsleitendeFragenImRahmendieserArbeitwerdenfolgendeForschungsleitendeFragenbearbeitet.
1.) WiesiehtdasneuerstellteWegekonzeptdesNLPaus?
2.) WiesahendiestörungsreduziertenBereicheimaltenWegenetzaus?
3.) Wo liegen die störungsreduzierten Bereiche des neuen Wegenetzes mit
einembestimmtenAbstandzuWegen–imWinterwieimSommer?
4.) Wie sind die Meidungsdistanzen zu einem Weg sinnvoll zu definieren?
SowohlallgemeinalsauchspeziellfürAuer-undRotwild?WelcheBedeutung
hatdieMeidungsdistanzfürdieAnalysedesWegenetztes?
5.) WieistderAspektderGewöhnungimNationalparkzuberücksichtigen?
6.) Besteht ein örtlicher Zusammenhang zwischen den störungsreduzierten
Bereichen des neuenWegenetzes und den vom NLP definierten Bereichen
der„Rotwildberuhigung“und„Auerhuhnpflege“?
7.) Wo besteht Verbesserungspotential beim neuen Wegenetz? Gibt es zum
Beispiel noch Wege, die für die Schaffung zusammenhängender
störungsreduzierterBereichezusätzlichgeschlossenwerdensollten?
3.2.)GIS-DatenVomNLPwerdenunsfolgendeDatenzurVerfügunggestellt:
• einHöhenmodellalsRastermiteinerGenauigkeitvonzweiMetern
• dieGrenzenderbeidenTeiledesNationalparks
• ein Layer-File mit den Zonen des NLP: "Kernzone", "Naturwald",
"Dauerwald", "Auerhuhnpflege", "Forschungszone", "Moorpflege",
"Grindenpflege"und"Waldentwicklung"
• das alte Wegenetz als Shapefile, die Wege sind nach der Erarbeitung des
neuenWegenetzesindreiKlasseneingeteilt:"intern","public"und"closed",
ausdiesenDatenkannalsodasneueWegenetzabgeleitetwerden
• ein Shapefile, das die Wege und deren zugehörige Nutzungsart enthält:
"InterneWege", "Wander +Winter + Rad", "Wander +Winter", "Wander +
Rad","Rad+Winter","Winterwege","Radwege"und"Wanderwege"
21
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
• Raster-DatenüberdieWaldstruktur imNLP, eingeteilt in folgendeKlassen:
"unklassifiziert", "Offenfläche", "Lücke", "Dickung", "schwach-dimensioniert,
stufig", "medium-dimensioniert, einschichtig, homogen", "medium/stark-
dimensioniert,zweischichtig(Unterwuchs)","multi-dimensioniert,stufig"
• FOGIS-DatenzurWaldeinteilungundBaumartenkarte
• entsprechendeLegendenzurNutzungsartderWegeundderWaldstruktur
Zu den Daten über die Vegetationsstruktur ist anzumerken, dass sie Ergebnis
einerMasterarbeitsindundaufBasisvonFernerkundungsdatenerstelltworden
sind.DieStrukturistinsechsWald-StratenundeinOffenland-Stratumeingeteilt.
"Die Genauigkeiten der einzelnen Straten fielen unterschiedlich aus. Niedrigbewachsene Straten wurden nahezu fehlerfrei klassifiziert, währendmehrschichtigemoderateGenauigkeitaufwiesen"(Lang,F.,2017,S.7).
3.3.)ArbeitsschritteundToolsinArcMapÜber eine einfache Abfrage werden zunächst die geschlossenen Wege aus dem
Wegenetzentfernt,umdasneueWegenetzzuerhalten.NachdemdasWegenetzüber
dieTools"Clip"und"Erase"sauberaufdieBereicheinnerhalbderäußerenGrenzen
und außerhalb der innerenGrenzenbeschränktwurde,werdennundie öffentlich
undinterngenutztenWegeentsprechenddifferenzierterkennbargemachtwerden.
InderweiterenBearbeitungwerdendie interngenutztenWegevernachlässigt.Es
wirddavonausgegangen,dassdieStörwirkung,dievonihnenausgeht,marginalist
undauchmitjenerzuvergleichenist,dievonBesucherinnenausgeht,dieunerlaubt
die Wege verlassen, also unkontrollierte und örtlich nicht definierbare
Störereignisse. Würden die intern genutzten Wege mit einbezogen, hätte diese
ArbeitohnehindasErgebnis,dassesfürWildtierenursehrkleineundzerstückelte
störungsreduziertenBereichegibt,diespeziellfürgrößereTierartenwieVögelund
Säugetierewahrscheinlichnichtausreichendwären.
In einemweiteren Schrittwerdenüber "Symbology" dieNutzungsarten derWege
festgelegt und sichtbar gemacht. Anschließend erfolgt über "Export Data" eine
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
22
saisonale Trennung (Sommer-Winter), wobei manche Wege ganzjährig genutzt
werden. Somit ist ein Zwischenergebnis dasWegenetz im Sommerwie imWinter
mitnachNutzungsartklassifiziertenWegen.
Nun werden mit dem Tool "Buffer" Bereiche errechnet, die innerhalb eines
definierten Abstandes zum Weg liegen und sich je nach Tierart und Saison
unterscheiden.DieseBereichesindalsFlächenanzusehen, indenensichWildtiere
gestörtfühlenundwomöglichflüchten.DanachwerdendieseBereichemitdemTool
"Erase"ausradiert,sodassimErgebnisdiestörungsreduziertenBereicheaußerhalb
des definierten Abstandes zumWeg ausgegeben werden. Für Auer- und Rotwild
werdendieAbständezuWegen inzweiStufenklassifiziert, sodassdieserVorgang
zweiMalmitunterschiedlichen "Buffern"durchgeführtwird. ImErgebnis sinddie
störungsreduzierten Bereiche in zwei Zonen dargestellt, mit je unterschiedlichen
Abständen zu Wegen. Wir haben diese Flächen in den Legenden als
"störungsreduziertenBereich"bezeichnetund zusätzlichdieEntfernung zumWeg
mit angegeben, je nach Tierart und Saison. Man könnte die störungsreduzierten
Bereicheauchineine"Kernzone"undeinen"Pufferstreifen"teilen.
DieserVorgangwirdauchmitpauschalvomNLPvorgegebenenWertenvon50,100
und 150Metern Abstand zumWegwiederholt, die dann von denMitarbeitenden
grob Tierarten oder -Gruppen zugeordnet werden können, für die sie sich
interessieren.
DieerrechnetenstörungsreduziertenBereicheunddievomNLPfestgelegtenZonen
der"Rotwildberuhigung"und"Auerhuhnpflege"werdenanschließendübereinander
gelegt, sodass die sich überschneidenden Bereiche ausgegeben werden. Das Tool
"Clip" wird hierzu genutzt. Somit errechnen sich Bereiche, die störungsreduziert
sind, also mit entsprechend nötigen Abständen zu Wegen und den bevorzugten
Gebieten für Auerwild beziehungsweise der Kernzone, in die sich Rotwild
möglicherweise verstärkt bewegen wird. Diese Gebiete bezeichnen wir als
"Vorrangflächen". Der Vorgang wird sowohl mit der "Kernzone" des
störungsreduzierten Bereiches als auch mit dem "Pufferstreifen" durchgeführt,
sodass im Ergebnis auch eine "Kernzone" und ein "Pufferbereich" der
Vorrangflächenerrechnetwerden.
23
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
Letztlich soll untersucht werden, ob durch die Schließung weiterer Wege mehr
zusammenhängende störungsreduzierte Bereiche geschaffen werden können und
demnacheineEmpfehlungandenNLPausgesprochenwerdenkann.Auchkannfür
"sensible"WegeeineBepflanzungzumehrSichtschutz führen (Vgl.Thiel,D. etal.,
2007, S. 6ff).Dazu sollen alleWege, die einen entsprechendenMindestabstand zu
den "Vorrangflächen"unterschreiten,gefiltertundentsprechendmarkiertwerden,
sodass hier über ein weiteres Management nachgedacht werden kann. Zuerst
müssen hierzu die "Kern-" und "Pufferzone" der "Vorrangflächen" wieder
zusammengeführt werden, wozu das Tool "Merge" benutzt wird. Anschließend
werden diese Flächen "gebuffert" und die "gebufferten" Bereiche mit denWegen
über das Tool "Clip" überschnitten und entsprechend sichtbar gemacht. Somit
werdendieWegeangezeigt,diefürdieentsprechendeTierartundSaisoninnerhalb
derReichweitederStörgrößeMenschliegen.
Zu bemerken ist, dass wir die störungsreduzierten Bereiche bis zu den
Außengrenzen des NLP ausgegeben haben. Dies ist nicht immer korrekt, da in
BereichennahederAußengrenzevonmenschlichenStörungenaußerhalbdesNLP
ausgegangen werden muss. Dieser Faktor wurde in der Arbeit vernachlässigt, da
keineausreichendenDatenfürdasGebietaußerhalbdesNLPzurVerfügungstehen.
Auch die Zonierung des NLP habenwir nichtweiter berücksichtig, da es unserer
Meinung nach eine Verkomplizierung darstellt die störungsreduzierten Bereiche
noch zusätzlich in Kernzone, Entwicklungszone und Managementzone zu
unterteilen.DieEntwicklungszonesollohnehinin30JahrenzurKernzonegehören3,
womitdasErgebnisderArbeitehermittelfristiggilt.
Weiter wäre interessant, welche Vorrangflächen je nach Saison und Tierart
bevorzugt genutzt werden. Für Auerwild zum Beispiel unterscheiden sich die
bevorzugten Habitate für Sommer undWinter anhand vieler Faktoren wie unter
anderem(Vgl.Storch,I.,1993,S.4ff):
3www.nationalpark-schwarzwald.de/nationalpark/lage-zonierung,17.01.2018
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
24
• Habitatstruktur
• Baumartenzusammensetzung
• VorkommenderHeidelbeere(Vacciniummyrthillus)
• Exposition
• Hangneigung
DafürAuerwildeineFluchtreaktionspeziell imWintersehrkritischist(Vgl.Thiel,
D.etal.,2008,S.2),wärespeziell inWinter-HabitatenüberweiteresManagement
nachzudenken.
Mit den vorhandenen Daten und zudem der vorhandenen Ungenauigkeit in den
DatenzurWaldstruktur,erscheinteineweitereAnalyseallerdingsnichtsinnvollund
Ergebnisse wären wahrscheinlich sehr ungenau. Hierfür müssten viele weiteren
Datenaufgenommenwerden,wiezumBeispielInformationenüberdasVorkommen
derHeidelbeere.
IndennachfolgendenModellenistdasVorgeheninArcMapveranschaulicht.
25
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
Abbildung5:VorgehensweiseinArcMap
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
26
Abbildung6:VorgehensweiseinArcMap
27
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.)ErgebnisseAlleKartensindauchingrößeremFormatimAnhangundaufderCDzufinden.
4.1.)AltesundneuesWegenetzAnhand eines Vergleiches der störungsreduzierten Bereiche des alten und neuen
WegenetzeswirddieDimensionderVeränderungsichtbar.
Abbildung7:VomaltenzumneuenWegenetz
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
28
Abbildung8:NeuesWegenetz
29
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
DiestörungsreduziertenBereichezuZeitendesaltenWegenetzeshabenimWinter
fürAuerwildeineFlächevoncirca1.800ha.MitdemneuenWegenetzhatsichdiese
auffast9.000haerhöht,waseinerSteigerungvonrund80Prozententspricht.
Abbildung9:AltesWegenetz:störungsreduzierteBereichefürAuerwildimWinter
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
30
4.2.)StörungsreduzierteBereicheimSommer
4.2.1.)BufferallgemeinZunächst werden die störungsreduzierten Bereiche allgemein ausgegeben. Sie
haben im Sommer je nachAbstand zu denWegen eine Fläche von rund 7.500 ha
(50m),5.600ha(100m)und4.200ha(150m).
Abbildung10:StörungsreduzierteBereicheimSommer
31
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.2.4.)AuerwildFür die Sommersaison haben die störungsreduzierten Bereiche, je nach Abstand
zumWeg,eineFlächevonrund6.900ha(65m)und3.200ha(200m).
Abbildung11:StörungsreduzierteBereichefürAuerwildimSommer
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
32
4.2.4.2.)ÜberschneidungmitGebietender"Auerhuhnpflege"In diesemSchrittwerdendie errechneten störungsreduziertenBereiche auf einen
örtlichen Zusammenhang mit den vom NLP als solche definierten Bereiche der
"Auerhuhnpflege" untersucht. Diese Bereiche wurden vom NLP anhand potentiell
geeigneterHabitatsstruktur,derExpositionundauchnachgewiesenemVorkommen
derVögel,alsozumBeispielhäufigeSichtungen,festgelegt.AnalytischeVorgängein
GISwurdennichtdurchgeführt,wieunsSönkeBirkineinerE-Mailerklärte.
Die dabei errechneten Vorrangflächen haben, je nach Abstand zu denWegen, im
SommereineFlächevonrund900ha(65m)und400ha(200m)(siehe4.2.4.3.).
Abbildung12:Auerhuhnpflege
33
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.2.4.3.)"Kritische"WegeAusreichender Sichtschutz zwischen Auerwild und einem Störfaktor senkt die
Fluchtdistanz um circa zehn Meter (Vgl. Thiel et al., 2007, S. 6). Wenn davon
ausgegangenwird,dassdiesereinestörungsreduzierteHabitatnutzunginderNähe
vonWegenermöglicht,sosollteanWegen,die inderNähederVorrangflächenfür
AuerwildliegenübereinederartigeBepflanzungnachgedachtwerden.Nachfolgend
werden die Wege angezeigt, die weniger als 65 Meter von den entsprechenden
Vorrangflächen entfernt - und damit innerhalb der Reichweite der Störgröße
Mensch-liegen.
Abbildung13:VorrangflächenfürAuerwildimSommer
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
34
4.2.5.)RotwildFür die Sommersaison haben die störungsreduzierten Bereiche, je nach Abstand
zumWeg,eineFlächevonrund4.000ha(160m)und1.900ha(300m).
Abbildung14:StörungsreduzierteBereichefürRotwildimSommer
35
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.2.5.1.)ÜberschneidungmitGebietender"Rotwildberuhigung"In diesemSchrittwerdendie errechneten störungsreduziertenBereiche auf einen
örtlichen Zusammenhang mit den vom NLP als solche definierten Bereiche der
"Rotwildberuhigung"untersucht.
Abbildung15:Rotwildberuhigung
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
36
Die dabei errechneten Vorrangflächen haben, je nach Abstand zu denWegen, im
SommereineFlächevonrund1.600ha(160m)und900ha(300m).
Abbildung16:VorrangflächenfürRotwildimSommer
37
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.3.)StörungsreduzierteBereicheimWinter
4.3.1.)BufferallgemeinZunächst werden die störungsreduzierten Bereiche allgemein ausgegeben. Sie
haben imWinter je nach Abstand zu denWegen eine Fläche von rund 9.200 ha
(50m),8.500ha(100m)und8.000ha(150m).
Abbildung17:StörungsreduzierteBereicheimWinter
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
38
4.3.4.)AuerwildFürdieWintersaisonhabendiestörungsreduziertenBereiche,jenachAbstandzum
Weg,eineFlächevonrund9.000ha(65m)und6.600ha(320m).
Abbildung18:StörungsreduzierteBereichefürAuerwildimWinter
39
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.3.4.2.)ÜberschneidungmitGebietender"Auerhuhnpflege"In diesemSchrittwerdendie errechneten störungsreduziertenBereiche auf einen
örtlichen Zusammenhang mit den vom NLP als solche definierten Bereiche der
"Auerhuhnpflege" (siehe 4.2.4.2.) untersucht. Diese Bereiche wurden vom NLP
anhand potentiell geeigneter Habitatsstrukturen, der Exposition und auch
nachgewiesenem Vorkommen der Vögel, als zum Beispiel häufige Sichtungen,
festgelegt.AnalytischeVorgänge inGISwurdennichtdurchgeführt,wieunsSönke
BirkineinerE-Mailerklärte.
Die dabei errechneten Vorrangflächen haben, je nach Abstand zu denWegen, im
WintereineFlächevonrund1.100ha(65m)und600ha(320m).
Abbildung19:VorrangflächenfürAuerwildimWinter
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
40
4.3.5.)RotwildFürdieWintersaisonhabendiestörungsreduziertenBereiche,jenachAbstandzum
Weg,eineFlächevonrund8.300ha(120m)und6.700ha(300m).
Abbildung20:StörungsreduzierteBereichefürRotwildimWinter
41
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
4.3.5.1.)ÜberschneidungmitGebietender"Rotwildberuhigung"In diesemSchrittwerdendie errechneten störungsreduziertenBereiche auf einen
örtlichen Zusammenhang mit den vom NLP als solche definierten Bereiche der
"Rotwildberuhigung"(siehe4.2.5.1.)untersucht.
Die dabei errechneten Vorrangflächen haben, je nach Abstand zu denWegen, im
WintereineFlächevonrund3.000ha(120m)und2.600ha(300m).
Abbildung21:VorrangflächenfürRotwildimWinter
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
42
5.)DiskussionundAusblickDassdieseArbeitmodellhaftzuverstehenist,sollindiesemKapitelanhandeiniger
Beispieleverdeutlichtwerden.
DieerrechnetenstörungsreduziertenBereichemüssennichtzwingendderArtvon
Habitat entsprechen, das tatsächlich von einer Tierart genutzt wird. Neben
"Störungsfreiheit" spielen viele andere Faktoren eine Rolle und beeinflussen die
Wahl eines Habitats. Zunächst müssen für diese Faktoren Zahlen und Daten
vorhanden sein, dann sind sie schwer zu gewichtenundvor allem sehenwir eine
große Schwierigkeit darin, die gewichteten Faktoren dann in einer Analyse mit
ArcMapumzusetzen.ModellierungundFernerkundungmitGISstoßenhieranihre
Grenzen. Das sind einige Aspekte, die über unsere Kapazität hinaus gehen und in
einer weiteren, ausführlicheren, Arbeit behandelt werden könnten, welche
MöglichkeitenzurausführlicherenRechercheundvorallemDatenaufnahmebietet.
AllgemeingibtesfürverschiedeneTierarteneineweiteBandbreiteanAngabenüber
Flucht-undMeidungsdistanzen,womitwirgezwungenwaren,Näherungswertefür
dieGIS-Analysezunutzen.
Der Aspekt der angesprochenen Gewöhnung ist schwer abzuschätzen und
verdeutlicht,dassdieGIS-Modellierungnichtzeitlosist.
Auch habenwir einige Aspekte nicht einbezogen,wie die intern genutztenWege,
hierwäreeineAnalysesicherinteressant,fallsDatenvorhandensindodererhoben
werdenkönnen,welcheAussagenüberdieNutzungsfrequenzdieserWegemachen.
Wirsinddavonausgegangen,dassdieStörwirkung,dievonihnenausgeht,marginal
ist und auch mit jener zu vergleichen ist, die von Besucherinnen ausgeht, die
unerlaubt dieWege verlassen, also unkontrollierte und örtlich nicht definierbare
Störereignisse. Würden die intern genutzten Wege mit einbezogen, hätte diese
ArbeitohnehindasErgebnis,dassesfürWildtierenursehrkleineundzerstückelte
störungsreduziertenBereichegibt,diespeziellfürgrößereTierartenwieVögelund
Säugetierewahrscheinlichnichtausreichendwären.
AucheinedifferenzierteBeurteilungderöffentlichenWegejenachNutzungsartund
-Frequenz wäre möglich. Zudem haben wir Störfaktoren von außerhalb des NLP
43
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
nichtmiteinbezogenunddiestörungsreduziertenBereichegrenzenteilweisedirekt
andieAußengrenzendesNLPan.AuchhabenwirdiestörungsreduziertenBereiche
nichtjenachLageinderZonierungdesNLPunterschieden,obwohlinderKernzone
keine forstlichen Arbeiten mehr durchgeführt werden und auch alsbald die Jagd
stark reduziert werden soll. In der Entwicklungszone ist durch entsprechende
MaßnahmenundforstlicheEingriffezumindestindennächsten30Jahrenmitmehr
StörungenfürWildtierezurechnen,alsinderKernzone.
Dass entsprechender Sichtschutz zwischen Menschen und Auerwild die
Fluchtdistanz um circa zehn Meter verringert, haben Untersuchungen gezeigt.
Diesen Aspekt haben wir nicht berücksichtigt, obwohl es mit den Daten zur
Waldstruktur theoretisch möglich gewesen wäre. Es lässt sich sicherlich darüber
streiten,obeinesolcheAnalysesinnvollgewesenwäreaberauch,obeineumzehn
Meter verringerte Fluchtdistanz in der behandelten Dimension eines NLP mit
10.000 Hektar überhaupt eine Rolle spielt. Nichtsdestotrotz haben wir Wege
ermittelt, die von den Vorrangflächen innerhalb des Bereiches der Störgröße
Mensch liegen und hier ist es sicherlich sinnvoll, über weitere Maßnahmen im
Managementnachzudenken,wie zumBeispiel eineBepflanzungmit immergrünen
Pflanzen amWegesrand als Sichtschutz oder auch eine Schließung derWege und
UmleitungumdieGebietederAuerhuhnpflege,zumindestimWinter.
Speziell für die im Schwarzwald sehr zerstückelte Population des Auerwildes
verdeutlichtauchdasErgebnisdieserArbeitdieProblemlage.Zwarhabensichdie
störungsreduzierten Bereiche durch das neue Wegenetz im NLP deutlich erhöht,
jedoch sind die bevorzugten Habitate weiterhin sehr zerstreut angeordnet. Hier
wird deutlich, wie großflächig dasManagement für Auerwild angelegt seinmuss,
falls ernsthaftes Interessebesteht,dieseTierart imSchwarzwaldzuerhalten.Hier
mussweitüberdieGrenzendesNLPhinausgeplantundgehandeltwerden.Diese
ThematikistineinersehrgrundsätzlichenProblemstellungderForstwirtschaftund
Raumplanungallgemeineinzuordnen:Naturschutz-Erholung-Nutzung.
Natürlich steht auch die Tatsache im Raum, dass ein Nationalpark sicher mehr
Besucherinnen und Besucher in den Wald lockt, als dort vor dessen Gründung
unterwegswaren.SomitsindwomöglichWegeineinemNationalparkalswesentlich
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
44
gravierendererStörfaktoranzusehen,alsaußerhalb-dortspielenvielleichtandere
FaktoreneinewichtigereRolle,wiezumBeispieldienutzendeForstwirtschaft.Ob
sichdurchdieGründungdesNLPdieStörwirkungendurchMenschenaufWildtiere
womöglich gar verstärkt haben oder verstärken werden, da sich mehr
BesucherinnenimGebietaufhalten,kanndiskutiertwerden.
Zuletzt bleibt zu sagen, dass auch abgewartet werden muss, in wie weit sich
Besucher an das Wegegebot halten. Für weitreichende Effekte des neuen
Wegekonzeptesmussdiesnatürlichgewährleistetseinundaucheinewirkungsvolle
Sperrungder internenWegeundeinRückbau jener,diegeschlossenwurden, sind
wesentlicheGrundvoraussetzungen.
45
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
6.)ZusammenfassungMenschen werden von vielen Tierarten als Störfaktor empfunden. In einem
Nationalpark(NLP)bestehteinwesentlicherTeildesManagementsdarin,die teils
widersprüchlichen Interessen von Naturschutz- und Erholungsfunktion eines
NaturraumessogutesgehtinEinklangzubringen.
Wir haben die Wege im NLP, die von Erholungssuchenden je nach Jahreszeit
unterschiedlichgenutztwerden, alsBereicheangesehen,vondenenStörungenauf
Wildtiere ausgehen. Für die GIS-Analyse der störungsreduzierten Bereiche haben
wir uns auf Auer- und Rotwild beschränkt.Wir haben uns entschieden, nicht die
Fluchtdistanz als relevanten Mindestabstand zu Wegen zu nutzen, sondern
stattdessenMeidungsdistanzen zuwählen. Diese liegen oft deutlich höher, als die
Fluchtdistanz. Nach ausführlicher Recherche haben wir hierfür Mittelwerte aus
verschiedenenUntersuchungengebildet.WirhabenzudemzwischenSommerund
Winterdifferenziert,dasichsowohldasöffentlicheWegenetz imNLPalsauchdie
MeidungsdistanzenvonRot-undAuerwildjahreszeitlichunterscheiden.
Auf dieser Basis habenwir die Flächen innerhalb eines bestimmtenAbstandes zu
Wegen als gestörte Bereiche und jene Flächen mit ausreichender Entfernung zu
WegenalsstörungsreduzierteBereicheangesehen.
Das Ergebnis der GIS-Modellierung ist eindeutig. Das neue Wegenetz im
Nationalpark Schwarzwald bewirkt, dass größere und zusammenhängendere
BereichefürWildtierenutzbarsind.
AnzweiBeispielenwirddiesdeutlich:imWinterbeträgtdieLängederöffentlichen
Wegenurnoch100km(voneinst1.200km)unddiestörungsreduziertenBereiche
fürAuerwildsindummehrals70Prozentaufrund9.000Hektargewachsen.
Im Sommer haben die öffentlichen Wege eine Länge von 300 km und die
störungsreduziertenBereichefürRotwildhabensichum38ProzentaufeineFläche
voncirca4.000Hektarerhöht.
Durch die geplante Reduzierung und letztendliche Abschaffung der Jagd in der
Kernzone des NLP, ist als Reaktion ein verändertes Verhalten des Rotwildes
wahrscheinlich. Dies wird sich möglicherweise verstärkt in den von uns als
UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
46
"Vorrangflächen" bezeichneten Gebieten aufhalten. Die "Vorrangflächen" liegen
sowohl in der Kernzone des NLP und weisen zudem einen entsprechenden
MindestabstandzuWegenauf, sie liegenalso imstörungsreduziertenBereich.Die
Chance besteht, dass die Tiere dort ihre Scheu vorMenschen reduzieren und für
Besucherinnenerlebbarerwerden.
FürdasAuerwild stelltvorallemdieReduzierungderWegedichte imWintereine
Chancedar,dadieTieredanneinenbesonderssensiblenEnergiehaushalthaben.Ein
Kernproblem der Auerwild-Population im Schwarzwald bleibt aber auch im NLP
deutlichbestehen:diePopulationist insichweitzersplittertunddieHabitatesind
fragmentiertimSchwarzwaldangeordnet.
47
JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
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UntersuchungdesneuenWegekonzeptesdesNationalparkSchwarzwald
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AbbildungsverzeichnisAbbildung2:LagedesNationalparkSchwarzwald.....................................................................5
Abbildung3:Auerhahn............................................................................................................................6
Abbildung4:Rothirsch............................................................................................................................7
Abbildung5:MasaiMaraNationalReserve.................................................................................11
Abbildung6:VorgehensweiseinArcMap.....................................................................................25
Abbildung7:VorgehensweiseinArcMap.....................................................................................26
Abbildung8:VomaltenzumneuenWegenetz...........................................................................27
Abbildung9:NeuesWegenetz...........................................................................................................28
Abbildung22:AltesWegenetz:störungsreduzierteBereichefürAuerwildimWinter
................................................................................................................................................................29
Abbildung10:StörungsreduzierteBereicheimSommer......................................................30
Abbildung11:StörungsreduzierteBereichefürAuerwildimSommer...........................31
Abbildung12:Auerhuhnpflege.........................................................................................................32
Abbildung13:VorrangflächenfürAuerwildimSommer......................................................33
Abbildung14:StörungsreduzierteBereichefürRotwildimSommer.............................34
Abbildung15:Rotwildberuhigung...................................................................................................35
Abbildung16:VorrangflächenfürRotwildimSommer.........................................................36
Abbildung17:StörungsreduzierteBereicheimWinter.........................................................37
Abbildung18:StörungsreduzierteBereichefürAuerwildimWinter.............................38
Abbildung19:VorrangflächenfürAuerwildimWinter.........................................................39
Abbildung20:StörungsreduzierteBereichefürRotwildimWinter................................40
Abbildung21:VorrangflächenfürRotwildimWinter............................................................41
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JorinaFinkundJannisSchwärzli,HochschulefürForstwirtschaftRottenburg
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