Unverbindliche Musterlösung zur Hausarbeit · 2 Bebauungsbescheid ist mit der Anbringung der...

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1 Unverbindliche Musterlösung zur Hausarbeit Inhalt Aufgabe 1 ..................................................................................................................................................... 1 A. Zulässigkeit .......................................................................................................................................... 1 I. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO ................................................................................................... 1 II. Statthafte Klageart ............................................................................................................................ 1 1.) hinsichtlich des Bebauungsbescheids ........................................................................................... 1 2.) hinsichtlich des Kostenbescheids ................................................................................................. 2 III. Klagebefugnis § 42 II VwGO .......................................................................................................... 2 E macht geltend, durch die angegriffenen Verwaltungsakte in eigenen Rechten verletzt zu sein. Diese Rechtverletzung müsste zumindest möglich sein. ................................................................................. 2 1.) hinsichtlich des Bebauungsbescheids ........................................................................................... 2 2.) hinsichtlich des Kostenbescheids ................................................................................................. 2 IV. Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO)...................................................................................................... 3 V. Klagefrist (§ 74 VwGO) ................................................................................................................... 3 VI. Richtiger Klagegner (§ 78 VwGO) ................................................................................................. 3 VI. Objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO) .......................................................................................... 3 B. Begründetheit hinsichtlich des Bebauungsbescheids ........................................................................... 3 0. Passivlegitimation .............................................................................................................................. 3 I. Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids .......................................................................................... 4 1. Rechtsgrundlage des Bebauungsbescheids .................................................................................... 4 2. Formelle Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids ...................................................................... 4 a) Zuständigkeit .............................................................................................................................. 4 b) Verfahren ................................................................................................................................... 4 c) Form ........................................................................................................................................... 4 2. Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids .................................................................... 4 aa) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans .......................................................................... 4 bb) Wirksame Festsetzung im Bebauungsplan ........................................................................... 4 (i) Rechtsgrundlage für den Erlass des Bebauungsplans ........................................................ 5 (ii) Formelle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans ................................................................ 5 (1) Zuständigkeit ................................................................................................................. 5 (2) Verfahren ....................................................................................................................... 5 (3) Hilfsgutachtlich: Form ................................................................................................... 7 (iii) Hilfsgutachtlich: Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans ................................. 7 (iv) Zwischenergebnis ............................................................................................................. 7 II. Verletzung des E in eigenen Rechten ............................................................................................... 7

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Unverbindliche Musterlösung zur Hausarbeit

Inhalt

Aufgabe 1 ..................................................................................................................................................... 1 A. Zulässigkeit .......................................................................................................................................... 1 

I. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO ................................................................................................... 1 II. Statthafte Klageart ............................................................................................................................ 1 

1.) hinsichtlich des Bebauungsbescheids ........................................................................................... 1 2.) hinsichtlich des Kostenbescheids ................................................................................................. 2 

III. Klagebefugnis § 42 II VwGO .......................................................................................................... 2 E macht geltend, durch die angegriffenen Verwaltungsakte in eigenen Rechten verletzt zu sein. Diese Rechtverletzung müsste zumindest möglich sein. ................................................................................. 2 

1.) hinsichtlich des Bebauungsbescheids ........................................................................................... 2 2.) hinsichtlich des Kostenbescheids ................................................................................................. 2 

IV. Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO) ...................................................................................................... 3 V. Klagefrist (§ 74 VwGO) ................................................................................................................... 3 VI. Richtiger Klagegner (§ 78 VwGO) ................................................................................................. 3 VI. Objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO) .......................................................................................... 3 

B. Begründetheit hinsichtlich des Bebauungsbescheids ........................................................................... 3 0. Passivlegitimation .............................................................................................................................. 3 I. Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids .......................................................................................... 4 

1. Rechtsgrundlage des Bebauungsbescheids .................................................................................... 4 2. Formelle Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids ...................................................................... 4 

a) Zuständigkeit .............................................................................................................................. 4 b) Verfahren ................................................................................................................................... 4 c) Form ........................................................................................................................................... 4 

2. Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids .................................................................... 4 aa) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans .......................................................................... 4 bb) Wirksame Festsetzung im Bebauungsplan ........................................................................... 4 

(i) Rechtsgrundlage für den Erlass des Bebauungsplans ........................................................ 5 (ii) Formelle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans ................................................................ 5 

(1) Zuständigkeit ................................................................................................................. 5 (2) Verfahren ....................................................................................................................... 5 (3) Hilfsgutachtlich: Form ................................................................................................... 7 

(iii) Hilfsgutachtlich: Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans ................................. 7 (iv) Zwischenergebnis ............................................................................................................. 7 

II. Verletzung des E in eigenen Rechten ............................................................................................... 7 

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III. Ergebnis Bebauungsbescheid .......................................................................................................... 7 C. Begründetheit hinsichtlich des Kostenbescheids .................................................................................. 7 

I. Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids ................................................................................................ 7 1. Ermächtigungsgrundlage des Kostenbescheids ............................................................................. 7 2. Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids ............................................................................. 7 

a) Zuständigkeit .............................................................................................................................. 7 b) Verfahren ................................................................................................................................... 7 c) Form ........................................................................................................................................... 7 

3. Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids ........................................................................... 7 Tatbestand ...................................................................................................................................... 7 

Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung ............................................................................. 7 (i) Rechtsgrundlage der Ersatzvornahme ................................................................................ 7 (ii) Formelle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme ................................................................. 8 

(1) Zuständigkeit ................................................................................................................. 8 (2) Verfahren ....................................................................................................................... 8 (3) Form ............................................................................................................................... 8 

(iii) Materielle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme .............................................................. 8 Voraussetzungen der Ersatzvornahme ................................................................................ 8 

II. Verletzung des E in eigenen Rechten ............................................................................................... 9 III. Ergebnis Kostenbescheid ................................................................................................................. 9 

D. Ergebnis ................................................................................................................................................ 9 

Aufgabe 2: .................................................................................................................................................. 10 A. Revisibilität nach § 137 I Nr. 1 VwGO .............................................................................................. 10 B. Revisibilität nach § 137 I Nr. 2 VwGO .............................................................................................. 10 C. Revisibilität kraft sonstiger Anordnung.............................................................................................. 10 D. Revisibilität wegen bundesrechtverstoßender Auslegung .................................................................. 10 E. Revisibilität wegen Wortlautgleichheit mit Bundesrecht? ................................................................. 11 F. Ergebnis .............................................................................................................................................. 12 

Aufgabe 3: .................................................................................................................................................. 13 A. Zulässigkeit hinsichtlich Abnahme Fensterläden ............................................................................... 13 

I. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO ................................................................................................. 13 II. Statthafte Klageart .......................................................................................................................... 13 III. Klagebefugnis (§ 42 II VwGO analog) ......................................................................................... 13 IV. Rechtsschutzbedürfnis ................................................................................................................... 13 V. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen ........................................................................................... 13 

B. Begründetheit hinsichtlich der Abnahme der Fensterläden ................................................................ 13 I .Passivlegitimation ............................................................................................................................ 14 II. Folgenbeseitigungsanspruch ........................................................................................................... 14 

1. Öffentlich-rechtliche Maßnahme ................................................................................................. 14 2. Eingriff in subjektives Recht durch die Maßnahme ..................................................................... 14 

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3. Noch fortdauernde rechtswidrige Folge ....................................................................................... 14 4. Ergebnis Folgenbeseitigungsanspruch ......................................................................................... 15 

III. Ergebnis ......................................................................................................................................... 15 C. Erstreckung auf Kostenbescheid ........................................................................................................ 15 

I. Einbeziehung in den Streitgegenstand § 24 S. 2 LGebG ................................................................. 15 1. Anwendbarkeit § 24 S. 2 LGebG ................................................................................................. 15 

a) Gebühren und Auslagen nach §§ 1, 2 LGebG ......................................................................... 15 b) Ausnahme nach §§ 1 S 1,3 i.V.m. § 4 III S.3 LGebG? ............................................................ 15 c) Ausschlusswirkung des § 31 V LVwVG ................................................................................. 15 d) Geltung des § 24 LGebG nur für das Widerspruchsverfahren? ............................................... 16 e) Verwaltungsaktqualität der Sachentscheidung § 24 S.2 LGebG ............................................. 16 

aa) Verwaltungsaktqualität der Ersatzvornahme ...................................................................... 16 bb) Sachentscheidung als Verwaltungsakterfordernis .............................................................. 17 

f) Analoge Anwendung des § 24 S.2 LGebG ............................................................................... 17 2. Vereinbarkeit des § 24 LGebG mit Bundesrecht ......................................................................... 17 

a) Kollision mit von § 24 S.2 LGebG mit § 88 VwGO................................................................ 17 b) Hilfweise: Verfassungsmäßigkeit des § 24 S.2 LGebG ........................................................... 19 

II. Zulässigkeit hinsichtlich des Kostenbescheid ................................................................................. 19 1. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO ............................................................................................ 19 2. Statthafte Klageart ........................................................................................................................ 19 3. Klagebefugnis § 42 II VwGO ...................................................................................................... 19 4. Vorverfahren §§ 68 ff. VwGO ..................................................................................................... 19 5. Klagefrist § 74 VwGO ................................................................................................................. 20 

III. Begründetheit hinsichtlich Kostenbescheid ................................................................................... 20 1. Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids .............................................................................................. 20 

a) Ermächtigungsgrundlage des Kostenbescheids ........................................................................... 20 b) Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids .......................................................................... 20 c) Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids ......................................................................... 20 

aa) Tatbestand ............................................................................................................................... 20 (i) Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung ...................................................................... 20 

(1) Rechtsgrundlage der Ersatzvornahme ( §§ 1, 2, 25 LVwVG) ........................................ 20 (2) Formelle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme ............................................................... 20 (3) Materielle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme ............................................................. 20 

(a) Voraussetzungen der Ersatzvornahme ......................................................................... 20 (b) Rechtsfolge .................................................................................................................. 22 

(4) Zwischenergebnis ............................................................................................................ 22 (ii) Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes ...................................................................... 22 

IV. Ergebnis ......................................................................................................................................... 23 

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Aufgabe 1 Die Klage des E hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und be-gründet ist.

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO Der Verwaltungsrechtsweg müsste gemäß § 40 VwGO eröffnet sein. Dazu müsste eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungs-rechtlicher Art gegeben sein. Nach der Sonderrechtstheorie liegt öf-fentliches Recht vor, wenn der Staat durch dieses einseitig berechtigt oder verpflichtet wird. Durch § 176 BauGB wird der Staat einseitig zur Setzung einer Rechtsfolge berechtigt. Auch durch das LVwVG ist dem Staat als solchem die Befugnis zur vollstreckbaren Festsetzung von Kosten zugewiesen. Somit liegt Sonderrecht des Staates und folglich öffentliches Recht vor. Ein verfassungsrechtlicher Bezug fehlt.

II. Statthafte Klageart Fraglich ist die einschlägige Klageart. Hier sind die einzelnen vom Kläger vorgebrachten Rechtsschutzziele getrennt zu untersuchen § 88 VwGO.

1.) hinsichtlich des Bebauungsbescheids Hinsichtlich des Bebauungsbescheids könnte eine Anfechtungsklage in Betracht kommen. Dazu müsste es sich bei dem Bebauungsbescheid um einen Verwaltungsakt nach § 35 BVwVfG1 handeln. Der Be-bauungsbescheid wurde einseitig und mithin hoheitlich erlassen. Die Stadt, für die der Oberbürgermeister gehandelt hat, ist nach § 1 IV BVwVfG2 als Teil der öffentlichen Verwaltung Behörde. Wie bereits geprüft, erfolgte die die Maßnahme auch auf dem Gebiet des öffentli-chen Rechts. Schließlich müsste sie auf die Setzung von Rechtsfolgen nach außen gerichtet sein. Der Bebauungsbescheid verpflichtete E zum Anbringen von Fensterläden. Somit wurde eine Rechtspflicht als Rechtsfolge gesetzt. E ist als Privatmann betroffen, so dass auch Au-ßenwirkung und mithin ein Verwaltungsakt vorliegt. Für das Vorliegen einer Anfechtungsklage ist zudem erforderlich, dass sich der Verwaltungsakt noch nicht im Sinne des § 113 I 4 VwGO er-ledigt hat. Dann wäre statt einer Anfechtungsklage eine Fortsetzungs-feststellungsklage anzunehmen. Erledigung tritt nach § 43 VwVfG mit dem Wegfall der rechtlichen oder tatsächlichen Beschwer ein.3 Der

1 Nach h.M. muss das Bundes-VwVfG Bezugspunkt sein, da sonst der Landesgesetz-geber die Reichweite der bundesgesetzlich geregelten Anfechtungsklage bestimmen könnte (vgl. Schenke Verwaltungsprozessrecht 9.A. 2004 Rn. 185); a.A. mit Hinweis auf die Anwendungsbereichsbestimmungen des § 1 BVwVfG sehr gut vertretbar; Problem kann auch weggelassen werden (nur Nennung VwVfG) 2 Bzw. § 1 II LVwVfG. 3 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner - Gerhardt VwGO § 113 Rn. 81.

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Bebauungsbescheid ist mit der Anbringung der Fensterläden vollzo-gen, die Bebauungspflicht erfüllt. Somit könnte man von einer Wegfall der rechtlichen Beschwer ausgehen. Dem wird teilweise entgegenge-halten, dass der Verwaltungsakt nicht erledigt sei, so lange er noch Grundlage eines Kostenbescheids sein kann.4 Dem wird mit dem Ar-gument widersprochen, dass die Kostentragungspflicht sich aus dem Gesetz ergebe und zudem nicht an die Wirksamkeit sondern an die Rechtmäßigkeit des Bescheids anknüpfe.5 Dies kann jedoch dahinste-hen, wenn sich der Bebauungsbescheid aus anderen Gründen noch nicht erledigt hat. Der Vollzug schließt es nicht immer aus, dass der Kläger Erfüllungshandlungen rückgängig machen kann oder eine Fol-genbeseitigung möglich ist. In diesem Fall bleibt der Verwaltungsakt Rechtsgrund6 und erlegt dem Adressaten eine Duldungspflicht auf. So verpflichtet der Bebauungsbescheid den E nicht nur zur Anbrin-gung der Fensterläden, sondern auch zur Duldung der angebrachten Fensterläden. Daher ist E weiterhin durch die Duldungspflicht be-schwert. Der Bebauungsbescheid hat sich mithin noch nicht erledigt. Die Anfechtungsklage nach § 42 I 1. Alt. VwGO ist damit statthafte Klageart.

2.) hinsichtlich des Kostenbescheids Auch hinsichtlich des Kostenbescheids kommt eine Anfechtungsklage in Betracht. Dazu müsste dieser ebenfalls ein Verwaltungsakt sein. Auch der Kostenbescheid wurde einseitig von der Stadt erlassen, so dass eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde vorliegt. Der öffent-lich-rechtliche Charakter wurde bereits festgestellt. Der Kostenbe-scheid verpflichtet den E zu einer Zahlung und hat mithin eine außen-wirksame Regelungswirkung. Somit ist auch der Kostenbescheid ein Verwaltungsakt und gegen diesen die Anfechtungsklage statthaft.

III. Klagebefugnis § 42 II VwGO

E macht geltend, durch die angegriffenen Verwaltungsakte in eigenen Rechten verletzt zu sein. Diese Rechtverletzung müsste zumindest möglich sein.

1.) hinsichtlich des Bebauungsbescheids Durch den Bebauungsbescheid ist E in seinem subjektiven Baurecht (Art. 14 I GG) betroffen.

Zur Vertiefung: Weg eine Betroffenheit in der Eigentumsfreiheit we-gen der Normprägung von Art. 14 I GG (§ 176 BauGB als bloße In-halts- und Schrankenbestimmung) verneint, muss auf Art. 2 I GG aus-weichen (s.u. 2.).

2.) hinsichtlich des Kostenbescheids Durch die Auferlegung der Kosten für die Ersatzvornahme ist E jeden- 4 VGH Mannheim VBlBW 1981, 325; NvwZ 1995, 202, 205; a.A. NVwZ 1994, 1130, 1132. 5 Sodan/Ziekow – Wolff VwGO § 113 Rn. 259. 6 Fehling/Kastner/Wahrendorf VwGo § 113 Rn 76.

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falls in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) betroffen. Art. 2 I GG garantiert die Verschonung von rechtswidrigen staatlichen Handlungsbefehlen (BVerfGE 6, 32 - Elfes), schützt den Grundrechts-träger also davor, Adressat rechtswidriger Anordnungen zu werden (sog. „Adressatentheorie“).

IV. Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO) E hatte erfolglos Widerspruch eingelegt.

V. Klagefrist (§ 74 VwGO) Die Klagefrist des § 74 VwGO ist eingehalten.

VI. Richtiger Klagegner (§ 78 VwGO) Da der Widerspruchsbescheid ersichtlich keine erstmalige Beschwer enthält, ist die Anfechtungsklage nach § 78 Abs.1 Nr. 1 VwGO gegen den Träger der Behörde zu richten, die die angegriffenen Ausgangsbe-scheide erlassen hat. Das ist hier die Große Kreisstadt S als solche.

Zum Aufbau: Es ist auch vertretbar, diese Prüfung erst in der Begrün-detheit („Passivlegitimation“) zu behandeln.

VI. Objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO) Es liegt ein Fall der objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO) vor.

B. Begründetheit hinsichtlich des Bebauungsbescheids Die Klage des E ist gemäß § 113 I 1 VwGO begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, der Bebauungsbescheid rechts-widrig ist und den E in seinen Rechten verletzt.

0. Passivlegitimation Die Klage richtet sich gegen die Große Kreisstadt S. Da ihre Behörde die angegriffenen Verwaltungsakte erlassen hat, ist sie auch die richti-ge Beklagte.

Zur Vertiefung: Diese Prüfung ist bei allen Formen der Leistungskla-ge (einschließlich der Verpflichtungsklage) zwingend. Die Klage hat nur Erfolg, wenn der Kläger sie auch gegen denjenigen richtet, der Schuldner des eingeklagten Anspruchs ist. Hier – bei der Anfechtungsklage – kann die Prüfung der Passivlegiti-mation in der Begründetheit dagegen auch entfallen, da die begehrte Aufhebung der beiden VAe hier im Erfolgsfalle nicht von der Gemein-de vorzunehmen ist, sondern unmittelbar durch das Gericht ausgespro-chen wird (Gestaltungsurteil). Geht man davon aus, dass die Auswahl des richtigen Beklagten hier nur prozessimmanent (und für die Rechts-kraft) bedeutsam ist, kann die Prüfung, ob der Kläger nicht den Fal-schen verklagt hat, abschließend in der Zulässigkeit behandelt werden.

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I. Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids

1. Rechtsgrundlage des Bebauungsbescheids Nach dem Grundsatz vom grundrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes bedarf der Bebauungsbescheid – wie jeder Eingriffsakt – einer gesetz-lichen Grundlage. Der Bebauungsbescheid hat seine Rechtsgrundlage in § 176 I BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan des Innenbereichs.

2. Formelle Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids

a) Zuständigkeit Gemäß § 176 I BauGB muss die Gemeinde als zuständige Behörde ge-handelt haben. Die große Kreisstadt S war daher zuständig.

b) Verfahren Der Bebauungsbescheid greift zumindest in das aus Art. 2 I GG flie-ßende Handlungsfreiheit des E ein, so dass nach § 28 LVwVfG eine Anhörungspflicht bestand. Vor Erlass des Bebauungsplans fand jedoch keinerlei Anhörung statt. Damit ist der Bebauungsbescheid grundsätz-lich rechtswidrig. Die Verletzung könnte jedoch nach § 45 I Nr. 3 LVwVfG geheilt sein. Dazu müsste die Anhörung des E nachgeholt worden sein. E konnte seine Einwendungen gegen den Bebauungsbescheid im Widerspruchs-verfahren vortragen, wo diese zur Kenntnis genommen wurden. Somit wurde die fehlende Anhörung nach § 45 I Nr. 3 LVwVfG geheilt. Der Verfahrensfehler führt somit nicht zur Rechtswidrigkeit. § 175 I BauGB statuiert eine besondere Erörterungs- und Beratungs-pflicht vor Erlass des Bebauungsbescheids. Erörterung und Beratung sind Rechtspflichten der Gemeinde, auf die für die Anhörung nach § 28 VwVfG geltenden Grundsätzen entsprechend angewandt werden können.7 Somit wurde auch das Fehlen der Erörterung und Beratung nach § 45 I Nr. 3 LVwVfG geheilt.

c) Form Nach § 176 I BauGB ist „durch Bescheid“ zu entscheiden, also eine schriftliche Form zu wählen. Der schriftliche Bescheid ist daher form-wirksam.

2. Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids Der Tatbestand des § 176 BauGB muss zur Rechtmäßigkeit des Be-bauungsbescheids erfüllt sein. aa) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans Dazu ist erforderlich, dass sich das Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befindet. Der Bebauungsplan der Innenentwick-lung umfasst den Stadtkern samt Marktplatz und somit auch das Grundstück des E. bb) Wirksame Festsetzung im Bebauungsplan Das Baugebot muss zur Erfüllung einer Festsetzung des Bebauungs-plans dienen. Im Bebauungsplan sind für das Haus des E historische Fensterläden vorgesehen. Somit dient das Baugebot der Erfüllung einer Festsetzung des Bebauungsplans. 7 Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 9. A. 2005, § 175 Rn. 3.

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Diese Festsetzung müsste aber wirksam sein. Daher ist der Be-bauungsplan auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. (i) Rechtsgrundlage für den Erlass des Bebauungsplans Rechtsgrundlage für den Erlass den Bebauungsplans sind die §§ 1 III, 2 I 1, 13a BauGB. (ii) Formelle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans (1) Zuständigkeit Zuständig zum Erlass von Bebauungsplänen sind nach § 1 III, 2 I S. 1 BauGB die Gemeinden. Somit hatte die Stadt S die Verbandszustän-digkeit. Die Organzuständigkeit des Gemeinderats ergibt sich aus §§ 23, 24 I 2, 44 II 3, 39 II Nr. 3 GemO BW. (2) Verfahren Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenent-wicklung bemisst sich grundsätzlich nach den §§ 2 ff., 13, 13a BauGB. (a) Verzicht auf die frühzeitige Beteiligung Durch den Verzicht auf frühzeitige Beteiligungen der Anwohner des Planungsgebiets und der betroffenen Behörden vor Fertigstellung des Planentwurfs könnte die S gegen § 3 I und § 4 I BauGB verstoßen ha-ben. (aa) Anwendbarkeit des beschleunigten Verfahrens Dazu dürften der Anwendbarkeit der §§ 3 I, 4 I BauGB keine ander-weitigen Spezialvorschriften entgegenstehen. In Betracht kommen §§ 13a II Nr. 1, 13 II Nr. 1 BauGB. Demnach kann bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung von den frühzeitigen Beteiligungen nach §§ 3 I, 4 I BauGB abgesehen werden. Ein Bebauungsplan der Innenentwick-lung ist nach dem Sachverhalt anzunehmen. Somit konnte nach diesen Vorschriften von der Beteiligung abgesehen werden. (bb) Anwendbarkeit und Wirksamkeit des § 1 AbwG BauGB Dem könnte jedoch § 1 AbwG BauGB entgegenstehen, wenn dieser eine nach Art.84 I S. 2 GG wirksame Abweichung von den §§ 13a II Nr. 1, 13 II Nr. 1 BauGB enthält. Das BauGB wird nach Art. 83 GG mangels abweichender Norm des GG von den Ländern als eigene An-gelegenheit ausgeführt. Somit haben die Länder die grundsätzliche Be-fugnis zur Bestimmung des Verwaltungsverfahrens und damit nach Art. 84 I S.2 GG auch die Möglichkeit der Abweichung von Bundes-verfahrensrecht. Die Abweichungsmöglichkeit könnte jedoch ausge-schlossen sein. Dazu müsste nach Art. 84 I S.5 GG ein besonderes Be-dürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung bestehen. Zudem müsste der Bundesrat nach Art. 84 I S. 6 GG zustimmen. Dies ist beides nicht der Fall. Somit hat das Land L eine Abweichungskompetenz. Fraglich ist aber, ob sich das Land im Rahmen der Abweichungskom-petenz gehalten hat. Nach § 1 II Nr.1 AbwG BauGB wird nicht mehr auf § 13 II Nr. 1 BauGB verwiesen. Somit wird die Anwendung des § 13 BauGB ausgeschaltet, der noch aus der Zeit vor der Einführung der Abweichungskompetenz stammt. § 125b II GG enthält hierfür eine Übergangsregelung, nachdem vor dem 31.12.2008 eine bundesgesetz-liche Änderung des Verwaltungsverfahrens notwendig ist, um die Ab-weichungskompetenz einsetzen zu lassen. Hier könnte man § 1 AbwG BauGB als mittelbare Änderung des § 13 BauGB ansehen, obwohl in

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diesem keine Verfahrensänderung durch den Bund stattgefunden hat. Dagegen könnte man vorbringen, dass unklar ist, ob Art. 125b II GG eine Änderung der Verfahrensvorschriften in der speziellen Norm for-dert. Jedoch liegt schon keine Änderung des Verfahrens des § 13 BauGB vor. § 1 II AbwG BauGB erfasst nur die Verweisung des § 13a II Nr.1 BauGB auf § 13 II,III BauGB, die eine nur entsprechende An-wendung der Vorschriften verlangt. § 13 II,III BauGB werden also in § 13a BauGB transformiert und unterliegen damit ohne Rücksicht auf Art. 125b II GG der Abweichungskompetenz. Somit gilt statt § 13a II Nr.1 i.v.m. §§ 13, II,III BauGB allein die Regelung des § 1 II AbwG BauGB. § 1II AbwG BauGB ist allerdings inhaltsgleich mit § 13a II Nr.1 i.v.m. §§ 13, II, III BauGB, so dass sich kein anderes Ergebnis ergibt. Der Verzicht auf die frühzeitige Beteiligung war damit rechtmäßig. (b) Verzicht auf Benachrichtigung nach Vorliegen des Planentwurfs Durch die Nichtauslegung des Planentwurfs könnte die S gegen § 3 II BauGB verstoßen haben. Aber auch hier könnte § 3 II BauGB durch Regelungen der §§ 13a, 13 BauGB verdrängt werden. §§ 13a II Nr.1 i.V.m. § 13 II Nr. 2 BauGB eröffnen die Möglichkeit, auf die Ausle-gung des Planentwurfs zu verzichten, wenn die betroffenen Anwohner auf andere Weise benachrichtigt wurde. Jedoch erfolgte auch keine an-derweitige Benachrichtigung der Bürger. Somit ist selbst die Mindest-beteiligungsmöglichkeit im beschleunigten Verfahren nicht gewährt worden. Dies ist ein Verstoß gegen §§ 13a II Nr.1 i.V.m. § 13 II Nr. 2 BauGB. Fraglich ist aber, ob die §§ 13a II Nr.1 i.V.m. § 13 II Nr. 2 BauGB überhaupt anwendbar sind. Sie könnten durch § 1 II Nr. 2 AbwG BauGB verdrängt worden sein. Für die Abweichungskompetenz und die Einhaltung deren Grenzen gilt das oben zu §§ 13a II Nr.1 i.V.m. § 13 II Nr. 2 BauGB, § 1 II Nr.1 AbwG BauGB gesagte entsprechend. § 1 II Nr. 2 AbwG BauGB ist daher die anwendbare Norm. Sie jedoch ebenfalls inhaltsgleich mit den verdrängten Vorschriften. Somit liegt in der Nichtauslegung der Pläne bei gleichzeitiger Nichtbenachrichtigung der betroffenen Anwohner ein Verstoß gegen § 1 II Nr. 2 AbwG BauGB. Grundsätzlich führt ein Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Jedoch sieht das BauGB in den §§ 214ff. BauGB abweichende Fehlerfolgen vor. Diese Vorschriften müssten jedoch auf § 1 AbwG BauGB anwendbar sein. Die §§ 214ff. BauGB beziehen sich ihrem Wortlaut nach nur auf Verstöße gegen die Vorschriften des BauGB, so dass sie nicht direkt anwendbar sind. § 1 III AbwG erklärt sie jedoch § 214 I Nr. 2 BauGB für entsprechend anwendbar. Demnach ist ein Verstoß gegen die Öffentlichkeitsbeteili-gung beachtlich. § 214 IIa BauGB hat darauf keine Auswirkungen. Nach § 1 III AbwG, § 215 I Nr. 1 BauGB müsste die Verletzung in-nerhalb eines Jahres gerügt worden sein. Dies ist mit dem Widerspruch geschehen. Somit ist der Bebauungsplan formell rechtswidrig zu Stande gekom-men und daher nichtig. (c) Hilfsgutachtlich: Beschlussfassung im Gemeinderat Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung im Gemeinderat erfolgte.

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(3) Hilfsgutachtlich: Form Der Bebauungsplan wurde auch formgerecht erlassen. (iii) Hilfsgutachtlich: Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans Die materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans wird gemäß den Bearbeitungshinweisen unterstellt. (iv) Zwischenergebnis Der Bebauungsbescheid erging aufgrund eines unwirksamen Be-bauungsplans. Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 176 BauGB nicht gegeben.

II. Verletzung des E in eigenen Rechten Jedenfalls Art. 2 I GG als Freiheit vor rechtswidrigem staatlichen Han-deln (BVerfG: Elfes-Urteil; sogenannte „Adressatentheorie“).

III. Ergebnis Bebauungsbescheid Der Bebauungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt E in seinen Rech-ten. Er ist daher aufzuheben. Die Klage ist hinsichtlich des Be-bauungsbescheids begründet.

C. Begründetheit hinsichtlich des Kostenbescheids Die Klage des E ist gemäß § 113 I 1 VwGO begründet, wenn der Kos-tenbescheid rechtswidrig ist und E in seinen Rechten verletzt.

I. Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

1. Ermächtigungsgrundlage des Kostenbescheids Nach dem Grundsatz vom grundrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes bedarf die Anforderung öffentlicher Lasten (hier: Kosten) einer for-mell-gesetzlichen Grundlage. Sie ist hier in §§ 31 I, IV LVwVG i.V.m. 6 III, 8 Nr.8 LVwVGKO zu sehen.

2. Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

a) Zuständigkeit Zuständig für den Erlass des Kostenbescheids ist nach §§ 31 VI, 4 LVwVG die Vollstreckungsbehörde, also die Stadt S.

b) Verfahren Anhörung: § 28 II Nr. 5 LVwVfG gilt nicht, weil nicht in Vollstre-ckung (str.), jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt und ge-heilt

c) Form Keine Besonderheit

3. Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

Tatbestand Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung (i) Rechtsgrundlage der Ersatzvornahme

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Die Ersatzvornahme findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 1, 2, 25 LVwVG. (ii) Formelle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme (1) Zuständigkeit § 4 I LVwVG Vollstreckungsbehörde ist Ausgangsbehörde, also S (2) Verfahren Anhörung nach § 28 II Nr. 5 LVwVfG entbehrlich (3) Form Keine Besonderheit (iii) Materielle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme Voraussetzungen der Ersatzvornahme Vollstreckbarer Verwaltungsakt Die Ersatzvornahme bedarf eines vollstreckbaren Verwaltungsaktes als Grundlage. Als Verwaltungsakt kommt der Bebauungsbescheid in Be-tracht. Dieser wurde jedoch von E angefochten und ist, wie soeben ge-prüft, aufgrund der erfolgreichen Anfechtungsklage aufzuheben. Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes durch eine Anfechtungsklage er-folgt mit Wirkung ex-tunc.8 In der weiteren Prüfung ist der Be-bauungsbescheid daher als niemals existent zu betrachten.

Die folgenden Ausführungen zu einer möglichen Ausnahme von dem Grundsatz der „ex-tunc“-Wirkung wurden in der Hausarbeit nicht er-wartet.

Von diesem Grundsatz ist nach umstrittener Auffassung eine Ausnah-me zu machen und nur eine ex-nunc Nichtigkeit anzunehmen, wenn der materiell-rechtlich maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtlage der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist.9 Dies ist nach wiederum umstrittener Fassung bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung der Fall.10 Zwar zeitigt der Bebauungsbescheid wie oben geprüft eine Dauerwirkung, als er zur Duldung der Fensterläden verpflichtet. Fraglich ist aber, ob hinsichtlich des gesamten Be-bauungsbescheids von einer Dauerwirkung im engeren Sinn gespro-chen werden kann, als er nicht in seiner ganzen rechtlichen Existenz und Rechtfertigung gegenwarts- und zukunftsbezogen ist. Die Rechts-widrigkeit des Bebauungsbescheids basiert jedenfalls nicht auf dieser Dauerwirkung, sondern ist dem Bebauungsbescheid von vorneherein ex-tunc immanent. Eine ex-nunc Aufhebung würde dem E somit kei-nen ausreichenden Rechtsschutz gewähren. Daher kann es dahinstehen, welche Dauerwirkung der Bebauungsbescheid hat. Zur Gewährung ef-fektiven Rechtsschutzes ist er ex-tunc aufzuheben. Somit kann der Bebauungsbescheid rückwirkend auch keine Grundla-ge für die Ersatzvornahme mehr bilden. Diese ist daher schon mangels vollstreckbaren Verwaltungsakts rechtswidrig.

8 Sodan/Ziekow – Wolff § 113 VwGO Rn. 145. 9 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner –Gerhardt § 113 Rn. 35, Sodan/Ziekow – Wolff § 113 VwGO Rn. 146. a.A. Kopp/Schenke § 113 Rn. 8. 10 Sodan/Ziekow – Wolff § 113 VwGO Rn. 115.

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II. Verletzung des E in eigenen Rechten Adressatentheorie Art. 2 I GG

III. Ergebnis Kostenbescheid Auch der Kostenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den E in seinem Grundrecht aus Art. 2 I GG. Er ist deshalb vom Gericht aufzuheben.

D. Ergebnis Mithin wird die Klage des E in vollem Umfang Erfolg haben.

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Aufgabe 2: Fraglich ist, ob die Revision auf die Verletzung von § 1 II AbwG BauGB gestützt werden kann. Dazu müsste § 1 II AbwG BauGB zum Prüfungsstoff des BVerwG in der Revision gehören, also revisibel sein.

A. Revisibilität nach § 137 I Nr. 1 VwGO Nach § 137 I Nr. 1 VwGO ist Bundesrecht revisibel. § 1 AbwG BauGB ist aber Landesrecht. Somit ist § 1 AbwG BauGB nicht nach § 137 I Nr. 1 VwGO revisibel.

B. Revisibilität nach § 137 I Nr. 2 VwGO § 137 I Nr. 2 VwGO ermöglicht eine Revisibilität der Landesverfah-rensgesetze, soweit sie in ihrem Wortlaut mit dem BVwVfG übereins-timmen. Bei § 1 II AbwG BauGB handelt es sich um eine spezielle Landesverfahrensvorschrift. Fraglich ist, ob § 137 I Nr. 2 VwGO nur das allgemeine Landesverwaltungsverfahrensgesetz in seiner her-kömmlichen Gestalt, oder darüber hinaus auch das Landesverfahrens-recht allgemein erfassen möchte. Gegen eine weite Auslegung spricht jedoch der Wortlaut, der ausdrücklich nur auf das „Landesverwal-tungsverfahrensgesetz“, nicht das Landesverfahrensrecht als generellen Oberbegriff bezieht. § 137 I Nr. 2 VwGO ist daher auf Verfahrensvor-schriften außerhalb des LVwVfG nicht anwendbar11. Somit begründet § 137 I Nr. 2 VwGO keine Revisibilität des § 1 II AbwG BauGB.

C. Revisibilität kraft sonstiger Anordnung Die Revisibiliät von Landesrecht kann aber auch außerhalb des § 137 VwGO angeordnet werden. Dazu müsste es durch Bundesgesetz oder nach Art. 99 GG durch Landesgesetz ausdrücklich für revisibel erklärt worden sein.12 Dies ist bei § 1 II AbwG BauGB aber nicht geschehen.

D. Revisibilität wegen bundesrechtverstoßender Ausle-gung Die Auslegung von Landesrecht erfolgt jedoch nicht nur nach rein lan-desrechtlichen Wertungen. Bundesrecht kann bei der Auslegung mi-teinbezogen werden, Bundesverfassungsrecht ist bei der Auslegung mit einzubeziehen. Das zur Auslegung herangezogene Bundesrecht kann durch eine falsche Anwendung nach § 137 Nr. 1 VwGO verletzt wer-den. Somit ist auch bei irrevisiblem Landesrecht eine Überprüfung in-

11 Redeker/v. Oertzen – v. Nicolai, VwGO-Komm., 14. Auflage 2004, § 137 Rn. 2a.

Vgl. Kopp/Schenke Rn. 16. 12 Redeker/v. Oertzen – v. Nicolai, VwGO-Komm., 14. Auflage 2004, § 137 Rn. 2.

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sbesondere der verfassungskonformen Auslegung möglich. 13 Eine de-rartige bundrechtsorientierte Auslegung ist aber nicht erforderlich und wurde auch nicht vorgenommen, so dass sich hieraus keine Revisibili-tät ergibt.

E. Revisibilität wegen Wortlautgleichheit mit Bundes-recht? Fraglich ist, ob sich aus der Wortlautgleichheit der Bestimmungen eine Revisibilität ergeben kann. Wie oben unter II. geprüft, gilt dies nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 137 I Nr. 2 VwGO nur für die Verwaltungsverfahrensgesetze. Wollen die Länder darüber hinaus ge-meinsames Recht schaffen, das bundeseinheitlich ausgelegt werden soll, steht ihnen mit einem Landesgesetz nach Art. 99 GG der Weg of-fen. Somit fehlt es an jeglicher Regelungslücke, die eine analoge Be-gründung der Revisibilität ermöglicht. Im Falle der Abweichungsgesetzgebung könnte jedoch etwas anderes gelten. Für die frühere Rahmengesetzgebungskompetenz nach Art. 75 GG a.F. wurde eine volle Revisibilität mit dem Bundesrahmenrecht übereinstimmender Landesnormen als möglich erachtet. Grundsätzlich war der den Ländern bei der Ausfüllung gegebene Spielraum nicht re-visibel. Ob die Länder die Grenzen des durch das Bundesrahmenrecht gesetzten Spielraums jedoch eingehalten hatten, konnte vom BVerwG geprüft werden. Manche Rahmengesetzgebungsnormen enthielten je-doch keinen oder einen nur sehr geringen Ausfüllungsspielraum. Dies war ausnahmsweise zulässig, wenn es sich um grundlegende Normen handelte, die den auszufüllenden Rahmen an bestimmten Grundaussa-gen fixierten.14 Ansonsten wären die Ziele der Art. 75 a.F., 72 GG zur Harmonisierung nicht immer erreichbar.15 In diesen Ausnahmefällen ist der Ausfüllungsspielraum verschwunden, so dass die Prüfung der Übereinstimmung der wörtlich übernommenen Landesrechtsnorm mit dem Bundesrahmenrecht notwendigerweise die gesamte Landesrechts-norm erfasste. Somit waren diese Landesrechtsnormen im Ergebnis voll revisibel.16 Diese Wertungen müssten nun auf die Abweichungsgesetzgebung nach Art. 84 I S. 2 GG übertragbar sein. Die Rahmengesetzgebung nach Art. 75 a.F. GG war von einer Umsetzungspflicht der Länder mit verbindli-chen Rahmenvorgaben geprägt. Gerade die Pflicht, manche Vorgaben sogar ohne Änderungsspielraum zu übernehmen, begründete, wie eben dargelegt, die Revisibilität des Landesrechts. Die Abweichungsgesetz-gebung kennt hingegen keine Pflicht des Landes, tätig zu werden. Die Länder können, müssen aber nicht umsetzen. Vorgaben für die Lan-desgesetzgebung kann es nach Art. 84 I S. 5 GG nur geben, wenn der Bund bei besonderem Bedürfnis mit Zustimmung des Bundesrats das Verwaltungsverfahren ganz oder teilweise regelt. Im Normalfall des Art. 84 I S.2 GG fehlt es aber an einer besonderen Bindung des Lan-

13 BVerwG, NJW 1974, 807, 808. 14 BVerwG, NJW 1991, 364, 366. 15 BVerwG, NJW 1991, 364, 366. 16 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner – Eichberger, VwGO-Komm.; § 137 Rn. 45.

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desrechts an das Bundesrecht, so dass die Auslegung des Landesrechts sich nicht notwendig an der des Bundes orientieren muss. Damit zeigt sich, dass die für ausnahmsweise Revisibilität maßgeblichen Wertun-gen der Rahmengesetzgebung nach Art. 75 a.F. GG nicht auf die Ab-weichungsgesetzgebung übertragbar sind. Somit muss es bei der Ab-weichungsgesetzgebung bei dem Grundsatz der Nichtrevisibilität von Landesrecht bleiben.

F. Ergebnis Die Revision kann nicht auf eine Verletzung des § 1 II AbwG BauGB gestützt werden, weil dieser nicht revisibel ist und damit nicht vom BVerwG geprüft wird.

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Aufgabe 3: Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

A. Zulässigkeit hinsichtlich Abnahme Fensterläden

I. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da E einen öffentlich-rechtlichen Anspruch nichtverfassungsrechtlicher Art (hier: öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch) einklagt.

II. Statthafte Klageart Klageziel ist die Folgenbeseitigung durch Vornahme eines Realakts (Abnahme der Fensterläden). Statthaft hierfür ist allein die allgemeine Leistungsklage. Eine Verpflichtungsklage scheidet aus, da E nicht den Erlass eines VA begehrt.

Zum Aufbau: Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Be-standskraft des Grundverwaltungsaktes der Statthaftigkeit der Klage entgegen stehen könnte, ist eher fernliegend. Zwar behandelt Ehlers (JURA 2006, S 353. li. Sp. unten) das Problem der entgegenstehenden Bestandskraft des Grundverwaltungsaktes nach § 43 II LVwVfG unter der „statthaften Klageart“ in der Zulässigkeit. Dieser Aufbau ist aber zumindest begründungsbedürftig.

III. Klagebefugnis (§ 42 II VwGO analog) Die VwGO ist vom Prinzip der Verletztenklage geprägt; auch für die allgemeine Leistungsklage ist eine Klagebefugnis analog § 42 II VwGO zu verlangen. Sie ergibt sich vorliegend aus Art. 14 Abs. 1 GG (E musste eine Veränderung seines Eigentums hinnehmen und begehrt nun Restitution), jedenfalls aus Art. 2 I GG. Das Bestehen eines Restitutionsanspruchs ist auch nicht von vornhe-rein ausgeschlossen.

IV. Rechtsschutzbedürfnis Das Rechtsschutzbedürfnis ist dem E ebenfalls nicht a limine abzu-sprechen.

V. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen Alle weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen sind unproblematisch er-füllt. Die Klage des E ist damit zulässig.

B. Begründetheit hinsichtlich der Abnahme der Fenster-läden Die Klage ist hinsichtlich des Verlangens des E auf Abnahme der

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Fensterläden begründet, wenn er gegen die S einen Anspruch darauf hat. Als Anspruch kommt der Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Da die Folgen des Vollzugs des Bebauungsbescheids beseitigt werden sollen, handelt es sich um einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch.

I .Passivlegitimation Da die Fensterläden auf Anordnung der S angebracht worden sind, ist diese auch Schuldnerin des eingeklagten Vollzugsfolgenbeseitigungs-anspruchs.

II. Folgenbeseitigungsanspruch Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch setzt voraus:

1. Öffentlich-rechtliche Maßnahme Die Ersatzvornahme ist eine öffentlich-rechtliche Maßnahme. Zu die-sem Ergebnis führen übereinstimmend die Subordinations- und die Sonderrechtstheorie.

2. Eingriff in subjektives Recht durch die Maßnahme Die Ersatzvornahme greift in Art. 14 I GG, jedenfalls in Art. 2 I GG ein.

3. Noch fortdauernde rechtswidrige Folge Aus der Ersatzvornahme müsste ein noch fortdauernder rechtswidriger Zustand resultieren. Folge der Ersatzvornahme ist die Anbringung der Fensterläden. Die Rechtswidrigkeit des Eingriffs indiziert die Rechts-widrigkeit der Folge. Der Eingriff durch Ersatzvornahme ist - wie oben unter Aufgabe 1, Abschnitt C. inzident geprüft - rechtmäßig. Damit besteht keine Indiz-wirkung. Fraglich ist, ob der Folgezustand an sich rechtswidrig ist. Die Rechts-widrigkeit des Bebauungsbescheids spricht zwar dafür. Jedoch genießt der Bebauungsbescheid nach § 43 LVwVfG trotz Rechtswidrigkeit weitergeltende Wirksamkeit (Bestandskraft). Der vollzogene Verwal-tungsakt muss daher, sofern er nicht von vorneherein nichtig war, zu-erst aufgehoben werden.17 Bis zur Aufhebung stellt der Verwaltungs-akt die Rechtsgrundlage für den Folgezustand da, der somit nicht rechtswidrig ist.18

Zur Vertiefung: Eine a.A. ist hier vertretbar, wenn die Bearbeiter zu-mindest die Bestandskraft nach § 43 LVwVfG als Problem gesehen und erörtert haben. Dann Fortgang der Prüfung: – Unmittelbarkeit der Folge (+) – Beseitigung möglich und zumutbar (+) Der Anspruch wäre somit gegeben.

17 Maurer, Allg. VerwR, § 30 Rn. 10. 18 Maurer, Allg. VerwR, § 30 Rn. 10.

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4. Ergebnis Folgenbeseitigungsanspruch Mangels Eingriff in ein subjektives Recht hat E keinen Folgenbeseiti-gungsanspruch.

III. Ergebnis Die Klage des E ist hinsichtlich des Begehrens zur Abnahme der Fens-terläden unbegründet.

C. Erstreckung auf Kostenbescheid

I. Einbeziehung in den Streitgegenstand § 24 S. 2 LGebG

1. Anwendbarkeit § 24 S. 2 LGebG Neben dem Folgenbeseitigungsanspruch könnte die Klage nach § 24 S.2 LGebG auch die Anfechtung des Kostenbescheids umfassen.

a) Gebühren und Auslagen nach §§ 1, 2 LGebG Die Kosten der Ersatzvornahme und die Auslagen müssten dafür Ge-bühren und Auslagen nach § 1, 2 LGebG sein. Gemäß §§ 2 IV, V und III LGebG muss es sich bei der Ersatzvornahme um eine öffentliche Leistung handeln, die in § 2 II LGebG als behördliches Handeln defi-niert wird. Die Ersatzvornahme wird zwar konkret von P ausgeführt, dieser handelt jedoch im Auftrag der Stadt S, die die Ersatzvornahme veranlasst hat. Dass dies für eine Zurechnung genügen muss, zeigt auch die Auslagendefinition des § 2 V LGebG, die die Einschaltung von Dritten zur Ausführung behördlichen Handelns anerkennt. Somit liegt behördliches Handeln vor. Die Ersatzvornahme wurde auch ge-mäß § 2 III LGebG durch die Weigerung des E zur fristgerechten Be-folgung des Bescheids veranlasst. Somit ist das LGebG grundsätzlich nach § 1 LGebG auf die gesamten Kosten anwendbar.

b) Ausnahme nach §§ 1 S 1,3 i.V.m. § 4 III S.3 LGebG? Einschränkungen der Anwendbarkeit ergeben sich für Gemeinden wie S aus § 1 S. 1,3 i.V.m. § 4 III S. 3 LGebG. Dort wird aber nur für die Festsetzung und Erhebung auf das KAG verwiesen, nicht aber für Rechtsschutzfragen, wie sie in § 24 LGebG behandelt sind.

Zur Vertiefung: Eine andere Ansicht, die eine Anwendbarkeit des LGebG wegen Vorrangs des KAG ablehnt, ist sehr gut vertretbar

c) Ausschlusswirkung des § 31 V LVwVG Die Anwendbarkeit des § 24 LGebG könnte durch den Verweis des § 31 V LVwVG ausgeschlossen sein. Dieser erklärt einige Normen des LGebG für die Verwaltungsvollstreckung sinngemäß anwendbar. Dar-aus kann jedoch nicht zwingend eine Ausschlusswirkung zu Lasten des nicht genannten § 24 LGebG hergeleitet werden, zumal dieser nach Ansicht des Gesetzgebers einen allgemeinen Anspruch der Meistbe-günstigung kodifiziere19, für den Ausschlussgründe nicht ersichtlich sind. 19 Landtags-Drucksache 13/3477, S. 57.

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Zur Vertiefung: Eine andere Ansicht, die die Anwendung des § 24 LGebG aufgrund einer Ausschließlichkeit des § 31 V LVwVG ablehnt, ist sehr gut vertretbar. Dann ist jedoch wie in den Bearbeitungshinwei-sen gefordert und im Sachverhalt angelegt, hilfsgutachtlich weiterzup-rüfen

d) Geltung des § 24 LGebG nur für das Widerspruchsverfahren? Der Anwendungsbereich des § 24 LGebG könnte schließlich auf das Widerspruchsverfahren als Verwaltungsverfahren beschränkt sein und daher nicht das gerichtliche Klageverfahren umfassen. Dagegen spre-chen jedoch der Wortlaut des § 24 LGebG („anfechten“), der auf eine Anfechtungsklage hindeutet, sowie die Verwendung des weiten Be-griffs „Rechtsbehelf“. Auch wenn „anfechten“ hier untechnisch ge-meint sein sollte, lassen sich aufgrund der Ebene des einfachen Lan-desrechtes keine zwingenden Beschränkungen des Anwendungsbe-reichs auf das Widerspruchsverfahren herleiten.

e) Verwaltungsaktqualität der Sachentscheidung § 24 S.2 LGebG Fraglich ist, ob die Ersatzvornahme eine Sachentscheidung im Sinne des § 24 S. 2 LGebG und der Kostenbescheid die entsprechende Aus-lagen- und Gebührenentscheidung sein kann. Als Sachentscheidung kommen aber sowohl der Bebauungsbescheid als auch die Ersatzvor-nahme in Betracht. Maßgeblich ist, für was die Kosten erhoben wur-den. Die Kosten decken die Aufwendungen für die Ersatzvornahme ab. Der Bebauungsbescheid selbst hat keine Kosten verursacht, zumindest werden sie im Kostenbescheid nicht aufgeführt. Somit muss die Er-satzvornahme „Sachentscheidung“ im Sinne des § 24 S. 2 LGebG sein. Hier stellt sich aber die Folgefrage, ob die Eigenschaft als „Sachent-scheidung“ eine Verwaltungsaktqualität voraussetzt, oder ob auch ein Realakt reicht. Dies kann dahinstehen, wenn die Ersatzvornahme ein Verwaltungsakt ist. aa) Verwaltungsaktqualität der Ersatzvornahme Die Rechtsnatur der Ersatzvornahme ist allerdings umstritten.20 Einer Ansicht nach liegt auch in der Ersatzvornahme ein Verwaltungs-akt, da das reale Element der Vornahme der Handlung durch die Ver-fügung an den Adressaten ergänzt werde, die Ersatzvornahme zu dul-den. Zudem erforderten das Rechtsschutzbedürfnis des Bürgers und das Bedürfnis der Verwaltung innerhalb angemessener Frist die Quali-fikation des Zwangsmittels als Verwaltungsakt. Einer anderen Ansicht nach ist die Ersatzvornahme an sich nur ein Realakt. Die notwendigen Regelungen werden bereits in der Andro-hung getroffen, deren Vollzug bestehe daher nur noch aus realen Ele-menten. Die Annahme einer Duldungsverfügung ist eine reine Fiktion. Zudem hängt die Eröffnung verwaltungsprozessualen Rechtsschutzes nicht mehr vom Vorliegen eines Verwaltungsaktes ab.21 Allein das Klarstellungsinteresse der Polizeibehörden rechtfertigt keine Qualifi-zierung als Verwaltungsakt. Teilweise wird vertreten, dass dies bei fehlender vorheriger Androhung

20 Vgl. die Darstellung bei Würtenberger/Heckmann Rn. 767. 21 Würtenberger/Heckmann Rn. 767.

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gesondert zu würdigen ist. Da die Androhung hier zuvor erfolgte, kann dies aber dahinstehen. Die Ersatzvornahme ist mithin nur ein Realakt. bb) Sachentscheidung als Verwaltungsakterfordernis Somit muss entschieden werden, ob § 24 S. 2 LGebG einen Verwal-tungsakt als Sachentscheidung voraussetzt. Für das Erfordernis eines Verwaltungsaktes spricht die Formulierung „Sachentscheidung“. Diese korrespondiert der Formulierung des § 35 LVwVfG wie „Entscheidung, … zur Regelung eines Einzelfalls“. Wie eine Sachentscheidung ein Realakt im Sinne einer tatsächlichen Hand-lung sein kann, leuchtet schon semantisch nicht ein. Schließlich spricht in systematischer Hinsicht § 24 S 1 LGebG mit seinem Wortlaut von „anfechten“, was wiederum auf die Verwaltungsaktqualität hindeutet. Somit bedarf § 24 S. 2 LGebG eines Verwaltungsaktes als Sachent-scheidung. Da die Ersatzvornahme kein Verwaltungsakt ist, liegen die Vorausset-zungen des § 24 S. 2 LGebG nicht vor. Der Kostenbescheid wäre dem-nach nicht Gegenstand der Klage.

f) Analoge Anwendung des § 24 S.2 LGebG Allerdings kommt eine analoge Anwendung des § 24 S. 2 LGebG in Betracht. Dazu bedürfte es einer planwidrigen Regelungslücke. Zwar spricht der Wortlaut dafür, dass der Gesetzgeber von dem Erfordernis der Verwaltungsaktqualität ausging. Das kann jedoch daran liegen, dass Vollstreckungsakte wie dargestellt nach der herrschenden Mei-nung als Verwaltungsakte gelten. Auch den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass die Ersatzvornahme ausgeschlossen sein soll. Der Gesetzgeber spricht hingegen von einem Grundsatz der Meistbe-günstigung, der an sich auch die Hineinnahme der Ersatzvornahme rechtfertigen würde. Daher sprechen eine planwidrige Regelungslücke und die bis auf die rechtstechnische Qualifikation gleiche Interessenla-ge für eine analoge Anwendung. Somit wäre § 24 S. 2 LGebG analog anzuwenden.

2. Vereinbarkeit des § 24 LGebG mit Bundesrecht

a) Kollision mit von § 24 S.2 LGebG mit § 88 VwGO Fraglich ist jedoch, ob § 24 LGebG gegen § 88 VwGO verstößt. § 88 VwGO statuiert die Dispositionsmaxime für den Verwaltungsprozess. Diese besagt, dass die Parteien den Streitgegenstand bestimmen. Insbe-sondere darf der Richter nicht über die Anträge hinausgehen. So darf er einer Partei nicht mehr zusprechen, als sie beantragt hat („ne ultra peti-ta“). § 24 S. 2 LGebG erweitert den Streitgegenstand über die aus-drücklich angegriffene Sachentscheidung auf die entsprechende Kos-tenentscheidung. Somit scheint gegen das ne-ultra-petita-Prinzip ver-stoßen zu sein. Im Verwaltungsrechtsprozess ist das Prinzip allerdings nicht so sehr wie im Zivilprozess auf die Anträge bezogen, sondern umfasst das ge-samte Klagebegehren.22 Das Klagebegehren ist das, was das Gericht nach dem Willen des Klägers im Fall seines Obsiegens entscheiden

22 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner VwGO, § 88 Rn.10.

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soll.23 Sinn der Beschränkung auf das Klagebegehren ist der Schutz des Beklagten: sie müssen sich nur auf das Klagebegehren einlassen ohne sich in ihrem prozessualen Verhalten auf weitergehende Ent-scheidungen einlassen zu müssen. 24 Der BFH meinte in seine Recht-sprechung eine Durchbrechung dieses Grundsatzes statuiert zu ha-ben:25 Greife der Kläger einen Steuerbescheid der Höhe nach an, so sei auch der Steuerbescheid dem Grunde nach zu überprüfen. Im Angriff des Klägers auf die Höhe käme erkennbar das Ziel zum Ausdruck, ei-gentlich gar nichts zahlen zu wollen. Daher sei der Beklagte auch hin-sichtlich der Rechtmäßigkeit dem Grunde nach nicht schutzwürdig. Diese Konstruktion stellt sich allerdings nicht als Überschreitung des Klagebegehrens da, da das im Antrag zur Geltung kommende Ziel ja gerade das Klagebegehren ausmacht. Somit handelt es sich immer noch um die Bestimmung des Klagebegehrens. Fraglich ist ob diese Überlegung auf die Fälle des § 24 LGebG zu übertragen ist. Die angegriffene Sachentscheidung ist von der später folgenden Kostenentscheidung zu trennen. Beides sind unterschiedli-che Maßnahmen mit unterschiedlichen Rechtsnaturen. Sie stehen zwar in einem inneren Zusammenhang, bilden aber kein einheitlichen Rechtsakt, wie beim Steuerbescheid. Somit lässt sich die Rechtspre-chung des BFH nicht direkt auf diese Konstellation anwenden. Aller-dings könnten die Wertungen vergleichbar sein. Greift der Kläger die Sachentscheidung an, bringt er zum Ausdruck, dass er sie mit dem ge-richtlichen Rechtsschutz unwirksam machen möchte. Wenn er also die Existenz der Sachentscheidung vernichten möchte, umfasst sein Be-gehren in aller Regel auch den Wunsch, keine Folgen aus der Existenz der Sachentscheidung mehr tragen zu wollen. Die Behörde wird hinge-gen kaum darauf vertrauen dürfen, dass es der Kläger beim Angriff auf die Sachentscheidung für die Zukunft belässt, wenn er mit diesem der Kostenentscheidung den Boden entzieht. Daher ist der Angriff auf die Kostenentscheidung vom Klagebegehren mit umfasst. § 24 S. 2 LGebG hat daher nur deklaratorischen Charakter, ähnlich z.B. des § 125 GemO. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in der Begründung den deklaratorischen, klarstellenden Charakter der Norm betont.26 Zudem ist nicht anzunehmen, dass der Landesgesetzgeber gegen das GG verstoßen wollte. Gemäß Art. 74 I Nr. 1 GG hat nämlich der Bund die konkurrierende Zuständigkeit über das gerichtliche Verfahren und somit auch über das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Insoweit der Bund dahingehend abschließende Regelungen getroffen hat, wären ergänzende wie entgegenstehende Rechtsnormen nach Art. 70, 72 I, 74 I Nr. 1 GG27 bzw. nach anderer Ansicht nach Art. 31 GG28 nichtig. Fraglich ist, inwieweit die VwGO hinsichtlich § 88 VwGO abschlie-ßend ist. Der Bundesgesetzgeber wollte mit der VwGO eine umfassen-de Regelung treffen, um die zuvor bestehende Rechtszersplitterung zu

23 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner VwGO, § 88 Rn.10. 24 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner VwGO, § 88 Rn.10. 25 BFHE 146, 196 am Ende; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner VwGO, § 88 Rn.12. 26 Landtags-Drucksache 13/3477, S. 57. 27 Dreier Art. 31 GG Rn. 19, 23. 28 Maunz/Dürig Art. 31 GG Rn. 22.

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beheben.29 Spielräume für ländereigene Regelungen sind daher in der Regel nur durch entsprechende Regelungsvorbehalte eröffnet. Ein sol-cher findet sich bei § 88 VwGO nicht und es sprechen auch sonst keine besonderen Umstände für eine Nichtabgeschlossenheit dieses Rege-lungskomplexes. Somit wäre eine Auslegung, die § 24 S. 2 LGebG an-dere als deklaratorische Wirkungen und sei es auch nur Auslegungs-vermutungen beimessen würde, verfassungswidrig. Im Rahmen der Pflicht zur verfassungskonformen Auslegung sind aber die staatlichen Normanwender verpflichtet, bei mehreren möglichen Auslegungsmög-lichkeiten diejenige zu wählen, die keinen Verfassungsverstoß beinhal-tet. Dies wäre mit der Auslegung als rein deklaratorischer Norm der Fall. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch deklaratorische, bundes-rechtswiederholende Normen des Landesrecht gegen die Art. 70ff. GG verstoßen, könnte dies dahinstehen, da § 88 VwGO das Klagebegehren des E jedenfalls trägt.

b) Hilfweise: Verfassungsmäßigkeit des § 24 S.2 LGebG Geht man abweichend von einer konstitutiven Bedeutung des § 24 S. 2 LGebG aus, wäre diese wie dargelegt wegen der abschließend ausge-übten Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 70, 72 I, 74 I Nr. 1 GG nichtig. Das Verwaltungsgericht kann dies aber nicht selbst mit Bindungswirkung feststellen, da das BVerfG gemäß Art. 100 GG das Verwerfungsmonopol für alle nachkonstitutionellen Gesetze hat. Das VG müsste daher nach Art. 100 I GG ein konkretes Normenkontroll-verfahren einleiten und bis zu dessen Entscheidung das Verfahren aus-setzen. Da es für die Entscheidung der Klage hinsichtlich des Kosten-bescheids auf die Klärung dieser Frage ankommt und das VG nach der Prüfung von der Verfassungswidrigkeit überzeugt wäre, wäre das Vor-lageverfahren auch zulässig und hätte entsprechend obiger Prüfung Er-folg. Das Verfahren vor dem VG würde fortgesetzt und die Klage hin-sichtlich des Kostenbescheids mangels Antrag nicht entschieden, so-weit das Gericht bzw. der Klagegegner keine Klageergänzung zulassen würden ( § 173 VwGO i.V.m. § 263 ZPO).

II. Zulässigkeit hinsichtlich des Kostenbescheid

1. Verwaltungsrechtsweg § 40 VwGO Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.

2. Statthafte Klageart Der Kostenbescheid ist VA; statthaft ist daher eine Anfechtungsklage.

3. Klagebefugnis § 42 II VwGO An der Klagebefugnis des E bestehen keine Zweifel; sie ergibt sich je-denfalls aus Art. 2 I GG (s.o.)).

4. Vorverfahren §§ 68 ff. VwGO K hat nicht nur gegen das Anbringen der Fenster, sondern auch gegen den Kostenbescheid erfolglos Widerspruch eingelegt.

29 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Einleitung Rn. 66

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5. Klagefrist § 74 VwGO E legt „umgehend“ Klage ein; die Klagefrist ist damit offensichtlich eingehalten.

III. Begründetheit hinsichtlich Kostenbescheid Die Klage wäre begründet, wenn der Kostenbescheid rechtswidrig wä-re und den E in seinen Rechten verletzt (§ 113 I 1 VwGO).

1. Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

a) Ermächtigungsgrundlage des Kostenbescheids Ermächtigungsgrundlage des Kostenbescheids sind §§ 31 I, IV LVwVG i.v.m. 6 III, 8 Nr.8 LVwVGKO.

b) Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids Siehe oben Aufgabe 1.

c) Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

aa) Tatbestand (i) Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung (1) Rechtsgrundlage der Ersatzvornahme ( §§ 1, 2, 25 LVwVG) (2) Formelle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme Siehe oben Aufgabe 1. (3) Materielle Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme (a) Voraussetzungen der Ersatzvornahme (aa) Vollstreckbarer Verwaltungsakt Die Ersatzvornahme setzt einen zu vollstreckenden Verwaltungsakt voraus. Im Gegensatz zu Aufgabe 1 hat E den Bebauungsbescheid nicht mit der Anfechtungsklage angegriffen, so dass dieser im Verfah-ren auch nicht aufgehoben wird. Somit liegt ein Verwaltungsakt als Grundlage der Vollstreckung vor. (aaa) Materielle Vollstreckbarkeit Ein Verwaltungsakt ist nach § 1 LVwVG materiell vollstreckbar, wenn er zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen auffordert. (bbb) Formelle Vollstreckbarkeit: Gemäß § 2 LVwVG müsste der Bebauungsbescheid formell vollstreckbar sein. Er ist noch nicht unanfechtbar. In Betracht kommt die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit§ 80 II Nr. 4 VwGO. Diese ist im Bebauungsbescheid enthalten. Die formelle Vorausset-zung einer gesonderten Begründung nach § 80 III VwGO wurde ein-gehalten. Materiell: darf hier nicht überprüft werden Effektivität / Formalität der Vollstreckung, ansonsten wegen kommender UNESCO-Kommission vertretbar. (ccc) Wirksamkeit des Verwaltungsaktes Fraglich ist, ob die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes zusätz-

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liche Vollstreckungsvoraussetzung ist.30 Einer Ansicht nach ist die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung Vollstreckungsvoraussetzung (sog. Konnexitätsgrundsatz) für die Vollstreckung notwendig, soweit diese nicht wegen Unanfechtbarkeit bestandskräftig geworden ist. Dies ergebe sich aus den Verfassungs-prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, des Verhältnismäßig-keitsgrundsatzes und des effektiven Rechtschutzes. Zudem würde der Adressat dann mit den Kosten der Vollstreckung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes belastet, was den Grundsätzen materialer Gerechtig-keit widerspräche. Das Erfordernis einer derartigen Konnexität ist aber abzulehnen. Der Verweis auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überzeugt nicht, da § 2 LVwVG nur die Unanfechtbarkeit bzw. die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes als Voraussetzungen nennt. Eine Rechtmäßig-keitsprüfung hinsichtlich des zu vollstreckenden Grundverwaltungsak-tes ist daher nicht vorgesehen, es genügt die Wirksamkeit des Verwal-tungsaktes. 31 Eine derartige Prüfung würde zudem die Effektivität der Vollstreckung vermindern. Auch bei der Vollstreckung von selbst ge-schaffenen Titeln sind die Wertungen der Aufteilung in ein Erkenntnis- und ein Vollstreckungsverfahren zu beachten. Durch eine vollständige Prüfung in der Vollstreckung wäre die Wirksamkeit des Grundverwal-tungsaktes ausgehöhlt, obwohl ihm diese bei Bestandskraft oder So-fortvollzug gerade zukommen soll. 32 Im Rahmen der sofortigen Voll-ziehbarkeit kommt dem Vollzuginteresse auch hinsichtlich des Ver-hältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Übergewicht vor dem Rechtmäßig-keitsinteresse zu. Schließlich sind auch nicht die Rechtsschutzmög-lichkeiten des Adressaten. Er kann gegen den Grundverwaltungsakt vorgehen und die Nichtvollziehung meist durch einstweiligen Rechts-schutz nach § 80 V VwGO sichern. Die Aufhebung einer mittlerweile erfolgten Vollstreckung kann er über den Vollzugsfolgenbeseitigungs-anspruch nach § 113 I 2 VwGO in prozessual erleichterter Weise ne-ben der Anfechtungsklage durchsetzen. 33 Auch das Argument der Kostenlast kann schließlich nicht überzeugen. Die Wertung des Vollstreckungsrechtes, die das Vollzugsinteresse überwiegen lassen, können auf der Kostenebene korrigiert werden, so dass die Rechtmä-ßigkeit des Grundverwaltungsaktes im Kostenbescheid geltend mach-bar sein muss, um zumindest Kostengerechtigkeit herzustellen. Somit ist ein Rechtmäßigkeitszusammenhang für die Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungshandlung nicht notwendig. Von dem grundsätzlichen Verzicht auf einen Rechtmäßigkeitszusam-menhang werden Ausnahmen gemacht. Eine Ausnahme liegt bei Nich-tigkeit des Grundverwaltungsaktes gemäß § 44 LVwVfG vor. Dieser soll dann gerade keine Rechtswirkung entfalten. Die Bebauungsge-nehmigung ist jedoch nicht nichtig, so dass diese Ausnahme nicht vor-liegt.

30 Vgl. insbesondere die Darstellung des Problems bei Weiß, DÖV 2001, 275 – 281; Heckmann VBlBW. 1993, 41 – 80. 31 BVerfG NVwZ 1999, 290, 292; BVerwG NJW 1984, 2591, 2592; Schenke, W.-R./Baumeister NVwZ 1993, 1,2. 32 Schenke, W.-R./Baumeister NVwZ 1993, 1,3. 33 Schenke, W.-R./Baumeister NVwZ 1993, 1,3.

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Eine zweite Ausnahme wird gemacht, wenn andererseits kein effekti-ver Rechtsschutz gewährt werden könnte. Dies ist der Fall, wenn sich der Verwaltungsakt vor Bestandskraft erledigt. Eine Anfechtungsklage mit kassatorischer Wirkung ist dann nicht mehr möglich. Die Fortset-zungsfeststellungsklage kann den Verwaltungsakt nicht ex-tunc ver-nichten, da sie keine Gestaltungsklage ist. Somit ist der oben beschrie-bene Weg des Rechtsschutzes versperrt. Als Ausgleich muss dann aus-nahmsweise die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes geprüft werden.34 Erledigt ist ein Verwaltungsakt nach § 43 II BVwVfG mit Wegfall der sachlichen oder tatsächlichen Beschwer. Die Beschwer besteht für E in der Verpflichtung zum Anbringen der Fensterläden. Diese fällt erst mir deren Anbringung im Wege der Ersatzvornahme weg. Somit hat sich der Bebauungsbescheid frühestens mit der Ersatz-vornahme, aber nicht zuvor erledigt. Somit ist auch aus diesem Grund die Rechtmäßigkeit des Bebauungsbescheids keine Voraussetzung für die (bb) Androhung der Vollstreckung mit Fristsetzung § 20 LVwVG Die Androhung der Vollstreckung war zulässigerweise mit dem Be-bauungsbescheid verbunden und enthielt zugleich eine Angabe der Kosten der Ersatzvornahme. (cc) Spezielle Voraussetzungen der Ersatzvornahme (§ 25 LVwVG) Einer Ersatzvornahme sind nur vertretbare Handlungen fähig. Das Anbringen der Fensterläden musste nicht von E persönlich ausgeführt werden. P konnte dies genau so gut. Somit liegt eine vertretbare Hand-lung vor. Die speziellen Voraussetzungen der Ersatzvornahme sind da-her gegeben. (b) Rechtsfolge Als Rechtsfolge ist der Vollstreckungsbehörde Ermessen ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Ermessen müsste verfas-sungskonform ausgeübt worden sein. Ein spezifisch vollstreckungs-rechtlicher Grundrechtsverstoß ist nicht ersichtlich. Die Vollstreckung müsste aber verhältnismäßig sein. Die Ersatzvornahme ist durch das Anbringen der Fensterläden zur Herstellung des vom Bebauungsbe-scheid gewünschten Zustandes geeignet. Fraglich ist die Erforderlich-keit. Dazu müsste ein milderes, gleich wirksames Mittel bestanden ha-ben. In Betracht kommt die Verhängung eines Zwangsgeldes. Dessen Festsetzung hätte zwar E eventuell zur Anbringung der Fensterläden motivieren können, in absehbarer Zeit zwingend angebracht wären sie dadurch aber nicht. Somit wäre ein Zwangsgeld nicht gleich wirksam gewesen. (4) Zwischenergebnis Die Ersatzvornahme war rechtmäßig. (ii) Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes Fraglich ist, ob die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung, also des Be-bauungsbescheids für die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids maß-geblich ist. Die Vollstreckungsmaßnahme an sich ist wie oben geprüft rechtmäßig. Diese Rechtmäßigkeit beruht aber wie dargestellt auf Wer-tung, dass die sofortige Vollziehbarkeit für ein effizientes Verwal- 34 Seiler, Examens-Repetitorium Verwaltungsrecht, Rn. 194 (b).

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tungshandeln eine sofortige Vollstreckung ermöglichen muss. Auf der Kostenebene ist dieser Belang nicht mehr gegeben, so dass die Recht-mäßigkeit des Verwaltungshandelns und insbesondere die gerechte Lastenverteilung das Ergebnis maßgeblich bestimmten müssen. Daher ist die auf der Vollstreckungsebene versagte Prüfung der Rechtmäßig-keit des Grundverwaltungsaktes im konsequenten Ausgleich auf Kos-tenebene nachzuholen falls dieser nicht wegen Unanfechtbarkeit be-standskräftig oder nichtig ist.35 Hierbei ist auf die obige Prüfung unter B zu verweisen. Demnach ist der Bebauungsbescheid rechtswidrig, was die Rechtswidrigkeit des Kostenbescheids nach sich ziehen würde. Fraglich ist aber, ob E sich auf die Rechtswidrigkeit des Bebauungsbe-scheids berufen kann. Dieser ist nach § 43 I 1 LVwVG materiell be-standskräftig und somit trotz Rechtswidrigkeit bis zu seiner Aufhebung wirksam. Die materielle Bestandskraft ist unabhängig von der formel-len Bestandskraft, der Unanfechtbarkeit. E kann den Bebauungsbe-scheid weiterhin wie in Aufgabe 1 anfechten. Solange er dies aber un-terlässt, kann er den Kostenbescheid nicht isoliert mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des zu Grunde liegenden Bebauungsbescheids angreifen. Die Klage ist daher auch insoweit unbegründet, als sie sich gegen den Kostenbescheid richtet.

IV. Ergebnis Die Klage ist vollständig unbegründet.

35 Würtenberger/Heckmann, PolR, Rn. 913