Unverzagt: Das neue Urhebervertragsrecht nach der Reform des Urheberrechtsgesetzes

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B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften B1 Urheberrecht 15 Kultur & Recht Juli 2002 B 1.8 S. 1 Das neue Urhebervertragsrecht nach der Reform des Urheberrechtsgesetzes Alexander Unverzagt Rechtsanwalt in Hamburg, Gründungspartner der Anwalts-Kanzlei Unverzagt von Have Hamburg/Berlin und unter anderem Lehrbeauftragter an der Rechts- wissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg, Herausgeber der Loseblatt- sammlung „Kultur und Recht“ sowie einer Buchreihe „Kultur, Medien und Recht“ und Autor zahlreicher rechtlicher Beiträge sowie Referent zu Themen aus dem Bereich „Medien- und Kulturrecht“ Inhalt Seite 1. Vorbemerkung 2 2. Die wesentlichen gesetzlichen Änderungen im Einzelnen 2 2.1 Die angemessene Vergütung 2 2.2 Art der Vergütung 3 2.3 Die Nachbesserung bei unangemessener Vergütung 4 2.4 Weitere Beteiligung des Urhebers („Bestseller-Vergütung“) 4 2.5 Verzicht auf gesetzliche Vergütungsansprüche 5 2.6 Zwingende Anwendung der gesetzlichen Vergütungsregeln bei Auslandsbezug 5 2.7 Die gemeinsamen Vergütungsregeln 6 2.8 Die Schlichtungsstelle 6 2.9 Nutzungsrechte bei Unternehmensverkäufen 6 2.10 Erweiterung der Ansprüche der ausübenden Künstler 7 2.11 Besondere Veränderungen für die Filmwirtschaft 7 2.12 Übergangsregelung 8 3. Bisherige Resonanz 8 Die Reform des Urheberrechtsgesetzes tritt am 1. Juli 2002 in Kraft. Was sind die rechtlichen Folgen für Sie als Verwerter und als Urheber? Was müssen Sie nun in der Praxis beachten? Der nachfolgende Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über das Urhebervertragsrecht nach dem Inkrafttreten der Reform. Erörtert wird u.a., wann der viel diskutierte neue Bestellerparagraf Anwendung findet und ob Alt- verträge berührt werden.

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B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften

B1 Urheberrecht

15 Kultur & Recht Juli 2002

B 1.8 S. 1

Das neue Urhebervertragsrecht nach der Reform des Urheberrechtsgesetzes

Alexander Unverzagt Rechtsanwalt in Hamburg, Gründungspartner der Anwalts-Kanzlei Unverzagt von Have Hamburg/Berlin und unter anderem Lehrbeauftragter an der Rechts-wissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg, Herausgeber der Loseblatt-sammlung „Kultur und Recht“ sowie einer Buchreihe „Kultur, Medien und Recht“ und Autor zahlreicher rechtlicher Beiträge sowie Referent zu Themen aus dem Bereich „Medien- und Kulturrecht“

Inhalt Seite

1. Vorbemerkung 2 2. Die wesentlichen gesetzlichen Änderungen im Einzelnen 2 2.1 Die angemessene Vergütung 2 2.2 Art der Vergütung 3 2.3 Die Nachbesserung bei unangemessener Vergütung 4 2.4 Weitere Beteiligung des Urhebers („Bestseller-Vergütung“) 4 2.5 Verzicht auf gesetzliche Vergütungsansprüche 5 2.6 Zwingende Anwendung der gesetzlichen Vergütungsregeln bei

Auslandsbezug 5 2.7 Die gemeinsamen Vergütungsregeln 6 2.8 Die Schlichtungsstelle 6 2.9 Nutzungsrechte bei Unternehmensverkäufen 6 2.10 Erweiterung der Ansprüche der ausübenden Künstler 7 2.11 Besondere Veränderungen für die Filmwirtschaft 7 2.12 Übergangsregelung 8 3. Bisherige Resonanz 8

Die Reform des Urheberrechtsgesetzes tritt am 1. Juli 2002 in Kraft. Was sind die rechtlichen Folgen für Sie als Verwerter und als Urheber? Was müssen Sie nun in der Praxis beachten? Der nachfolgende Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über das Urhebervertragsrecht nach dem Inkrafttreten der Reform. Erörtert wird u.a., wann der viel diskutierte neue Bestellerparagraf Anwendung findet und ob Alt-verträge berührt werden.

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B 1.8 S. 2

1. Vorbemerkung

Bei dem am 25.01.2002 vom Bundestag verabschiedeten „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ handelt es sich zwar um ein eigenständiges Gesetz, das aber das alleinige Ziel hatte, eine Überarbeitung und Erweiterung eines Teils des seit 1965 mit zahlreichen Ände-rungen versehenen Urheberrechtsgesetzes (nachstehend auch „UrhG“ genannt) vorzunehmen.

Der Bundesrat hat diesem Gesetz am 01.03.2002 zugestimmt, so dass es per 01.07.2002 in Kraft treten kann.

Die Ausgangsüberlegungen des Gesetzgebers waren, die Stellung der schwäche-ren Urheber und ausübenden Künstler gegenüber den überlegenen Verwertern zu stärken und Erstere angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen ihrer Arbeiten, Werke und Darbietungen zu beteiligen. Damit soll auf Dauer die Entstehung eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts z. B. im Rahmen von Mehrfachnutzun-gen wie bei Online-Nutzungen von Printmedien oder bei pauschalen Buyout-Regelungen gegen eine Einmalzahlung vermieden und auch die strukturell schwache Verhandlungsposition der Kreativen gestärkt werden.

Zahlreiche zunächst vorgesehene Änderungsvorschläge des Urheberechtsgeset-zes, z. B. für den Filmbereich wurden zu guter Letzt nicht in dem Gesetz berück-sichtigt.

2. Die wesentlichen gesetzlichen Änderungen im Einzelnen

Anmerkung: Bei allen hier erwähnten - mit Ausnahme der besonders gekenn-zeichneten - Paragrafen handelt es sich um solche des neuen Urheberrechtsgeset-zes.

2.1 Die angemessene Vergütung

Der Anspruch der Kreativen wie Urheber auf eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihres Werkes wurde jetzt im Gesetz normiert. (§ 11 Satz 2) Jeder Urhe-ber hat damit gegenüber der bisherigen „üblichen Vergütung“ einen Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“.(Also wie bisher im Verlagsbereich, in dem der Autor aufgrund des § 22 Absatz 2 des Verlagsgesetzes schon immer einen derar-tigen Anspruch besaß.) Dieser Anspruch hat künftig eine Leitbildfunktion und wird z. B. aufgrund der seit 01.01.2002 geltenden Regelung des § 307 Abs. 3 BGB für die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine wichtige Rolle spielen.

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B 1.8 S. 3

Der Nutzer einer urheberrechtlich relevanten Leistung kann sich nicht mehr auf die getroffene Vereinbarung verlassen, sondern hat als Maßstab stets die Ange-messenheit der Vergütung zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 3 UrhG).

Angemessen ist dabei eine Vergütung, wenn sie

gemäss § 32 Abs. 2 im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dem entspricht,

– was im Geschäftsverkehr – nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten insbeson-

dere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände

– üblicher- und redlicherweise zu leisten ist (hierbei handelt es sich um die sog. Branchenübung jedoch unter Berück-sichtigung des neuen Aspektes der „Redlichkeit“; diese Regelung lässt auch durchaus eine pauschale Vergütung für die Einräumung aller erdenklichen Nutzungsrechte zu, wobei diese aber aufgrund der neuen gesetzlichen Rege-lungen „angemessen“ sein muss.)

oder

auf einer von Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknut-zern aufgestellten gemeinsamen Vergütungsregelung beruht (§ 36 I) (siehe hierzu auch Punkt (7) dieses Beitrages)

oder

letztlich trotz der anderen expliziten Konsequenzen in § 32 Absatz 4 in Fällen einer „tarifvertraglichen Bestimmung“.

2.2 Art der Vergütung

Nach der Gesetzesbegründung soll diese Vergütung regelmässig in Form einer Beteiligung an den Auswertungserlösen erfolgen.

Auch angemessene und „redliche“ Festvergütungen sollen weiterhin möglich sein, auch wenn in der Begründung die z. B. in der Filmindustrie verbreitete Branchenübung der sog. Buyouts nicht erwähnt wurde.

Eine unentgeltliche Übertragung von Nutzungsrechten kann im Einzelfall zuläs-sigerweise z. B. im Rahmen von gemeinnützigen Tätigkeiten vorgesehen sein.

Ferner soll – und hierauf weist die Begründung ausdrücklich hin – durch die neuen Regelungen „neuen, innovativen Vergütungsmodellen“ nicht der Weg versperrt wer-den.

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2.3 Die Nachbesserung bei unangemessener Vergütung

Es besteht ein Anspruch auf Vertragsänderung des Urhebers (Nachbesserungsan-spruch) gemäss § 32 Absatz 1 Satz 3, wenn die vereinbarte Vergütung nicht an-gemessen ist. Dies bedeutet, dass damit nicht nur eine angemessene Vergütung für die Vergangenheit beansprucht, sondern ein Korrekturanspruch wegen der Ände-rung des Vertrages durchgesetzt werden kann, der sich auf die erst in der Zukunft anfallenden Vergütungen bezieht.

Aber: Dieser Anspruch besteht nicht in Fällen, in denen die Vergütung tarifver-traglich bestimmt ist (§ 32 Ziffer 4). Es besteht keine Abweichungs- oder Umgehungsmöglichkeit von den angemesse-nen Vergütungsregelungen zu Lasten des Urhebers (§ 32 Absatz 3).

2.4 Weitere Beteiligung des Urhebers („Bestseller-Vergütung“)

Der bisherige sog. Bestsellerparagraf (alter § 36), der in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle spielte, weil das verlangte „grobe Missverhältnis“ in vielen Fällen u.a. durch die Gereichte als nicht gegeben angesehen wurde, wurde zu-gunsten der Kreativen in seinen Voraussetzungen abgemildert. Wenn sich jetzt herausstellt, dass Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes stehen, kann der Ur-heber gemäss § 32 a Absatz 1 gegen seinen Vertragspartner eine „weitere ange-messene Beteiligung“ beanspruchen. Ein derartiges auffälliges Missverhältnis liegt nach der Gesetzesbegründung „jedenfalls dann vor, wenn die vereinbarte Vergütung um 100 % von der angemssenen Beteiligung abweicht“. Entgegen dem bisherigen Gesetzeswillen kommt es bei der neuen Regelung nicht mehr darauf an, ob der Erfolg unerwartet war.

Aber: Dies gilt nicht in den Fällen, in denen die Vergütung nach einer gemeinsa-men Vergütungsregel (§ 36) oder tarifvertraglich bestimmt wurde und die Vergü-tungsregelung ausdrücklich eine „weitere angemessene Beteiligung in Fällen des auffälligen Missverhältnisses“ vorsieht. Wenn der Vertragspartner des Urhebers Dritten im Rahmen der sog. Bestseller-Vergütung entsprechende Rechte einräumt und diese dadurch „Erträgnisse oder Vorteile“ erzielen, die in einem „auffälligen Missverhältnis“ zu der Gegenleistung des Urhebers stehen, so hat der Urheber unmittelbar einen eigenen Anspruch gegen den Lizenznehmer des Vertragspartners (§ 32a Absatz 2).

Aber: In einem solchen Falle entfällt die Haftung des Vertragspartners des Urhe-bers (§ 32 a Absatz 2 Satz 2).