Update Kompositmaterialien

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Redaktion: Prof. Dr. Petra Hahn // Freiburgder junge zahnarzt 2/2014 12-21 s13279-014-0311-9 © Springer- Verlag Berlin Heidelberg 2014

Update Kompositmaterialien

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Heutzutage gibt es nur wenige restaurative Maßnah-men, die ohne den Einsatz von Kompositmaterialien in

irgendeiner Form durchgeführt werden können. Die Erwar-tungen, die Zahnärzte an dentale Komposite stellen, sind auf-grund ihrer weit gefächerten Anwendung in den letzten Jahren gestiegen. Sie werden sowohl für große Restaurationen mit zusätzlichem Höckerersatz im Seitenzahnbereich als auch für ästhetische Restaurationen (Abb. 1, Abb. 2) und Rehabilitati-onen von Zähnen im Frontzahnbereich verwendet. Wie schon 2004 die Deutsche Gesellscha� für Zahnerhaltung (DGZ) und die Deutschen Hochschullehrer für Zahnerhaltung in einer Übersicht formuliert haben, sind direkte Kompositrestaura-tionen keine minderwertigen Versorgungen, da ihre Haltbar-keitsdauer deutlich erhöht werden konnte [1]. Hinzu kommt

laut dieser Übersicht, dass heute eine exakte Unterscheidung zwischen "plastischer Füllung" und "Einlagefüllung" nicht einfach ist. Zudem gibt es klinische Situationen, in denen die direkte der indirekten Restauration bevorzugt werden sollte, da die direkte Restauration schonender ist und hierbei mehr Substanz erhalten bleibt [1]. Nichtsdestotrotz bestehen nach wie vor Probleme mit gewissen Eigenscha� en der Komposite. Dazu gehören z. B.:→ Polymerisationsschrumpfung,→ marginale Adaptation, "microleakage", "debonding",→ postoperative Sensibilität,→ Freisetzung von Monomeren,→ Frakturen und→ weiße Linien am Restaurationsrand.

Welches Material für welche Restauration?

Dentale Kompositmaterialien sind aufgrund ihrer verbesserten Eigenschaften und der Zunahme der minimal-invasiven Therapien heutzutage immer häufiger Material der Wahl für dentale Restaurationen. Obwohl dentale Komposite seit 1962 existieren, gibt es wegen des breiten Anwendungsfelds immer wieder Bedarf an neuen Entwicklungen. Im vorliegenden Beitrag wird eine Übersicht über die verschie-denen Kategorien der Komposite mit Fokus auf neuen Entwicklungen und den passenden Anwen-dungsbereichen vorgestellt.

Prof. Dr. Olga Polydorou // Freiburg

Die Überlebensrate der Kompositrestaurationen hängt nicht nur vom verwendeten Material ab [2], sondern auch vom Behand-ler und vom Patienten selbst, da die primären Gründe für die Misserfolge (neben Debonding und postoperativer Sensibilität) Sekundärkaries und Frakturen bei funktioneller Belastung sind.

PolymerisationsschrumpfungEs wurde bisher vieles versucht, um die Polymerisationsschrump-fung zu verringern. Dabei wurde nicht immer die Zugkra� , die bei der Schrumpfung auf die Kavitätswände wirkt, berücksich-tigt. Die Schrumpfung der Materialien nach der Polymerisation konnte durch Erhöhung des Fülleranteils zwar verringert wer-den, den Polymerisationsschrumpfungsstress hat dies aber nicht positiv beein� usst.

Diese Problematik wurde in einem Update zu den Kompositma-terialien von Ernst [3] beschrieben: Der Polymerisationsschrump-fungsstress (oder die Polymerisationsschrumpfungskra� ) kann von der Polymerisationsschrumpfung und vom Elastizitätsmodul (E-Modul) der entsprechenden Materialien beein� usst werden:

Schrumpfungsstress = Schrumpfung • E-ModulDas bedeutet: Mit der Erhöhung des Fülleranteils eines Materi-als wird die Polymerisationsschrumpfung reduziert, jedoch das E-Modul dieses Materials erhöht. Dadurch kommt es allerdings zu keiner Verbesserung der Polymerisationsschrumpfungskra� . Daraus resultiert eines der primären Ziele der Entwicklung neuer Materialien mit modi� zierten Matrixkomponenten: die Reduk-tion der Polymerisationsschrumpfungskra� .

Zusammensetzung dentaler KompositeDie zahnärztlichen Komposite bestehen hauptsächlich aus fol-genden zwei Phasen: organische Matrix und anorganischer Füller, verbunden durch eine Verbundphase.

Die organische Matrix enthält Monomere, die einen wichtigen Ein� uss auf die chemischen und physikalischen Eigenscha� en der Kompositmaterialien haben. Die herkömmlichen Kompo-site enthalten Monomere auf Methacrylatbasis [Urethandime-thacrylat (UDMA) und Bisphenol-A-Glycidyl-Methacrylat (Bis-GMA)]. Um die erwünschte Viskosität zu erreichen, werden als Verdünner (Komonomere) kleine Monomere wie Triäthylengly-coldimethacrylat (TEGDMA) hinzugesetzt. Der Einsatz dieser Verdünner führt jedoch nicht nur zu einer Änderung der Vis-kosität der Materialien, sondern auch zu einer Erhöhung der Polymerisationsschrumpfung.

Die anorganischen Füller sorgen für physikalische Festigkeit und Abrasionsstabilität, die für die Anwendung der Komposit-materialien in vielen klinischen Situationen von Bedeutung sind. Zusätzlich hat die anorganische Phase Ein� uss auf die Langzeitsta-bilität der Kompositrestaurationen.

Auch die Verbundphase hat wichtigen Ein� uss auf die Materi-aleigenscha� en, wie z. B. die Abrasionsfestigkeit. Dafür werden spezielle Silane eingesetzt, die aufgrund ihrer Struktur eine Bin-dung zwischen den Füllkörpern und der Matrix ermöglichen.

Einteilung der KompositeBevor die neuesten auf dem Markt vorhandenen Materialien dis-kutiert werden, ist es sinnvoll, die Einteilung der heute in der kli-nischen Anwendung be� ndlichen Materialien zu beschreiben, um nochmals deutlich ihre Anwendungsbereiche herauszustellen.

KonsistenzDie Materialien werden gemäß ihrer Konsistenz [3] wie folgt unterteilt:→ mittlere Viskosität, wie z. B. Filtek™ Supreme XTE, Ceram

X®, Amaris, Tetric,→ höhere Viskosität, wie z. B. Tetric EvoCeram®, Grandio®,

Venus® Diamond.→ niedrigere Viskosität: "� owables" wie z. B. "smart dentin

replacement" (SDR™), Vetrise™ Flow.

Anorganische Füllsto� eDie am häufigsten verwendete Einteilung der Komposite ist die klassische Klassifikation nach Füllstoffen gemäß Lutz u. Philips [4].

MakrofüllerkompositeDiese Materialien werden heutzutage selten in der Füllungsthera-pie eingesetzt. Makrofüllerkomposite zeigen aufgrund der einge-setzten Makrofüller sehr gute physikalische Eigenscha� en. Jedoch bewirkt die Größe der Füllkörper, dass die Ober� ächenrauigkeit zu- und die Polierbarkeit abnimmt.

MikrofüllerkompositeDurch die Verkleinerung der Füllkörper wurde eine verbesserte Abrasionsstabilität und Polierbarkeit erreicht. Allerdings wur-

LernzieleNachdem Sie diese Lerneinheit absolviert haben,→ können Sie die verschiedenen Kategorien der Kompo-

sitmaterialien beschreiben.→ sind Sie über die neuesten Entwicklungen im Bereich

der Komposite informiert.→ kennen Sie die Anwendungsbereiche der verschie-

denen Materialien.→ sind Sie in der Lage, das passende Material für eine

Restauration auszuwählen.

1 // Ausgangssituation 2 // Umformung mit Komposit

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den diese Komposite für die klinische Anwendung in Bereichen mit hoher Belastung als nicht stabil genug bewertet.

HybridkompositeSeit 1980 werden die Hybridkomposite in der Literatur beschrieben, seit 1985 sind sie kommerziell erhältlich. Sie stellen eine Mischung der guten mechanischen Eigenschaf-ten der Makrofüllerkomposite und der Polierbarkeit der Mikrofüllerkomposite dar. Die Hybridkomposite werden heute immer noch als "Goldstandard" bezeichnet. In den letzten Jahren wurden verschiedene Kategorien dieser Komposite entwickelt, die je nach Partikelgröße und -art unterschiedliche Eigenscha� en haben [3]:→ Um bessere klinische Ergebnisse zu erzielen, wurden die Füller durch die Integrati-

on poröser Füllkörper oder Fasern modi� ziert.→ Um die ästhetischen Eigenscha� en und die Polierbarkeit zu verbessern, wurde

die Größe der Füllpartikel geändert und somit drei verschiedene Kategorien von Hydridkompositen erzielt:

- Midihybridkomposite (Korngrößen < 5 µm),- Minihybridkomposite (Korngrößen < 3 µm) und- Mikrohybridkomposite (Korngrößen < 1 µm).

NanokompositeNanotechnologie, bekannt auch als "nanoscience" oder "molecular engineering", ist de� -niert durch die Herstellung von funktionellen Materialien und Strukturen mit einer Größe zwischen 0,1 und 100 nm [5].

Nanofüller können mithilfe verschiedener Techniken hergestellt werden: Flammen-pyrolyse, Flammenspraypyrolyse und Solgelprozesse. Kleine Füllsto� partikel haben Dimensionen unterhalb der Wellenlänge des sichtbaren Lichts; sie können sichtbares Licht nicht steuern oder absorbieren. So sind Nanofüllsto� e in der Regel unsichtbar und bieten den Vorteil, die optischen Eigenscha� en eines Materials zu verbessern. Zusätzlich sind Nanofüllsto� e in der Lage, aufgrund ihrer geringen Partikelgrößen den gesamten Füllergehalt zu erhöhen [5]. Da sich die Polymerisationsschrumpfung hauptsächlich auf die organische Matrix bezieht, kann eine Erhöhung des Füllergehalts in Nanokomposi-ten zu einer Reduktion der Matrix im Material und damit zu einer Reduktion der Poly-merisationsschrumpfung und Verbesserung der physikalischen Eigenscha� en führen.

Auf dem Markt ist Filtek™ Supreme XTE (Fa. 3M ESPE; verbesserte Version von Filtek™Supreme und Filtek™Supreme XT) – das einzige reine Nanokompositmateri-al. Ceram X® (Fa. Dentsply) und Premise™ (Fa. Kerr) gehören ebenfalls zu dieser Grup-pe, werden aber aufgrund ihrer speziellen chemischen Zusammensetzung nicht zu den reinen Nanokompositen gerechnet. Filtek™Supreme XTE enthält ausschließlich kleine Siliziumdioxid(SiO2)-Partikel im Nanobereich (2 bis 75 nm; [3]). Diese Nanopartikel liegen entweder als einzelne freie und nichtagglomerierte Partikel in Größen zwischen 5 und 75 nm vor oder bilden in Kombination mit Zirkonoxidpartikeln die "cluster" mit Partikelgrößen von 2 bis 20 nm. Die Herstellung der Cluster ist von großer Bedeutung, um die Benetzbarkeit all dieser kleinen Partikel mit der organischen Matrix zu sichern. Durch die Verwendung von Nanoclustern bleibt das Komposit langfristig stabil; zudem lässt es sich sehr gut polieren.

In den letzten Jahren wurde sehr viel über das toxische Potenzial von Nanopartikeln diskutiert. Es wird behauptet, dass einige Arten zu Gesundheitsschäden führen können, da sie aufgrund ihrer kleinen Größe die natürlichen Barrieren von Gewebe, Zellen und Organen überwinden [6]. Ob die Nanopartikel kurzfristig beim Einatmen während des Beschleifens einer Füllung oder langfristig durch eine mögliche Abrasion eine Gefahr für den menschlichen Organismus darstellen, ist immer noch nicht geklärt. Noch aus-stehende wissenscha� liche Daten sind für diese Beurteilung notwenig.

NanohybridkompositeNanohybridkomposite sind konventionelle Hybridkomposite, zu denen Nanopartikel hinzugefügt wurden. Dieser Zusatz von Nanopartikeln hat zwei Gründe [3]:→ Erhöhung des Füllergehalts und damit eine Verringerung der Polymerisations-

schrumpfung (z. B. bei Grandio®, VOCO; Premise, SDS™, Fa. Kerr),→ Beein� ussung der Konsistenz der Materialien (wie z. B. Tetric EvoCeram, Fa.

Ivoclar Vivadent; Venus® Diamond, Fa. Heraeus)

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Enthaltene MatrixmonomereKomposite werden ebenfalls nach Art der enthaltenen Monomere unterteilt [7].

Konventionelle Komposite mit Matrix auf reiner MethacrylatbasisDiese Kompositmaterialien enthalten eine Mischung von Mono-meren auf Methacrylatbasis. Meistens werden BisGMa und UDMA verwendet. Seit der Synthese des Bowen-Monomers Bis-GMA 1962 ist dieses Molekül in fast jedem Kompositmaterial vorhanden. Mit der Herstellung von UDMA (1973) hat sich die Mischung dieser beiden Monomere als Standard bei den Kom-positen etabliert; hierbei sorgt das jeweilige Verhältnis der bei-den Monomere für die Unterschiede zwischen den verfügbaren Materialien.

Ein großes Problem dieser konventionellen Komposite ist die hohe Polymerisationsschrumpfung, die in den meisten Fällen einen der wichtigsten Gründe für die Weiterentwicklung und Modi� kation der Matrixmonomere darstellt.Zu dieser Kategorie gehören die meisten Kompositmaterialien. Beispiele sind Filtek™Supreme XTE (Fa. 3M ESPE) und Tetric Evo-Ceram (Fa. Ivoclar Vivadent).

Kompomere: Materialien mit säuremodifi zierten Monomeren und mit Matrix auf reiner MethacrylatbasisKompomere stellen eine Mischung aus Komposit und Glasio-nomer dar und vereinen somit die Eigenscha� en dieser Materi-alien. Hinzu kommt, dass sie aufgrund der Glasionomerphase eine höhere Wasseraufnahme zeigen als die Kompositmaterialien. Eine Fluoridfreisetzung erfolgt nur in den ersten 24 h. Als Restaurati-onsmaterial sind Kompomere deutlich eingeschränkter als Kom-posite; deshalb sind sie zur Anwendung bei permanenten Zähnen nicht geeignet. Als Beispiele sind hier Dyract eXtra (Fa. Dentsply DeTrey) und Twinky Star (Fa. VOCO) zu nennen.

OrmocerDer Name Ormocer stammt aus der vollständigen Beschreibung dieser Materialien: "orcanically modified ceramic". Die vom Fraunhofer-Institut entwickelten Ormocere sind für viele unter-schiedliche Anwendungen geeignet, wie z. B. mechanische Schutz-schichten, Antiha� -/Antistatik-/Antire� exschichten, Barriere-schichten usw. [8]. Die Matrix der Ormocere ist sowohl organisch als auch anorganisch. Als dritte Komponente enthalten Ormocere Polysiloxane. Die anorganische Komponente ist im organischen Polymer durch multifunktionelle Silanmoleküle gebunden. Die Methacrylatgruppen bilden nach der Polymerisation eine dreidi-mensionale Vernetzung, wodurch ungebundene Monomere nicht freigesetzt werden können.

Als E� ekt der Anwendung von Ormoceren in der Zahnheil-kunde erho� e man sich:→ verbesserte Eigenscha� en (niedrigere

Polymerisationsschrumpfung),→ besseren Randschluss und→ verbesserte Biokompatibilität (niedriger Monomergehalt).

Die Polymerisationsschrumpfung und andere Eigenscha� en (z. B. Mikrohärte) von Ormoceren sind allerdings ähnlich wie bei den Hybridkompositen. Dem stehen jedoch die geringere Freisetzung von Monomeren und damit ein niedrigeres toxisches Potenzial der Ormocere gegenüber. Zu den Ormoceren gehören Admira (Fa. VOCO) und Ceram X (Fa. Dentsply DeTrey).

SiloraneDiese Materialien stellen eine eigene Kategorie dar. Momentan ist Filtek™ Silorane (Fa. 3M ESPE) das einzige Produkt dieser Kate-gorie auf dem Markt. Kennzeichnend für dieses Material ist die modi� zierte Matrix mit den speziell dafür hergestellten ringö� -nenden Monomeren, die aus Siloxan und Oxiran hergestellt wer-den [9]. Im Vergleich zu den methacrylatbasierten Kompositen, in denen die Polymerisation durch Radikale initiiert wird, erfolgt die Polymerisationsreaktion in Siloranen durch Kationen. Das Fotoinitiatorsystem von Siloranen besteht aus drei Komponenten: Campherchinon, Jodoniumsalz und einem Elektronendonator [9]. Bei der Reaktion von Campherchinon mit dem Elektronen-donator wird durch einen Redoxprozess das Jodoniumsalz in ein saures Kation umgewandelt, das die Ringö� nung der Oxirane startet [9]. Hier � ndet eine kationische Polymerisation statt, die in einer Ringö� nung resultiert. Diese Ringö� nung ist der Grund für die geringe Polymerisationsschrumpfung (< 1 %) der Silorane im Vergleich zu der der methacrylatbasierten Komposite, die lineare Monomere enthalten. Da Filtek™ Silorane einen ähnlichen Füller-gehalt besitzt wie konventionelle Komposite, resultiert in diesem Fall die Reduktion der Polymerisationsschrumpfung auch in einer Reduktion der Polymerisationsschrumpfungskra� . Silorane wei-sen hydrophobe Eigenscha� en auf; deswegen zeigen Materialien mit Siloran eine niedrige Wasseraufnahme und Wasserlöslichkeit. Eine weitere Besonderheit ist die nichtmögliche Kombination mit methacrylatbasierten Materialien und deswegen die notwen-dige Anwendung eines Adhäsivsystems mit entsprechenden che-mischen Eigenscha� en. Obwohl Filtek™ Silorane vom Hersteller für Front- und Seitenzahnrestaurationen empfohlen wird, eignet es sich aufgrund der eingeschränkten Farbpalette eher für den Seitenzahnbereich.

"Bulk-fi ll"-MaterialienDie Bulk-� ll-Komposite stellen eine besondere Kategorie den-taler Materialien dar, die seit 2 bis 3 Jahren auf dem Markt sind. Diese Materialien erfreuen sich wachsender Beliebtheit, da sie im Vergleich zu den restlichen Kompositen leichter anzuwenden sind (keine Schichttechnik) und eine hohe Polymerisationstiefe (> 4 mm), kurze Polymerisationszeiten und eine gute Aushärtung mit niedrigerem Polymerisationsstress aufweisen. Sie werden als Restaurationsmaterialien für den Seitenzahnbereich empfohlen und eignen sich gut als Ersatz für Amalgam. Viele dieser Kom-posite gibt es nur in einer Farbe. Um eine ausreichende Polyme-risation in der Tiefe zu erreichen, sind sie meistens transluzenter als konventionelle Komposite. Die Bulk-� ll-Materialien werden nach ihrer Viskosität unterteilt [10]:→ niedrig: z. B. SDR (Fa. Dentsply DeTrey),→ hoch: z. B. Tetric EvoCeram Bulk Fill (Fa. Ivoclar Vivadent);

Sonic Fill (Fa. Kerr-KaVo); Quix� ll (Fa. Dentsply DeTrey).

Die Materialien mit niedriger Viskosität benötigen eine "Deckfül-lung" aus einem Universalkomposit, da sie einen reduzierten Füll-körperanteil mit relativ großen Füllkörpern besitzen und daher eine höhere Ober� ächenrauigkeit und hohe Abrasion aufweisen. Zwischen den auf dem Markt verfügbaren Materialien gibt es große Unterschiede bezüglich ihrer Füllerpartikel und deswegen unterschiedlichen Eigenscha� en.

Die hohen Erwartungen, die die Bulk-� ll-Materialien erfül-len müssen – z. B. akzeptable Polymerisationsschrumpfung und geringer Polymerisationsstress – lassen sich nur durch eine Ver- ▶

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änderung der Werksto� e erzielen [3][10]. Ein charakteristisches Beispiel einer solchen Modi� zierung ist das Material SDR (Fa. Dentsply DeTrey). Bei SDR wurde ein "Polymerisationsmodula-tor" zugefügt, um eine "So� -start"-Polymerisation zu erscha� en und den Schrumpfungsstress durch einen langsamen Anstieg des E-Moduls zu verringern. Damit wird eine Reduktion des Schrumpfungsstresses bei trotzdem � ießfähigem Material erreicht.

Materialien mit modifi zierten Monomeren→ Venus® Diamond: Dieses Material enthält ein spezielles

neues Molekül und zwar ein Urethanmonomer (TCD-Ure-than). Das E-Modul des Materials wird somit reduziert. In Kombination mit hohem Füllergehalt und -dichte resultiert eine Reduktion des Polymerisationsschrumpfungsstres-ses in fast gleichem Umfang wie bei Filtek™ Silorane. Die TCD-Urethan-Monomere haben ähnliche Eigenscha� en wie BisGMA.

→ Kalore (GC): Dieses Material enthält ein langkettiges Monomer, ein modi� ziertes Urethandimethacrylat DX511, bekannt als "DuPont"-Monomer. Die Anwen-dung eines langkettigen Monomers führt zu einer Reduk-tion der Schrumpfung und in Kombination mit dem Einsatz von Vorpolymerisaten zu einer Reduktion der Schrumpfungskra� .

Selbstadhäsive KompositeMomentan gibt es auf dem Markt zwei Materialien (Vertise™ Flow, Fusio™ Liquid Dentin). Diese stellen eine eigene Kategorie dar, da sie ohne zusätzliche Anwendung von Ätzgel und Ha� vermittler benutzt werden. Es sind "Flow"-Materialien mit Adhäsivmono-meren, d. h konventionelle Methacrylatsysteme mit sauren Phos-phatgruppen. Obwohl die einfache Anwendung vielversprechend klingt, sind diese Materialien nur für kleine Restaurationen oder als eine Art "Unterfüllung" bei pulpanahen Bereichen, in denen eine Ätzung nicht erwünscht ist, zu empfehlen.

Biodentine™Zwar kein klassisches Kompositmaterial, aber trotzdem erwäh-nenswert ist Biodentine™. Dabei handelt es sich um einen Zement, der das Dentin regenerieren und ersetzen soll. Das biokompatible,

bioaktive und antibakterielle Material soll eine vergleichbare Wir-kung wie "mineral trioxide aggregate" (MTA) haben und auch bei tiefen kariösen Defekten dafür sorgen, dass die Pulpa vital bleibt. Als Zement benötigt es keine aufwendige Verarbeitung. Genau wie bei allen neuen Materialien sind mehr wissenscha� liche Daten nötig, um klare Anwendungsempfehlungen zu formulieren.

Kompositmaterialien mit kariesprotektiver/antibakterieller WirkungDie herkömmlichen Komposite weisen im polymerisierten Zustand keine antibakteriellen Eigenscha� en auf. Eine antibak-terielle Aktivität in Kompositen kann durch Veränderung der Matrix oder der Füller erreicht werden [7].

Matrix→ Zusatz von löslichen antimikrobiellen Substanzen wie

Chlorhexidin. Für dieses Konzept ist nur eine kurze Wirk-samkeit bewiesen. Auch die mechanischen Eigenscha� en der Materialien werden durch Zusatz solcher Substanzen schlechter.

→ Immobilisation antibakterieller Komponenten wie "12-methacryloyloxydodecylpyridinium bromide" (MDPB). Bisher liegen hier keine Studien zur Wirksamkeit vor.

Füller→ Zusatz von Silberkomponenten. Daraus resultieren aller-

dings verschlechterte mechanische Eigenscha� en und Ästhetik.

→ Immobilisation der antibakteriellen Komponente in vor-polymerisierten Füllern wie das antibakterielle Monomer MDPB: Hier liegen gute Ergebnisse von In-vitro-Studien vor.

MaterialauswahlEs ist sehr schwierig, alle Materialien miteinander zu vergleichen bzw. eines als bestes zu empfehlen. Obwohl das Material selbst natürlich wichtigen Ein� uss auf die Qualität der Restauration hat, ist dies nicht der einzige entscheidende Faktor. Von ebensolcher Bedeutung sind eine produktgerechte Verarbeitungstechnik, aus-reichende Polymerisation und richtige Adhäsivauswahl.

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Stichtag 30.6.2014

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Bei der Auswahl des geeigneten Materials für eine bestimmte Anwendung sollte man sich zunächst folgende Fragen stellen:→ Mit welchem Material besteht viel Erfahrung?→ Wie gut ist das Material bekannt?→ Wie sind die Herstellerangaben? Werden diese bei der Verar-

beitung befolgt?→ Wurden bisher gute Ergebnisse damit erzielt?→ Welche Probleme gibt es mit dem Material?→ Welche Polymerisationslampe wird verwendet? Hier ist auf

die Kompatibilität des Kompositmaterials mit der Polymeri-sationslampe zu achten.

Wahl der richtigen KonsistenzObwohl es so scheint, dass die � ießfähigen Kompositmaterialien sehr häu� g verwendet werden, sprechen die Nachteile dieser Kom-posite für eine indikationsgerechte Anwendung. Gründe dafür sind der geringere Füllsto� gehalt, die größere Schrumpfung, die schlechteren mechanischen Eigenscha� en, die stärkere Wasser-aufnahme und die stärkere Monomerfreisetzung im Vergleich zu den konventionellen Universalkompositen. Deswegen ist die richtige Indikationsstellung für die Anwendung eines konven-tionellen � ießfähigen Materials wichtig. Bei kleinen Kavitäten, Rissen oder bei Lokalisationen, bei denen ein hochgefülltes Kom-posit schwer zu applizieren ist, können konventionelle � ießfähige Materialien indiziert sein. Hier sind aber auch die Verarbeitungs-technik jedes Materials, die Erfahrung des Zahnarztes und seine Vorlieben bezüglich der Konsistenz der Restaurationsmaterialien von Bedeutung. Die Entwicklung neuer Materialien mit niedriger Viskosität ohne hohe Schrumpfung wird die Entscheidung bezüg-lich der richtigen Konsistenz der Materialien einfacher machen, sodass die Kriterien mehr auf die Anwendungsbereiche (Kaube-lastung oder nicht) und die mechanischen Eigenscha� en konzen-triert werden können.

Das Gleiche gilt für den Vergleich von Materialien mit mitt-lerer und hoher Viskosität. Die Entscheidung soll auf Basis der Anwendungsindikation und der Erfahrung des Behandlers mit dem Material liegen.

Fazit für die Praxis→ Komposite sind heutzutage das Material der Wahl für immer

mehr Indikationsbereiche. Die Weiterentwicklung der Mate-rialien im Bereich der Matrix und Füllkörper hat zu wich-tigen Verbesserungen der Eigenscha� en geführt.

→ Die Überlebensrate der Kompositrestaurationen hängt nicht nur vom verwendeten Material ab, sondern auch vom Behandler und vom Patienten selbst, da die primären Grün-de für die Misserfolge (neben Debonding und postoperativer Sensibilität) Sekundärkaries und Frakturen bei funktioneller Belastung sind.

→ Die Materialauswahl ist von der gegebenen Indikation, dem Behandlungsziel, den Erwartungen des Patienten, der Zeit und den Kosten abhängig. Der wichtigste Parameter ist jedoch die richtige Verarbeitung durch den Behandler selbst. Eine Fortbildung auf dem Gebiet von neuen Materialien und Techniken ist deshalb empfehlenswert.

Interessenkon� iktO. Polydorou gibt an, dass kein Interessenkon� ikt besteht. Der Beitrag enthält keine Studien an Menschen oder Tieren.

LiteraturDas Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert wer-den: [email protected]

Korrespondierender AutorProf. Dr. Olga Polydorou // Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Department für Zahn-,Mund- und KieferheilkundeUniversitätsklinikum [email protected]

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CME-Helpdesk: [email protected] – Tel.: 0800 77 80 777

Das Fortbildungsangebot der Zeit-schri� der junge zahnarzt wird nach der junge zahnarzt wird nach der junge zahnarztden Leitsätzen der Bundeszahnärzte-kammer zur zahnärztlichen Fortbil-dung einschließlich der Punktebewer-tung von BZÄK/DGZMK erstellt.

Pro Fortbildungseinheit können 2 Fortbildungspunkte erworben werden.

CME-FragebogenKostenfreie Teilnahme für Abonnenten auf springerzahnmedizin.de

Achtung: Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. Es ist immer nur eine Antwort richtig.

Die Reduktion der Polymerisations-schrumpfungskraft stellt eines der primären Ziele bei der Entwicklung neuer Kompositmaterialien dar. Welcher Parameter hat am ehesten einen entscheidenden Einfluss auf den Polymerisationsschrumpfungsstress?☐Der Fluoridgehalt des Materials☐Die Art des Fotoinitiatorsystems☐Das Elastizitätsmodul des Materials☐Die Menge der Restmonomere☐Die Beschichtung der Nanopartikel

Welche Kategorie von Komposit -materialien zeigt durch einen niedrigen Monomergehalt eine verbesserte Biokompatibilität?☐Fließfähige Komposite☐Kompomere☐Ormocere☐Selbstadhäsive Komposite☐Nanokomposite

Welche Komponente bzw. Eigenschaft ist am ehesten für die geringe Polymerisationsschrumpfung von Siloranen zuständig?☐TEGDMA☐TCD-Urethan-Monomer☐Ringöffnende Monomere☐Niedriges E-Modul☐Nanopartikel

Was sind die Bulk-fill-Materialien?☐Komposite mit ringöffnenden Monomeren☐Komposite mit säuremodifizierten Mono-

meren☐Komposite für ästhetische Restaurationen☐Komposite mit hoher Polymerisationstiefe☐Komposite mit hohem Monomerenanteil

Welches der folgenden Materialien besitzt als Nanokomposit verbesserte optische Eigenschaften und ist somit für ästhe-tische Frontzahnrestaurationen am ehesten geeignet?☐Vertise Flow☐Biodentine™☐Filtek™Supreme XTE☐SDR☐Dyract extra

Was stellt am ehesten ein Problem der konventionellen Komposite mit Matrix auf reiner Methacrylat-Basis dar?☐Polierbarkeit☐Polymerisationsschrumpfung☐Abrasionsstabilität☐Wasseraufnahme☐Farbstabilität

Wodurch werden Kompositeigenschaften wie Polierbarkeit und Abrasionsfestigkeit am ehesten maßgeblich beeinflusst?☐Antibakterielle Zusätze☐Anteile der Komonomere☐BisGMA/UDMA-Verhältnis☐Anorganische Füllpartikel☐Anteil von organischer Matrix

Welcher Größenbereich von Materialien und Strukturen wird durch die Nanotech-nologie abgedeckt?☐0,001 – 0,01 nm☐0,1 – 100 mm☐0,1 – 100 μm☐0,1 – 100 nm☐100 – 1000 nm

Fließfähige Komposite werden gerne und häufig angewendet. Welcher Parameter ist im Vergleich zu konventio-nellen Universalkompositen am ehesten ein Vorteil der fließfähigen Materialien?☐geringerer Füllstoffgehalt☐erhöhte Monomerfreisetzung☐größere Polymerisationsschrumpfung☐erhöhte Wasseraufnahme☐Anwendungsmöglichkeit bei kleinsten Ka-

vitäten bzw. Rissen

Welcher Parameter ist bei der Auswahl des Komposites beim Einsatz im zahn-ärztlichen Bereich am wichtigsten?☐ Indikationsstellung☐Behandlungsziel☐Erwartungen des Patienten☐Zeit und Kosten☐korrekte Verarbeitung durch den Behandler