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urban density URBANES QUARTIER architektur b.a. / modul 15p - städtebauliches entwerfen / sommer 2017

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urban density

URBANES QUARTIERarchitektur b.a. / modul 15p - städtebauliches entwerfen / sommer 2017

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Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung, Prof. Sophie Wolfrum

URBANES QUARTIERArchitektur B.A., Modul 15P - städtebauliches Entwerfen

Konzeption und Organisation:Christian Zöhrer ([email protected])

Entwurfsbetreuung:Christian Zöhrer, Luise Leon Elbern, Norbert Kling, Thomas Hess, Europa Frohwein

Sommer 2017 // Programm

Inhalt

urban density - urbane Dichte

Plädoyer für Erlebnisdichte in Städten (Text: Sophie Wolfrum)

Urbanes Quartier(Thema)

Urbanes Quartier an der Dachauerstraße(Aufgabe)

Produzieren und Wohnen +(Programmbausteine)

Exkurs: Dichte und Mischung Übungen 1 - 2

Leistung / Termine / Organisation

Literatur

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URBAN DENSITY - URBANE DICHTE

Die Gebrauchspraxis der ‚Dichte‘ besteht aus einem komplexen In- und Nebenei-nander der quantifizierenden und qualifizierenden Anwendungen des Begriffs.“

Roskamm, Nikolai: Dichte. Eine transdiziplinäre Dekonstruktion

„Immer dann, wenn über Stadt und Raum gesprochen wird, spielt der Begriff der ‚Dichte‘ eine zentrale Rolle. (...)

„Urbanität durch Dichte“? - Die Großwohnsiedlungen der Nachkriegsdekaden am Stadtrand, hier Neuperlach.

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Urbane Dichte / Plädoyer für Erlebnisdichte in Städten (Sophie Wolfrum)

Zurück in die Stadt! Ist das ein Trend, auf den man sich verlassen kann? Wird die dichte kompakte Stadt wieder geschätzt von den Trendsettern angesagter Lebens-stile? Hat die Europäische Stadt, deren hervorstechende Eigenschaften Dichte, Mi-schung, Vielfalt (Hassenpflug 2002) sein sollen, plötzlich wieder eine Zukunft und nicht nur eine Vergangenheit? Was verstehen wir in diesem Zusammenhang unter Dichte?

In den späten 60er Jahren haben die Stadtplaner und Architekten gehofft, Urba-nität durch Dichte erzeugen zu können. Dies hat sich bald als eine Illusion einer städtebaulichen Epoche entpuppt. In den Innenstädten kehrte die totale Öde nach Geschäftsschluss ein, in den Wohnsiedlungen gingen sich die Nachbarn auf die Ner-ven und die Jugend langweilte sich. Heute fragt sich das Feuilleton anlässlich der Jugendunruhen in Frankreich im Herbst 2005, ob nicht der Städtebau der ‚Traban-tenstädte’ seinen Beitrag zum sozialen Unglück leistet. Toulouse Le Mirail (Archi-tekten Candilis Josic Woods) zum Beispiel war eines der hoch gelobten Projekte seiner Zeit und im Herbst 2005 in allen Zeitungen. Aus den Projekten und fehlge-schlagenen Leitbildern dieser Zeit haben wir gelernt: Durch rein quantitative bauliche Dichte erzeugen wir keine Urbanität und kein städtische Vielfalt. Um Urbanität geht es jedoch, nicht um abstrakte hohe Geschossflächenzahlen. Unser Anliegen ist eine Dichte von Ereignissen. Die ist natürlich nicht von physischer Dichte zu trennen. Aber uns interessiert die Fülle der Ereignisse, Erfahrung und Erlebnisse, die in ih-rer Heterogenität, Intensität oder Beiläufigkeit das Gefühl aufkommen lassen, man lebe dort, wo das Leben brummt, wo Kultur passiert, wo Gesellschaft spürbar ist. Eine Großstadt schläft nie. An diesem Gefühl wollen wir teilhaben. Es geht uns um Vielfalt und Erlebnisreichtum, um Reibung im positiven Sinn, möglichst unter Ver-meidung von Störungen durch Nachbarn oder Nutzungen von Dritten, die wir als Serviceleistungen gerne in Anspruch nehmen würden. Eine aktuelle und zugleich klassische Definition dieser urbanen Spannung durch den Soziologen Hartmut Hä-ussermann: „Die Großstadt ist eigentlich eine Zumutung für das Individuum. Das physische enge Zusammenleben ist nur durch soziale Distanz erträglich. Gerade diese Distanz ermöglicht die persönliche Freiheit. Die Großstadt fördert Exzentrik und Innovation; durch den Wettbewerb auf engem Raum entsteht ökonomische und kulturelle Vielfalt.“ Das ist keine neue Erkenntnis, die Stadtsoziologie begann da-mit, sie geht zurück auf Simmel 1903: „Das reservierte, ja blasierte Miteinander der Städter ist eine Entlastungsschicht, die das Gewühl der einen großen Welt erträglich macht. Die Großstadt als Maschine bewältigte den großen Globalisierungsschub der Industrialisierung. Im Ausgleich müssen Entlastungsmechanismen geschaffen wer-den, die den Menschen die Zumutung der neuen Nähe ertragen lässt.“ Das Problem im Städtebau besteht darin, zwei sehr unterschiedliche Ansprüche an Stadt unter einen Hut zu bekommen. Stadt oszillierte schon immer zwischen den beiden Polen Freiheit und Heimat. Stadt ist Toleranzmaschine und die große Ernährerin zugleich. Auf der einen Seite muss man sich zu Hause geborgen fühlen, sich seiner Nachbarschaft als Erweiterung der eigenen Immunitätsblase (Sloterdijk 2004)

sicher sein. Auf der anderen Seite ist es Bedingung von Freiheit, dass man sich in der Öffentlichkeit begegnen kann und begegnen muss. Damit Stadt nicht ein großes Dorf sondern tatsächlich Stadt ist, braucht sie offene Räume und öffentliche Räume, die es möglich machen, dem Fremden zu begegnen. Räume, in denen man das Spiel der Stadt spielen kann. Dichte ist als bau-liche Dichte nur eine der Voraussetzungen von Urbanität, in gewissem Maße notwendig, aber nicht hinreichend. Natürlich: dort, wo keine Menschen sind, kann man auch keinem Fremden begegnen, ergeben sich keine Inszenie-rungsprobleme (Sennett 1986), muss man keine höfliche Distanz trainieren, erlebt man keine Überraschungen. Sicher gibt es so etwas wie eine kritische Masse in diesem Zusammenhang. Die Trends der letzten Jahrzehnte, die die Menschen aus den Städten getrieben haben, haben allein schon die quantitative Substanz in Frage gestellt. Wenn heute die Stadt München im Jahr 3500 Wohnungen bauen muss, allein um den Wohnflächenzuwachs pro Einwohner und die wachsende Zahl kleiner Haushalte auszugleichen, dann bringt uns dieser Dichtezuwachs keinen Deut mehr an Urbanität. Er hält notfalls den Status quo.

Ideal ‚Europäische Stadt‘? - Gleichzeitigkeit und Überlagerung als Qualitäten urbaner Räume.

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Um aber Ereignisdichte zu erzeugen, brauchen wir Ereignisse unterschiedlichster Struktur in der Überlagerung an einem Ort. Das fängt mit einer funktionalen Dichte an: Man muss wieder in der Innenstadt wohnen können. In die Stadtquartiere muss sich ein Fremder nicht nur einmal verirren. Wir reden seit Jahren über Mischung und Überlagerung von Strukturen. Aber wir bekommen es in den seltensten Fällen hin. Die Erdgeschosse sind in der Stadt einfach minderwertige Lagen für Wohnungen, jedenfalls in dieser Sorte Wohnungsbau, die unsere Bauträger auf den Markt brin-gen. Es ist aber kaum möglich, Häuser zu bauen, die unten Arbeitsplätze haben und oben Wohnungen. Wir können heute nicht mehr an jeder Ecke einen kleinen Laden haben, dem stehen die Strukturen des Einzelhandels völlig entgegen. Die Anwoh-ner wehren sich sogar gegen Spielplätze, weil ihr Ruhebedürfnis schon Kinderlärm als Last empfindet. Wir Fachleute glauben, den Städtebau der Moderne, der auf Funktionstrennung beruhte, überwunden zu haben. Gleichzeitig transportieren die Bauordnungen diesen Geist weiterhin, und die Prozessfreude der störungsempfind-lichen Bewohner führt zu einer über den Wortlaut hinausführenden Auslegungspra-xis. Dichte des Andersartigen und eine Dichte unterschiedlicher Welten, die Stadt ausmacht, sind eine Aufgabe und Ziel städtebaulicher Praxis, um die wir uns heute bemühen müssen. Vor diesem Hintergrund und über die juristischen und betriebs-wirtschaftlichen Restriktionen hinaus fragen wir uns, was Architektur zu leisten in der Lage ist, was eine der inhärenten Begabungen von Architektur ist, die hier zum Tragen kommen kann.„Architektur ist die Kunst, Räume zu artikulieren.“ (Eco 1972) Raum ist nicht etwas dem Menschen Äußerliches, sondern eine auf ihn bezogenes (zentriertes) Medium. Zugleich erzeugt die Gesamtheit der Menschen als Gesellschaft Raum / Räume als soziales Produkt. Architektur kann diese Räume, die sich so oder so als Abdrücke gesellschaftlichen Handelns herausbilden, artikulieren. Architektur als Kulturtechnik verfügt darüber hinaus über ein Repertoire von innerarchitektonischem Material und Strukturen. Erst in einem kulturellen Ereignis allerdings entfaltet sie sich, wird wahr-genommen und erlebt. Dies kann man als einen performativen Akt bezeichnen. Erst dann zeigt sich das Vermögen einer Architektur, Vielfalt und Gleichzeitigkeiten zu bergen. In diesem Zusammenhang stehen die Prozesshaftigkeit der räumlichen Er-fahrung und die Ereignisstruktur von räumlichen Zusammenhängen im Vordergrund. Szenischer Raum, so nennt es Baudrillard, ist ein entscheidender Aspekt entfalteter Architektur. „Szenischer Raum, ohne den Gebäude nur Konstruktion wären und die Stadt nur eine Agglomeration“ (Baudrillard 1999). In anderen Kontexten nennt man dies den performativen Aspekt von Architektur. Unser Handeln und unsere Bewegung im Raum sind unabdingbar in die architekto-nische Wirklichkeit eingeschlossen. Das ist keine neue Erfindung, sondern diese Ein-schätzung wurde in der Architekturtheorie von August Schmarsow, Dagobert Frey, Rudolf Schwarz, Hans van der Laan bis zu Kenneth Frampton immer wieder betont. In der Architektur sind wir „Mitspieler“, während wir in den Bildkünsten „Zuschauer“ bleiben. (Frey 1926) Neuerdings hat Peter Sloterdijk den Gedanken in seiner Sphä-rentrilogie aufgegriffen und dafür den Ausdruck „Immersion“ verwendet (Sloterdijk 2004, S. 523ff). Wenn man auf diese performativen bzw. szenischen Aspekt von Ar-chitektur fokusiert, könnte der unter Architekten und Urbanisten zum Teil heftig ge-

führte Streit über einen scheinbaren Gegensatz von Ort und Ereignis gegenstandslos sein. Dieser kleine Text ist also ein Plädoyer dafür, Ereignisdichte nicht als Aufforde-rung an eine avancierte Eventkultur zu begreifen, sondern eine Architektur der Stadt zu betreiben, die die performativen Zielsetzungen mit ihren eigenen Mitteln betreibt. Nicht als aufgesetzte szenographische Bespielung, wie ein Guß auf der Torte, son-dern im Vertrauen auf eine der Architektur inhärenten Begabung, die sie anderen kommunikativen Medien der Gesellschaft voraus hat.

Literatur

- Baudrillard, Jean: Architektur: Wahrheit oder Radikalität. Graz-Wien 1999.- Eco, Umberto: Einführung in die Semiotik. München 1972.- Frey, Dagobert: Wesensbestimmung der Architektur (1926). In: Kunstwissenschaftliche Grundfragen – Prolegomena zu einer Kunstphilosophie. Baden bei Wien1946, Nachdruck Darmstadt 1992, S. 93 ff.- Hassenpflug, Dieter (Hg.): Die Europäische Stadt. Mythos und Wirklichkeit. Münster 2002.- Häussermann, Hartmut: Vortrag. Symposium der Stiftung Avenir Suisse und der ETH Zürich. Zürich 2004.- Sennett, Richard: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. FFM 1986.- Simmel, Georg: Die Großstädte und das Geistesleben. 1903 In: Brücke und Tür. 1957.- Sloterdijk, Peter: Sphären 3 Schäume. Frankfurt am Main 2004.

URBANES QUARTIER // THEMA

„Die Stadt ist der Ort, wo divergierende Interessen aufein-andertreffen, wo Konflikte bewußt ausgetragen werden. Die urbane Stadt ist Bühne und Gegenstand gesellschaftlicher

Konflikte und politischer Auseinandersetzungen.“ (Walter Siebel - Was macht eine Stadt urban? 1994)

Wohnen und Produzieren im Quartier. Sulzer Areal Wintherthur (Foto: vetschpartner Landschaftsarchitekten)

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Urbanes QuartierWird von einer „urbanen“ Situation oder einem „urbanen“ Stadtviertel gesprochen, haben wir sofort konkrete Bilder, Situationen oder Atmosphären vor Augen die wir aus eigener Erfahrung kennen. Dabei handelt es sich in der Regel um lebendige, vielfältige, pulsierende Orte in der Stadt mit einer hohen Dichte an verschiedenen Bewohnern, Räumen, Atmosphären und Ereignissen. In der Neugestaltung von Stadträumen ist diese Mischung von Nutzungen, Bewohnern und Aktivitäten aus planungsrechtlichen Gründen bisher nur schwer zu ermöglichen. Eine Adaption an vorgefundene städtische Situationen sowie differenzierte Anforderungen ist bislang kaum möglich, da Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Verkehr noch immer Sinne einer funkti-onalistischen Vorstellung von Stadt getrennt voneinander geplant werden. Aufgrund aktueller gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen kommt gegenwärtig eine neue Dynamik in die Diskussion der durchmischten Stadt. Der enorme Mangel an Wohnraum und der hohe Entwicklungsdruck in stark wachsenden Städten machen den Paradigmenwechsel, der in der theoretischen Auseinandersetzung mit der Stadt längst vollzogenen ist nun auch in der Praxis notwendig. Das „Urbane Gebiet“, das gegenwärtig als neue planungsrechtliche Kategorie umgesetzt wird, soll die Grund-lage für eine Entwicklung von Stadtquartieren mit hoher Dichte, stark durchmischter Nutzung und kurzen Wegen bilden. Die große Herausforderung in Hinblick auf die-sen neuen Quartierstypus ist die Gestaltung von Mischungen, Überlagerungen und Durchlässigkeiten als komplexe stadträumliche Einheiten. Der Entwurfskurs nimmt dies als Ausgangspunkt um in München auf einen innerstädtischen Entwicklungs-perimeter ein „Urbanes Quartier“ zu entwerfen. In der gestalterischen Auseinander-setzung mit dem Thema werden dabei die Beziehungen zwischen Innen und Außen, Körper und Raum, privat und öffentlich in den unterschiedlichen Maßstäben Haus, Block, Quartier untersucht. Städtebau wird dabei ausdrücklich als eine architekto-nische Aufgabenstellung betrachtet.

Produzieren und Wohnen an der DachauerstraßeDas „Urbane Quartier“ wird nördlich der Dachauerstraße und östlich der Landshuter Allee (Mittlerer Ring) auf dem bestehenden Verwaltungsgelände der Bundeswehr entwickelt. Hier befinden sich gegenwärtig Verwaltungs- und Lagergebäude in lo-ckerer Bebauung mit einer starken Durchgrünung und künstlicher Geländemodellie-rung. Das Areal befindet sich am südlichen Rand des ehemaligen Oberwiesenfeld das zur Jahrhundertwende als Flugplatz genutzt und später als Veranstaltungsort der XX. Olympischen Sommerspiele 1972 genutzt wurde. Der Olympiapark ist aktu-ell als Freizeit- und Naherholungsfläche sehr beliebt und hat mit seinen Sport- und Veranstaltungseinrichtungen eine durchgehend hohe Zahl von Besuchern. Für die Olympischen Winterspiele 2018 sollte das Areal von der Bundeswehr frei gegeben werden um für die Dauer der Spiele das Olympische Dorf zu beherbergen und im Anschluss als Wohnquartier nachgenutzt zu werden. Die Pläne zur Umnutzung des Areals liegen seit dem Scheitern der Olympiabewerbung auf Eis. Die Nutzung durch die Bundeswehr besteht aus diesem Grund nach wie vor und bietet für seine in-nerstädtische Lage und die gute Erschließung deutlich zu wenig Programm und Flächen. Die angrenzenden Quartiere am Goethe-Institut, Heideck, Gern oder die

nahegelegene Borstei bilden einen gut funktionierenden Kontext für ein neues „Ur-banes Quartier“ an der Dachauerstr. mit einer hohen baulichen und atmosphärischen Dichte. Das Programm weist einen hohen Anteil an Wohnnutzung auf, neben einem Quartiersplatz und öffentlichen Einrichtungen wird auch Produzierendes Gewerbe im Quartier ermöglicht. Die bauliche Dichte des Quartiers sollte eine Geschossflä-chenzahl (GFZ) von 2.0 nicht unterschreiten und die atmosphärische Dichte wird an-hand des Entwurfskonzepts samt Durcharbeitung eines Vertiefungsbereichs sowie mit Hilfe von räumlichen Darstellungen und Visualisierungen entwickelt und über-prüft. Der Erhalt bestehender Gebäude sowie des hochwertigen Baumbestands auf dem Entwurfsgebiet wird begrüßt, ist aber nicht explizit gefordert. Die konzeptionelle Entwicklung und Mischung der Programmbausteine ist auf unterschiedlichen Maß-stäben zu entwickeln, zu entwerfen und ebenso kritisch zu prüfen. Dabei werden un-terschiedliche stadträumliche Strukturen, Bautiefen, Gebäude- und Erschließungs-typologien überprüft und zu einem ausdrucksstarken architektonisch entworfenen Stadtraum entwickelt.

URBANES QUARTIER AN DER DACHAUERSTR // AUFGABE

Installation von Erich Reusch am Zugang Dachauerstr./Landshuter Allee (Foto: Christian Zöhrer)

Verkehrsknoten Dachauerstr./Mittlerer Ring (Foto: Christian Zöhrer)

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Entlang der DachauerstraßeDas Entwurfsgebiet befindet sich östlich der Dachauerstraße, innerhalb des Mittleren Rings und grenzt direkt an den Olympiapark. Durch die Lage an diesem wichtigen innerstädtischen Verkehrsknoten ist es für den motorisierten Individualverkehr (MIV) hervorragend angeschlossen und mit den Haltestellen Goethe-Institut und Olympi-apark West der Tramlinien 20/21 und der Buslinie 144 im öffentlichen Nahverkehr ebenfalls sehr gut angeschlossen. Die Dachauerstraße ist eine der wichtigen großen Ausfallstrassen Münchens, welche die Innenstadt mit dem äußeren Autobahnring verbindet. Vom Hauptbahnhof ausgehend führt sie von innerstädtischen Strukturen bis zur Lothstraße, über den Leonrodplatz, der mit dem Justizzentrum und dem Kreativquartier ebenfalls eine höhere Dichte erhält, über den Mittleren Ring und das immer noch sehr dörflich geprägte Moosach bis zum äußeren nördlichen Autobahn-ring. In Theodor Fischers Staffelbauplan von 1904 wurde die Dachauerstrasse bis auf Höhe Westfriedhof auf ihrer westlichen Straßenseite bereits baulich gefasst und die dahinterliegenden Quartiere mit einer hohen Dichte entwickelt. Der Grund für die einseitige Planung an der Dachauerstraße war die Nutzung des östlichen Bereichs von der Lothstraße bis zur Landshuter Allee als Artillerieübungsplatz, Exerzierplatz und Kasernengelände durch die Bayerische Armee. Auf dem Entwurfsgebiet befand sich aufgrund der guten Anbindung an die damalige Eisenbahnstrecke München-Landshut seit 1872/73 das Eisenbahn-Batallion, das 1919 wieder aufgelöst wurde. Ab 1909 wird der nördliche Teil des Oberwiesenfelds als Flugplatz verwendet. Nach

dem Ausbau des Flugplatzes im Jahr 1927 wurde das Areal entlang des Nymphen-burg-Biedersteiner Kanals aufgeteilt in Flughafen mit Start- und Landebahnen im Norden und weiterhin als Exerzierplatz für Truppen im Süden. 1931 wurde das Ober-wiesenfeld zum ersten vollwertigen Passagierflughafen Münchens. Im westlich der Dachauerstrasse gelegene Viertel Ebenau entstand vor dem ersten Weltkrieg bereits ein frühes Beispiel für gemeinnützigen Wohnungsbau in München. Die Wohnanlage an der Heideck- und Trivastrasse ist heute noch erhalten. Nördlich des Entwurfsareal findet sich ebenfalls ein bedeutendes Beispiel für Münchner Wohnungsbau mit der Borstei, die 1924-29 vom Bauunternehmer Bernhard Borst errichtet wurde. Nach dem schnellen Fortschreiten des Stadtwachstums entlang der Dachauerstrasse bis in die 1930er Jahre erfolgt die nächste grundlegende Umgestaltung im Zuge der Vor-bereitung auf die XX. Olympischen Sommerspiele in München. Das Oberwiesenfeld, das nach den Zerstörungen während des 2. Weltkriegs als Abladeplatz für Trüm-merschutt benutzt wurde, markiert durch die neue Gestaltung des Areals durch den Landschaftsarchitekten Günther Grzimek als offene, bewegte Landschaft in welche die Stadionbauten spielerisch eingefügt wurden symbolhaft das Ende des Wieder-aufbaus und den Neuanfang unter demokratischen Vorzeichen. Die Stadionbauten von Günther Behnisch, Fritz Auer und die Überdachungen von Frei Otto sind heraus-ragende architektonische Beispiele für diesen Aufbruch die das gesamte Stadtgebiet bis heute prägen. Der Olympiapark ist bis heute eine überaus beliebte Freizeitfläche, die Sport-, Kultur- und Freizeitveranstaltungen bietet und eine Naherholungsfläche über die Quartiersgrenzen hinaus. Das Quartier am Goethe-Institut wurde bis Mitte

LUFTBILD ENTWURFSGEBIET

Blick über das Tollwoodgelände (Foto: Christian Zöhrer)

Verwaltungsgebäude des Bundeswehrdienstleistungszentrum (Foto: Christian Zöhrer)

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der 1990er Jahre fertig gestellt und steht mit seinen Wohnungsbauten und einer Schule bislang isoliert im städtischen Kontext. Mit der Neuerrichtung des Justizzen-trums am Leonrodplatz bis voraussichtlich 2022 und der Transformation des Areals südlich der Leonrodstrasse erfährt der Stadtbaustein in den nächsten Jahren eine verbesserte Anbindung an den bestehenden städtischen Kontext. Das Entwurfsareal nördlich der Hedwig-Dransfeld-Allee bildet allerdings für diese innerstädtische Lage einen fehlenden Baustein um die angrenzenden Quartiere an der Dachauerstrasse stadträumlich zu fassen und miteinander in Beziehung zu setzen.

Quartierskontext UmgebungDas Entwurfsareal weist neben einem alten, sehr schönen Baumbestand an al-len vier angrenzenden Seiten sehr unterschiedliche Anschluss-Situationen auf mit denen sich der Entwurf spezifisch auseinandersetzen muss. Die stark befahrene Dachauerstraße im Südwesten und der Mittlere Ring im Westen stellen mit ihren 6-8 Spuren und täglich 35.000 bzw. 117.000 Fahrzeugen neben einer starken räum-lichen Trennung eine erhebliche Lärmquelle dar. Das südlich angrenzende Quartier an der Heideckstrasse hat eine hohe bauliche Dichte und weist mit öffentlichen Erd-geschossnutzungen einen durchaus „urbanen Charakter“ auf. Das Wohnquartier Gern, das westlich des Mittleren Rings angrenzt, ist vorwiegend durch Wohnnutzung geprägt und weist aber mit dem Dantebad, Sportplätzen und Biergärten vor allem im Sommer einen hohen Freizeitwert auf. Der Nymphenburg-Biedersteiner Kanal, der das Schloss Nymphenburg mit der Georgenschwaige verbindet ist, eine direkte

Fahrrad- und Fußgängerverbindung zum Olympiapark und Entwurfsareal ohne dass man eine der stark befahrenen Straßen zu kreuzen muss. Der Kanal stellt gleichzeitig eine der übergeordneten Grünzug und eine Frischluftschneise der Stadt dar. Das ehemalige Radstadion wurde 2016 angerissen und wird aktuell als neuer Standort als kombinierte Nutzung durch eine Eishockey- und Basketballstadion diskutiert. Im Olympiastadion und in der Olympiahalle sind regelmäßig große Konzert- und Event-veranstaltungen mit hoher Besucherzahl. Auf der großen Freifläche nordöstlich des Entwurfsareal findet von Juni bis Juli das Tollwood-Sommerfestival statt, das die of-fene Fläche mit ca. 900.000 Besuchern für mehrere Wochen zu einem pulsierenden Veranstaltungsort werden lässt. Das ehemalige Planungsbüro zur Erstellung der Olympiabauten besteht noch und wird heute von einer Montessori-Einrichtung als Kindergarten und Schule genutzt. Unter der daran angrenzenden Freifläche befin-det sich eines der größten Münchner Regenwasser-Rückhaltebecken als spektaku-läre unterirdische Betonsäulenkonstruktion. Und im Herzen des Tollwood-Gelände steht die Ost-westliche Friedenskirche des russich-orthodoxen Eremiten Väter-chen Timofeij der sich nach dem 2.Weltkrieg auf dem Oberwiesenfeld niederließ und sein Haus und eine kleine Kirche aus den Trümmen des Schuttberges erbaute. Das Wohnhaus und die Kirche sind inzwischen zum Gedenkort geworden und für Besucher frei zugänglich. Die Fussballplätze vom FC Teutonia östlich des Areals sind Bereiche an denen Vereinssport und Breitensport betrieben wird und durchaus wichtiger Identifikationspunkt für die angrenzenden Areale. Das Wohnquartier süd-

Wohnblöcke an der Dachauerstraße auf Höhe Heideckstr. (Foto: Christian Zöhrer)

Nymphenburg-Biedersteiner Kanal am Willi-Gebhard Ufer (Foto: Christian Zöhrer)

Bestehende Lagergebäude an der Landshuter Allee (Foto: Christian Zöhrer)

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lich der Hedwig-Dransfeld Allee beherbergt das Goethe Institut sowie einen Schul-standort und ist ein Quartier das bis auf ein paar wenige Gewerbeflächen an der Trambahnhaltestelle wenig öffentliches Leben in den Erdgeschossen und auf der Strasse erkennen lässt. Das Entwurfsgelände wird gegenwärtig hauptsächlich durch die Bundeswehr genutzt. Dort befindet sich gegenwärtig das Bundeswehrdienstlei-stungszentrum mit Verwaltungs- und Lagerflächen und dem Kreiswehrersatzamt. An der Hedwig-Dransfeld Allee befinden sich Gebäude des ehemaligen Eisenbahn-Bataillion-Regiments die unter Denkmalschutz stehen und das unter anderem das Truppendienstgericht Süd und ein Studentenwohnheim beherbergen.

Aktuelle EntwicklungenIm Rahmen der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 hatte die Lan-deshauptstadt München einen Erwerb der Flächen mit dem Zweck das Olympische Dorf zur Unterbringung der Sportler sowie das Mediendorf auf dem Areal während der Spiele unterzubringen und für die Zeit danach die Transformation zu einem Wohnquartier mit Kerngebietstypischen Nutzungen wie Büro-, Gewerbe- und Ein-zelhandelsflächen vorzusehen. Seit dem Zuschlag für Pyeongchang in Südkorea für die Winterolympiade 2018 sind diese Pläne fallen gelassen worden. Auch wenn die bestehenden Bauten eine ihrer Zeit verhaftete hohe Qualität aufweisen und sich sensibel in die Landschaft und den Baumbestand einfügen ist dennoch nur eine Frage der Zeit, wann dieses spannende innerstädtische Flächenpotential der Stadt zur Verfügung gestellt und in ein neues Stadtquartier transformiert

URBANES QUARTIER - 4.SEMESTER BA 2017 - SCHWARZPLAN 1:5.000

SCHWARZPLAN ENTWURFSGEBIET

PRODUZIEREN UND WOHNEN + // PROGRAMMBAUSTEINE

Urbanität durch DifferenzDie maßgebliche Aufgabe für Architekten und Stadtplaner im Umgang mit der neu-en BauNVO Kategorie „Urbanes Gebiet“ ist die inhaltliche und programmatische Differenz von Nutzungen und Stadtbürger räumlich grundlegend anders zu denken und neu zu bewerten. Differenz wird dabei nicht als etwas Problematisches gese-hen, das im Zuge der räumlichen Planung verhindert, homogenisiert oder zumindest geordnet werden muss. Differenz stellt vielmehr die vorherrschende Disposition in-nerhalb des Städtischen dar, mit der man sich auseinandersetzen muss sobald man im städtischen Raum agiert. Es geht nicht darum die möglichen Konflikte zwischen Programmen und Nutzern von vornherein auszuschließen indem man sie räumlich voneinander trennt, sondern darum diese Konflikte im Planungsprozess individuell auszuhandeln um so Konflikte zu minimieren und dennoch die räumliche Überla-gerung verschiedener Nutzungen und Akteure zu schaffen. Wohnen und Arbeiten werden dadurch in unmittelbar räumlicher Nähe verstärkt möglich und vorhandenen Nutzungen können einfacher in die Planung integriert werden. Diese räumliche Aus-handlung von Konflikten stellt einen direkten Bestandteil der städtebaulichen Pla-nungs- und Entwurfsarbeit auf unserem Areal dar. Die Gestaltung von räumlich dicht angrenzender und sich überlagernder Nutzungen mit unterschiedlichen Anforderun-gen stellt eine Herausforderung dar, die im Umgang mit verschiedenen Stadträum-lichen Strukturen und Gebäudetypologien zu lösen ist. Großmaßstäbliche Baukörper wie eine Produktionshalle sind dabei mit kleinteiligen Strukturen des Wohnungsbaus gemeinsam im Zusammenhang zu entwerfen. Die Frage nach der Ermöglichung von Synergien gemeinsamer Nutzungen ist dabei ebenso wichtig wie das Erken-nen und Vermeiden von Nutzungskonflikten. Der Anspruch dieses Entwurfs ist es sich die Differenz der Nutzungen und der Nutzer zur Aufgabe zu machen und in ein starkes Stadträumliches Konzept zu übersetzen. Teil der Aufgabe ist es die Anord-nung der angegebenen Programmbausteine architektonisch zu entwerfen und sie so in eine sinnvolle Beziehung zueinander zu stellen. Dies sollte die konzeptionelle Dimension Eures Entwurfs verstärken d.h. Eure Idee für das Quartier unterstützen und nicht ausschließlich Funktionen erfüllen. Ob die Produktiven und öffentlichen Programmbausteine und die angegebenen Flächen durch Clusterung gebündelt an einem Bereich anordnet oder aufgeteilt und dezentral über das Quartier verteilt wer-den, ist von Euch im Rahmen der Entwurfsarbeit zu untersuchen und konzeptionell-entwerferisch zu klären. Beide Ansätze sind prinzipiell vorstellbar. In der Bewertung wird der Ansatz anhand der Schlüssigkeit des Eigenen Konzepts und der Qualität des Entwurfs beurteilt.Auf dem ca. 27 ha großen innerstädtischen Entwurfsgebiet ist ein neues Urbanes Stadtquartier für ca. 5.000 Bewohner und ca. 1.000 Beschäftigte mit einer hohen baulichen Dichte zu entwickeln und in den städtebaulichen Kontext einzufügen. Eine Grundflächenzahl von 2,0 (GFZ) sollte dabei nicht unterschritten werden. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude an der Hedwig-Dransfeld Allee ebenso wie die ehemalige Bundeswehr Kantine sind zu erhalten und entsprechend umzunutzen. Die restlichen Bestandsgebäude auf dem Entwurfsareal stehen zur Disposition und kön-nen bei sinnvoller Nachnutzung aber auch weiter verwendet werden. Die genannten Flächenangaben sind Bruttogeschossflächen (BGF). In den Flächen sind die jeweils

notwendigen Nebenflächen bereits enthalten und dienen als Orientierungswerte. Die genauen Flächenanteile sind im Laufe des Entwurfs zu entwickeln und können kon-zeptbedingt unter- bzw. überschritten werden sofern die geforderte Dichte dabei nicht unterschritten wird.

Produzieren und WohnenDie direkte Anbindung an den Mittleren Ring macht den Standort aufgrund seiner guten Erreichbarkeit für produzierendes Gewerbe und Büroflächen interessant. Mit dem BMW Werken und dem Gewerbequartier am Georg-Brauchle-Ring in un-mittelbarer Nähe bestehen beste Voraussetzungen für eine Vernetzung mit bereits vorhandenen Technologie- und Produktionsclustern. Deshalb ist als ein zentraler Programmbaustein des Quartiers eine Urbane Fabrik vorzusehen, die im Sinne neu-er Produktionsmethoden und digitaler Vernetzung nicht mehr als Lärm und Rauch ausstoßendes Ungeheuer in der Stadt isoliert werden muss, sondern den gesam-ten Prozess Herstellung, von der Produktentwicklung über die Fertigung und Prä-sentation bis zum Vertrieb als öffentlich wahrnehmbarer und zugänglicher Teil des Stadtquartiers verstanden und entwickelt wird. Dabei ist es ausdrücklich nicht die Aufgabe des Entwurfs für diese Urbane Fabrik Produktionsprozesse und genaue Bedingungen der Produktion darzustellen und räumlich exakt zu übersetzen. Viel-mehr geht es darum eine räumliche Vorstellung für die Urbane Fabrik als integraler Bestandteil des Stadtquartiers zu entwickeln, mit allen Implikationen die das mit sich bringt: großmaßstäbliches Volumen, große Gebäudetiefe, Emissionen, Anlieferver-kehr, etc. Die Urbane Fabrik ist irgendentwas zwischen Industriehalle, Innovations-zentrum, Labor, Showroom und Arbeitsstätte und ist mit Büroflächen für Verwaltung, Forschung und Marketing sowie einem Lager- und Versandbereich zu kombinieren. Die Fabrik hat eine ungefähre Größe von 50.000 m2 Bruttogeschossfläche wobei die Flächen aller Bereiche unterteilt oder vertikal gestapelt werden dürfen und mit den restlichen Programmbausteinen verknüpft werden sollen. Neben der Fabrik werden ca. 30.000 m2 (BGF) weitere kleinere Einheiten für Gewerbe wie z.B. Handwerks- oder Händlerbetriebe vorgesehen, die flexibel genutzt und gegebenenfalls kombi-niert oder unterteilt werden können. Ein Technologie-, Innovations- und Entwick-lungszentrum mit einem digitalen Labor (ca. 5.000 m2) und eine öffentliche Werkstatt (ca. 2.000 m2) sind ebenfalls Bestandteil des Quartiers. Ziel der unmittelbaren Über-lagerung mit der Wohnnutzung ist es für die im Quartier Beschäftigten ein direktes Nebeneinander von Arbeitsstätte und Wohnraum aufgrund von bezahlbaren MIeten im Quartier möglich zu machen. Der Umgang mit dem Problem Wohnungsknappheit in München, vor allem im Bezug auf bezahlbaren Wohnraum ist deshalb ein weiterer wichtiger Punkt der Auseinandersetzung. Es wird ein Wohnungsangebot angestrebt, das von verantwortungsvollen Akteuren langfristig bezahlbare Wohnflächen für un-terschiedlichste Quartiersbewohner aller sozialen Schichten bereitstellt und sich so aktiv der Dynamik konstant steigender Bodenpreise bewusst entgegenstellt. Sozi-ale und Genossenschaftliche Träger sind dabei im Fokus der Betrachtung, eben-so wie Gemeinschaftlich orientierte Baugruppen und politisch motivierte Initiativen wie die aktuelle Wohnbauoffensive der Münchner Stadtverwaltung. Diese im Detail komplexen und langwierigen Fragestellungen können nur im politischen Rahmen

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ausgehandelt und nicht entwerferisch gelöst werden. Dennoch soll im Rahmen des Semesterentwurfs die Frage für wen das neue Stadtquartier geplant wird und die soziale Mischung des Quartiers gestellt und diskutiert werden. Um eine soziale Durchmischung zu gewährleisten ist es wichtig durch typologische Vielfalt auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Akteure reagieren zu können und z.B. mit Micro- und Singleappartments, Wohngemeinschaften, Familienwohnungen, Paare, Wohnen auf Zeit, betreutes und unbetreutes Seniorenwohnen, Clusterwohnungen, etc. ver-schiedene soziale Schichten und Altersgruppierungen im Quartier zu mischen. Für das Wohnungsangebot könnt Ihr überschlägig von ca. 95m2 pro Wohneinheit und 2,3 Wohneinheiten pro Bewohner als Orientierungswert für die erste Annäherung an die Aufgabe ausgehen. Die Wohnnutzung stellt den Hauptbestandteil der Quar-tiersnutzung dar. Als Zusatz zum Wohnangebot sind ein Hotel, ein Studentenwohn-heim sowie Arbeiterwohnungen für die Beschäftigten in unmittelbar räumlicher Nähe zur „Urbanen Fabrik“ vorzusehen.

Öffentliche EinrichtungenBei der großen Anzahl an Bewohnern im neuen Stadtquartier sind einige gemein-schaftliche und öffentliche Einrichtungen erforderlich. Als kultureller und sozialer Mit-telpunkt ist eine Stadtteilbibliothek mit Lernangeboten und einem Veranstaltungssaal vorzusehen (ca. 4.000 m2). Eine Grundschule (ca. 4.000 m2) mit 3-fach Sporthalle (ca. 3.000 m2) und Pausenhof ist als Bildungseinrichtung notwendig ebenso wie im Quartier verteilte Kombinationen aus Kindergarten und Kindertagesstätte (ca. 1.000 m2 je Standort). Zur Versorgung ist ein großer Einzelhandel (ca. 1.200 m2) sowie ein größerer Anteil an Laden- und Büroflächen vorzusehen. Das Programm der öffent-lichen Nutzungen kann im Zuge der jeweiligen Konzeptentwicklungen variiert bzw. erweitert werden und dient als Grundgerüst für den Entwurf.

Freiräume schaffenDas Angebot vorhandenen Freiräumen ist durch die unmittelbare Nähe zum Olym-piapark sehr groß und vielfältig und ermöglicht so eine sehr hohe bauliche Dichte auf dem Entwurfsareal. Aus diesem Grund können die normalerweise erforderlichen grünen Ausgleichsflächen in den Anlagen des Olympiaparks gesehen werden. Als öffentlichen Mittelpunkt des Areals ist ein neuer Quartiersplatz mit urbanen Charak-ter und hoher räumlicher Qualität zu gestalten. Er dient als Anlaufstelle und Treff-punkt des Quartiers. Eine effiziente Erschließungsstruktur sowie eine klar gegliederte Parzellierung bilden die Grundlage um qualitativ hochwertige Straßen- und Freiräu-me sowie Bebauungstypologien zu schaffen. Da im Städtebau der Raum zwischen den Gebäuden ebenso wichtig ist wie die Gebäude selbst, werden wir diesen Zwi-schenraum architektonisch genau Betrachten und entwerfen. Dabei werden Gebäu-destrukturen und Außenräume durch Schnittstellen, Schwellen, Transparenzen und Durchlässigkeiten zueinander in Beziehung gesetzt und dadurch das Verhältnis zwi-schen Innen und Außen, Öffentlich und Privat bewusst gestaltet. Die erforderlichen Außenflächen sollen durch sinnvolle zusätzliche Freiflächenangebote ergänzt wer-den, um möglichst vielfältige und hochwertige Freiräume im Quartier zu schaffen, die eine Belebung und die Aneignung der Räume ermöglicht um so ein neues Quartier

GRUNDSTÜCK: 270.310 m2

GF: 46.550 m2

BGF: ca. 162.930 m2

GRZ: 0.17GFZ: 0.60

GEBÄUDE ERHALTGEBÄUDE OPTIONAL

EXKURS: DICHTE UND MISCHUNG

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QUANTITATIVE DICHTE - München in Geschossflächenzahlen

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QUALITATIVE DICHTE - Ereignisdichte (Die Niederländischen Sprichwörter, Bruegel, 1559)

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Verschiedene Stadtstrukturen

Kulturelle, geographische, soziale, ökonomische und politische Faktoren beeinflus-sen die Ausbildung unterschiedlicher Siedlungsstrukturen und die Planung städ-tischen Raums. Sie tragen damit zu unterschiedlichen Dichtekonzeptionen und Dichtegraden von Städten und ihren städtebaulichen und architektonischen Typo-logien bei.

(Schwarzpläne in: Burdett, Ricky; Sudjic, Deyan (Hg.): Living in the Endless City, New York 2011, S. 267 )

Dichte als quantitative Planungsgröße - städtebauliche Kennzahlen

Die städtebaulichen Kennwerte zur Geschoßflächenzahl (GFZ) und Grundflächen-zahl bringen das Verhältnis Grundstücksfläche und Geschossfläche bei baulichen Strukturen zum Ausdruck.

(Graphiken in: Jocher, Thomas; Loch, Sigrid (Hg.): Raumpilot. Grundlagen, Stuttgart/Zürich 2010, S.161 ff.)

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Athen, Exarchia (Einwohner / km2 17.043)

Buenos Aires, Lanus (Einwohner / km2 14.308)

Hong Kong, Tsuen Wan (Einwohner / km2 6.429)

Barcelona, Eixampla(Einwohner / km2 15.824)

Ahmedabad, Kalupur (Einwohner / km2 11.954)

Berlin, Prenzlauer Berg (Einwohner / km2 3.908)

Geschossflächenzahl 3.20Grundflächenzahl 0.54Geschosse 3-10Entstehungszeit 2000Temperatur -3.3°C / 21.7°C

Geschossflächenzahl 5.67Grundflächenzahl 0.57Geschosse 5-25Entstehungszeit 1880Temperatur 30.0°C / 14.4°C

Geschossflächenzahl 8.13Grundflächenzahl 0.23Geschosse 5-40Entstehungszeit 1980Temperatur 14.4°C / 31.7°C

Geschossflächenzahl 4.26Grundflächenzahl 0.82Geschosse 5-7Entstehungszeit 1890Temperatur -4.3°C / 27.2°C

Geschossflächenzahl 2.78 Grundflächenzahl 0.87 Geschosse 2-4 Entstehungszeit 15.JhTemperatur 18.3°C / 29.4°C

Geschossflächenzahl 2.98 Grundflächenzahl 0.51 Geschosse 5-6Entstehungszeit seit 1860Temperatur -3.3°C / 22.8°C

Grundlage der intensiven Nachkriegs-Urbanisierung Athens bildet der flexi-ble Gebäudetypus der Polykatoikia („Vielfach-Wohnhaus“), die griechische Umsetzung von LeCorbusiers Dom-ino-System. Der Beton-Skelettbau ohne tragende zwischenwände gibt Raum für ausgerägte Nutzungsvielfalt.

Der orthogonale Stadtgrundriss basiert auf dem Idealplan einer spanischen Kolonialstadt. Die Bebauung mit relativ hohem Grünanteil variiert zwischen hohen und niedrigen Gebäuden und ermöglicht eine hohe Dichte bei gutem Lichteinfall in die Tiefe des Blocks.

Im Cerdá-Plan von 1859 war keine zweiseitige Randbebauung vorgesehen: mit 24m Tiefe, 20m Höhe und großzügigen Grünflächen im Blockinneren. Durch kontinuierliche Verdichtung beträgt die Baumasse der rundum ge-schlossenen Randbebauung durchschnittlich mehr als das Vierfache.

Der von natürlichen Barrieren begrenzte Baugrund erfährt eine extreme Multiplikation in der Höhe. Die geringen Gebäudeabstände erzeugen dabei eine homogene vertikale Masse. Während Statik und Brandschutz strengen Vorschriften unterliegen, werden Gebäudehöhe und Abstandsflächen nicht reglementiert.

Die Altstadt Kalupur ist seit ihrer Entstehung im 15.Jahrhundert vorwiegend muslimisch geprägt. Sie weist eine kleinteilige Struktur mit vielen Sackgas-sen auf. Die historischen Holzhäuser besetzen vollständig jeweils eine Parzel-le. Als Schwelle zwischen Innen und Außen bilden die Straßenfront und der Hof Orte der Überlagerung ganz unterschiedlicher Qualitäten.

Der Berliner Block ist geprägt von zahlreichen Hinter- und Seitenhäusern, die im Blockinneren über Höfe erschlossen, belichtet und belüftet werden. Die Mietskaserne entstand ab MItte des 19. Jahrhunderts als Folge von Immo-bilienspekulationen und der damit verbundenen extremen Ausnutzung der Grundstücke im Rahmen einer aus heutigen Sicht unzureichenden Steuerung durch die Baugesetzgebung.

STÄDTISCHE DICHTEKONZEPTIONEN IM VERGLEICH (Quelle: Stadtbauwelt 209, S.66-70)

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Buenos Aires, Lanus (Einwohner / km2 14.308)

München, Theresienhöhe(Einwohner / km2 4.601)

Zürich, Kreis 1(Einwohner / km2 15.824)

Istanbul, Fatih (Einwohner / km2 2.684)

Paris, Palais Bourbon (Einwohner / km2 21.154)

Geschossflächenzahl 5.67Grundflächenzahl 0.57Geschosse 5-25Entstehungszeit 1880Temperatur 30.0°C / 14.4°C

Geschossflächenzahl 1.67Grundflächenzahl 0.25Geschosse 5-7Entstehungszeit 2002Temperatur -1.0°C / 23.0°C

Geschossflächenzahl 3.60Grundflächenzahl 0.74Geschosse 4-7Entstehungszeit 1880Temperatur -1.1°C / 17.5°C

Geschossflächenzahl 1.78 Grundflächenzahl 0.77 Geschosse 1-7 Entstehungszeit 19.Jh - 1950Temperatur 2.8°C / 27.8°C

Geschossflächenzahl 4.28Grundflächenzahl 0.73Geschosse 5-8Entstehungszeit 1860Temperatur 1.1°C / 23.9°C

Die vermeintlich periphere Stadtstruktur beruht auf einer Anhäufung von heterogenen, niedrigen Solitären mit vergleichsweise kurzen Lebenszyklen. Die kleinen Parzellen resultieren häufig aus Grundstücksteilungen und Neu-bebauung mit kleineren Gebäuden - ein gängiges Modell, um die hohe Erb-schaftssteuer aufzubringen.

Die Umwandlung der ehemaligen Militär- und Logistikflächen steht späte-stens seit den 90er Jahren im Fokus der Innenentwicklung. Das 2002 fertig gestellte Konversionsprojekt Theresienhöhe weist Blockrand-, Riegel- und Punkthaustypologien auf und erzielt mit 1800 Sozial- und Eigentumswoh-nungen sowie Flächen für Gewerbe, Handel und Dienstleistungen eine hohe typologische und funktionale Mischung.

Exemplarisch steht die Altstadt für das Erbe einer verhältnismäßig hohen Baulichen Dichte mit verträglicher Körnung und hoher Nutzungsmischung. In der Bahnhofstraße werden europaweit die höchsten Mieten für Verkaufs-flächen erzielt.

In Fatih, dem ältesten Viertel Istanbuls auf dem europäischen Teil der Stadt, befinden sich die wichtigsten historischen Bauten wie der Topkapi Palast oder die Hagia Sophia. Die organische und kompakte Blockstruktur beruht zum Teil auf römisch-byzantinischem Raster. Sie vereint, mehrgeschossig, osmanische Holzhäuser und modernistische Betonbauten.

Das von Haussmann geprägte Stadtbild fand weltweit Beachtung und Nach-ahmung und ist bis heute erhalten. Mit 30.000 bis 40.000 Einwohnern / km2

weisen gleich mehrere Arrondissements eine überdurschnittlich hohe Bevöl-kerungsdichte auf.

New York, Upper West Side(Einwohner / km2 10.756)

Geschossflächenzahl 5.58Grundflächenzahl 0.59Geschosse 6-16Entstehungszeit 1900Temperatur -3.3°C / 29.4°C

Der im Jahr 1811 von der Planungskommision vorgelegte Manhattan-Raster beschreibt eine Stadt aus über 1500 Blöcken, eine Matrix ohne Berücksichti-gung topographischer Besonderheiten, die alle städtischen Aktivitäten in sich aufnehmen soll. Der streng orthogonale Plan war auf schnelles, geordnetes Wachstum angelegt.

STÄDTISCHE DICHTEKONZEPTIONEN IM VERGLEICH (Quelle: Stadtbauwelt 209, S.66-70)

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STADTGRUNDRISSDie Mischung unterschiedlicher Programme, Funktionen und Maßstäbe in der baulich verdichteten Stadt, kann ein komplexes räumliches Gefüge erzeugen. Die Struktur des Stadgrundrisses entwickelt sich aus Zugänglichkeiten, Ver-bindungen, Grenzen und Durchdringungen zwischen Innen und Aussen, Öffentlichem und Privatem, aus Wiederho-lungen und Ausnahmen.

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Downtown Athletic Club, 1931 (Quelle: Koolhaas, Rem: Delirious New York, New York 1978, S.156 f.)

Generatoren städtebaulicher Dichte und Mischung - Beispiel Manhattan

Die Tatsache, dass Manhattan eine Halbinsel ist, die einer horizontale Ausbrei-tung der Siedlungsstrukturen naturräumliche Grenzen setzt und die Struktur des Planungsrasters für Strassen und Baufelder begünstigten eine enorme Spekulati-on mit Grund und Boden und den Bau von Wolkenkratzern um die Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts. Daraus resultierte wiederum die Zoning Resolution für New York City, die Regeln für die Bebauung und Ausnutzung der Grundstücke festsetzten, etwa die Rückstaffelung in der Höhenentwicklung, die charakteristisch für so viele Wolkenkratzer und die Skyline der Stadt geworden ist. Gleichzeitig wird der Wolkenkratzer als Möglichkeit betrachtet, die unterschiedlichsten Funktionen in einem sehr großen Gebäude zusammenzufassen: sie lassen sich in nahezu belie-biger Höhe übereinander stapeln und durch den Aufzug komfortabel erschliessen.

Plan des ‚Manhattan Grid‘ von 1807, u.a. noch ohne Central Park. (Quelle: http://gvshp.org/blog/wp-content/uploads/2011/02/1811-com-missioners-plan-three-quarters-size.jpg)

MODELL, ÜBUNGEN 1-2

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Einsatzmodell 1:1000

Vorgaben zum Modellbau

- Plangrundlagen: URBANES QUARTIER Modell 1-1.000 (vwx, dwg, pdf, ai-Datei)- Größe Einsatzmodell 1188x840mm (DIN A0), Massstab 1:1000- 1 Modell pro Assistentengruppe

- Alle Gebäude sind aus MDF anzufertigen.

Gebäude dürfen nicht in Schichten gelasert werden, sondern sind an den anderen Maschinen zur Holzbearbeitung (Fräse, Kreissäge, Schleifmaschine, etc.) in der Holzbauwerkstatt anzufertigen. Dafür bitte unbedingt, falls noch nicht gehabt, eine Einweisung in die Arbeit mit den Maschinen durch das Fachpersonal vor Ort nehmen (siehe: http://www.ar.tum.de/einrichtungen/technisches-zentrum/)

- Grund- und Einsatzplatten mit der großen Fräse (Zünd) toolbox erstellen! - Plattenmaße Zünd: ca. 2.0 x 1.6m, d.h. Modell wird als Ganzes gefräst!- Alle Straßen- und und Parzellengrenzen werden mit feinsten Bohrer eingraviert- Alle Gebäudekonturen nur mit Stift aufzeichnen (f. Positionierung Gebäude)

- Das Entwurfsgebiet wird als herausnehmbarer Einsatz gebaut. (rote Linie)

- Für die Bebauung überschlägige Geschoßhöhen annehmen. (ca.3,5m/Geschoß)- Geschoßzahlen sind auf dem Lageplan in römischen Ziffern angegeben. - Besondere Bauformen (z.B. Lagerhallen Bestand) evtl. mit anderen Geschoßhöhen

- Dachformen werden gebaut (wo nötig, vereinfachen), Fassaden nicht darstellen- Höhen und Dachformen prüfen (z.B. mit Bing Maps Vogelperspektive)

- Für alle 5 Modelle wird gemeinsam eine(!) Plangrundlage erstellt

KommunikationDas Umgebungsmodell gelingt nur in einheitlicher Qualität und Form, wenn ihr euch gegenseitig absprecht und möglichst gemeinsam im Studio daran arbeitet. Da grup-penweise unterschiedliche Kosten für die Anschaffung von Modellbaumaterial anfal-len dürften, schlagen wir aus Gründen der Solidarität vor, die Gesamtkosten gleich-mäßig aufzuteilen.

FertigstellungFür die Erstellung der Einsatzmodelle ist nur 2 Wochen Zeit, D.h. Ihr müsst die Mate-rialien sofort bestellen (Lieferzeiten!) und die Plangrundlagen umgehend vorbereiten. Besprechung Zwischenstand Modellarbeiten im Studio am Donnerstag, den 27.04. um 12.00Uhr im Studio (Pflichttermin für alle!).Fräs- und Gebäudemuster und fertige Plangrundlage zur Besprechung mitbringen.

Abgabe der Modelle bis spätestens Dienstag, 09.05.2017 13.15Uhr (zeitgleich mit Übung 2)

SCHEMA EINSATZPLATTE / M. 1:1000

MDF/2mm

MDF/10mm

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ÜBUNG 1 / Stadt hoch 5

Um die gestalterische Arbeit mit Räumen auf städtischer Ebene aufzunehmen, set-zen wir uns zuerst mit dem Begriff der Skalierung und des Maßstabs auseinander. Die Plandarstellung als zweidimensionale Repräsentation architektonisch städti-scher Räume ist immer auf den Maßstab bezogen, in dem der Ausschnitt gezeigt wird. Dabei hat jeder Maßstab seine eigene Informationstiefe und Gesetzmäßigkeiten der Darstellung. Jeder der bereits einmal ein Gebäude aus der Entwurfszeichnung im Maßstab 1:200 auf den Maßstab 1:50 des Werkplans übertragen mußte, kennt das. In dieser Übung werden wir räumliche Situationen in verschiedenen Maßstä-ben betrachten, und die Relationalität der einzelnen Maßstäbe dabei untersuchen. Die Fähigkeit die großen Maßstabssprünge einer städtebaulichen Betrachtung zu vollziehen und dennoch den Bezug zwischen diesen Maßstabsebenen herzustellen, ist von entscheidender Bedeutung um die eigene Idee im städtebaulichen Entwurf gestalten zu können. Als ersten Schritt dahin untersuchen wir deshalb die (Dis-)Kontinuitäten des Stadt-raums und seiner Darstellungen im Maßstab 1:20 bis 1:5000 anhand des Entwurfsa-reals, das ihr jeweils als Zeichnung und Foto in den folgenden 5 Maßstäben darstellt:

1/20 Innenraum (Zeichnung Grundriss / Foto Innenraum) 1/100 Gebäudeteil (Zeichnung Grundriss / Foto Wohnung)1/500 Gebäude (Zeichnung Parzelle / Foto Erdgeschoss, Situation)1/2500 Nachbarschaft (Zeichnung Lageplan / Foto Straßenraum, Kontext) 1/5000 Viertel (Zeichnung Schwarzplan / Foto Viertel, Identität)

Die Zeichnungen und Fotos illustrieren die jeweilige räumliche Situation des Maß-stabs. Es geht darum unterschiedlichen Nutzungsarten und Formen der Aneignung von Räumen in den verschiedenen Maßstäben darzustellen! Auf Grenzen, Schwellen und Übergänge der Aneignungen und Maßstäbe ist dabei besonders zu achten. (pri-vat/öffentlich, individuell/kollektiv, permanent/temporär)

WICHTIG- Die Bearbeitung erfolgt als Einzelarbeit (1Abgabeplan pro Student). - Alle Bilder in allen Maßstäben sind von jedem Studenten selbst zu fotografieren. - Luftaufnahmen (Luftbild, Google Earth, etc.) sind nicht erlaubt. - Alle Zeichnungen sind von jedem Studenten selbst zu erstellen. - Layout gemäß Datei FENSTER ZUR STADT_01-STADT HOCH 5_Grundlage.indd). - Abgabe unbedingt mit Vorname und Name zu beschriften (rechts unten)! - Dateibezeichnung: 01 STADT HOCH 5_Name,Vorname.pdf

LEISTUNGEN- Plan DIN A0, stehend, gedruckt (gem. Layoutvorgabe)- Plan DIN A3, stehend, gedruckt (Verkleinerung von DIN A0)- Unterlagen digital als pdf-Datei an [email protected]

ABGABEAbgabe der Unterlagen gedruckt (im Studio) und digital (per Mail) bis spätestens Dienstag, den 02.05.2017 13.00UhrAb 13.15Uhr gemeinsamer Pin-Up inkl. kurzer Vorstellung und Besprechung

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ÜBUNG 2 / Ganz schön Dicht!

In der zweiten Übung prüfen wir vorhandene Stadtquartiere auf ihre städtebauliche Dichte und ihre Wirkung in der Wahrnehmung. Dabei betrachten wir Strukturen und Bebauungsdichten anhand von Münchner Beispiele und markanten internationalen Stadtstrukturen, Die Münchner Beispiele werden als Anschauungs- und Analyse-material von den Studierenden aufgesucht. (internationale Beispiele sofern möglich)

A / Maxvorstadt 1 / Barbican, LondonB / Wiesnviertel 2 / Eixample, BarcelonaC / Theresienhöhe 3 / Karl-Marx-Hof, WienD / Neuperlach 4 / Manhattan, New YorkE / Borstei 5 / Spangen, RotterdamF / Döllgastsiedlung 6 / Villeurbanne, Lyon

OBJEKTIVE UND SUBJEKTIVE FAKTOREN Anhand der Übung soll ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, welche Arten von städträumlichen Situationen wir vorfinden, wenn von einer GFZ von z.B. 2,0 die Rede ist. Ebenso werden wir bei gleicher objektiv bestimmbarer Dichte (durch Hilfsmittel wie GFZ und GRZ) Unterschiede im Charakter und in der Atmosphäre der einzelnen Projekte feststellen: GFZ 2,0 kann an einer Stelle angenehm und luftig wir-ken, während ein anderes Projekt mit gleicher GFZ die Situation beengt und negativ erscheinen läßt. Ziel der Übung ist es die Rechercheprojekte so aufzubereiten, dass sie einander gegenübergestellt werden können und der Erkenntnisgewinn anhand der analysierten Kennwerte für die Arbeit am eigenen Entwurfsprojekt benutzt wer-den kann. Als Orientierung zum Thema wird das Buch „Dichte Atmosphären“ emp-fohlen, an dem die Übung angelehnt ist (siehe Literaturvereichnis S. 62f.), BEARBEITUNG IN 2ER-GRUPPEN Jedes Entwurfsteam bearbeitet ein Münchner und ein internationales Projekt. (A/1)

Die Übung wird zeichnerisch im Maßstab 1:1000 und mit Fotografien erarbeitet. Luftbilder im Maßstab 1:1000 stehen als PDF-Dokument zum Download auf der Lehrstuhlhomepage zur Verfügung. Ebenso ein Musterprojekt sowie eine Datei mit Layoutvorlage die zwingend zu verwenden ist. Es sollen Zeichnungen zu den folgen-den Teilaspekten erstellt werden: 1.Luftbild / 2.Schwarzplan / 3.Parzellen / 4.GRZ / 5.Gebäudehöhen und Geschossanzahl / 6.GFZ / 7.Nutzung / 8.Belegungsdichtezudem: pro Projekt 4 repräsentative Bilder (bei den Münchner Projekten selbstge-macht!) und Datenblatt (Architekt, Baujahr, Kontext,...)

LEISTUNGEN - Zeichnungen, Analyse DIN A1, liegend (gem. Layoutvorgabe)- Abgabe-/Präsentationspläne: Verkleinerungen DIN A3, gedruckt - pdf Datei Unterlagen digital als pdf-Datei an [email protected]

ABGABEAbgabe der Unterlagen gedruckt (im Studio) und digital (per Mail) bis spätestens Dienstag, den 09.05.2017 13.00UhrAb 13.15Uhr gemeinsamer Pin-Up inkl. kurzer Vorstellung und Besprechung

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Die Entwurfsarbeit gliedert sich in vier Abschnitte, die sich aufeinander beziehen lassen:

1 Vorübungen / Szenario (o.M. / M.1:1000)Die Vorübungen sind analytische Auseinandersetzungen mit Thema und Ort. Neben der Er-schliessung von Wissensbeständen und Erkentnissen dienen sie auch einer subjektiven Annä-herung an den Entwurf. Sie helfen einen entwerferischen Prozeß zu initiieren, der in Form eines konzeptionellen Szenarios seine erste räumliche Äußerung finden soll. 2 Strategie / Konzept (M.1:1000)Aufbauend auf den Erkentnissen der ersten Arbeitsphase soll im zweiten Bearbeitungsschritt eine städtebauliche Konzeption für das Entwurfsgebiet entwickelt werden. Es werden Aussagen zur Bedeutung des Gebiets im Kontext der Gesamtstadt und eine städtebauliche Konzeption im Rahmen des Entwurfsthemas formuliert.3 Entwurf / Projekt (M.1:1000 / M.1:200)Im dritten Arbeitsschritt soll die städtebauliche Konzeption zu einem konkreten, räumlichen Ent-wurf für das Bearbeitungsgebiet weiterentwickelt und verdichtet werden. Dabei werden vor-handene Eigenschaften, Qualitäten und Atmosphären im Gebiet entwerferisch reflektiert, sowie städtebauliche Typologien, Freiräume und Erschließungsstrategien präzisiert.4 Fokus / Projekt (M. 1:200)Der letzte Bearbeitungsschritt konkretisiert die vorherigen Schritte. Es ist ein für das Gesamtkon-zept besonders relevanter Teilbereich zu wählen und bis in Grundrisse auszuarbeiten.

Wichtige Hinweise:

Studio. Für eine erfolgreiche Teilnahme am Entwurfsstudio URBANES QUARTIER setzen wir ein kontinuierliches Arbeiten während des Semesters und eine regelmäßige Teilnahme an den Besprechungsterminen voraus. Die regelmäßigen Korrektur- und Besprechungstage sind Dienstags. Zusätzliche Termine nur nach vorheriger Vereinbarung. Der Entwurf wird in 2er-Teams bearbeitet.Übungen. Um sofort eine produktive Atmosphäre zu schaffen, werden zu Beginn des Seme-sters Übungen bearbeitet, die eine Auseinandersetzung mit dem Entwurfsthema und der Viel-falt städtischer Räume und Strukturen fordern. Zielsetzung und Aufgabenstellung werden bei Ausgabe der Übungen erläutert. Die Übungen sollten nicht als isolierte „Vorübung“ betrachtet werden, sondern sind integraler Bestandteil des Entwurfsprozesses.Besprechung / Korrektur. Vor Besprechungsterminen werden Listen der betreuenden Assi-stenten am Schaukasten vor dem Lehrstuhl zur Eintragung ausgehängt.PinUps und Rundgänge. Auf eine knappe und präzise Präsentationen sollte in den PinUps und Rundgängen geachtet werden. Die Anwesenheit aller Beteiligten wird erwartet.Modellbau. Der Arbeit am und mit dem Modell kommt eine zentrale Bedeutung zu. Hier kann eine entwerferische Auseinandersetzung mit dem Thema sichtbar und nachvollziehbar kommu-niziert und Städtebau als eine Disziplin verstanden werden, die auf Raumfragen fokussiert. Die individuellen entwerferischen Absichten können vor allem durch das permanente Anfertigen von Arbeitsmodellen unterschiedlicher Maßstäbe überprüft werden.Abgabeleistungen. Pläne der Entwurfsschritte in DIN A0 // Plandarstellungen als Verkleine-rungen auf DIN A3 // CD mit den Plänen (PDF) und allen Bildern einzeln als JPG 300dpi / digitaler Erläuterungstext (WORD) // Entwurfsmodelle und Szenarien 1:1000 // Entwurfsmodelle Fokus Maßstab 1:200 // genauere / weitere Angaben zur Abgabe im Laufe des Semesters.Darstellung. Auf eine niveauvolle Gestaltung und aussagekräftige Darstellung von Modellen und Plänen wird besonderer Wert gelegt. Das erfordert die eigenständige Recherche darstelle-rischer Methoden in städtebaulichen Maßstäben.Arbeitsraum. Grüner Saal über der Mensa. Die Ausgabe der Arbeitsraumschlüssel erfolgt am Lehrstuhl (Sekretariat) gegen die Hinterlegung von Pfand und dem Akzeptieren der Nutzungsver-einbarungen zu Sekretariatsöffnungszeiten (siehe homepage stb.ar.tum.de)Materialien // Daten. Ein Datenträger mit Plangrundlagen und sonstigen relevanten Materi-alien steht am Lehrstuhl zur Ausleihe zur Verfügung.

LEISTUNGEN / TERMINE / ORGANISATION

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30.05.17 / Studio / 13.15 Uhr EntwurfsbesprechungenAusgabe Kurzentwurf

W06

06.06.17

Pfingstferien- keine Entwurfsbesprechungen -

W07

24.04.17 / N1189 / 16.45 Uhr

25.04.17 / 0370 / 15.00 Uhr

27.04.17 / Studio / 12.00 Uhr

Einführungsveranstaltung

EntwurfseinführungOrganisatorisches // Informationen Modellbau //OrtsbegehungAusgabe Übung 1 - Stadt hoch 5

Besprechung EinsatzmodellMuster Plan und Modell mitbringen

W01

02.05.17 / Studio / 13.15 Uhr PinUp und Diskussion Übung 1Ausgabe Übung 2 - Ganz schön Dicht

W02

09.05.17 / Studio / 13.15 Uhr PinUp und Diskussion Übung 2Abgabe Einsatzmodelle

W03

16.05.17 / Studio / 13.15 Uhr RUNDGANG 1Präsentation (Dichte/Mischungs-)Szenario am Modell mit Kennwerten

W04

23.05.17 / Studio / 13.15 Uhr EntwurfsbesprechungenEinzelbesprechung mit Assistenten

W05

TERMINE

EntwurfsbesprechungenEinzelbesprechung mit Assistenten

W11 04.07.17 / Studio / 13.15 Uhr

27.06.17 / Studio / 13.15 Uhr EntwurfsbesprechungenEinzelbesprechung mit Assistenten

W10

13.06.17 / Studio / 13.15 Uhr

W08 RUNDGANG 2Präsentation Konzept und Kurzentwurf (Modelle und Pläne)

W09 20.06.17 Exkursion Haase/Schuller- keine Entwurfsbesprechungen -

11.07.17 / 0370 / 13.15 Uhr RUNDGANG 3 Präsentation Entwurf und Fokus (Modelle und Pläne)

W12

18.07.17 / Studio / 13.15 Uhr EntwurfsbesprechungenEinzelbesprechung mit Assistenten

W13

24.07.17 / 0371 / 09.00 - 12.00 Uhr

25.07.16 / 0370 / 09.00 Uhr

25.07.16 / Lehrstuhl oderdraussen / 19.00 Uhr

AbgabePläne, Modelle, A3 Verkleinerungen;Datenträger

SCHLUSSPRÄSENTATIONanhand der Pläne und Modelle

Apéro

W15

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LITERATUR

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archithese, H. 3.2011: Dichte.

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Bürklin, Thorsten; Peterek, Michael (Hg.): Basics - Stadtbausteine, Basel/Boston/Berlin 2008.

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Lampugnani, Vittorio Magnago; u.a. (Hg.): Städtische Dichte, Zürich 2007.

Lampugnani, Vittorio Magnago: Die Stadt im 20. Jahrhundert, Berlin 2010.

Landeshauptstadt München (Hg.): München wie geplant. Die Entwicklung der Stadt von 1158 bis 2008, München 2004.

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Stracke, Ferdinand: Wohnort München, Stadtentwicklung im 20. Jahrhundert, München 2011

Wietzorrek, Ulrike (Hg.): Wohnen +. Von Schwellen, Übergangsräumen und Trans-parenzen, Basel 2014.

Wolfrum, Sophie; Block, Alexandra; Lanz, Markus; Schiermeier, Franz (Hg.): Theo-dor Fischer Atlas. Städtebauliche Planungen München, München 2012.

Wolfrum, Sophie; Nerdinger, Winfried (Hg.): Multiple City, Stadtkonzepte 1908/2008, Berlin 2008.

Wolfrum, Sophie (Hg.): Platzatlas, Stadträume in Europa, Basel 2015.

Wolfrum, Sophie; Janson, Alban (Hg.): Architektur der Stadt, Stuttgart 2016.

Wüstenrot Stiftung (Hg.): Herausforderung Erdgeschoss. Berlin 2014.

Technische Universität München

Fakultät für ArchitekturInstitut für Entwerfen, Stadt und Landschaft

Lehrstuhl für Städtebau und RegionalplanungProf. Sophie Wolfrum

Arcisstrasse 21D - 80333 MünchenT: +49-89-289-22477F: +49-89-289-28371

www.stb.ar.tum.de