Ute Kissling Stettiner Haff Ueckermünde Usedoms Süden · 12 Das Stettiner Haff heute Steckbrief:...
Transcript of Ute Kissling Stettiner Haff Ueckermünde Usedoms Süden · 12 Das Stettiner Haff heute Steckbrief:...
reise
Ute Kissling
Stettiner HaffUeckermünde
Usedoms SüdenMit Stettin
Highlights
Familientipps
Grüne Tipps
Tipp Lieblingsorte unserer Autorin Ute Kissling
32 InhaltInhalt
Land & Leute
Reisepraktisches
Orte & Landschaften
Touren
Tour 1Radtour rund um den Neuwarper See | 124
Tour 2Erlebnistour im Hinterland des Stettiner Haffs | 127
Tour 3Unterwegs auf dem Naturlehrpfad August Bartelt | 130
Tour 4Radeln rund um den Eggesiner See | 132
Das Stettiner Haff heute | 10Die deutsche Seite | 11Steckbrief: Stettiner Haff | 13Die polnische Seite | 13
Kultur & Lebensart | 14Vorpommersches Platt | 14Backsteingotik & Fischerkaten | 14Pommersche Küche | 16Traditionelle Reetdächer | 17
Geschichte | 18Die Pommerschen Herzöge | 21
Ueckermünde | 44Steckbrief: Ueckermünde | 46Sehenswertes | 48Giulio Perotti: Der Pavarotti von Ueckermünde | 55
Westlich von Ueckermünde | 56Grambin | 57
Register | 140Kartenregister | 142Kartensymbole | 142Impressum | 143
Landschaft & Umwelt | 22Naturpark Am Stettiner Haff | 22Pflanzenwelt | 23Tierwelt | 24Anklamer Stadtbruch | 25
Feste & Veranstaltungen | 26
Tour 5Mit Schiff und Rad nach Swinemünde | 134
Tour 6HaffRundtour mit Zeesenboot, Rad und Fähre | 137
Östlich von Ueckermünde | 64VogelsangWarsin | 65Altwarp | 66Neuwarp (Nowe Warpno) | 68Rieth | 70Luckow | 72Ahlbeck | 73
Sehenswertes im Hinterland | 74Eggesin | 75Torgelow | 76Jatznick | 78Anklam | 80Steckbrief: Anklam | 80Flugpionier Otto Lilienthal | 87
Usedoms Haffküste | 88Karnin & Mönchow | 89Usedom (Stadt) | 90Stolpe | 94Dargen & Prätenow | 96Zirchow & Garz | 96Kamminke | 97Swinemünde (Świnoujście) | 98
Die östliche Haffküste | 104Insel Wollin (Wolin) | 105Wollin Stadt (Wolin) | 107Zwischen Wollin und Stettin | 108
Stettin (Szczecin) | 110Steckbrief: Stettin | 112Stadtspaziergang | 114
Klima & Reisezeit | 30Ankommen | 30Unterwegs am Haff | 33Übernachten | 34Medientipps | 34Sport & Aktivitäten | 36Baden | 38Mit Kindern | 38
Willkommen am Stettiner Haff | 4Wohin am Stettiner Haff? | 6
Wissenswertes von A–Z | 39Pommernkogge Ucra | 40
Mönkebude | 58Leopoldshagen | 62
54 Willkommen
Am Stadthafen von Ueckermünde, dem Zentrum der südlichen HaffküsteBadeurlauber finden am Stettiner Haff quirlige Strände, aber auch ruhige Buchten
Urlaub am Stettiner Haff bedeutet eintauchen in einen Landstrich der Stille und Weite. Rustikale Fischerdörfer und kleine Orte prägen die Region. Verträumt und idyllisch schmiegen sie sich an die Küste oder liegen verborgen im Hinterland.
Das ruhige, salzarme Gewässer des Haffs ist ein Badeparadies – entweder an den puderweichen Sandstränden der größeren Orte oder an wunderbar abgeschiedenen Badestellen mitten in der Natur. Die ist in der Haffregion besonders urwüchsig und artenreich. Geschützte Gebiete wie die Binnendüne und der Eggesiner See bieten seltenen Tieren eine Heimat, im großen Nationalpark auf der Insel Wollin leben wieder Wisente, die größten Säugetiere Europas.
Unverbrauchtes Ferienparadies Am Stettiner Haff erwartet die Besucher eine sanfte Landschaft, oft ursprünglich und unberührt. Feinsandige, kleine Buchten und Strände, große Wälder und weite Wiesen laden zum Baden, Spazierengehen und Fahrradfahren ein. Auf den Flüssen Uecker, Zarow und Oder kann man Paddeltouren machen und auf dem Haff segeln oder Kitesurfen. Dabei befindet man sich in landschaftlich geschützten Gebieten, entweder in den deutschen Naturparks am Stettiner Haff und der Insel Usedom oder im Nationalpark Wollin auf der polnischen Seite. Auf gut ausgebauten Rad und Wanderwegen kann man das Binnenland auf Ausflügen bequem erobern.
Lange segelte die Region im Windschatten der Usedomer Seebäder, doch seit einigen Jahren ist die Gegend in den Sommermonaten gut besucht und belebt so eine Tradition der Badekultur aufs Neue, die ihren Beginn in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts nahm. In den Cafés auf dem Marktplatz in Ueckermünde und an den Stränden hört man nun neben hochdeutsch und vorpommerschem Platt verstärkt auch sächsisch, schwäbisch und bayerisch.
Die Städte Anklam, Ueckermünde, Stettin und Swinemünde verbindet eine gemeinsame Geschichte, die weit ins Mittelalter zurückreicht und deren Spuren noch heute sichtbar sind. So präsentiert sich das Gebiet rund um das Stettiner Haff als eine Ferienregion für Familien und Aktivurlauber, die weit weg von der Alltagshektik die Ruhe der vorpommerschen Natur mit allen Sinnen genießen wollen – entschleunigt, kreativ und naturnah zu allen Jahreszeiten.
Das Haff – der kleine Bruder der OstseeDas Haff hat eine 903 Quadratkilometer große zusammenhängende Wasserfläche bei einer OstWestAusdehnung von 52 Kilometern. Nach Norden hin wird es durch die Inseln Wollin und Usedom begrenzt. Mit der offenen Ostsee ist das Haff durch die Meeresarme Dziwna (Dievenow), Swine (Świna) und den Peenestrom verbunden. Von der Landseite aus fließen die Oder bei Stettin sowie Peene, Zarow und Uecker in das Haff.
Mitten durch das Gewässer, das auch liebevoll „das kleine Meer“ genannt wird, geht seit 1945 die deutschpolnische Grenze. Der östliche, polnische Teil wird Großes Haff genannt, der westliche, deutsche Teil heißt Kleines Haff. Beide haben ihren ganz eigenen Charme, wobei sich der deutsche Teil mit seinen zahlreichen Reet und Fachwerkhäusern etwas malerischer präsentiert.
Willkommen am Stettiner Haff
76 Willkommen Wohin am Stettiner Haff?
Die schmucken Jachthäfen sind auch für Nicht-Segler ein AnziehungspunktRund ums Stettiner Haff bieten sich viele Möglichkeiten, die Natur zu entdecken
UeckermündeDie Kleinstadt ist das kulturelle Zentrum der deutschen Haffseite und besticht durch ihre hübsche Altstadt. Zentraler Platz ist der historische Markt mit seinen Giebelhäusern, der von Cafés und Restaurants gesäumt ist. Kulturelles Highlight ist das Schloss aus der Zeit der Pommernherzöge. Mitten durch die Stadt fließt die Uecker, an der ein idyllischer Stadthafen liegt. Am Haffbad, dem längsten Sandstrand der Region, kommen Badeurlauber auf ihre Kosten ( £ Seite 45).
MönkebudeWer es ruhig mag und gern Schiffe beobachtet, ist hier genau richtig: Das ansonsten eher beschauliche Fischerdorf besitzt den modernsten Yachthafen der Region, an dem es durchaus mondän zugeht. Gleich daneben erstreckt sich ein schöner Strandpark, der zum Baden einlädt ( £ Seite 58).
Wohin am Stettiner Haff?Urlaub in Deutschland oder in Polen? Lieber ruhig oder actionreich? Auf dem Festland oder auf einer Insel? Die vielfältige Region des Stettiner Haffs bietet alles zugleich.
Stadtentdecker erkunden die Sehenswürdigkeiten im gemütlichen Ueckermünde oder in Polens quirliger Großstadt Stettin. Erholungssuchende sind in den verträumten Dörfern wie Stolpe oder Luckow gut aufgehoben. Naturfreunde können sich im Nationalpark auf der Insel Wollin auf spektakuläre Tierbeobachtungen freuen. Wassersportler vergnügen sich an den Sandstränden oder kleinen Buchten. Und Aktivurlauber verbinden gleich alles miteinander: Die Wege zu den Nachbarorten und nach Polen sind kurz und eine Fähre setzt ganz bequem auf die Insel Usedom über.
AltwarpIm nordöstlichsten Dorf Deutschlands geht es sehr ruhig zu, rustikale Fischerhäuser prägen das Ortsbild. Blickfang sind die Windmühle und das Pumpenhaus. Spaziergänge ins Umland führen zur Altwarper Binnendüne, einem Biotop, in dem seltene Tiere leben ( £ Seite 66).
Neuwarp (Nowe Warpno)Vom deutschen Altwarp nur einen Steinwurf respektive Fährfahrt entfernt liegt Neuwarp, ein liebenswertes Örtchen auf der polnischen Seite. Der Luftkurort lockt mit einigen interessanten Sehenswürdigkeiten wie dem renovierten FachwerkRathaus ( £ Seite 68).
Stolpe auf UsedomMitten im Naturpark der Insel Usedom liegt Stolpe, ein verträumter Ort mit einem idyllischen kleinen Hafen am Haff. Sehenswert ist das Schloss, Kindern macht ein Besuch des Öko
hofs mit angegliederter Falknerei Spaß ( £ Seite 94).
Haffdörfer im HinterlandGeradezu märchenhaft wirken die kleinen Orte Ahlbeck und Rieth mit ihren hübschen Reetdachhäusern und prächtigen Bauerngärten. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Ebenso lauschig ist das verträumte Dorf Luckow. Im Ortsteil Christiansberg liegt der Botanische Garten – eine Ruheoase und Sinnesfreude ( £ ab Seite 70).
Stettin (Szczecin)Die polnische Großstadt liegt unterhalb des Haffs, ist aber durch den Fluss Swine mit ihm verbunden. Sie hat interessante Sehenswürdigkeiten zu bieten, darunter das Schloss der Pommernherzöge und die Hakenterrasse. Die meisten Highlights sind zu Fuß erreichbar und machen Stettin zu einem reizvollen Ausflugsziel für Stadtflaneure ( £ Seite 110).
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Der idyllische Hafen von Karnin auf der Insel Usedom ist eine von vielen Anlegestellen rund um das Stettiner Haff £ Seite 89
Land & Leute
1110 Das Stettiner Haff heute
Das Stettiner Haff heuteSo beschreibt ein regionales Entwicklungskonzept von 2002 die Situation am Stettiner Haff. Bereits 1992 gründete sich der Verein Pomerania, der sich für eine grenzüberschreitende Entwicklung einsetzt. 1995 wurde die Euroregion Pomerania gegründet, zu der auch die Region am Stettiner Haff gehört. Gemeinsame Programme und Investitionen in Infrastruktur, Wirtschaft, Bildung und Kultur sollen Polen und Deutsche einander näher bringen.
Mit der Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe setzen sich das deutsche Tourismusnetzwerk HOP und die polnische Tourismusorganisation Stepnicka Organizacja Trysty-czna für eine grenzüberschreitende
„Die Bewohner der deutsch-pol-nischen Region Odermündung zie-hen ihre Identität nicht aus ei-ner gemeinsamen Kultur oder landsmannschaftlichen Zugehö-rigkeit – zu verschieden sind die Herkünfte, zu gravierend die ge-schichtlichen Brüche. Verbindend ist der nunmehr gemeinsam be-wohnte Naturraum: Eine weite, dünn besiedelte Landschaft, die sich aus allen Richtungen dem Meer zubewegt; ausgedehnte Nie-derungen, hügelüberspannende Felder, nichtendenwollende Forste – hier ist alles groß, weitläufig, im Übermaß vorhanden, nichts ist eng; die Landschaft geizt nicht – sie gibt.“
Weiter Blick über das Stettiner Haff
Entwicklung der Haffregion ein, mit dem Ziel, einen nachhaltigen Naturtourismus für die Gebiete im Hinterland der Küste zu schaffen. Das OderDelta wurde im Juni 2015 zur achten Rewilding Europe Region ernannt, der ersten in Deutschland. Die internationale Umweltschutzinitiative will dafür sorgen, dass einzelne Landstriche in Europa sich selbst überlassen werden und dann Ausflüge in die neue Wildnis anbieten. So soll Naturschutzpolitik mit ökonomischem Erfolg verbunden werden. Wildpferde, Wisente und Wölfe sollen künftig gut betuchte ÖkoTouristen anziehen.
Die deutsche SeiteSeit einer Kreisgebietsreform 2011 gehört die deutsche Seite der Region am Stettiner Haff zum Landkreis
Vorpommern-Greifswald, der aus der Stadt Greifswald, den Landkreisen Ostvorpommern, UeckerRandow sowie Teilen des Landkreises Demmin gebildet wurde. Die Region steht vor großen Problemen, die Arbeitslosenzahlen sind anhaltend hoch – im gesamten Landkreis liegt die Arbeits-losenquote im August 2015 bei 11,6 Prozent (Anklam 15,6 Prozent, Ueckermünde 13,6 Prozent) – zum Vergleich: bundesweit liegt sie im selben Zeitraum bei 6,4 Prozent. Dabei liegt das durchschnittliche Einkommen der Bevölkerung mit etwa 16 000 Euro (Stand: August 2014) deutlich unter dem der Bundesbevölkerung mit etwa 20 500 Euro. Nordöstliche Randlage abseits der Metropolen, eine geringe Bevölkerungsdichte, Abwanderung junger Menschen und eine geringe wirtschaftliche Dynamik ge
1312 Das Stettiner Haff heute Steckbrief: Stettiner Haff
paart mit einer unterdurchschnittlichen Kaufkraft: Mit diesen Problemen kämpft die Region.
Dagegen setzt das Stettiner Haff die Stärken des ländlichen Raums und der Peripherie, die einmalige Vielfalt der Naturräume und Kulturlandschaften bietet – und jede Menge Pioniergeist. Denn die Gegend soll nicht nur für familienfreundlichen Urlaub stehen, sondern auch ein Landstrich sein, in dem sich junge Familien wohl fühlen und leben möchten. Dazu gehört beispielsweise, dass Dorfschulen wie die Kleine Grundschule in Leopoldshagen gemäß dem Motto „kurze Wege für kurze Beine“ erhalten bleiben, auch
wenn die Schülerzahlen kontinuierlich abnehmen.
Das Modellprojekt Multiple Häu-ser hingegen soll alten Menschen auf den Dörfern helfen, die es nicht mehr bis in die Stadt schaff en. Zusammengeschlossen haben sich die Gemeinden Altwarp, Ahlbeck, Hintersee, Rieth und VogelsangWarsin. Alte Häuser wurden umgebaut, Schränke eingebaut, in denen sich Massageliegen oder ein FriseurWaschbecken befi nden, und nun teilen sich verschiedene Dienstleister wie Physiotherapeut und Friseur sowie Vereine diese Räume, um regelmäßig ihre Serviceleistungen oder Kurse anzubieten.
Ausdehnung: Das Stettiner Haff (polnisch: Zalew Szczeciński) wird auch Oderhaff oder Pommersches Haff genannt. Es ist eine Meeresbucht von 903 Quadratkilometern. Der polnische Teil hat eine Fläche von 410, der deutsche eine Fläche von 277 Quadratkilometern.Landschaft: Ebene bis hügelige Landschaft des nacheiszeitlichen Haff stausees mit großen Kiefernwäldern. Viele Seen, Torfstiche und Wasserläufe, große Wälder
und Moorlandschaften. Typische Heidevegetation mit Kiefern und Wacholder sowie Heidekraut und Blaubeeren.Besiedlung: Dünn besiedelter Raum, der besonders stark mit dem demografi schen Wandel zu kämpfen hat.Verwaltung: Das Amt Am Stetti-ner Haff hat seinen Sitz in Eggesin und betreut UeckermündeLand. Es verwaltet eine Fläche von 42 810 Hektar mit 10 900 Einwohnern.
Ausdehnung: Das Stettiner Haff
Steckbrief: Stettiner Haff
Gemütliches Kleinstadtfl air vorm Kulturspeicher in Ueckermünde Die polnische SeiteDie polnische Seite der Region am Stettiner Haff gehört zur Woiwodschaft Zachodnio Pomorskie (Westpommern), einer von 16 Woiwodschaften der Republik Polen. Zu ihr gehören der größte Teil von Hinterpommern sowie ein kleiner Teil Vorpommerns. Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum der Woiwodschaft ist Stettin (Szczecin). Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen zählen neben dem maritimen Bereich auch Branchen wie Energiewirtschaft, Elektrotechnik, Chemie, Textilien, Holzwirtschaft sowie Brauereien und Fischereien.
Wie auf deutscher Seite des Haff s ist auch auf der polnischen die Ar-beitslosenquote mit knapp 17 Prozent (Stettin 10,5 Prozent, Stand: Mai 2014) konstant hoch, nur im Seebad Swinemünde (Świnoujście) (hier liegt die Quote bei 6,7 Prozent) werden seit Jahren Arbeitskräfte gesucht.
Die dünn besiedelte Landschaft ist geprägt von eiszeitlich geformten Moränen, dichten Nadelwäldern und
Seen. Wie die deutsche Seite setzt auch die polnische Region am Haff zunehmend auf die Entwicklung des Tourismus, „das Meer der Abenteuer“ ist der Slogan, mit der die Region beworben wird. Nicht nur die breiten Sandstrände der Ostsee wie in Swinemünde sollen die Touristen anlocken, sondern auch die beeindruckende Landschaft im Nationalpark Wollin oder die unberührte Natur nördlich von Stettin. In diesen Grüngebieten spielt der aktive Tourismus zunehmend eine wichtige Rolle, der mit dem Ausbau von Wander, Reit und Radwegen gefördert wird.
Westpommern steht außerdem für das reiche Kulturerbe der Region, das Herzogtum Pommern hat seine Spuren hinterlassen, die zum Beispiel in Form des schneeweißen Schlosses das Stettiner Stadtbild prägen. Bislang kommen Touristen aber vor allem aus dem eigenen Land. Während es in den Ostseebädern wie Swinemünde und Misdroy (Międzyzdroje) in den Sommermonaten viel Trubel gibt, geht es im Hinterland deutlich ruhiger zu.
1514 Kultur & Lebensart
Am Markt in Ueckermünde
Vorpommersches PlattIn Vorpommern hört man das vorpommersche Platt, eine Variante des Ostniederdeutschen, in seiner vollen Ausprägung meist nur noch bei älteren Menschen. Jüngere Leute verstehen alles, sprechen aber oft selbst nur mit dem typisch breiten norddeutschen Dialekt. Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit galt das Niederdeutsche als Schreib und Sprechsprache. Ende des 15. Jahrhunderts begann in den niederdeutschen Sprachgebieten der SchreibSprachwechsel zum Hochdeutschen, der um 1600 als abgeschlossen gilt.
In der deutschsprachigen Literatur ist der vorpommersche Dialekt bei
den beiden Grimmschen Märchen Von dem Fischer un syner Fru sowie Von dem Machandelbaum zu finden. Bekannt ist auch das Gedicht Mine Heimat der Barther Dichterin Martha MüllerGrählert, in dem sie ihre vorpommersche Heimat beschreibt.
Backsteingotik & FischerkatenHistorische Fachwerkhäuser, einst ein bescheidenes Zuhause für Fischer und Kahnschiffer, sind vielerorts im Detail und mit traditionellen Baustoffen wie Holz, Lehm und Reet liebevoll rekonstruiert worden. Daneben bestimmen Backsteinhäuser das traditionelle Gesicht der Ge
meinden rund um das Stettiner Haff. In ihrem unverwechselbaren Rotton leuchten mittelalterliche Bürgerhäuser, Stadttore und Kirchtürme und geben der Region auch bei trübem Wetter eine warme Ausstrahlung.
Die Gegend verfügt über keinen eigenen Naturstein, deshalb entwickelte sich eine Bauart, die auf der Tradition von gebrannten Lehmquadern beruht. Von Anklam mit Nikolai-kirche, Marienkirche und Steintor bis nach Stettin mit dem Alten Rathaus und der Jakobskathedrale finden sich die – nicht nur für Norddeutschland, sondern für den gesamten mittel und nordeuropäischen Küstenbereich – typischen neo gotischen Backsteinbauten wieder.
Da sich das Verbreitungsgebiet weitgehend mit dem Einflussgebiet der Hanse deckte, ist die Backstein
gotik zudem zum Symbol dieses Städtebundes geworden.
In Ueckermünde gab es bereits im 16. Jahrhundert erste Ziegeleien, die aber vermutlich im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurden. Im 19. Jahrhundert erlebte die Ueckermünder Heide einen beeindruckenden Aufschwung, denn die Erfindung des Ringofens (1858) sowie der Ziegelpresse (1854) revolutionierten neben dem Einsatz der Dampfkraft die Ziegelherstellung: Ziegel konnten nun in großen Mengen und gleichbleibender Qualität hergestellt werden. So entstanden dutzende neue Ziegeleien, der Reichtum an Tonvorkommen sowie die Standortbedingungen an Haff und Uecker waren ideal. In der ehemaligen preußischen Provinz Pommern gab es um 1900 knapp 400 Ziegeleien.
Kultur & Lebensart
1716 Traditionelle ReetdächerKultur & Lebensart
Geschraubt, genäht oder gebunden? Ein Reetdach, oder wie es in MecklenburgVorpommern heißt: ein Rohrdach, kann auf verschiedene Weise hergestellt werden. Das Dachdecken mit Stroh und Schilfrohr gehört zu den ältesten Handwerksberufen und noch immer wird dabei dasselbe Material verwendet wie seit hunderten Jahren. Allerdings ist die Nachfrage in Deutschland so groß, dass der Baustoff überwiegend aus dem Ausland importiert werden muss, aus Osteuropa und sogar aus der Türkei und China. Packten sich früher vor allem arme Leu
te das Röhricht auf ihr Dach, gilt der Naturbaustoff heute als ökologisch und individuell, denn kein Reetdach gleicht dem anderen. Mit dem Klopfbrett bringt der Dach decker die Schilfl agen in Form, die er Lage für Lage bis zum Dachfi rst auf der Fläche verteilt. Im Durchschnitt wird ein Reetdach 30 bis 50 Jahre alt. Es muss allerdings regelmäßig „gekämmt“ werden, um altes Reet, Algen und Moos zu entfernen. Das Handwerk des Reetdachdeckens wurde Ende 2014 zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt.
Traditionelle Reetdächer Als Zeichen des neugewonnenen Reichtums wurden prächtige Backsteinkirchen im neogotischen Stil erbaut wie die Christuskirche in Torgelow und die Martin-Luther-Kirche mit reichlich Backsteinornamentik in Eggesin. Die Verwendung des Backsteins schlug sich auch auf die Bauart der Wohnhäuser nieder, vieles ist davon noch heute sichtbar. So fi nden sich zum Beispiel in Liepgarten zahlreiche gut erhaltene Gründerbauten mit ihren prächtig verzierten Fassaden. Aber auch alte Fachwerkhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit Reetdächern und ihren geschwungenen Gauben sind in Dörfern wie Mönkebude oder Leopoldshagen noch allgegenwärtig.
Pommersche KücheTüften, Tollatschen, Plinsen – die pommersche Küche hat mehr zu bieten als Gänsebraten und Fisch. Pommersche Küche gilt gemeinhin als schnörkellose und eher deftige Hausmannskost. Im rauen norddeutschen Klima schmecken Kartoff eln, die hier „Tüften“ heißen, Grünkohl, Gans und Schwein. Ihren Ursprung haben viele Gerichte nicht in den reichen Gutshäusern, sondern in armen Bauern und Tagelöhnerküchen, in denen mit dem gekocht wurde, was Feld, Wiesen, Wasser und Wald hergaben. In der Region am Stettiner Haff bedeutet das: frischer Fisch, Wild, dazu Obst und Gemüse aus der Region, aus dem Wald auch Pilze und Blaubeeren.
Unverkennbar ist dabei der schwedische Einfl uss auf traditionelle Gerichte, die oft in süßsaurer Variante daherkommen. So werden etwa Schweinefl eisch und natürlich auch der pommersche Gänsebraten mit Rosinen und Backpfl aumen serviert. Altbewährt ist der pommersche He
ringssalat, der mit Johannisbeergelee verfeinert wird.
Eine zentrale Rolle hat in der Esskultur hoch im Norden natürlich der Fisch. Barsch, Zander, Hecht und Aal werden aus dem Haff gefi scht und als Spezialitäten wie gebratener Haff zander mit in Butter geschwenkten Salzkartoff eln gereicht. An vielen im Frühjahr und Sommer aufgestellten Räucheröfen und Imbissbuden kann man vor allem geräucherten Aal kaufen. Als weitere Spezialität gilt der Hornhecht mit seinen grünen Gräten, der ebenfalls im Stettiner Haff vorkommt. Nicht jedermanns Sache dürften Tollatschen sein – das sind Klöße aus Mehl, Zucker, Rosinen und Blutwurst. Gewöhnungsbedürftig ist für manchen auch der Schwarzbrotpudding aus in Milch eingeweichtem und geriebenem Vollkornbrot, der mit Rum, Nelken, Zimt und Schokolade gekocht und heiß serviert wird. Dafür lieben nicht nur Kinder pommersche Hefeplinsen: kleine Pfannkuchen, die mit Pfl aumenmus oder Zimtzucker gegessen werden.
Heutzutage interpretieren moderne Köche in der Region am Stettiner Haff die einfache Küche neu und machen Gourmetgerichte daraus. Pommersche Tapas wie Welziner Käse an Knäckebrot oder gebratener Blutwursttaler auf Apfelragout gibt es im Restaurant Remise am Schloss Stolpe ( £ Seite 95) auf Usedom. In Ueckermünde will der Küchenchef im Restaurant Roter Butt ( £ Seite 52), Martin Wünscher, traditionelle Küche mit modernen Elementen verbinden – heraus kommt eine Speisekarte, auf der Gerichte wie geschmortes Wildschwein aus heimischer Jagd mit roter Zwiebelmarmelade und BärlauchSemmeltaler zu fi nden sind. So wird aus der pommerschen Küche ein wahrer Gaumenschmaus.
1918 Geschichte
Um 600 Nach Abzug der Germanen siedeln Slawen in der Region. Sie bewohnen Wallburgen, bewirtschaften die Sandböden und roden Wälder.
Um 937 König Heinrich I. unternimmt Er obe rungszüge: Als letztes slawisches Volk werden die Ukraner unterworfen.
Um 1128 Die Germanisierung Pommerns setzt ein, die pommerschen Fürsten holen Mönche, Handwerker und Adlige ins Land.
1181 Kaiser Friedrich Barbarossa belehnt Herzog Bogislaw I. mit Pommern, das dadurch zum Reichsfürstentum wird.
Ab 1200 Deutsche Siedler aus Friesland, Holstein, Westfalen und Niedersachsen kommen. Der Einfluss der Deutschen wächst enorm.
1231 Brandenburg erhält die Lehnshoheit über Pommern – der Beginn von jahrhundertelangen pommerschbrandenburgischen Auseinandersetzungen.
1260 Ueckermünde erlangt das Stadtrecht.
1295 Pommern wird in die Linien Stettin und Wolgast aufgeteilt.
Ende des 13. JahrhundertsDer deutsche Hansebund entsteht, dem auch Anklam (1283), Stettin
(1278) und Wollin (1365 erwähnt) beitreten.
1534 Herzog Philipp I. von PommernWolgast führt in Pommern die Reformation ein.
1546 Philipp I. beginnt mit dem Neubau des Ueckermünder Schlosses.
1625 Pommern wird unter Führung des Hauses Stettin wieder vereint, weil die Linie PommernWolgast ausgestorben ist.
1618–1648Die Kämpfe während des Dreißigjährigen Krieges hinterlassen schwere Zerstörungen. Als 1637 das Greifengeschlecht ausstirbt, gibt es Erbstreitigkeiten zwischen Schweden und Brandenburg.
1648 Mit dem Westfälischen Frieden wird Vorpommern Teil von SchwedischVorpommern. Brandenburg erhält Hinterpommern.
1679 Als Ergebnis des Nordischen Krieges (auch SchwedischBrandenburgischer Krieg) fallen die Inseln Usedom und Wollin an BrandenburgPreußen.
1720 Im Frieden von Stockholm wird Vorpommern aufgeteilt. Die südliche Region mit Anklam, Stettin und den Inseln Usedom und Wollin fällt an das junge Königtum Preußen.
1781–1800 Die Ueckermünder Werften bauen 102 Segelschiffe.
1806 König Gustav IV. von Schweden führt in Vorpommern die schwedische Verfassung ein und hebt die Leibeigenschaft auf. Kurz darauf wird Vorpommern von Napoleons Truppen besetzt.
1815 Mit dem Wiener Kongress wird der schwedische Teil Vorpommerns preußisch.
1825 In Pommern wird die allgemeine Schulpflicht eingeführt.
1843 Ein Dampfschiff nimmt den Linienverkehr zwischen Ueckermünde und Stettin auf.
1863 Die Eisenbahnstrecken Angermün
de – Pasewalk – Stralsund und Stettin – Pasewalk – Strasburg sind fertiggestellt.
1871 Vorpommern wird Teilstaat des Deutschen Reiches.
1891 Auf der Schmalspurbahn Ferdinandshof – Friedland fahren erste Züge.
Um 1900 55 Ziegeleien decken den hohen Bedarf an Mauersteinen. Es entwickeln sich auch die Kahnbauerei und die Kahnschifffahrt und zahlreiche Sägewerke und Gießereien entstehen.
1911 Gründung der Überlandzentrale Stettin, die für die Einführung der Elektrizität sorgt.
1919 Ein Großteil Westpreußens geht durch den Versailler Vertrag an Polen. Hinterpommern wird Grenzland.
Geschichte
Ueckermünde im 17. Jahrhundert
2120 Die Pommerschen HerzögeGeschichte
1925 Es gründet sich ein gemeinnütziger Badeverein in Ueckermünde der 100 Strandkörbe aufstellt und den Bau des Badehauses, der Strandhalle und eines Eishauses veranlasst.
1930 Mönkebude nutzt das Ausbaggern des Hafens, um einen Strand aufzuspülen.
1918–1933Bei Wahlen am Ende der Weimarer Republik pendelt Pommern zwischen den Deutschnationalen und den Linksparteien. Bei den Reichstagswahlen im November 1932 liegt die NSDAP mit 43 Prozent vorn.
Ab 1936 Nahe Ueckermünde, Eggesin, Torgelow und Löcknitz entstehen Sprengstoff und Munitionsfabriken, die auch ausländische Zwangsarbeiter beschäftigen.
1939 Pommern hat 2,4 Millionen Einwohner, Landeshauptstadt ist Stettin. Durch die Oder wird Pommern in das westlich der Oder liegende Vorpommern und das östlich der Oder liegende Hinterpommern geteilt.
12. März 1945 Verheerender Luftangriff auf Swinemünde. Zahlreiche Menschen fl iehen über das Haff nach Ueckermünde.
28. April 1945 Die Rote Armee kontrolliert das gesamte Gebiet.
1945 Auf der Potsdamer Konferenz wird Hinterpommern Polen zugesprochen. Mecklenburg wird mit Vor
pommern vereint und ab 1947 nur noch Mecklenburg genannt. Flüchtlinge sorgen für eine Verdoppelung der Bevölkerung.
1946 Durch die Bodenreform wird Grundbesitz von mehr als hundert Hektar enteignet und unter dem Motto „Junkerland in Bauernhand“ an Umsiedler und Neubauern verteilt.
1960 Das Erholungsgebiet Haff küste erhält den Status eines Landschaftsschutzgebietes.
1962 Der Tierpark Ueckermünde öff net.
1966 Eggesin erhält das Stadtrecht.
Im Herbst 1989 gibt es im Kreis Ueckermünde Montagsdemonstrationen und Kundgebungen, es entstehen Bürgerbewegungen und neue Parteien.
Seit 1990 Mit der Wiedervereinigung wird Pommern westlich der Oder zum Bundesland MecklenburgVorpommern. Das frühere Hinterpommern entspricht nahezu der 1999 geschaffenen Woiwodschaft ZachodnioPomorskie (Westpommern).
1997 Die letzte Ueckermünder Ziegelei wird stillgelegt.
2006 Es wird der Naturpark „Am Stettiner Haff “ eröff net.
2013 Ueckermünde wird offi ziell Seebad.
Rund 500 Jahre – vom 12. bis zum 17. Jahrhundert – dominiert die aus slawischer Wurzel stammende Fürstendynastie der Greifen die Entwicklung Pommerns. In den ersten Jahrhunderten ist das Territorium immer wieder großen Veränderungen unterworfen, allerdings bildet sich als Kernzone der Greifen rasch das Odermündungsgebiet heraus. Schon bald bekommen Land und Leute ihren Namen: Pommern, was aus dem slawischen „po morje“ hergeleitet wird und soviel heißt wie „vorm Meer“. Die Herrscher des Gebiets werden dem Greifen entsprechend, der sich im gemeinsamen Wappen fi ndet, als Greifenherzöge bezeichnet.
1124 gelingt es dem Stammvater der Greifenherzöge, Wartislaw I. (1100–1148), seine Herrschaft zu festigen, indem er das Land christianisiert. Auch seinen nachfolgenden Söhnen und Enkeln gelingt es trotz schwerer Kämpfe, an der Macht zu bleiben.
Um 1230 beginnen fast drei Jahrhunderte brandenburgischpommerscher Auseinandersetzungen. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts herrschen die Greifen über ein kleineres, aber weit entwickeltes Territorium. Vor allem die Küstenstädte entwickeln sich und spielen als Hansemitglieder bald eine eigenständige politische Rolle, die oft nicht im Einklang mit den Herzögen steht.
In enger Beziehung zu Karl IV. steht Barnim III. von PommernStettin. Der Kaiser erkennt 1348
die Unabhängigkeit aller pommerschen Herzöge von Brandenburg an.
Der international bekannteste Greif ist Bogislaw (1381–1459), der als nordischer König der Kalmarer Union von 1412 bis 1439 die Geschicke Dänemarks, Schwedens und Norwegens bestimmt.
Der wohl bedeutendste Greifenherzog aber ist Bogislaw X. (siehe Foto): Er vereinigt 1478 alle seit 1295 getrennten Landesteile Pommerns und gestaltet sie zu einem frühneuzeitlichen Territorialstaat um. Unter seinen Söhnen erfolgt eine neuerliche Teilung in die Herzogtümer Stettin und Wolgast. 1637 stirbt der letzte Greifenherzog Bogislaw XIV. in Stettin. Damit endet auch die staatliche Selbständigkeit Pommerns, das 1648 im Westfälischen Frieden zwischen Schweden und Brandenburg aufgeteilt wird.
Die Pommerschen Herzöge