Valenz

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Valenz (Linguistik) Der Fachausdruck Valenz (Wertigkeit) bedeutet in der Sprachwissenschaft die Eigenschaft eines Wortes, andere Wörter Äan sich zu binden³ , Ergänzungen zu Äfordern³ bzw. ÄLeerstellen zu eröffnen und die Besetzung dieser Leerstellen zu regeln³. Im Vordergrund der Valenztheorie steht das Verb (Verbvalenz). Eine Valenz haben aber nicht nur Verben, sondern auch andere Wortarten wie Substantive (  Substantivvalenz ), Adjektive (  Adjektivvalenz ) und Präpositionen. [4]  Allgemeine Valenztheorie und ihre Terminologie Der Ausdruck Valenz ist ein aus der Chemie entlehnter Terminus (Valenz). Die Einführung in die Sprachwissenschaft wird üblicherweise Tesnière zugeschrieben. Das Wort, das die Eigenschaft der Valenz hat ( Valenzträger ), wird auch  Regens genannt. Die von ihm abhängigen sprachlichen Elemente  Dependentien. Der sprachliche Ausdruck, der den Valenzträger ergänzt, ihn sättigt, von ihm regiert und bestimmt wird, wird auch Ergänzung (oder  Komplement ) genannt, die von der bloßen zusätzlichen Angabe unterschieden wird. Man unterscheidet quantitative und qualitative Valenz und meint damit zum einen die Anzahl der geforderten/ermöglichten Leerstellen und zum anderen die Art der Ergänzung. Das regierende Wort bestimmt in der Regel nicht nur die Anzahl und die Art der Ergänzung, sondern auch die ihrer grammatischen Eigenschaften. Die Valenz des Verbs (Verbvalenz) Im Vordergrund der Valenztheorie steht die Valenz des Verbs. Die Verbvalenz wird zum Ausgangspunkt der Dependenzgrammatik gemacht. So genannte Valenzwörterbücher listen Verben mit ihrer jeweiligen Valenz auf. Von der semantischen Bedeutung eines Verbs hängt seine Valenz ab (bzw. umgekehrt). Zugleich hängt von der Valenz des Verbs entscheidend die Syntax des Satzes ab. Vergleicht man die Anzahl und Art der Wertigkeit aller Verben, ergibt sich eine begrenzte Anzahl an Satzbauplänen. Neben der syntaktischen Valenz eines Verbs wird auch von der  semantischen Valenz eines Verbs gesprochen, zusammenfassend auch von syntaktisch-  semantische[r] Valenz .  

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Valenz (Linguistik)

Der Fachausdruck Valenz (Wertigkeit) bedeutet in der Sprachwissenschaft die Eigenschafteines Wortes, andere Wörter Äan sich zu binden³ , Ergänzungen zu Äfordern³ bzw.ÄLeerstellen zu eröffnen und die Besetzung dieser Leerstellen zu regeln³.

Im Vordergrund der Valenztheorie steht das Verb (Verbvalenz). Eine Valenz haben aber nichtnur Verben, sondern auch andere Wortarten wie Substantive ( Substantivvalenz ), Adjektive( Adjektivvalenz ) und Präpositionen. [4] 

Allgemeine Valenztheorie und ihre Terminologie

Der Ausdruck Valenz ist ein aus der Chemie entlehnter Terminus (Valenz). Die Einführungin die Sprachwissenschaft wird üblicherweise Tesnière zugeschrieben.

Das Wort, das die Eigenschaft der Valenz hat (Valenzträger ), wird auch Regens genannt.Die von ihm abhängigen sprachlichen Elemente Dependentien.

Der sprachliche Ausdruck, der den Valenzträger ergänzt, ihn sättigt, von ihm regiert undbestimmt wird, wird auch Ergänzung (oder Komplement ) genannt, die von der bloßenzusätzlichen Angabe unterschieden wird.

Man unterscheidet quantitative und qualitative Valenz und meint damit zum einen dieAnzahl der geforderten/ermöglichten Leerstellen und zum anderen die Art der Ergänzung.

Das regierende Wort bestimmt in der Regel nicht nur die Anzahl und die Art der

Ergänzung, sondern auch die ihrer grammatischen Eigenschaften.

Die Valenz des Verbs (Verbvalenz)

Im Vordergrund der Valenztheorie steht die Valenz des Verbs. Die Verbvalenz wird zumAusgangspunkt der Dependenzgrammatik gemacht. So genannte Valenzwörterbücher listenVerben mit ihrer jeweiligen Valenz auf.

Von der semantischen Bedeutung eines Verbs hängt seine Valenz ab (bzw. umgekehrt).Zugleich hängt von der Valenz des Verbs entscheidend die Syntax des Satzes ab. Vergleichtman die Anzahl und Art der Wertigkeit aller Verben, ergibt sich eine begrenzte Anzahl anSatzbauplänen. Neben der syntaktischen Valenz eines Verbs wird auch von der semantischen Valenz eines Verbs gesprochen, zusammenfassend auch von syntaktisch-

 semantische[r] Valenz . 

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Nach der Anzahl der Leerstellen eines Verbs unterscheidet man

y  nullwertige (avalente) Verbeno  Beispiel: <E  s> schneit.  E  s regnet. o  Das Verb hat hier kein Subjekt. Das  E  s ist ein unpersönliches Es

(Pseudoaktant) und daher kein Subjekt.y  einstellige (monovalente) Verben (ein Subjekt fordernd)

o  Beispiel: < Das Kind> läuft. y   zweiwertige (bivalente) Verben (ein Subjekt und ein Objekt, i.d.R. ein

Akkusativobjekt fordernd)o  Beispiel: <I ch> liebe <dich> 

y  dreiwertige (trivalente) Verben (ein Subjekt und zwei Objekte fordernd)o  Beispiel: <I ch> gebe < Klaus> <ein Buch>.o  Das Verb geben braucht das Subjekt, eine Akkusativ-Ergänzung und eine

Dativ-Ergänzung; es ist dreiwertig.y  vierwertige Verben

o Beispiel:

<E mil> schreibt 

< seiner Mutter>

<eine Mail>

<über seine Geldnot>.

Verben mit notwendiger (obligatorischer) und mit freier (fakultativer)Ergänzung

Teilweise wird eine strenge Zweiteilung durch die Dreiteilung in (1) obligatorische

 E rgänzungen, (2) kontextuell fakultative  E rgänzungen und (3) fakultative  E rgänzungen vermieden.

Obligatorische Ergänzungen sind notwendig, damit ein Satz grammatisch ist, optionaleErgänzungen können weggelassen werden, gelten aber trotzdem als spezifische

Konstruktion des Verbs. 

Lucien Tesnière [lysj tnj:] (* 13. Mai 1893 in Mont-Saint-Aignan; 6. Dezember1954 in Montpellier) war ein französischer Linguist und gilt als Begründer derDependenzgrammatik.

1924 erhielt er eine Professur an der Universität Straßburg . Dort erarbeitete er bereitswesentliche Grundlagen der Dependenzgrammatik. Aufgrund vonFinanzierungsschwierigkeiten, die aus dem Konflikt zwischen Frankreich und Deutschlandherrührten, konnte er nicht publizieren. Seine Ideen zur Dependenzgrammatik werden vorallem in der Praxis des Sprachunterrichts und - in letzter Zeit - auch im Bereich der

Computerlinguistik genützt. 

Dependenzgrammatik 

Dependenzgrammatik oder auch Valenzgrammatik bezeichnet eine von Lucien Tesnièrebegründete, im Ansatz aber auch schon im Mittelalter bei Thomas von Erfurt zu findendeForm der Grammatik. Valenzgrammatik erhielt den Namen in Analogie zu den Valenzenbei der chemischen Bindung. Die Dependenzgrammatik untersucht die hierarchische

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Struktur (Dependenzstruktur) eines Satzes ausgehend von mutuellen Abhängigkeiten.Dependenz ist Abhängigkeit in dem Sinne, dass ein Wort (das regierte Wort oder der Dependent ) von einem anderen Wort (das regierende Wort oder der Regent ) abhängt 

Die Valenz von Verben ± aber auch von Substantiven und anderen Wortarten ± wird in

sogenannten Valenzwörterbüchern beschrieben. Valenzangaben sind für denFremdsprachenunterricht sehr hilfreich. Grammatiken wie die Deutsche Grammatik vonHelbig/ Buscha oder die Grammatik der deutschen Sprache von Zifonun/ Hoffmann/Strecker sind stark dependentiell ausgerichtet.

Die Valenz von Verben

Verben bilden in Sätzen Satzglieder. Mit ihren finiten Formen bilden Verben dieSatzaussage, das Prädikat, eines Satzes.

Im Allgemeinen benötigen sie weitere Satzglieder um Sätze zu bilden (Ausnahme:Imperativformen wie Geht! Such!). Sie sind also ergänzungsbedürftig durch eine bestimmteAnzahl von Satzgliedern. Sie können eines, zwei oder drei andere Satzglieder zu ihrerErgänzung beanspruchen. Und manche Verben können sogar, je nach Bedeutung, eineunterschiedliche Anzahl von anderen Satzgliedern zur Ergänzung fordern. Daher sprichtman auch davon, dass das Verb eine bestimmte Anzahl von Ergänzungen "regiert".Die von den Verben zur Satzbildung jeweils geforderte Anzahl von Satzgliedern bezeichnetman als die Wertigkeit (Valenz) eines Verbs.

Man kann einwertige, zweiwertige oder dreiwertige Verben voneinander unterscheiden.Die dadurch definierten Verbklassen können dann noch weiter unterteilt werden

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(Subklassen).

Beispiele: 

Valenz  Verben mit Subjekt und ...  Beispiele  absolute oderrelative Verben 

einwertig V + S Otto schläft. Der Motor 

 brummt. Der Wind weht.

absolute Verben 

mit Subjekt ohneweitere

Satzgliedergänzung

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zweiwertig V + S + Akkusativobjekt Ich frage dich. Wir kaufen

 

ein Auto. Ich achte dich.relative Verben mitSubjekt und einer 

weiterenSatzergänzung

V + S + Dativobjekt Wir helfen dir. Sie gefiel ihm.

Sie vertrauen ihm.

V + S + Genitivobjekt Wir gedenken der totenSoldaten.

V + S + Präpositionalobjekt Ich verzichte auf meinen

Beitrag. Ich achte auf dasZeichen. Wir bedanken uns

für die Einladung.

V + S + Prädikatsnomen Ich heiße Tim. Sie istSekretärin. Wir sind die

Profis.

V + S + adverbiale

Ergänzung der Zeit, des Ortesoder der Art und Weise

Die Krankheit dauerte sechs

Wochen.

dreiwertig V + S + Akkusativobjekt +Dativobjekt

Der Verkäufer gab mir das

 

Paket.relative Verben mitSubjekt und zwei

weiterenSatzergänzungen

V + S + Akkusativobjekt +

Genitivobjekt

Sie beschuldigte ihn der 

Untreue.

V + S + Akkusativobjekt +

Präpositionalobjekt

Du drängst mich zu dieser 

Konsequenz.

V + S + Akkusativobjekt +adverbiale Ergänzung der 

Zeit, des Ortes oder der Artund Weise

Der Schüler legte das Buchauf den Tisch.

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Unterschied zu Konstituenten und Wortkonstituenten

 Konstituente (auch Satzteil ) ist der Oberbegriff zu Satzglied (auch Satzkonstituente) undWortkonstituente. Wortkonstituenten sind die kleinsten bedeutungstragenden Bestandteilevon Wörtern, Satzglieder sind hingegen eine Einheit des Satzes, die allein die Position vor

dem finiten Verb besetzen kann.[1] Eine Konstituente ist im allgemeinen ein (sprachliches)Element als Teil einer größeren Einheit und Satzteil ist laut Duden ein Synonym fürKonstituente.[2] Die Begriffe Satzglied und Wortkonstituente sind also wesentlichspezifischer als der Oberbegriff Konstituente.