Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende...

25
Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie und Heilung

Transcript of Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende...

Page 1: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

Vasant Lad

Das großeAyurveda-Heilbuch

Die umfassende Einführung in das AyurvedaMit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose,

Therapie und Heilung

Page 2: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

Titel der Originalausgabe Ayurveda – The Science of Self-Healingerschienen bei Lotus Press, Santa FéAus dem Amerikanischen übersetzt von Christopher Baker© der Originalausgabe 1984 bei Vasant Lad

Die hier vorgestellten Methoden sind nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt, die Informationensollen aber ärztlichen Rat und Hilfe nicht ersetzen. Der Verlag übernimmt keinerlei Haftung für Schäden, diesich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der in diesem Werk dargestellten Diagnose- und Behandlungsme-thoden sowie Rezepten ergeben.Die Informationen in diesem Buch sind für Interessierte zur Weiterbildung gedacht und nicht als Therapie-oder Diagnoseanweisung im medizinischen Sinne zu verstehen.

15. Auflage 2005© 1988 by Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, AitrangAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: Marx Grafik & ArtWork,unter Verwendung einer Illustration von Angela C. WemekeZeichnungen im Innenteil: Angela C. WemekeLektorat: Silke KleemannGesamtherstellung: Schneelöwe, Aitrangwww.windpferd.deISBN 3-89385-428-2

Printed in Germany

Page 3: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

Inhaltsverzeichnis

Die drei Malas ...........................................36

Die sieben Dhatus ......................................39

V. KAPITEL

Die Eigenschaften ......................................43

VI. KAPITEL

Die Diagnose ............................................. 49

Die Untersuchung des Radialispulses ......... 49

Zungendiagnose ......................................... 55

Antlitzdiagnose ..........................................55

Lippendiagnose ..........................................58

Nageldiagnose ............................................58

Augendiagnose ...........................................61

VII. KAPITEL

Therapie .................................................... 63

Das Loslassen von Gefühlen ....................... 63

Pancha Karma ............................................64

Die Therapie mittels Erbrechen (Vaman) ...64

Abführmittel (Virechan) ............................ 64

Einlauf (Basti) ............................................65

Die Einführung von Arzneienin die Nase (Nasya) ....................................65

Der Aderlass (Rakta Moksha) ..................... 68

Palliative Therapie ......................................73

VIII. KAPITEL

Die Ernährung ..........................................75

Fasten ........................................................80

Vitamine .................................................... 81

Danksagung .................................................9Vorwort .....................................................11

I. KAPITEL

Geschichte und Philosophie1 ......................13

Die erste Wissenschaft vom Leben .............14

Ayurveda und menschliches Potenzial ........14

Ayurveda, Yoga und Tantra ........................17

Ayurveda und der westliche Geist ..............17

II. KAPITEL

Der Mensch und die Fünf Elemente ...........19

Der Mensch als Mikrokosmos ....................20

Die Sinne ...................................................20

III. KAPITEL

Die Konstitution des Menschen ..................23

Zum Verständnis der Tridoshas ..................25

Die Bestimmungder individuellen Konstitution ...................27

Die Vata-Konstitution ................................28

Die Pitta-Konstitution ...............................28

Die Kapha-Konstitution ............................30

Geistige Konstitutionen .............................31

IV. KAPITEL

Krankheitsprozesse .....................................33

Einteilung der Krankheiten ........................33

Krankheitsanfälligkeit ................................34

Agni – Der Schlüsselzu Krankheit oder Gesundheit ...................35

Unterdrückte Gefühle ................................36

Page 4: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

IX. KAPITEL

Die Geschmacksempfindung .......................83

Rasa, Virya und Vipaka ..............................83

X. KAPITEL

Lebensweise und Tagesablauf ...................... 99

XI. KAPITEL

Die Zeit ...................................................103

Sonne und Mond .....................................104

Astrologie .................................................104

Die verschiedenen Lebensalter .................106

XII. KAPITEL

Langlebigkeit ...........................................107

Yoga .........................................................110

Atmung und Meditation (Pranayama) .....111

Mantra .....................................................112

Meditation ...............................................112

Massage ...................................................120

XIII. KAPITEL

Arzneistoffe ..............................................123

Die Küchenapotheke ...............................123

Metalle .....................................................133

Die Therapie mit Steinen, Edelsteinenund Farben ..............................................136

Farbe ........................................................139

Schlussbetrachtung ...................................141

ANHANG A

Nahrungsmittel – Antidote ....................... 144

ANHANG B

Einfache therapeutische Maßnahmen .......147

ANHANG C

Rezepte .................................................... 151Glossar ..................................................... 153

Adressen und Bezugsquellen ..................... 156

Page 5: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

Die Samkhya-Philosophieder Schöpfung ......................................... 15

Die Fünf Elemente, die Sinnesorganeund ihre Funktionen ................................ 21

Der Sitz von Vata, Pitta und Kapha ......... 24

Die Funktionen der Tridoshas .................. 26

Die Konstitution des Menschen(Prakriti) .................................................. 29

Die Harnuntersuchung ............................ 38

Öltropfen-Test ......................................... 38

Der Kreislauf der Nährstoffeund die Umwandlung der Dhatus ............ 40

Die Zwanzig Eigenschaften (Gunas)und ihre Wirkungen ................................ 44

Die Eigenschaften der Tridoshas .............. 46

Die Elemente der Tridoshas ..................... 46

Die Bestimmung des Pulses ..................... 51

Pulsstellen ................................................ 52

(Nadi) Pulsdiagnose ................................. 52

Der Puls und die Organe ......................... 53

Die Meridiane und die Fünf Elemente ..... 54

Zungendiagnose (Jihva) ........................... 56

Antlitzdiagnose ........................................ 59

Lippendiagnose (Ostha) ........................... 59

Nageldiagnose .......................................... 60

Augendiagnose ......................................... 62

Die Therapie mittels Erbrechen(Vaman) ................................................... 66

Die Therapie mittels Abführmittel(Purgiermittel) (Virechan) ........................ 69

Die Therapie mittels Einlauf (Basti) ......... 70

Die Therapie über die Nasenschleimhaut(Nasya) .................................................... 71

Verzeichnis der Darstellungen,Tabellen und Abbildungen

Nahrungsmittel-Richtlinienfür Konstitutions-Grundtypen ................. 77

Die Geschmacksrichtungenund ihre Wirkungen ................................ 85

Die Eigenschaften und Wirkungenvon Rasa, Virya und Vipaka ..................... 87

Empfehlungen für ein kreatives,gesundes Leben ...................................... 100

Tridosha Mandala .................................. 105

Jahres- und Tageszeiten .......................... 105

Yoga-Stellungen für Vata-, Pitta- undKapha-Erkrankungen ............................. 113

Asanas bei Vata-, Pitta- undKapha-Störungen ................................... 119

So-Hum Meditation .............................. 121

Kalender der Monatssteine ..................... 136

Verwendung der Edel- undHalbedelsteine ....................................... 136

Page 6: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

VORWORT 11

Vorwort

Geriatrie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, All-gemeinmedizin und Chirurgie. Jedes diesermedizinischen Fachgebiete wird abgehandeltnach den Theorien der fünf Elemente (Äther,Luft, Feuer, Wasser, Erde); der Tridoshas, oderden drei Körpersäften; den sieben Dhatus,oder Körpergeweben; den drei Malas (Urin,Stuhl, Schweiß); und der Dreiheit des Le-bens: Körper, Geist und spirituelles Bewusst-sein. Diese Begriffe werden in dieser Einfüh-rung ausführlich erläutert.

Das Hauptanliegen dieses Buches ist es,dem Leser einen grundlegenden Überblicküber die ayurvedische Medizin zu geben,wozu die Methoden der Untersuchung, Di-agnose und der Behandlung gehören. DieFörderung der Langlebigkeit, der Gebrauchvon Heilpflanzen und andere praktischeAspekte der Gesundheitspflege werden eben-falls behandelt.

Nachdem der Lernende sich einen grund-legenden Überblick verschafft hat, bleibtnoch eine Fülle des alten Wissens in denSchriften der ayurvedischen Weisen, aberauch in den Unterweisungen der modernenayurvedischen Ärzte zu ergründen. Dazugehört zum Beispiel der Chirurg Sushruta(der vor 2.000 Jahren eine klassische Ab-handlung über Chirurgie schrieb, „SushrutaSamhita“), dessen Schriften in eindrucks-voller Weise einen Großteil der modernenMedizin vorweggenommen haben. Zu denThemen, die er bis ins Detail abgehandelthat, gehören unter anderem die Autopsie

Die tiefe Überzeugung, dass dem westlichenMenschen die Gelegenheit gegeben werdensollte, auf eine einfache und praktische Artund Weise am ayurvedischen Wissen teilzu-haben, hat den Autor dazu bewegt, diesesBuch zu schreiben. Ayurveda ist bislang imWesten als eine esoterische Wissenschaft an-gesehen worden, doch ist sie eine einfache,praktische Wissenschaft des Lebens, derenPrinzipien im alltäglichen Leben eines je-den Menschen universell anwendbar sind.Ayurveda spricht jedes Element und jedenAspekt des menschlichen Lebens an, undbietet all denjenigen, die nach größerer Har-monie, Frieden und Langlebigkeit streben,einen Weg, der über viele Jahrhunderte er-probt und verfeinert wurde.

Dieses Buch bietet dem Leser ein Wissen,das von bleibendem Wert ist, denn die ayur-vedische Wissenschaft beruht nicht auf denErgebnissen wissenschaftlicher Forschung,die ständigen Wechseln unterworfenen sind,sondern auf der ewigen Weisheit der Rishis,die diese Wissenschaft als einen Ausdruckder vollkommenen Ganzheit des KosmischenBewusstseins kraft ihrer religiösen Innenschauund Meditation empfangen haben. Ayurve-da ist eine zeitlose Wissenschaft, und der Autorhofft, dass diese Erläuterungen und Unter-weisungen dem Leser oder der Leserin einLeben lang dienlich sein werden.

Ayurveda befasst sich mit den acht Haupt-zweigen der Medizin: Kinderheilkunde, Frau-enheilkunde, Geburtshilfe, Augenheilkunde,

Page 7: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

12 VORWORT

und die Methoden der plastischen Chirur-gie, die, Jahrhunderte später, der modernenplastischen Chirurgie als Grundlagen dien-ten. Sushruta vervollkommnete die Metho-de, Knochenbrüche mit der Hilfe von Nä-geln zu richten. Des Weiteren erkannte erwichtige Punkte am Körper, Marmas ge-nannt, die zu den lebenswichtigen Organenin Beziehung stehen. Äußere traumatischeEinwirkungen auf diese Punkte können au-ßerordentlich ernste, sogar tödliche Folgenhaben.

Zu seinen zahlreichen anderen Beiträ-gen zur Medizin gehört eine besondere Ader-lassmethode, die Sushruta zur Heilung vonBlutkrankheiten entwickelte. Es dürfte ausdieser kurzen Schilderung von großen Leis-tungen hervorgehen, dass wir von den altenayurvedischen Meistern viel lernen können.

Die ayurvedische Weisheit ist in Sansk-rit, der alten Sprache Indiens, überliefertworden. Gewisse Sanskritwörter, die be-stimmte Vorstellungen der ayurvedischenMedizin beschreiben und sich nicht adä-quat übersetzen lassen, sind daher vom Autorbeibehalten worden, und werden bei ihremersten Erscheinen im Text in klarer, einfa-cher Weise erläutert.

Dies ist das erste Buch des Autors und ermöchte an dieser Stelle seinen ayurvedischenLehrmeistern seinen Dank aussprechen, ganzbesonders aber Vaidya B.P. Nanal; der TilakAyurveda Mahavidya Medical School, wo derAutor studierte und später als Dozent undProfessor der Inneren Medizin tätig war; unddem Seth Tarachand Ramnath AyurvedicHospital, wo der Autor seine praktische Aus-bildung erhielt, als Arzt tätig war und späterdie Stelle des Medical Director innehatte.Darüber hinaus möchte der Autor seinen Stu-denten und Freunden danken, deren Liebeund Unterstützung ihn zu diesem Buch in-spiriert haben. Aber auch dem Leser möchteer seinen Dank aussprechen, der durch seineVerpflichtung zum Lernen und zum eigenenWachstumsprozess sich der Wissenschaft desAyurveda, so wie sie hier dargestellt wird,öffnet.

Dr. Vasant LadSanta Fé, New Mexico

Januar 1984

Page 8: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

I GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE 13

1 Dieses Kapitel mag den Lesern, die sich mit diesen Themen noch nicht befasst haben, als schwierig erscheinenund kann als erstes, letztes oder zu einem beliebigen Zeitpunkt gelesen werden.

2 Die 24 spezifischen Prinzipien oder Elemente der Samkhya-Philosophie sind folgende: Prakriti; Mahat; Ahamkara;die fünf Sinneswahrnehmungen; die fünf motorischen Organe; Geist; Fünf Sinne, d. h. Äther, Luft, Feuer, Was-ser, Erde. Purusha wird oft als der Prakriti untergeordnet betrachtet, wie auch die drei Gunas, d. h. Sattwa, Rajasund Tamas. (Siehe Tabelle 1. zur Samkhya-Philosophie der Schöpfung.)

I. Kapitel

Geschichte und Philosophie1

Ayurveda versteht sich nicht nur als eineWissenschaft, sondern umfasst auch Religi-on und Philosophie. Mit dem Wort Religi-on sind Glaubensinhalte und Übungen ge-meint, die Seinszuständen förderlich sind,in denen die Pforten der Wahrnehmung füralle Aspekte des Lebens offen sind. Ayur-veda sieht den ganzen Lebensweg als etwasGöttliches an. Mit dem Wort Philosophiewird die Liebe zur Wahrheit bezeichnet. ImAyurveda wird die Wahrheit als das Sein,reines Sein, das Ursprung allen Lebens ist,angesehen. Ayurveda ist eine Wissenschaftvon der Wahrheit, wie sie im Leben zumAusdruck kommt.

Die gesamte ayurvedische Literatur beruhtauf der Samkhya-Philosophie der Schöpfung.(Der Begriff Samkhya hat seine Wurzeln inden beiden Sanskritwörtern, Sat, was Wahr-heit bedeutet, und Khya – Wissen.) Der Lesermöge mit offenem Geist und Herzen an dieSamkhya-Philosophie herantreten, denn sie istmit dem Ayurveda innig verknüpft.

Die alten Erleuchteten, die Rishis, dieauch Seher der Wahrheit genannt wurden,gelangten durch ihre religiösen Praktikenund Übungen zur Erkenntnis der Wahrheit.Kraft ihrer intensiven Meditation verkör-

perten sie diese Wahrheit in ihrem täglichenLeben. Ayurveda ist die Wissenschaft vonder täglichen Lebensführung. Dieses Sys-tem des Wissens ist aus der praktischen phi-losophischen und religiösen Erleuchtung derRishis hervorgegangen, die in ihrem Ver-ständnis der Schöpfung wurzelte.

Sie erkannten die enge Wechselbeziehungzwischen Mensch und Universum, und dassdie kosmische Energie sich in allen beseel-ten und unbeseelten Dingen manifestiert.Sie gelangten auch zu der Einsicht, dass derUrsprung allen Seins das Kosmische Be-wusstsein ist, das sich als männliche undweibliche Energie manifestiert – als Shivaund Shakti.

Der Rishi Kapila, der die Samkhya-Phi-losophie der Schöpfung erkannte, entdeck-te vierundzwanzig Prinzipien oder Elemen-te des Universums2, von denen Prakriti, oderKreativität, das grundlegendste ist.

Purusha ist die männliche Energie, wäh-rend Prakriti die weibliche darstellt. Purushaist ohne Form, Farbe und jenseits von allenEigenschaften und hat keinen aktiven An-teil an der Manifestation des Universums.Diese Energie ist nicht wählende, passiveBewusstheit.

Page 9: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

14 GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE I

Prakriti hat Form, Farbe und Eigenschaf-ten. Prakriti ist wählende Bewusstheit, Gött-licher Wille, das Eine, das zum Vielen wer-den will. Das Universum ist das Kind, dasaus dem Schoß der Prakriti, der GöttlichenMutter, hervorgeht.

Prakriti erschafft alle Formen im Univer-sum, während Purusha Zeuge dieser Schöp-fung ist. Prakriti ist die physikalische Uren-ergie, in der die drei Eigenschaften oder Gunasenthalten sind, die in der ganzen Natur, demwerdenden Kosmos zu finden sind.

Die drei Gunas sind Sattwa (Essenz),Rajas (Bewegung) und Tamas (Beharrungs-vermögen). Diese drei sind die Grundlagenallen Seins. In Prakriti sind sie im Gleichge-wicht. Wenn dieses Gleichgewicht gestörtwird, wirken die Gunas aufeinander ein, wasdie Evolution des Universums hervorbringt.

Die erste Manifestation von Prakriti istdie Kosmische Intelligenz. Aus Mahat bil-det sich das Ego (Ahamkara). Mit der Hilfevon Sattwa manifestiert sich das Ego in diefünf Sinne (Tanmatras) und in die fünf mo-torischen Organe hinein, wodurch das or-ganische Universum entsteht. Mit der Hilfevon Tamas manifestiert sich das gleiche Egoin die fünf Grundelemente (Bhutas) hinein,um das anorganische Universum hervorzu-bringen.

Rajas ist die aktive, vitale Lebenskraft imKörper und bewegt sowohl das organischeals auch das anorganische Universum jeweilszu Sattwa und Tamas hin. So sind Sattwa undTamas inaktive, potenzielle Energien, die deraktiven kinetischen Kraft von Rajas bedür-fen. Sattwa ist schöpferisches Potenzial (Brah-ma); Rajas ist eine erhaltende, schützendeKraft (Vishnu); und Tamas ist eine potenziellzerstörerische Kraft (Mahesha). Schöpfung(Brahma), Erhaltung (Vishnu) und Zerstö-

rung (Mahesha) sind die drei Manifestatio-nen des lautlosen kosmischen Urlautes Aum,die fortwährend im Universum wirken. Dienebenstehende Tabelle veranschaulicht dieseManifestation des Universums.

Die erste Wissenschaftvom Leben

Ayurveda ist ein ganzheitliches medizini-sches System, das in Indien entstanden istund dessen Anwendung dort weit verbrei-tet ist. Das Wort Ayurveda stammt aus demSanskrit und bedeutet „Wissenschaft vomLeben“. Ayu bedeutet so viel wie „Leben“oder „tägliches Leben“ und Veda bedeutet„Wissen“. Der Ayurveda fand seine ersteNiederschrift in den Veden, den ältestenüberlieferten Schriften der Menschheit. Seitüber 5.000 Jahren wird diese Heilkunst täg-lich in Indien angewandt.

Ayurvedaund menschliches Potenzial

Die ayurvedische Lehre betrachtet den Men-schen als einen Mikrokosmos, ein Univer-sum für sich. Er ist ein Kind der kosmischenKräfte der äußeren Umwelt, des Makrokos-mos. Das Leben des einzelnen Menschen istvon der Manifestation des Kosmos als Ge-samtheit nicht zu trennen. Ayurveda be-trachtet Gesundheit und „Krankheit“ auseiner ganzheitlichen Sicht, welche die Be-ziehung mit einbezieht, die zwischen Indi-viduum und dem kosmischen Geist, Indi-viduum und dem kosmischen Bewusstseinund zwischen Energie und Materie besteht.

Nach den ayurvedischen Lehren hat jederMensch vier biologische und spirituelle An-triebe oder Triebe: den religiösen, den finan-

Page 10: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

I GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE 15

Purusha Prakruti

Mahad

Ahamkar

Sattwa Rajas Tamas

Die Samkhya-Philosophie der SchöpfungPurusha ist nicht-manifest, formlos, passiv, jenseits von Eigenschaften, Ursache und Wirkung, Raum undZeit. Purusha ist reines Sein. Prakriti ist die schöpferische Kraft der Tätigkeit, der Ursprung von Form,Manifestation, Eigenschaften und der Natur. Mahat ist die Kosmische Intelligenz oder Buddhi. Ahamkaraist das Ego, das Gefühl eines Ichs. Sattwa ist Stabilität, reine Erscheinung, Erwachen, Essenz und Licht.Rajas ist dynamische Bewegung. Tamas ist statisch, potenzielle Energie, Trägheit, Dunkelheit, Unwis-senheit und Materie.

Page 11: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

16 GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE I

Das Der Das Der DerGehör Tastsinn Sehvermögen Geschmackssinn Geruchssinnist der ist der ist der ist der ist der

Guna des Guna der Guna des Guna des Guna der Äthers Luft Feuers Wassers Erde(Akash) (Vaju) (Tejas) (Jala) (Prthvi)

Organisch

Sattwa

Tamas

Rajas

Anorganisch

Die Die Fünf Fünf Sinne Motorischen Organe Der GeistOrgane der Organe ist sowohl

Wahrnehmung der Tätigkeit ein Organ derOhren, Haut, Mund, Hände, Füße, Wahrnehmung

Augen, Zunge, Fortpflanzungsorgane als auch derNase Ausscheidungsorgane Tätigkeit

Page 12: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

I GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE 17

ziellen, den Fortpflanzungstrieb und denDrang nach Freiheit. Eine gute, ausgegliche-ne Gesundheit ist die Voraussetzung, um dieseAntriebe erfüllen zu können. Ayurveda hilftdem Gesunden, seine Gesundheit zu erhal-ten, und dem Kranken, sie wiederzuerlan-gen. Ayurveda versteht sich als medizinisch-metaphysische, heilende Wissenschaft vomLeben, als Mutter aller Heilkünste. Die An-wendung des Ayurveda fördert Glück, Ge-sundheit und schöpferisches Wachstum.

Durch das Studium der ayurvedischenLehre kann sich jeder praktisches Wissen überdie Selbstheilung aneignen. Sind alle Energi-en im Körper im Gleichgewicht, lassen sichdie Krankheitsvorgänge und die körperlichenVerfallserscheinungen in eindrucksvoller Wei-se verringern. Die Fähigkeit des Einzelnenzur Selbstheilung ist grundlegend für dieSichtweise der ayurvedischen Wissenschaft.

Ayurveda, Yoga und Tantra

Ayurveda, Yoga und Tantra sind uralte Dis-ziplinen des Lebens, deren Ausübung in In-dien sich über viele Jahrhunderte hinwegerstreckt. Sie werden in den Schriften derVeden und Upanishaden erwähnt. Yoga istdie Wissenschaft von der Vereinigung mitdem Göttlichen, mit der Wahrheit; Tantraist die direkteste Methode, um die Energie,die die höchste Vereinigung mit der Wahr-heit schafft, zu beherrschen; und Ayurvedaist die Wissenschaft vom Leben.

Sinn und Zweck jeder dieser Disziplinenist es, den Menschen zur Langlebigkeit,Verjüngung und zur Selbstverwirklichung

zu verhelfen. Ziel von Yoga und Tantra istdie Befreiung, doch sind nur wenige diszi-plinierte Personen im Stande, dieses höchs-te Ziel auf einem dieser Wege zu erreichen.Ayurveda jedoch kann von jedem erfolg-reich zur Erlangung von Gesundheit undLanglebigkeit praktiziert werden.

Bei der spirituellen Evolution des Men-schen bildet Ayurveda die Grundlage, Yogaden Körper und Tantra den Kopf. Um dieLehren und Praktiken von Yoga und Tantrazu verstehen, ist es zunächst erforderlich,Ayurveda zu verstehen. So bilden Ayurve-da, Yoga und Tantra eine voneinander ab-hängige Dreiheit des Lebens, wobei keineder drei Disziplinen für sich alleine steht.Die Gesundheit von Körper, Geist* und Be-wusstsein** hängt von den Kenntnissen undder Anwendung dieser drei im täglichenLeben ab.

Ayurveda und der westliche Geist

Westliche Medizin und Denkweisen neigendazu, das Individuelle zu verallgemeinern undzu kategorisieren. Zum Beispiel sieht derWesten das, was einer Mehrzahl von Men-schen gemeinsam ist, als Norm an. NachAnsicht des Ayurveda muss die Norm indi-viduell bewertet werden, denn jede mensch-liche Konstitution zeigt ihr eigenes, beson-deres spontanes Temperament und ihre eigeneFunktionsweise.

Im Osten werden Akzeptanz, Beobach-tung und Erfahrung als Schlüssel zum Ver-ständnis einer Sache angesehen; im Westendagegen das Fragen, Analysieren und logi-

* Mit „Geist“ sind in diesem Zusammenhang und auf den folgenden Seiten die Tätigkeiten des urteilenden Intel-lekts gemeint.

** „Bewusstsein“ bezeichnet die intuitiven seelischen Vorgänge, die in direkter Verbindung mit dem GöttlichenPrinzip und der Quelle allen Lebens stehen.

Page 13: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

18 GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE I

sche Folgern. Im Allgemeinen vertraut derwestliche Geist der Objektivität, währendder östliche der Subjektivität mehr Bedeu-tung beimisst. Die östliche Wissenschaftlehrt die Überwindung der Trennung zwi-schen Subjektivität und Objektivität. DieseUnterschiede mögen auch der Grund sein,warum manche Abendländer Schwierigkei-ten haben, die Methodik des Ayurveda zuverstehen. Viele Aussagen, die in dieser ayur-vedischen Einführungsschrift gemacht wer-den, mögen die Frage nach dem Wie undWarum nahe legen.

Der Autor möchte seine Leser respekt-voll daran erinnern, dass solche Fragen, sounvermeidlich sie auch sein mögen, nichtimmer zu beantworten sind. Auch in dermodernen westlichen Medizin gibt es Vor-stellungen, die ihre Wirksamkeit bewiesenhaben, ohne dass man die Ursachen und

Hintergründe der Phänomene vollkommenverstehen würde. Zum Beispiel verwendetman Antibiotika, um Bakterien zu vernich-ten, die im Körper Toxine bilden, obwohl eskeine erschöpfende Erklärung dafür gibt,wie und warum diese Toxinbildung der Bak-terien vor sich geht. Des Weiteren ist Ayur-veda eine ganzheitliche Wissenschaft imwahrsten Sinne des Wortes, deren Wahrheitsich durch die Summe vieler Elemente er-gibt. Daher wird es sich als wenig ergiebigund unbefriedigend erweisen, Teilaspektein Frage zu stellen, ehe man sich einen gu-ten Gesamtüberblick über die ayurvedischeWissenschaft angeeignet hat. Dem Leserwird daher respektvoll empfohlen, bestimm-te Aussagen, die zunächst vielleicht unbegrün-det erscheinen mögen, vorerst zu akzeptieren,bis er angefangen hat, das ayurvedische Wis-sen als Gesamtheit verstehen zu können.

Page 14: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

III DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN 23

III. Kapitel

Die Konstitution des Menschen

webe und die Ausscheidung von Abfallpro-dukten aus dem Körper. Sie sind auch fürpsychologische Phänomene verantwortlich,einschließlich von Emotionen wie Angst,Zorn und Gier, aber auch für menschlicheGefühle der höchsten Art wie Verständnis,Mitgefühl und Liebe. Die Tridoshas bildenso die Grundlage des psychosomatischenLebens des Menschen.

Die Grundkonstitution eines jeden Men-schen wird zum Zeitpunkt der Empfängnisfestgelegt. Bei der Befruchtung vereinigt sichdas Spermatozoon, eine einzelne männli-che Einheit, mit der Eizelle, einer einzelnenweiblichen Einheit. Zum Zeitpunkt dieserVereinigung wird die individuelle Konsti-tution durch die Vereinigung und Kombi-nation der Luft-, Feuer- und Wasserelementebestimmt, die sich in den Körpern der El-tern manifestieren.

Es gibt im Allgemeinen sieben Konstitu-tionstypen: 1.) Vata, 2.) Pitta, 3.) Kapha, 4.)Vata-Pitta, 5.) Pitta-Kapha, 6.) Vata-Kaphaund 7.) Vata-Pitta-Kapha. Unter diesen sie-ben allgemeinen Typen gibt es unzähligesubtile Variationen je nach den prozentua-len Anteilen der Vata-Pitta-Kapha-Elemen-te an der Konstitution.

Die Konstitution wird im Sanskrit alsPrakriti bezeichnet, was so viel wie „Natur“,„Kreativität“ oder „die erste Schöpfung“ be-

Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde, diefünf Grundelemente, manifestieren sich immenschlichen Körper als drei Grundprinzi-pien, oder Körpersäfte, die als Tridoshas be-zeichnet werden. Aus den Elementen Ätherund Luft tritt das Luftprinzip im Körper inErscheinung, das Vata genannt wird. (In derSanskrit-Terminologie wird dieses Prinzipals Vata Dosha bezeichnet.) Die ElementeFeuer und Wasser manifestieren sich zusam-men im Körper als das Feuerprinzip Pitta.Die Elemente Erde und Wasser manifestie-ren sich als Körperflüssigkeit, die als Kaphabezeichnet wird.

Drei Elemente – Vata – Pitta – Kapha –bestimmen und regeln alle biologischen, psy-chologischen und physiopathologischenFunktionen des Körpers, des Geistes und desBewusstseins. Sie wirken wie Grundbestand-teile des Körpers in seinem normalen physi-ologischen Zustand und als Schutzschichten;ist ihr Gleichgewicht gestört, tragen sie zuden Krankheitsprozessen bei.

Die Tridoshas sind für die Entstehung dernatürlichen Instinkte und für die individu-ellen Vorlieben für bestimmte Nahrungs-mittel, ihren Geschmack, ihre Temperaturusw. verantwortlich (siehe Kapitel VIII zueiner Beschreibung der Mechanismen die-ser Vorlieben). Sie regeln die Entstehung,Erhaltung und Zerstörung der Körperge-

Page 15: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

24 DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN III

Der Sitz von Vata, Pitta und Kapha

VataLuft und Äther

Lebens-Prana

siehe Prana im Glossar

Nährendes Prana

KaphaWasser und Erde

PittaFeuer und Wasser

Vata kann als das Luftprinzip im Körper übersetzt werden. Der Sitz von Vata ist der Dickdarm, derBeckenraum, die Knochen, Haut, Ohren und Hüften.Pitta wird als Feuer übersetzt und manifestiert sich als die Hitze-Energie des Körpers. Pitta unterstehenVerdauung, Resorption, Assimilation, Ernährung, Stoffwechsel, Körpertemperatur, Hautfarbe, der Glanzder Augen und auch Intelligenz und Verstehen.Kapha hält die Elemente im Körper fest zusammen und bildet das Material für die körperliche Struktur.Kapha manifestiert sich im Brustraum, im Hals, Kopf, in den Nebenhöhlen, in der Nase, im Mund, Magen,Gelenken, Zytoplasma, Plasma und in den Sekreten des Körpers wie den Schleimabsonderungen.Voraussetzung für Gesundheit ist ein ausgeglichener Zustand unter den Doshas.

Page 16: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

III DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN 25

deutet. Der erste Ausdruck der fünf Grund-elemente im Körper ist die Konstitution. DieGrundkonstitution eines Menschen bleibt zeit-lebens unverändert, da sie genetisch festgelegtist. Die Kombination der Elemente, die zurZeit der Geburt gegeben war, bleibt konstant.Die Kombination der Elemente jedoch, welchedie kontinuierlichen physiopathologischen Ver-änderungen im Körper regelt und bestimmt,ändert sich in Reaktion auf die Umwelt.

Durch das ganze Leben hindurch bestehteine ständige Wechselwirkung zwischen derinneren und der äußeren Umwelt. Die äu-ßere Umwelt umfasst die kosmischen Kräf-te (Makrokosmos), während die innerenKräfte (Mikrokosmos) Vata-Pitta-Kapha-Prinzipien unterstehen. Im Ayurveda besagtein Grundprinzip der Heilung, dass mandurch Änderung der Ernährung und derLebensweise unter den im Inneren des Men-schen wirkenden Kräften einen Zustand desGleichgewichts herstellen kann, um so Ver-änderungen in der äußeren Umwelt entge-genzuwirken und auszugleichen.

Zum Verständnisder Tridoshas

Nach den ayurvedischen Lehren ist ein kla-res Verständnis der drei Doshas die Grund-voraussetzung dafür, sich selbst und andereheilen zu können. Der Vata-Pitta-Kapha-Begriff ist allein dem Ayurveda zu Eigenund beinhaltet ein Potenzial, das die Heil-kunde des Westens von Grund auf umge-stalten könnte. Es ist jedoch recht schwie-rig, die Sanskritworte Vata, Pitta, Kapha unddie damit verbundenen Vorstellungen inwestliche Begriffe zu übertragen.

Vata ist das Prinzip der Bewe-gung. Das, was sich bewegt, wirdVata genannt. Daher kann manVata als das Luftprinzip im Kör-

per übersetzen. Das Element Luft in der äu-ßeren Atmosphäre ist jedoch nicht dasselbewie die Vorstellung vom Luftelement im Kör-per. Vata, oder das Element Luft auf denKörper bezogen, kann man als die subtileEnergie, die die biologischen Bewegungenregelt, bezeichnen. Dieses biologische Prin-zip der Bewegung erzeugt alle subtilen Ver-änderungen im Stoffwechsel. Vata setzt sichaus den beiden Elementen Äther und Luftzusammen.

Vata regelt die Atmung, den Lidschlag,die Bewegungen in den Muskeln und in denGeweben, die Herzschläge, alle Ausdehnun-gen und Zusammenziehungen, die Bewe-gungen des Zytoplasmas und der Zellmem-branen und die Bewegungen der einzelnenImpulse in den Nervenzellen. Dem Vata-Prinzip unterstehen solche Empfindungenund Emotionen wie Frische, Nervosität,Angst und Furcht, Zittern und Krämpfe.Der Dickdarm, der Beckenraum, die Kno-chen, Haut, Ohren und Hüften sind derSitz von Vata. Wenn sich ein Übermaß anVata im Körper entwickelt, wird es sich indiesen Bereichen ansammeln.

Pitta wird als Feuer übersetzt, ob-wohl dieser Begriff nicht wört-lich „Feuer“ bedeutet. Die Flam-me einer Kerze oder das Feuer im

Kamin kann man sehen, die Hitze-Energiedes Körpers, Pitta-Dosha, die sich als Meta-bolismus, als Stoffwechsel manifestiert, istnicht in dieser Weise sichtbar. Dem Pitta un-terstehen Verdauung, Resorption, Assimila-tion, Ernährung, Stoffwechsel, Körpertem-

Page 17: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

26 DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN III

Die Funktionen der Tridoshas

Vata Pitta Kapha(Luft und Äther) (Feuer und Wasser) (Wasser und Erde)

Bewegung Körperwärme Stabilität

Atmung Temperatur Energie

Natürliche Bedürfnisse Verdauung Bewirkt Geschmeidigkeit,‘Schmierung’

Umwandlung der Gewebe Wahrnehmung Öligkeit

Motorische Funktionen Verständnis Vergebung

Sensorische Funktionen Hunger Gier

Mangelnde ‘Erdung’ Durst Verhaftung

Sekretionen Intelligenz Ansammlung

Ausscheidungen Zorn Festhalten

Angst Hass Besitzgier

Leeregefühl Eifersucht

Besorgtheit

Pitta & Kapha haben Öligkeit gemeinsam

Pitta & Vata haben Leichtigkeit gemeinsam

Vata & Kapha haben Kälte gemeinsam

Vata

leic

htkalt

ölig

KaphaPitta

Page 18: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

III DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN 27

peratur, Hautfarbe, der Glanz der Augen undauch Intelligenz und Verstehen. In psycho-logischer Hinsicht erweckt Pitta Zorn, Hassund Eifersucht. Dünndarm, Magen, Schweiß-drüsen, Blut, Fettgewebe und Haut sind derSitz von Pitta, das sich aus den beiden Ele-menten Feuer und Wasser zusammensetzt.

Kapha wird als biologisches Was-ser übersetzt. Dieses Körperprin-zip setzt sich aus den zwei Ele-menten Erde und Wasser zu-

sammen. Kapha hält die Elemente im Körperfest zusammen und bildet das Material fürdie körperliche Struktur. Dieses Dosha hältdie Abwehrkraft des Körpers aufrecht. Was-ser ist der Hauptbestandteil von Kapha, unddieses Wasser des Körpers ist in physiologi-scher Hinsicht für die biologische Kraft unddie natürliche Abwehrkraft des Gewebes ver-antwortlich. Kapha bildet Gelenkschmiereund -flüssigkeit, die Feuchtigkeit der Haut,fördert die Wundheilung, füllt Räume imKörper aus, verleiht biologische Kraft, Vi-talität und Stabilität, unterstützt das Erinne-rungsvermögen, gibt Herz und Lungen Ener-gie und hält die natürliche Abwehrkraft auf-recht. Kapha manifestiert sich im Brustraum,im Hals, Kopf, in den Nebenhöhlen, in derNase, im Mund, Magen, Gelenken, Zyto-plasma, Plasma und in den Sekreten desKörpers wie den Schleimabsonderungen. Inpsychologischer Hinsicht ist Kapha verant-wortlich für Gefühle der Gier, des lange be-stehenden Neids und des Verhaftetseins,drückt sich aber auch in einer Neigung zurRuhe, Vergebung und Liebe aus. Der Brust-raum ist der Sitz des Kapha.

Ein ausgeglichener Zustand unter denDoshas ist Grundvoraussetzung für Gesund-heit. Zum Beispiel nährt das Luftprinzip

das Feuer im Körper, aber das Wasser istnotwendig, um das Feuer zu beherrschen,welches ansonsten das Gewebe verbrennenwürde. Vata bewegt Kapha und Pitta, daKapha und Pitta unbeweglich sind. Gemein-sam regeln die Tridoshas alle Stoffwechsel-tätigkeiten: Anabolismus (Kapha), Katabo-lismus (Vata) und Metabolismus (Pitta).Gerät Vata aus dem Gleichgewicht, wird eineStoffwechselstörung mit einem übermäßi-gen Katabolismus, einer Zunahme der Ab-bauvorgänge oder der Verfallsprozesse imKörper die Folge sein. Wenn die anabolenVorgänge die katabolen überwiegen, ist eineBeschleunigung des Wachstums und der Re-generation der Organe und Gewebe dieFolge. Ein Übermaß an Pitta stört den Stoff-wechsel, ein Übermaß an Kapha beschleu-nigt die anabolen Vorgänge und ein Zuvielan Vata führt zur Abmagerung (erhöhter Ka-tabolismus).

In der Kindheit herrschen Anabolismusund die Kapha-Elemente vor, da in dieserPhase das größte Wachstum stattfindet. ImErwachsenenalter treten Metabolismus unddas Pitta-Element am stärksten in Erschei-nung, da der Körper in dieser Phase ausge-wachsen und stabil ist. Im Alter treten Ka-tabolismus und Vata in den Vordergrund,da nun im Körper die Abbauvorgänge ein-setzen.

Die Bestimmungder individuellen Konstitution

Die nachfolgende Tabelle soll dem Leser oderder Leserin bei der Bestimmung seiner, bzw.ihrer Konstitution behilflich sein. Es folgtzusätzlich eine eingehende Beschreibung derdrei Konstitutionstypen. Es ist wichtig, sichzu vergegenwärtigen, dass diese Beschreibun-

Page 19: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

28 DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN III

gen den reinen Aspekt jedes dieser konstituti-onellen Elemente wiedergeben, sich jedochkeine individuelle Konstitution aus einem ein-zelnen Element zusammensetzt. Jeder Menschist eine Mischung aller drei Elemente, mit ei-ner vorherrschenden Neigung zu einem odermehreren Elementen hin.

Die Vata-Konstitution

Menschen, die eine Vata-Konstitution auf-weisen, sind meist körperlich unterentwi-ckelt. Sie sind oft flachbrüstig, wobei dieSehnen der Muskulatur und die Venen gutsichtbar sind. Sie haben einen braunen Teint,wobei die Haut kalt, rau, trocken und rissigist. Meist sind einige Muttermale zu sehen,die eher dunkel sind.

Im Allgemeinen sind Vata-Menschen eherzu groß oder zu klein gewachsen, von zartemKnochenbau, mit hervorstehenden Gelen-ken und Knochenenden aufgrund der schwachentwickelten Muskulatur. Der Haarwuchsist lockig und spärlich, die Augenwimperndünn und die Augen ohne Glanz. Die Au-gen können eingesunken sein, klein, tro-cken, lebhaft, mit einer trockenen, schmut-zig wirkenden Bindehaut. Die Nägel sindrau und brüchig. Die Nasenform ist gebogen.

In physiologischer Hinsicht sind Appe-tit und Verdauung wechselhaft. Vata-Men-schen haben ein Verlangen nach Süßem,Saurem und Salzigem und mögen heißeGetränke. Uriniert wird in kleinen Mengenund der Stuhl ist hart, trocken und vongeringer Menge. Diese Menschen neigendazu, weniger als andere Konstitutionsty-pen zu schwitzen. Ihr Schlaf kann gestörtsein, und sie werden mit weniger Schlaf alsandere Konstitutionstypen auskommen. Sieleiden oft an kalten Händen und Füßen.

Diese Menschen sind kreativ, aktiv, wachund ruhelos. Sie reden und gehen schnell,ermüden aber rasch.

In psychologischer Hinsicht sind sie durchein kurzes Gedächtnis, aber ein rasches Auf-fassungsvermögen gekennzeichnet. Sie kön-nen eine Sache sofort begreifen, sie aber raschwieder vergessen. Sie haben wenig Willens-kraft, neigen zu psychischer Labilität undhaben wenig Toleranz, Selbstvertrauen oderMut. Ihre Verstandeskräfte sind schwach.Diese Menschen sind nervös, furchtsam undhaben viel unter Ängsten zu leiden.

Jeder Konstitutionstypus zeigt auch be-stimmte Verhaltensweisen beim Umgangmit der äußeren Umwelt. Vata-Menschenneigen dazu, ihr Geld schnell zu verdienenund es auch rasch wieder auszugeben. Soneigen sie dazu, arm zu bleiben.

Die Pitta-Konstitution

Diese Menschen sind von mittlerer Statur,schlank, wobei der Knochenbau zart seinkann. Der Brustkorb ist nicht so flach wiebei den Vata-Menschen, und die Sehnen derMuskulatur und die Venen stehen in einemnormalen Ausmaß vor. Man findet vieleMuttermale oder Sommersprossen, die bläu-lich oder bräunlichrot sind. Die Knochentreten nicht so hervor wie bei den Vata-Men-schen.

* Die Kreise neben den Konstitutionsmerkmalen sindfür diejenigen gedacht, die sich ein allgemeines Bildvon ihrer konstitutionellen Zusammensetzung ma-chen wollen. Je nachdem, welche Beschreibung zumjeweiligen Merkmal am besten passt, trägt man ein Vfür Vata, P für Pitta und K für Kapha in den Kreisein.Wenn man Merkmale feststellt, die vom „eigenen“Dosha abweichen, kann dies ein Anzeichen für eineStörung dieses Doshas sein.

Page 20: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

III DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN 29

Die Konstitution des Menschen (Prakruti)

Konstitutions- Vata Pitta Kaphamerkmal*

❍ Körperbau dünn durchschnittlich schwer❍ Körpergewicht gering durchschnittlich übergewichtig❍ Haut trocken, rau, kühl weich, ölig, warm dick, ölig, kühl,

braun, schwarz hell, rot, gelblich blass, weiß❍ Haare schwarz, trocken, weich, ölig, blond, kräftig, ölig, gewellt,

gekräuselt früh ergraut, rot dunkel oder hell❍ Zähne vorstehend, groß und durchschnittliche Größe, stark, weiß

krumm, Zahnfleisch- weiches Zahnfleisch,schwund gelblich

❍ Augen klein, stumpf, scharf, durchdringend, groß, anziehend, blau,trocken, braun, schwarz grün, grau, gelb starke Wimpern

❍ Appetit veränderlich, wenig gut, übermäßig, nicht lebhaft, aberunerträglich gleichmäßig

❍ Geschmack süß, sauer, salzig süß, bitter, zusammen- scharf, bitter, zusam-ziehend menziehend

❍ Durst veränderlich übermäßig wenig❍ Ausscheidung trocken, hart, verstopft weich, ölig, locker zäh, ölig, schwer,

langsam❍ körperliche sehr aktiv mäßig lethargisch

Aktivität❍ Geist ruhelos, aktiv aggressiv, intelligent ruhig, langsam❍ gefühlsmäßiges ängstlich, unsicher, aggressiv, reizbar, ruhig, gierig, verhaftet

Temperament unvorhersehbar eifersüchtig❍ Glaube veränderlich fanatisch stetig❍ Gedächtnis für Dinge, die sich gut stetig, langsam,

kürzlich ereignet haben aber anhaltendgut, für lang Zurück-liegendes schlecht

❍ Träume ängstlich, vom Fliegen, feurig, von Zorn, wässrig, von Flüssen,Springen, Laufen Gewalttätigkeit, Krieg Meer, Seen, Schwim-

men, romantischeTräume

❍ Schlaf wenig, unterbrochen wenig aber fest schwer, langandauernd❍ Sprache schnell scharf und schneidend langsam, monoton❍ finanzielle schlecht, gibt Geld durchschnittlich, reich, spart Geld,

Verhältnisse für Belangloses aus gibt Geld für gibt Geld fürLuxusgüter aus Essen aus

❍ Puls drahtig, schwach, bewegt mäßig, hüpfend wie breit, langsam, bewegtsich wie eine Schlange ein Frosch sich wie ein Schwan

Page 21: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

30 DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN III

Der Pitta-Teint kann kupferfarben, gelb-lich, rötlich oder hell sein. Die Haut ist weich,warm und weniger faltig als die Vata-Haut.Das Haar ist dünn, seidig, rot oder bräun-lich, mit einer Neigung zu vorzeitigem Er-grauen und Haarausfall. Die Augenfarbe kanngrau, grün oder kupferbraun und stark aus-geprägt sein; die Augen stehen durchschnitt-lich weit vor. Die Bindehaut ist feucht undkupferfarben. Die Nägel sind weich. DieNasenform ist ausgeprägt und gerade, wobeidie Nasenspitze zur Röte neigt.

In physiologischer Hinsicht haben dieseMenschen robuste Stoffwechselfunktionen,eine gute Verdauung und infolgedessen ei-nen lebhaften Appetit. Menschen mit einerPitta-Konstitution nehmen meistens großeNahrungs- und Flüssigkeitsmengen zu sich.Pitta-Konstitutionstypen haben ein natür-liches Verlangen nach Süßem, Bitterem undnach Dingen, die einen zusammenziehen-den Geschmack haben, und sie mögen kalteGetränke. Der Schlaf ist von normaler Dau-er, ohne Unterbrechung. Die Urinmengensind groß und der Stuhl ist gelblich, weich,flüssig und reichlich. Es besteht eine Nei-gung zu übermäßiger Schweißabsonderung.Die Körpertemperatur kann leicht erhöhtsein. Die Hände und Füße neigen dazu,warm zu sein. Pitta-Menschen vertragenweder Sonneneinstrahlung, Hitze, noch harteArbeit besonders gut.

In psychologischer Hinsicht haben Pit-ta-Menschen eine gute Auffassungsgabe. Siesind sehr intelligent und scharfsinnig undfür gewöhnlich gute Redner. In emotionel-ler Hinsicht neigen sie zu Hass, Zorn undEifersucht.

Es sind ehrgeizige Menschen, die im All-gemeinen gerne Anführer sind. Pitta-Men-schen wissen materiellen Wohlstand zu schät-

zen und leben in der Regel in gesundenwirtschaftlichen Verhältnissen. Sie lieben es,anderen Menschen ihren Wohlstand undihre wertvollen Besitztümer zu zeigen.

Die Kapha-Konstitution

Bei Menschen, die eine Kapha-Konstituti-on haben, ist der Körper gut entwickelt. Siehaben aber eine ausgeprägte Neigung zumÜbergewicht. Der Brustkorb ist gedehnt undbreit. Die Venen und Sehnen der Kapha-Menschen sind aufgrund ihrer kräftigenHaut nicht ohne weiteres zu sehen. Ihre Mus-kulatur ist gut entwickelt. Die Knochen ste-hen weit vor.

Der Teint ist hell. Die Haut ist weich,glänzend und ölig, sie kann aber auch kaltund blass sein. Das Haar ist kräftig, dunkel,weich und gewellt. Die Iris ist dunkel oderblau und von dichter Struktur; das Weißeim Auge ist meist ein ausgeprägtes Weiß,groß und anziehend wirkend. Die Binde-häute neigen nicht zur Rötung.

In physiologischer Hinsicht haben Kap-ha-Menschen einen regelmäßigen Appetit,die Verdauungsfunktionen sind relativ lang-sam und sie nehmen weniger Nahrung zusich. Sie bewegen sich eher langsam. Sie ha-ben ein Verlangen nach scharfen, bitteren undzusammenziehenden Nahrungsmitteln. DerStuhl ist weich und kann von heller Farbesein; er wird langsam entleert. Die Schweiß-absonderung ist mäßig, der Schlaf tief undlanganhaltend. Sie verfügen über eine starkeLebenskraft, was sich in einem guten Durch-haltevermögen äußert. Kapha-Menschen sindim Allgemeinen gesund, glücklich und fried-lich. In psychologischer Hinsicht neigen siezu Eigenschaften wie Toleranz, Ruhe, Verge-bung und Liebe, legen aber auch Charakter-

Page 22: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

III DIE KONSTITUTION DES MENSCHEN 31

züge wie Gier, Verhaftung, Neid und Besitz-gier an den Tag. Ihr Auffassungsvermögen istlangsam, aber gründlich – wenn sie eine Sa-che einmal verstehen, wird dieses Wissen auchbehalten.

Kapha-Menschen sind in der Regel reich.Sie können Geld verdienen und es auchfesthalten.

Geistige Konstitutionen

Auf den geistigen und astralen Ebenen gibtes drei Eigenschaften oder Gunas, die dendrei Säften entsprechen, aus denen sich diephysische Konstitution zusammensetzt. Inder ayurvedischen Medizin bilden diese dreiEigenschaften die Grundlage für Unterschei-dungsmerkmale des menschlichen Tempe-raments und für individuelle Unterschiededer psychologischen und moralischen Dis-positionen. Diese drei Grundeigenschaftenwerden als Sattwa, Rajas und Tamas bezeich-net.

Sattwa drückt Essenz, Verständnis, Rein-heit, Klarheit, Mitgefühl und Liebe aus. Ra-jas steht für Bewegung, Aggressivität undExtraversion. Der Rajas-Geist bewegt sichauf einer sinnlichen Ebene. Tamas manifes-tiert sich als Unwissenheit, Trägheit, Schwereund Stumpfheit.

Menschen, die ein Sattwa-Temperamenthaben, verfügen über einen gesunden Kör-per, ihr Verhalten und Bewusstsein ist sehrrein. Sie glauben an Gott, sind religiöse undoft sehr fromme, ja heilige Menschen.

Menschen mit einem Rajas-Tempera-ment sind an geschäftlichen Dingen, anWohlstand, Macht, Prestige und Stellunginteressiert. Sie genießen Wohlstand undsind im Allgemeinen extrovertiert. Sie glau-ben möglicherweise an Gott, sind aber auch

plötzlichen Glaubensänderungen unterwor-fen. Ihr Bewusstsein für politische Belangeist sehr stark ausgeprägt.

Tamas-Menschen sind faul, eigensinnigund dazu im Stande, andere Menschen zuzerstören. Sie haben für gewöhnlich wenigRespekt für andere. Alle ihre Tätigkeitensind egoistisch.

Ein Mensch mit einem Sattwa-Tempe-rament kann das Selbst ohne große Anstren-gung verwirklichen, während Rajas- undTamas-Menschen mehr arbeiten müssen,um diesen Zustand zu erreichen.

Diese drei subtilen geistigen Energiensind für Verhaltensmuster verantwortlich,die durch die Praxis spiritueller Disziplinenwie Yoga verändert werden können. Derayurvedische Arzt (Vaidya) kann diesen Pro-zess der Verhaltensänderung unterstützen.Er ist mit den Funktionsweisen dieser Ei-genschaften – Sattwa – Rajas – Tamas –vertraut und kann durch die Beobachtungdes Verhaltens und der Ernährung feststel-len, welche davon im Individuum vorherr-schen. Indem er diese praktischen Hinweisebenützt, kann er den Patienten zu einerausgeglicheneren geistigen und körperlichenLebensweise führen.

Page 23: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

IV KRANKHEITSPROZESSE 33

IV. Kapitel

Krankheitsprozesse

persäften (Vata – Pitta – Kapha) Ausgegli-chenheit herrscht, die drei Ausscheidungs-produkte (Harn, Stuhl und Schweiß) innormalen Mengen vom Körper gebildetwerden und im Gleichgewicht sind, die Sin-ne ihre Funktionen normal erfüllen undKörper, Geist und Bewusstsein als Einheitharmonieren. Ist das Gleichgewicht einesdieser Systeme gestört, setzen die Krank-heitsprozesse ein. Da ein Gleichgewicht deroben genannten Elemente und Funktionenfür die natürliche Widerstandskraft undAbwehr verantwortlich ist, können sogar an-steckende Krankheiten einem Menschennichts anhaben, der sich einer guten Ge-sundheit erfreut. So sind Störungen desGleichgewichts in Geist und Körper fürphysische und psychische Schmerzen undLeid verantwortlich.

Einteilung der Krankheiten

Dem Ayurveda zufolge können Krankhei-ten ihrem Ursprung nach eingeteilt werden,der psychologischer, spiritueller oder kör-perlicher Art sein kann. Sie können auchnach dem Ort, an dem sie sich manifestie-ren, eingeteilt werden, also Herz, Lunge,Leber usw. Der Krankheitsprozess kann imMagen oder im Darm anfangen, sich aberam Herzen oder in den Lungen manifestie-

Gesundheit ist Ordnung, Krankheit ist Un-ordnung. Im Körper gibt es eine ständigeWechselwirkung zwischen Ordnung undUnordnung. Der weise Mensch lernt dasVorhandensein von Unordnung in seinemKörper wahrzunehmen und geht dann da-ran, die Ordnung wiederherzustellen. Erversteht, dass in der Unordnung auch Ord-nung enthalten ist, und dass so eine Rück-kehr zur Gesundheit möglich ist.

Die innere Umwelt des Körpers reagiertständig auf die äußere Umwelt. Unordnungentsteht, wenn sich diese beiden im Ungleich-gewicht befinden. Um die innere Umwelt sozu verändern, dass sie mit der äußeren Um-welt im Gleichgewicht ist, muss man verste-hen, wie der Krankheitsprozess innerhalb derpsychosomatischen Entität zu Stande kommt.Mit Hilfe der vom Ayurveda gebotenen Erklä-rungen der Krankheiten ist es möglich, auseinem Zustand der Unordnung und Krank-heit wieder Ordnung und Gesundheit her-zustellen.

Im Ayurveda ist der Begriff der Gesund-heit Grundvoraussetzung zum Verständnisder Krankheit. Und aus diesem Grundemüssen wir die Bedeutung von Gesundheitverstehen, ehe wir die Krankheit besprechen.Ein Zustand der Gesundheit besteht dann,wenn sich das ‚Feuer der Verdauung’ (Agni)im Gleichgewicht befindet, unter den Kör-

Page 24: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

34 KRANKHEITSPROZESSE IV

ren. Krankheitsprozesse können also durch-aus fern ihres Entstehungsortes auftreten.Krankheiten werden auch nach den sie ver-ursachenden Faktoren und nach den Kör-per-Doshas Vata, Pitta, Kapha eingeteilt.

Krankheitsanfälligkeit

Die Anfälligkeit für Krankheiten wird durchdie individuelle Konstitution bestimmt. Men-schen, die z. B. eine Kapha-Konstitutionhaben, zeigen eine deutliche Neigung zuKapha-Krankheiten. Sie können wiederhol-ten Anfällen von Bronchitis, Lungenstau-ungen, Mandel- und Nebenhöhlenentzün-dungen unterworfen sein. In ähnlicher Weiseneigen Menschen mit einer Pitta-Konstitu-tion zu Leber-Gallen-Störungen, Magen-übersäuerung und Magengeschwüren, Gas-tritis und entzündlichen Erkrankungen.Pitta-Menschen leiden auch an Störungender Haut, wie Nesselsucht und Hautaus-schlägen. Vata-Menschen sind sehr anfälligfür Blähungen, Schmerzen im unteren Ab-schnitt der Wirbelsäule, Arthritis, Ischias,Lähmungen und Neuralgien. Vata-Krank-heiten haben ihren Ursprung im Dickdarm,Pitta-Krankheiten im Dünndarm undKapha-Störungen im Magen. Sind die Säftein diesen Bereichen aus dem Gleichgewichtgeraten, werden bestimmte Zeichen undSymptome die Folge sein.

Der Verlust des Gleichgewichts, der dieKrankheit hervorruft, kann seinen Ursprungin Form eines negativen Bewusstseinsanteilsim Bereich des Bewusstseins haben, und sichspäter im geistigen Bereich manifestieren,wo der Keim der Krankheit dann mög-licherweise in der Form von Zorn, Angstoder Verhaftung in den Tiefen des Unterbe-wusstseins liegt. Diese Emotionen werden

sich schließlich durch den Geist hindurchim Körper manifestieren. Unterdrückte Angstruft Vata-Störungen hervor; Zorn ein Über-maß an Pitta; und Neid, Gier und Verhaf-tung verstärken Kapha. Diese Störungen desGleichgewichts der Tridoshas wirken sich aufdie natürliche Abwehr des Körpers aus (aufdas Immunsystem – Agni) und so wird derKörper für Krankheiten anfällig.

Der Verlust des Gleichgewichts, derden Krankheitsprozess bewirkt, entstehtmanchmal zuerst im Körper und mani-festiert sich danach in Geist und Bewusst-sein. Nahrungsmittel, Lebensweisen undUmgebungen mit Eigenschaften, die den-jenigen der Doshas ähnlich sind, werdensich zu dem individuellen Zustand desKörpers antagonistisch verhalten. Sie wer-den eine Störung des Gleichgewichts schaf-fen, die sich zuerst auf der körperlichen Ebe-ne manifestiert, und sich später, durch eineStörung der Doshas, auf den Geist aus-wirkt. Störungen des Vata z.B. haben Angst,Depression und Nervosität zur Folge. EinÜbermaß an Pitta im Körper verursachtZorn, Hass und Eifersucht. Wird Kaphaverstärkt, sind Besitzgier, Habsucht undVerhaftung die Folge. So gibt es eine di-rekte Verbindung zwischen Ernährung,Lebensgewohnheiten, Umwelt und emo-tionalen Störungen.

Beeinträchtigungen der Körpersäfte, Vata– Pitta – Kapha haben Toxine zur Folge(Ama), die im Körper zirkulieren. Durchdieses Zirkulieren sammeln sich die Gift-stoffe an den Schwachstellen des Körpersan. Stellt zum Beispiel ein Gelenk eine sol-che Schwachstelle dar, wird sich die Krank-heit dort manifestieren. Wodurch kommendiese Toxine und Schwachstellen des Kör-pers zu Stande?

Page 25: Vasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch fileVasant Lad Das große Ayurveda-Heilbuch Die umfassende Einführung in das Ayurveda Mit praktischen Anleitungen zur Selbstdiagnose, Therapie

IV KRANKHEITSPROZESSE 35

Agni – Der Schlüsselzu Krankheit oder Gesundheit

Agni ist das biologische Feuer, das den Stoff-wechsel regelt. In seiner Funktion ist es Pittaähnlich und kann als integrierter Bestandteildes Pitta-Systems im Körper angesehen wer-den, wobei es die Funktion eines katalyti-schen Agens bei der Verdauung und im Stoff-wechsel erfüllt. Pitta enthält Hitze-Energie,die die Verdauung fördert. Diese Hitze-En-ergie ist Agni. Pitta und Agni sind im Grundegenommen das Gleiche, bis auf den subtilenUnterschied, dass Pitta das Enthaltende undAgni das Enthaltene darstellt.

Pitta manifestiert sich im Magen als Agni,das ‚Feuer des Magens’. Seiner Natur nachist Agni sauer, zersetzt die Nahrungsmittelund regt die Verdauung an. Agni ist auch aufeine subtile Art und Weise mit der Bewe-gung von Vata verwandt, denn die Luft imKörper entfacht das Feuer im Körper. Injedem Gewebe, in jeder Zelle ist Agni vor-handen. Agni ist für die Aufrechterhaltungder Gewebsernährung und des Immunsys-tems verantwortlich. Agni vernichtet Mi-kroorganismen, fremde Bakterien und To-xine im Magen, Dünndarm und Dickdarm.Auf diese Art und Weise schützt es die phy-siologische Flora dieser Organe.

Die Langlebigkeit ist von Agni abhängig.Intelligenz, Verständnis, Wahrnehmung undAuffassungsvermögen sind ebenfalls Funk-tionen von Agni. Die Hautfarbe wird durchAgni aufrechterhalten, und das Enzymsys-tem und der Stoffwechsel hängen vollkom-men von Agni ab. Solange Agni seine Funktionrichtig erfüllen kann, werden die Vorgängeder Zersetzung, Resorption und Assimilati-on der Nahrung im Körper reibungslos ab-laufen.

Wird Agni durch eine Störung des Gleich-gewichts der Tridoshas beeinträchtigt, sinddrastische Auswirkungen auf den Stoffwech-sel die Folge. Die Abwehrkraft des Körpersund das Immunsystem sind gestört. Be-standteile der Nahrung bleiben unverdautund werden nicht aufgenommen. Sie sam-meln sich im Dickdarm an und verwandelnsich in eine heterogene, übelriechende, kleb-rige Substanz. Diese Substanz, die als Amabezeichnet wird, verstopft die Därme undandere Kanäle des Körpers, wie die Kapilla-ren und Blutgefäße. Schließlich ist dieseSubstanz vielen chemischen Veränderungenunterworfen, die ihrerseits Toxine schaffen.Diese Toxine werden in das Blut aufgenom-men und gelangen so in den allgemeinenKreislauf. Schließlich sammeln sie sich anden Schwachstellen des Körpers an, wo sieKontraktionen, Verstopfungen, Stagnationund Schwäche der Organe bewirken unddie Immunfunktion der entsprechendenGewebe herabsetzen. Schließlich manifes-tiert sich ein Krankheitszustand in den be-troffenen Organen und wird dann als Arth-ritis, Diabetes, Herzerkrankung usw. diag-nostiziert.

Die Wurzel aller Krankheiten ist Ama.Für die Entstehung von Ama gibt es vieleUrsachen. Werden zum Beispiel Nahrungs-mittel aufgenommen, die untereinander un-verträglich sind, wird Agni, aufgrund deraus diesen schlecht verdauten Speisen gebil-deten Toxine - bzw. Ama - direkt davonbetroffen sein. Wenn die Zunge einen wei-ßen Belag aufweist, ist dieses Symptom einAnzeichen dafür, dass Ama im Dünndarm,Dickdarm oder im Magen vorhanden ist, jenachdem welcher Teil der Zunge belegt ist(siehe den Absatz und die Zeichnung zurZungendiagnose im VI. Kapitel, Seite 55).