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Jirina Prekop Schlaf Kindlein, verflixt noch mal!

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Jirina Prekop

SchlafKindlein,verflixt noch mal!

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Jirina Prekop

SchlafKindlein,

verflixt noch mal!

So können Sie undIhr Kind ruhig schlafen

Kösel

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9., überarbeitete Auflage 2004, 57.–61. Tausend© 2001 by Kösel-Verlag GmbH & Co., MünchenPrinted in Germany. Alle Rechte vorbehaltenDruck und Bindung: Kösel, KemptenUmschlag: KOSCH Werbeagentur, MünchenUmschlagmotiv: ZEFAIllustrationen: Monica May, MünchenISBN 3-466-30675-2

Gedruckt auf umweltfreundlich hergestelltem Werkdruckpapier(säurefrei und chlorfrei gebleicht)

Inhalt

Prolog: Das Drama im Schlafzimmer . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Zum Schlafen braucht das Kind Sicherheit . . . . . . . . . . . 19

Der Unterschied zwischen Sicherheit undGeborgenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Das Geheimnis des guten Schlafes . . . . . . . . . . . . . 25

Der geborgene Schlaf bei den noch ursprünglichlebenden Völkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Die Hülle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Der Rhythmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40Die Sicherheit des Ortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Die sichere Mutter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Der sichere Käfig im technischen Zeitalter . . . . . . . . . . . 48

Die Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Die Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

Weder Sicherheit noch Geborgenheit –das Baby von heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Was bei der Nachahmung der instinktgebundenenArt der Kinderbetreuung trotz bester Absicht

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übersehen wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72Die Folgen für das Kind und seine Eltern . . . . . . . . 76

Sichere Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Wie Sie größere Selbstsicherheit gewinnen. . . . . . . 96Nehmen Sie sich an, auch wenn Sie Fehler machen 100Verlassen Sie sich auf einen einzigen Ratgeber. . . . 102Das Happyend vom »Drama im Schlafzimmer« . . . 103Wenn die Beratung nicht reicht, ist eine Therapiefällig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107Der Tipp zum Abstillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109Ein Tipp zur Loslösung von der Mutter . . . . . . . . . . 110

Wie Sie für die Hülle und für den sicheren Ortsorgen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Die Hülle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Der sichere Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Nützen Sie den Rhythmus, um die Lebenskräftezu ordnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Wiegen, Schaukeln, Streicheln, Massieren,Singen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123Einschlafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124Durchschlafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127Verknüpfen Sie niemals das Trinken mitdem Schlaf! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Ordnen Sie den Tag- und Nachtrhythmus sowie denTagesablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Einige Tipps zur Lösung der Schlafproblemegrößerer Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

Musik zum Einschlafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

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Prolog:Das Drama im Schlafzimmer

Vorspiel

»Schlaf Kindlein, verflixt noch mal ...!« Diesen qualvollenWiderspruch kennen Sie bestimmt mehr als genug. »MeinKind, das geliebteste Stück meines Lebens, würde ich amliebsten gegen die Wand klatschen!«

Ein unerträgliches Gefühl des Versagens und der Schulderfasst Sie. Was bin ich für eine Mutter, die ihr Kind umbrin-gen würde? Wie kann ich bloß auf den Gedanken kommen,dass ich mein Kind am liebsten an die Wand klatschen oderaus dem Fenster werfen würde? Was sind das für schreckli-che Gedanken, nicht nur als Mutter, sondern auch alsMensch in Frage gestellt zu sein. Das Bild der glücklichenFamilie, von der Sie träumten, liegt in Trümmern.

1. Akt

Die jungen Eltern sehen sich in zärtlicher Verbundenheitdas Bild ihres süß schlafenden Kindleins an. Welch ein Got-tessegen wurde uns geschenkt! Mit welcher Freude habenwir zusammen Hand in Hand Boutiquen durchwandert, biswir diese fröhliche Bettwäsche mit den schlafenden Schäf-chen gefunden und dieses Himmelbettchen ausgewählt hat-ten! Von allen Seiten wurden wir mit Glück- und Segens-wünschen überhäuft. Wir waren noch nie so glücklich in

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unserer Ehe. Und nun schläft unsere gemeinsame Frucht,unser geliebtes Kind, versunken in seine Träume. Nochträumt es vielleicht vom Himmel, obwohl es schon glück-lich bei uns gelandet ist ...

2. Akt

... aber, o weh! Welch ein Sturz von himmlischen Höhen biszur höllischen Verzweiflung! Das Kind will gar nicht in sei-nem Himmelbettchen einschlafen. Es will hier nicht einmalliegen bleiben und schaut sich auch die Schäfchen auf sei-ner Zudecke nicht an. Ganz im Gegenteil, es schreit undschreit und schreit grundlos wie am Spieß. An einer Krank-heit oder an Hungergefühlen kann es nicht liegen. »Alleswohlauf«, bestätigt der Kinderarzt. Es hat bereits seineabendliche Portion mit bestem Appetit verschlungen. BeimBaden hat es fröhlich gejauchzt, mit Papa Späßchen ge-macht und die Liebkosungen mit Mama genossen. Und den-noch fängt es an, in voller Lautstärke zu kreischen, noch be-vor es sein Bettchen überhaupt sieht. Als hätte es Augen imRücken, weiß es genau, dass es jetzt ans Einschlafen geht.Durch einen Schnuller lässt es sich nicht täuschen. Es spucktihn heraus, um seinen Mund ganz weit aufreißen zu kön-nen. Vor lauter Schreien kann es die aufgezogene Spieluhrmit Mozarts Wiegenlied oder die liebevolle Einschlaf-CDgar nicht hören. Eher ist der Klang der Musik der Auftakt zueiner erneuten Schreiattacke.

Laut Omas Ratschlag wiegt man das Bettchen hin undher. Eine Zeit lang hat dies geholfen. Aber jetzt können dieEltern noch so intensiv schaukeln, das Kind kreischt trotz-dem noch. »Bloß nicht in den Arm nehmen«, warnte dieOma, »sonst bekommst du das Kind nicht mehr los. DasKind würde dann dauernd an deinem Arm kleben bleibenwollen. Tu das ja nicht!«

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Die andere Oma war ähnlicher Ansicht, denn sie hatteschon mehrere Kinder großgezogen. »Vielleicht sind es Blä-hungen«, meinte sie, denn im Liegen würde das volleBäuchlein auf die Lunge drücken. Nur aus diesem Grundesollte man das Kind hochnehmen und beklopfen, damit esein Bäuerchen machen kann. Weit gefehlt! Beim Hochneh-men wird das Kind zwar sofort still und macht auch seinBäuerchen im wiegenden Arme, sobald es aber in sein Bettzurückgelegt wird, schreit es schon wieder. Dabei hat dieMutter es ganz vorsichtig gemacht, abgewartet, bis das Kindseine Augen schließt und es dann unter fließenden Bewe-gungen leise ins Bettchen zurückgelegt, sodass es die Aktiongar nicht merken konnte. Weit gefehlt! Dieser kleine Schrei-hals hört selbst die Flöhe husten. Er kreischt schon wieder.

Und mitten in der Nacht fängt das ganze Theater vonneuem an. Die Nachbarn wollen schlafen, bald wird deralte Motzkopf von oben wieder mit seinem Besenstiel gegendie Wand klopfen – es ist zum Verrücktwerden. In ihrer Ver-zweiflung traut sich die Mutter, ihren Mann zu wecken. Al-lerdings wäre das Wecken nicht notwendig gewesen, denner konnte sowieso nicht einschlafen. Aus der Ferne hat ermit seiner Frau mitgelitten, ihr beide Daumen gedrückt, da-mit das Einschlafen gelingt. »Bitte hilf mir, vielleicht hast dumehr Glück. Ich kann nicht mehr!«

3. Akt

Nun steht also der Papa opferbereit auf und macht dasselbe,was die Mama bereits gemacht und die Oma angeraten hat-te: Schnuller geben, Spieluhr aufziehen, Bettchen hin undher schaukeln, hochnehmen, damit das Bäuerchen gemachtwerden kann. Aber trotz aller Anstrengung will es immernoch kein Bäuerchen machen. Also wiegt und wiegt und

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wiegt er das Kindlein im Arme ... Da merkt er: Je mehr er dasKind wiegt, desto ruhiger wird es. Im Gehen ist das Wiegenam wirksamsten. Also hatte der Autor eines Buches überSchlafstörungen doch Recht gehabt. Man soll sich nichtscheuen, das Kind im Arme herumzutragen. Zum einenwachse sich der Schreiimpuls aus, zum anderen brauchedas Kind zunächst die Anlehnung an den Rhythmus desmütterlichen oder väterlichen Herzschlags. So wandert derPapa mit dem Kind im Kinderzimmer herum, den Flur ent-lang und wieder zurück, die Treppen hinauf und wieder hin-unter. Allmählich merkt er, dass das Kind umso stiller wird,je rhythmischer er sich bewegt. Also tanzt er einen wunder-schönen Rhythmus, den er mit seiner Frau (damals noch Ge-liebten) in Brasilien beim Vollmond tanzte. Wie schön,denkt er sich, dass ich die Schritte immer noch kann, ich binganz vom Rhythmus durchdrungen und tanze den Tanz mitunserem Baby. Ich bin derjenige, der mit den Babys tanzt ...

Das Baby freut sich, von Schlaf jedoch keine Spur. Wa-rum schläft es nicht? Vielleicht hat es tagsüber länger ge-schlafen, als es sollte? Aber ich kann doch nicht die ganzeNacht durchtanzen, wenn ich am Tag hellwach an meinemArbeitsplatz sein muss!

»Mama, bitte wach doch du bei unserem Baby, wenn esnicht schlafen kann. Du hast ja Mutterschutz und kannsteher als ich tagsüber mal ausruhen.«

4. Akt

Die Mama hat zwischenzeitlich so gut wie kein Auge zuge-macht, vielmehr hat sie mit bangem Gefühl bemerkt, wiedas Kind immer wacher, allerdings auch immer zufriedenerwurde. Sie fühlt sich von ihrem Mann leicht angegriffen, alshätte sie tagsüber mit dem Baby geschlafen, anstatt zu spie-

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len. Der Gedanke, dass ihr Mann es mit dem Kind vielleichtbesser kann, macht sie neidisch. Aber sie möchte auch ihrenMann verstehen, der ja für seinen harten Job den Schlafbraucht. Und so geht sie zu ihrem Baby zurück, voll innererSelbstzweifel, mit einer Wut auf das Kind und auf ihren Mut-terschutz, aber auch mit Wut auf ihren Mann und die Omasmit ihren unsinnigen Ratschlägen. Resolut legt (ja fastschmeißt) sie das schreiende Kind in sein Bettchen hinein.»Hier schläfst du und fertig basta!« Das Baby hört augen-blicklich auf zu schreien und guckt die Mama mit großenAugen an. »O Gott, was bin ich bloß für eine Furie! Wiekann man nur so böse sein?!« Sanft nimmt sie ihr Kind in denArm, aber während sie es voller Reuegefühl versöhnlichliebkost, fängt es wieder an zu schreien. Je mehr sie es trös-tet, desto lauter wird das Weinen, bis es wieder in das uner-trägliche, nicht aufhören wollende Kreischen übergeht.

Der Nachbar von oben klopft mit seinem Besenstiel ge-gen die Wand. Unerträglich! Wenn das Kind zumindest lei-se wäre! »Aber ich tanze mit dir doch nicht, wie es deinPapa machte! Oder doch? Ich mache es aber nicht wie erbei Licht, dadurch wirst du nur wach. Nein, ich tue es imDunkeln.« Sie macht das Licht aus, nimmt das Kind in denArm und wiegt es im Rhythmus: Eins, zwei, drei, eins, zwei,drei ... Ja, genau das ist es! Das ist doch der Herzrhythmus,den das Kind vor der Geburt spürte und hörte. Sie erinnertsich an die Stelle in Leboyers Buch. Eigentlich müsste es imLiegen ausreichen, wenn sie das Kind an ihr Herz legt. Sieprobiert es im Dunkeln, ganz ruhig, nur das Herz pocht.

Ein heftiger Aufschrei ist die Antwort des Kindes. Es willdas Herz der Mama nicht. Es lehnt die Mama ab. Sie weintverzweifelt und ist traurig. Wer bin ich eigentlich? Bin ichüberhaupt die richtige Mutter für dieses Kind? Bin ich über-haupt eine gute Mutter? Jetzt weinen beide – das Kind laut,die Mutter leise.

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5. Akt

Der Papa kommt. »So geht das nicht, verflixt noch mal«,und unter den harten Worten lässt er seine Tränen fließenund schluchzt. »So halten wir es nicht lange aus. Wannhabe ich das letzte Mal die ganze Nacht durchgeschlafenund du auch? Etwas muss geschehen, bevor wir ganz kaputtsind. Bringen wir das Kind doch zur Oma!«

Und sie tun es. Das Kind wird in den Babykorb gepackt,der Korb auf dem Rücksitz angegurtet und ab geht die Post.Die Vorstellung, vor den Augen der Oma, die immer schondavor warnte, das Kind in der Nacht hochzunehmen, bloß-gestellt zu werden, ist zwar schlimm, würde das Ehepaaraber in Kauf nehmen, wenn dies helfen würde.

Und auf diesem Wege geschieht alsbald das Wunder.Nach kurzer Fahrt sinkt das Kind bereits in einen tiefenSchlaf. Hurra! Auf der Stelle wird die Fahrtrichtung geän-dert. Der Weg führt nicht mehr zur Oma. Man erspart sichihren Spott. Welch ein Glück! Der süße Fratz, das liebeKindlein schläft! Es schläft wirklich während der ganzenFahrt.

Beim Anhalten vor einer roten Ampel wacht das Kind aberwieder auf. Als gute Beobachter leiten die Eltern die Er-kenntnis ab: Damit das Kind durchschläft, darf man nichtstehen bleiben. Demzufolge werden Hauptstraßen ohneAmpelanlagen gewählt. Noch vorteilhafter erscheint dieAutobahn. Immerhin aber ist es eine Lösung des Problems.Sozusagen ein Leuchtturm in der Dunkelheit der eigenenOhnmacht. Die Strategie ist ausgeheckt. Jede Nacht wer-den wir uns ablösen. So kommt jeder von uns mindestensjede zweite Nacht zu einem ausgiebigen Schlaf. Wie langeaber kann das der Mann bei seinem anstrengenden Berufdurchhalten? Die Angst bleibt. Immerhin ist die größte Kri-

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se des Dramas für den Augenblick vorbei. Im Grunde gehtes jedoch nur um eine Pause, bevor das Drama erneut be-ginnt.

Eigentlich ein Drama mit Fortsetzung.Es kann aber auch ein

Happyend

geben, welches sich dieses Buch sowieso zum Ziel setzt unddas auf Seite 103 beschrieben wird. Haben Sie also bis da-hin Geduld, liebe Mutter und lieber Vater, und lesen Sie zu-nächst die Wege, die zu diesem glücklichen Ende führen.Denn durch puren Zufall kann man dies nicht erreichen,sondern nur mithilfe des Verstandes.

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Vorwort

Vielleicht kennen Sie solche oder ähnliche Szenen auseigenen Erfahrungen? Es gibt sehr viele Mütter, die sich zu-sammen mit dem Kind ins Ehebett legen müssen und ihm je-des Mal, wenn es aufwacht, die Brust geben. Dies bedeutetfür den Mann, dass er etwa um die Zeit des Abendbrots sei-ne Frau verliert und sie dann erst im Bett wiedersieht, abernicht als Ehefrau spürt. Sie gehört nur noch ihrem Kind. Un-zählige Male in jeder Nacht, bis zum zweiten oder sogar biszum vierten Lebensjahr, gibt sie ihm die Brust als das si-cherste Mittel gegen sein unzufriedenes Schreien. Da über-legt sich so mancher Mann, ob er dasselbe Opfer nochmalsbringen soll, um ein zweites Kind in die Welt zu setzen. DieFrau hingegen hat scheinbar keine andere Wahl. Ohne ihreBrustwarze im Mund zu haben, schläft das Kind nicht ein,und eine Flasche als Ersatz akzeptiert es nicht. Somit ist derVater aus dem Spiel. Er kann nicht helfen, auch wenn er esnoch so gern möchte.

● Einige Mütter erschrecken vor ihren eigenen Mordfant-asien, brechen physisch und psychisch zusammen undmüssen einen Arzt oder Psychotherapeuten aufsuchen.

● Erstaunlich ist die Opferbereitschaft mancher Väter. Umdie geliebte Frau zu entlasten, gibt es Väter, die mit demKind im Arm auf der Gartenschaukel viele nächtlicheStunden verbringen oder (es im Tragtuch haltend) un-zählige Treppen hinauf- und hinuntergehen.

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● Manche Väter können den Stress nicht aushalten. Mitdem Kind haben sie alles verloren: die Liebe der Frau,die Freude am Kind, das ruhige Zuhause. Sie fühlen sichallein und unverstanden. So hat der Mann sich das Zu-sammenleben als junge Familie nicht vorgestellt (dieFrau allerdings meist auch nicht). Nach mehrmaligemEhekrach, bei dem die Frau aus Erschöpfung und derMann aus Entsetzen gereizt reagieren, trennen sie sichschließlich. Die junge allein stehende Mutter wird mitihren Sorgen allein gelassen.

Vielleicht kennen Sie solche Fälle aus Ihrem Bekannten-kreis. Möglicherweise machen Sie sich auch Gedanken da-rüber, ob Sie überhaupt ein Kind in die Welt setzen sollen,wenn der Kindersegen in einem solchen Horror endet. Siehören aus dem Munde Ihrer Kollegen von deren Problemen.Das süßeste Kind der Welt entpuppt sich als wahrhaftesKuckucksei.Nun, meine Absicht als Autorin dieses Buches ist es nicht,jemandem diesen Schrecken einzujagen, sondern der Freu-de am Kind den Weg zu ebnen. Ich will Ihnen als junge El-

tern so viel Sicherheit geben, dasssich das Kind bei Ihnen ganz ge-borgen fühlt. Ich möchte, dass esIhnen mit Ihrem Kind so gut geht,dass Sie Lust auf die Fortsetzungdes Kindersegens und Freude aneiner kinderreichen Familie ha-

ben. Ein Kind braucht ja Ge-schwister und diese Welt gute Nach-

kommen, die sich für die Erneuerungder Menschheit einsetzen.

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Bei dieser Gelegenheit gebe ich Ihnen gleich einen hoff-nungsvollen Rat: Beim nächsten Kind wird alles besser. DieSchlafstörungen treten am häufigsten bei Erstgeborenen auf.Wissen Sie warum? Die einfache Antwort lautet: Weil die El-tern beim Erstgeborenen noch unsicher sind. Das Kind wirdwie ein zartes, zerbrechliches Juwel behandelt. Die Elterntrauen sich kaum, es anzufassen.

Was macht junge Eltern so unsicher? Dafür gibt es mehre-re Gründe, die ich später noch erläutern werde, damit Siesich nicht mit unnötigen Schuldgefühlen plagen. Die Ursa-chen sind nicht von Ihnen verschuldet worden. Ein möglicherGrund ist die Tatsache, dass Sie in einer Kleinfamilie aufge-wachsen sind, in der Sie den Umgang mit kleinen Kindernnicht lernen konnten. Ich würde Ihnen gön-nen, die vielen jungen Mütter von heute zubeobachten, wenn sie das Neugeborene zumersten Mal baden sollen. Sie bekommen pani-sche Angst, dass sie dem Kind etwas antunkönnten und bewundern mit großen Augen,wie fürsorglich die Hebamme mit ihrem Kind umgeht. DieseUnsicherheit der Mutter spürt das Kind mit all seinen Sinnenund reagiert darauf mit Unruhe. Das erste Kind ist nun einmalein Versuchskaninchen. Das ist sein Schicksal. Seit jeher wardies so, nur ist heute die Unerfahrenheit noch ausgeprägter.Beim nächsten Kind ist es leichter. Je mehr Kinder Sie auf dieWelt bringen und je mehr Routine Sie dabei gewinnen, destosicherer werden Sie bei der Versorgung der Kinder.

Und noch eine tröstende Sicherheit kann ich Ihnen ge-ben: Dieses Kind, das Sie bereits jetzt so maßlos stresst, wirdeines Tages nachts durchschlafen können. Wann, ist nichtleicht zu sagen, vielleicht erst in der Pubertät. Das sage ichmit Galgenhumor, aber immerhin mit Humor. Ihr Lebengeht also nicht unendlich so weiter. Sie können das Vor-übergehende durchhalten.

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Dieser Wegweiserwill Sie bei der Kinder-betreuung sicherermachen.

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Ich schreibe dieses Buch in einem lockeren Erzählstil,als säßen wir zusammen an einem Tisch in meiner Bera-tungsstunde. Ich bin weit davon entfernt, die Reihe von po-pulärwissenschaftlichen Büchern zu vermehren, die aufdem Markt wie Pilze aus dem Boden schossen, als dieSchlafprobleme bei Kindern zum heißesten Problem wur-den. Solange Sie wie in einer Sackgasse stecken, lesen Siesowieso nichts, schon gar nicht ein dickes Buch. Vielmehrmöchten Sie einfach und ohne Umwege auf einen sicherenPfad geführt werden, der eine Lösung, ja eine Erlösungbringt. In diesem Sinne möchte ich dieses Buch verstehen:als Wegweiser, der Sie bei der Kinderbetreuung sicherermacht, sodass der zermürbende Stress verhindert wird. Mirgeht es darum, dass Sie miteinander und aneinander vielFreude haben, damit die Liebe nicht zu kurz kommt.

Wichtiger Hinweis für ungeduldige Eltern:

Wenn Sie wollen, beginnen Sie mit Seite 96, um sich sofort»sichere Empfehlungen« zu holen. Falls Sie aber für dieseEmpfehlungen eine Begründung wollen, dann lesen Sie aufden folgenden Seiten weiter.

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Zum Schlafenbraucht das Kind Sicherheit

Ohne Sicherheit bzw. Geborgenheit schläft keinMensch gut. Erklären wir aber zunächst einmal, was Sicher-heit und Geborgenheit bedeutet und was die beiden Begriffeunterscheidet.

Sicherheit

Das Gefühl der Sicherheit entsteht dadurch, dass sich derMensch auf die Erfüllung seiner Erwartungen voll und ganzverlassen kann. Ein Beispiel: Ich erwarte, dass die Bremsemeines Autos sofort funktioniert, wenn ich das Bremspedalbediene. Und tatsächlich, ich trete das Pedal, und das Autowird gebremst. Auf meine Kenntnisse über die Handhabungder Bremsvorgänge als auch auf die Bremse kann ich michalso voll und ganz verlassen. Falls die Bremse nur ab und zufunktionieren würde, dann könnte ich mich auf sie über-haupt nicht verlassen. Sie wäre mir zu gefährlich! Ich würdesie lieber erst gar nicht benutzen. Die Sicherheit ist also eindurchaus sachlicher, ja sogar ein technischer Begriff. Aller-dings gibt es in Bezug auf die Sicherheit keine halben Sa-chen: Entweder gibt es sie oder nicht.

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Geborgenheit

Genauso ist die Geborgenheit zu betrachten. Sie entsteht in-folge der gleichen Sicherheit, sich auf die Erfüllung der Er-wartungen verlassen zu können; in diesem Fall auf die zwi-schenmenschlichen Beziehungen. Auch hier wird das Tota-le verlangt, nichts Halbherziges. Am Beispiel der Treue lässtsich dies gut verdeutlichen. Ist ein Mann nur ab und zu treu,dann kann man sich auf seine Treue eigentlich gar nicht ver-

lassen. Auch ein Kind fühlt sich erst dann ge-borgen, wenn es sich voll darauf verlassenkann, dass die von ihm erwarteten Reaktio-nen des ihm am nächsten stehenden Men-schen eintreten. Das Kind will eindeutig wis-sen, dass an seinem Bettchen kein andererMensch erscheint als der, den es schon vonseiner Stimme, seinem Blick, seinem Geruch,

seiner Art des Hochnehmens her kennt. Es kann sich nurdem Menschen anvertrauen, der voraussagbar, vorausseh-bar, vorausspürbar usw. ist. Und es kann sich nur dann ver-lassen, wenn die von ihm erwartete Situation in aller Ein-deutigkeit und Exaktheit so eintritt, wie es sie kennt. Je klei-ner und sensibler das Kind ist, desto abhängiger ist es vonder Unveränderbarkeit seiner Umwelt. Vor allem aber mussdas Kind in aller Eindeutigkeit spüren, dass es vollkommenangenommen ist.

Dieses Bedürfnis nach dem gewohnten Nest hat seinenUrsprung bereits in der vorgeburtlichen Lebenszeit des Kin-des. Schon im Bauch der Mutter nahm es dieses Urvertrauenwahr. Hier machte es erstmals die beruhigende Erfahrungder voraushörbaren und vorausspürbaren Wahrnehmun-gen. Auf den nächsten Herzschlag der Mutter konnte sichdas Kind rund um die Uhr verlassen. Der Uterus war seineinziger Lebensraum, der sich nicht veränderte und der sich

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Ein Kind fühlt sich danngeborgen, wenn es sichdarauf verlassen kann,

dass die von ihm erwarte-ten Reaktionen des ihmam nächsten stehenden

Menschen eintreten.

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nur ganz langsam ausweitete, so wie das Kind eben heran-wuchs. Umso mehr fühlte sich das Kind von allen Seiten be-schützt, versteckt, verborgen.

Bemerken Sie die Ähnlichkeit der Worte verborgen – ge-borgen? Im Uterus konnte sich das Baby vollkommen aufdas Versteck verlassen, welches immer gleich rund, gleichweich, gleich feucht und gleich dunkel war. Von den Wän-den dieses Verstecks umgeben, spürte das Kind, dass seineeigenen noch ungezielten, unruhigen Bewegungen wohltu-end gehemmt und durch die rhythmischen Bewegungen derMutter geordnet und harmonisiert wurden. Durch die Atem-bewegungen der Mutter wurde das Ungeborene etwa16-mal pro Minute gewiegt. (In den 70er-Jahren wurde imRahmen einer Untersuchung, die von A. Korner an der Uni-versitätsklinik von Stanford durchgeführt wurde, eine Grup-pe frühgeborener Kinder in diesem Rhythmus von 16Schwingungen auf schaukelnde Wasserbetten gelegt. ImUnterschied zu den Kindern, die nicht geschaukelt wurden,waren die geschaukelten Kinder weniger schreckhaft, sie at-meten ruhiger und schliefen vor allem besser ...) Bewegtesich die Mutter, dann waren es beim Gehen etwa 70 bis 80Schwingungen pro Minute. (Der berühmte Verhaltensfor-scher D. Morris stellte aufgrund seiner Experimente fest,dass die meisten Kinder bei diesem Tempo in der Wiege ein-schlafen.) Wenn die Mutter rhythmisch körperlich arbeitete,zum Beispiel Teig rührte, Schnee schippte oder Wäscheschwenkte, wenn sie tanzte oder ihre Gymnastik machte,dann bewegte sie das Kind in ihrem Bauch mit über 100Schwingungen pro Minute hin und her. (Dieses intensiveTempo erinnert an die gängigen Erfahrungen mit schreien-den Kindern. Ohne dass wir erst groß darüber nachdenkenmüssen, schaukeln wir das Kind umso schneller, je lauter esschreit.) In diesem stets wiegenden Nest konnte sich dasKind darauf verlassen, dass es ununterbrochen von links

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nach rechts und von rechts nach links, von unten nach obenund von oben nach unten sowie von vorne nach hinten undvon hinten nach vorne bewegt wurde.

Diese stetige, rhythmische Stimulation des Gleichge-wichts hat eine fundamentale Bedeutung. Das Gleichge-wichtszentrum ist nämlich eines der am frühesten sich ent-wickelnden Gehirnteile. Es vermittelt dem Embryo, nochwährend er sich »schwimmend« im Fruchtwasser befindet,die ersten Wahrnehmungen. Es dient als Schrittmacher fürdie wichtigsten vegetativen Funktionen (Atmung, Schlaf-und Wachrhythmus u.a.) und als Grundstein für die Zusam-menarbeit zwischen den Sinnen und der Motorik. Das Kindist aber noch nicht in der Lage, selbst seinen Rhythmus zuordnen. Dazu braucht es die ordnende Kraft seiner Mutter.Indem sie sein Gleichgewicht anregt, bildet das Baby dieersten Ansätze für sein inneres Gleichgewicht. Es fängt an,in sich zu ruhen.

Nach der Geburt muss sich das Kind noch lange daraufverlassen können, dass die Geborgenheit im Nest, sprich diegleich bleibende Wahrnehmung, fortgesetzt wird. Die Wis-senschaftler weisen auf eine große Unreife des Neugebore-

nen hin, die sie mit einer »physiologischenFrühgeburt« vergleichen. Um zum Zeitpunktder Geburt die gleiche Lebenstüchtigkeit wieandere Säugewesen zu haben, müsste dasMenschenkind um weitere zwölf Monate im

Bauch der Mutter getragen werden. Es ist das Schicksal desMenschen, dass er diese enge Bindung nicht in der Mutter,sondern an der Mutter fortzusetzen hat. Vor allem geht esum das Spüren der warmen, sich rhythmisch wiegendenHülle. An großen Veränderungen hat das Baby noch kein In-teresse. Diesen kann es sich erst viel später aufgrund seinerwachsenden Neugierde öffnen. Allerdings ist dies nur tags-über möglich und nur in Bezug auf neue Erfahrungen beim

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Ein Baby hat an großenVeränderungen noch kein

Interesse.

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