Verführung durch · 2016-12-08 · Konsum von Drogen. Wir befinden uns ... Zucker hat viele...

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51 D ie in Genf ansässige Gesund- heitsbürokratie empfiehlt Er- wachsenen und Kindern in ihrem Anfang März 2015 vor- gestellten Ernährungsrichtli- nien-Entwurf, nur fünf Prozent ihres tägli- chen Energiebedarfs in Form von Zucker zu sich zu nehmen. Heute nimmt der Durch- schnitts-Deutsche jeden Tag fast 100 Gramm Zucker zu sich. Der Durchschnitts-Schweizer genehmigt sich noch grössere Zucker-Ratio- nen: Während ein Deutscher übers Jahr rund 36 Kilo Zucker zu sich nimmt, kommt der Durchschnitts-Schweizer fast auf 60 Kilo! Die WHO empfiehlt, die Zucker-Aufnahme auf täglich 25 Gramm zu drücken. Diese Menge wird aber schon mit einer einzigen Büchse Cola überschritten! Dass die braune Brause voller Zucker steckt, hat sich allerdings inzwischen her- umgesprochen. Ernährungsbewusste Co- la-Liebhaber versuchen, diesem Dilemma zu entkommen, indem sie auf Light- bezie- hungsweise Zero-Cola umsteigen, bei der ein Grossteil des Kristallzuckers durch chemi- sche Süssstoffe wie Aspartam ersetzt wurde. Doch damit handeln sie sich möglicherweise ganz andere Gesundheitsrisiken ein. Wegen der Verteufelung der Fette in den Massen- medien und dem Streben vieler Verbraucher nach einer schlan- ken Linie hat die Nahrungsmit- telindustrie in den vergangenen Jahrzehnten den Fettanteil in vielen Fertiggerichten deutlich vermindert und wirbt erfolgreich mit dem Aufdruck «fettreduziert» auf Verpackungen. Das heisst aber noch lange nicht, dass die so beworbenen Speisen den Verbrauchern auch wirklich zur schlanken Linie und zu einem gesünderen Leben verhelfen. Der versteckte Zucker Anders als Cola, Schokolade oder Gum- mibärchen, die bekanntermassen viel Zucker enthalten, gilt zum Beispiel To- maten-Ketschup, zumal wenn er pikant ge- würzt ist, nicht gerade als Süssspeise. Doch enthält üblicherweise schon eine einzige Halbliter-Flasche davon 130 Gramm Zu- cker. Das sind 43 Würfel! Viele Liebhaber von Currywurst, Bratwurst oder gegrillten Steaks, die normalerweise mit viel Ketschup dekoriert werden, wird das überraschen. Und in den Würsten selbst ist in der Regel ebenfalls Zucker – und zwar je nach Sorte in durchaus nennenswerten Mengen. Viel Zucker findet sich auch in Tomatensauce für Nudelgerichte. In einem 500-Gramm Glas Mirácoli zum Beispiel 36 Gramm. Fettre- duzierte Salt-Dressings für Menschen, die auf ihre Linie achten möchten, enthalten bis zu dreimal mehr Zucker als Fett. Wenn Fett als natürlicher Geschmacksverstär- ker ausfällt, muss eben Zucker an seine Stelle treten. Auch Gemü- se und Früchte in Schnapp- deckel-Gläsern oder Konser- venbüchsen enthalten in der Regel erstaunliche Mengen von Zucker, der hierbei so- wohl als Konservierungsmittel als auch als Geschmacksver- stärker dienen kann. So enthalten Mehr Zucker, mehr Konsum Suchtforscher fanden heraus, dass die Aufnahme von Zucker im Belohnungs- zentrum zu einer Ausschüttung von Do- pamin führt – ein Signal an das Gehirn, dass etwas Wichtiges passiert und das gesamte Verhalten auf diesen Reiz aus- gerichtet werden soll. Deshalb also greift man bei Zucker immer wieder zu. Dieser Mechanismus funktioniert so auch beim Konsum von Drogen. Wir befinden uns also buchstäblich im Zuckerrausch. Am empfänglichsten für Zucker sind Suchtforschern zufolge Jugendliche und Kinder. Das beobachteten auch amerika- nische Wissenschaftler in einem Ferien- lager: 91 Kinder wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die einen erhielten Cerealien mit wenig Zucker, die anderen Cerealien mit deutlich mehr Zucker. Essen durften die Kinder so viel sie wollten. Ergebnis: Je süsser die Frühstücksflocken, desto grösser die Portionen. Die Kinder in der Gruppe mit den ver- zuckerten Flocken assen am Ende fast die doppelte Menge. Dabei bewerteten die beiden Gruppen die Cornflakes vom Geschmack her ähnlich. Cerealien müss- ten also gar nicht so viel Zucker enthal- ten – doch er sorgt für mehr Konsum. Verführung durch die Droge Zucker 700 Gramm zubereiteter Rotkohl im Glas 77 Gramm oder 25 Würfel Zucker. Eine Dose mit 450 Gramm Ananas enthält 54 Gramm oder 18 Würfel Zucker. Gläser mit sauren Gurken enthalten 15 bis 17 Prozent Zucker. Mediziner machen das Überangebot an stark gezuckerten Lebensmitteln vor allem für die wachsende Zahl übergewichtiger Kinder verantwortlich. In der Schweiz gilt heute jedes fünfte Kind als zu dick, jedes zwanzigste gar als ausgesprochen fettlei- big. Die Zahl dicker Kinder hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Oft beginnt die Fettleibigkeit schon im Vorschulalter. Die Schweizer Konsumentenschutzorga- nisationen kritisieren die Verführung der Kinder durch die aggressive, zielgruppen- orientierte Werbung für überzuckerte Früh- stücks-Produkte in Kindersendungen des Fernsehens. So enthalten die beinahe jedem aus der TV-Werbung bekannten «Kellog‘s Smacks» 58 Würfel Zucker in einer einzigen 500-Gramm-Packung. Die Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittelindustrien hat inzwischen auf die Kritik reagiert und verweist auf «Swiss Pledge», eine freiwilli- ge Verpflichtung zur Selbstzensur der Wer- bung, der sich ein Dutzend Unternehmen angeschlossen haben. Doch die Konsumen- tenverbände sehen bislang keine wirkliche Trendwende bei den Werbespots für stark zuckerhaltige Getränke oder Fertiggerichte. Fett, die gesündere Alternative? «Wie Alkohol und Tabak ist Zucker eine Droge, vor deren Genuss die Regierung warnen sollte. Zucker ist die gefährlichste Droge unserer Zeit und ist dennoch überall frei erhältlich.» Das verkündete im vergan- genen Jahr Paul van der Velpen, der Chef des Amsterdamer Gesundheitsdienstes. Fett kommt hingegen bei van der Velpen vergleichsweise gut weg. Während nämlich fette Speisen satt machten, rege Zucker den Appetit an. Er mache süchtig. Aus diesem Grund enthielten industriell hergestell- te Fertiggerichte immer mehr versteckten Zucker. Auf die Verpackungen von Fertigs- peisen und süssen Softdrinks müsse, ähn- lich wie auf Zigarettenschachteln, ein war- nender Aufdruck nach dem Muster «Zucker macht süchtig und ist gesundheitsschäd- lich!», meint van der Velpen. Er regt an, die Krankenkassen sollten Zucker-Entwöh- nungskuren finanzieren und die Hersteller süsser Energy Drinks sollten strafrechtlich belangt werden. Ob das der richtige Weg ist, bleibt da- hin gestellt. In einem freiheitlichen Ge- meinwesen sollten die Verbraucher selbst herausfinden können, wie viel Zucker ih- nen schadet oder gut tut. Denn es gibt grosse individuelle Unterschiede in der Zuckerverträglichkeit. Oft ist es für Lai- en allerdings nicht einfach, aus der Liste der Inhaltsstoffe auf den Verpackungen zu ersehen, ob und wie stark die verpackten Getränke oder Fertiggerichte gezuckert sind. Denn der Zucker verbirgt sich oft hinter wissenschaftlichen Bezeichnungen wie Glucose, Fructose, Dextrose, Saccha- rose, Lactose, Maltose, Maltodextrin, Cy- clodextrin, Malzextrakt oder auch Inulin. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat ins- gesamt etwa 70 zuckerähnliche Stoffe in Lebensmitteln ausgemacht. Man kann da- von ausgehen, dass in allen Fertiggerichten Zucker oder zuckerähnliche Stoffe als Ge- schmacksverstärker und Konservierungs- mittel eingesetzt werden. Nur wer ganz auf Fertiggerichte verzichtet, kann also im Zweifelsfall ausschliessen, seinen Organis- mus mit verstecktem Zucker zu belasten. Ob die von Verbraucherverbänden schon seit Jahren geforderte grün-gelb-rote Nährwert-Ampel auf Lebensmittel-Ver- packungen weiterhilft, erscheint dagegen eher als fraglich. Denn es macht, wie ange- deutet, einen grossen Unterschied, ob eine Kalorie aus Zucker, Fett oder Eiweiss besteht. Die Zeiten sind vorbei, in denen Ernährungswissen- schaftler für Übergewicht und dessen gesundheitliche Folgen wie Bluthochdruck, Arteriosklerose und Insu- linresistenz in erster Linie den Genuss von zu viel Fett verant- wortlich machten. Inzwischen warnt die Weltgesundheitsor- ganisation (WHO) vielmehr vor stark gezuckerten Speisen und Getränken. von Edgar Gärtner TV-Koch Jamie Oliver: Zucker so gefährlich wie Tabak Englands TV-Starkoch Jamie Oliver sagt, dass Zucker »der nächste Tabak” sein wird und auf- grund seiner gesundheitlichen Risiken sonder- besteuert werden müsse. The Telegraph zitiert: »Risiken durch zuckerhaltige Lebensmittel verur- sachen eine Krise im öffentlichen Gesundheitswe- sen, ähnlich wie das Rauchen, und deshalb sollte Zucker in der gleichen Weise wie Tabak besteuert werden.” Der Fernsehkoch prognostizierte, dass «Zucker auf jeden Fall der nächste Bösewicht” sein werde und aufgrund der gesundheitlichen Risiken auf die Schwarze Liste des britischen Nationalen Gesund- heitsdienstes NHS gesetzt werden sollte. Er fügte hinzu, dass Grossbritannien dem Beispiel Frank- reichs folgen sollte. Dort werden zuckerhaltige Getränke besteuert. Zucker hat viele negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Zum einen kann er fol- gende Symptome auslösen: Müdigkeit, Antriebs- und Energielosigkeit, Depressionen, Angstzustän- de, Magen- und Darmprobleme wie Völlegefühle, Blähungen, Durchfall und Verstopfung, Haaraus- fall, Hautkrankheiten, Pilzbefall, Menstruations- beschwerden, Nervosität, Schlafstörungen, Kon- zentrationsschwäche oder geistige Verwirrtheit. Selbst salzige Speisen enthalten oft Zuckermengen, die über dem empfohlenen Tageskonsum liegen. Viel Zucker findet sich in Tomatensauce für Nudelgerichte. In einem 500-Gramm Glas Mirácoli zum Beispiel 36 Gramm. Die WHO empfiehlt eine Zuckeraufnahme von täglich 25 Gramm. Heute nimmt der Durchschnitts- Deutsche jeden Tag fast 100 Gramm Zucker zu sich. Die WHO empfiehlt, die Zucker-Aufnahme auf täglich 25 Gramm zu beschränken. Diese Menge wird aber schon mit einer einzigen Büchse Cola überschritten! Wie Alkohol und Tabak ist Zucker eine Droge. Er regt den Appetit auf neuen Zucker an und macht süchtig. Mediziner machen das Überangebot von stark gezuckerten Lebensmit- teln vor allem für die wachsende Zahl übergewichtiger Kinder verant- wortlich. Gesundheit Zucker 50 Ausgabe 2, Dezember 2016

Transcript of Verführung durch · 2016-12-08 · Konsum von Drogen. Wir befinden uns ... Zucker hat viele...

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Die in Genf ansässige Gesund-heitsbürokratie empfiehlt Er-wachsenen und Kindern in ihrem Anfang März 2015 vor-gestellten Ernährungsrichtli-

nien-Entwurf, nur fünf Prozent ihres tägli-chen Energiebedarfs in Form von Zucker zu sich zu nehmen. Heute nimmt der Durch-schnitts-Deutsche jeden Tag fast 100 Gramm Zucker zu sich. Der Durchschnitts-Schweizer genehmigt sich noch grössere Zucker-Ratio-nen: Während ein Deutscher übers Jahr rund 36 Kilo Zucker zu sich nimmt, kommt der Durchschnitts-Schweizer fast auf 60 Kilo! Die WHO empfiehlt, die Zucker-Aufnahme auf täglich 25 Gramm zu drücken. Diese Menge wird aber schon mit einer einzigen Büchse Cola überschritten!

Dass die braune Brause voller Zucker steckt, hat sich allerdings inzwischen her-umgesprochen. Ernährungsbewusste Co-la-Liebhaber versuchen, diesem Dilemma zu entkommen, indem sie auf Light- bezie-hungsweise Zero-Cola umsteigen, bei der ein Grossteil des Kristallzuckers durch chemi-sche Süssstoffe wie Aspartam ersetzt wurde. Doch damit handeln sie sich möglicherweise ganz andere Gesundheitsrisiken ein. Wegen der Verteufelung der Fette in den Massen-medien und dem Streben vieler Verbraucher nach einer schlan-ken Linie hat die Nahrungsmit-telindustrie in den vergangenen Jahrzehnten den Fettanteil in vielen Fertiggerichten deutlich

vermindert und wirbt erfolgreich mit dem Aufdruck «fettreduziert» auf Verpackungen. Das heisst aber noch lange nicht, dass die so beworbenen Speisen den Verbrauchern auch wirklich zur schlanken Linie und zu einem gesünderen Leben verhelfen.

Der versteckte Zucker

Anders als Cola, Schokolade oder Gum-mibärchen, die bekanntermassen viel

Zucker enthalten, gilt zum Beispiel To-maten-Ketschup, zumal wenn er pikant ge-würzt ist, nicht gerade als Süssspeise. Doch enthält üblicherweise schon eine einzige Halbliter-Flasche davon 130 Gramm Zu-cker. Das sind 43 Würfel! Viele Liebhaber von Currywurst, Bratwurst oder gegrillten Steaks, die normalerweise mit viel Ketschup dekoriert werden, wird das überraschen. Und in den Würsten selbst ist in der Regel ebenfalls Zucker – und zwar je nach Sorte in durchaus nennenswerten Mengen. Viel Zucker findet sich auch in Tomatensauce für Nudelgerichte. In einem 500-Gramm Glas Mirácoli zum Beispiel 36 Gramm. Fettre-duzierte Salt-Dressings für Menschen, die auf ihre Linie achten möchten, enthalten bis zu dreimal mehr Zucker als Fett. Wenn

Fett als natürlicher Geschmacksverstär-ker ausfällt, muss eben Zucker an

seine Stelle treten. Auch Gemü-se und Früchte in Schnapp-deckel-Gläsern oder Konser-venbüchsen enthalten in der Regel erstaunliche Mengen von Zucker, der hierbei so-wohl als Konservierungsmittel

als auch als Geschmacksver-stärker dienen kann. So enthalten

Mehr Zucker, mehr Konsum

Suchtforscher fanden heraus, dass die Aufnahme von Zucker im Belohnungs-zentrum zu einer Ausschüttung von Do-pamin führt – ein Signal an das Gehirn, dass etwas Wichtiges passiert und das gesamte Verhalten auf diesen Reiz aus-gerichtet werden soll. Deshalb also greift man bei Zucker immer wieder zu. Dieser Mechanismus funktioniert so auch beim Konsum von Drogen. Wir befinden uns also buchstäblich im Zuckerrausch.

Am empfänglichsten für Zucker sind Suchtforschern zufolge Jugendliche und Kinder. Das beobachteten auch amerika-nische Wissenschaftler in einem Ferien-lager: 91 Kinder wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die einen erhielten Cerealien mit wenig Zucker, die anderen Cerealien mit deutlich mehr Zucker. Essen durften die Kinder so viel sie wollten. Ergebnis: Je süsser die Frühstücksflocken, desto grösser die Portionen.

Die Kinder in der Gruppe mit den ver-zuckerten Flocken assen am Ende fast die doppelte Menge. Dabei bewerteten die beiden Gruppen die Cornflakes vom Geschmack her ähnlich. Cerealien müss-ten also gar nicht so viel Zucker enthal-ten – doch er sorgt für mehr Konsum.

Verführung durch die Droge Zucker

700 Gramm zubereiteter Rotkohl im Glas 77 Gramm oder 25 Würfel Zucker. Eine Dose mit 450 Gramm Ananas enthält 54 Gramm oder 18 Würfel Zucker. Gläser mit sauren Gurken enthalten 15 bis 17 Prozent Zucker.

Mediziner machen das Überangebot an stark gezuckerten Lebensmitteln vor allem für die wachsende Zahl übergewichtiger Kinder verantwortlich. In der Schweiz gilt heute jedes fünfte Kind als zu dick, jedes zwanzigste gar als ausgesprochen fettlei-big. Die Zahl dicker Kinder hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Oft beginnt die Fettleibigkeit schon im Vorschulalter. Die Schweizer Konsumentenschutzorga-nisationen kritisieren die Verführung der Kinder durch die aggressive, zielgruppen-orientierte Werbung für überzuckerte Früh-stücks-Produkte in Kindersendungen des Fernsehens. So enthalten die beinahe jedem aus der TV-Werbung bekannten «Kellog‘s Smacks» 58 Würfel Zucker in einer einzigen 500-Gramm-Packung. Die Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittelindustrien hat inzwischen auf die Kritik reagiert und verweist auf «Swiss Pledge», eine freiwilli-ge Verpflichtung zur Selbstzensur der Wer-bung, der sich ein Dutzend Unternehmen angeschlossen haben. Doch die Konsumen-tenverbände sehen bislang keine wirkliche Trendwende bei den Werbespots für stark zuckerhaltige Getränke oder Fertiggerichte.

Fett, die gesündere Alternative?

«Wie Alkohol und Tabak ist Zucker eine Droge, vor deren Genuss die Regierung warnen sollte. Zucker ist die gefährlichste Droge unserer Zeit und ist dennoch überall frei erhältlich.» Das verkündete im vergan-genen Jahr Paul van der Velpen, der Chef des Amsterdamer Gesundheitsdienstes. Fett kommt hingegen bei van der Velpen vergleichsweise gut weg. Während nämlich fette Speisen satt machten, rege Zucker den Appetit an. Er mache süchtig. Aus diesem

Grund enthielten industriell hergestell-te Fertiggerichte immer mehr versteckten Zucker. Auf die Verpackungen von Fertigs-peisen und süssen Softdrinks müsse, ähn-lich wie auf Zigarettenschachteln, ein war-nender Aufdruck nach dem Muster «Zucker macht süchtig und ist gesundheitsschäd-lich!», meint van der Velpen. Er regt an, die Krankenkassen sollten Zucker-Entwöh-nungskuren finanzieren und die Hersteller süsser Energy Drinks sollten strafrechtlich belangt werden.

Ob das der richtige Weg ist, bleibt da-hin gestellt. In einem freiheitlichen Ge-meinwesen sollten die Verbraucher selbst herausfinden können, wie viel Zucker ih-nen schadet oder gut tut. Denn es gibt grosse individuelle Unterschiede in der Zuckerverträglichkeit. Oft ist es für Lai-en allerdings nicht einfach, aus der Liste der Inhaltsstoffe auf den Verpackungen zu ersehen, ob und wie stark die verpackten Getränke oder Fertiggerichte gezuckert sind. Denn der Zucker verbirgt sich oft hinter wissenschaftlichen Bezeichnungen wie Glucose, Fructose, Dextrose, Saccha-rose, Lactose, Maltose, Maltodextrin, Cy-clodextrin, Malzextrakt oder auch Inulin. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat ins-gesamt etwa 70 zuckerähnliche Stoffe in Lebensmitteln ausgemacht. Man kann da-von ausgehen, dass in allen Fertiggerichten Zucker oder zuckerähnliche Stoffe als Ge-schmacksverstärker und Konservierungs-mittel eingesetzt werden. Nur wer ganz auf Fertiggerichte verzichtet, kann also im Zweifelsfall ausschliessen, seinen Organis-mus mit verstecktem Zucker zu belasten. Ob die von Verbraucherverbänden schon seit Jahren geforderte grün-gelb-rote Nährwert-Ampel auf Lebensmittel-Ver-packungen weiterhilft, erscheint dagegen eher als fraglich. Denn es macht, wie ange-deutet, einen grossen Unterschied, ob eine Kalorie aus Zucker, Fett oder Eiweiss besteht.

Die Zeiten sind vorbei, in denen Ernährungswissen-schaftler für Übergewicht und dessen gesundheitliche Folgen wie Bluthochdruck, Arteriosklerose und Insu-

linresistenz in erster Linie den Genuss von zu viel Fett verant-wortlich machten. Inzwischen warnt die Weltgesundheitsor-ganisation (WHO) vielmehr vor stark gezuckerten Speisen und Getränken.

von Edgar Gärtner

TV-Koch Jamie Oliver: Zucker so gefährlich wie Tabak

Englands TV-Starkoch Jamie Oliver sagt, dass Zucker »der nächste Tabak” sein wird und auf-grund seiner gesundheitlichen Risiken sonder-besteuert werden müsse. The Telegraph zitiert: »Risiken durch zuckerhaltige Lebensmittel verur-sachen eine Krise im öffentlichen Gesundheitswe-sen, ähnlich wie das Rauchen, und deshalb sollte Zucker in der gleichen Weise wie Tabak besteuert werden.”

Der Fernsehkoch prognostizierte, dass «Zucker auf jeden Fall der nächste Bösewicht” sein werde und aufgrund der gesundheitlichen Risiken auf die Schwarze Liste des britischen Nationalen Gesund-

heitsdienstes NHS gesetzt werden sollte. Er fügte hinzu, dass Grossbritannien dem Beispiel Frank-reichs folgen sollte. Dort werden zuckerhaltige Getränke besteuert.

Zucker hat viele negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Zum einen kann er fol-gende Symptome auslösen: Müdigkeit, Antriebs- und Energielosigkeit, Depressionen, Angstzustän-de, Magen- und Darmprobleme wie Völlegefühle, Blähungen, Durchfall und Verstopfung, Haaraus-fall, Hautkrankheiten, Pilzbefall, Menstruations-beschwerden, Nervosität, Schlafstörungen, Kon-zentrationsschwäche oder geistige Verwirrtheit.

Selbst salzige Speisen enthalten oft Zuckermengen, die über dem empfohlenen Tageskonsum liegen.

Viel Zucker findet sich in Tomatensauce für Nudelgerichte. In einem 500-Gramm Glas Mirácoli zum Beispiel 36 Gramm. Die WHO empfiehlt eine Zuckeraufnahme von täglich 25 Gramm.

Heute nimmt der Durchschnitts-Deutsche jeden Tag fast 100 Gramm Zucker zu sich. Die WHO empfiehlt, die Zucker-Aufnahme auf täglich 25 Gramm zu beschränken. Diese Menge wird aber schon mit einer einzigen Büchse Cola überschritten!

Wie Alkohol und Tabak ist Zucker eine Droge. Er regt den Appetit auf neuen Zucker an und macht süchtig.

Mediziner machen das Überangebot von stark gezuckerten Lebensmit-teln vor allem für die wachsende Zahl übergewichtiger Kinder verant-wortlich.

Gesundheit

Zucker

50Ausgabe 2, Dezember 2016

5352Ausgabe 2, Dezember 2016

Gesundheit

Alles beginnt im Dezember 1965 in der Firma GD Searle. Einer der dort beschäftigten Chemiker kre-iert versehentlich Aspartam beim Versuch, ein Heilmittel für Magen-

geschwüre zu schaffen. Es stellt sich heraus, dass Aspartam 180 mal süsser ist als Zucker. Searle beschliesst im Jahr 1967 für Aspartam die Genehmigung durch die die Gesundheitsbe-hörde FDA zu erlangen und beginnt mit einigen Sicherheitstests, welche für die Zulassung von Lebensmittelzusatzstoffen erforderlich sind.

Kurz darauf stellt sich heraus, dass der Ver-zehr von Aspartam schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann. Dr. Harold Wais-man, Biochemiker an der Universität von Wis-consin, mischte Aspartam als Süssungsmittel in Milch, welche Affenbabys verabreicht wurde. Von den sieben Affen starb einer, fünf weitere erlitten epileptische Anfälle.

Im November 1970 wurde der Süssstoff Cyclamat verboten, nachdem dessen Verzehr mit Krebs in Verbindung gebracht wurde. Auch Saccharin stand in der Kritik, ein hervorragen-des Timing, sodass die Chancen für Aspartam als Ersatzstoff gut standen.

Die Legalisierung von Aspartam

Im Dezember 1970 startete GD Searle Kampagnen, um Aspartam ein positives Image zu verleihen und die US-Regulierungsbehör-den umzustimmen. Doch folgte ein weiterer Rückschlag: Im Frühjahr 1971 fand der füh-rende Neurologe Dr. John Olney heraus, dass Asparaginsäure (einer der Bestandteile von Aspartam) Löcher in den Gehirnen von Mäu-

sen verursachte. Die Forschungsabteilung von GD Searle bestätigte die Richtigkeit der For-schungsergebnisse Olneys.

Bis Februar 1973 hatte das Unternehmen 10 Millionen Dollar für Sicherheitstests ausgege-ben und legte der FDA über 100 Studien vor, welche die Unbedenklichkeit von Aspartam belegen sollten. Die FDA nahm sich der Sache erneut an und kam wenige Wochen später zum Ergebnis, dass die Informationen nicht aus-reichten, um die Toxizität von Aspartam fest-zustellen.

Nach langem Hin und Her erteilte die FDA im Juli 1974 eine erste Zulassung für das Süs-sungsmittel für den beschränkten Einsatz in

Lebensmitteln. Dr. Olney protestierte dagegen und bezeichnete die Prüfverfahren von GD Se-arle als «schlampig». Er startete im März 1976 eine Petition, welche eine erneute Überprüfung von Aspartam durch die FDA erzwingen sollte.

Olney bekam erneut Recht: Die Forscher kamen zum Ergebnis, dass GD Searle die For-schungsergebnisse zu seinen eigenen Gunsten manipuliert hatte und stellten fest, dass sie «noch nie zuvor so etwas Schlechtes wie Se-arles Tests» zu Gesicht bekommen hätten.

Manipulierte Studien zur Sicherheit von Aspartam

Die FDA klagte das Unternehmen im Januar 1977 aufgrund von «Verheimlichung von Fakten und falschen Aussagen» bei der US-Staatsan-waltschaft an. Dies war das erste Mal in der Ge-schichte der FDA, dass sie eine strafrechtliche Verfolgung eines Herstellers einleitete.

GD Searle reagierte schnell und heuerte im März 1977 den ranghohen Minister Donald Rumsfeld erfolgreich als neuen Vorsitzenden des Unternehmens an. Rumsfelds Einfluss

Wussten Sie, dass Aspartam (E951) durch die US-Aufsichtsbehörde FDA mehrfach verboten wurde? Wie kommt es, dass es heute legal ist und in zahlreichen Produkten Verwendung findet? Der bittersüsse Streit darüber, ob Aspartam unbedenklich ist oder nicht, zieht sich schon viele Jahrzehnte hin.

Auf der einen Seite gibt es medizinische Studien, die dringend vom Verzehr des Stoffes abraten, andere Studien besagen, dass er völlig ungefährlich sei. Dieser Artikel bezieht sich auf die Geschichte des Süssungsmittels in den Vereinigten Staaten.

Aspartam –

Nachdem er 1977 seine politischen Ämter verloren hatte, heuerte Rumsfeld beim Aspartam-Produzent GD Searle an. Durch seine Verbindung zu Ronald Reag-an hatte er entscheidenden Einfluss auf die Legalisierung von Aspartam.

Aspartam nennt sich chemisch L - A s p a r t yl - L - Ph e nyl - A l a-nin-Methylester oder E 951 - ein Zuckerersatzstoff mit der 200-fa-chen Süsskraft von Zucker. As-

partam ist weltweit in mehr als 90 Ländern in über 9000 Produkten enthalten. Das grosse Problem beim Genuss von Aspartam ist, dass es im menschlichen Körper wieder in seine Grundsubstanzen, Phenylalanin (50%), Aspa-raginsäure (40%) und Methanol (10%) zerfällt: Phenylalanin ist für Menschen, die unter der angeborenen Stoffwechselkrankheit PKU lei-den, sehr gefährlich. Durch einen Mangel an dem körpereigenen Abbau-Enzym, das Phe-nylalanin in Tyrosin umwandelt, sammelt sich Phenylalanin im Körper an; es wird in Phenyl-brenztraubensäure umgebaut. Die möglichen Folgen: verkümmertes Wachstum und Gehirn-schäden. Deswegen müssen Lebensmittel mit

Aspartam mit dem Hinweis «enthält Phenyl-alanin» versehen sein. Ausserdem verursacht ein erhöhter Phenylalanin-Gehalt im Blut ei-nen verringerten Serotoninspiegel im Gehirn, der zu emotionalen Störungen wie z.B. De-pressionen führen kann.

Die zweite Grundsubstanz Asparagin-säure ist noch gefährlicher. Man stellte fest, dass eine hohe Menge Asparaginsäure schwere chronische neurologische Störun-gen verursacht. Normalerweis verhindert die Blut-Hirn-Schranke einen erhöhten As-paragin-Spiegel im Gehirn. Diese natürliche Barriere ist allerdings bei Kindern noch nicht vollständig entwickelt. Die Sperre wird zu-dem durch extremen Konsum von Aspartam überfordert. Asparagin beginnt allmählich die Neuronen zu schädigen. Über 75% der Gehirn-zellen werden geschädigt, bevor sich klinische Krankheitssymptome bemerkbar machen, z.B. hormonelle Probleme, Taubheit, Epilep-sie, Alzheimer, Parkinson usw.

Die dritte Grundsubstanz in Aspartam ist Methanol. Diese Substanz ist mindestens ge-nauso gefährlich wie Asparaginsäure. Nur ge-ringe Mengen Methanol sammeln sich über einen längeren Zeitraum im Organismus und schädigen alle Nerven, vor allem die empfind-lichen Sehnerven und Gehirnzellen. In Aspar-tam wird Methanol freigesetzt, wenn man es über 28,5°C erwärmt.

Die Aspartam-Überdosis

Man vermutet sogar, dass das Golf-kriegs-Syndrom, mit dem viele US-Soldaten in ihre Heimat zurückkehrten, mitunter auf zu heiss gelagerte Coke-Light-Dosen zurückzu-

führen ist. In grossen Mengen sollten diese den Soldaten ihren Einsatz im Irak «versüssen». Der Körper baut Methanol durchaus ab, näm-lich zu Formaldehyd (Formalin, chem. Met-hanal) und Ameisensäure (chem. Methansäu-re). Formalin ist ein tödliches Nervengift. Der Organismus speichert es und kann es nicht abbauen. Die geringen Mengen Formalin, die z.B. Möbel abgeben können, sind ungefährlich im Vergleich zu den Mengen bei dauerhaftem Konsum von Aspartam.

Die tägliche tolerierbare Menge von Met-hanol beträgt 7,8 mg/l. Ein Liter Cola-Light mit Aspartam enthält etwa 56 mg Methanol. Man-che Konsumenten kommen so auf die enorme Tagesdosis von 250 mg, die 32-fache Menge des empfohlenen Grenzwertes! Symptome einer Methanol-Vergiftung sind: Kopfschmer-zen, Übelkeit, Ohrensausen, Beschwerden des Verdauungstraktes, Schwindel, Müdigkeit, Ge-

dächtnislücken, Taubheit, reissende Schmer-zen in den Extremitäten, Verhaltensstörungen und Neuritis. Die bekanntesten Symptome sind verschwommenes Sehen, fortschreitende Einengung des Gesichtsfeldes, Schädigung der Netzhaut bis zur Blindheit. Eine starke Belas-tung durch Methanol führt zu einer rasch auf-tretenden Vergiftung, die zu Erblindung und zum Tod führen kann.

Immer mehr Augenärzte wissen es: Men-schen können erblinden, weil sich Aspartam in der Retina, der Augennetzhaut, zu Formal-dehyd umwandelt. Die Giftigkeit von Formal-dehyd entspricht der von Zyanid und Arsen. Beide sind tödlich. So stellte z.B. eine Kran-kenschwester fest, dass bei sechs ihrer Kolle-ginnen - alle Vieltrinker von Cola-light - plötz-lich die Diagnose «Multiple Sklerose» gestellt wurde.

Aspartam verändert den Stoffwechsel der Gehirnzellen. Dies führt zu epilepsieähnlichen Symptomen. Parkinson-Kranke haben einen verminderten Dopamingehalt, der durch As-partam weiter gesenkt wird. Aspartam wurde ursprünglich auch als Mastmittel entwickelt, weil es das Sättigungszentrum im Gehirn aus-ser Funktion setzt. Gedächtnisstörungen rüh-ren daher, dass Asparagin-Säure und Phenyl-alanin Nervengiftstoffe sind. Diese passieren die Blut-Hirn-Schranke und zerstören das Gehirn. Aspartam führt so auch zu einem epi-demischen Anstieg der Krankheit Alzheimer.

Aspartam ist das Gegenteil eines Diät-produkts: Es fördert die Fettablagerung, da Formaldehyd in den Fettzellen gespeichert wird. Wer aspartamhaltige Getränke aus Fi-gur-Gründen trinkt, wird kaum die er-wünschten Ergebnisse sehen.

Aspartam – Das tödliche Nervengift

Bericht: Coca Cola und Pepsico bezahlten 96 Gesundheitsgruppen

Zwischen 2011 und 2015 liessen die beiden Unternehmen PepsiCo und die Coca-Cola Company insgesamt 96 US-Gesundheitsgruppen finanzi-elle Mittel zukommen, darunter der «American Diabetes Association» sowie der «Juvenile Diabetes Rese-arch Foundation». Zudem setzten sich die Konzerne mit ihren Lobbies gegen 29 Ernährungsrichtlinien ein, um die eigenen Produkte als weniger gesundheitsschädlich darzustellen als sie sind. (-) In den vergangenen zwei Jahren investierte die American Beverage Association (ABA) viele Millionen in den Kampf gegen neue Gesetze, die eine Besteuerung und Kennzeichnung zuckerhaltiger Getränke vorsahen. Die ABA ist eine der grössten Lobby-gruppen der Limonadenindustrie. Im vergangenen Jahr wurde Coca-Cola beschuldigt, viel Geld in irreführende Forschung zu pumpen. Im November des vergangenen Jahres verkündete die US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA), dass US-Bürger nicht mehr als 50 Gramm Zucker täglich in Form von Spei-sen und Getränken zu sich nehmen sollten, was weniger ist als in 0,5 Litern Cola. Die WHO empfiehlt sogar, nicht mehr als 25 Gramm pro Tag zu konsumieren.

Quelle: Gegenfrage.com

machte sich rasch bemerkbar: Bereits im Juli 1977 trat Samuel Skinner, Chef der US-Staats-anwaltschaft, von seinem Posten zurück und erhielt eine führende Position in der firme-neigenen Kanzlei von GD Searle.

Im Dezember 1977 wurde das Verfahren gegen GD Searle eingestellt. Nach drei vonei-nander unabhängigen Untersuchungen wurde Aspartam im Jahr 1980 in den USA verboten. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass Aspartam «mit hoher Wahrscheinlichkeit» die Entstehung von Hirntumoren begünstigt.

GD Searle in der US-Regierung

Am 21. Januar 1981, nur einen Tag nach Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Ron-

Die Chronik der Legalisierung eines Süssstoffes Obwohl der Verzehr von Aspartam

schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann, wurde er von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA genehmigt.

Der Aspartam-Hersteller GD Searle erre-ichte die Zulassung durch seinen Einfluss auf die FDA und die US-Regierung.

Aspartam zerfällt im menschlichen Körper in seine giftigen Grundsub-stanzen, die in erster Linie Nerven und Gehirnzellen schädigen.

Der Genuss von Aspartam kann zu schw-eren neurologischen Schäden führen.