(V)ermittelt – Bedürfnisse in der gesellschaftlichen Produktion

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Vortrag bei der Jahrestagung der Loccumer Initiative 2012

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(V)ermittelt – Bedürfnisse in der gesellschaftlichen Produktion

Jahrestagung der Loccumer InitiativeKritischer WissenschaftlerInnen

Bremen, 30.3.–1.4.2012

Stefan Meretz, keimform.de

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Bedürfnisse ermitteln oder vermitteln– das ist die Frage!

Fragen der Loccumer Tagung:● Wieviel einzelbetriebliche Autonomie ist möglich,

wieviel gesamtwirtschaftliche Planung notwendig?● Wie kann die demokratische Diskussion

gesellschaftlicher Bedürfnisse organisiert und in die Produktion vermittelt werden?

● Auf welche Weise entstehen und verändern sich überhaupt Bedürfnisse und welche allgemeinen Kriterien lassen sich für ihre Befriedigung definieren?

► Mega-Thema!

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Bedürfnisse (1)

Grundannahmen:● Bedürfnis als »Wunsch nach« ist Ausdruck des

historisch-spezifischen Verhältnisses von gesell-schaftlichen Möglichkeiten und Bedingungen

● Vorsicht vor verdinglichenden, überhistorischen Zuschreibungen (Bedürfnis-Hierarchien o.ä.)

► Es gibt nicht „die und die Bedürfnisse“, die von einer Planungsinstanz festgestellt werden könnten

Beispiel: Zwar liegt es auf der Hand, dass sich die meisten Menschen Behausungen wünschen, aber welcher Art diese gewünschten Behausungen sind, ändert sich permanent

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Bedürfnisse (2)

Kritische Psychologie (Osterkamp, Holzkamp u.a.):● Sinnlich-vitale Bedürfnisse: Primärbedürfnisse der

Lebenssicherung und Sexualität● Produktive Bedürfnisse: Teilhabe an der Verfügung

über gesellschaftliche Re-/Produktion der Lebensbedingungen

► Die Befriedigungsqualität der sinnlich-vitalen Bedürfnisse hängt vom Grad der Realisierung der produktiven Bedürfnisse ab.

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Markt oder Plan?

Markt:● Getrennte Privatproduktion● Vermittlung über den Tausch● Dynamische Indirektion

► Erst wird produziert, dann vermittelt

Plan:● Ermittlung und Konsolidierung der Bedürfnisse● Organisierte Kollektivproduktion● Statische Indirektion

► Erst wird ermittelt, dann produziert

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Probleme

Markt:● Trennung von Produktion und Konsumtion● Blinde Produktion bei Externalisierung der Folgen● Kein Abgleich konkurrierender Bedürfnisse

Plan:● Trennung von Produktion und Konsumtion● Fremdabgleich konkurrierender Bedürfnisse● Systemische Fehlproduktion und -allokation

► Markt und Plan sind keine Gegensätze, sondern Varianten des Gleichen: Warenproduktion

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Genaugenommen...

… ist auch der bereits genannte Gegensatz – Markt: Erst wird produziert, dann vermittelt Plan: Erst wird ermittelt, dann produziert – keiner, denn tatsächlich...● ermitteln private Unternehmen permanent Bedarfe

(=zahlungsfähige Bedürfnisse)● wird auch geplant Produziertes erst durch Tausch

gesellschaftlich vermittelt (=verteilt)

Für das Markt-Plan-Kontinuum gilt:► Erst wird ermittelt, dann produziert, dann vermittelt

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Noch mehr Probleme und erste Ansätze

Warenproduktion:● Die Menschen entscheiden selbst, welche

Bedürfnisse sie wie realisieren● Bei der Realisierung schaden sie sich permanent

selbst (Post-Vermittlung, Folge-Externalisierung)● Jede Ermittlung verkennt die Bedürfnisse: Sobald

sie sie erkannt hat, sind sie schon anders

► Die Menschen müssen ihre Bedürfnisse selbst planen, vermitteln und realisieren► Die Vermittlung muss vor der Produktion stattfinden

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Wie Produktion ex ante selbst vermitteln?

Karl Marx hat die Ware als »Elementarform« des Kapitalismus bestimmt.Wenn nun die Ware als Grundlage einer Alternative ausfällt, was kann dann die Elementarform sein?

Es sind die

Commons

Wie ist das zu verstehen? Was sind Commons?

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Das Commons-Dreieck

Gemeinschaft Regeln

Ressourcen

Naturgüter

Produkte

Commons

Commoning

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Ware und Commons

Verwertung

Ware

Tausch

Wert

Geld

Kapital

Vernetzung

Ressourcen

Commoning

Commons

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Ware und Commons

● Bedürfnisse werden ex post bestätigt

● Zielkonflikte werden externalisiert

● Ziel ist eindimen-sional: Profit

● Zeiteinsparung ist un- abwendbarer Zwang

● Erzeugung von Spaltung & Exklusion

► Logik der Exklusion

● Bedürfnisse werdenex ante vermittelt

● Zielkonflikte werden intern verhandelt

● Ziele bilden eine multi-dimensionale Pluralität

● Zeitverausgabung ist Lebensqualität

● Erzeugung von positiver Reziprozität

► Logik der Inklusion

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Produktionsweise

Ware kapitalistische WarenproduktionCommons commonsbasierte Peer-Produktion

Merkmale der commonsbasierten Peer-Produktion:● Beitragen statt Tauschen● Besitz statt Eigentum● Selbstentfaltung statt Selbstverwertung● Selbstorganisation statt Fremdbestimmung

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Übergangsdialektik

Peer-Produktion entsteht u. entwickelt sich im Alten

Peer-Produktion besitzt eine doppelte Funktionalität:● Verwertungsvorteil in der Warenproduktion

(Preis, Produktivität)● Inkompatibilität zur Warenproduktion

Peer-Produktion kann sich durchsetzen, wenn● die Warenlogik nicht mehr trägt (Krise)● sie sich auf eigener Grundlage entfaltet

► Eine neue Produktionsweise setzt sich nur durch,wenn sie sich als neue Produktionsweise durchsetzt

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Gesamtgesellschaftliche Vermittlung

Potenz der Peer-Produktion zur Verallgemeinerung:● Polyzentrisches Modell● Commons von Commons von Commons● Vermittlungsmatrix: Bedürfnisse und Reputation

Gesellschaftlicher Umbau (spekulativ):● Abbau des Staates, Aufbau von Meta-Commons● Restrukturierung der gesellsch. Arbeitsteilung● Abbau des Finanzsystems (Geldlosigkeit)● Abbau von Nationalstaaten● Aufbau problemzentrierter Global-Commons

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Zusammenfassung

Commonsbasierte Transformationsstrategie ist realistischer als eine warenbasierte:● Bedürfnisse, Selbstentfaltung, Selbstorganisation

als Grundlage● Ziel ist eine neue Produktionsweise, d.h. ein neues

Mensch-Natur-Verhältnis● Vielfältige weltweite Bewegung● Jede und jeder kann sofort mit dem Umbau

beginnen und Commons organisieren● Widersprüche zwischen der Commons- und der

Waren-Logik können solidarisch bewältigt werden

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