Verschiebungen der Krise im globalen Rentierregime ...

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Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 55 (2011) Heft 1-2, S. 65-83 Einleitung Die Krise, die im Jahr 2007 ihren Anfang ge- nommen hat, entwickelte sich zum tiefsten wirtschaftlichen Einbruch seit der Weltwirt- schaftskrise in den frühen dreißiger Jahren. Die Erholung schreitet in den USA und in Europa nur langsam und ungleich voran. Die Aussicht auf eine längere Stagnationsphase oder gar ei- nen erneuten Einbruch bleibt bestehen. In den bislang scheinbar so gefestigten und homoge- nen Wirtschaftswissenschaften sind heftige De- batten über die Diagnosen und die erforderli- chen wirtschaftspolitischen Antworten ent- brannt. Demgegenüber hat die Krise in der Wirtschaftsgeographie einen vergleichsweise geringen Widerhall gefunden. Das ist insofern erstaunlich, als die Erklärung ungleicher Ent- wicklung zu den Kernanliegen der Wirtschafts- geographie zählt und die Krise auch Ergebnis weltweiter Ungleichgewichte ist. Allerdings waren wirtschaftliche Zyklen sowie die histori- sche und makroöknomische Einordnung des gegenwärtigen Kapitalismus eher Randthemen in der Wirtschaftsgeographie. Der vorliegende Beitrag stellt die Krise in den Kontext der Entwicklung des Kapitalismus seit den siebziger Jahren. Ich stütze mich auf regu- lationstheoretisch beeinflusste Konzepte, aller- dings ohne die Annahme stabiler Akkumula- tionsregimes zu übernehmen, auf eine nicht- deterministische Interpretation langer Wellen und auf David Harveys Erklärung der Bearbei- tung kapitalistischer Überakkumulationskrisen. Ich argumentiere, dass das Finanzkapital die gesamte Produktionsorganisation und die ge- sellschaftlichen Verhältnisse durchdrungen und reorganisiert hat. Diese Konfiguration ist grundlegend instabil, provoziert wiederholt wirtschaftliche Blasen und kann demzufolge keine Grundlage für eine längere Prosperitäts- phase bieten. Ganz im Gegenteil, die globali- sierte finanzdominierte Konfiguration des Kapitalismus kann nur mit einer weiteren Ver- schärfung der Mehrwertaneignung und der ge- Christian Zeller, Salzburg Verschiebungen der Krise im globalen Rentierregime Ungleichgewichte und Suche nach neuen Feldern 1 Shifting the crisis in the global rentier regime. Imbalances and searching for new fields. The aim of this article is to identify basic trends of the current configuration of global capitalism. The article starts characterizing three essential developments from the late 1970s until the recent cri- sis. First, undertaking far-reaching restructuring and attacks on wages, capital was able to signifi- cantly increase the profit rates after they had fallen in the early 1970s. Second, based on the in- creasing power of finance capital a global rentier regime emerged. Third, countries in Southeast Asia and China became important areas for investment and capital accumulation. After this ana- lysis the article shows that despite the crisis the finance-dominated configuration of capitalism persists. Based on a massive state intervention this regime entered a process of transformation. En- forcing bank bailouts and transforming private into public debts the states play a crucial role in stabilizing the power of finance capital. Moreover, the global imbalances between net exporters and importers increase again. The paper concludes arguing that the rise of profitability depends on the extent to which it is possible to massively devaluate capital and to open up new regions and fields for a profitable valorization of capital. Thus, the creation of a constellation allowing a sta- ble growth period is unlikely. Keywords: crisis, finance capital, global economy, over-accumulation, uneven development

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Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 55 (2011) Heft 1-2, S. 65-83

Einleitung

Die Krise, die im Jahr 2007 ihren Anfang ge-nommen hat, entwickelte sich zum tiefstenwirtschaftlichen Einbruch seit der Weltwirt-schaftskrise in den frühen dreißiger Jahren. DieErholung schreitet in den USA und in Europanur langsam und ungleich voran. Die Aussichtauf eine längere Stagnationsphase oder gar ei-nen erneuten Einbruch bleibt bestehen. In denbislang scheinbar so gefestigten und homoge-nen Wirtschaftswissenschaften sind heftige De-batten über die Diagnosen und die erforderli-chen wirtschaftspolitischen Antworten ent-brannt. Demgegenüber hat die Krise in derWirtschaftsgeographie einen vergleichsweisegeringen Widerhall gefunden. Das ist insofernerstaunlich, als die Erklärung ungleicher Ent-wicklung zu den Kernanliegen der Wirtschafts-geographie zählt und die Krise auch Ergebnisweltweiter Ungleichgewichte ist. Allerdingswaren wirtschaftliche Zyklen sowie die histori-sche und makroöknomische Einordnung des

gegenwärtigen Kapitalismus eher Randthemenin der Wirtschaftsgeographie.

Der vorliegende Beitrag stellt die Krise in denKontext der Entwicklung des Kapitalismus seitden siebziger Jahren. Ich stütze mich auf regu-lationstheoretisch beeinflusste Konzepte, aller-dings ohne die Annahme stabiler Akkumula-tionsregimes zu übernehmen, auf eine nicht-deterministische Interpretation langer Wellenund auf David Harveys Erklärung der Bearbei-tung kapitalistischer Überakkumulationskrisen.Ich argumentiere, dass das Finanzkapital diegesamte Produktionsorganisation und die ge-sellschaftlichen Verhältnisse durchdrungen undreorganisiert hat. Diese Konfiguration istgrundlegend instabil, provoziert wiederholtwirtschaftliche Blasen und kann demzufolgekeine Grundlage für eine längere Prosperitäts-phase bieten. Ganz im Gegenteil, die globali-sierte finanzdominierte Konfiguration desKapitalismus kann nur mit einer weiteren Ver-schärfung der Mehrwertaneignung und der ge-

Christian Zeller, Salzburg

Verschiebungen der Krise im globalen RentierregimeUngleichgewichte und Suche nach neuen Feldern1

Shifting the crisis in the global rentier regime. Imbalances and searching for new fields. Theaim of this article is to identify basic trends of the current configuration of global capitalism. Thearticle starts characterizing three essential developments from the late 1970s until the recent cri-sis. First, undertaking far-reaching restructuring and attacks on wages, capital was able to signifi-cantly increase the profit rates after they had fallen in the early 1970s. Second, based on the in-creasing power of finance capital a global rentier regime emerged. Third, countries in SoutheastAsia and China became important areas for investment and capital accumulation. After this ana-lysis the article shows that despite the crisis the finance-dominated configuration of capitalismpersists. Based on a massive state intervention this regime entered a process of transformation. En-forcing bank bailouts and transforming private into public debts the states play a crucial role instabilizing the power of finance capital. Moreover, the global imbalances between net exportersand importers increase again. The paper concludes arguing that the rise of profitability depends onthe extent to which it is possible to massively devaluate capital and to open up new regions andfields for a profitable valorization of capital. Thus, the creation of a constellation allowing a sta-ble growth period is unlikely.

Keywords: crisis, finance capital, global economy, over-accumulation, uneven development

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sellschaftlichen und räumlichen Ungleichheitensowie des Verschleißes an natürlichen Ressour-cen und menschlicher Kreativität bestehen.

Ziel der folgenden Ausführungen ist es, grund-legende Entwicklungstendenzen der gegen-wärtigen Konfiguration des Kapitalismus zubenennen. Voraussetzung dafür ist jedoch zu-nächst eine Charakterisierung der vorangegan-genen Phase von Ende der siebziger Jahre biszur jüngsten Krise. Im zweiten Abschnitt wer-den die wesentlichen Entstehungsfaktoren undKennzeichen, die zur Formierung eines globa-len Rentierregimes führten, dargestellt. Die ge-genwärtige globale Krise wirft nun die Frageauf, inwiefern das gesamte Modell in eine sy-stemische Krise geraten ist. Im dritten Ab-schnitt werden die gegenwärtigen Krisenbear-beitungsstrategien und die damit zusammen-hängende räumlich ungleiche Entwicklunganalysiert. Hierauf gestützt argumentiere ich,dass die Erzeugung einer Konstellation, die ei-ne längere stabile Wachstumsphase mit über-durchschnittlichen Wachstumsraten und hohenProfitraten ermöglicht, unwahrscheinlich ist.Die Schlussfolgerungen benennen knapp einigeBedingungen für eine längere Wachstumsphaseund grundlegende, kaum lösbare Widersprücheder aktuellen Konfiguration des Kapitalismus.

Wiederholte Verschiebung derÜberakkumulation

Die 2007 begonnene Krise kann nicht losgelöstdavon betrachtet werden, wie das Kapital unddie Regierungen auf die Krise Mitte 1970 rea-giert haben. Die lange Phase mit überdurch-schnittlichen Wachstumsraten hatte sich er-schöpft (MANDEL 1995; HUSSON 1999; FREE-MAN/LOUÇA 2002). Seit den späten siebzigerJahren bildeten sich drei zentrale, miteinanderverbundene Tendenzen der Krisenbearbeitungheraus: erstens die Steigerung der Profitrate,zweitens die Aufblähung des Finanzsektors, diemit einer Vervielfachung des fiktiven Kapitalseinherging, sowie drittens die Erschließungneuer Regionen und Felder zu Verwertung desKapitals (vgl. die drei grau unterlegten Berei-che in Abb. 1). Zur dritten Strategie gehörenauch Formen der Akkumulation durch Enteig-nung, wobei die neuen Felder sowohl derMehrwertgenerierung als auch der bloß finanzi-ellen Verwertung durch Rentenerträge zuge-führt werden können. Diese Entwicklungsten-

denzen mündeten in zunehmend schärfere glo-bale Ungleichgewichte.

Steigerung der ProfitrateDie noch bis in die späten siebziger Jahre auchvon bürgerlichen Regierungen umgesetztenkeynesianischen Rezepte zur Stimulierung derNachfrage vermochten das zentrale Problemder gesunkenen Profitraten nicht zu lösen. DieÜbernahme der Regierungsgeschäfte durchThatcher in Großbritannien 1979 und der Be-ginn der Präsidentschaft durch Reagan in denUSA anderthalb Jahre später markierten denÜbergang zu einer Strategie, die an den Kerndes Problems der Profitraten ging, die sozialenKompromisse der Vorperiode in Frage stellteund die uneingeschränkte Klassenherrschaftdes Bürgertums wiederherstellten sollte (HAR-VEY 2005). Die Niederlagen der Arbeiterbewe-gung, die fortgesetzten Angriffe auf soziale Er-rungenschaften und die durchgreifende Reorga-nisation der Produktionssysteme ließen in denfolgenden Jahrzehnten die Profitraten in dengroßen kapitalistischen Ländern tatsächlichwieder steigen. Wie umfassend diese Wieder-herstellung der Profitrate gelang, ist unter mar-xistischen Ökonomen umstritten (vgl. u.a.BRENNER 2002; DUMÉNIL/LÉVY 2005; SHAIK1999; BAKIR/CAMPELL 2010; HUSSON 2010C).2Wesentlich in meiner Argumentation ist, dassdie Profitraten anstiegen und zu einer zwar rä-umlich und sektoral selektiven, aber doch quan-titativ bedeutsamen Akkumulationstätigkeit er-munterten, was allerdings nicht ausreichte, umeine weltweit stabile Konfiguration herzustel-len.

In den damals drei großen Polen der Weltwirt-schaft – Nordamerika, Europa und Japan – wur-de der produktive Apparat umgewälzt. NeueProduktionskonzepte wie just-in-time und teil-weise vertikale Desintegration gepaart mit For-men der flexiblenAkkumulation trugen zur Stei-gerung der Profitabilität bei. Allerdings stieg seitMitte der neunziger Jahren die Akkumulations-rate nicht mehr in dem Maße wie das durch diehöhere Profitrate eigentlich angenommen wer-den konnte (HUSSON 2004, 2008; STOCKHAMMER2004; BAKIR/CAMPBELL 2010).3 Die Investiti-onstätigkeit nahm in den OECD-Ländern ge-messen an der Leistungsfähigkeit der Volkwirt-schaften ab (Abb. 2). Das Problem der Überak-kumulation wurde also nur teilweise gelöst.

Obwohl es keine abrupte Kapitalentwertunggab, bauten die Unternehmen sowohl in den

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USA, in Japan als auch in Europa in einemProzess langanhaltender kreativer Zerstörungihre produktive Basis in den achtziger undneunziger Jahren stark um, die beträchtlicheProduktivitätsentwicklungen zuließ. Diese Re-organisation ging mit einer umfassenden räum-lichen Rekonfiguration, mit neuen Formen derArbeitsteilung (vgl. u.a. RUIGROK/VAN TULDER1995; DICKEN 2007) und einer Gewichtsver-schiebung der Weltwirtschaft nach Südostasienund China einher (MCNALLY 2009).

Verschiebungen im Finanzbereich undAufblähung ds fiktiven KapitalsDie zweite Antwort auf die Krise in den siebzi-ger Jahren bestand in der Aufblähung des Fi-nanzsektors (vgl. Abb. 1). Die seit den spätensiebziger Jahren durchgesetzten neokonservati-ven und neoliberalen De- und Reregulierun-

gen, die zuerst die Regierungen in den USAundGroßbritannien praktizierten und dann von denmeisten Staatsführungen auf der Grundlagemassiver Niederlagen der Arbeiterbewegungübernommen wurden, schufen die institutionel-len Grundlagen für die verstärkte Konzentrati-on des Finanzkapitals in den Händen von Fi-nanzunternehmen und institutionellen Investo-ren wie Versicherungen, Investment-, Anlage-und Pensionsfonds sowie Banken (HUFFSCHMID2002; CHESNAIS 2004a). Die finanziellen Anle-ger konnten sich als dominierende Akteure aufden Kapitalmärkten durchsetzen.

Das Finanzkapital kann definiert werden alskonzentriertes Geldkapital, dessen Besitzer ge-stützt auf Eigentums- oder Gläubigertitel Ein-kommen in Form von Zinsen und Renten oderGewinne durch den Verkauf eben dieser Titel

Abb. 1: Wirkungsmechanismen des globalen Rentierregimes

Quelle: eigener Entwurf

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erwarten (ROBINSON 1956, 247). Aufgrund dererrungenen Position und Macht kann sich die-ses finanzielle Anlagekapital in der Form vonInvestment- und Pensionsfonds einen Teil derGewinne als Einkommen aus Börsenplatzierun-gen, Mieten und Bodenrenten sowie über denöffentlichen Schuldendienst aneignen. DieseZins- und Renteneinkommen sind einzig durchdas Eigentum an Vermögen legitimiert, auchwenn der Eigentümer außerhalb der Produktionsteht (MARX 1894, 390). Dieses Anlagekapitalverwertet und vergrößert sich also als zinstra-gendes und rententragendes Kapital durch Ab-schöpfung eines Teils des Mehrwerts (vgl.MARX 1863, 462). Der Aufstieg des Finanzka-pitals beruhte auf mehreren, miteinander ver-flochtenen Prozessen:

Erstens bot die lange Akkumulationsphase seitdem Zweiten Weltkrieg die Grundlagen dafür,dass überhaupt eine umfangreiche finanzielleAkkumulation möglich wurde. Die Aufhebungder Golddeckung des US-Dollars 1971 sowieder anschließende Zusammenbruch der BrettonWoods-Währungsordnung 1973 und die damit

einhergehenden schwankenden Wechselkursemachten die Absicherung von Währungsrisikenfür international agierende Unternehmen not-wendig. Der hieraus entstehende Devisenhan-del erlangte aber bald eine Eigendynamik undwurde zum wichtigsten Sektor der rasch an-wachsenden Finanzmärkte (MCNALLY 2009;SERFATI 2009).

Zweitens führten die frühere Entstehung vonEurodollar-Märkten, die aus dem wachsendenHandelsbilanzdefizit der USA entstanden undzu Vermögensbeständen in US-Dollar außer-halb der USA führten, sowie die im Zuge derÖlpreissteigerungen Mitte der siebziger Jahreentstandenen Petrodollar-Märkte zur Akkumu-lation von Geldkapital außerhalb der Kontrolleder US-Notenbank (CHESNAIS 2004b; GUTT-MANN 2009).

Drittens wurde über mehrere Prozesse eine rie-sige Kredit- und Verschuldungspyramide auf-gebaut (SERFATI 2009; ALTVATER 2010, 40, 59).So floss in den siebziger und achtziger Jahrenein beträchtlicher Teil des überschüssigen Geld-

Abb. 2: Anteil der Nettoanlageinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Prozent(Annäherung an die Akkumulationsrate) in den G7-Staaten

Quelle: AMECO Database* 2010*Annual Macro-economic Database of the European Commission’s Directorate General for Economic andFinancial Affairs

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kapitals (wofür die Petrodollars mitverantwort-lich waren) in die Entwicklungs- und Schwel-lenländer und blähte ihre Verschuldung auf. Dieabrupte Erhöhung der Zinssätze unter dem US-Notenbankpräsidenten Volcker im Jahr 1979noch während der Präsidentschaft von Carterließ die Verschuldung zahlreicher Länder inSüdamerika, Afrika und Asien sprunghaft an-steigen und bewirkte einen kontinuierlichenGeldfluss zu den Finanzunternehmen in Europaund Nordamerika (TOUSSAINT 2000). Quantita-tiv noch entscheidender für die Akkumulationliquiden Geldkapitals war die öffentliche Ver-schuldung, die in allen kapitalistischen Kern-ländern, und besonders in den USA, seit denspäten siebziger Jahren deutlich anschwoll(CHESNAIS 2004b) (Abb. 3). Die Staatsverschul-dung löste regelmäßige Zinszahlungen zu denKäufern von Staatsanleihen, also vor allem Un-ternehmen des Anlagekapitals, aus und engteden ökonomischen Handlungsspielraum derStaaten ein. Die Kreditaufblähung erfuhr in denUSA und zahlreichen Ländern Europas, beson-ders in Großbritannien, in den Jahren nach 2000durch die starke Zunahme der Verschuldungdes Finanzsektors und der privaten Haushalteweitere Schübe (McKinsey Global Institute2010, 23, 28).

Entscheidend für die Machtsteigerung des An-lagekapitals war viertens die Einführung undStärkung privater, kapitalgedeckter Alterssyste-me zunächst in den angelsächsischen Ländern,in Japan und in der Schweiz und dann auch an-derswo (BLACKBURN 2002; SAUVIAT 2004). DieEinführung kapitalgedeckter Rentensystemehatte zur Folge, dass die Altersrenten von Mil-lionen von Menschen in den USA, Japan undEuropa direkt von den Ausbeutungsbedingun-gen anderer Lohnabhängiger auf der Welt ab-hängen. Die Abschöpfung eines Teils der Ge-winne durch institutionelle Anleger und die da-mit einhergehende Suche der Unternehmennach höheren Gewinnaussichten begünstigte ei-ne räumliche Rekonfiguration der industriellenProduktion (PIKE 2006; SERFATI 2009), die seit1990 und verstärkt seit etwa 2000 mit Verlage-rungsprozessen von den reichen Metropolen-ländern in aufstrebende Länder mittels Direk-tinvestitionen und internationalem Subcontrac-ting einherging. Die gestiegene Macht deskonzentrierten Anlagekapitals drückt sich imAnteil der Vermögensbestände im Besitz insti-tutioneller Investoren aus (HUFFSCHMID 2002;2008) (Abb. 4). Während sich die finanziellenVermögensbestände einschließlich Eigenkapi-

tal, privaten und öffentlichen Schulden sowieBankguthaben in den ersten acht Jahrzehntendes 20. Jahrhunderts in etwa im Einklang mitdem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ent-wickelten (mit Ausnahme der Kriegszeiten alsdie Staatsschulden anstiegen), haben sich derenAusmaße von 1980 bis 2007 auf 393 % amweltweiten BIP vervierfacht (194 Bio.US$). Inden USA erreichten diese finanziellen Vermö-gensklassen 2007 den Rekordstand von 442 %des BIP. Die 2007 einsetzende Krise stopptediese Entwicklung vorerst (McKinsey GlobalInstitute 2009, 8).

Fünftenswurden parallel dazu die Kapitalmärk-te von institutionellen Einschränkungen befreit.Sie bieten finanziellen Investoren die nötige Li-quidität, das Privileg, innerhalb kurzer Zeit ihrKapital in Unternehmen zu platzieren oder ab-zuziehen (ORLÉAN 1999). In diesem Kontexthaben sich seit Ende der siebziger Jahre die Ei-gentumsverhältnisse der großen Unternehmenverändert. Institutionelle Anleger haben großeAnteile am Aktienkapital erworben. Die Liqui-dität an den Börsen erlaubt es den institutionel-len Investoren, die Strategien und Investitions-entscheidungen der Unternehmen zu beeinflus-sen. Unterschiedliche Formen von Derivatenund der Verbriefung haben neue Anlageformengeschaffen und die Mobilität des Finanzkapitalserhöht (ALTVATER 2010, 61 ff.). Dazu kommt,dass die US-amerikanische Notenbank und an-dere Notenbanken, insbesondere nach dem Plat-zen der New Economy-Blase seit 2001, wieder-holt die Liquidität durch tiefe Zinsen und einelockere Geldpolitik anwachsen ließen (GUTT-MANN 2009).

Sechstens sind diese institutionellen Verände-rungen in engem Zusammenhang mit der Libe-ralisierung und Deregulierung des Handels, derDirektinvestitionen, der Währungstransaktionenund Kapitalflüsse zu sehen, die gepaart mit denWirkungen der Informations- und Kommunika-tionstechnologien sowie dem globalen Einflussvon Internationalen Währungsfonds (IWF),Weltbank undWorld Trade Organization (WTO)die Globalisierung des Kapitals vorangetriebenhaben. Netzwerke neuer Finanzintermediäre ha-ben das Kreditsystem weit über bisherigenGrenzen der Geschäftsbanken erweitert (GUTT-MANN 2009).

Siebtens setzte sich in den neunziger Jahren dieMachtzunahme des Anlagekapitals auch überumfassende Privatisierungsprogramme durch

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(wie z.B. in Frankreich), die US-amerikani-schen Fonds neue Anlagemöglichkeiten eröff-neten (JEFFERS 2004; CORIAT 2006). In Deutsch-land erfolgte der Prozess über die Entflechtungder bislang engen Verbindungen von Bankenund Industrieunternehmen, Privatisierungenund die Durchsetzung einer corporate gover-nance im Sinne des Shareholder value-Kon-zepts (WÓJCIK 2003).

Die institutionellen Anleger setzten eine corpo-rate governance durch, die unter dem Primatsteht, den Aktionärswert zu steigern und die esihnen erlaubt, sich einen höheren Anteil derProfite in Form von Dividenden oder steigen-den Aktienpreisen zulasten des reinvestiertenKapitals und der Löhne der Beschäftigten anzu-eignen (LAZONICK/O’SULLIVAN 2000; SERFATI2003; LAZONICK 2008). Das Shareholder value-Konzept setzte sich in den USA bereits in denachtziger Jahren durch und breitete sich in derFolge international aus. Diese institutionellenVeränderungen, die in den einzelnen Länderndurchaus spezifische Formen annahmen, gin-gen mit weitgehenden Veränderungen der indu-striellen Organisation und der Innovationspro-zesse einher (CORIAT/WEINSTEIN 2004).

Die Finanzialisierung verschärfte den Druckzur Reorganisation der Arbeitsverhältnisse undzur Prekarisierung der Arbeit und der Lebens-bedingungen. Damit die Unternehmen denRenditenormen der Finanzanleger entsprechenund sich rasch auf die volatilen Märkte einstel-len können, sind im finanzdominierten Kapita-lismus Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedin-gungen zu Restgrößen geworden (DÖRRE2009). Der Hunger der finanziellen Anlegernach höheren Erträgen auf ihre Platzierungen,also die Stärkung der Rente und des Zinses imProzess der Teilung des Mehrwerts in Profitund Rente, respektive des Profits in Unterneh-mensprofit und Zins (MARX 1894, 388 ff., 452 f.,462 ff.) bewirkt eine stärkere Ausbeutung derLohnabhängigen durch die Steigerung derMehrwertrate, was annähernd durch die Ent-wicklung des Lohnanteils am BIP ausgedrücktwerden kann (Abb. 5) (vgl. HUSSON 2008, 13ff.; 2010a). Die Gewerkschaften in Europa undNordamerika waren nicht in der Lage odernicht willens, sich dieser Entwicklung zu wi-dersetzen.

Trotz der weitreichenden industriellen Reorga-nisation stieg die Akkumulationsrate nicht im

Quelle: AMECO Database 2010

Abb. 3: Verschuldung der öffentlichen Haushalte in den G7-Staaten sowie in Spanien undÖsterreich

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selben Maße wie die Profitrate, weil es an Rea-lisierungsmöglichkeiten des Mehrwerts man-gelt. Deswegen platzieren die Institutionen desFinanzkapitals einen Teil des Mehrwerts in derFinanzsphäre in der Erwartung, damit beson-ders hohe Erträge zu erzielen (EPSTEIN/JAYA-DEV 2005; HUSSON 2010a; STOCKHAMMER2008). Es geht also darum, aus Geld mehr Geldzu machen oder darum, die fetischisierte Formdes Kapitals im Prozess G – G’ zu verwerten(MARX 1894, 355 ff.).

Der Begriff des fiktiven Kapitals ist hilfreich,um die Dynamik des verkürzten Kapitalkreis-laufs G – G‘ zu verstehen. Das fiktive Kapital inForm handelbarer Eigentumstitel wie Schuld-scheine, Anleihen und Aktionen, die Duplikateauf reales Kapital oder Ansprüche auf zukünfti-ges Einkommen sind, dient dazu, die Schrankenzu überwinden, die das fixe (und räumlich fi-xierte) Kapital für die zukünftige Akkumulationschafft (MARX 1894, 482 ff.; HARVEY 1982, 266ff.; CHESNAIS 2006, 82 ff.). Für Marx erwächstaus der Staatsanleihe die erste Form des fiktivenKapitals (MARX 1894, 482 f.). Die zweite Form

des fiktiven Kapitals entsteht mit der Gründungvon Aktiengesellschaften und dem Handel derAktien auf Sekundärmärkten. (MARX 1894, 484f.). Das fiktive Kapital wurde durch die Ver-schuldung von Privaten, Unternehmen und Staa-ten in den letzten Jahren stark aufgebläht undkonnte scheinbar endlose Zins- und Rentenzah-lungen durchsetzen. Der Aufstieg des konzen-trierten Anlagekapitals in den letzten drei Jahr-zehnten mündete in eine ausgedehnte Akkumu-lation von Eigentumstiteln und Finanzproduktenaller Art, die ihren Eigentümern als Kapital er-scheinen, aber tatsächlichAnsprüche auf zukünf-tige Profite aus der Produktion oder auf einenTeil der Steuereinnahmen sind. Die Steigerungder Marktkapitalisierung der Unternehmen weitüber ihre tatsächliche Akkumulationstätigkeithinaus ist eine der Ausdrucksformen des Auf-baus fiktiven Kapitals.

Neue Anlagefelder und Akkumulation durchEnteignungUm der tendenziellen Überakkumulation undder damit einhergehenden Verwertungskrise zubegegnen, musste sich das Kapital neue Felder

Quelle: OECD Statistics 2010/ Dataset: Institutional investors‘ assets

Abb. 4: Finanzielle Guthaben institutioneller Investoren von 1980 bis 2009 in den G7-Staaten

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erschließen (vgl. Abb. 1). Das geschah sowohlräumlich über die Integration neuer Märkte alsauch durch die Entstehung neuer Industriesekto-ren. Diese Prozesse der Mobilisierung, Verlage-rung und Fixierung von Kapital entsprachen derwiederholten Durchsetzung neuer spatio-tempo-ral fixes (HARVEY 1982; 2006), die jeweils dazubeitrugen, das Problem der Überakkumulationzunächst zu beheben, um es aber dabei räumlichund zeitlich zu verschieben und bald auf höhererStufenleiter erneut auftreten zu lassen.

Die Kanalisierung von Überschusskapital in dieaufstrebenden Länder, nach der Asienkrise1997 noch verstärkt nach China, kann aller-dings nicht ohne Berücksichtigung der Macht-steigerung des konzentrierten Anlagekapitalsverstanden werden. Interessanterweise habendie großen US-Konzerne dem entstehendenchinesischen Kapitalismus den Prozess der Ka-pitalakkumulation durch Direktinvestitionen er-leichtert und damit China ermöglicht, sich alspotenzieller Rivale der USA zu konsolidieren.Aufgrund der im Zuge der Rezession 1990 bis1992 in den USA gesenkten Zinssätze verän-derten die institutionellen Anleger die Struktur

ihrer Portfolios und vergrößerten denAnteil derAktien zulasten der Staatsanleihen. Die Pen-sions- undAnlagefonds erwarben nunmehr ver-stärkt Aktien von transnationalen Unternehmenund begannen damit, sich die Dividenden (alsTeil der gesamten Unternehmensgewinne) stär-ker zu erschließen. Allerdings boten weder dieAnzahl der Lohnabhängigen in den USA nochdie Höhe der Mehrwertproduktion im Inland,obwohl steigend, eine ausreichende Basis, umdie gewünschten Profite zu erzielen und ent-sprechende Dividenden zu verteilen. Die vonden Anlegern mit dem Shareholder value-Kon-zept durchgesetzten Gewinnnormen von rund15 % return on equity erforderten eine wesent-lich breitere Basis. Daher tätigten die großenUnternehmen vermehrt Direktinvestitionen imAusland, die eine überdurchschnittliche Profi-tabilität und größere Gewinnmassen verspra-chen. Nur die aufstrebenden Länder Asiens undvor allem China waren in der Lage, derartigeInvestitionsbedingungen zu bieten.

Über den Kanal der Direktinvestitionen organi-sieren die ausländischen Unternehmen direkt dieAusbeutung der lokalen Energieressourcen und

Abb. 5: Lohnquote in den G7-Staaten 1961 bis 2011

Quelle: AMECO Database 2010.

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Rohstoffe sowie die Produktion von Zwischen-produkten und Konsumgütern in den „Empfän-gerländern“. Die über Direktinvestitionen finan-zierte Übernahme privatisierter Dienstleistungs-unternehmen oder lokaler Banken erlaubte es,lukrative Einkommensflüsse auf lokalen Märk-ten zu erschließen. Die Zahlungsbilanzen derUSA, Großbritanniens, Deutschlands, Frank-reichs und Italiens wiesen von 1995 bis2008/2009 einen deutlich positiven Saldo vonEinkommen aus Direktinvestitionen aus (SERFA-TI 2006, 84 f; BEA 2010a; EUROSTAT 2010).Die transnationalen Konzerne zentralisieren inder Regel zwischen 50 % und 70 % der Erträgeaus Direktinvestitionen in ihren Ursprungslän-dern (UNCTAD 2006, 186). Die USA erzielenüberdies seit vielen Jahrzehnten deutlich positiveNettoerträge aus Patentverwertungen und Li-zenzgebühren, die im vergangen Jahrzehnt rundeinemViertel der Nettoerträge aus Direktinvesti-tionen entsprachen (BEA 2010a). Diese Ren-teneinkommen stützen sich auf die starke Positi-on der USA bei den intellektuellen Eigentums-rechten. Ein beträchtlicher Teil der Profite vonUS-amerikanischen Konzernen stammt aus Ein-kommen, die sie aus dem Rest der Welt absor-bieren (DUMÉNIL/LÉVY 2004, 661).

China ist seit den neunziger Jahren das mit Ab-stand wichtigste Empfängerland von Direktin-vestitionen unter den aufstrebenden Ländern.Das Land empfing seit der Asienkrise, also von1998 bis 2009, weltweit die drittmeisten Di-rektinvestitionen (hinter den USA und Groß-britannien, aber vor Frankreich und Deutsch-land) (UNCTAD 2010). Die von der Partei- undStaatsbürokratie Chinas vorangetriebene Trans-formation zum Kapitalismus bot dem interna-tionalen Kapital ein willkommenes Feld, über-schüssiges Kapital anzulegen. Die Wachstums-regionen Chinas wurde zu einer regelrechten„Senke“ für Überschusskapital und entwickel-ten sich in der Folge zu bedeutenden Industrie-standorten für US-amerikanische und europä-ische Konzerne (HARVEY 2003; AGLIETTA/LANDRY 2007). Als ein Ergebnis der gestiege-nen Produktionskapazitäten stieg der AnteilChinas an den weltweiten Güterexporten zwi-schen 1990 und 2009 von 1,8 % auf 9,6 %(WTO 2010). China löste im Jahr 2009 Deutsch-land als führendes Exportland ab. Alleine Chinawar in den Jahren 2007 und 2008 für über 20 %des weltwirtschaftlichen Wachstums verant-wortlich. Im Jahr 2009 stieg dieser Anteilschätzungsweise auf um die 50 % (LANDES-MANN/STÖLLINGER 2009, 15).

Mit der Errichtung transnationaler Produktions-ketten und demAufbau einer umfangreichen in-dustriellen Basis hat sich die Arbeiterklasse inOstasien in der Zeit von 1980 bis 2005 von 100Mio. auf 900 Mio. Lohnabhängige verneun-facht. China hatte im Jahr 2002 109 Mio. Indu-striearbeiter und damit bereits doppelt so vielewie die G7-Staaten zusammen (MCNALLY2009, 51). Diese Proletarisierung ist mit einemumfassenden Prozess der ursprünglichenAkku-mulation einhergegangen, bei dem Millionenvon Bauern ihre Heimat verlassen und in dieStädte gezogen sind (HARVEY 2003, 149; WEB-BER 2007; MCNALLY 2009, 52), ein Vorgang,der auch vielerorts in Asien, Lateinamerika undAfrika stattfindet (GLASSMAN 2006). Die Inte-gration neuer Regionen in die Kapitalverwer-tung bewirkte eine Tendenz zu globalen Ar-beitsmärkten durch Migration und Produktions-verlagerungen Es lassen sich Prozesse einertendenziellen Globalisierung der industriellenReservearmee (MARX 1867) beobachten, diezudem mit einer Explosion informeller Arbeits-verhältnisse einhergehen (vgl. ZELLER 2008b).

Angesichts der unbefriedigenden Verwertungs-möglichkeiten durch eine Erweiterung der Pro-duktionskapazitäten unterwirft das Kapital weite-re, bislang nicht oder nicht vollständig kapitali-stisch organisierte gesellschaftliche Bereiche demkapitalistischen Verwertungsprozess. DerartigeProzesse beschriebMarx im Rahmen seinerAna-lyse der ursprünglichen Akkumulation (MARX1867, Kap. 24). HARVEY (2004) argumentiert,dass Formen der Akkumulation durch Enteig-nung nie verschwunden sind, in der gegenwärti-gen Phase aufgrund der krisenhaft erweitertenReproduktion aber wieder verstärkt durchgesetztwerden. Dazu zählen die oben erwähnte massen-hafte Proletarisierung selbständiger Bauern, dieEinhegung (enclosure), Aneignung und Inwert-setzung natürlicher Ressourcen und ihre künstli-che Verknappung, zum Beispiel durch die Schaf-fung von Emissionszertifikaten (ZELLER 2010).Die stark angestiegene Einhegung gesellschaft-lich produziertenWissens in Form juristischer Ei-gentumsmonopole ist ein vergleichbarer Prozess.Die Umwandlung vonWissen und Informationenin eineWare wurde im Zuge der technologischenSprünge in den Kommunikations- und Biotech-nologien ein wichtiges Feld der Kapitalverwer-tung. Die Verwertung dieser eingehegten natürli-chen und gesellschaftlichen Ressourcen erfolgtvorwiegend durch die Erzielung von Renten, alsovon Einkommen auf der Grundlage von Eigen-tumsrechten (ZELLER 2008a).

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Globales Rentierregime und globaleUngleichgewichteAngesichts der Globalisierung der Investitions-tätigkeit, der finanziellen Verflechtungen undder damit zusammenhängenden Interdependen-zen kann dieWeltökonomie nicht mehr als Sum-me nationaler Volkswirtschaften verstandenwerden, vielmehr ist sie als Totalität in ihrer glo-balen Dynamik mit all ihren internen, nationa-len, regionalen und sektoralen Differenzierun-gen und spezifischen Dynamiken aufzufassen.

Die USAhaben einerseits weltweit ökonomischan Gewicht verloren und sich vom Nettoexpor-teur vonWaren und Kapital zum größten Netto-importeur von Waren, Kapital und menschli-chen Fähigkeiten der Welt gewandelt. Anderer-seits konnten sie gestützt auf ihre geoöko-nomische und geopolitische Stärke, namentlichdurch die Schlüsselposition des Dollars und dieGröße der Anleihen und Aktienmärkte, diesenWandel auf eine Weise organisieren, die ihnenerlaubt, den notwendigen massiven Kapitalim-port zu verkraften und ihre industrielle Basisteilweise zu erneuern (vgl. BRENNER 2002, 206ff.; CHESNAIS 2004b, 25). Die USAabsorbiertenvon 2001 bis 2006 mindestens 70 % der globa-len Nettokapitalflüsse oder fast 600 Mrd. US$jährlich (McKinsey Global Institute 2008, 59).Der Boom der New Economy in den neunzigerJahren sowie der Immobilienboom 2000 undden folgenden Jahren stützten sich in beträchtli-chem Maße auf den massiven Kapitalimportprimär aus Japan, Westeuropa, China und demMittleren Osten. Auch die gegenwärtige Aus-dehnung der Staatschulden finanziert sich überden anhaltenden Zufluss von Kapital.

Mit der Durchsetzung des globalen Rentierregi-mes hat sich die Kluft zwischen demWachstumder Kapitaleinkommen und der Einkommen ausArbeit vertieft. Weltweit lässt sich eine starkeZunahme der Einkommen beobachten, die aufEigentumsmonopolen und Eigentumstiteln be-ruhen. Diese Einkommen können als Ren-teneinkommen bezeichnet werden, welche dieBesitzer von Eigentumstiteln unabhängig vonihrer Beteiligung am produktiven Prozess ein-streichen können. Diese Rentiers konzentrierensich vor allem in den Ländern der nordatlanti-schen Zone, in Japan und zunehmend auch inaufstrebenden Ländern (SERFATI 2006, 98 ff.).

Diesem globalen Rentierregime fehlen jedochdie Grundlagen für eine stabile Entwicklung.Die lange Periode kapitalistischer Restrukturie-

rungen produzierte scharfe regionale und sekto-rale Krisen, allerdings auch ein räumlich sehrungleiches Wachstum. Einerseits trugen die ge-sellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwäl-zungen tatsächlich dazu bei, die Profitraten zusteigern und die Verwertungsbedingungen zuverbessern (HUSSON 2008). Das Problem derÜberakkumulation wurde durch die wiederhol-te Durchsetzung neuer spatio-temporal fixesnur partiell gelöst, bzw. zeitlich und räumlichverschoben (HARVEY 2006). Andererseits mus-ste der sinkende Anteil der Löhne am Volksein-kommen in den G7-Staaten (Abb. 5) und in ei-nigen anderen Ländern sogar ein Realisierungs-problem entstehen lassen. Das gilt besondersfür die USA, wo das Problem der Realisierungdes Mehrwerts durch die Aufblähung der Ver-schuldung der Privathaushalte gemildert wurde.Angesichts der mangelnden und bisweilen sin-kenden Kaufkraft von Millionen von Schuld-nern war es letztlich eine Frage der Zeit, bis dieImmobilienblase platzen musste. Der konkreteVerlauf der Hypothekenkrise kann hier nicht er-klärt werden und ist für die Argumentationnicht entscheidend. Wichtig sind zwei Aspekte:Erstens konnten die Verschuldung der Haushal-te und Unternehmen sowie das Außenhandels-defizit der USA nicht unendlich gesteigert wer-den (vgl. u.a. FOSTER/MAGDOFF 2009; ROUBI-NI/MIHM 2010). Zweitens traf die eigentlichbeschränkte Krise auf eine globale Situation, inder sich die Krisenwellen rasch ausbreitenkonnten. Die Krise im Finanzbereich schlugaufgrund der mit der Globalisierung der Fi-nanzmärkte und der Schaffung transnationalerWarenketten stark angestiegenen globalen In-terdependenzen rasch auf die verschiedenen In-dustriesektoren durch.

Beide Prozesse, die Industrialisierung Chinasund das schuldengestützte Wachstum der USA,sowie die mit beiden Prozessen verbundenen fi-nanziellen Blasen, haben dazu beigetragen, dieÜberakkumulation zu verschieben und zugleichhaben sie die globalen Ungleichgewichte ver-schärft. Die zunehmenden Ungleichgewichtezwischen Ländern wie Deutschland, Japan undChina mit hohen Exportüberschüssen und Län-dern wie die USA und Großbritannien oderauch den europäischen Mittelmeerländern, diediese exportierten Waren absorbieren, habenzusätzliche Krisenfaktoren für die die Weltwirt-schaft entstehen lassen (Abb. 6).

China und Japan wiederum haben einen be-trächtlichen Teil ihrer Währungsreserven in den

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USA, vor allem in Staatsanleihen, angelegt. Siehelfen damit den USA, ihr Haushalts- undAußenhandelsdefizit zu finanzieren. Diesescheinbar symbiotische, letztlich aber instabileKonstellation hat bisher gehalten, weil Chinaein unmittelbares Interesse daran hat, dass dieUSAweiterhin im großen Stile chinesischeWa-ren importieren, und die USAauf Kapitalimportangewiesen sind. Die US-Wirtschaft wurdezum consumer of last resort, was den exporto-rientierten Ökonomien wie China, aber auchDeutschland und Japan zugute kam (BO-RIS/SCHMALZ 2009; MCNALLY 2009, 63). DieseUngleichgewichte und die damit verbundenen,rasch anwachsenden Devisenreserven trugenneben der Niedrigzinspolitik der Notenbankender USA, Europas und Japans zur Ausdehnungder globalen Geldmengenaggregate und Entste-hung einer globalen „Liquiditätsschwemme”bei. Mit ihren finanziellen Platzierungsstrategi-en haben die Halter dieser Währungsreservenzur Aufblähung der Wertpapiermenge und an-derer Vermögenswerte beigetragen (BECKER2009). Insofern fungieren auch die Notenban-ken Chinas und anderer Schwellenländer mitgroßen Devisenreserven als Rentiers. Das ist al-lerdings mit erheblichen gesellschaftlichen Ko-sten verbunden, da diese Mittel produktiven In-vestitionen und Ausgaben im Sozial- und Bil-dungsbereich in den betreffenden Ländernentzogen werden. Angesichts des tendenziellenWertverlustes des Dollars erscheint diese Stra-tegie als wenig nachhaltig.

Die latente Überakkumulation, das Realisie-rungsproblem und die zunehmenden globalenDisproportionalitäten, die sich zwischen Län-dern mit großen Handelsüberschüssen und Län-dern mit chronischen Handelsbilanzdefizitenaufgebaut haben, diese drei fundamentalen Wi-dersprüche, blieben trotz allen zeitlichen undräumlichen Verschiebungen bestehen, ja sietürmten sich weiter auf und mussten sich überkurz oder lang in einer globalen Krise entladen.Die zur globalen Finanzkrise angewachseneHypothekenkrise war das auslösende Moment.Ihre rasche Ausbreitung offenbarte, welche La-bilität die Weltwirtschaft angenommen hatte.

Krise und staatliche Stützung desglobale RentierregimesFinanzdominierte Akkumulationsstrategientrotz EntwertungsprozessenDrückt diese Krise nun ein Scheitern des fi-nanzdominierten Kapitalismus aus? Mündet sie

in eine neue Konfiguration des Systems? Derfinanzdominierte Kapitalismus und die unter-schiedlichen Formen neoliberaler und neokon-servativer Regulationsweisen haben zwar anGlaubwürdigkeit eingebüßt, sie existieren je-doch fort und befinden sich in einem Prozessder Anpassung an die veränderten Bedingun-gen. In diesem Sinne besagt die hier vertretenezentrale These, dass das Finanzkapital und na-mentlich das zins- und rententragende Kapitalweiterhin eine dominierende Rolle einnehmen.Die Regierungen haben mit ihrer Krisenpolitikim Sinne der Empfänger von Zins- und Ren-teneinkommen gehandelt und deren Positiongestärkt.

Die 2007 einsetzende Krise stoppte das An-schwellen der Finanzvermögen abrupt. Dieweltweiten finanziellen Vermögensbeständesanken von Ende 2007 bis Ende 2008 von 194Bio. US$ auf 178 Bio. US$, jene in den USAvon 60,4 Bio. US$ auf 54,9 Bio. US$ bzw. auf392 % des BIP. Der Rückgang traf das Firmen-kapital besonders hart. Dieses verlor nahezu dieHälfte seines Werts und sank um 28 Bio. US$.Die Immobilienwerte verloren im Jahr 2008 3,4Bio. US$ und nochmals 2 Bio. US$ im erstenQuartal 2009 (McKinsey Global Iinstitute 2009,8 ff.). Die Krise bewirkte zunächst eine Ent-

C. Zeller: Verschiebungen der Krise im globalen Rentierregime 75

Abb. 6: Überschuss- und Defizitländer:Leistungsbilanzüberschüsse und-defizite (Anteil am weltweiten BIP)

Quelle: IMF 2010, 29

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wertung überschüssigen fiktiven und dann auchrealen Kapitals. Diese Entwertung erfolgteäußerst ungleich und geht weiterhin mit demBankrott unzähliger Banken einher. Alleine vonJanuar 2009 bis Ende Dezember 2010 schlossdie Federal Deposit Insurance Corporation297 Banken in den USA (vgl. Internet:www.fdic.gov). Ihre Marktanteile werden vonstärkeren Konkurrenten übernommen. Auchvom Zusammenbruch von Lehman Brothersund dem Beinahezusammenbruch von MerrillLynch profitierten letztlich deren Rivalen Gold-man Sachs und Bank of America. Doch die Er-holung der Aktienkurse seit Ende 2009, die re-ge Ausgabe von Staatsanleihen und der Kapi-talfluss in die Schwellenländer bewirkten, dass2009 die weltweiten privaten Vermögenswertebereits wieder um 11,5 % auf 111,5 Bio. US$und damit nahezu auf das Vorkrisenniveau an-stiegen. Der Zuwachs in Asien ohne Japan be-trug gar 22 % (BCG 2010).4

Trotz dieser Entwertung und einigen Re-Regu-lierungen des Finanzsektors, wie das Basel III-Abkommen im September 2010, bleibt dieMacht des Finanzkapitals ungebrochen. Nichtsdeutet darauf hin, dass Pensionsfonds, Invest-mentfonds und Versicherungen ihre zentraleRolle bei der Organisation der Produktionspro-zesse, der Verteilung des Mehrwerts und derEinkommen eingebüßt hätten. Nirgendwo gibtes ernsthafte Bemühungen, die kapitalgedecktenAltersversicherungen zugunsten öffentlich kon-trollierter Umlageverfahren zurückzudrängen.Im Gegenteil, in Europa nimmt der politischeDruck zu, die privaten und kapitalgedeckten Al-tersversicherungen auszudehnen. InstitutionelleAnleger üben mit ihren Ertragserwartungenweiterhin einen Druck auf Unternehmen und da-mit auch auf die Arbeitsverhältnisse aus.

Auch bei nichtfinanziellen Unternehmen sindweiterhin finanzdominierte Konzernstrategienvorherrschend (LAZONICK 2008). DerAusschüt-tungsgrad der Dividenden bleibt hoch, bei man-chen transnationalen Konzernen sogar über100 % des ausgewiesenen Gewinns. Die 30DAX-Konzerne haben beispielsweise ihre Divi-dendenausschüttung 2009 und 2010 trotz Ge-winneinbrüchen, Verlusten und Stellenabbaukaum reduziert und überwiesen ihren Ak-tionären 2009 insgesamt 22,4 Mrd. € (SOMMER2009). In den USA haben viele nichtfinanzielleUnternehmen mit der Hortung von Barmittelnauf die Schuldenkrise reagiert (1,84 Bio. US$gegen Ende des 1. Quartals 2010). Dieses Geld

wird nicht investiert. Die Unternehmen rüstensich damit für Firmenübernahmen, die mit Ra-tionalisierungen und Entwertungsvorgängeneinhergehen. Um den Aktionärswünschen zuentsprechen, werden liquide Mittel in denRückkauf von Aktien oder zur Dividendenaus-schüttung verwendet (MAI 2010b).

Verschiebung der Verschuldung zu denöffentlichen HaushaltenDer US-amerikanische Staat begegnete der Im-mobilienkrise mit einer Stützung der Finanzun-ternehmen. Allein die staatlichen Verpflichtun-gen für die beiden Immobilienkonzerne FannieMae und Freddie Mac könnten für die US-Steu-erzahler bis Ende 2013 auf bis rund 363 Mrd.US$ anwachsen (KAPNER 2010). Andererseitserhielt die Masse der verschuldeten Lohnab-hängigen außer einigen Steuererleichterungenkeine substanzielle Unterstützung. ZahlreicheBanken in den USA und in Europa wurden mitnoch nie dagewesener Staatshilfe durch denSturm der Krise und der Marktbereinigung ge-zogen. Die Staatshilfen für den Finanzsektordienten nicht nur der Rettung der Banken, son-dern vor allem auch ihrer Stützung im Kontextder internationalen Rivalität. Darin zeigt sichdeutlich die Rolle des Staates. Dieses Zusam-menspiel von Staat und Finanzkapital wurdebislang wenig analysiert. HARVEY (2009) argu-mentiert, dass der Staats-Finanz-Komplex ent-scheidend sei für die Dynamik des Kapitalis-mus. Die Problematik wurde offensichtlich, alsim Herbst und Winter 2008/2009 fälschlicher-weise von der Verstaatlichung der Banken ge-sprochen wurde. Was formal im Kleid der Ver-staatlichung erschien, war tatsächlich die priva-te Aneignung öffentlicher Guthaben durchUnternehmen des Finanzkapitals in bislang un-erreichtem Ausmaß. Dieser Prozess entspracheiner Verschiebung der Verschuldung von denUnternehmen zum Staat. Der Staat trat gewis-sermaßen als „ideeller Gesamtbankier“ auf(ALTVATER 2010, 213). Allein die für direkteStützungszahlungen in den reichen G20-Staa-ten vorgesehen Mittel beliefen sich durch-schnittlich auf etwa 5,7 % des BIP von 2008.5Dazu kamen angekündigte Kapitalspritzen undder Erwerb von Vermögensbeständen im Aus-maß von 3,4 % und Stützungskredite im Aus-maß von 4,1 % des BIP. Allerdings wurden die-se Programme letztlich meistens zu weniger als50 % beansprucht (HORTON et al. 2009, 11, 28;HORTON/GERSON 2009, 11; vgl. IMF 2009b,28).

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Die 2008 und 2009 beschlossenen Konjunktur-programme erscheinen sehr umfangreich, sindaber zumeist kleiner als die Pakete zur Rettungdes Finanzsektors. China lancierte das gemes-sen an der Wirtschaft größte Konjunkturpaket,das mit einem Betrag von 586 Mrd. US$ rund13 % des BIP von 2008 entspricht. Der Ameri-can Recovery and Reinvestment Act von 2009im Umfang von 787 Mrd. US$ entspricht etwa5,5 % des BIP. Das deutsche Programm mit ei-nem Umfang von 110 US$ entspricht 2,8 % desBIP. Alle Programme zusammen kosten rund2 Bio. US$ oder rund 1,4 % des weltweiten BIP.Die Programme in den reichen Ländern wurdenzu über einem Drittel für Steuersenkungen ver-wendet, für die Infrastruktur waren dagegen nurknapp 15 % vorgesehen (AHRENS 2009, 2 ff.;vgl. HORTON et al. 2009, 5).

Die Verschuldung der reichen G20-Staatenwird von 80 % des BIP im Jahr 2007 auf vor-aussichtlich 120 % im Jahr 2014 ansteigen. DieZinszahlungen im Zuge dieser Entwicklungkönnten in den reichen G20-Staaten durch-schnittlich von 1,9 % auf 3,6 % des BIP anstei-gen (HORTON et al. 2009, 4, 13 ff., 26). In denUSA werden sich im gleichen Zeitraum dieZinszahlungen von 4,2 % auf 8,3 % der Steuer-einnahmen erhöhen (HORTON/GERSON 2009,40). Die USA haben in den Jahren 2008, 2009und 2010 Rekordbeträge an Schulden aufge-nommen. Die voraussichtliche Mittelaufnahmeder US-Bundesregierung für diesen Zeitraumbeläuft sich auf 4.686Mrd. US$. Dazu kommennoch Mittelaufnahmen der Bundesstaaten undlokalen Regierungen im gleichen Zeitraum vonschätzungsweise 260 Mrd. US$ (Federal Re-serve 2010b, Tab. D2). Das sind völlig neue Di-mensionen. Noch nie hatte die Regierung ver-sucht, bei öffentlichen Geldgebern, privaten In-vestoren sowie den Zentralbanken auf derganzen Welt so viel Geld einzusammeln. 2011werden die öffentlichen Schulden der USA vor-aussichtlich auf knapp 100 % des BIP steigenund damit den Rekord unmittelbar nach demZweiten Weltkrieg brechen. Bis 2015 könntedie öffentliche Verschuldung gar auf 115 % desBIP klettern (IMF 2010, 191).

Die Bedeutung des Staates erwächst jedochnicht nur aus seiner Rolle als lender of last re-sort, also als Garant für das Funktionieren derFinanzmärkte und gegen einen zu hohen Wert-verlust des akkumulierten (fiktiven) Kapitals,sondern auch in seiner aktiven Rolle als Emit-tent von Staatsanleihen. Die stark divergieren-

den Zinssätze für Staatsanleihen sind ein Grad-messer für das Vertrauen, das das anlagesu-chende Kapital den Staaten entgegenbringt,ihren Schuldendienst mit der Aufnahme neuerSchulden zu begleichen, letztlich also ihrenZahlungsverpflichtungen an die institutionellenInvestoren nachzukommen.

Eine zentrale Rolle nehmen die Notenbankenmit ihrer Geldpolitik ein. Die Federal Reserve,Bank of Japan und Bank of England haben dieoffiziellen Zinssätze bislang auf nahezu Nullgehalten. Doch die tiefen Zinssätze haben inden meisten G7-Staaten nicht zur erhofften Sti-mulierung der Investitionen geführt. Denn dieGeschäftsbanken haben in den letzten beidenJahren einen beträchtlichen Teil der ihnen vonden Notenbanken günstig zur Verfügung ge-stellten Liquidität aufgrund der Ungewissheitenerneut bei den Notenbanken geparkt und zudemim großen Stil Staatsanleihen erworben, um dieZinsdifferenziale als Gewinne einzustreichen.Dieser für die Banken lukrative Kreislauf ist al-lerdings mit dem Risiko erneuter Blasenbildungverbunden, da Finanzanleger mangels alternati-ver, sicherer Anlagemöglichkeiten ihre liquidenMittel in Staatsanleihen pumpen (MACKEN-ZIE/OAKLEY 2010).

Die großen Notenbanken haben im Rahmen derals quantitative easing (QE) bezeichneten quan-titativen Lockerung der Geldpolitik einen be-trächtlichen Teil der Staatsanleihen aufgekauftund damit die Geldmenge (M3) ausgedehnt(GILES 2009; Federal Reserve 2010a, 5, 83 ff.;IMF 2010, 15 ff.). Die bisherigen Erfahrungendeuten allerdings darauf hin, dass das Geld imFinanzbereich bleiben und in den Rohstoffsek-tor fließen dürfte, wo höhere Erträge zu erwar-ten sind. Zudem dürfte das am 3. November2010 bekannt gegebeneQE2-Programm zu wei-teren Kapitalströmen in die Schwellenländerführen und deren Währungen aufwerten. Zu-gleich wird der Preis des Dollars gedrückt. Wasaber durchaus erwünscht ist, um die Exporte zuverbilligen und damit anzukurbeln (HARDING2010b; 2010a; MAI 2010a). Die sehr tiefen Zins-sätze und die schiere Menge der von den Zen-tralbanken in die Ökonomien gepumpten Geld-mengen könnten neue Vermögenspreisblasenentstehen lassen (MACKENZIE 2010a; 2010c).Zum finanzdominierten Kapitalismus gehört un-trennbar ein Zyklus von Blasen und Crashs.

Die ansteigende Staatsverschuldung entspringtnicht einer Zunahme produktiver Investitionen,

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sondern der Sozialisierung der Schulden des Fi-nanzsektors. Das unterstreicht die anhaltendeMacht des Finanzkapitals und dieAktualität desKonzepts des fiktiven Kapitals. Die staatlichenStützungen haben die anstehende Entwertungdes fiktiven Kapitals reduziert und zugleich dieProfitabilität der wichtigsten Finanzunterneh-men garantiert. Dank der enormen Aufblähungder Staatsverschuldung kann sich das fiktiveKapital abermals aufbauen und Zinszahlungendurchsetzen. Die mit umfangreichen Emissio-nen von Staatsanleihen erfolgte Umlenkung derSchulden zu den Staaten bietet dem zinstragen-den Kapital weitere, relativ sichere und in ei-nem deflationären Umfeld sogar attraktive An-lagemöglichkeiten. Die durch das fixe Kapitalaufgetürmten Schranken für die Kapitalverwer-tung werden nun abermals durch die Eröffnungeines weiteren finanziellen Kapitalkreislaufszumindest für eine gewisse Zeit überwunden(HARVEY 1982, 269).

Die Staatsschulden waren bereits ein zentralesMoment der ursprünglichen Akkumulation undder Entstehung des Kapitalismus (MARX 1867,779 ff.; HARVEY 2003; STÜTZLE 2008). Der han-delbare Eigentumstitel einer Staatsanleihe be-rechtigt zu einer regelmäßigen Zinszahlung, diesich von den Steuereinnahmen nährt. Die Auf-blähung der Staatsschulden und die daraus er-wachsenden Zinszahlungen werden – vermitteltüber die direkte und indirekte Besteuerung derLohnabhängigen – zu einer zentralen Form derMehrwertaneignung. Die Steuerausbeutungwird somit erneut eine zentrale Quelle für dasfiktive Kapital.

Im Winter 2008/2009 schien es, also ob keyne-sianische Rezepte eine Renaissance erlebten.Schon bald zeigt sich aber, dass die Staaten aufKosten öffentlicher Guthaben nicht nur zur Si-cherstellung der Verwertungsbedingungen desKapitals, sondern auch maßgeblich zur Stabili-sierung der Rentiereinkommen beigetragen ha-ben. Die Regierungen Nordamerikas und Euro-pas, der IWF und die Europäische Kommissionreagieren nun mit den bekannten neoliberalenund neokonservativen Rezepten auf die Ver-schuldung. Die Defizite sollen durch eine kon-sequente Ausgabendisziplin, Effizienzsteige-rungen der öffentlichen Leistungen, insbeson-dere bei den Sozialausgaben, und weiterenPrivatisierungen wieder reduziert werden. DieGlaubwürdigkeit der Schuldnerstaaten mussgewahrt bleiben. Die Austeritätspolitik bedeu-tet, dass die vorher vom privaten auf den öf-

fentlichen Sektor verschobene Schuldenlast aufdie Lohnabhängigen abgewälzt wird. Sowie dieKrise 2008/2009 von historischem Ausmaßwar, scheint nun auch die in die Wege geleiteteAusteritätspolitik bislang unbekannte Dimen-sionen anzunehmen.

Weltweite Ungleichgewichte verschärfen sichabermalsDie Krise hat zunächst zu einer Reduktion derglobalen Ungleichgewichte zwischen den Län-dern mit großen Exportüberschüssen und denDefizitländern geführt. Doch im Zuge der Er-holung haben sich die Ungleichgewichte raschwieder verschärft (DE MELLO/PADON 2010).Die Überschussländer haben ihre Exportperfor-mance weiter verbessert und die Defizitländer,allen voran die USA, müssen abermals größereHandelsbilanzdefizite gewärtigen (BEA 2010b,70). Angesichts des rasanten Wachstums undder stark überproportionalen Exporte ist Chinazu einem Zentrum der Überakkumulation ge-worden. Deshalb wird es von zentraler Bedeu-tung für die Entwicklung der Weltwirtschaftsein, inwiefern es der Führung dieses Landesgelingt, den Binnenmarkt zu stärken und dieenormen Bedürfnisse der Lohnabhängigen undländlichen Bevölkerung zumindest teilweise zubefriedigen. Die Tendenz zur Überakkumulati-on äußert sich nicht nur in der mangelndenNachfrage des Binnenmarkts, sondern auch inden wachsenden Devisenreserven des Landessowie den Expansionsstrategien chinesischerKonzerne. Chinas Devisenreserven sind 2010erneut stark angestiegen, am Ende des drittenQuartals 2010 auf 2,65 Bio. US$. Sie umfasstenEnde Juni 2010 nahezu ein Drittel aller Devi-senreserven der Welt, die in der Zeit von 2002bis Juni 2010 von 2 Bio. US$ auf $ 8,4 Bio. US$anschwollen (GARNHAM 2010). Trotz der vonhohen chinesischen Politikern mehrfach öf-fentlich geäußerten Bedenken vor der Schwächedes US-Dollars hat China seine in US-Staatsan-leihen gehaltenen Devisenreserven erhöht. ImAugust 2010 hielt China 868,4 Mrd. US$ undJapan 836,6 Mrd. US$ Treasury Debts. Die bei-den Länder sind mit Abstand die größten Haltervon US-Staatsanleihen (MACKENZIE 2010b).Nun riskiert China angesichts desAbsinkens desUS-Dollar die Entwertung eines Teils seinerGuthaben. (ANDERLINI 2010). Als Antwort hier-auf tritt China zunehmend auch als Käufer eu-ropäischer Staatsanleihen auf den Plan. Alsweiterer Kanal für Überschusskapital bietetsich die Internationalisierung chinesischer Kon-zerne an, die vermehrt mit transnationalen Kon-

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zernen aus den USA, Japan und Europa welt-weit in Konkurrenz treten. Zudem diversifizie-ren chinesische Staatsfonds und Unternehmenihre Devisenreserven, indem sie diese vermehrtals Portfolioinvestitionen in Unternehmen undAnlagefonds in anderen Teilen der Welt anle-gen.

Wie die volkswirtschaftlichen Ungleichgewichtemit Verschuldungsprozessen und deren Ver-schiebung einhergehen, so sind die mit diesennationalen Konstellationen verflochtenen welt-weiten Ungleichgewichte eng mit Defizitkreis-läufen verbunden. Sowohl der pazifische Defi-zitkreislauf zwischen den USA und China re-spektive Japan als auch der europäischeDefizitkreislauf zwischen den exportstarkenLändern Deutschland, Österreich, der Schweiz,den Niederlanden sowie den skandinavischenLändern und Defizitländern wie Spanien, Portu-gal, Italien und Griechenland eröffnen dem Fi-nanzkapital ein interessantes Feld von Anla-gemöglichkeiten in Staatsanleihen und Schuldti-tel, die ihrerseits wieder Grundlage für Derivatesein oder verbrieft werden können. Die Zinser-träge, zu denen sie berechtigen, beruhen letztlichauf einer Umverteilung des von den jeweiligenGesellschaften erarbeiteten Reichtums. Die Un-gleichgewichte und die damit verbundenen öko-nomischen und politischen Widersprüche habenmittlerweile ein Ausmaß angenommen, dass dieverschiedene Regierungen aktiv in dieWährungsrelationen eingreifen müssen, umihren eigenen Exportsektor zu stärken und damitdie Probleme der Überakkumulation auf andereabzuwälzen. Im Herbst 2010 erscheinen daherdie Warnungen vor einem Währungs- und Han-delskrieg keineswegs mehr abwegig zu sein.

Schlussfolgerung: ErneuteVerschiebungen der Krisen?Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass diegegenwärtige Konfiguration des Kapitalismusvon einer Reihe von Dilemmata und Wider-sprüchen geprägt ist, die einen längerfristigenAusweg aus der Krise unmöglich machen. Ge-stützt auf eine nichtdeterministische Interpreta-tion langer Wellen (MANDEL 1995; WENT 2000;HUSSON 2008) wird hier argumentiert, dass dienachhaltige Steigerung der Profitrate davon ab-hängt, inwiefern es gelingt, massiv Kapital zuentwerten, die Arbeit zu verbilligen und zu-gleich neue Regionen und Felder für eine profi-table Kapitalverwertung zu erschließen. Die

Verbilligung der Arbeit ist aber unvereinbar mitder Anforderung, den produzierten Mehrwertauch zu realisieren, das heißt, die produziertenWaren mit einer zahlungskräftigen Nachfragein Verbindung zu bringen. Umgekehrt würde ei-ne keynesianische Nachfragestimulierung nochkeineswegs bedeuten, dass die Unternehmenund das in diesen Unternehmen platzierte Anla-gekapital eine befriedigende Profitabilität er-zielten, um sowohl Unternehmensgewinne alsauch Zinsen (Dividenden, Schuldtitel) undRenten (Eigentumsmonopole) im erwünschtenMaße zu steigern (vgl. Abb. 1). Der Abbau derglobalen Ungleichgewichte würde bedeuten,dass die USA relativ weniger konsumierten,aber mehr sparten und exportierten, Deutsch-land und China hingegen relativ mehr konsu-mierten, aber weniger exportierten und sparten.Die damit zusammenhängenden Anpassungensind von politischenAuseinandersetzungen undden Kräfteverhältnissen in und zwischen denLändern abhängig und damit höchst ungewiss.Die Herstellung einer Konstellation, die einelängere stabileWachstumsphase mit überdurch-schnittlichen Wachstumsraten und hohen Pro-fitraten ermöglicht, ist unwahrscheinlich. Dasglobale Rentierregime stützt sich auf eine mehrchaotische und widersprüchliche als kohärenteRegulation, es bleibt hochgradig instabil (HUS-SON 2010b).

Dem Kapital ist es seit den späten siebziger Jah-ren mehrfach gelungen, überschüssiges Kapitalund damit auch Krisen räumlich und zeitlich zuverschieben. Auch die Aufblähung des Finanz-bereichs sowie der privaten und öffentlichenSchulden entsprach einer derartigen Verschie-bung. Angesichts der stark zugenommenenInterdependenzen hat die im Finanzsektor aus-gelöste Krise rasch eine globale Dimension an-genommen und die fundamentaleren Hindernis-se für eine ausgewogene Akkumulationsdyna-mik offen gelegt. Die Widersprüche haben einsolchesAusmaß angenommen, dass deren Bear-beitung und Lösung einer Quadratur des Kreisesentspricht. Die Krise überwinden hieße gleich-zeitig, die Profitrate zu steigern, den erarbeite-ten Mehrwert mit einer steigenden Nachfrage zurealisieren und die globalen und innereuropäi-schen Ungleichgewichte abzubauen. Diese dreiZiele sind gleichzeitig und weltweit anzugehen.Dies scheint unmöglich zu sein.

Deswegen ist anzunehmen, dass in vielen Indu-strien die Konkurrenz schärfer und die politi-schen Auseinandersetzungen und Verteilungs-

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kämpfe härter werden. Um die Profitrate zu stei-gern und den Zins- und Rentenansprüchen desAnlagekapitals zu entsprechen, wird der Druckauf die Löhne und auf die gesamte Arbeitsorga-nisation zunehmen. Die Erhaltung günstigerRohstoff- und Umweltpreise wird zum zentralenAnliegen vieler produzierender Industrien. Zu-gleich eröffnen sich im Rohstoff- und Umwelt-bereich neue Anlagefelder für das rententragen-de Kapital, allerdings nur, wenn Eigentumsmo-nopole durchgesetzt werden können. Mit einerharten Austeritätspolitik sollen die Lasten derstark angestiegenen öffentlichen Schulden aufeinen Großteil der Lohnabhängigen verlagertwerden. Da diese Politik die Nachfrage in denkapitalistischen Kernländern schmälert, ist esumso wichtiger, räumlich neue Märkte zu er-schließen. Ob die von Investmentfonds, Bera-tungsunternehmen und Finanzzeitschriften als„Megatrends“ beschriebenen Wachstumspoten-ziale in den Schwellenländern, vor allem im Zu-ge der Aufwertung (upgrading) der Industrie-produktion und im Bereich der urbanen Infra-struktur, genügend neue Investitionsfeldereröffnen, bleibt offen. Wahrscheinlich ist, dassdie aufstrebenden Länder ihre Rolle in derWelt-wirtschaft weiter ausbauen und nicht zu unter-schätzende Wachstumspole bilden werden.

Aufgrund der Schwierigkeiten, einen einiger-maßen dauerhaften Ausweg aus der Krise zufinden, bleibt die Durchsetzung der Formel G –G’ ein vorrangiges Ziel des Kapitals (MARX1894, 355 ff.), was aber eine weitere Runde ge-sellschaftlicher Umverteilung über eine Steige-rung der Mehrwertrate, Steuerabschöpfung so-wie eine Erschließung neuer Felder (einschließ-lich neuer Arbeitskräfte, Territorien undEigentumsrechte) zur Kapitalverwertung unddamit einhergehend eine Erweiterung von Pro-zessen der Akkumulation durch Enteignungvoraussetzt. Das globale Rentierregime stärktalso die Einkommen aus Eigentumsmonopolen,ohne dass die Mehrwertaneignung an Bedeu-tung verlieren würde.

Angesichts dieser Widerspruchslage ist dieNeuauflage eines wohlfahrtsstaatlichen Kapita-lismus oder eines New Green Deal nicht inSicht. Weder die zu erwartenden Produktivitäts-gewinne und Profitraten, noch die politischenKräfteverhältnisse erlauben eine solche Kon-stellation. Die harten sozialen Einschnitte unddie zu erwartenden gesellschaftliche Verwer-fungen stellen auch Wirtschaftsgeographen vorgrundsätzliche Fragen zur Organisation der Ge-

sellschaft, denen sie sich nicht verschließenkönnen, wenn sie in aktuelle und kommendeDebatten eingreifen wollen.

Anmerkungen1 Ich danke den beiden Gutachtern für ihre wertvolleKritik.2 Die Berechnung derMarxschen Profitrate p =Mehrwert/ konstantes Kapital + variables Kapital ist methodischnicht einfach. Ökonometrisch arbeitende Autorennähern sich der Größe über Hilfskonstruktionen, die ab-hängig von den verfügbaren statistischen Daten sind.Weitere Fragen stellen sich, zum Beispiel: Inwieweitwerden die finanziellen Gewinne einbezogen, wie kannman der Internationalisierung der Produktion und denGewinntransfers Rechnung tragen. Diese umfangrei-chen Debatten übersteigen den Rahmen dieses Beitrags.3 Die Akkumulationsrate entspricht dem Anteil des neuakkumulierten Teils des Nationaleinkommens am ge-samten Nationaleinkommen, methodisch erfassbardurch die Nettoinvestitionen, sie drückt also dasWachstum des Nettokapitalvolumens aus.4 Die Zahlen von Boston Consulting (BCG) undMcKin-sey lassen sich nicht direkt vergleichen. Erstereberücksichtigen nur die Privatvermögen, letztere inte-grieren auch die finanziellen Unternehmensguthaben.Es geht hier um die Entwicklungstendenzen.5 Zur G20 gehören die reichen Länder Australien, Kana-da, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Südkorea,Großbritannien, USA sowie die aufstrebenden LänderArgentinien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Me-xiko, Russland, Saudi Arabien, Südafrika und Türkei.Auf die G20 entfallen zwei Drittel der Weltbevölke-rung, etwa 90 % des globalen Nationaleinkommensund 80 % desWelthandels (einschließlich des EU-Bin-nenhandels) (IMF 2009a).

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