versicherungsvertreter_presseheft.pdf

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1 KLAUS STERN GOETHESTRASSE 32 D-34119 KASSEL T. 0561 18 4 29 MOBIL 0178 56 12 459 [email protected] WWW.KLAUSSTERN.DE VERSICHERUNGSVERTRETER DIE ERSTAUNLICHE KARRIERE DES MEHMET GÖKER EIN FILM VON KLAUS STERN SYNOPSIS „Wer seine Grenzen nicht kennt, hat auch keine.“ Es ist die Geschichte von Mehmet Göker, 32. Absoluter Herrscher über ein sektenähnliches Versicherungsimperium. Der Film zeigt Aufstieg – und tiefen Fall des türkischstämmigen Jungunternehmers aus Kassel. Eine Geschichte von Gier und Größenwahn. Aber auch ein erhellender Einblick in das Geschäftsgebaren privater Krankenversicherungen. INHALT „Gier frisst Hirn.“ Er wollte mehr als „nur einen Krümel vom Kuchen abhaben“: mit 25 hat Mehmet E. Göker, Migrationshintergrund, mit dem Vertrieb privater Krankenversiche- rungen am Telefon seine erste Million verdient. Die MEG wächst, der Umsatz steigt, neue Mitarbeiter werden angeworben, großzügige Provisionen werden in Aussicht gestellt und gezahlt, verschwenderische Incentive-Reisen und Ferraris gehören zu den kleinen Annehmlichkeiten der ranghöheren Mitarbeiter. Die selbstherrlichen Jubel-Veranstaltungen der Firma lassen an megalomanischen Pomp und grotesken Ritualen nichts zu wünschen übrig. Mehmet E. Göker ist der alleinige Herrscher in diesem Imperium, das 2009 über 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. Ein hyperaktiver Unternehmer, dem die Privaten Krankenversicherer (u. a. AXA, Hallesche und Central) immer absurdere Provi- sionen zahlen. Bis zu 8.000 EUR kassiert die MEG AG für die Abschluss eines Vertrages. Er ist der zweitgrößte Vermittler von privaten Krankenversicherungen in Deutschland. Seine Vorbilder sind Richard Branson und Mahatma Gandhi. Irgendwann wollte er den weltgrößten Finanzvertrieb haben. Göker ist umgeben von hörigen Gefolgsleuten, die sich auch mal eben das Firmenlogo für die Ewigkeit aufs Handgelenk tätowieren lassen, wenn er das vormacht. Göker schafft es, einen Kult um MEG zu erzeugen, dem sich die Mitar- beiter nur schwer entziehen können. MEG ist nicht nur ein Arbeitgeber, MEG ist ein Lebensstil. Kritiker sehen darin schlicht ein betrügerisches Schneeballsystem.

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  • 1KLAUS STERNGOETHESTRASSE 32 D-34119 KASSEL

    T. 0561 18 4 29MOBIL 0178 56 12 [email protected]

    WWW.KLAUSSTERN.DE

    VERSICHERUNGSVERTRETERDIE ERSTAUNLICHE KARRIERE DES MEHMET GKER

    EIN FILM VON KLAUS STERN

    SYNOPSISWer seine Grenzen nicht kennt, hat auch keine.Es ist die Geschichte von Mehmet Gker, 32. Absoluter Herrscher ber ein sektenhnliches Versicherungsimperium. Der Film zeigt Aufstieg und tiefen Fall des trkischstmmigen Jungunternehmers aus Kassel. Eine Geschichte von Gier und Grenwahn. Aber auch ein erhellender Einblick in das Geschftsgebaren privater Krankenversicherungen.

    INHALTGier frisst Hirn.Er wollte mehr als nur einen Krmel vom Kuchen abhaben: mit 25 hat Mehmet E. Gker, Migrationshintergrund, mit dem Vertrieb privater Krankenversiche-rungen am Telefon seine erste Million verdient. Die MEG wchst, der Umsatz steigt, neue Mitarbeiter werden angeworben, grozgige Provisionen werden in Aussicht gestellt und gezahlt, verschwenderische Incentive-Reisen und Ferraris gehren zu den kleinen Annehmlichkeiten der ranghheren Mitarbeiter. Die selbstherrlichen Jubel-Veranstaltungen der Firma lassen an megalomanischen Pomp und grotesken Ritualen nichts zu wnschen brig.

    Mehmet E. Gker ist der alleinige Herrscher in diesem Imperium, das 2009 ber 1.000 Mitarbeiter beschftigt. Ein hyperaktiver Unternehmer, dem die Privaten Krankenversicherer (u. a. AXA, Hallesche und Central) immer absurdere Provi-sionen zahlen. Bis zu 8.000 EUR kassiert die MEG AG fr die Abschluss eines Vertrages. Er ist der zweitgrte Vermittler von privaten Krankenversicherungen in Deutschland. Seine Vorbilder sind Richard Branson und Mahatma Gandhi. Irgendwann wollte er den weltgrten Finanzvertrieb haben.

    Gker ist umgeben von hrigen Gefolgsleuten, die sich auch mal eben das Firmenlogo fr die Ewigkeit aufs Handgelenk ttowieren lassen, wenn er das vormacht. Gker schafft es, einen Kult um MEG zu erzeugen, dem sich die Mitar-beiter nur schwer entziehen knnen. MEG ist nicht nur ein Arbeitgeber, MEG ist ein Lebensstil. Kritiker sehen darin schlicht ein betrgerisches Schneeballsystem.

  • 2Ende 2009 ist der Versicherungsmakler pleite und die Staatsan-waltschaft ermittelt bis heute gegen Gker u. a. wegen Untreue, Insolvenzverschleppung und unlauterem Wettbewerb. Das System seines Strukturvertriebs ist schon 2007 ins Wanken geraten, als Gker wegen u. a wegen Steuerhinterziehung zu 720.000 EUR Geldstrafe verurteilt wird. Aktuell hat Mehmet Gker 21 Millionen private Schulden.

    Das System hat sich selbst verschlungen. Aber Mehmet E. Gker ist wieder da. Er residiert an der trkischen giskste mit ber 50 Mitstreitern. Die neue Firma aber sei nicht seine, beteuert er. Die Gker Consulting Group gehre seiner Mutter, er selbst sei dort nur Angestellter.

    PROTAGONISTENMehmet E. Gker, Niels Bredenkamp, Marinko Neimarevic, Zoran Zeljko, Joachim Schmoldt, Helmut Eberlein, Eckhard Tppel u. v. a.

    CREDITSBuch und Regie: Klaus Stern, Montage: Friederike Anders, Kamera: Harald Schmuck, Zusatzkamera: Stefan Pape, Patrick Hamelmann, Jan Block, Sassan Haschemi, Andreas Nordlohne, Musik: Michael Kadelbach, Raffaela Jungbauer, Transskription: Bastian Ludwig, Sarah Zimmermann, Frauke Lodders, Mischung und Sounddesign: Erik Mischijew, Farbkorrektur: Matthias Behrens, Redaktion: Petra Nagel (WDR)

    WDRGefrdert mit Mitteln der Hessischen Filmfrderung.D 2011, 79 Min., sternfi lm

    AUSZEICHNUNGENVorauswahl Deutscher Filmpreis 2012 (www.deutscher-fi lmpreis.de)Nominierung Healthy Workplaces Film Award 2011Erffnungsfi lm 28. Video- und Dokumentarfi lmfest Kasselwww.fi lmladen.de/dokfest

    FESTIVALSBerlinale 2012, German Cinema DOK Festival Leipzig 201128. Video- und Dokumentarfi lmfest Kassel

  • 3BIOGRAFIE KLAUS STERN1968 in Ziegenhain in Nordhessen geboren, gelernter Brieftrger, Studium der Wirt-schaft und Politik an der Universitt Kassel, 1994 1997 als Autor beim Hessischen Rundfunk (u. a. Live aus dem Schlachthof/Alabama). 1998 Diplomarbeit ber die Entfhrung des Politikers Peter Lorenz durch die Bewegung 2. Juni. 2000 Grndung von sternfilm, seitdem Produktion, Drehbuch und Regie von Dokumentarfilmen. 2006 Verffentlichung (mit J. Herrmann): Andreas Baader Das Leben eines Staatsfeindes bei dtv. Seit 03/2009 Mitglied, der Dokumentarfilmjury des First Steps Award. Von 01/2010 bis 03/2011 Vertretungsprofessur an der Kunsthoch-schule Kassel, Filmklasse. Lebt in Kassel und Berlin.

    FILMOGRAFIEDER AUSTAUSCH DIE VERGESSENE ENTFHRUNG DES PETER LORENZ (mit K. Salge) 2000, 45 MinutenAuszeichnungen/Nominierungen: Nominierung Adolf-Grimme Preis 2001

    UNSCHULDIG SCHULDIG? DIE GESCHICHTE DES PETER POMPETZKI2001, ARD, 45 MinutenAuszeichnungen/Nominierungen: Nominierung Deutscher Fernsehpreis 2001

    ANDREAS BAADER DER STAATSFEIND2002, ARD, 45 MinutenAuszeichnungen/Nominierungen: Goldener Schlssel 2002 Dokfest Kassel, Nominierung Adolf Grimme Preis 2003, Deutscher Fernsehpreis 2003

    WELTMARKTFHRER DIE GESCHICHTE DES TAN SIEKMANN2004, ZDF Das kleine Fernsehspiel, 94 MinutenDeutscher Kinostart: 3. Februar 2005, Verleih: Realfictionwww.weltmarktfuehrer-derfilm.deFestivals: Cologene Conference, Internationales Dokfest Leipzig, Dokfest Kassel, Crossing Europe Festival LinzAuszeichnungen/Nominierungen: Nominierung Discovery Channel Award 2004, Nominierung Phoenix Preis 2004, Herbert Quandt Preis 2005, 3. Preis Forum Mittelstand 2005, Adolf Grimme Preis 2006, Nominierung Deutscher Fernseh-preis 2006

    GESTATTEN, BESTATTER2005, WDR/ARD, 48 MinutenAuszeichnungen/Nominierungen: 2. Preis Forum Mittelstand 2006

  • 4LAWINE LEBEN UND STERBEN DES WERNER KOENIG2007, WDR, 45/52 Minutenwww.lawine-derfilm.deFestivals: Cologene Conference, Dokfest Kassel, Max Ophls Festival, Internationa-les Bergfilmfest Tegernsee, Bergfilmfest Salzburg, Bergfilmfest WeiterstadtAuszeichnungen/Nominierungen: Nominierung BMW Group Preis 2008, Hessischer Filmpreis 2008

    HENNERS TRAUM DAS GRSSTE TOURISMUSPROJEKT EUROPAS2008, ZDF Das kleine Fernsehspiel, 94 MinutenDeutscher Kinostart 26. Mrz 2009, Verleih: : sternfilm/Realfictionwww.henners-traum.deFestivals: Erffnungsfilm Duisburger Filmwoche, Kasseler Dokfilmfest, Max Ophls Festival, Heimatfilmfest Freistadt, Dok Film Forum Shanghai, Deutsche Filmwochen Skobje, Human Rights Film Festival ZagrebAuszeichnungen/Nominierungen: Vorauswahl Deutscher Filmpreis 2009, Hessischer Filmpreis 2009, Nominierung Preis der Deutschen Filmkritik 2010, Adolf Grimme Preis 2010, Nominierung Deutscher Fernsehpreis 2010, Deutscher Fernsehmusikpreis 2010

    ANDREAS BAADER DAS LEBEN EINES STAATSFEINDES2010, NDR, 60 Minuten, NeubearbeitungWeltvertieb durch Rise and Shine Worldsales BerlinFestivals: Kasseler Dokfest, Max Ophls Festival

    REZEPTIONDer Filmemacher Klaus Stern ist ein Solitr unter den deutschen Dokumentaristen. In seinem Schaffen bndeln sich zwei Vorlieben, die selten zusammen finden: Neugier auf politisch-konomische Gegenwarts-Themen und die Lust einer dezenten Unterhaltungsdramaturgie, die seine Arbeiten ungeachtet ihrer trockenen Materie fast wie Spielfilme wirken lsst. Josef Lederle, Filmdienst, 26.Mrz 2009

    Stern hat den richtigen Instinkt, weil er in diesen Karrieren, die sich auf der berholspur berschlagen, Geschichten findet, deren Romanhaftigkeit in krassen Widerspruch steht zur Austauschbarkeit der Helden. Michael Althen, FAS, 10. Januar 2008

    Nicht nur bei Dokumentarfilmfans hat Klaus Stern einen Namen, auch einem breiteren Publikum ist er bekannt. Das ist nicht selbstverstndlich fr einen, der sich in einem Nischen-Genre tummelt. Birgit Ochs FAZ, Mein Weg, 11. Mai 2009

    Stern gehrt zu den erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilmern.Volker Trunk, Frankfurter Rundschau, 12. Februar 2009

  • 5Sterns Filme wurden mit Preisen berhuft, sie sind auf eine zurckhaltende Art unterhaltend und schaffen es anhand weniger Protagonisten komplexe wirtschaft-liche Phnomene zu erklren, den Irrsinn der New Economy, den Grenwahnsinn von Unternehmen oder Politikern. ()Stern ist derzeit Vertretungsprofessor an der Kunsthochschule Kassel. Dort konfrontiert er seine Studenten manchmal mit der Wirklichkeit in Form von Fernsehredakteuren. Die sagen dann, dass Charaktere in ARD Dokumentationen symphatisch sein mssen. ()Einer der groen seiner Zunft. Sven Prange, Handelsblatt, 03.09/ 04.09.2010

    KLAUS STERN BER VERSICHERUNGSVERTRETERHessisch-Niederschsische Allgemeine, 07.11.11.von Bettina Fraschke

    Mehmet Gker hat in der Trkei Bratwrstchen fr Sie gegrillt. Wie nah kommt man sich bei der Arbeit?Klaus Stern: Nhe gehrt zu meiner Arbeit. Und Gker hat die Gabe, Men-schen in seinen Bann zu bringen. Trotzdem bestand nicht die Gefahr, dass es ein PR-Film wird. Ich hatte ihm aber auch klargemacht, dass ich auch keine verfilmte Anklageschrift plane.

    Er wirkt im Film oft richtig gewinnend. Wie ist Gker privat?Natrlich ist er ein Schulterklopfer, Verkufer. Ist verbindlich, wirkt grozgig. Er scheint sehr offen. Schlielich will er im Film auch gut rberkommen. Denke ich.

    Aber in der Firma war er auch richtig verletzend, zeigen Sie. Ein Mann der Extreme?Das ist kalkuliert. Er schreit und bt Druck aus, um seine Leute gefgig zu machen. Das Prinzip Mehmet ist Einschchterung. So funktioniert jedes totalitre System. Manche sagen, es war eine Sekte. Ohne den Fhrer htte es den Laden nicht gegeben. Und irgendwann wollte er den grten Finanz-vertrieb der Welt haben, wie er im Film sagt. Anscheinend geht so was nicht mit Ringelpiez.

    Sie meinen auch den Druck, den Versicherungen immer mehr Abschlsse zu liefern, um mehr Provision zu kassieren.Bei MEG haben sicher einige gute Verkufer gearbeitet. Aber es gehrt auch die andere Seite dazu, die Versicherungsfirmen als Auftraggeber. Die haben den Stoff, also die enormen Provisionen geliefert. Das wirft fr die Branche Fragen auf. Selbstkritik bei den Versicherungen habe ich aber noch nicht gehrt. Bezeichnend: Keine Versicherung wollte vor die Kamera.

    Die Schlussszene gehrt zu den strksten im Film: Gker deutet eine weitere Karriere-Finte an. Dabei grinst er spitzbbisch und wirkt gleichzeitig ganz unschuldig und verbindlich. In so einem winzigen Moment steckt der ganze Gker. Wann wussten Sie, dass das Ihr Filmschluss sein sollte?Das kam mir erst im September. Ich sammle erst mal das gesamte Material. Wir haben alle Szenen abgeschrieben, das sind 600 Seiten Szenen und Text.

  • 6Dann bauen meine Cutterin und ich zusammen. Von Mai bis Oktober haben wir geschnitten, noch im Juli kamen neue Szenen dazu.

    Sie arbeiten fast ohne Untertitel und ohne eine Erklrstimme aus dem Off. Damit riskieren Sie aber auch, dass einiges unverstndlich bleibt und dass Personen nicht eingefhrt werden, etwa der ehemalige Fuball-Profi und Ex-MEGler Zoran Zeljko. Warum?Der Film ist kein journalistisches Fernseh-Feature. Ich versuche mehr ber Bilder zu erzhlen und das sich die Geschichte im Kopf des Zuschauers erschliet.

    Woher kommt Ihr Material, etwa ein Handyfilm, wie sich der Fhrungs-Zirkel das MEG-Logo als Tattoo stechen lsst?Von Privatpersonen und Firmenvideos Das war eine lange Recherche. Auch die Gesprchspartner-Suche. Ich habe mit ber 100 Leuten telefoniert, viele getroffen, die gute Geschichten zu erzhlen hatten. Aber die meisten wollten nicht vor die Kamera. Viele sind weiter im Vertrieb von privaten Krankenversicherungen. Ist ja finanziell auch ein wirklich geiles Geschft, wie ein Protagonist sagt.

    Gab es Momente, wo Sie selbst inhaltlich verblfft waren ber Ergebnisse Ihrer Recherche?Wenn eine Versicherung ein neues Produkt einfhren wollte, gab es bis zu 21 Monatsbeitrge an Provision fr den Vermittler. Das knnen dann mal schnell 9000 Provision sein. Das muss man sich mal vorstellen. Verblffend fand ich aber auch, was Mitarbeiter bereit waren an Schmerzen und Demti-gungen fr ihren Job auszuhalten.

    Ihre Filme demontieren die Protagonisten, etwa Weltmarktfhrer oder Henners Traum. Ist das den Protagonisten des jeweils neuen Projekts nicht bewusst?Das mssen Sie Gker fragen. Er hat den Film inzwischen gesehen. Sein Kommentar: Sehr, sehr hart, aber fair.

    Es gibt eine Verschwrungstheorie, wonach die Staatsanwaltschaft nicht ermitteln wird, weil dann die Versicherungsbranche den Bach heruntergeht. Wie sehen Sie das?Es ist gerade ein Gesetz zur Regulierung der Provisionen verabschiedet worden. Das geht auch auf die MEG-Pleite zurck. Ich wrde der Staatsanwaltschaft nie unterstellen, dass sie nicht ermittelt. Was sollte deren Interesse sein?

    Wie sind Sie zu dem Thema Provisions-Wahn gekommen?Auf meiner Zivildienststelle vor ber 20 Jahren hat ein Kollege fr die Continen-tale gearbeitet. Mit ihm war ich auf einem Rekrutierungsseminar. So viele gierige und naive Menschen in einem Raum habe ich nie wieder gesehen. Wie sagt Michael Douglas in Wall Street: Es ist die Gier, die uns antreibt. Und gierig war ich fr diesen kurzen Moment auch.

  • 7GIER FRISST HIRN www.kino-zeit.de/filme/versicherungsvertretervon Kirsten Kieninger

    Mit zweiundzwanzig erst aus dem Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung aus-gezogen, in dem er die eigene Firma grndete. Mit zweiunddreiig schon insolvent und 21 Millionen Euro Schulden. Dazwischen liegt die erstaunliche Karriere des Mehmet Gker, so der Untertitel des Dokumentarfilms Versicherungsvertreter. Regisseur Klaus Stern hat vorher Filme wie Weltmarktfhrer Die Geschichte des Tan Siekmann (2004) und Henners Traum Das grte Tourismusprojekt Europas (2008) gemacht und bezeichnet Grenwahn als sein Spezialgebiet.

    Diesbezglich ist er nun bei Mehmet E. Gker wieder genau an den richtigen Mann geraten. MEG (genau, benannt nach seinen Initialen) heit die Firma, die er nach seiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann grndete, denn schlielich wollte er mehr als nur einen Krmel vom Kuchen abhaben. Und tatschlich: mit 25 hat er mit dem Vertrieb privater Krankenversicherungen am Telefon seine erste Million gescheffelt. Die Firma wchst, der Umsatz steigt, neue Mitarbeiter werden angeworben, grozgige Provisionen werden in Aussicht gestellt und auch gezahlt, verschwenderische Incentive-Reisen wie z.B. zum Luxus-Shopping erster Klasse bei Armani und Gucci in New York gehren zu den kleinen Annehmlichkeiten fr die besten Mitarbeiter, der Fuhrpark besteht aus Porsches und Ferraris und die Jubel-Veranstaltungen zur Ehrung erfolgreicher Mitarbeiter stellen in ihrem megaloma-nischen Pomp und auch in ihrer Lnge die Oscar-Verleihung in den Schatten wie Firmenvideos dokumentieren.

    Filmemacher Klaus Stern greift bei seiner Erkundung des Phnomens Mehmet E. Gker auf eine ganze Flle von Material zurck, seien es firmeninterne Videos, Handyaufnahmen von Mitarbeitern, oder zugekauftes Material von Fernsehsendern. Schon seit 2006 war er an dem Thema dran, hat auch Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern gedreht und schlielich auch Gker selbst fr ein paar Drehtage vor die Kamera bekommen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Versicherungsmakler allerdings lngst pleite und muss sich wegen Veruntreuung und Insolvenzverschleppung vor Gericht verantworten. Das System seines Strukturvertriebs ist schon 2007 ins Wanken geraten, als Gker wegen des Verdachts der Scheinselbststndigkeit seiner riesigen Mitarbeiterschar und Steuerhinterziehung ins Visier des Finanzamts gert.

    Die groe Strke des Film liegt darin, dass er die Ereignisse nicht chronologisch aufrollt, sondern in einer Dramaturgie der Zuspitzung sein vielfltiges Material clever ins Spiel bringt, erzhlerische Bgen schlgt und die Eindrcke zum richtigen Zeitpunkt ausreizt. Mehmet E. Gker ist das zentrale Kraftfeld des Films, ein hyperaktiver, stndig Phrasen dreschender und Mitarbeiter zusammenstauchender Alleinherrscher in seinem Imperium von speichelleckenden Gefolgsleuten auf schnellem Erfolgskurs, die sich auch mal eben das Firmenlogo fr die Ewigkeit aufs Handgelenk ttowieren lassen, wenn der Chef das vormacht.

  • 8In diese Maschinerie der geldgeilen Verblendung streut Stern mehrere ehemalige Mitarbeiter und Aussteiger ein, denen die Erfahrung zwischenzeitlich die Augen geffnet hat. Da ist der Leibwchter, der sich nun das Tattoo berstechen lsst und andeutet, dass bei der berbordenden Begeisterung, mit der stndig der Erfolg abgefeiert wurde, auch Drogen im Spiel waren. Und da ist der Ex-Fuballprofi Zoran Zeiljko, der anfnglich vom Geschftsmodell berzeugt war und dann dem Strukturvertrieb den Rcken kehrte, abgestoen durch die sektenhnlichen Umgangsformen und den Personenkult um Gker. Zeiljko bringt es in der simplen Formel auf den Punkt: Gier frisst Hirn, auch das des Chefs; auch das des Ferrari-Hndlers, der die Warnlampen, die bei ihm angingen, als der gute Kunde Gker nicht pnktlich zahlte, nicht sehen wollte; und auch das der groen privaten Krankenversicherer (die sich fr den Film nicht zur Thematik uern wollten), die der MEG immer weiter hohe Vorschsse gezahlt haben, auf Vertragsabschlsse, die in dieser Menge unmglich zu leisten waren.

    Das System hat sich selbst verschlungen. Aber Mehmet E. Gker hat es wieder ausgespuckt. Er residiert an der trkischen giskste und macht schon wieder dieselben Geschfte, nur unter anderem Namen. Die Gker Consulting Group gehre seiner Mutter, er selbst sei dort nur Angestellter. Und fr einen weiteren Film von Klaus Stern wrde er auch zur Verfgung stehen dieses Angebot machte Mehmet E. Gker, ohne den ersten Film berhaupt gesehen zu haben. Die Premi-ere im Rahmen des Deutschen Wettbewerbs Dokumentarfilm in Leipzig fand auch ohne ihn statt: Wichtige Geschfte in Istanbul hielten ihn ab, so lie er verlautbaren.

  • MilliardengeschftKrankheits-vollversicherte in der PKV

    Quelle: Private Krankenversicherung (PKV)

    MilliardengeschftKrankheits-ollversicherte n der PKV

    Beitrge in Milliarden Euro

    2000

    20

    15

    10

    5

    02 04 06 08 2009

    Mitglieder in Millionen

    7,49

    13,71

    8,81

    22,56

    Amin Eghbali knnte ein Beispielfr gelungene Integration sein. Ermacht seinen Realschulabschluss,danach eine Ausbildung zum Zahntech-niker und fhrt ein Leben ohne groeAusschlge bis er einem alten Schul-freund begegnet. Schon frher sei dieserKlassenkamerad rhetorisch auergewhn-lich gewesen: Er hatte eine so groeKlappe, dass selbst Lehrer hilflos waren.

    Die Rede ist von Mehmet Gker, derbereits einen roten Ferrari fhrt, als Egh -bali sich noch ber seinen Monatslohn von2100 Euro brutto freut. Gker erzhlt ihm,dass er eine eigene Firma gegrndet habe,die MEG AG. Da verkaufe er Policen pri-vater Krankenversicherungen am Telefon,das Geschft laufe sensationell, fr jedeerfolgreiche Vermittlung zahlten die Ver-sicherungskonzerne satte Provisionen.

    Mehmet hat mich gefragt, ob ich frihn arbeiten will, da hab ich ja gesagt.Eghbali hat zwar keine Ahnung von Kran-kenversicherungen, aber er ahnt, dassman bei seinem alten Kumpel eine MengeGeld verdienen kann. Und was moti-viert mehr als Geld?

    Im August 2006 fngt er bei der MEGan. Bereits im November habe er 25000Euro verdient. Nach weiteren drei Mona-ten seien es 65000 Euro gewesen. Danachhabe es keinen Monat mehr gegeben, indem er unter 10 000 Euro hatte, sagtEghbali. Wenn man nichts kann, wenn

    man nichts gelernt hat, kann man in kei-ner Branche so viel Geld verdienen wieim Vertrieb.

    In nur drei Jahren schafft es Gker, mitdem Verkauf von Policen privater Kran-kenversicherungen ein Unternehmen auf-zubauen, das 65 Millionen Euro Umsatz

    macht und mehr als tausend Leute im gan-zen Land beschftigt. Er verpflichtet denBoxweltmeister Arthur Abraham als Wer-be-Ikone und sponsert Sportvereine wieArminia Bielefeld oder die Kassel Huskies.

    An einem mangelt es Gker nie: Geld.Im Januar 2008 will er seinen Fhrungs-

    Wirtschaft

    D E R S P I E G E L 4 7 / 2 0 1 0 105

    V E R S I C H E R U N G E N

    Nur du bist das GesetzPrivate Krankenversicherungen sind ein lukratives Geschft, vor allem fr Vermittler wie Mehmet

    Gker. Er wurde von Konzernen wie der Allianz mit Millionenprovisionen belohnt, leistete sich einen Rolls-Royce samt Fahrer und feierte in aller Welt. Dann ging seine Firma MEG pleite.

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    Policen-Vermittler Gker um 2006: Ich bin krank, positiv krank

  • leuten mal zeigen, wie viel eine MillionEuro ist. Er geht zur Bank, lsst sich dasGeld auszahlen, trgt es ins Bro und hltes seinen Kollegen vor die Nase. Manchelassen sich damit fotografieren, am Endekriegt jeder einen 500-Euro-Schein, denGker auf Wunsch gern signiert.

    Er drngt seine Getreuen, ihren Erfolgnach auen zu zeigen und lebt es selbstvor. Mit 28 Jahren kauft er sich einenRolls Royce und lsst sich durch Kasselkutschieren. Die Lokalzeitung nennt ihnden einzigen Popstar Nordhessens.

    Im Herbst 2009 endet das Geprotze ab-rupt. Am 28. Oktober meldet die FirmaInsolvenz an und bricht unter Millionen-forderungen zusammen.

    Aufstieg und Niedergang des MehmetE. Gker und seiner MEG (die drei Buch-staben stehen fr seine Initialen) sindmehr als nur eine Provinzposse. Sie ge-whren einen ungewhnlichen Blick indas Neukundengeschft der privatenKrankenversicherung. Sie zeigen, mitwel cher Gier und welchen Provisionendie Konzerne hierzulande um Privat -patienten buhlen.

    Es ist ein Kampf, der in den kommen-den Wochen einen neuen Hhepunkt er-leben wird. Denn GesundheitsministerPhilipp Rsler (FDP) hat fr die Versi-cherungskonzerne ein besonders schnesWeihnachtsgeschenk vorbereitet: Bishermusste ein Arbeitnehmer drei Jahre langmehr als 4162 Euro brutto pro Monat ver-dienen, um in die Private wechseln zuknnen. Von Januar an wird dieser Betragauf 4125 Euro gesenkt und muss nurnoch ein Jahr lang erreicht werden.

    * Frank Kettnaker, Vertriebschef der Alten Leip -ziger/Hallesche; Oliver Kuhlmann, Vertriebschef derGothaer; Gernot Schlsser, Axa-Vorstandschef (M.);Bernhard Lneborg, Vertriebschef der Hallesche Kran-kenversicherung, und Roland Zimmer, Chef der Axa-Krankenversicherung (r.).

    Das bedeutet rund 300000 potentielleNeukunden fr Makler wie Gker unddie hinter ihm stehenden Konzerne.Gleichzeitig droht jenen, die heute schonprivat versichert sind, zum Jahresbeginnerneut eine saftige Beitragserhhung. Dasmehrt die Zahl der Wechselwilligen.

    2006 grndet Gker seine MEG AGund erreicht bereits im ersten Jahr einenUmsatz von elf Millionen Euro. Im Un-terschied zu seinen Konkurrenten ruft ernicht wahllos Leute aus dem Telefonbuchan und schwatzt denen eine Krankenver-sicherung auf. Stattdessen inseriert er beiGoogle.

    Jedes Mal, wenn dort jemand das Stich-wort Private Krankenversicherung ein-gibt, tauchen in der rechten Spalte derGoogle-Suche die Anzeigen von GkersMEG auf und bieten einen kostenlosenVersicherungsvergleich an. Wer sich aufdiese Anzeigen meldet, hat schon malgrundstzlich Interesse. Dazu kauft G-ker von Adresshndlern Daten von Leu-ten, die bereits privat versichert waren.Auch unter dieser Klientel ist die Erfolgs-quote hoch. Die MEG ruft diese Leutean und rechnet ihnen vor, welche Privat-versicherung fr sie heute geeignet wre.Kommt ein Abschluss zustande, kassiertGker Provision von der Versicherung,der er den Kunden vermittelt.

    Seine Geschftspartner sind die groender Branche: Allianz, die Axa, Consal,Inter, Central und die Hallesche. DieMEG wchst fast schneller, als sie Leuterekrutieren kann. Gkers Nichten, Nef-fen, Onkel und andere Verwandte findenUnterschlupf in der Firma. Bei seinemPorsche-Hndler berredet er einen Au-toverkufer, zur MEG zu wechseln. Erwird Vorstand, seine Frau Vertriebsmit-arbeiterin, deren Vater Aufsichtsrat.

    2009 dirigiert Gker von Kassel aus be-reits 1400 Mitarbeiter quer durch die Re-

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    Makler Gker (3. v. l.), Top-Versicherungsmanager bei MEG-Fest in Melsungen 2007*: Viel Potential

  • publik und peilt einen Umsatz von 100Millionen Euro an, was nicht weiter wun-dert, wenn man wei: Mehr als 2,5 Mil -liarden Euro schtten die privaten Kran-kenversicherungen jedes Jahr fr Ver-tragsabschlsse aus.

    Sie berweisen Gker fr einen neu-gewonnenen Kunden im Schnitt 14,4 Mo-natsbeitrge, manche Firmen sogar weitmehr. Fr die Vermittlung eines Versi-cherten mit einem Beitrag von 500 bis600 Euro pro Monat kann er locker 8000Euro Provision kassieren. Die gesetzli-chen Krankenkassen drfen nach einerVorschrift der Aufsichtsbehrden nur76,65 Euro fr ein neues Mitglied zahlen.

    Gker verhandelt jedes Jahr neu mitden Konzernen, verspricht ihnen Tausen-de neuer Abschlsse und schraubt aufdiese Weise seine Belohnung in die Hhe.Die Konzerne wiederum sind zufriedenber die Masse an Neukunden.

    Michael Albert, damals Vorstand derAllianz Krankenversicherung, erklrt2008 im Interview mit der MEG-Mitar-beiterzeitung: Die Allianz hat erkannt,dass Konzept und Strategie der MEG AGviel Potential bieten und klar zukunfts-orientiert sind. Heute redet die Allianznicht mehr so gern ber ihre damals ge-feierte Premium-Partnerschaft. EineSprecherin rumt nur ein: Ja, man habehohe Vorschsse gezahlt, aber das sei inder Branche blich.

    Enormes Talent zeigt Gker auch beimVerpulvern des Geldes. Berchtigt sindseine Incentive-Reisen fr verdiente Mit-arbeiter. So wohnen die MEG-Makler inNew York selbstverstndlich im Waldorf-Astoria-Hotel. In Las Vegas quartierensie sich im Hotel Bellagio ein und speisenunter Bildern von Picasso.

    Mal geht es nach Jamaika, mal auf dieMalediven, wo Gker zusammen mit Ale-xander Brutigam die 150 Quadratmeter

    groe Water Villa mit direktem Zugangzur Lagune belegt. Brutigam ist ein Pa-radebeispiel fr eine MEG-Karriere. ImJahr 2003 arbeitet er noch in einem Call-center, dann trifft er seinen alten Schul-kameraden Gker in einer Dner-Budein Kassel. Im Oktober unterschreibt erbei der MEG, im Jahr darauf bestellt erseinen ersten Porsche.

    Doch Brutigam will mehr: Ein Jahrspter leistet er sich einen weien Ferrariund zahlt dafr eine Leasing-Rate von5000 Euro pro Monat. Brutigam sagt vonsich, er sei der beste Vertriebler gewesen.Wir hatten einen eigenen Helikopter unddie coolste Ferrari-Flotte, die es jemals ineinem Unternehmen in Deutschland gab.

    Legendr sind unter den MEG-Verku-fern jene Momente, in denen Gker auseinem Lieblingsbuch vorliest, Power Die 48 Gesetze der Macht des US-Schriftstellers Robert Greene. Dort findensich Ratschlge wie: Mache um jedenPreis auf dich aufmerksam oder: Insze-niere packende Schauspiele.

    Im Mrz 2009 lsst Gker den SngerPaul Potts einfliegen, um in der StadthalleKassel die besten MEG-Verkufer zu k-ren. Unter den 1200 Gsten sitzen auchdie Honoratioren der Allianz und AxaKrankenversicherung und lauschen demAve Maria des Tenors.

    Nachdem Gkers groer Bruder imGeiste, der AWD-Grnder und Finanz-optimierer Carsten Maschmeyer, BillClinton, Kofi Annan und Gerhard Schr-der nach Hannover holte, kontert derKasseler immerhin mit Roberto Blanco,Costa Cordalis und Jrgen Drews.

    Mit Maschmeyer trifft sich der Policen-Profi Ende 2008 mehrmals. Die beiden ha-ben einiges gemeinsam: Sie kommen auseinfachen Verhltnissen, haben Vertriebs-firmen aufgebaut und es damit zu groemReichtum gebracht. So was imponiert G-

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    MEG-Zentrale in Kassel: Inszeniere packende Schauspiele

  • ker, der die Fotos seiner drei grten Vor-bilder im Bro aufhngt: seines VatersAsim, des britischen Multimilliardrs Ri-chard Branson und Mahatma Gandhis.

    Fr Gesprchsstoff sorgt in Kasselauch, dass Gker sich als Leibwchterden Thai-Box-Weltmeister im Super-schwergewicht, Marinko Neimarevic, zu-legt. Die grte Gefahr fr den Chef sindaber nicht irgendwelche Konkurrenten,sondern seine eigenen Bilanzen.

    Denn die vierstelligen Provisionen er-hlt die MEG sofort von den Versiche-rungen. Behalten darf sie das Geld abererst, wenn der neue Kunde durchschnitt-lich 15 Monate lang brav seine Beitrgezahlt. Springt er vorher ab, muss dieMEG einen Teil des Geldes zurckzahlen.

    Das wird allmhlich zum Problem,denn ausreichende Rcklagen bildet dieMEG fr solche Flle nicht. Umso hekti-scher muss der Chef neue Kundschaft ge-winnen, als die Rckforderungen derKonzerne wachsen, was wiederum dazufhrt, dass Gker auch Klienten akzep-tiert, die sich eine Privatversicherung ei-gentlich nicht leisten knnen.

    Gker treibt seine Leute noch schrferan. Jeden Tag lsst er sich die Zahlen pr-sentieren. Der 23. April 2008 fllt beson-ders dster aus. In einer E-Mail tobt derBoss: Diese Leistung heute ist ein Schlagin mein Gesicht!!! Bei diesem Umsatz

    Wirtschaft

    muss ich mir berlegen, ob ich berhauptdie Garantien bezahle!!! Es gilt nicht nurwie bld Leute einzustellen, sondern sichum die aktuellen zu kmmern. Cottbusist eine einzige Bruchbude. Da pisse ichmehr als ihr. Versager und Flaschen!!! Icharbeite hier nur mit Versagern!!!

    Seine Botschaften haut Gker grund-stzlich in Grobuchstaben in die Tastatur,das Ganze wird dann gefettet und jederwichtige Satz mit mindestens drei Ausru-fezeichen versehen. Wenige Wochen sp-ter, am 13. Juni, klingt er weniger aggres-siv, dafr von deutlich mehr Pathos durch-drungen: Ich gebe euch Mglichkeiten,ein Leben zu fhren von dem viele nichtgetrumt htten, nutzt es mit Herz undVerstand. Ich zerreie mich weiter jedenTag fr diese Firma, bis zum Tod!!! Aberich werde nicht sterben, denn ich bin dafrbereit, ich bin krank, positiv krank.

    Sechs Wochen danach herrscht er seineMitarbeiter wieder per E-Mail an: Geldkann hier jeder ausreichend verdienen,aber nicht meine Anerkennung!!! Das Le-ben ist ein Kampf. Stolz, Ruhm und Ehresind mehr als nur Worte, es gilt, sie zufinden, zu besttigen und spter an an-dere weiterzugeben. Ich nehme denKampf an, jeden Tag!!! Also sei laut,schreie, Umsatz verndert dein Leben,Umsatz verbessert dein Leben, lass Um-satz zu deiner Sucht werden.

    Zu diesem Zeitpunkt ist die Firmaselbst bereits ein ziemlich pathologischerFall: Whrend mehrere Vorstnde imStreit die MEG verlassen, werden die Er-gebenheitsadressen der Gker-Fans im-mer bizarrer. Am 1. August schreibt derMitarbeiter T. K. an den Chef: Es ist mirimmer wieder eine Ehre, dich zu sehen,deine Energie zu spren, auch wenn esnur sehr kurz ist. Ich will, wie im Buch

    * Auf einer MEG-Betriebsfeier mit Costa Cordalis (hin-ten r.) und dessen Sohn (hinten l.) in Kassel um 2008.

    Vertriebsspezialist Gker (vorn l.)*: Fr diese

  • Wahnsinnskarriere steht, im Zentrum derMacht sein und das ist bei dir, denn nurdu hast die Macht in dieser Firma, nurdu bist das Gesetz Ich opfere dir dafrmein Leben, Mehmet. Unsere Firma wirdin unerreichbare Dimensionen eindrin-gen und nur wir knnen diese Welt er-schaffen. Dein dich verehrender Ange-stellter T. K.

    Andere formulieren es ein wenig nch-terner, etwa Wiltrud Pekarek vom Vor-stand der Halleschen Krankenversiche-rung: Er war verkuferisch versiert und

    zeigte ein selbstbewusstes Auftreten.Davon ist womglich auch Guido Wes-terwelle angetan, als er sich am 18. Au-gust 2009 mit Gker trifft. Der MEG-Cheflsst den FDP-Chef mit einem Hub-schrauber an den Firmensitz nach Kasselbringen und speist mit ihm im RestaurantPfeffermhle. Es gibt Weinbergschneckenund Rinderfilet. Westerwelle hofft aufeine Wahlkampfspende der MEG. Dochdazu kommt es nicht mehr. Zwei Monatenach dem Dinner ist die Firma pleite.

    Die Glubiger fordern mittlerweilemehr als 55 Millionen Euro vom Insol-venzverwalter. Darunter sind auch groeForderungen wie die der Axa Kranken-versicherung, die Vorschsse und Provi-sionen im Wert von 10,9 Millionen Euroabschreiben muss.

    Irgendwelche Lehren mag der Konzernaus der Zusammenarbeit mit der MEGindes nicht ziehen. Die hohen Provisio-nen seien in der Branche blich, sagtAxa-Sprecher Ingo Koch. Wie die Bera-ter zu ihrem Geld kommen und was siedamit machen, interessiert uns nicht.Und die anderen Branchenriesen httendoch ebenso mit Gker kooperiert.

    Die Staatsanwaltschaft ermittelt heutegegen Gker und zwei MEG-Vorstndewegen Untreue und Insolvenzverschlep-pung. Sie verdchtigt den Chef, drei Mil-lionen Euro als Privatdarlehen aus der

    Firma entnommen zu haben. Gkers An-walt Michael Nagel rumt ein, dass es einsolches Privatdarlehen gab, das bis Ende2012 zurckgezahlt werden sollte.

    Am Freitag vorvergangener Woche liedie Staatsanwaltschaft Kassel zudem 18Bros von Versicherungsmaklern in ganzDeutschland durchsuchen. Der Verdacht:Gker vermittelt seit Dezember 2009 mitHilfe der alten Datenstze schon wiederKrankenversicherungen, reicht die Ver-trge aber nicht selbst bei den Konzernenein, sondern bedient sich Helfern, die diePrmien kassieren und an ihn weiterlei-ten. Gkers Anwalt will dazu im Detailnichts sagen, gibt aber zu bedenken, dasssein Mandant nicht der Einzige war, derZugang zu diesen Datenstzen hatte.

    Der MEG-Chef selbst hlt sich heutemeist in der Trkei auf. Einmal erschiener kurz zu einem Gerichtstermin in Kas-sel, wo er wegen Bedrohung und Belei-digung zu einer erstaunlich niedrigenGeldstrafe verurteilt wurde. Dem Gerichthatte er weisgemacht, von 1500 Euro imMonat zu leben. Sein angeblich geringesEinkommen hlt ihn aber nicht davon ab,auch heute noch in den feinsten Hotelsund Restaurants abzusteigen.

    Er hat seine 48 Gesetze der Machtwohl verinnerlicht. Eines davon lautet:Spiele den Deppen, um Deppen zuberlisten. MARKUS GRILL

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    Firma, bis zum Tod!!!

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    LINKLISTE Filmemacher Klaus Stern ber VERSICHERUNGSVERTRETERHessisch Niederschsische Alllgemeine, 07.11.11.http://www.hna.de/nachrichten/stadt-kassel/kassel/filmemacher-klaus-stern-ueberden-goeker-filmversicherungsvertreter-1479901.html

    Gker im InterviewKassel, 20.11.2011: Mehmet Gker schaute sich am Sonntag im Groen Bali in Kassel den Film ber sich selbst an. Danach stand er dem Kino-Publikum Rede und Antwort. Im Film Versicherungsvertreter erzhlt der Kasseler Filmemacher Klaus Stern die ungewhnliche Karriere von Gker, den Ex-MEG-Chef.http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=rkHG15R4CTo

    Beitrag Hauptsache Kultur (HR)http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=56469&key=standard_document_43089370&mediakey=fs%2Fhauptsachekultur%2F20111111_hk_dokfest&type=v

    Kritik auf kinozeit.dehttp://www.kino-zeit.de/filme/versicherungsvertreter

    Klaus Sterns Gker-Film: Eindrucksvolle Premiere ohne HauptdarstellerHessisch-Niederschsische Allgemeine, 20.10.2011http://www.hna.de/nachrichten/stadt-kassel/kassel/sterns-film-versicherungsvertre-ter-ohne-goekeruraufgefuehrt-1454063.html

    Nur du bist das Gesetzber Mehmet Gker, Spiegel, 22.11.2010 von Markus Grillhttp://www.spiegel.de/spiegel/print/d-75261474.html