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1 | MAGAZIN FÜR VOGELBEOBACHTUNG NEWSLETTER SEPTEMBER 2014 VOGELMAUSER UND SOMMERBEOBACHTUNGEN NEWSLETTER SEPTEMBER 2014 Ein kostenloser Leser-Service für unsere Vögel-Leser und solche, die es noch werden wollen. Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen, die Brutzeit ist mehr oder weniger vorbei und die nächsten Monate wird das Thema Vogelzug wieder im Mittelpunkt des Interesses vieler Feldornithologen stehen. Vogelmauser und Sommerbeobachtungen Magazin für Vogelbeobachtung www.voegel-magazin.de MEHR ALS NUR VÖGEL Rückblick So viele spannende Beobachtun- gen von Seltenheiten und Kuri- ositäten wie im späten Frühjahr waren über die Sommermonate erwartungsgemäß nicht gemeldet worden. Gleichwohl waren die letz- ten Wochen nicht gerade arm an Ereignissen. Eins vorweg, der im letzten Newsletter kurz vorgestellte Schwarzbrauenalbatros kehrte nicht noch mal zurück nach Helgoland, dafür wurde er noch ein Mal in Nord- dänemark beobachtet. Die Hoffnun- gen, dass er wie schon zuvor nach Dänemark unmittelbar erneut Hel- goland anfliegen würde, haben sich nicht erfüllt. Demgegenüber setzte sich der Rekordeinflug des Busch- rohrsängers, ebenfalls ein Thema in der letzten Ausgabe, noch ein wenig fort. Bemerkenswert war in dem Zusammenhang eine Beobachtung im bayerischen Gundelfinger Moos, denn somit wurde auch erstaunlich weit im Süden diese nordöstliche Art angetroffen. Außerdem war es ganz spannend zu erfahren, dass auch in unseren westlichen Nachbarländern ungewöhnlich viele Buschrohrsän- ger nachgewiesen worden, selbst in Frankreich gab es einen Nachweis. Reiherpotpourri in Bayern Für Reiherfreunde war Anfang Juli das bayerische Sophienried „the place to be“. Hier konnten nämlich zeitgleich sechs Arten dieser Schreit- vögel beobachtet werden. Neben Graureihern gab es Silber-, Seiden-, Purpur- und Nachtreiher zu sehen und sozusagen als i - Tüpfelchen ei- nen Rallenreiher. Und das am Rande des bereits erwähnten Gundelfinger Mooses liegende Naturschutzgebiet hatte noch mehr zu bieten. Ab dem 13. Juli hielt sich hier nämlich eine Brachschwalbe für ein paar Tage auf. Die Bestimmung der Art war aller- dings zunächst unklar. Als dann aber im Laufe der Zeit immer aussage- kräftigere Fotos von dem Vogel ange- fertigt werden konnten, stellte er sich als Schwarzflügel-Brachschwalbe heraus. Diese südosteuropäische Art verfliegt sich nur ganz selten bis Manche Altvögel verlieren auf einen Schlag alle Flugfedern und sind dann für eine kurze Zeit flugunfähig, so wie die- ses Teichhuhn. STEFAN PFÜTZKE

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VOGELMAUSER UND SOMMERBEOBACHTUNGEN NEWSLETTER SEPTEMBER 2014Ein kostenloser Leser-Service

für unsere Vögel-Leser und solche,

die es noch werden wollen.

Der Sommer neigt sich dem

Ende entgegen, die Brutzeit

ist mehr oder weniger vorbei

und die nächsten Monate wird

das Thema Vogelzug wieder

im Mittelpunkt des Interesses

vieler Feldornithologen stehen.

Vogelmauser und Sommerbeobachtungen

Magazin für Vogelbeobachtungwww.voegel-magazin.de

MEHR ALS NUR VÖGEL

RückblickSo viele spannende Beobachtun-gen von Seltenheiten und Kuri-ositäten wie im späten Frühjahr waren über die Sommermonate erwartungsgemäß nicht gemeldet worden. Gleichwohl waren die letz-ten Wochen nicht gerade arm an Ereignissen. Eins vorweg, der im

letzten Newsletter kurz vorgestellte Schwarzbrauenalbatros kehrte nicht noch mal zurück nach Helgoland, dafür wurde er noch ein Mal in Nord-dänemark beobachtet. Die Hoffnun-gen, dass er wie schon zuvor nach Dänemark unmittelbar erneut Hel-goland anfliegen würde, haben sich nicht erfüllt. Demgegenüber setzte sich der Rekordeinflug des Busch-rohrsängers, ebenfalls ein Thema in der letzten Ausgabe, noch ein wenig fort. Bemerkenswert war in dem Zusammenhang eine Beobachtung im bayerischen Gundelfinger Moos, denn somit wurde auch erstaunlich weit im Süden diese nordöstliche Art angetroffen. Außerdem war es ganz spannend zu erfahren, dass auch in unseren westlichen Nachbarländern ungewöhnlich viele Buschrohrsän-ger nachgewiesen worden, selbst in Frankreich gab es einen Nachweis.

Reiherpotpourri in BayernFür Reiherfreunde war Anfang Juli das bayerische Sophienried „the place to be“. Hier konnten nämlich zeitgleich sechs Arten dieser Schreit-vögel beobachtet werden. Neben Graureihern gab es Silber-, Seiden-, Purpur- und Nachtreiher zu sehen und sozusagen als i - Tüpfelchen ei-nen Rallenreiher. Und das am Rande des bereits erwähnten Gundelfinger Mooses liegende Naturschutzgebiet hatte noch mehr zu bieten. Ab dem 13. Juli hielt sich hier nämlich eine Brachschwalbe für ein paar Tage auf. Die Bestimmung der Art war aller-dings zunächst unklar. Als dann aber im Laufe der Zeit immer aussage-kräftigere Fotos von dem Vogel ange-fertigt werden konnten, stellte er sich als Schwarzflügel-Brachschwalbe heraus. Diese südosteuropäische Art verfliegt sich nur ganz selten bis

Manche Altvögel verlieren auf einen Schlag alle Flugfedern und sind dann für eine kurze Zeit flugunfähig, so wie die-ses Teichhuhn. STEFAN PFÜTZKE

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nach Mitteleuropa, dieses Jahr gab es allerdings ein paar mehr Nach-weise, unter anderem ein Vogel bei Meldorf.

Etwa zur selben Zeit als die Schwarzflügel-Brachschwalbe im Süden der Republik für erstaun-te bis zeitweise ratlose Gesichter sorgte, gab es auch an der schles-wig-holsteinischen Nordseeküste einen etwas kniffeligen Fall was die Bestimmung betraf. Wie annähernd jedes Jahr tauchte dort ein Pazi-fischer Goldregenpfeifer auf. Ein zweiter ähnlicher Vogel in der Nähe sorgte hingegen jedoch kurzfristig für Unklarheit. Sollte es ein weiterer Pazifischer sein? Nein, dank guter Fotos konnte auch hier recht schnell eine gesicherte Artbestimmung vorgenommen werden. Der zweite Vogel war ein Amerikanischer Gold-regenpfeifer. Falls Sie ein Bestim-mungsbuch zur Hand haben, in dem beide Arten vorgestellt werden, ver-gleichen Sie mal. Die Unterschiede sind wirklich gering - gerade wenn die Vögel, so wie in diesem Fall, sich nicht mehr im vollen Prachtkleid befinden.

Während der beiden zurücklie-genden Sommermonate wurden noch einige weitere ungewöhnlich Beobachtungen gemeldet. Hervor-

zuheben ist beispielsweise eine Zü-gelseeschwalbe auf Norderoog, ein wochenlang singender Cistensän-ger im baden-württembergischen Eriskircher Ried und an mehreren Orten Steppenweihen, die sich oftmals über mehrere Tage oder sogar Woche in dem einmal gewähl-tem Gebiet aufhielten. Wie in den Vorjahren ist es ab Mitte August zu einem Einflug von Mornellregen-pfeifern gekommen, die sich wieder bevorzugt auf abgeernteten Äckern aufhielten.

Am Jadebusen wurde ein Jungfernkranich gesichtet, der vorher schon über der Hallig Hooge bemerkt wurde und sogar schon in Norwegen rastete. Möglicherweise war derselbe Vogel vorher auch schon in Schweden beobachtet wor-den. Dies zeigt, wie hoch die Dichte an Vogelbeobachtern in Teilen Euro-pas heutzutage ist. Der Zugweg des im letzten Herbst in Mecklenburg-Vorpommern rastenden Kanadakra-nichs konnte auch anhand diverser vorhergehender Beobachtungen zumindest für manche Zeitab-schnitte gut nachvollzogen werden. Hilfreich sind in solchen Fällen natürlich immer Fotos. Selbst wenn sie von nicht so guter Qualität sind, können Sie doch helfen Individu-

almerkmale nachzuvollziehen und die Beobachtungen im optimalen Falle einem bestimmten Individuum zuzuordnen. So war auch nachvoll-ziehbar, dass der Kanadakranich aus Mecklenburg-Vorpommern vom letzten Herbst in Spanien überwin-tert hatte.

Zwergrallenbrut in NorddeutschlandIn einem Feuchtgebiet bei Bremen konnten Mitte Juni zwei männliche Zwergsumpfhühner verhört werden. Da das Naturschutzgebiet speziell für Feuchtwiesenbewohner gema-nagt wird und die Vögel dort aus einem sehr nassen Polder riefen, bestand theoretisch sogar die Chance auf Brutvorkommen. Zwerg-sumpfhühner brauchen nämlich für die Aufzucht ihrer Jungen mög-lichst nasse Wiesen. Viele Ansied-lungen bei uns sind daher oft nur von kurzer Dauer, da die Rallen bei zunehmender Trockenheit abwan-dern. In dem Gebiet wird das Wasser aber durch Einstauungen möglichst lange auf den Flächen gehalten. Nie-derschlagsreiche Phasen Ende Juni taten ihr Übriges, damit die guten Bedingungen erhielten blieben und der Polder nicht austrocknete. Diese günstigen Umstände ließen also hoffen, dass es in dem Gebiet zu einer erfolgreichen Brut gekommen sein könnte. Bruten des Zwerg-sumpfhuhns finden in Deutschland nur selten und unregelmäßig statt. An zwei Terminen Ende Juli und An-fang August wurden in dem Bremer Gebiet mit sogenannten Prielfallen Fangversuche unternommen, um herauszufinden, ob wirklich Bruten stattgefunden haben. Und tat-sächlich, an beiden Tagen konnten junge Zwergsumpfhühner festge-stellt werden. Zudem stellte sich heraus, dass es zwei Familien im Gebiet gibt, denn die Jungen waren unterschiedlich alt. Somit hatten beide Mitte Juni rufende Männchen Partnerinnen in den Polder locken können und beide Paare hatten Bruterfolg. Nebenbei, sozusagen als Beifang, konnten noch mehre-re junge Tüpfelsumpfhühner und Wasserrallen, die fast alle noch nicht flugfähig waren, gefangen werden. Ein weiteres Fangergebnis war der Nachweis mehrerer eben-falls flugunfähiger vermauserter Altvögel im Polder. Rallen gehören zu den Vögeln, die nach der Brutzeit

Ein junges Zwergsumpfhuhn aus einem Brutvorkommen bei Bremen. STEFAN PFÜTZKE

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AKTUELLE VÖGEL- AUSGABE

auf einen Schlag alle Flugfedern verlieren um diese dann durch neue zu ersetzen. Für die Langstrecken-zieher ist es von großem Vorteil mit neuen Federn den weiten Flug in die Winterquartiere anzutreten. Über die zirka drei Wochen andauernde Mauserzeit sind die Vögel dann allerdings komplett flugunfähig. Es ist nicht überraschend, dass sie in der Zeit sehr versteckt leben und äußerst scheu und vorsichtig sind. Denn in diesem Zustand sind sie natürlich eine leichte Beute für ihre Fressfeinde.

Nebenbei konnte mit dem Wissen um die hohe Zahl an flug-unfähigen Rallen in dem Bremer Naturschuztgebiet verhindert werden dass die Flächen gemäht werden. Die Mahd wurde um meh-rere Wochen verschoben, so dass sowohl die alten als auch die jungen Zwergsumpfhühner und Tüpfelral-len beste Chancen haben, bald ihren Flug in die Winterquartiere antreten zu können.

MauserzeitViele Altvögel mausern übrigens nach der Brutzeit. Dabei gibt es aber nur wenige Arten, die dabei gleich ihre Flugfähigkeit vorüberge-hend verlieren. Neben den Rallen, wie beispielsweise auch den auf Stadtgewässern lebenden Teich-hühnern, gehören auch die Enten und die Lummen zu dieser Gruppe. Die meisten Vögel erneuern ihr Federkleid hingegen schubweise. Achten Sie beispielsweise mal auf die Altvögel der Amseln. Diese se-hen jetzt oft sehr scheckig aus. Sie haben noch viele alte Federn, die deutlich verschlissener und ausge-

blichener sind, als die bereits neu nachgewachsenen. Die Vögel haben jetzt oft sogar ein dermaßen dünnes Federkleid, dass sie fast gerupft und krank aussehen.

Aber jetzt ist für sie die beste Zeit des Jahres, einen Großteil ihres Gefieders zu erneuern. Sie müssen sich nicht mehr um ihren Nachwuchs kümmern, Nahrung, beispielsweise in Form von Obst und Beeren, aber auch Insekten ist in ausreichender Menge vorhanden und es ist noch warm, so dass die Ansprüche an die Isolierfähigkeit

des Gefieders nicht besonders hoch sind. Rechtzeitig zum Winter oder zur Zugzeit habe viele Vogelarten ihre Mauser zumindest soweit abge-schlossen, dass das Federkleid den dann höheren Ansprüchen genügt. So kann beispielsweise der herbstli-che Vogelzug so richtig beginnen.

Dieses Ereignis steht nun an und so werden in den nächsten Wochen wieder viele schöne Beob-achtungen möglich sein und sicher auch der eine oder andere Irrgast auftauchen.

STEFAN PFÜTZKE – WWW.GREEN-LENS.DE

Diese adulte männliche Amsel befindet sich gerade in der Mauser und hat ein typisches, mit alten und neuen Federn durchsetztes, Gefieder. STEFAN PFÜTZKE