Volksmusik und Volkslied im Chiemgau

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Trachtenverein und Musikanten Als sich die ersten Trachtenvereine gründeten, waren Musikanten wichtige Stützen des Ver- eins, denn „a Musi” brauchte man ja zu den Plattler-, Drah- oder Tanzproben und in geselli- ger Runde. Zu Hochzeiten, Prozessionen oder anderen privaten und kirchlichen Festlichkei- ten, bei Standkonzerten, Trachtenfesten und Trachtenumzügen ist die Blaskapelle in ihrer stärksten Besetzung gefragt. Tanzbesetzungen, also die kleinere Besetzung der großen Blaska- pelle, spielten oder spielen meist bei öffentli- chen Anlässen wie Heimatabenden, Almtänzen, Preisplatteln, Trachtenbällen, Trachtenhochzei- ten oder Beerdigungen auf. Oft aber musste man mit noch weniger Musikanten auskom- men, so war es nicht selten, dass Mundharmo- Volksmusik und Volkslied im Chiemgau von Gaumusikwart für Volksmusik Miche Huber, Rottau Neben dem Bekenntnis zum christlichen Glau- ben, der Trachtenpflege und -weiterentwick- lung, dem Tanz, dem Schuhplattln, dem Laien- spiel und der Mundart sind die Volksmusik und das Volkslied wichtiger und fester Bestand der Brauchtumsarbeit bei den Trachtenvereinen des Chiemgau-Alpenverbandes. Musik und Gesang begleitet uns in allen Lebenslagen. Um Freud oder Leid musikalisch auszudrücken, musste man früher selber zum Instrument greifen oder selbst singen. Lieder und Musikstücke wurden von Generati- on zu Generation weitergegeben, dabei ent- wickelte sich in den Alpenländern eine ähnli- che, aber von Region zu Region eigenständige Musizier- und Singweise. An der “Raß”, also wie man sang oder musizierte, aber auch an der Mundart und am “Gwand” konnte man er- kennen, woher jemand kam. So entstand et- was Einzigarti- ges, eine aus den Wurzeln der Heimat ge- wachsene Iden- tität. Blaskapelle Übersee, 1960 Schlechinger Sänger, 1993 Marquartsteiner Gruppe mit Bandoneon, 1912 Brandstetter-Duo aus Unterwössen, 1991 152

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Trachtenverein und Musikanten

Als sich die ersten Trachtenvereine gründeten,waren Musikanten wichtige Stützen des Ver-eins, denn „a Musi” brauchte man ja zu denPlattler-, Drah- oder Tanzproben und in geselli-ger Runde. Zu Hochzeiten, Prozessionen oderanderen privaten und kirchlichen Festlichkei-ten, bei Standkonzerten, Trachtenfesten undTrachtenumzügen ist die Blaskapelle in ihrer

stärksten Besetzung gefragt. Tanzbesetzungen,also die kleinere Besetzung der großen Blaska-pelle, spielten oder spielen meist bei öffentli-chen Anlässen wie Heimatabenden, Almtänzen,Preisplatteln, Trachtenbällen, Trachtenhochzei-ten oder Beerdigungen auf. Oft aber mussteman mit noch weniger Musikanten auskom-men, so war es nicht selten, dass Mundharmo-

Volksmusik und Volkslied im Chiemgauvon Gaumusikwart für Volksmusik Miche Huber, Rottau

Neben dem Bekenntnis zum christlichen Glau-ben, der Trachtenpflege und -weiterentwick-lung, dem Tanz, dem Schuhplattln, dem Laien-spiel und der Mundart sind die Volksmusik unddas Volkslied wichtiger und fester Bestand derBrauchtumsarbeit bei den Trachtenvereinen desChiemgau-Alpenverbandes. Musik und Gesangbegleitet uns in allen Lebenslagen. Um Freudoder Leid musikalisch auszudrücken, mussteman früher selber zum Instrument greifen oderselbst singen.

Lieder und Musikstücke wurden von Generati-on zu Generation weitergegeben, dabei ent-wickelte sich in den Alpenländern eine ähnli-che, aber von Region zu Region eigenständigeMusizier- und Singweise. An der “Raß”, alsowie man sang oder musizierte, aber auch an der

Mundart undam “Gwand”konnte man er-kennen, woherjemand kam.So entstand et-was Einzigarti-ges, eine ausden Wurzelnder Heimat ge-wachsene Iden-tität.

Blaskapelle Übersee, 1960

Schlechinger Sänger, 1993

Marquartsteiner Gruppe mit Bandoneon, 1912

Brandstetter-Duoaus Unterwössen,1991

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nika-, Harmonika-, Bandoneon-, Akkordeon-spieler, Geiger oder andere Solisten für die ver-schiedensten Anlässe „herhalten” mussten. Mitder Wiederbelebung des Volkstanzes durch Ge-org von Kaufmann in den sechziger Jahren desvorigen Jahrhunderts entwickelten sich die er-sten Tanzlmusibesetzungen, also Gruppen mitmeist vier bis sechs Musikanten. Musikantenbrauchen Möglichkeiten zum Musizieren. Vielejunge Musikanten und Musikantinnen sind inden Trachtenvereinen, deshalb ist es wichtig, sieins Vereinsleben einzubinden.

Almtänze und Heimatabende, Jahrzehnte langbeliebt bei Einheimischen und Urlaubsgästen,haben ihre Anziehungskraft verloren, dafür ha-ben sich andere Veranstaltungen bewährt. Sowagte 1991 der Unterwössener Trachtenvereinbei seinem 100-jährigen Fest einen Volksmusik-abend im Festzelt abzuhalten. Der Mut hat sichausgezahlt, die Veranstaltung wurde ein großerErfolg. Seit dieser Zeit ist der Volksmusikabendein fester Bestandteil der Gaufestwoche. Einweiteres Beispiel positiver Erneuerung ist, dieFestzeltbar durch Musikanten zu beleben (erst-mals beim Gaufest 2000 in Rottau). Musikantenbegeistern durch authentisches Musizieren, wo-bei Jung und Alt diese gesellige, angenehme At-

mosphäre für einen „Ratsch“ nützen. Im Dorf-sowie auch im Vereinsleben sind längst nochnicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um Mu-sikanten einzubinden. Die gegenwärtige Situa-tion erfordert Ideen, Mut, aber auch Risikobe-reitschaft, um neue Wege zu gehen. Volksmusi-kanten sind Kulturträger und ein wichtiger Be-standteil der gesamten Brauchtumsarbeit.

Die Ausbildung

Zum „Hoagarten geh“ war eine beliebte Ab-wechslung im oft beschwerlichen Alltag, dabeiwurde viel gesungen. So vererbten sich Liedervon einer Generation zur nächsten. Es wurden

neue Texte zum Zeitgeschehen verfasst und ak-tualisiert. Wer ein Instrument spielen konnte,war in geselliger Runde gefragt.

Für Stimmung und Unterhaltung war manselbst verantwortlich, dabei reichten oft einfa-che Grundkenntnisse aus. Mit Rundfunküber-tragungen von Preissingen und anderen Volks-musiksendungen stiegen die Qualitätsansprü-che. Das Singen oder Musizieren in der Familie

Die Schuaster-Buam aus Rottau, 1965

Mühlbachmusi aus Prien, 1991

Berger Dirndln aus Bernau, 1999

Damberga Zwoagsang aus der Feldwies, 1999

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und im Wirtshaus wurde immer weniger. Büh-nenveranstaltungen entstanden. Für solche Ver-anstaltungen brauchte man gute Gruppen, dieim Laufe der Zeit Vorbildfunktionen einnah-men. Mit steigendem Wohlstand war es jetztkein Problem mehr, sich ein Instrument zu kau-fen. Zeitgleich entstanden Musikschulen, diesich der musikalischen Ausbildung annahmen, wobei hier im Chiemgau die Volksmusik sichereinen immer höher werdenden Stellenwert ein-nimmt.

Die traditionelle Volksmusik an den Musikschulen

Von 30 316 Schülerinnen und Schülern, die in denbayerischen Musikschulen in einem Ensemble spie-len, geben 1 022 (also 3,4%) an, in einer Volksmu-sikgruppe zu spielen. Die Situation an den Musik-schulen in unserem Gaugebiet sieht erfreulicherwei-se anders aus: An den Musikschulen Grassau mitRottau, Marquartstein und Reit im Winkl, Prien,Schleching und Unterwössen erlernen viele jungeMenschen ein Musikinstrument. Auf Initiative undmit Unterstützung der Musikschulen und darüberhinaus entstehen dadurch eine hohe Zahl an Volks-musikgruppen, welche das Vereinsleben und diedörfliche Kultur bereichern. Die Palette der verschie-denen Besetzungen reicht von Saitenmusi, Ziachmu-si, Tanzlmusi und Weisenbläser bis hin zu kleinerenBlasmusikbesetzungen. Durch Chöre und Singen in

Kleingruppen wird an den Musikschulen versucht,den Volksgesang zu fördern. Die erfreulich hoheNachfrage nach traditioneller Volksmusik an unse-ren Musikschulen hat wohl viele Gründe: DerChiemgau kann auf eine lange volksmusikalischeTradition aufbauen, die Persönlichkeiten wie Wastl

Fanderl, Georg von Kauf-mann und Pfarrer FranzNiegel in unserer Heimatmaßgeblich beeinflusst ha-ben. Der große Wert dervolksmusikalischen Über-lieferung für die kulturelleIdentität unser Heimat istTeilen der Bevölkerung be-wusst und wirkt sich posi-tiv auf die Arbeit der Mu-sikschulen aus. Glückli-cherweise waren und sind

volksmusikalische Vorbilder präsent, welche die Ju-gend immer wieder für das Singen und Musizierenbegeistert haben und begeistern. Die Saitenmusik ist sehr stark von der SalzburgerVolksmusik des Ensembles Tobias Reiser beeinflusst,

die Diatonische Harmonika hat im Chiemgau durchVorbilder wie Matthias Häusler („Häusler Hias“),Willi Schneider und Hans Auer einen enormen Auf-schwung erlebt.

Auch in der „geblasenen“ Volksmusik sind die ver-schiedensten Gruppen und Musikanten Vorbild fürneue, junge Musikgruppen. Sehr wichtig für dieEntwicklung der Volksmusik sind die LehrerInnenan den Musikschulen, die Volksmusikinstrumenteunterrichten und Volksmusik vermitteln. Dabei sinddie Absolventen der Volksmusikabteilungen desRichard-Strauss-Konservatoriums München unddes Mozarteums Salzburg Stützen der volksmusika-lischen Arbeit an den Musikschulen. Der Stellenwerttraditioneller Volksmusik an den Musikschulen istnicht überall so anerkannt und hoch wie an den Mu-sikschulen in unserer Gegend. Dies ist maßgeblichden Trägern und Leitungen der Musikschulen sowie

Wastl Fanderl

Otto Dufter junior mit der Achentaler Tanzlmusi, ca. 2000

Pfarrer Franz Niegel mit Blumenstrauß zum 65. Geburtstag vonTobi Reiser (rechts) im Jahre 1972 in Unterwössen

Georg von Kaufmann mit Ziach, Kiem Pauli mit Zither und An-nette Thoma, 1952

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den Volksmusiklehrern zu verdanken, die durch Vor-bild und Engagement die Volksmusik hochhalten. Inden Trachtenvereinen finden die jungen SängerIn-nen und MusikantInnen Unterstützung und einPublikum, welches traditioneller Volksmusik aufge-schlossen gegenüber steht. Sie übernehmen die mu-sikalische Gestaltung verschiedenster kirchlicherund weltlicher Anlässe. Bei Prozessionen, Hoagar-ten, Adventsingen, Heimatabenden und Vereinsver-anstaltungen können die SängerInnen und Musi-kantInnen mit ihrer Musik erfreuen und auch ihrer-seits Motivation für das weitere Üben und Probengewinnen. Was wäre eine Plattlerprobe ohne einenProbenmusikanten, der die örtlichen Besonderheitender Tänze und Plattler beherrscht? Musikschulenund Trachtenvereine können voneinander sehr starkprofitieren. Geeignete Veranstaltungen bereicherndas Vereinsleben und fördern gleichzeitig die Moti-vation des musikalischen Nachwuchses. Es hat wohlnoch nie so viele junge Musikanten gegeben wie heu-te. Diese Potentiale gilt es zu erkennen und Auf-trittsmöglichkeiten für junge Gruppen sowie Gele-genheiten zum gemeinsamen Singen und Musizie-ren zu schaffen.

Otto Dufter junior Musikschulleiter der Musikschule Wössen der Gemeinde Unterwössen

Der Nachwuchs und die Volksmusik

Trotz der immer größer werdenden Gefahr dermultikulturellen Vereinheitlichung finden sichgegenwärtig immer noch und immer wiederjunge heimatbewusste Sänger und Musikanten.Ja, man kann sogar feststellen, dass die Volks-musik zur Zeit einen noch nie da gewesenenAufschwung erlebt. Die Jugend entdeckt dietraditionelle Volksmusik und das Volkslied neu.Jung und Alt singen miteinander überlieferteLieder und vereinzelt entstehen sogar neue Lie-der. Leider trauen sich noch zu wenige, zeit-gemäße Lieder mit aktuellen Themen und Textenzu machen. Musiziert wird nach wie vor nach

alten Vorbildern, doch entstehen auch ständigneue Stückln und neue Besetzungen. Ein kräfti-ges Lebenszeichen des musikalischen Nach-wuchses! So lange Jung und Alt noch mit Gespürund von Herzen miteinander singen und musi-zieren, wie es unserer Eigenart entspricht, wirddies unsere Lebensqualität weiter bereichern unddas Kulturgut Volksmusik seinen festen Platz inunserer Gesellschaft behaupten.

„Wann des Singa net waar, waar de Welt wohl recht laar,

gibt dem Leb`m an Sinn, liegt de ganze Freud drinn …“

Diese Strophe eines be-kannten Volksliedes könn-te eigentlich mein vorge-gebenes Lebensmotto sein.Die Freude am Singenwurde mir vor gut 40 Jah-ren in die Wiege gelegt,denn schon meine Vorfah-ren väterlicherseits habengerne und oft gesungen.Dahoam bei da Oma, alsich noch ein kleinesDirndl war, ist der Gesang immer selbstverständlich

Rottauer Klarinettenmusi, 2001

Schlosser Dirndln aus Giebing/Hittenkirchen, 1997

Reit im Winkler Raffelemusi, 2001

Lisi Huber

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und zwanglos praktiziert worden, einfach weil`sschee war: In der Früah beim „Zopfflechten“, amSamstagabend beim Baden oder einfach zwi-schendurch, wenn der Oma a scheens Liad eingfallnist. Die abendlichen Radio-Volksmusiksendungen

waren natürlich fester Bestandteil des Alltags undoft haben wir mit den Gruppen „mitgesungen“. Indieser Zeit (ca. 1970/71) begannen auch Auftrittemit meinem Vater, Viz Brandstetter senior. Später, inder Pubertät, habe ich schon manchmal heimlich„Omas Jodelkasten“ belächelt, aber ich wurde älterund verspürte plötzlich große Lust, viele neue Liederzu lernen und in einem Dreigsang mitzusingen.Vorbilder waren natürlich die „Fischbachauer- unddie Roaner Sängerinnen“, die regelmäßig nach Wes-sen (Unterwössen) zum Erntedank- oder Advents-singen kamen. Aber auch andere gute Sängergrup-pen und nicht zu vergessen der Kirchenchor Unter-wössen weckten in mir das „guate Gspür“ für dasgeistliche Volkslied und das alpenländische Volksliedallgemein. Die Zeit mit unserem „Volksmusikpfarrer“ FranzNiegel wird mir und vielen anderen unvergesslich

bleiben! Inzwischen habe ich schon in verschiedenenDreigesängen mitgesungen und es war alles auf sei-ne Art schön und ich möchte es in meinem Lebennicht missen. Was früher wichtig war, steht heute imHintergrund. Nicht die großen Bühnenveranstal-tungen sind es, die bestimmt auch ihren Reiz haben,sondern die netten Begegnungen im kleinen Kreismachen es aus, aus denen nicht selten Freundschaf-ten für’s Leben werden oder schon geworden sind.Im Vordergrund steht die „Harmonie“ im doppeltenSinne (es muaß schee doa) und die guten zwi-schenmenschlichen Beziehungen der Sänger undMusikanten untereinander! Es is a Freid, andere fürdas Volkslied begeistern zu können, entweder als in-teressierter Zualoser oder direkt zum Mit- oder Sel-bersingen zu animieren. Wenn man viele Lieder aus-wendig kann, trägt man so etwas wie einen „persön-lichen Schatz“ in sich. Es macht einen innerlich„reich“ und das kann einem keiner nehmen! Außer-dem kann man den Alltag unter Umständen besserbewältigen, weil man von den schönen Erlebnissen„zehren“ kann. Gesundheitlich ist die Tätigkeit desSingens nicht zu unterschätzen:1. Durch die Möglichkeit, eigene Gefühle wie Freude,Trauer, Angst oder Einsamkeit auszudrücken, kön-

Unterreitfelder Dreigsang, 2004

Walchschmied Sänger, 2005

Müllerbauer Dreigsang aus Reit im Winkl, 1993

Grafn-Dirndln aus Schleching, ca. 1982

Reit im Winkler Sänger, 1958

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nen wir uns psychisch entlasten, der Gesang wirdzur echten „Lebenshilfe“.2. Durch die vermehrte Lungentätigkeit wird derOrganismus besser mit Sauerstoff versorgt. Mit großer Dankbarkeit erfüllt mich die Tatsache, dassich mein „geschenktes“ Talent nun an meine Dirndlnweitergeben darf. Wenn man selber singt, und zwardie angestammten Lieder, dann verbringt man sinn-voll seine Freizeit und leistet einen wertvollen Beitragzur Bayerischen Kultur, die wir ja alle erhalten wol-len! Lisi Huber, Siegharting bei Wildenwart

„Warum i Musi spui …

... hot mehra Gründe, aba da Hauptgrund is, dass mag’scheid vui neie Leit kenna lernt. Des kimmt daher,dass in da Volksmusi übahaupt koa Problem is ein-fach irgendwo mit zu spuin. Bei da klassischenMusik geht des ja net. Außerdem san Volksmusikan-ten einfach lustige und gmiatliche Leit und es machtSpaß a dazua zum kean. Es is a scheen’s G’fui, dassechte Volksmusik eigendlich in ganz Deutschlandbeliebt is. Wenn ma sei Instrument raushoit undspuit, san glei olle Leit begeistert und findens guat,dass ma de Tradition weiterführt.“

Susanne Moka aus Grassau (19 Jahre)

Neue Einflüsse

In den letzten Jahren haben sich vielschichtigeSzenen gebildet, die den Dialekt und die tradi-

tionelle alpenländische Volksmusik zum Inhalthaben. Traditionelle Elemente als Grundlagewerden hier nicht selten mit anderen Musik-richtungen vermischt und mit zeitkritischenTexten versehen. Nach dem Motto „Was gefälltist erlaubt!“ wird experimentiert. Ob sich hiereine neue Musikrichtung entwickelt oder neueElemente die überlieferte Volksmusik ergän-zen, wird sich zeigen. Gutes Altes ist zeitlos, obNeues gut ist, wird die Zeit zeigen. Grundsätz-lich sind neue Ansätze positiv und können be-hutsam einfließen: „... aber as Herz derf`s netkostn!“.

A bisserl Statistik

Das erste Gausingen und-musizieren im Chiem-gau-Alpenverband fandam 1. März 1964 unter derLeitung von GerhardLechner in Rottau statt. 26Sing- und Musikgruppenaus 14 Vereinen nahmendamals teil. Diese Veran-staltung findet immer imFrühjahr statt und ist bisheute fester Bestand imGaujahresprogramm. Seit1966 gibt es das Amt desersten Musikwartes im Gauausschuss. Der ersteGaumusikwart war Gerhard Lechner aus Mar-quartstein, er war auch ab 1974 Vorsitzender imSachausschuss Volksmusik bei den damaligenVereinigten Bayerischen Trachtenverbänden.

1977 löste PeterWörndl aus BernauLechner als Gaumu-sikwart ab. 1981 fanddas erste Gaujugend-singen und -musizie-ren in Rottau statt. Eswurde im Wechsel mitdem Gaujugendtag al-le zwei Jahre veran-staltet. 1991 wurde Mi-che Huber aus Rottauzum Gaumusikwartgewählt. Seit 1992wird der Hoagascht„Frisch aufgspuit undgsunga” im Winter-

halbjahr viermal abgehalten. In lockerer Formund ohne vorherige Anmeldung sind hier alle,die Freude am Singen und Musizieren haben,

Susanne Moka (rechts) mit der Buxbaam-Musi 2005

Die Grassauer Sänger 1964 beim 1. Gausingen in Rottau.

Gerhard Lechner

Peter Wörndl übergibt 1991 anMiche Huber das Amt desGaumusikwartes.

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herzlich eingeladen. 2003 ist erstmals der Be-reich Musik getrennt worden. Andreas Hilgeraus Rottau übernahm das Amt des Gaumusik-warts für Blasmusik und Miche Huber das AmtGaumusikwart für Volksmusik.

Bergwalder Tanzlmusi mit Gaumusikwart für Blasmusik And-reas Hilger (2. v. l.), ca. 2000

Ernst Schusser beim „Frisch aufgspuit und gsunga“ 1996 inAmerang.

Die Feldwieser Sänger mit Emil Vierlinger vom BayerischenRundfunk, 1964

Miteinander in die Zukunft

Viele Faktoren beeinflussen die regionale Mu-sikkultur, darum ist es wichtig, sie lebendig zuerhalten. Traditionelle Volksmusik ist nicht einverstaubtes Relikt aus vergangenen Zeiten, son-dern eine gewachsene Weiterentwicklung vonBewährtem. Sie spiegelt regionale Lebensartund Lebensfreude wieder, die es zu bewahrenund zu pflegen gilt. Konzertante Volksmusik-veranstaltungen mit Darbietungen auf der Büh-ne sind wichtig, um den Stellenwert und die Be-rechtigung der Volksmusik in der Gesellschaft

Fritz Mayr, ehemaliger Leiter der Abteilung Volksmusik vomBayerischen Rundfunk bei einer Außenproduktion in Hittenkir-chen, 1993

zu festigen. Ebenso wichtig ist es auch, dass sichdie öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstaltender Volksmusik annehmen, um ihrem verfas-sungsmäßigen Kulturauftrag gerecht zu wer-den. Volksmusikhörer sind wahrscheinlich eineMinderheit. Um einem breiteren Publikum re-gionale Volksmusik nahe zu bringen, benötigenwir aber auch den Rundfunk und das Fernse-hen. Um Kräfte zu bündeln, brauchen wir beiPflege und Weiterentwicklung Zusammenar-beit. So ist eine gute Zusammenarbeit mit demBayerischen Trachtenverband ebenso wichtigwie das Miteinander mit dem BayerischenRundfunk, dem Volksmusikarchiv des BezirkesOberbayern, dem bayerischen Landesverban-des für Heimatpflege und allen anderen Kultur-trägern im Land.

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Fischer Fleitlmusi aus Rottau, ca. 1977

Obern-Dirndln aus Bernau, ca. 1970

Höhenmooser Zwoagsang, 2001Staudacher Sängerinnen, 1991

Schindawinge-Musi, Feldwies, 2005

Bernberger Zwoagsang, 2001

Marquart Dirndln aus Marquartstein, 1993

Atzinger Stubenmusi, 2005

Musi aus Niederaschau mit dem hölzer-nen Glachter, 2005

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Geschwister Bauer aus Sachrang, 1999

Chiemgauer Raffelemusi, 1986

Hohenaschauer Musikanten, 2006

Wildenwarter Soatnmusi, 2003 Ameranger Vorstandsmusi, 2006

Gertraud Dreigsang aus Greimharting, 1996

Elisabeth Weber aus Frasdorf, 2003

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