Von Antoine Peychaud Bis Convenience Drinks (Heinz Kaiser)

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Heinz Kaiser: "Von Antoine Peychaud bis Convenient Drinks" Betrachtung der Paralellen zw. Bar und Apotheke: Im Wort Apotheke ist schon die Theke enthalten. Schon in der Bibel werden alkoholische Getränke erwähnt, wahrscheinlich wurde Alkohol von Anfang an sowohl als Rauschmittel u. zu Genusszwecken als auch als Heilmittel, und Bestandteil religiöser Zeremonien verwendet. In vielen traditionellen Kulturen ist Alkohol als reinigender Bestandteil religiöser Rituale bis heute in Verwendung und daher auch als heilwirksame Medizin, da das Wissen um die Untrennbarkeit spiritueller Reinigung und körperlicher Gesundheit in solchen Kulturen noch im Bewusstsein verankert ist. Dieses Wissen hat sich auch in Europa bis ins Mittelalter erhalten, bis dahin galt Alkohol als Allheilmittel, Aqua vitae – Lebenswasser. Erst mit der Weiterentwicklung der Wissenschaften und dem Vormarsch der Vernunft geriet die mystische Bedeutung des Alkohols zunehmend in Vergessenheit und seine Bedeutung wurde im med. Bereich auf die des Lösungsmittels, des Trägers für Wirkstoffe u. Aromen und die des Reagens reduziert und auch auf die des Suchtmittels und Giftes. Apotheker waren eigentlich die erste Mixologen im Sinne des Wortes, vor der Mitte d. 18. Jhd. war die Pharmazie keine eigene Wissenschaft, die Alchemisten arbeiteten interdisziplinär, sie mussten von allen Naturwissenschaften, vom Kochen u etwas von „Magie“ verstehen. Immer schon war das Komponieren eigener Mischungen unter Zusatz von Alkohol und wohlschmeckenden und –riechenden Geschmacks- u. Geruchskorrigentien ein wesentlicher Teil des Berufes. Auch die optische Präsentation des Apothekers wie die des Barmannes erinnern aneinander: Beide stehen an der Theke und empfangen so den Kunden, in beiden Fällen gilt das Sitzen als verpönt. Der Apotheker trägt den weißen Mantel, der Barmann, zumindest früher, und auch jetzt vermehrt wieder, die weiße Jacke, beides ein Zeichen des Berufsstandes und der Hygiene. In beiden Berufen ist Genauigkeit und Sauberkeit oberstes Gebot. Barutensilien wie Stößel, Messbecher, Reibschale, Rührglas, Messer, Barlöffel, Strainer, Sieb, Absinthlöffel, Blender, Shaker, erinnern an Apothekengeräte. In beiden Fällen vertraut der Klient seinem Gegenüber sein Wohlergehen an und in beiden Fällen geht es seltener um das leibliche Wohl als vielmehr um das Seelische, um Kommunikation, um soziale Kontakte und ums Verstandenwerden. In beiden Fällen muss man sehr genau zuhören und oft zw. den Zeilen hören, was der Kunde wirklich meint mit dem was er sagt. aus dem Barbereich kennt das jeder von uns: nicht immer meint der Gast auch süß, sauer, trocken, trocken, herb, leicht oder stark, nur weil er es sagt. Apotheker und deren Produkte mit Einfluß auf das Barwesen: 1773: dem Apotheker Thomas Henry glückt das Experiment, Wasser mit kleinen Mengen Kohlensäure anzureichern - grundlage für sodas u limonaden 1807: Karl Becher (Apotheker) erfindet in Karlovy Vary Tschechien den tonisierenden Becherovka 1830er Jahre: der Apotheker Antoine Peychaud erfindet im French Quarter von New Orleans Peychaud’s Aromatic Bitters auf Enzianbasis Coca Cola: Erfunden wurde Coca-Cola von John Stith Pemberton , als Sirup gegen. Kopfschmerzen Müdigkeit Depression (cocaextrakt, colanuß, koffein, lakritze, gewürze, geschmackskorrigentien (vanille, zimt, limetten). Der Apotheker aus Atlanta braute mit Wein, Kolanüssen, Damiana (Name v. Hl. Damian Schutzpatron d. Apotheker, aphrodisierend u tonisierend) und einem Extrakt aus den Blättern der der Cocapflanze einen Sirup als Mittel gegen Müdigkeit, Kopfschmerzen, Depressionen und Impotenz, das er Pemberton’s French Wine Coca nannte. Vorbild hierfür war der beliebte Vin Mariani, ein Mitte d..19. Jhd. v. Angelo Mariani hergestelltes Getränk aus Bordeauxwein und Cocaextrakt. Durch die Einführung der Prohibition war Pemberton gezwungen, den Wein aus dem Getränk zu nehmen, und erfand so Coca-Cola. Mit Sodawasser gemischt wurde der Sirup erstmals am 8. Mai 1886 als Getränk in Jacob’s Pharmacy in Atlanta für 5 Cent pro Glas verkauft. Er wurde damals nicht als Erfrischungsgetränk, sondern als Medizin in Apotheken und Sodabars verkauft.

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Präsentation von Heinz Kaiser, Bartender der Dino's Bar in Wien und gelernter Apotheker über die Nähe beider Professionen, gehalten auf dem BCB 2008 (www.barconvent.de).

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Heinz Kaiser: "Von Antoine Peychaud bis Convenient Drinks" Betrachtung der Paralellen zw. Bar und Apotheke: Im Wort Apotheke ist schon die Theke enthalten. Schon in der Bibel werden alkoholische Getränke erwähnt, wahrscheinlich wurde Alkohol von Anfang an sowohl als Rauschmittel u. zu Genusszwecken als auch als Heilmittel, und Bestandteil religiöser Zeremonien verwendet. In vielen traditionellen Kulturen ist Alkohol als reinigender Bestandteil religiöser Rituale bis heute in Verwendung und daher auch als heilwirksame Medizin, da das Wissen um die Untrennbarkeit spiritueller Reinigung und körperlicher Gesundheit in solchen Kulturen noch im Bewusstsein verankert ist. Dieses Wissen hat sich auch in Europa bis ins Mittelalter erhalten, bis dahin galt Alkohol als Allheilmittel, Aqua vitae – Lebenswasser. Erst mit der Weiterentwicklung der Wissenschaften und dem Vormarsch der Vernunft geriet die mystische Bedeutung des Alkohols zunehmend in Vergessenheit und seine Bedeutung wurde im med. Bereich auf die des Lösungsmittels, des Trägers für Wirkstoffe u. Aromen und die des Reagens reduziert und auch auf die des Suchtmittels und Giftes. Apotheker waren eigentlich die erste Mixologen im Sinne des Wortes, vor der Mitte d. 18. Jhd. war die Pharmazie keine eigene Wissenschaft, die Alchemisten arbeiteten interdisziplinär, sie mussten von allen Naturwissenschaften, vom Kochen u etwas von „Magie“ verstehen. Immer schon war das Komponieren eigener Mischungen unter Zusatz von Alkohol und wohlschmeckenden und –riechenden Geschmacks- u. Geruchskorrigentien ein wesentlicher Teil des Berufes. Auch die optische Präsentation des Apothekers wie die des Barmannes erinnern aneinander: Beide stehen an der Theke und empfangen so den Kunden, in beiden Fällen gilt das Sitzen als verpönt. Der Apotheker trägt den weißen Mantel, der Barmann, zumindest früher, und auch jetzt vermehrt wieder, die weiße Jacke, beides ein Zeichen des Berufsstandes und der Hygiene. In beiden Berufen ist Genauigkeit und Sauberkeit oberstes Gebot. Barutensilien wie Stößel, Messbecher, Reibschale, Rührglas, Messer, Barlöffel, Strainer, Sieb, Absinthlöffel, Blender, Shaker, erinnern an Apothekengeräte. In beiden Fällen vertraut der Klient seinem Gegenüber sein Wohlergehen an und in beiden Fällen geht es seltener um das leibliche Wohl als vielmehr um das Seelische, um Kommunikation, um soziale Kontakte und ums Verstandenwerden. In beiden Fällen muss man sehr genau zuhören und oft zw. den Zeilen hören, was der Kunde wirklich meint mit dem was er sagt. aus dem Barbereich kennt das jeder von uns: nicht immer meint der Gast auch süß, sauer, trocken, trocken, herb, leicht oder stark, nur weil er es sagt. Apotheker und deren Produkte mit Einfluß auf das Barwesen: 1773: dem Apotheker Thomas Henry glückt das Experiment, Wasser mit kleinen Mengen Kohlensäure anzureichern - grundlage für sodas u limonaden 1807: Karl Becher (Apotheker) erfindet in Karlovy Vary Tschechien den tonisierenden Becherovka 1830er Jahre: der Apotheker Antoine Peychaud erfindet im French Quarter von New Orleans Peychaud’s Aromatic Bitters auf Enzianbasis Coca Cola: Erfunden wurde Coca-Cola von John Stith Pemberton , als Sirup gegen. Kopfschmerzen Müdigkeit Depression (cocaextrakt, colanuß, koffein, lakritze, gewürze, geschmackskorrigentien (vanille, zimt, limetten). Der Apotheker aus Atlanta braute mit Wein, Kolanüssen, Damiana (Name v. Hl. Damian Schutzpatron d. Apotheker, aphrodisierend u tonisierend) und einem Extrakt aus den Blättern der der Cocapflanze einen Sirup als Mittel gegen Müdigkeit, Kopfschmerzen, Depressionen und Impotenz, das er Pemberton’s French Wine Coca nannte. Vorbild hierfür war der beliebte Vin Mariani, ein Mitte d..19. Jhd. v. Angelo Mariani hergestelltes Getränk aus Bordeauxwein und Cocaextrakt. Durch die Einführung der Prohibition war Pemberton gezwungen, den Wein aus dem Getränk zu nehmen, und erfand so Coca-Cola. Mit Sodawasser gemischt wurde der Sirup erstmals am 8. Mai 1886 als Getränk in Jacob’s Pharmacy in Atlanta für 5 Cent pro Glas verkauft. Er wurde damals nicht als Erfrischungsgetränk, sondern als Medizin in Apotheken und Sodabars verkauft.

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Colanuß: enthält haupts. Koffein u. Theobromin anregend ursrüngl. Koffeinquelle heute durch reines Koffein ersetzt. Colanuss auch verdauungsfördernd und aphrodisierend Cocaextrakt: aus Blättern d. Cocastrauchs ursprüngl. in Coke Kokain drinnen ( anregend, hustenreizlindernd, bronchienerweiternd, schmerz- u. hungerstillend). Es gibt mehrere Cocaarten nicht alle enthalten Kokain, z. Herst. v. Coke heute kokainfreie Arten verw. (Erythroxylum australe) Ginger Ale: Vernors Golden Ginger Ale: eine der ersten Marken von John Vernor Apotheker aus Detroit 7Up: in den 1920er Jahren erfunden wurde in Apotheken mit dem Namen "Bib-Label Lithiated Lemon-Lime Soda" als stimmungsstabilisierende Hangover Medizin verkauft. Das zugesetzte Lithiumcitrat wird bis heute zur Behandlung manisch-depressiver Patienten verwendet. Lithiumcitrat wurde erst 1950 aus der 7Up Rezeptur entfernt. tonic water: Die Chinarinde, die Rinde des aus den Hochwäldern der Anden stammenden Fieberbaumes und die Wirkungen des darin enthaltenen Chinins waren in Europa bereits seit Anfang d. 17. Jhd. bekannt. Chinin ist ein (im UV-Licht blau fluoreszierendes) Alkaloid, das in geeigneter Dosierung fiebersenkend wirkt und das aufgrund seiner ausgeprägten fiebersenkenden Wirkung das erste probate Mittel gegen Malaria war. Im 18. Jhd. wurden die engl. Soldaten in den indischen Kolonien m. Chinin gegen. Malaria ausgestattet u. weil die Tabl. so bitter waren und die Briten schon damals einen verwöhnten Gaumen hatten wurden sie mit chininhältigem gesüßtem Soda ausgestattet – Indian Tonic Water genau nachzulesen Mixology Aug./Sept. 08 S.72 Stephan Berg Gin: in der Apotheke nennt man ihn Spiritus Juniperi. Bereits seit Mitte d. 16. Jhd. zu med. Zwecken in Apotheken hergestellt. Auch alle anderen gebräuchlichen Botanicals verdauungsfördernd u beruhigend auf MD Trakt: Koriander, Zimt Kümmel Anis Fenchel Muskat Cassiarinde Angelikawurzel Iriswurzel Süßholz Ingwer, Lavendel Zitrone Bitterorange, Limette Wacholderbeeren: die von der Zypressenart Juniperus comunis stammenden Früchte sind eig. keine Beeren, sonder beerenförmige Zapfen (weibl. Blütenstände), sog. Scheinbeeren, und enthalten äth. Öl. Die gequetschten Früchte werden in Teemischungen appetitanregend und gegen Blasenentzündung verwendet, das äth. Öl hauptsächl. äußerlich als hautreizendes Mittel gegen. Rheuma u. Gicht. Zur äußerl. u. z. innerl. Anw. gibt’s auch heute noch d. alkohol. Extrakt (Spir. Juniperi) Pink Gin wurde ursprünglich in der Royal Navy zu medizinischen Zwecken genutzt. Sirupe u Liköre: ursprünglich wurden sie hergestellt, um leicht verderbliche Früchte länger haltbar zu machen und um Aromen und Wirkstoffe zu extrahieren und konzentrieren. Fruchtsirupe wurden als Geschmackskorrigentien verwendet und mit Likören wollte man alkoholische Arzneiextrakte aus unangenehm schmeckenden oder direkt schlecht anwendbaren Drogen wie Wurzeln, Rinden harten oder faserigen Bestandteilen in eine leichter anzuwendende, bekömmlichere Form zu bringen Herstellungstechniken wurden in Apotheken entwickelt, da wegen des hohen Zuckerpreises die Herstellung auf Klöster u Apotheken beschränkt war. Ebenso wurden Wermut, und Bitters verdauungsfördernd, appetitanregend und als Tonikum mit offizinellen (in Apotheken gebräuchlichen) Kräutern in Apotheken hergestellt. Auch Fruchtmuse (Pulpae) wurden medizinisch angewendet: Pulpa tamarindorum: als mildes Abführmittel, heute nur mehr selten. Maraschino: erfunden von Apothekern des Dominikanerklosters in Zadar, Dalmatien aus reifen Marascaweichseln, den Blättern, Honig u.a. ursprüngl. auch med. genutzt. Chartreuse: 1605 schenkte ein Adeliger den Kartäusermönchen ein Rezept für ein „Elixier des langen Lebens“. Doch erst 1755 gelang es dem Kartäusermönch Jérôme Maubec, der Apotheker war, dafür auch ein Herstellungsverfahren zu entwickeln. Bénédictine: Die Basisrezeptur wurde von einem Bendiktinermönch in einem Kloster in der Normandie um 1510 entwickelt. Diese ging während der Revolution bei der Zerstörung des Klosters verloren. 1863 wurde die Rezeptur von dem französischen Apotheker Alexandre Le Grand zwischen alten Büchern

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wiederentdeckt und weiterentwickelt. besteht aus 27 Kräuter- und Gewürzauszügen (u. a. Kardamom, Vanille, Koriander), Zucker und Honig und Safran als Farbstoff. Bei der Herstellung werden zunächst fünf Kräutermischungen angesetzt. Vier Mischungen werden dann destilliert, während die fünfte Mischung (zumeist Früchte und Fruchtschalen) in Alkohol eingelegt wird um einen Extrakt zu gewinnen. Die daraus gewonnenen fünf Basisspirituosen werden getrennt voneinander in Steingutgefäßen gelagert und danach gemischt und abgefüllt. Absinth: Absinth wurde erstmals im 18.Jhd. in der Schweiz hergestellt ursprüngl. als Heilelixier, aus Anis Fenchel, Ysop, Zitronenmelisse, Angelika –u. Kalmuswurzel, Wermutkraut (Artemisia absinthium) -- enthält Thujon ein Nervengift, Untersuchungen bewiesen, daß in historischen Proben nicht mehr Thujon als in heutigen Absinthsorten enthalten ist u. das d sog. Absinthismus (Kopfschmerzen, Schwindel, Halluzinationen, Verwirrtheit, Depressionen, Krämpfe, Blindheit ) nicht primär auf das Thujon zurückzuführen ist. Die im Absinth festgestellte Thujonkonzentration reicht bei weitem nicht aus um derart toxische Auswirkungen hervorzurrufen. Vielmehr ist die toxische Wirkung des Absinth aus dieser Zeit auf den verwendeten minderwertigen Alkohol zurückzuführen, der einen hohen Anteil an Fuselölen, Amylalkohol und Methylalkohol enthielt, der bekanntlich ungenießbar ist und ebenfalls Schwindel, Kopfschmerzen, Krämpfe und Erblindung zur Folge hat. Zur künstlichen Färbung wurde Anilingrün, Indigo, Kupfersulfat o. Kupferacetat zugesetzt um d charakterist. Trübung künstl. zu erreichen Zusatz von Antimontrichlorid, allesamt bedenkliche Zusatzstoffe. Alles in allem unterscheiden sich die Symptome v. Absinthismus u Alkoholismus nicht wesentlich. Wermutkraut gehört zu den aromatischen Bitterdrogen die hauptsächlich bei Magenbeschwerden u z Appetitanregung verwendet werden, aber auch fruchtschädigend u. geburtseinleitend wirken d.h. nicht in der Schwangerschaft. Bei der Destillation werden die Bitterstoffe weitestgehend abgetrennt, bleiben zurück. Peychaud Bitters: auf Enzianbasis, Antoine Peychaud, Apotheker aus New Orleans Mitte d. 19. Jhd. ...... Angostura Bitters: u.a. aus Angosturarinde u. Gewürznelken, als tonisierender Magenbitter, 1824 in Venezuela, v. Dr. Johann Gottlieb Benjamín Siegert, einem deutschen Arzt entwickelt. Bitterstoffe: chem. inhomogen, im Pflanzenreich äußerst weit verbreitet. Med. Verwendung appetitanregend verdauungsfördernd in Form von Tees, aber häufiger als alkohol. Extrakte (Kräuterbitters) oder Kräuterliköre. in der Bar verwendete Produkte wie Fernet, Suze, Averna, Ramazotti, , Picon, Cynar, Becherovka, Unicum, Underberg, Jägermeister, hatten ursprünglich medizinische Zwecke und viele wurden als patentierte Hausmischungen mit geheimer Rezeptur in Apotheken angefertigt und verkauft. Kräuterextrakte ohne Zuckerzusatz werden das auch heute noch (Kamille, Salbei..) Bitterwert: Maß für die Bitterkeit einer substanz, gibt an in wieviel ml Wasser ein g d substanz noch als bitter empfunden wird (subjektive unterschiede i d organoleptischen Wahrnehmung werden durch einen Korrekturfaktor ausgeglichen) z.b. Chinin BW 200 000 (1g macht 200l Wasser bitter) Absinthin BW 3 000 000 (1g in 3000l) Amarogentin (Enzianwurzel): BW 58 000 000 (1g in58 000l Wasser schmeckt noch bitter) Glycerinzusatz in Bitters: süßend, viskositätserhöhend, Lösungsvermittler f. äth. Öl sonst kann es beim Mischen m. Wasser zu Trübung und seifigem Geschmack kommen Herstellung von Extrakten in Bar: Löslichkeit:

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Vorgehensweise u Auswahl d Lm setzt Wissen über die Löslichkeit der zu extrahierenden Substanzen voraus.

1. Löslichkeit steigt mit der Temperatur zb.: koffein 100ml kaltes wasser lösen 2g koffein, 100ml sied wasser 70g! Anisettes ,Pernod, Absinth: das Äth.erische Öl ist bei Raumtemperatur in Lösung durch die Zugabe von Wasser sinkt die Löslichkeit, es bilden sich kleine Tropfen und es entsteht eine Emulsion, zw. Öltropfen und Wasser wird das Licht gestreut, eine milchig-weiße Trübung entsteht (Louche-Effekt) bei Eiszugabe vor Wasser sinkt die Löslichkeit eventuell so rasch u massiv dass sich Anetholnadeln bilden können.

2. Die Löslichkeit hängt auch von der Menge des verwendeten LM ab und von der Kontaktfläche zwischen Material und LM, daher sollte man das Material zerkleinern, wenn man das aber übertreibt, kann das auch dazuführen, dass man zu viele unerwünschte Pflanzeninhaltsstoffe im Extrakt hat. Z.B. bei Kräutern ist es nicht notwendig, sie stark zu zerkleinern, da sich das äth. Öl leicht im Alkohol anreichert. Bei sehr starker Zerkleinerung reichert sich aber auch Chlorophyll u.a. grasig schmeckende Substanzen im Extrakt an.

Bei Früchten ist es aber günstig sie gut zu zerkleinern, sie enthalten diese unerwünschten Substanzen ja nicht.

3. Die Wahl des Lösungsmittels: wasserlöslich: z.B. Fruchtsäuren Proteine (lösen sich auch in Fett u Alkohol = Emulgator) Röstaromen Bitterstoffe auch gase haben eine gewisse Wasserlöslichkeit: aromatisieren von wässrigen Lösungen durch Durchleiten von Rauch oder Dampf (verdampfen, verbrennen, räuchern von Aromen) durch Wasser --Liquid Smoke, Vit. C, B Fett- u. alkohollöslich: z.B. Fruchtester Fruchtether Öle Vit. A,D,E, K Scharfstoffe (deshalb soll man, wenn man zu scharf isst, nicht wasser o. ä. trinken weil alles aus dem Mund ausgewaschen wird, bis auf die Scharfstoffe, die haften wie Fett auf der Zunge, besser man isst Brot, Käse, Milch...) Bitterstoffe äth.erisches Öl: Schalen von Zitrusfrüchten, Vanille, Gewürze, Minze Extraktionstechniken: Mazeration: ansetzen bei Raumtemperatur: 1.mit Alkohol (f. Liköre, alkoholische Extrakte), 2. mit Wasser f. Sirupe o wässrige Extrakte, für leicht wasserlösliche Aromen, Vorteil: geringe thermische Zerstörung von Inhaltstoffen, oft geht aber aufgrund der niedrigen Temperatur viel Aroma verloren Digerieren: ebenso m. ca 50 Grad warmem LM Vorteil: Bessere Extraktion aufgrund höherer Temperatur, Nachteil: genau diese höhere Temperatur (Aromen eventuell zerstört) Perkolation: Herstellen einer durchfeuchteten krümeligen masse mit dem entsprechenden LM, die dann in eine Glassäule gefüllt wird, die unten einen Auslaß besitzt, den sog. Perkolator. Man lässt solange frisches LM drübertröpfeln bis die Masse erschöpfend extrahiert wurde (unten kein geschmack mehr),

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dabei wird oben erwähnter osmotischer Gradient ausgenutzt, dann kann man eventuell das LM abdampfen, bis die gewünschte Extraktkonzentration erreicht ist, wobei man wieder die Temperaturbelastung bedenken muß. Vorteil: keine Temperaturbelastung, gute Extraktionsleistung, Nachteil: aufwändig Infuse: Übergießen des zu extrahierenden Materials mit heißem Wasser Destillation: Aromastoffe können rein gewonnen werden, aber durch die thermische Belastung des Materials werden viele Aromastoffe chemisch verändert oder zerstört. Viele Bestandteile gehen auch verloren, weil sie nicht mitdestilliert werden. Abpressen von Säften: Aromastoffe können unverändert und ohne thermische Belastung gewonnen werden, aber es gibt viele unerwünschte Begleitstoffe Filtrieren: zur Klärung des Extrakts, Filtrieren durch Aktivkohle (absorbiert nicht filtrierbare, sehr feine od. sog. kolloidale Feststoffe) und Talcum (absorbiert emulgierte Fetttröpfchen), Lösung klar, aber ev. auf Kosten eines Teils d Aromas, bei Whiskys: Chill filtered damit nicht später in d Kühlung neuerlich Trübung auftritt (Lösungsvermögen in Kälte sinkt) geht auch auf Kosten eines Teils der Geschmacksfülle. konservieren: entweder durch hohen Zuckergehalt (Sirup) dafür sind mehr als 52 %Vol. Zucker notwendig, oder durch hohen Alkoholgehalt, oder durch Zugabe von Säure (Zitronensäure, Weinsäure) pasteurisieren: erhitzen auf ca. 60-90 Grad, abfüllen in heiße, trockene Flaschen, ganz voll machen. Wasser: Für die Vermehrung der meisten Mikroorganismen ist die die Anwesenheit von Wasser erforderlich, daher sollten Gefäße vor dem Befüllen trocken, sauber und im Idealfall heiß sein. Sollten aber auf jeden Fall vor Befüllen m Alkohol (Vodka) ausgespült werden. Bei der Herstellung von wässr. Extrakten sollte man vor dem Abfüllen pasteurisieren, um die Haltbarkeit zu verbessern. In der Bar verwendete Gewürze wie Koriander, Salbei, Thymian, Rosmarin, Oregano, Kümmel, Safran, Zitrusfrüchte wie Limetten, Zitronen, Orangen, Bitterorangen, Grapefruit, Früchte wie Melonen oder auch Kaffirblätter oder Zitronengras, enthalten alle eine Vielzahl an ernährungsphysiologisch wertvollen Inhaltsstoffen, die zum Teil auch medizinisch relevant sind. Besonders zu erwähnen: Ananas: Außer Vitaminen und Mineralstoffen enthält sie das Enzym Bromelain: senkt zu hohen Blutdruck, fördert die Verdauung und reinigt das Blut. Dieses Enzym, nur in der frischen Frucht aktiv, löst Eiweißrückstände im Darm auf, und auch Gefäßablagerungen in den Arterien. Die Keimdrüsen und damit die Libido bei Mann und Frau werden aktiviert, Menstruationsschmerzen und Wechseljahrsbeschwerden gemildert. Die Aminosäuren Tryptophan und Serotonin wirken als Stimmungsaufheller bei Depressionen, Antriebsschwäche und Konzentrationsproblemen. Abends ist Ananas die ideale Einschlafhilfe, weil der Körper dann Serotonin in das Einschlafhormon Melatonin verwandelt. Bromelainhaltige Präparate werden vor allem in den USA in der Gerontologie zur Verzögerung von Abbauerscheinungen im Alter – “Anti-Aging” - und auch in der Krebstherapie eingesetzt. Ananas-Enzyme Ananase, Bromelain und Peroxidase bremsen das Wachstum von Krebszellen und verhindert Metastasenbildung. Minze: Weltweit ca. 20 - 30 Minzearten, Kreuzungen durch d Menschen u i d Natur, unzählige Bastarde, eine genaue botanische Bestimmung ist unmöglich med. Verwendung: antimikrobiell, spasmolytisch, karminativ, sekretionsfördernd i MD Trakt, sedativ, expektorierend und antitussiv, kühlend, Geschmacks- u. Geruchskorrigens Vanille: Hauptbestandteil d äth. Öls ist Vanillin, kann heute auch kostengünstig biotechnologisch hergestellt werden. Hauptsächlich aus Nelkenöl und Zellulose. (Bei der Fasslagerung von Spirituosen wird aus Holz unter Alkoholeinfluß Vanillin freigesetzt). Da die Naturvanille jedoch neben dem Vanillin noch mindestens

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50 weitere Aromastoffe enthält, die zusammen erst das Gesamtaroma ausmachen, ist reines Vanillin kein kompletter Ersatz für Vanille. Daher wird z.B. Coca Cola bis heute mit echter Vanille aromatisiert, Versuche auf Vanillin umzustellen scheiterten in den 80er Jahren an der Ablehnung durch die Kunden. Die Lagerung von Vanille wie von allen Drogen die äth. Öl enthalten: In Plastiksack (hält Feuchtigkeit), dieses in dunkles Glasgefäß (weil Aromen durch Sack durchgehen), das ganze kühl aufbewahren. Weißer Reif auf Schoten nicht Schimmel! sondern auskristallisiertes Vanillin = Qualitätsmerkmal, Vanille sollte nie hart u trocken seih, sondern ledrig elastisch. Vanille soll beruhigend, anregend auf das Gehirn u gegen. Abgeschlagenheit wirken. Außerdem gilt sie als Aphrodisiakum, Vanillin ist chemisch eng verwandt mit den menschlichen Pheromonen (Sexualduftstoffe). In der Apotheke wird Fruct. Vanillae als Geschmackskorrigens verwendet. Kakao: wird aus den Samen (Kakaobohnen) des Kakaobaums (Theobroma Cacao weitreichende medizinische Wirkung: antioxidativ, gehirndurchblutungsfördernd, blutdrucksenkend, senkt den Cholesterinspiegel, schützt vor Thrombosen und Gefäßablagerungen (Bitterschokolade v Kardiologen bereits als "süßes Aspirin" bezeichnet) und kann somit die Gefahr v Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes u Krebs senken. Verantwortlich dafür sind ca. 300 versch. Inhaltsstoffe die synergistisch wirken. Besonders zu erwähnen sind: Theobromin, sehr ähnlich wie Koffein, auch ähnliche Wirkung, aber milder, länger anhaltend. Serotonin: stimmungsaufhellend (Schokolade macht gute Laune) Histamin: verantwortlich für Allergien Erdbeeren: Erdbeeren sind eine wichtige Folsäurequelle, diese wird zur Blutbildung benötigt , ansonsten haupts. in grünem Blattgemüse (Fol) enthalten, sie wird sehr leicht zerstört, z.b. durch Waschen d grünen Salats, der Vitamin C Gehalt ist doppelt so hoch wie in Zitrusfrüchten, so wie Bananen enthalten sie Kalium, Kalium gehört zu den wichtigsten Elektrolyten der Körperflüssigkeit und ist für die Steuerung der Muskeltätigkeit und den Wasserhaushalt mitverantwortlich. Kaliummangel führt u.a. zu Krämpfen, Verstopfung, und Herzrythmusstörungen Himbeeren: enthalten Anthocyane, rote Pflanzenfarbstoffe, die stark antioxidative Wirkung besitzen, aber vor allem die höchste Menge aller Obst u Gemüsearten an Ellagsäure, die als potentieller Wirkstoff gegen Krebs im Gespräch ist. Bananen: enthalten Serotonin (stimmungsaufhellend), Katecholamine, d.s. Bioflavonoide mit beruhigender, stresslindernder Wkg., sowie Aminosäuren wie Tryptophan u. Tyrosin, die v Körper in d Schlafhormon Melatonin umgewandelt werden können. Die Gattung Musa umfasst ca. 100 verschiedene Arten, mit den unterschiedlichen Kreuzungen der Zuchtbananen existieren bereits über 1000 Varianten. Cranberries: Moosbeere, Kranbeere oder Kranichbeere (Blüten erinnern an Kranichschnäbel) ist nicht nur in den USA sondern auch in Europa und Asien heimisch, gehört zur Gattung der Heidelbeeren. sie enthalten viel Säure und Gerbstoffe, die beim Kochen zerstört werden -- süßeres Aroma. Med. werden Cranberries in Form von Saft oder Lutschtabl. zur Vorbeugung u Behandlung von Mund, Magen- u. Harnwegsinfekten angewendet. Wkg. beruht auf harntreibenden Eigenschaften (Ausschwemmung v. Bakterien), weiters verhindern d enthaltenen Proanthocyanidine (PAC) die Anhaftung v. Bakterien an Epithelzellen, d.h. es handelt sich nicht um antibakt. Wkg., zusätzl. wird Salicylsäure (entzündungshemmend, Aspirin) als Abbauprodukt ausgeschieden. Convenient drinks: Prost bedeutet „es möge nützen“ Der Inhalt soll einen gesundheitsfördernden Zusatznutzen bieten. Die Nahrungsmittel von morgen haben immer einen Plus-Faktor, denn Vitalität und Gesundheit werden die

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gesellschaftlich bestimmenden Werte. Zunehmende Bedeutung erlangen Produkte, die regulierend auf physiologische Über- und Unterfunktionen einwirken. Erfolg versprechend sind insbesondere Getränke, die neben einem Gesundheitsnutzen einen hohen Conveniencegrad besitzen Das Segment Energy-Drinks wächst kontinuierlich, New Age Energy-Drinks“ mit Tee-Extrakten z.B. Grünteeextrakte m. erhöhtem Catechingehalt omega-3- Fettsäuren angereichert zur Senkung d. Cholesterinspiegels L- Tryptophan f. besseres Schlafen Probiotische Yoghurtdrinks zur besseren Verdauung Sojagetränke f. Menschen m Lactoseintoleranz u z Schutz vor Herz-Kreislauferkrankungen Aromatisierte oder sauerstoffangereicherte Mineralwässer Verwendung von Zuckerersatzstoffen Red Bull (Taurin): Taurin wird im Körper aus den Aminosäuren Cystein und Methionin gebildet und wurde erstmals im Jahre 1827 aus den Hoden von Stieren (Bos taurus) isoliert, was sicher zur Legendenbildung bezüglich seiner Wirkung beigetragen hat, denn in einer Studie mit Leistungssportlern konnte eine leistungssteigernde Wirkung nicht nachgewiesen werden. Kommt in Fleisch, aber besonders im Hirn vor. unterstützt Insulinwirkung (fördert Zuckertransport in Zellen) ,ist für die Funktion des Immunsystems notwendig, schützt die Leber (kann durch Alkohol hervorgerufene Leberschäden mindern). Guarana: Kapselfrüchte einer Lianenart aus dem Amazonasbecken die wesentlich mehr Koffein als Kaffee enthält, das stärker an Gerbstoffe gebunden ist als im Kaffee und daraus langsamer freigesetzt wird, daher ist die Wirkung milder, etwas verzögert u. länger anhaltend. So wie der Apothekerberuf in früheren Zeiten ein Lehrberuf war, der viel Fantasie, Kreativität, Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl zu seiner Ausübung bedurfte und sich erst im Laufe der Zeit mit den Anforderungen zu einer exakten Wissenschaft entwickelte, leben wir heute in einer Zeit, in der die Zubereitung von Speisen und Getränken immer mehr Angelegenheit von Spezialisten wird. Einerseits weil in den privaten Haushalten das Kochen aufgrund von Zeit- und Wissensmangel immer weniger gepflogen wird und man daher immer mehr auf Convenienceprodukte zurückgreift, andererseits weil die Erkenntnisse aus der Lebensmittelindustrie, die eben diese Convenienceprodukte herstellt, immer mehr die individuellen Kochgewohnheiten beeinflusst. Das heißt, wenn man die Entwicklung etwas launig betrachtet, könnte auch unser Beruf in den nächsten Jahrzehnten oder Jahrhunderten zu einer exakten Wissenschaft mutieren, womit dann der Titel „Mixologe der Gastronomie“ an einer Universität nach erfolgreichem Studienabschluss verliehen würde, und ich wäre nicht Mag. Pharm. sondern Mix. Gast.