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10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017 Seite 1 von 25 Von Kyoto nach Paris: völkerrechtliche Verpflichtungen nach dem Pariser Klimaschutzübereinkommen Mag. Dr. Karin Hiltgartner, E.MA TU Wien, Department für Raumplanung, Karlsplatz 14, 1040 Wien, Tel. +43 1 58801280117, [email protected] Keywords: Klimaschutzübereinkommen, Paris, Kyoto, Völkerrecht 1 Einleitung und Problemstellung Klimaschutz ist seit Jahren eines der dominanten Themen des Umweltrechtes in Österreich und weltweit. Auch über den Abschluss des Pariser Klimaübereinkommens wurde in österreichischen Medien umfangreich berichtet. Kaum jemand ist allerdings mit den exakten Ergebnissen des Pariser Übereinkommens sowie mit den völkerrechtlichen Konsequenzen dieses Vertrages vertraut. Dieser Beitrag vergleicht daher die völkerrechtlichen Abkommen von Kyoto und Paris, analysiert die wesentlichen Elemente und Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäß dieser Verträge und zeigt die unterschiedlichen völkerrechtlichen Konsequenzen derselben auf. Als zentrale Fragestellung soll geklärt werden, ob das Pariser Übereinkommen als zielführende Weiterentwicklung des Kyoto Protokolls oder als Rückschritt im internationalen Klimaschutzrecht bewertet werden soll. 1.1 Entstehungsgeschichte des völkerrechtlichen Klimaschutzrechtes Die negativen Effekte des Klimawandels auf die menschliche Gesellschaft wurden erstmalig im Jahr 1979 auf der von der Weltorganisation für Meteorologie organisierten Weltklimakonferenz in Genf thematisiert. 1985 wurde die Beratungsgruppe für Treibhausgase, Advisory Group on Greenhouse Gases (AGGG), berufen und 1988 auf der folgenden Weltklimakonferenz in Toronto wurde beschlossen alle Informationen über den Klimawandel zu erfassen und dafür wurde der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen, International Panel on Climate Change (IPPC), eingesetzt. Dieser auch als Weltklimarat bezeichnete Ausschuss hat die Aufgabe, Berichte über den aktuellen Wissensstand in Bezug auf Klimawandel, die Auswirkungen des Klimawandels auf Gesellschaft und Umwelt sowie über mögliche Vermeidungs- und Anpassungsstrategien liefern. Schließlich fand 1990, wiederum in Genf, eine weitere Weltklimakonferenz statt, im Zuge derer die Ausarbeitung einer Weltklimakonvention gefordert wurde. 1 Im Jahr 1992 1 GA Resolution Protection of global climate for present and future generations of mankind A/RES 45/212, 21. Dezember 1990.

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10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017

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Von Kyoto nach Paris: völkerrechtliche Verpflichtungen nach dem Pariser

Klimaschutzübereinkommen

Mag. Dr. Karin Hiltgartner, E.MA

TU Wien, Department für Raumplanung, Karlsplatz 14, 1040 Wien, Tel. +43 1 58801280117, [email protected]

Keywords: Klimaschutzübereinkommen, Paris, Kyoto, Völkerrecht

1 Einleitung und Problemstellung Klimaschutz ist seit Jahren eines der dominanten Themen des Umweltrechtes in Österreich und weltweit. Auch über den Abschluss des Pariser Klimaübereinkommens wurde in österreichischen Medien umfangreich berichtet. Kaum jemand ist allerdings mit den exakten Ergebnissen des Pariser Übereinkommens sowie mit den völkerrechtlichen Konsequenzen dieses Vertrages vertraut. Dieser Beitrag vergleicht daher die völkerrechtlichen Abkommen von Kyoto und Paris, analysiert die wesentlichen Elemente und Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäß dieser Verträge und zeigt die unterschiedlichen völkerrechtlichen Konsequenzen derselben auf. Als zentrale Fragestellung soll geklärt werden, ob das Pariser Übereinkommen als zielführende Weiterentwicklung des Kyoto Protokolls oder als Rückschritt im internationalen Klimaschutzrecht bewertet werden soll.

1.1 Entstehungsgeschichte des völkerrechtlichen Klimaschutzrechtes

Die negativen Effekte des Klimawandels auf die menschliche Gesellschaft wurden erstmalig im Jahr 1979 auf der von der Weltorganisation für Meteorologie organisierten Weltklimakonferenz in Genf thematisiert. 1985 wurde die Beratungsgruppe für Treibhausgase, Advisory Group on Greenhouse Gases (AGGG), berufen und 1988 auf der folgenden Weltklimakonferenz in Toronto wurde beschlossen alle Informationen über den Klimawandel zu erfassen und dafür wurde der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen, International Panel on Climate Change (IPPC), eingesetzt. Dieser auch als Weltklimarat bezeichnete Ausschuss hat die Aufgabe, Berichte über den aktuellen Wissensstand in Bezug auf Klimawandel, die Auswirkungen des Klimawandels auf Gesellschaft und Umwelt sowie über mögliche Vermeidungs- und Anpassungsstrategien liefern. Schließlich fand 1990, wiederum in Genf, eine weitere Weltklimakonferenz statt, im Zuge derer die Ausarbeitung einer Weltklimakonvention gefordert wurde.1 Im Jahr 1992

1 GA Resolution Protection of global climate for present and future generations of mankind A/RES 45/212, 21. Dezember 1990.

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wurde der sogenannte Erdgipfel Earth Summit als bedeutendste weltweite Konferenz zur Frage des Umweltschutzes im Allgemeinen und des Klimawandels im Besonderen in Rio de Janeiro abgehalten.2

1.2 Das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen

Als eines der Ergebnisse des Earth Summit wurde das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC3) beschlossen, welches des gemeinsame Ziel der beigetretenen Staaten zur Einschränkung des Klimawandels festhält. Das Rahmenabkommen trat mit 21. März 1994 in Kraft und beansprucht mit 197 Ratifikationen4 fast weltweite Geltung.

Ziel des Übereinkommens ist die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solcher Stand sollte innerhalb eines Zeitrahmens erreicht werden, in dem sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den klimatischen Änderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann5.

Für die Erörterung der Entwicklung des internationalen Klimaschutzrechtes ist das Rahmenübereinkommen durch die Anerkennung des Vorsorgeprinzips und andererseits durch die Formulierung des Grundsatzes der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten interessant.

Das erste Prinzipien legt fest, dass in Fällen, in denen ernsthafte oder nicht wieder gut zu machende Schäden drohen, das Fehlen einer völligen wissenschaftlichen Gewissheit nicht als Grund für das Aufschieben solcher Maßnahmen dienen soll.6 Damit wird festgelegt, dass die Vertragsparteien auch bei nicht vollständiger wissenschaftlicher Sicherheit über die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels, trotzdem zur Ergreifung von Maßnahmen zum Klimaschutz verpflichtet sind.

Der zweite Grundsatz ist wie folgt ausformuliert:

Die Vertragsparteien sollen auf der Grundlage der Gerechtigkeit und entsprechend ihren gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihren jeweiligen Fähigkeiten das Klimasystem zum Wohl heutiger und künftiger Generationen schützen. Folglich sollen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder

2 Es beteiligten sich 172 Staaten und auch sehr viele Nicht-Regierungsorganisationen Non-Governmental Organisations NGO und es gab ein parallel abgehaltenes NGO Forum. Vgl. www.un.org/geninfo/bp/enviro.html 3 unfccc.int/resource/docs/convkp/coneng.pdf

4 Stand 31. Jänner 2017, Quelle Homepage United Nations Framework Convention on Climate Change; http://unfccc.int/essential_background/convention/status_of_ratification/items/2631.php

5 Vgl. Artikel 2 UNFCCC

6 Vgl. Artikel 3 Ziffer 2 UNFCCC

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sind, bei der Bekämpfung der Klimaänderungen und ihrer nachteiligen Auswirkungen die Führung übernehmen7.

Mit diesem Text wird das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, common, but differentiated responsibilities, postuliert. Es besagt, dass wohl alle Vertragsparteien sich zu ihrer Verantwortung zur Bekämpfung des Klimawandels bekennen, dass dabei allerdings die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Signatarstaaten zu berücksichtigen sind. Vor allem die speziellen Bedürfnisse und besonderen Gegebenheiten der Entwicklungsländer sollen voll berücksichtigt werden. Die Führungsrolle der Industrienationen gründet auf den Tatsachen, dass in der Vergangenheiten Staaten in verschiedener Intensität zum bisherigen Klimawandel beigetragen haben und dass finanzielle und technologische Mittel in unterschiedlichem Umfang zur Verfügung stehen.8 Es ist daher festzuhalten, dass Verpflichtungen unter dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderung nach dem Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, lediglich im Rahmen der Möglichkeiten der jeweiligen Vertragsparteien zu sehen sind, und dass folglich die Staaten, welche als entwickelte Länder zu qualifizieren sind bei der Bekämpfung der Klimaänderung die Führung übernehmen sollen.9

Zur Überprüfung der Durchführung des Abkommens setzt das Rahmenübereinkommen eine Konferenz der Vertragsparteien, Conference of the Parties (COP) ein10 und stattet diese mit der Fähigkeit zur Beschlussfassung von Protokollen des Übereinkommens aus.11 Ein Jahr nach Inkrafttreten des Rahmenübereinkommens wurde im Rahmen der ersten Konferenz der Vertragsstaaten eine Arbeitsgruppe, welche nach dem Tagungsort der ersten Vertragstaatenkonferenz auch als Ad-hoc Gruppe zum Berliner Mandat, Ad-hoc group on the Berlin Mandate, genannt wird, zur Ausarbeitung eines Protokolls mit definierten Emissionsreduktionszielen in Kombination mit einem verbindlichen Zeitrahmen zur Einhaltung derselben eingesetzt. Der von dieser Arbeitsgruppe ausgearbeitete Entwurf eines Protokolls zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderung wurde im Rahmen der dritten Konferenz der Vertragsstaaten, welche im Dezember 1997 in Kyoto abgehalten wurde, verhandelt.

7 Artikel 3 Ziffer 1 UNFCCC 8 Bratrschovsky und Chojnacka, Luftreinhaltung und Klimaschutz, in Raschauer, Wessely, Handbuch Umweltrecht, 2006

9 Vgl. ia Kellersmann, Die gemeinsame, aber differenzierte Verantwortlichkeit von Industriestaaten und Entwicklungsländern für den globalen Schutz der Umwelt, Springer 2000

10 Vgl. Artikel 7 UNFCCC

11 Vgl. Artikel 17 UNFCCC

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2 Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen

2.1 Inkrafttreten

Als Weiterentwicklung zum Rahmenabkommen über Klimaänderungen legt das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, Kyoto Protocol to the United Nations Framework Convention on Climate Change (KP),12 erstmals rechtsverbindliche Reduktionsziele für bestimmte Treibhausgase fest. Das Kyoto Protokoll wurde am 11. Dezember 1997 verabschiedet und trat am 16. Februar 2005 in Kraft. Mittlerweile ist das Protokoll von 191 Staaten und einer regionalen Wirtschaftsorganisation, der Europäischen Gemeinschaft, ratifiziert worden.13

Auffällig ist die große Zeitspanne zwischen dem Beschluss und dem tatsächlichen Inkrafttreten des Protokolls. Im Protokoll ist vorgesehen, dass es am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft tritt, zu dem mindestens 55 Vertragsparteien, welche gemeinsam für mindestens 55 Prozent der gesamten Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 verantwortlich sind, ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben.14 Das zweitgenannte Kriterium der Mindestemissionsmenge der Unterzeichnerstaaten zu erreichen stellte sich als schwierige Hürde für das Inkrafttreten des Protokolls heraus. Bedingt durch den Rückzug der Vereinigten Staaten von Amerika15 sowie von Australien16, wobei die Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Anteil von 36 Prozent der gesamten Kohlendioxid-Emissionen im Jahr 1990 als einer der Hauptemittenten von Kohlendioxid bezeichnet werden müssen, zeichnete sich ab, dass ohne Beitritt der Russischen Föderation, die im Basisjahr 1990 für ca. 17 Prozent der Kohlendioxidemissionen verantwortlich war, der Mindestprozentsatz von 55 Prozent der weltweiten Emissionen17 von den beigetretenen Vertragsstaaten nicht erfüllt

12 unfccc.int/resource/docs/convkp/keng.pdf

13 Stand 31. Jänner 2017, http://unfccc.int/kyoto_protocol/status_of_ratification/items/2613.php

14 Vgl. Artikel 25 Kyoto Protokoll

15 Die USA unterzeichneten das Kyoto Protokoll am 12. November 1998. Bedingt durch eine negative Stellungnahme des Senates zu einer verpflichtenden Emissionsreduktion, welche zu Wettbewerbsnachteilen der USA führen könnte („Byrd-Hagel-Resolution“), entschloss sich die Clinton Administration das Protokoll nicht zu ratifizieren.

16 Australien ratifizierte das Kyoto Protokoll erst im Dezember 2007, sodass es für Australien im März 2008 in Kraft trat. 17 Signifikanten Anteil an den weltweiten Kohlendioxidemissionen im Jahr 1990 hatten zum Beispiel die USA mit 36%, die Russische Föderation mit 17%, China mit 10%, Japan mit 8,5%, Deutschland mit 7,4%, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland mit 4,3%, Kanada mit 3,3%, Italien mit 3,1%, Polen mit 3%, Indien mit 3%, Frankreich mit 2,7% und Australien mit 2,1%. Quelle: UNDP, Human Development Report 2007/2008; Table 24 Carbon dioxide emissions and stocks.

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werden konnte, und damit ein in Kraft treten des Kyoto Protokolls nicht möglich gewesen wäre.

Von 29. September bis 3. Oktober 2003 fand in Moskau die Weltkonferenz über Klimaänderungen statt, bei der Russland allerdings, entgegen umfangreicher Erwartungen, keinen genauen Zeitpunkt zur Ratifikation des Kyoto Protokolls bekannt gab. Angeblich versuchte die Russische Föderation ihre Aufnahme in die Welthandelsorganisation mit der Annahme des Kyoto Protokolls zu erleichtern,18 jedenfalls informierte die Russische Föderation die Vereinten Nationen am 18. November 2004 über die Ratifikation des Kyoto Protokolls, welches damit am 16. Februar 2005 in Kraft trat.

2.2 Grundsätze

Das Protokoll von Kyoto ist ein Protokoll zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und verweist folglich bereits in seiner Präambel auf ebendieses. Explizit hervorgehoben werden dabei das Ziel der Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau, auf welchem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert werden soll, sowie die Grundsätze des Rahmenübereinkommens, wie das Vorsorgeprinzip und das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten.

Bei den Begriffsbestimmungen des Protokolls ist ebenfalls eine Besonderheit des Rahmenübereinkommens übernommen worden. Im Annex zu den jeweiligen Dokumenten werden diejenigen Vertragsparteien aufgelistet, welche spezifische Verpflichtungen aus den genannten Dokumenten übernehmen sollen.19 Diese so genannten Annex I Staaten werden wiederum unterteilt in Länder, welche sich im Übergang zur Marktwirtschaft befinden und entwickelte Länder.20

18 Douma / Ratsiboribskaya, The Russian Federation and the Kyoto Protocol, in The Kyoto Protocol and Beyond, 2007

19 Vertragsparteien nach Annex I des Kyoto Protokolls sind: Australien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Europäische Gemeinschaft, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Japan, Kanada, Kroatien, Lettland, Lichtenstein, Litauen, Luxemburg, Monaco, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

Im Vergleich mit den Annex I Staaten des Rahmenübereinkommens zeigt sich, dass einige Staaten mehr spezifische Verpflichtungen übernommen haben, nämlich: Kroatien, Liechtenstein, Monaco, und Slowenien (die Tschechoslowakei spaltete sich in der Zeit zwischen den Verträgen in Slowakei und Tschechien, beide Nachfolgestaaten übernahmen die Verpflichtungen). Belarus und die Türkei, welche Annex I Staaten des Rahmenübereinkommens sind, gelten nicht als Annex I Staaten im Sinne des Kyoto Protokolls. 20 Als Länder, sie sich im Übergang zur Marktwirtschaft gemäß des Annex I des Kyoto Protokolls befinden gelten: Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ukraine und Ungarn. Hierbei finden sich, bis auf die oben genannten Unterschiede zwischen Annex I Staaten des

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Folglich bestimmt Artikel 3 Absatz 1 des Kyoto Protokolls:

Die in Anlage I aufgeführten Vertragsparteien sorgen einzeln oder gemeinsam dafür, dass ihre gesamten anthropogenen Emissionen der in Anlage A aufgeführten Treibhausgase in Kohlendioxidäquivalenten die ihnen zugeteilten Mengen, berechnet auf der Grundlage ihrer in Anlage B niedergelegten quantifizierten Emissionsbegrenzungs- und –reduktionsverpflichtungen und in Übereinstimmung mit diesem Artikel, nicht überschreiten, mit dem Ziel, innerhalb des Verpflichtungszeitraums 2008 bis 20012 ihre Gesamtemissionen solcher Gase um mindestens 5 v. H. unter das Niveau von 1990 zu senken.

Diese zentrale Bestimmung des Kyoto Protokolls postuliert folglich, dass lediglich die in Annex I genannten Vertragsparteien fixe Emissionsreduktionen vorzunehmen haben, und zwar in einem festgelegten Ausmaß, sodass von allen Annex I Staaten insgesamt bis zum Jahr 2012 im Durchschnitt 5,2 Prozent weniger Treibhausgase, gemessen am Emissionsstand des so genannten Basisjahres 1990, emittiert werden. Die vom Kyoto Protokoll erfassten Treibhausgase werden in Annex A des Protokolls aufgezählt,21 als „Berechnungseinheit“ dieser Treibhausgase werden Kohlendioxidäquivalente bestimmt.

2.3 Verpflichtungen der Vertragsstaaten zur Einschränkung des Klimawandels

Die detaillierte Emissionsbegrenzungs- oder –reduktionsverpflichtung der Annex I Staaten findet sich in Anlage B des Kyoto Protokolls und variiert von einer Reduktionsverpflichtung um acht Prozent bis zu einer maximalen Emissionserhöhung von zehn Prozent.22 Bemerkenswert ist dabei, dass die höchsten Emissionssteigerung Vertragsstaaten23 zuerkannt wurden, welche nicht als Länder, die sich im Übergang zur Marktwirtschaft befindet, qualifiziert wurden, wohingegen einige dieser Übergangsstaaten,24 die zum damaligen Zeitpunkt einen raschen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft anstrebten, der höchsten Reduktionsverpflichtung, wie sie auch die Staaten der Europäischen Gemeinschaft übernommen haben, unterliegen. Dies betont den innovativen Zugang des Kyoto Protokolls, die Erreichung des Gesamtzieles der Emissionsreduktion, durch ungleiche Verteilung der Reduktionsverpflichtung auf die Vertragsstaaten zu erreichen, wobei hervorgehoben werden

Rahmenübereinkommens und des Kyoto Protokolls (Wegfall von Belarus, Aufteilung in Slowakei und Tschechische Republik, Hinzukommen von Kroatien, Slowenien) keine Abweichungen zwischen den beiden Verträgen. 21 Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid, Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, Perfluorierte Kohlenwasserstoffe, Schwefelhexafluorid. 22 Australien +8%, Belgien -8%, Bulgarien -8%, Dänemark -8%, Deutschland -8%, Estland -8%, Europäische Gemeinschaft -8%, Finnland -8%, Frankreich -8%, Griechenland -8%, Irland -8%, Island +10%, Italien -8%, Japan -6%, Kanada -6%, Kroatien -5%, Lettland -8%, Lichtenstein -8%, Litauen -8%, Luxemburg -8%, Monaco -8%, Neuseeland 0%, Niederlande -8%, Norwegen +1%, Österreich -8%, Polen -6%, Portugal -8%, Rumänien -8%, Russische Föderation 0%, Schweden -8%, Schweiz -8%, Slowakei -8%, Slowenien -8%, Spanien -8%, Tschechische Republik -8%, Ukraine 0%, Ungarn -6%, Vereinigte Staaten von Amerika -7%, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland -8%. 23 Island +10%, Australien +8%. 24 Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik

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muss, dass ebendiese Verteilung sich nicht primär auf Rechenmodelle stützt, sondern frei verhandelt wurde.25

Alle genannten Annex I Staaten, unabhängig ob als im Übergang zur Marktwirtschaft klassifiziert oder nicht, müssen damit die jeweils für sie individuell festgelegten Reduktionsziele, das heißt einerseits eine Beschränkung ihrer Emissionen im festgelegten Prozentsatz zu ihren Gesamtemissionen des im Basisjahr 199026 emittierten Treibhausgasen, beziehungsweise, für die Staaten, welche sich zu einer tatsächlichen Reduktion verpflichtet haben, eine prozentuelle Verringerung ihrer Totalemissionen im Vergleich zu den Emissionen des genannten Basisjahres 1990 erreichen.

Den nicht in Annex I angeführten Staaten sollen durch das Kyoto Protokoll keine neuen Verpflichtungen erwachsen, allerdings bleiben Verpflichtungen aus dem Rahmenübereinkommen bekräftigt.

Weiters müssen Annex I Staaten beachten, dass sie bei der Ergreifung von Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele aus dem Kyoto Protokoll negative Auswirkungen auf Entwicklungsländer so gering wie möglich halten.

2.4 Alternative Möglichkeiten zur Erreichung der Reduktionsziele

Das Kyoto Protokoll bietet den zu Reduktionen verpflichteten Staaten, neben der offensichtlichen Einsparung von Treibhausgasemissionen verschiedene Alternativen ihrer Reduktionsverpflichtung nachzukommen.

2.4.1 Zielgemeinschaften Artikel 3 gibt den Annex I Staaten die Möglichkeit ihre Ziele einzeln oder gemeinsam zu erreichen, was als Zielgemeinschaft, Bubble bezeichnet wird. Der Fall dieser gemeinsamen Reduktionsverpflichtung wird in Artikel 4 des Protokolls näher ausgestaltet. Demnach gilt eine solche gemeinsame Verpflichtung als erfüllt, so die beteiligten Staaten mit der Gesamtmenge ihrer zusammengefassten anthropogenen Emissionen die ihnen zugeteilten Mengen in Summe nicht überschreiten, wobei die internen Verteilungen von den jeweiligen, in Anlage B des Kyoto Protokolls festgelegten Verpflichtungen des Einzelstaates abweichen können. Solange die gemeinsam handelnden Vertragsparteien also die Summe der ihnen zugedachten Emissionsreduktionen erreicht, gilt das Kyoto Protokoll für diese Gemeinschaft als erfüllt, unabhängig davon, ob einzelne Staaten dieses Kollektivs die für sie im Speziellen festgelegten Reduktionsziele erreichen. Sollte es den Parteien einer solchen Zielvereinbarung hingegen nicht gelingen ihr zusammengefasstes Gesamtniveau der Emissionsreduktionen zu erreichen, so gilt jede von ihnen für ihr im Rahmen dieser gemeinsamen Vereinbarung vorgesehenes eigenes Emissionsniveau als verantwortlich.27

25 Bothe, The Kyoto Protocol as a Pioneer, in The Kyoto Protocol and Beyond, 2007 26 Allen Vertragsparteien steht frei anstatt 1990 das Jahr 1995 als Basisjahr für wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid heranzuziehen. 27 Vgl. Artikel 4 (5) Kyoto Protokoll

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Diese beschriebene Möglichkeit zur gemeinsamen Emissionsreduktion wurde von der Europäischen Gemeinschaft und ihren 15 Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kyoto Protokolls wahrgenommen. Das Gesamtreduktionsziel dieser Staatengemeinschaft, welche auch als EU Bubble bezeichnet wurde, wurde mit acht Prozent festgelegt. Die Bandbreite der interne Lastenverteilung innerhalb der Gemeinschaft, auch als Burden Sharing benannt, die dem erwarteten Wirtschaftwachstum, dem Energiemix und der Industriestruktur des jeweiligen Mitgliedstaates Rechnung tragen soll,28 reicht von radikalen Emissionsreduktionen bis -28 Prozent für Luxemburg bis zu +27 Prozent Emissionszuwachs für Portugal.29

2.4.2 Die Kyoto Mechanismen: Die flexiblen Mechanismen des Kyoto Protokolls sind die innovativsten und gleichzeitig die am häufigsten kritisierten Aspekte des Kyoto Protokolls.30 Sie unterstreichen das Prinzip der Zusammenarbeit aller Kyoto Vertragsstaaten zur Erreichung des gemeinsamen Zieles, der Verhinderung von negativen Auswirkungen durch einen zu abrupten Wandel des Klimas, indem sie den Vertragsstaaten Möglichkeiten eröffnen, ihre Reduktionsziele durch Emissionsreduktionen in anderen Ländern beziehungsweise durch den Ankauf von Emissionsreduktionseinheiten zu erfüllen. Ursache dieser Angebote der Zusammenarbeit ist die Tatsache, dass für die globale Klimaänderung nicht ausschlaggebend ist, wo örtlich Treibhausgase emittiert beziehungsweise reduziert werden, sondern vielmehr in welcher Menge dies weltweit geschieht. Im Sinne der Kosteneffizienz von Klima schonenden Aktivitäten unterstützt das Kyoto Protokoll mit diesen Mechanismen den größtmöglichen Schutz der Umwelt mit den für die Erreichung dieses Zieles zur Verfügung stehenden Mitteln.

Neben der Möglichkeit der gemeinsamen Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Protokoll gemäß Artikel 4, enthält das Kyoto Protokoll drei Vorschläge zur global gesehen ökonomischen und effizienten Gestaltung des Klimaschutzes.

Der Mechanismus der gemeinsamen Umsetzung

Artikel 6 Kyoto Protokoll reguliert den Mechanismus der gemeinsamen Umsetzung, Joint Implementation (JI). Dieser besagt, dass jeder Annex I Vertragsstaat Emissionsreduktionseinheiten, welche sich aus Projekten zur Reduktion von Treibhausgasen ergeben, jeder anderen Annex I Vertragspartei übertragen oder von jedem anderen Annex I Vertragsstaat erwerben kann. Dadurch wird Vertragsstaaten mit höheren spezifischen Kosten der Emissionsbeschränkung, den so genannten Investorländern, die Möglichkeit

28 Vgl. Erwägungsgrund 12, Entscheidung des Rates 2002/358/EG vom 25.April 2002 29 Aufteilung innerhalb der EG: -28% Luxemburg, -21% Dänemark, -21% Deutschland,

-13% Österreich, -12,5% Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, -7,5% Belgien, -6,5% Italien, -6% Niederlande, 0% Frankreich, 0% Finnland, +4% Schweden, +13% Irland, +15% Spanien, +25% Griechenland, +27% Portugal. 30 Sands, Principles of Environmental Law, 2004

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gegeben ihre Einsparungsziele gemäß Kyoto Protokoll durch Investitionen in Ländern mit höherem Einsparungspotential, den so genannten Gastländern, zu erreichen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit können Industrienationen Emissionsreduktionen in anderen Annex I Staaten durchführen, wobei sich das Gastland die erzielten Emissionsreduktionen anrechnen lassen kann. Bei diesem „crediting“ werden also die bei Klimaschutzprojekten im Ausland entstehenden Emissionsminderungen auf die jeweiligen Reduktionsverpflichtungen des investierenden Vertragsstaates angerechnet.31 Der Mechanismus der gemeinsamen Umsetzung gründet auf Artikel 4 (2) a) UNFCCC, wo festgehalten ist, dass Vertragsparteien Maßnahmen und Politiken zur Begrenzung von Treibhausgasemissionen gemeinsam mit anderen Vertragsparteien durchführen können, sowie andere Vertragsparteien dabei unterstützen können zur Verwirklichung des Zieles des Rahmenübereinkommens beizutragen.

Hervorzuheben ist, dass der Mechanismus für gemeinsame Umsetzung ein projektbezogenes Instrument darstellt, sodass die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten nicht auf staatlicher Ebene stattfindet, sondern direkt zwischen Projektentwicklern auf Projektebene. Leitlinien für die Durchführung von JI Projekte wurden auf der siebenten Konferenz der Vertragsstaaten, abgehalten 2001 in Marrakesch, beschlossen. Bemerkenswert ist, dass JI Projekte auf zwei verschiedene Arten abgewickelt werden können: Projekte nach Track 1 werden lediglich vom jeweiligen Gastland überprüft, Track 2 Projekte unterliegen der Kontrolle durch das Joint Implementation Supervisory Committee. Per 31. Jänner 2017 gab es in Summe 648 JI Projekte, davon wiederum wurden 597 Projekte unter Track 1 und lediglich 51 unter dem vom Komitee überprüften Track 2 geführt.

Ursprünglich für Projekte in den Osteuropäischen Staaten geschaffen, werden, bedingt durch den in der Zwischenzeit erfolgten Beitritt der meisten Osteuropäischen Staaten zur Europäischen Gemeinschaft und den dadurch resultierenden höheren Umweltstandards in diesen Staaten, die meisten JI Projekte mit der Russischen Föderation abgewickelt.32 In den letzten Jahren wurden viele Projekte in der Ukraine verwirklicht, sodass eine Gesamtevaluierung aller JI Projekte zeigt, dass bei ca. 50% die Ukraine und bei ca. 36% Russland als Gastland fungierten.33

Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung,

Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung, Clean Development Mechanism (CDM), wird von Artikel 12 Kyoto Protokoll geregelt. Er ermöglicht Projektmaßnahmen zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern und ist somit der einzige Kyoto Mechanismus, der auch Entwicklungsländern, also Staaten, die nicht in Annex I des Protokolls genannt sind offen steht. Ziel des CDM ist es, Entwicklungsländer dabei zu unterstützen durch konkrete Projektmaßnahmen eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen und gleichzeitig Annex I Staaten zu helfen die Erfüllung ihrer quantifizierten Emissionsbegrenzungen und Reduktionsverpflichtungen zu erreichen und damit zum Ziel 31 Breier, Klimaschutz im Rahmen der Vereinten Nationen nach Kyoto, RdU 1998 32 van der Gast, The Role of Joint Implementation within the Context of EU Policies, in The Kyoto Protocol and Beyond, 2007 33 Figures: UNFCCC 2013

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des Übereinkommens beizutragen. Die Entwicklungsländer agieren dabei als Gastländer des Technologietransfers, die Annex I Staaten bekommen als Investorland im Ausgleich die sich durch die Projektmaßnahme ergebenden Emissionsreduktionen gutgeschrieben. Ebenso wie der Mechanismus der gemeinsamen Umsetzung ist auch der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung ein projektbezogenes Instrument. Im Unterschied zu erstgenanntem Mechanismus ergibt sich aber, bedingt durch die Teilnahme von Nicht-Annex I Staaten, also Vertragsparteien des Protokolls, welche nicht zu einer Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen verpflichtet sind, keine Reduktion von Emissionsberechtigungen des Gastlandes. Damit kommt es nicht zu einer Verschiebung von Emissionsberechtigungen, wie bei JI, sondern zu insgesamt gesehen zusätzlichen Emissionsberechtigungen der Annex I Staaten, welche allerdings durch die projektbezogenen Emissionsreduktionen in den Gastländern global gesehen kompensiert werden. Daher unterliegt der CDM strengen Voraussetzungen und darf nur angewendet werden, wenn die freiwillige Teilnahme aller beteiligten Vertragsparteien gewährleistet ist und das Projekt reale, messbare und langfristige Vorteile in Bezug auf die Abschwächung der Klimaänderungen bringt. Ferner müssen sich aus der Zusammenarbeit Emissionsreduktionen ergeben, die zusätzlich zu denen entstehen, welche ohne die jeweiligen Projektmaßnahmen entstanden wären.

Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung soll vor allem dazu dienen, Unterstützungsmaßnahmen für von den negativen Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffene Staaten34 zu finanzieren. Daher wird ein Teil der Verwaltungsgebühren aus den CDM Projektmaßnahmen dazu verwendet, in Anpassungsmaßnahmen für diese Vertragsparteien zu investieren. Die Abwicklung von CDM Projekten wird von dem von der Konferenz der Vertragsstaaten eingesetzten CDM Executive Board überwacht, welches per 31. Jänner 2017 8105 CDM Projekte registriert hat.35 Anfangs wurden CD Projekte hauptsächlich in China, Indien, Korea und Brasilien abgewickelt,36 in letzter Zeit wurden ca. 30% in Indien, ca. 20% in China, ca. 13% in Brasilien und ca. 10% in Mexiko durchgeführt.37

Der Mechanismus des Emissionshandels

Der Mechanismus des Emissionshandels, International Emissions Trading (IET) ist ein zentraler Punkt des Kyoto Protokolls. Zu betonen ist, dass er gemäß Artikel 17 Kyoto Protokoll lediglich den in Anlage B des Kyoto Protokolls genannten Vertragsparteien und nicht allen Annex I Staaten des Rahmenübereinkommens offen steht.38 Der Mechanismus des Emissionshandels gibt den Anlage B Staaten die Möglichkeit, ihnen zustehende Emissionseinheiten, die von ihnen nicht gebraucht werden, an andere Länder zu verkaufen, beziehungsweise von der anderen Seite betrachtet, zusätzliche Emissionseinheiten zu

34 Vgl. Artikel 4 Absatz 8 UNFCCC 35 Quelle: Homepage des CDM Executive Board, http://cdm.unfccc.int/about/index.html 36 Michaelowa et al., The market potential of large scale non CO2 CDM Projects, in The Kyoto Protocol and Beyond, 2007 37 Quelle: Homepage des CDM Executive Board, http://cdm.unfccc.int/about/index.html 38 Somit z.B. nicht Belarus und die Türkei.

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erwerben, so der Staat seine Reduktionsverpflichtung aus dem Protokoll nicht erreichen kann. Dadurch entsteht ein sich aus Angebot und Nachfrage ergebender Marktpreis für Emissionseinheiten und damit ein wirtschaftlicher Anreiz möglichst viele Emissionen einzusparen. Die konkrete Ausgestaltung des Mechanismus des Emissionshandels wurde in der so genannten Bonner Übereinkunft39 und im Übereinkommen von Marrakesch40 festgelegt. Hervorzuheben sind dabei die Beschlüsse, dass Vertragsparteien überschüssige Emissionsrechte unter gewissen Einschränkungen auf die nachfolgende Verpflichtungsperiode übertragen können, dass außerdem eine nicht handelbare Reserve an Emissionsrechten angelegt werden muss um zu verhindern, dass durch zu umfangreichen Verkauf von Emissionsrechten die Reduktionsverpflichtung aus Artikel 3 Kyoto Protokoll nicht eingehalten werden kann, sowie dass Maßnahmen für eine wirksame Kontrolle des Emissionshandels getroffen wurden.41 Zu beachten ist weiters, dass Artikel 17 des Kyoto Protokolls betont, dass sich Vertragsstaaten lediglich ergänzend zu den im eigenen Land ergriffenen Maßnahmen zur Erfüllung ihrer quantifizierten Emissionsbegrenzungs- und Reduktionsverpflichtungen am Handel mit Emissionen beteiligen dürfen.

2.5 Sanktionen bei Nichteinhaltung der quantitativen Emissionsbeschränkungen nach der Vorgabe des Kyoto Protokolls

Einen Nichteinhaltung durch eine Vertragspartei könnte dann eintreten, wenn weder durch innerstaatliche Maßnahmen zur Emissionsreduktion noch durch Zukauf aus dem Ausland über die flexiblen Kyoto Mechanismen genügend Zertifikate zur Abdeckung der Emissionen 2008 bis 2012 bei der Endabrechnung im Jahr 2014 zur Verfügung stehen.42 Reduktionen von Treibhausgasemissionen können dabei entweder durch direkte Beschränkungen von Treibhausgasemissionen oder durch den Ausbau so genannter Senken, das sind natürliche Speicher von Treibhausgasen, wie landwirtschaftliche Böden oder Wälder vorgenommen werden.43 Zur Feststellung der erreichten Emissionsreduktionen legen die Artikel 5, 7 und 8 des Kyoto Protokolls detaillierte Pflichten zur Berichterstattung der Vertragsparteien fest. Artikel 18 des Kyoto Protokolls legt damit übereinstimmend fest, dass die als Tagung der Vertragsparteien dienende Konferenz der Vertragsparteien geeignete und wirksame

39 Im Rahmen der sechsten Konferenz der Vertragsstaaten COP 6-2, abgehalten in Bonn von 16. Juli bis 27. Juli 2001 40 Im Rahmen der siebenten Konferenz der Vertragsstaaten COP 7, abgehalten in Marrakesch von 29. Oktober bis 9. November 2001. 41 Mühlbauer, Emissionshandel, System und öffentlich-rechtlicher Rechtsschutz, 2007 42Müller, Klimaschutz als Aufgabe der Staatengemeinschaft, in Jahrbuch des österreichischen und europäischen Umweltrechts, 2008 43 Die Inkludierung von Senken als Instrumentarium zur Emissionsbeschränkung wurde von diversen Umweltorganisationen stark kritisiert, da sich dadurch die tatsächliche Reduktionsverpflichtung von Ländern wie Kanada und Russland stark verringert und die angewandten Messmethoden umstritten sind.

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Verfahren und Mechanismen zur Feststellung und Behandlung von Fällen der Nichteinhaltung der Bestimmungen des Protokolls, sowie verbindliche Folgen solcher Nichteinhaltungen festlegen wird. Dies geschah im Zuge der siebten Konferenz der Vertragsstaaten, wo festgelegt wurde, wie die Emissionen und Reduktionen gemessen werden, bis zu welchem Ausmaß das durch Senken absorbierte Kohlendioxid auf die Kyoto Reduktionsziele angerechnet werden kann und wie die Bestimmungen aussehen, die die Einhaltung der Verpflichtungen sicherstellen. Überblicks mäßig ist dazu zu sagen, dass bei Nichterfüllung des für den jeweiligen Vertragsstaat festgelegten Emissionsreduktionszieles jede zu viel emittierte Tonne CO2 bei der folgenden Kyoto Periode multipliziert mit dem Faktor 1,3 von der neuen Zuteilungsmenge abgezogen wird, es damit zu einer Reduktion der in der neuen Periode erlaubten Emissionen im Ausmaß der Überemission erhöht um ein „Strafdrittel“ kommt.

3 Von Kyoto nach Paris: völkerrechtliche Schritte des Nachfolgeprozesses

Von den als Tagungen der Vertragsparteien dienenden Konferenzen der Vertragsparteien, Conferences of the Parties (COP) wurde versucht, den völkerrechtlichen Prozess der Findung einer Nachfolgeregelung zum Kyoto Protokoll zu organisieren. Hervorgehoben sei dabei die COP 13 in Bali 2007, bei der die sogenannte Bali Road Map beschlossen wurde, welche die Verhandlungsphase für eine Kyoto-Nachfolgeregelung bis 2009 begrenzte, ohne allerdings Höchstmengen für Treibhausgasemissionen der Vertragsstaaten ab 2013 festzulegen. Diese völkerrechtlich verbindlichen Emissionsbegrenzungen hätten spätestens auf der COP 15 in Kopenhagen 2009 beschlossen werden sollen. Im Rahmen dieser Klimakonferenz konnte allerdings keine Einigung erzielt werden, sodass das zentrale Abschlussdokument, die Übereinkunft von Kopenhagen, Copenhagen Accord nicht von den Vertragsstaaten verabschiedet und damit nicht rechtlich bindend wurde. Allerdings findet sich in der Übereinkunft von Kopenhagen bereits das Ziel, die weltweite Erderwärmung auf weniger als 2 °C zu begrenzen. Außerdem wurde die Gründung eines Klimafonds, Green Climate Fund geplant, der Geld aus Zahlungen der Industriestaaten für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern zur Verfügung stellen soll.

Versuche, ein weltweit akzeptiertes rechtlich verbindliches Nachfolgeabkommen für das Kyoto Protokoll zu beschließen, waren nicht erfolgreich. Auf der COP 17 in Durban wurde eine Verlängerung des Kyoto Protokolls wohl für eine zweite Verpflichtungsperiode ab 2013 beschlossen, beim Versuch, auf der nächstfolgenden COP 18 in Durban konkrete Reduktionsverpflichtungen der Vertragsstaaten festzulegen, erklärten allerdings wesentliche Emittenten, wie Russland, Kanada, Japan und Neuseeland keine weiteren Verpflichtungen zur Emissionsbegrenzung übernehmen zu wollen,44 sodass die verbleibenden Vertragsstaaten lediglich für ca. 10% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichneten und das Kyoto Protokoll damit weiter an Bedeutung für die Welt-Emissionsreduktion einbüßte. Ab der COP 20 in Lima 2014 wurden die Klimakonferenzen

44 Kanada trat 2011 sogar formal aus dem Kyoto Protokoll aus.

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dazu genutzt, ein neues Klimaschutzabkommen zu verhandeln. Dieses wurde schließlich auf der COP 21 in Paris 2015 beschlossen.

4 Das Pariser Klimaschutzübereinkommen45

4.1 Übereinkommen versus Protokoll

Auf den ersten Blick fällt auf, dass der völkerrechtliche Vertrag von Kyoto in Form eines Protokolls zum Klimarahmenabkommen, der von Paris allerdings als Übereinkommen, Agreement, beschlossen wurde.

Dies ging auf einen Initiative der Obama Administration zurück, die erklärte, dass Paris kein eigener internationaler Vertrag wäre, sondern lediglich Verpflichtungen konkretisierte, die bereits in der Klimarahmenkonvention enthalten wären. Ein Ergebnis dieser Interpretation ist, dass damit die Zustimmung des Senats zum Pariser Übereinkommen nicht erforderlich wäre, da der US Senat lediglich zu neuen internationalen Verpflichtungen der USA seine Zustimmung erteilen muss.46

Art. 2 des Pariser Abkommens führt in Folge dessen aus: „Dieses Übereinkommen zielt darauf ab, durch Verbesserung der Durchführung des Rahmenübereinkommens...die weltweite Reaktion auf die Bedrohung durch Klimaänderung...zu verstärken.“

4.2 Inkrafttreten

Das Pariser Klimaschutzabkommen wurde auf der internationalen Klimakonferenz von Paris (als 21. Konferenz der Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention COP 21, sowie als 11. Treffen der Vertragsparteien des Kyoto Protokolls CMP 11) am 12. Dezember 2015 beschlossen. Nach jahrelangen Verhandlungen über die Zukunft des Klimaschutzes war diese Konferenz mit über 150 Staats- und Regierungschefs hochrangigst besetzt, was jedenfalls als Signal für die Bedeutung der Bedrohung durch den Klimawandel zu sehen ist. Das Abkommen lag ab dem 22. April 2015 (für ein Jahr) zur Signatur auf und wurde bereits an diesem Tag von 175 Staaten unterzeichnet.47 Per 31. Jänner 2017 war das Abkommen von 194 Staaten unterschrieben.48

Ebenso wie beim Kyoto Protokoll, war auch beim Pariser Übereinkommen vorgesehen, dass es 30 Tage nach dem Zeitpunkt in Kraft treten würde, zu dem mindestens 55 Vertragsstaaten, die für mindestens 55 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen

45 Paris Agreement, United Nations 12. Dezember 2015, C.N.63.2016.TREATIES-XXVII.7.d http://unfccc.int/paris_agreement/items/9485.php

46 Streissler, Klimaabkommen von Paris: Mehr Licht als Schatten, AK Umwelt, 2016 47 http://www.un.org/sustainabledevelopment/blog/2016/04/parisagreementsingatures/ 48 Daten zu Signatur und Ratifizierung: https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XXVII-7-d&chapter=27&clang=_en

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verantwortlich sind, ihre Ratifikationsurkunden hinterlegen.49 Zu Beginn wurde das Abkommen primär von kleinen Inselstaaten, die von den Auswirkungen des Klimawandels unmittelbar bedroht sind, ratifiziert. China und die USA ratifizierten überraschenderweise bereits am 3. September 2016, gefolgt von Indien am 2. Oktober 2016. Mit der Ratifizierung von Kanada und der EU am 5. Oktober 2016 waren die Voraussetzungen erfüllt und das Abkommen trat am 4. November 2016 in Kraft. Damit war die EU wohl ein wichtiger Partizipant für das Inkrafttreten Inkrafttreten des Abkommens, die geplante Vorreiterrolle beim Ratifizieren konnte nicht eingenommen werden.

Mit Stichtag 31. Jänner 2017 war das Abkommen von 127 Vertragsstaaten ratifiziert.50 Österreich hat das Abkommen, ebenso wie die EU, am 22. April 2016 unterzeichnet, allerdings auch erst am 5. Oktober 2016 ratifiziert. Mit Stichtag 31. Jänner 2017 haben 67 Staaten, darunter auch einige EU Mitgliedstaaten, wie z.B. Belgien, Kroatien, Litauen, die Niederlande, aber z.B. auch Russland, die Türkei und die Schweiz, das Abkommen unterschrieben, aber noch nicht ratifiziert.

4.3 Grundsätze

Das Übereinkommen von Paris verweist, wie das Kyoto Protokoll bereits in seiner Präambel auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, sowie auf dessen Grundsätze, wobei die Grundsätze der Gerechtigkeit und der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten besonders hervorgehoben werden. Darüber hinausgehend werden im Pariser Übereinkommen zusätzliche Erwägungsgründe postuliert, von denen einige für diese Arbeit näher ausgeführt werden sollen: Zu Beginn wird die Notwendigkeit einer wirksamen und fortschreitenden Reaktion auf die akute Bedrohung durch Klimaänderungen betont. Dann werden die speziellen Bedürfnisse der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, vor allem derjenigen, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen sind, anerkannt. Anschließend werden viele detaillierte Problembereiche des Klimawandels sowie dessen Bekämpfung angeführt. Exemplarisch seien davon erwähnt: Die Anerkennung der Gewährleistung der Ernährungssicherheit und Feststellung, dass die Beendigung des Hungers grundsätzlich Vorrang habe; die zwingende Notwendigkeit eines gerechten Strukturwandels für die arbeitende Bevölkerung; die Verpflichtung der Vertragsstaaten beim Vorgehen gegen Klimaänderungen die Menschenrechte, Rechte indigener Völker, Kinder, Menschen mit Behinderungen sowie das Recht auf Entwicklung, die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen zu achten; die Bedeutung der Erhaltung von Senken; die Integrität aller Ökosysteme; die Bedeutung von Bildung und Beteiligung der Öffentlichkeit; die wichtige Rolle einer nachhaltigen Lebensweise.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Präambel zum Pariser Übereinkommen deutlich umfangreicher als die zum Protokoll von Kyoto formuliert wurde. Bemerkenswert ist, dass

49 Artikel 21 Pariser Übereinkommen 50https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XXVII-7-d&chapter=27&clang=_en

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sowohl direkt klima-relevante, als auch allgemeine Umweltschutzgrundsätze, aber auch Menschenrechte verschiedenster Art erwähnt werden.

Als generelles Ziel legt das Pariser Übereinkommen fest, dass der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C, well below 2 °C über dem vorindustriellen Niveau gehalten werden soll und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Zum Erreichen des genannten langfristigen Temperaturziels bestreben die Vertragsparteien, so bald wie möglich den weitweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen und danach rasche Reduktionen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken herzustellen.51 Dies sollte dazu führen, dass nach 2040 Netto-Nullemissionen erreicht werden, was wohl einen umfassenden Ausstieg aus fossilen Energieträgern voraussetzt.52

Im Vergleich zum Kyoto Protokoll zeigen sich beim Pariser Übereinkommen daher sofort bedeutende Unterschiede: Statt einer prozentmäßigen Reduktionsverpflichtung der Industrienationen legt das Pariser Abkommen ein Temperaturziel der durchschnittlichen Erdtemperatur fest, für dessen Erreichen alle Vertragsstaaten des Abkommens verantwortlich sind. Damit wird der mit dem Durban Mandat 2011 eingeleiteter Prozess, die in Kyoto verwendete „Zweiteilung“ der Welt in Industrie- und Entwicklungsnationen wieder aufzulösen, erfolgreich beendet.53 Eine Unterscheidung in entwickelte Länder und Entwicklungsländer wird allerdings schon in Bezug auf die zu leistenden Beiträge getroffen. Es wird festgehalten, dass die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, weiterhin die Führung übernehmen sollen, indem sie sich zu absoluten gesamtwirtschaftlichen Emissionsreduktionszielen verpflichten sollen. Vertragsstaaten, die Entwicklungsländer sind, werden ermutigt, mit der Zeit auf gesamtwirtschaftliche Ziele zur Emissionsreduktion oder Emissionsbegrenzung überzugehen. Die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten können Strategien, Pläne und Maßnahmen für eine emissionsarme Entwicklung als Beiträge übermitteln.

Diese Neuinterpretation des Prinzips der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten gründet auf der Tatsache, dass 1990 Industrieländer (nach der Kyoto Einteilung) für ca. 60 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich waren, heutzutage allerdings nur noch für ca. ein Drittel, 2030 sollen Entwicklungsländer für ca. drei Viertel der jährlichen globalen Emissionen verantwortlich sein.54

51 Vgl. Art. 4 Pariser Übereinkommen 52 International Energy Agency „World Energy Outlook 2016“; http://www.cop22-morocco.com/news/marrakech-cop22-iea-issues-a-paris-reality-check-128.html 53 Vgl. Hojesky, Ergebnisse von Paris im Überblick, Ministerium für ein lebenswertes Österreich; www. bmlfuw.gv.at 54 Deutsches Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Die Klimakonferenz in Paris, 2016

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Eine vergleichbare Entwicklung gab es auch beim Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen.55 Das Protokoll regelte anfangs nur Reduktionsverpflichtungen für ozonschädigende Stoffe durch Industrieländer; erst 1992 wurden auch die Entwicklungsländer in die Verpflichtungen miteinbezogen.56

4.4 Verpflichtungen der Vertragsstaaten zur Einschränkung des Klimawandels

Das Pariser Übereinkommen legt fest, dass von allen Vertragsparteien ehrgeizige Anstrengungen als Reaktion auf die weltweiten Klimaänderungen zu unternehmen sind, wobei diese Anstrengungen im Laufe der Zeit eine Steigerung darstellen sollen. Im Unterschied zum Kyoto Protokoll werden hiermit alle Vertragsparteien - unabhängig ob Industrienationen oder Entwicklungsländer - verpflichtet, sogenannte national festgelegte Beiträge zu leisten. Anerkannt wird allerdings die Notwendigkeit, die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, bei der wirksamen Durchführung dieses Übereinkommens zu unterstützen.57

Wie im Kapitel 4.3. Grundsätze beschrieben, wird damit der Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung deutlich anders als im Kyoto Protokoll interpretiert. Nunmehr sind alle Vertragsstaaten - unabhängig von ihrem Entwicklungsstand - aufgerufen, Beiträge zur Verminderung der Erderwärmung zu leisten, wobei den entwickelten Staaten dabei besondere Verantwortung zukommt. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Vertragsstaaten sogenannte national festgelegte Beiträge, nationally determined contributions (NDCs), welche sie zu erreichen beabsichtigen, erarbeiten und vorlegen. Diese werden in einem öffentlichen Register gesammelt und können von der Öffentlichkeit eingesehen werden. Jede Vertragspartei soll alle fünf Jahre einen national festgelegten Beitrag übermitteln, wobei das sogenannte Progressionsprinzip zu beachten ist. Das bedeutet, dass jeder nachfolgende national festgelegte Beitrag einer Vertragspartei eine Steigerung gegenüber ihrem vorherigen Beitrag darstellen soll.

4.4.1 Übersicht über bisher veröffentlichte Beiträge Mit Stichtag 31. Jänner 2017 haben 121 Vertragsstaaten ihre beabsichtigten Beiträge im vorläufigen Register veröffentlicht.58 Anzumerken ist, dass das Pariser Übereinkommen keine formalen Erfordernisse der Beiträge festlegt, außer dass jeder nachfolgend festgelegte Beitrag einer Vertragspartei eine Steigerung gegenüber ihrem aktuell geltenden Beitrag darstellen soll und dass die Beiträge eindeutig, transparent und verständlich sein sollen. Dadurch sind die bisher eingelangten Beiträge von sehr unterschiedlichem Format, was einer Vergleichbarkeit der Beiträge stark abträglich ist. Ein näherer Einblick in die Beiträge zeigt, dass viele Staaten unterschiedliche Basisjahre (oder keine Angaben zum Basisjahr) 55 Montreal protocol on substances that deplete the ozone layer, 1987, UN treaty series. Nr. 26369 56 Breier, Klimaschutz im Rahmen der Vereinten Nationen nach Kyoto, RdU, 1998 57 Vgl. Art. 2 Pariser Übereinkommen 58 http://www4.unfccc.int/ndcregistry/Pages/Home.aspx

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sowie verschiedene zeitliche Endziele für ihre Reduktionsverpflichtungen gewählt haben. Viele Vertragsstaaten haben ihre Reduktionsziele in Prozenten der Treibhausgasemissionen angegeben, manche listen lediglich geplante Maßnahmen auf, andere formulieren ihre Beiträge im angestrebten Prozentsatz an erneuerbarer Energie. Ein seriöser Vergleich der Beiträge lässt sich daher nicht erstellen. Überblicksmäßig kann die folgende Tabelle eine Möglichkeit bieten, einen Eindruck über die geplanten Beiträge der ausgewählten Staaten zu erhalten.

Die EU dürfte ihrer Vorreiterrolle mit einer geplanten Reduktion von 40% der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Basisjahr 1990 bis 2030 gerecht werden. Einige andere Staaten, z.B. Kanada, Indien oder Neuseeland, planen ebenfalls Emissionsbegrenzungen im größeren Prozentbereich, allerdings überwiegend im Vergleich zum Basisjahr 2005. Vertragsstaat Reduktionsziel Treibhausgase in % Basisjahr Zeitplan

Australia 26-28 2005 2030

Austria / EU 40 1990 2030

Bahamas 30 2010 2030

Brasilia 37 2005 2025

Canada 30 2005 2030

Iceland /EU 40 1990 2030

India 33-35 2005 2030

Maledives 10-24 2030

Mexico 50 2000 2050

New Zealand 30 2005 2030

Peru 30 2030

Rwanda Wird bis 2017 nachgereicht 2030

Saudi Arabia Keine % Angaben 2030-2050

Thailand 20-25 2005 2030

United Arab Emirates Increase of clean energy to 24% 2021

Ukraine 60 1990 2030

USA 26-28 2005 2025

Tabelle 1: auszugsweiser Überblick über hinterlegte Beiträge der Vertragsstaaten des Pariser Übereinkommens. Datenquelle: UNFCCC, eigene Darstellung.

Jede Vertragspartei wird regelmäßig regionale Berichte mit einem Verzeichnis der anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und des Abbaus solcher Gase durch Senken, sowie über die Fortschritte bei der Umsetzung und dem Erreichen ihres

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national festgelegten Beitrags erstellen.59 Diese Fortschrittsberichte sollen nach Transparenzlinien verfasst werden, nähere Ausführungen darüber sollen durch die Konferenz der Vertragsparteien beschlossen werden. Zu beachten ist, dass diese Berichterstattungspflichten prinzipiell für alle Vertragsstaaten gelten, wobei den Entwicklungsstaaten allerdings Unterstützung bei der Durchführung derselben zugesagt wird.

Zur Förderung der Einhaltung der Bestimmungen wird ein eigener Ausschuss von Sachverständigen eingerichtet, der allerdings einen vermittelnden Charakter haben und in einer transparenten, als nicht streitig angelegten und nicht auf Strafen ausgerichteten Weise handeln soll.60 Damit ist klar festgelegt, dass es keine direkten Sanktionen (wie z.B. Pönalzuschläge nach dem Kyoto Protokoll) für eine Nicht-Einhaltung der geplanten Reduktionsziele geben soll, sondern lediglich durch die Veröffentlichung der Berichte ein gewisser Druck auf die Vertragsstaaten ausgeübt werden wird.

4.5 Alternative Möglichkeiten zur Erreichung der Beiträge

4.5.1 Zielgemeinschaften Wie im Kyoto Protokoll steht auch Vertragsstaaten nach dem Pariser Übereinkommen die Möglichkeit offen, bei der Erreichung des gemeinsamen Zieles des Übereinkommens den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten, gemeinsam zu handeln. Dazu müssen dem Sekretariat zum Zeitpunkt der Übermittlung der national festgelegten Beiträge die Bedingungen dieser Vereinbarung einschließlich des jeder Vertragspartei innerhalb der betreffenden Zeiträume zugeteilten Emissionsniveau kommuniziert werden.61 Daraus folgt, dass Vertragsstaaten wieder sogenannte Zielgemeinschaften, Bubbles bilden können, die dazu dienen, die vorgesehenen Beiträge gemeinsam zu erzielen, wobei die interne Verteilung von der national kommunizierten Reduktion abweichen kann. Sollte die Zielgemeinschaft ihr gesetztes Ziel nicht erreichen, ist jeder Vertragsstaat wieder für seinen nationalen Beitrag verantwortlich.

Eine eigene Bestimmung findet sich diesbezüglich für die EU: wenn gemeinsam handelnde Vertragsparteien im Rahmen und zusammen mit einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration handeln die selbst Vertragspartei dieses Übereinkommen ist, ist jeder Mitgliedstaat dieser Organisation einzeln sowie zusammen mit der Organisation für sein Emissionsniveau verantwortlich.62

4.5.2 Die Pariser Mechanismen Das Pariser Übereinkommen etabliert neue Mechanismen zur Erreichung der Zielsetzung nach dem Übereinkommen. Diese neuen Instrumente sind an die Struktur des Übereinkommens angepasst und weisen beträchtliche Unterschiede zu den Kyoto 59 Vgl. Art. 13 Pariser Übereinkommen 60 Vgl. Art. 15 Pariser Übereinkommen 61 Vgl. Art. 4 Abs. 16 Pariser Übereinkommen 62 Vgl. Art. 4 Abs. 18 Pariser Übereinkommen

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Mechanismen auf. Trotzdem können sie nicht losgelöst von den Kyoto Mechanismen betrachtet werden, vielmehr sollen Erkenntnisse aus der Anwendung der Kyoto Mechanismen auch auf die neuen Pariser Instrumente angewendet werden.63

International übertragbare Minderungsergebnisse

Artikel 6 Pariser Übereinkommen sieht die Möglichkeit einer freiwilligen Zusammenarbeit der Vertragsparteien vor. Diese soll dem Ziel dienen, sich für ihre Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen höhere Ambitionen setzen zu können und die nachhaltige Entwicklung und Umweltintegrität zu fördern. Dazu sollen international übertragbare Minderungsergebnisse verwendet werden können, wobei ein verlässliches Abrechnungsverfahren verwendet werden muss, um unter anderem die Vermeidung von Doppelzählungen zu gewährleisten. Leitlinien zur Anwendung dieses Abrechnungsverfahrens werden von der Konferenz der Vertragsparteien beschlossen. Festgehalten wird explizit, dass die Verwendung international übertragbarer Minderungsergebnisse zum Erreichen der national festgelegten Beiträge nach dem Pariser Übereinkommen freiwillig ist und der Genehmigung durch die beteiligten Vertragsstaaten bedarf.

Diese Form der Kooperation von Vertragsstaaten kann als linkage bezeichnet werden und entspricht einer Art Emissionshandel, wie im Kyoto Protokoll vorgesehen. Analog Kyoto wird auch bei den international übertragbaren Minderungsergebnissen davon auszugehen sein, dass dieser Mechanismus nicht nur von Staaten, sondern auch von nicht-staatlichen Einheiten genutzt werden kann.64

Mechanismus zur Minderung der Emissionen von Treibhausgasen und zur Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung

Auf freiwilliger Grundlage kann ein Mechanismus zur Minderung von weltweiten Treibhausgasen, Sustainable Development Mechanism genutzt werden. Dieser soll gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung unterstützen. Damit soll der neue Mechanismus die Kyoto Mechanismen Clean Development und Joint Implementation vereinen.65 Die Funktionsweise sieht vor, zur Absenkung des Emissionsniveaus im Gastland beizutragen, sodass das Gastland Nutzen aus den Minderungstätigkeiten ziehen können soll. Die sich daraus ergebenden Emissionsreduktionen können auch von einer anderen Vertragspartei zur Erfüllung ihrer national festgelegten Beiträge verwendet werden. Im Unterschied zu den genannten Kyoto Mechanismen steht dieser neue Mechanismus allen Vertragsstaaten zur Verfügung.

63 Report of the Conference of the Parties on ist 21st session, Dez. 2015, para. 37;Decision 1/CP.21, FCCC/Cp/2015/10/Add.1 64 Starvin, Market Mechanisms in the Paris Climate Agreement: international linkage under Art. 6.2; in Stavins, Stowe, in the Paris agreement and beyond: international climate change policy post 2020; Cambridge 2016 65 Marcu, Governance of carbon markets under article 6 of the Paris agreement, in Stavins, Stowe, in the Paris agreement and beyond: international climate change policy post 2020; Cambridge 2016

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Der Mechanismus wird von einem Gremium beaufsichtigt, das von der als Tagung der Vertragsparteien der Konferenz der Vertragsparteien bestimmt wird und sicherstellen soll, dass durch die Anwendung des Mechanismus eine allgemeine Minderung der weltweiten Emissionen erreicht wird. Weiteres Ziel des Mechanismus ist die Beteiligung der durch eine Vertragspartei ermächtigten öffentlichen und privaten Rechtsträger an der Minderung der Emissionen von Treibhausgasen durch bestimmte Anreize zu fördern und zu erleichtern. Inhalt des Mechanismus ist, dass in einem Gastland Absenkungen des Emissionsniveaus erreicht werden, die auch von einer anderen Vertragspartei zur Erfüllung ihres national festgelegten Beitrags verwendet werden.

Betont wird hierbei, dass Emissionsreduktionen, die sich aus diesem Mechanismus ergeben, nicht zum Nachweis des Erreichens des national festgelegten Beitrags des Gastlandes verwendet werden dürfen, wenn sie von einer anderen Vertragspartei zum Nachweis des Erreichens ihres Beitrags verwendet werden. Damit wird ein Verbot der doppelten Anrechnung (für beide beteiligte Staaten) ausgesprochen. Ein Teil der Erlöse aus der Anwendung dieses Mechanismus soll für Verwaltungskosten der Abwicklung des Mechanismus eingesetzt werden. Ein weiterer Teil soll dafür verwendet werden, die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderung in dafür besonders anfälligen Vertragsparteien - die Entwicklungsländer sind - zu lindern und diese dabei zu unterstützen, die genannten Anpassungskosten zu tragen.

Rahmen für nicht marktbasierte Ansätze für eine nachhaltige Entwicklung

Neben den oben erwähnten Mechanismen, betont Artikel 6 die Wichtigkeit, dass Vertragsparteien integrierte, ganzheitliche und ausgewogene, nicht marktbasierte Ansätze zur Verfügung stehen, die sie bei der Umsetzung ihrer national festgelegten Beiträge im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und der Beseitigung der Armut unterstützen. Als Beispiele für solche Unterstützungen nennt das Übereinkommen Minderung, Anpassung, Finanzierung, Weitergabe von Technologien und Aufbau von Kapazitäten, lässt aber auch andere Möglichkeiten offen. Diese nicht marktbasierten Ansätze sollen in einem eigenen Rahmen gefördert werden. Dies könnte in Form eines Rahmens für Technologietransfer zur Förderung erneuerbarer Energiequellen umgesetzt werden.

4.6 Weitere Verpflichtungen der Vertragsstaaten

Neben der Verpflichtung der Vertragsstaaten, Beiträge zur Beschränkung der weltweiten Erderwärmung zu leisten, sieht das Pariser Übereinkommen eine Reihe weiterer Verpflichtungen der beteiligten Staaten vor.

4.6.1 Erhaltung von Senken und Waldschutz Die Vertragsparteien sollen Maßnahmen zur Erhaltung und gegebenenfalls Verbesserung von Senken und Speichern von Treibhausgasen, darunter Wälder, ergreifen. Hingewiesen wird speziell auf die Gefährdung der Entwaldung und Verschlechterung des Zustandes der Wälder und auf die Bedeutung des Waldes als Kohlenstoffspeicher.66 Dieser spezielle Artikel zum Schutz der Wälder ist auch deshalb von Bedeutung, da bis jetzt keine Konvention zum

66 Vgl. Art. 5 Pariser Übereinkommen

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Schutz der Wälder auf UN-Ebene beschlossen werden konnte.67 Im Zuge der Rio Verhandlungen blieb es bei einer unverbindlichen Wälder-Erklärung, Forest Principles.68 Vor allem in Bezug auf waldreiche Länder wie z.B. Brasilien scheint die Erhaltung von Wäldern als Senken bedeutend und spiegelt sich auch in einem engagierten nationalen Beitrag wider.

4.6.2 Anpassung Artikel 7 des Pariser Übereinkommens verpflichtet Vertragsstaaten, das globale Ziel der Anpassung durch die Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen zu unterstützen, um einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Länder, die die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels besonders spüren, sollen verstärkt unterstützt werden. Anpassungsmaßnahmen sollen so gewählt werden, dass besonders schutzwürdige Gruppen und Ökosysteme berücksichtigt werden, die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, aber auch traditionelles Wissen und solches indigener Völker bedacht werden und sozioökonomische und umweltrelevanten Politiken einbezogen werden, sowie Entwicklungsländer besonders unterstützt werden. Um dies umzusetzen, sollen nationale Anpassungspläne erstellt und regelmäßig durch Anpassungsmitteilungen aktualisiert werden. Diese Anpassungspläne und –mitteilungen werden in ein öffentliches Register eingetragen, sodass – wie bei den nationalen Beiträgen – öffentlicher Druck zur Einhaltung der Anpassungspläne entstehen soll. Anpassung ist damit mit dem gleichen politischen Gewicht wie Emissionsminderung verankert.69

4.6.3 Verluste und Schäden Dem Thema Verluste und Schäden wurde ein eigener Artikel (Nr. 8) im Pariser Übereinkommen gewidmet. Dort wird festgeschrieben, dass die Vertragsparteien anerkennen, wie wichtig es ist, Verluste und Schäden, die mit den nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen verbunden sind, zu vermeiden, auf ein Mindestmaß zu verringern und zu bewältigen. Kooperationen in den Bereichen Frühwarnsysteme, Notfallvorsorge, Risikobewertung und -management und anderen sollen geschaffen werden.

Im Bericht der Konferenz der Vertragsstaaten wird allerdings festgehalten, dass das Pariser Übereinkommen keine Rechtsgrundlage für Schadenersatzforderungen festlegt.70

67 Breier, Klimaschutz im Rahmen der Vereinten Nationen nach Kyoto, RdU, 1998 68 UN-GA, Report of the UN Conference on Environment and Development, Rio de Janeiro, 1992, Annex III, Non-legally binding authorative statement of principles for a global concensus on the management, conservation and sustainable development of all types of forests, UN Doc. A/CONF: 151/26 (Vol. III) 69 Breitwieser, Radunsky, Anpassung an den Klimawandel, loss and damage; Österreichische Entwicklungszusammenarbeit; www.emtwicklung.at 70 Report of the Conference of the Parties on ist 21st session, Dez. 2015, para. 51; Decision 1/CP.21, FCCC/Cp/2015/10/Add.1

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4.6.4 Finanzielle Verpflichtungen Auch eine Verpflichtung zur Bereitstellung finanzieller Mittel findet sich im Pariser Übereinkommen.71 Verpflichtet sind demnach Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind. Begünstigte sind Vertragsparteien, die als Entwicklungsländer gelten. Zweck der finanziellen Hilfe ist die Unterstützung von Entwicklungsländern bei Minderung und Anpassung gemäß dem Pariser Übereinkommen. Neben der Verpflichtung der entwickelten Länder, diese finanzielle Unterstützung, die auch Klimafinanzierung genannt wird, zu gewähren, werden andere Vertragsparteien ermutigt, diese Unterstützung auf freiwilliger Grundlage zu geben.

Durch die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel soll ein Gleichgewicht zwischen Anpassung und Minderung angestrebt werden, und zwar unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Entwicklungsländer, vor allem derjenigen, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderung sind und erhebliche Kapazitätsengpässe haben.

Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, übermitteln alle zwei Jahre Informationen über die voraussichtliche Höhe der Finanzmittel, die den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden.

Jüngste Evaluierungen zeigen allerdings, dass die Zusagen bis jetzt nur teilweise eingehalten werden, und vor allem die Vertragsstaaten, die von den Auswirkungen des Klimawandels am stärksten betroffen sind keine ausreichende finanzielle Unterstützung erfahren.72

4.6.5 Austrittsmöglichkeiten Da es aktuell bereits Überlegungen einer Vertragspartei gibt, wieder aus dem Paris Übereinkommen auszutreten, hier ein kurzer Überblick über die dafür anwendbaren Bedingungen:73

Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem das Pariser Übereinkommen für diese Vertragspartei in Kraft getreten ist, durch schriftliche Notifikation von dem Übereinkommen zurücktreten. Dieser Rücktritt wird frühestens nach Ablauf eines Jahres nach Notifikation, oder zu einem gegebenenfalls in der Notifikation später genannten Zeitpunkt wirksam.

Ein Austritt aus dem Pariser Übereinkommen entspricht damit den Rücktrittsmöglichkeiten nach dem Kyoto Protokoll. Ein Rücktritt wird in Folge dessen für Vertragsparteien frühestens vier Jahre nach Bekanntgabe ihres Rücktritts vom Übereinkommen wirksam.

71 Vgl. Art. 9 Übereinkommen von Paris 72 Oxfam, „The climate finance shadow report 2016“; http://www.cop22-morocco.com/news/a-year-after-the-paris-climate-deal-most-vulnerable-are-still-not-getting-financial-support-they-need-115.html 73 Vgl. Art. 28 Übereinkommen von Paris

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5 Ergebnisse und Schlussfolgerungen Das Pariser Übereinkommen unterscheidet sich signifikant vom Protokoll von Kyoto. Dies beginnt bereits in der Präambel, wo das Übereinkommen von Paris umfangreich sowohl auf direkt klima-relevante, als auch allgemeine Umweltschutzgrundsätze, aber auch Menschenrechte verschiedenster Art verweist. Hierin zeigt sich bereits zu Beginn eine Weiterentwicklung und Veränderung des völkerrechtlichen Zugangs von einem rein auf einen strengen Klimaschutz ausgerichteten Vertrag zu einem Übereinkommen zum Schutz des Klimas, das mehrere andere Aspekte ebenfalls berücksichtigt und daher einen weniger verbindlichen Ansatz der Verpflichtungen der Vertragsstaaten wählt.

5.1 Inkrafttreten des Übereikommens ist als Erfolg zu werten

Die Ergebnisse der 21. UN-Klimakonferenz in Paris sind angesichts der davor gescheiterten Klimagipfel um ein Nachfolgemodell des Kyoto Protokolls ein Erfolg.74 Wie in Kapitel 3. Von Kyoto nach Paris beschrieben, verpflichteten sich lediglich sehr wenig Staaten, die auch nur für eine geringe Menge der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich waren, für eine zweite Kyoto Periode. Damit war klar, dass das Klimaschutzprinzip nach dem Kyoto Modell seine weltweite Bedeutung verloren hatte und ein neues Regime an seine Stelle treten musste. Allein die Tatsache, dass sehr viele Staaten das Pariser Übereinkommen unterschrieben haben und auch bedeutend viele anschließend ratifiziert haben, zeigt, dass ein weltweiter Wille zur Reduktion der Erderwärmung vorhanden ist. Bestätigt wird diese These durch das überdurchschnittlich schnelle Inkrafttreten des Pariser Übereinkommens, vor allem eingedenk der Tatsache, dass das Inkrafttreten des Kyoto Protokolls lange Zeit mangels Ratifikation durch die Staaten, die damals große Mengen an Treibhausgasen emittierten, sehr unsicher erschien.

5.2 Keine verpflichtende Reduktionsziele

Da die meisten Staaten nicht mehr bereit waren, sich verpflichtenden Reduktionszielen zu unterwerfen, legt das Pariser Übereinkommen lediglich ein allgemeines Ziel zur Begrenzung des Anstiegs der durchschnittlichen Erdtemperatur aber keine individuelle Verpflichtung der Staaten in Bezug auf dessen Erreichung fest. Vertragsstaaten sind daher in der Festlegung ihrer nationalen Beiträge frei, wodurch jedenfalls die Gefahr besteht, dass die Summe der geplanten Emissionsreduktionen nicht zur Zielerreichung ausreicht (dieses Szenario ist mittlerweile eingetreten; siehe unten Punkt 5.4. Mangelnde Bereitschaft der Vertragsstaaten ausreichend hohe Beiträge zu leisten). Als Schwachpunkte des Abkommens erscheint daher jedenfalls im Vergleich zum Kyoto Protokoll der Verzicht auf bindende Ziele für eine Reduktion des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen.

74 Wagner, soft law von Paris fortzuschreiben wird nicht reichen, die Presse, 21. Dezember 2015

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5.3 Keine völkerrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten bei Nicht-Einhaltung der Ziele des Pariser Übereinkommens

Auffallend ist, dass das Pariser Übereinkommen keine Vertragsstrafen bei Missachtung beziehungsweise bei Nichteinhaltung der in den nationalen Beiträgen genannten Ziele vorsieht. Lediglich durch die Veröffentlichung der geplanten Einsparungsziele soll eine gewisse Verpflichtungshaltung erzeugt werden. Vor allem im Kontrast zum Kyoto Protokoll, das einen „Straf-Drittel-Aufschlag“ für nicht-eingehaltene Emissionsbeschränkungen vorsieht, könnte die mangelnde direkte Sanktionierbarkeit von Nicht-Einhaltungen als Rückschritt gesehen werden.

In diesem Zusammenhang soll auch auf die fehlende Einklagbarkeit von den im Vertrag genannten Hilfen für Klimaschäden in Staaten, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen sind, hingewiesen werden. Analog der oben beschriebenen Sanktionslosigkeit bei Nichteinhaltung der nationalen Beiträge besteht auch für die Nichterreichung dieses Zieles des Pariser Übereinkommens keine direkte Pönalmöglichkeit.

5.4 Mangelnde Bereitschaft der Vertragsstaaten ausreichend hohe nationale Beiträge zu leisten

Fast alle Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention hatten bereits vor der Pariser Klimakonferenz beabsichtigte Beiträge zur Erreichung der Reduktion der Erderwärmung vorgelegt, welche mit der Ratifikation der Pariser Übereinkunft offiziell zu nationalen Beiträgen wurden.75

Die Analyse der vorliegenden Beiträge der Staaten führt allerdings zum Ergebnis, dass die Summe der geplanten Beiträge in der derzeitigen Form für dieses Limit und damit für die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels nicht ausreicht.76 Dies wurde auch von der Konferenz der Vertragsstaaten erkannt, weshalb festgestellt wurde, dass weitere Anstrengungen notwendig sein werden, um die beabsichtigten Klimaziele zu erreichen.77 Auch bei der zuletzt stattgefundenen Konferenz der Vertragsparteien (COP 22, gleichzeitig CMP 12 nach dem Kyoto Protokoll und erste Tagung der Vertragsparteien des Pariser Übereinkommens CMA 1), die von 7. Bis 18. November 2016 in Marrakesch, Marokko stattgefunden hat, erkannten die Vertragsparteien dies als dringliches Problem und beschlossen, dass größere und

75 http://unfccc.int/focus/indc_portal/items/8766.php 76 Vgl. ia Streissler, Klimaabkommen von Paris: Mehr Licht als Schatten, AK Umwelt, 2016;

Mooney, the world hast he right climate goals – but the wrong ambition levels to achieve them, the Washington Post, 26. June 2016 77 Report of the Conference of the Parties on ist 21st session, Dez. 2015, para. 17; Decision 1/CP.21, FCCC/Cp/2015/10/Add.1

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intensivere Anstrengungen nötig wären, um die Pariser Ziele zu erreichen. Dies soll zu Beginn mit deutlicheren Bemühungen für die Periode 2017 bis 2020 erreicht werden.78

Als Ergebnis sollen die Vertragsstaaten ihre Ziele bis 2020 evaluieren und dann im fünf-Jahres-Rhythmus neue Maßnahmen vorlegen, wobei das Progressionsprinzip (nachfolgende Beiträge müssen ambitionierter als voran gegangene sein) zu berücksichtigen ist.

Jeweils zwei Jahre vor Neuvorlage der Beiträge soll geprüft werden, ob die Summe der nationalen Beiträge ausreicht, die Ziele des Übereinkommens zu erreichen. Diese als global stocktake bezeichnete Überprüfung soll zeigen, ob die gemeinsam unternommenen Anstrengungen ausreichen, oder ob verstärkte Bemühungen notwendig sind. Ein erster solcher Überprüfungsdialog ist für 2018 geplant, 2023 sollen dann zusätzlich erstmals auch die Erfolge bei der Anpassung an den Klimawandel geprüft werden.79

5.5 Würdigung

Als erste Konsequenz der oben beschriebenen Ergebnisse scheint das Pariser Übereinkommen einen Rückschritt in Bezug auf völkerrechtlichen Klimaschutz darzustellen. In Gegenüberstellung zum Kyoto Protokoll fällt vordergründig das Fehlen konkreter Einsparungsverpflichtungen und die mangelnde Sanktionierbarkeit der Nichteinhaltung der freiwillig festgelegten nationalen Beiträge zur Eindämmung der weltweiten Erderwärmung auf. Da eine seriöse Würdigung aber auch eine Beurteilung der Rahmenbedingungen miteinbeziehen sollte, muss die Beurteilung des Pariser Übereinkommens differenzierter vorgenommen werden. Als positiv ist jedenfalls hervorzuheben, dass es eine quasi weltweite Einigung bezüglich der Zielsetzung der Beschränkung des Anstiegs der durchschnittlichen Erderwärmung gab und die beteiligten Vertragsparteien dieser Einigung auch insofern Bedeutung zumaßen, dass das Pariser Übereinkommen unerwartet schnell in Kraft treten konnte.

Vor allem im Vergleich zu möglichen Alternativen zum Pariser Übereinkommen zeigt sich, dass dessen Beschlussfassung zumindest die Fortführung des weltweiten Versuchs, die Erderwärmung nicht unbeschränkt voranschreiten zu lassen, darstellt. In welchem Ausmaß sich die Vertragsstaaten langfristig gesehen an ihre nationalen Beiträge gebunden fühlen werden, beziehungsweise wie weit ihre Bereitschaft gehen wird, zusätzliche Emissionsminderungsmaßnahmen zu setzen, um zumindest die Möglichkeit zu erhalten, das in Paris gesetzte Ziel der maximalen Erderwärmung auf 2 °C zu erreichen, wird sich zeigen.

78 Marrakech Partnership for Global Climate Action; http://unfccc.int/files/paris_agreement/application/pdf/marrakech_partnership_for_global_climate_action.pdf 79 Report of the Conference of the Parties on ist 21st session, Dez. 2015, para. 20; Decision 1/CP.21, FCCC/Cp/2015/10/Add.1