von Marx und Engels für eine proletarische Partei … · Engels im Verlauf der Diskussion auf dem...

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40 Siehe npvDKVl3HeHHbie Vl3AaHIMl VI ny6nvlKaL\VIVI npoVl3SeAeHf1v\ K. MapKca VI W.3HI·enbca, 4, 11, MOCKS8 1977, CTP, 65, 68-69, 41 A. PeY::lnb: nOneMIi1Ka BOI<pyr "KanIi1T8na" Kapna MapKca B POCCIi1V1 1870 rOAOB, In: neTOnVlCl-1 MapKCIi13Ma, MOCKBa neHIi1HrpaA 1930, I (XI), CTP, 69, 42 Friedrich Engels: Vorwort zur englischen Ausgabe [des "Kapitals"], In MEW, Bd,23, S,39, 43 n, 5pe)l(HeB: nOCeTIi1TenFlM cOBeTcKoC1 BblCTaBKIi1 B noc-AHA)Kenece, In: npaBA8, 13 HOH6pR 1977r" CTp.1, 44 BOCnOMIi1HaHIi1R II1B8Ha BacVlnbesVl4a 5a6ywKf1Ha, MocKsa 1951, CTp,55-56, 45 W, I. Lenin: Was sind die "Volksfreunde" und wie kämpfen sie gegen die Sozialdemo- kraten? I n Werke, Bd, 1, S, 132, 46 Siehe 3, X, Capanl40Ba: "KanI4Tan" K, MapKca VI pa604ee ABl-1)1(eHli1e B POCCIi1Ii1, MocKBa 1975, CTP, 37-38, - 10, T, XapIi1TOHOB: 1113 Ii1CTOPIi1Ii1 npeAweCTSYIOll\VlX 1i13J.\aHVlC1 li1 0 HOBOM Vl3AaHIi11i1 11 TOMa "Kam'ITana" Ha PYCCKOM R3blKe - 24 TOMa C04Ii1HeHI4C1 K, MapKca li1 W,3Hrenbca, In: 5lOnneTeHb, NQ14, Moclma 1966, CTp,196-199, 47 Siehe B, 111. neHI4H - ,0.,6, Pil3aHoBY, 2 cjJeBpanR 1921 r, In: B, 111, neHIi1H: nonHoe co6p, C04" T,52, CTp,64, 46 ZUR GESCHICHTE DES BUNDES DER KOMMUNISTEN Sofia Lewiowa Der Bund der Kommunisten - eine Etappe des Kampfes von Marx und Engels für eine proletarische Partei Marx' und Engels' Lehre von der Partei des Proletariats und ihre Erfahrungen bei der Schaffung einer solchen Partei nehmen in der Geschichte des Marxismus und der internationalen Arbeiterbewegung einen wichtigen Platz ein, Die Untersuchung dieser Problematik hat entscheidende Be- deutung für die Klärung solcher methodologischer Fragen wie die Wechsel- beziehung von Spontanität und Bewußtheit in der Arbeiterbewegung, die führende Rolle der proletarischen Partei in der bürgerlich-demokratischen Revolution, bei der Erringung der politischen Macht durch die Arbeiter- klasse und beim Aufbau des Kommunismus. In diesem Zusammenhang sind die Geschichte des Bundes der Kommu- nisten, seine Rolle in der Frühgeschichte der Arbeiterbewegung, der Kampf von Marx und Engels für die Schaffung einer proletarischen Partei in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts von besonderer Bedeutung, Schon Mitte der vierziger Jahre kamen Marx und Engels zu der Schluß- folgerung, daß die kommunistischen Ideen ihren umgestaltenden Einfluß auf die gesellschaftliche Entwicklung nur dann ausüben können, wenn sie mit der Arbeiterbewegung verbunden sind. Engels äußerte diesen Gedanken in seinem Werk Lage der arbeitenden Klasse in England" in bezug den Chartismus, der organisiertesten Form der Arbeiterbewegung jener Zeit. 1 Seitdem richteten Marx und Engels ihre ganze Tätigkeit nicht nur auf die Entwicklung der Grundrichtungen ihrer revolutionären Theorie, sondern auch auf die Propagierung dieser Ideen unter den fortgeschrittenen Ar- 47

Transcript of von Marx und Engels für eine proletarische Partei … · Engels im Verlauf der Diskussion auf dem...

  • 40 Siehe npvDKVl3HeHHbie Vl3AaHIMl VI ny6nvlKaL\VIVI npoVl3SeAeHf1v\ K. MapKca VI W.3HI·enbca, 4, 11, MOCKS8 1977, CTP, 65, 68-69,

    41 A. PeY::lnb: nOneMIi1Ka BOI

  • beitern. Diese Besonderheit der Entwicklung des wissenschaftlichen Kommunismus definierte Engels fast ein halbes Jahrhundert später exakt und tiefgründig in seiner Arbeit "Der Sozialismus in Deutschland". Er bemerkte, daß der deutsche Sozialismus "von lange vor 1848 datiert", und charakterisierte zwei Tendenzen, die anfangs unabhängig voneinander existierten; einerseits die spontane Arbeiterbewegung, die durch den Bund der Gerechten repräsentiert wurde; andererseits entstand und entwickelte sich die "theoretische Bewegung"; "diese Richtung wird gleich von vornherein beherrscht durch den Namen Marx".2 Erst durch die Bildung des Bundes der Kommunisten vollzog sich die Verschmelzung dieser beiden Strömungen.

    Als Marx und Engels die Notwendigkeit erkannten, eine proletarische Partei auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kommunismuszu gründen, gingen sie bei der Bestimmung der Methoden des Kampfes für eine solche Partei in Deutschland vom Entwicklungsniveau der deutschen und inter

    nationalen Arbeiterbewegung aus. Ende der dreißiger jahre hatte sich eine Gruppe von deutschen Hand

    werkern, die sich aus verschiedenen Gründen im Ausland aufhielten, zum geheimen Bund Gerechten vereinigt. Als Marx und Engels zum ersten Male die Grundsätze ihrer revolutionären Lehre verkündeten, war der Bund der Gerechten schon eine ausgebildete Organisation mit Statuten, die nach den Traditionen der geheimen Verschwörergesellschaften ausgearbeitet worden waren. (In dieser Hinsicht näherte er sich der blanquistischen Gesellschaft der jahreszeiten.) Marx und Engels wiesen darauf hin, daß sowohl das Programm als auch die ideologische Plattform des Bundes während der vierziger jahre eine komplizierte Evolution durchmachten, die alle Wendungen der Entwicklung philosophischer und sozialistischer Ideen in Deutschland, Frankreich und England widerspiegelte.3 Die egalitären Ideen des Babouvismus und utopischen Kommunismus Weitlings, der Owenismus und Feuerbachs Kritik der Religion, der deutsche "wahre" Sozialismus, der auf der Grundlage des französischen kleinbürgerlichen Sozialismus entstanden war, beeinflußten den Bund der Gerechten bis Mitte der vierziger jahre.4 Dieser Bund spielte eine wichtige Rolle in der deutschen Arbeiterbewegung. Entstanden als eine der zahlreichen Geheimgesellschaften der dreißiger Jahre, wuchs er allmählich über seine anfänglichen Ziele und Organisationsformen hinaus. Mit der Zeit wurde die Propagierung revolutionärer und sozialistischer Ideen und die politische Bildung der Arbeiter zum Hauptinhalt seiner Tätigkeit. Besonders wichtig war in dieser Hinsicht die Schaffung öffentlicher Bildungsvereine deutscher Arbeiter an den Orten, wo geheime Gemeinden des Bundes existierten. Die größte Organisation dieser Artwar der Bildungsverein für deutsche Arbeiter in London, der in den vierziger jahren zum faktischen Zentrum des gesamten

    Bundes der Gerechten wurde.5

    Die Beziehungen zwischen Marx und Engels und den Führern des Bundes

    der Gerechten waren in diesen Jahren komplizierter Art. Wie Karl Schapper, Joseph Moll, Heinrich Bauer und andere zum wissenschaftlichen Kommunismus kamen, war typisch für die Anfangsetappe der Arbeiterbewegung und ihr langes und mühevolles Suchen nach einer revolutionären Theorie. Mitte der vierziger jahre waren sie noch von sektiererischen Vorstellungen über den politischen Kampf, von Theorien des utopischen Sozialismus, undifferenzierten Gleichheitsideen und von der Illusion befangen, "Brüderlichkeit" und "Gleichheit" im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft verwirklichen zu können.

    In diesem Zusammenhang ist Engels' Urteil über die deutschen Handwerker in Paris VOm Januar 1848, das heißt am Vorabend der Revolution, von besonderer Bedeutung: "Die Weitlingerei und Proudhonisterei sind wirklich der komplettste Ausdruck der Lebensverhältnisse"6 dieser Leute und ihres kleinbürgerlichen Wesens, schrieb er an Marx. Das galt aber für den fortschrittlichsten Teil der deutschen Arbeiter, für die Mitglieder des Bundes der Gerechten. Engels bezeichnete sie in seinen Briefen an Marx als "Straubinger" - so nannte man in Deutschland wandernde Handwerksgesellen -, um zu betonen, daß sie sich noch in bedeutendem Maße von überholten Zunftvorstellungen und Vorurteilen leiten ließen. In den vierziger jahren bildete sich das Proletariat in Deutschland erst heraus (es bestand zu einem wesentlichen Teil aus Handwerkern und Handwerksgesellen), und es war noch weit davon entfernt, eine "Klasse für sich" zu werden.

    Doch die progressive Entwicklung der Arbeiterbewegung in Deutschland wurde weder zu Beginn noch in der Folgezeit durch diese Schwäche entscheidend beeinflußt. Das proletarische Bewußtsein bahnte sich spontan seinen Weg durch den Wust von überholten Ansichten und Vorurteilen. Die besten Vertreter der Arbeiter fühlten instinktiv das Bedürfnis nach einer revolutionären Theorie, die dem Proletariat den realen Weg zur Befreiung weisen konnte. Darin bestand das Verdienst der Vorkämpfer der deutschen Arbeiterbewegung. Deshalb folgt nach Engels' Feststellung, daß "die [Bundes-}Mitglieder [...} fast ausschließlich eigentliche Handwerker" waren, denen noch "eine Masse vererbter Zunftvorstellungen" anhafteten,

    wichtige Einschätzung: "Es gereicht ihnen zur höchsten Ehre, daß sie, die selbst noch nicht einmal vollgültige Proletarier waren, sondern nur ein im Übergang ins moderne Proletariat begriffener Anhang des Kleinbürgertums, der noch nicht in direktem Gegensatz gegen die Bourgeoisie, d. h. das große Kapital stand - daß diese Handwerker imstande waren, ihre künftige Entwicklung instinktiv zu antizipieren und, wenn auch noch nicht mit vollem Bewußtsein, sich als Partei des Proletariats zu konstituieren.,,7 So kennzeichnete Engels die Bedeutung des Bundes der Gerechten in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, die Besonderheit dieser Organisation, ihren Übergang von einer geheimen Handwerkergesellschaft

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  • zur proletarischen Partei, deren Losung hieß: Kampf für die Befreiung der Arbeiterklasse. Im Bund der Gerechten begann das Vordringen des Marxismus in die Arbeiterbewegung, das zur Bildung des Bundes der Kommunisten führte.

    Marx und Engels gingen davon aus, daß solch eine Partei nur durch die Propagierung der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus und die Überwindung des Einflusses des kleinbürgerlichen und utopischen Sozialismus auf die fortgeschrittenen Arbeiter und die demokratische Intelligenz geschaffen werden könnte. Deshalb richteten sie von Anfang 1846 an alle Anstrengungen auf die Herstellung von Verbindungen zwischen den einzelnen sozialistischen Gruppen und die Koordinierung ihrer Tätigkeit. Dieser Aufgabe diente die Gründung kommunistischer Korrespondenzkomitees. Sie trugen internationalen Charakter: außer den deutschen Kommunisten im In- und Ausland vereinigten sie auch Revolutionäre an

    derer länder. So gehörte der leitenden Gruppe im Brüsseler Komitee außer Marx, Engels und Wilhelm WolH auch der Belgier Philippe Gigot an; der Führer des revolutionären Flügels der Chartisten George Harney beteiligte sich an der Arbeit des Londoner Korrespondenzkomitees; es wurden auch Verhandlungen geführt, um französische Kommunisten und Sozialisten heranzuziehen.8 Obwohl die Tätigkeit der Korrespondenzkomitees keinen so großen Umfang erreichte, wie es ihre Begründer anfangs anstrebten, spielten sie doch eine große Rolle. Sie haben Arbeiter und fortschrittliche Intellektuelle mit den Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus bekannt

    gemacht, und sie förderten auch die Aneignung dieser revolutionären Ansichten durch die Führer und Mitglieder des Bundes der Gerechten.

    Die Jahre von 1846 bis 1848 wurden zu einer wichtigen Etappe im Kampf von Marx und Engels und ihrer Anhänger für die Schaffung einer proletarischen Partei. Die Propagierung der neuen revolutionären Lehre und der Kampf gegen die kleinbürgerlichen Konzeptionen in der "DeutschenBrüsseler-Zeitung", die Tätigkeit von Marx und Engels und ihrer Freunde Wilhelm Wolff, Gigot, Karl Wallau und anderer in den unter ihrer Mitwirkung gebildeten Organisationen, wie der Deutsche Arbeiterverein und die Brüsseler Demokratische Gesellschaft, spielten eine große Rolle beim Zusammenschluß der Gleichgesinnten, der Kommunisten. Zur gleichen Zeit festigte sich die Verbindung der Brüsseler Kommunisten mit den Londoner Führern des Bundes der Gerechten und den Führern des linken Flügels der Chartisten. Bei der Überwindung von Einflüssen des kleinbürgerlichen Sozialismus und bei der Gewinnung von Mitgliedern des Bundes der Gerechten für den wissenschaftlichen Kommunismus hatte die Tätigkeit von Engels in den Pariser Gemeinden des Bundes 1846/1847 große Bedeutung. Damit legte er, wie Lenin schrieb, in Paris den Grundstein der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands.9 Beharrlich und geduldig erklärte Engels den in Paris lebenden deutschen Handwerkern - Tischlern,

    Gerbern, Schneidern etc ..- die Ziele und Absichten der Kommunisten. lO

    Dabei mußte er die rückständigen, verworrenen und unreifen Ansichten seiner Hörer überwinden, die sich unter dem Einfluß der Auffassungen von Weitling und besonders von Proudhon befanden. Diese Auffassungen wurden von dem "wahren" Sozialisten Karl Grün und dessen Anhängern verbreitet."

    Der Bund der Gerechten machte in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine bedeutende ideologische Evolution durch, die die Entwicklungsbesonderheiten des deutschen Proletariats widerspiegelte. Die Anschauungen ihrer Führer, ihre Grundsätze und der Inhalt ihrer Tätigkeit erlebten in dem Jahrzehnt, das der Gründung des Bundes der Kommunisten vorausging, erstaunliche Veränderungen. Gegen Ende dieser Periode wurde die Umwandlung des Bundes der Gerechten in eine proletarische Organisation deutlich, deren Führer allmählich von der Notwendigkeit des politischen Kampfes des Proletariats und seiner selbständigen Klassenorganisation überzeugt waren. Der Eintritt von Marx und Engels in den Bund der Gerechten wurde nur dadurch möglich, daß Anfang 1847 die Führung des Bundes die Notwendigkeit einer völligen Umgestaltung auf der Grundlage neuer ideologischer und organisatorischer Prinzipien erkannte. Davon zeugen insbesondere die Dokumente des Bundes der Gerechten von Ende 1846/ Anfang 1847 - die Ansprache der Volkshalle von November 1846, die Vollmacht, die Joseph Moll am 20. Januar 1847 von der leitung des Bundes der Gerechten für die Verhandlungen mit Marx und Engels ausgestellt wurde, und die Ansprache der Volkshalle vom Februar 1847.'2

    Die große Rolle, die Marx und Engels bei der Ausarbeitung des Programms der proletarischen Partei spielten, fand ihren Ausdruck in drei Dokumenten: im "Entwurf des Kommunistischen Glaubensbekenntnisses", in den "Grundsätzen des Kommunismus" und im "Manifest der Kommunistischen Partei".13

    Der "Entwurf des Kommunistischen Glaubensbekenntnisses", der von Engels im Verlauf der Diskussion auf dem ersten Kongreß des Bundes der Kommunisten fertiggestellt wurde, ist der erste Versuch, die Prinzipien des wissenschaftlichen Kommunismus darzulegen. Er gibt eine Vorstellung von dem beginnenden Prozeß der Verschmelzung von Marxismus und Arbeiterbewegung.

    Allerdings wäre es ein Irrtum zu glauben, daß sich die Reorganisation des Bundes der Gerechten, der nach seinem ersten Kongreß im Sommer 1847 Bund der Kommunisten hieß, mit einem Schlag und reibungslos vollzog. Die Überwindung der früheren Anschauungen, die von vielen Mitgliedern dieser Organisation geteilt wurden, erforderte von Marx und Engels und ihren Anhängern große Anstrengungen. Davon zeugt der hartnäckige Kampf bei der Erarbeitung der Programmdokumente vor dem zweiten Kongreß.

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    http:Partei".13http:Kommunisten.lO

  • Dabei stellte Engels im Pariser Kreis des Bundes der Kommunisten dem Entwurf des "Kommunistischen Glaubensbekenntnisses" und dem "gottvoll verbesserten" Entwurf des "wahren" Sozialisten Heß seinen Programmentwurf "Die des Kommunismus" entgegen.14

    Die bedeutendsten Marksteine in der Entstehungsgeschichte der ersten Organisation waren der erste Kongreß des Bundes der

    Kommunisten (Juni 1847), der den Entwurf der neuen Statuten billigte, der zweite Kongreß (Ende November/Anfang Dezember 1847), der die im Ergebnis einer breiten Diskussion stark überarbeiteten Statuten bestätigte, und die anschließende Ausarbeitung und Veröffentlichung des Programmdokumentes des Bundes des "Manifestes der Kommunistischen Partei" - (Januar/Februar 1848).

    Im "Manifest der Kommunistischen Partei" wurde mit aller Deutlichkeit die führende Rolle der proletarischen Partei hervorgehoben und das Ziel der Kommunisten proklamiert: "Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisieherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat."15 Diese klare Formulierung der Aufgaben der proletarischen Partei blieb für viele jahre das Kampfprogramm der revolutionären Avantgarde des Proletariats in allen Ländern. Im "Manifest" fand der internationalistische Charakter des Bundes der Kommunisten der ersten internationalen proletarischen Organisation seinen Ausdruck. Die im "Manifest" verkündete Losung "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" wurde zur Kampfdevise der internationalen Arbeiterbewegung.

    Mit dem Beginn der bürgerlichen Revolution, die im Frühjahr des jahres 1848 nacheinander die meisten Länder des europäischen Kontinents erfaßte, entstanden neue Bedingungen für die Tätigkeit des Bundes der Kommunisten. Nach der Februarrevolution in Frankreich wurde die Zentralbehörde in Paris neu gebildet. Dort hielten sich zu der Zeit Marx und auf, die von den belgischen Behörden aus Brüssel ausgewiesen worden waren, sowie die Mitglieder der früheren Londoner Zentralbehörde Schapper, Moll und Bauer. Zur Zentralbehörde gehörte auch etwas später aus Brüssel kam. 16

    Marx und seine Mitkämpfer nutzten die errungenen demokratischen Freiheiten und gründeten in Paris einen öffentlichen Verein deutscher Emigranten, den Klub der deutschen Arbeiter, dessen Statut von Marx ausgearbeitet wurdeY Dieser Arbeiterverein, der entsprechend den Traditionen des Bundes der Kommunisten gebildet wurde, sollte eine legale Basis der Pariser Gemeinde des Bundes sein den Einfluß der Kommunisten unter den deutschen Arbeitern fördern. Eine wichtige Aufgabe dieser Organisation bestand in der Zurückdrängung der

    Propaganda unter den Arbeitern. An der Spitze dieses standen Mitglieder der Zentralbehörde des Bundes der

    Erklärungen hoben Marx und seine Anhänger

    die Verbindung des Arbeiterklubs mit der internationalen proletarischen Organisation - dem Bund der Kommunisten - hervor. 18

    im März 1848 waren die Anstrengungen der führenden kleinbürgerlichen deutschen Emigranten darauf gerichtet, eine bewaffnete Legion nach Deutschland zu entsenden. Ziel sollte die Errichtung einer republikanischen Ordnung sein.19 Diese Pläne der Deutschen demokratischen Gesellschaft in Paris unter der Leitung von Herwegh und Bornstedt wurden nicht nur von den kleinbürgerlichen Demokraten, sondern auch von mehreren Mitgliedern des Bundes der Kommunisten unterstützt, die so schnell wie in die Heimat zurückkehren und an der beginnenden Revolution in Deutschland teilnehmen wollten.

    Marx trat entschieden gegen die Schaffung der Legion auf.zu Selbst auf die Gefahr hin, den Unwillen einiger seiner Genossen und der Mehrheit der deutschen Arbeiter in Paris hervorzurufen, kämpfte er Illusionen und unbegründeten Hoffnungen derer, die von lichen Plänen und dem demagogischen Geschwätz Führer hingerissen waren, die die Zukunft der siegreichen Feldzug unter den Losungen Brüderlichkeit" darstellten. Auf gebungen, die vom Klub der deutschen Arbeiter organisiert wurden, überzeugte Marx die Arbeiter davon, daß die Revolution auf keinen Fall ge

    von außen nach Deutschland gebracht werden könne. Sie kann nur das gesetzmäßige Ergebnis innerer und politischer Prozesse sein.

    Marx veranlaßte Maßnahmen, um sich offiziell von der Leitung der Deutschen demokratischen Gesellschaft abzugrenzen. Einer ihrer Führer,

    wurde Mitte März 1848 aus dem Bund der Kommunisten ausgeschlossen.21

    Die Abgrenzung von den Anhängern der abenteuerlichen Taktik innerhalb des Bundes der Kommunisten mußte durch öffentliche Erklärungen ergänzt

    da sich die Führer der Deutschen demokratischen Gesellschaft unüberhörbar als Vertreter aller deutschen Emigranten in Paris, einschließ-

    der Kommunisten, bezeichneten. Das hätte die Bundesmitglieder in anderen Ländern desorientieren können. Deshalb bat jenny Marx im Auftrage von Marx dessen Freund und Kampfgefährten joseph Weydemeyer, in der Zeitschrift "Das Westphälische Dampfboot" eine Erklärung zu veröffentlichen, daß der in Paris gegründete Klub der deutschen Arbeiter mit der Deutschen demokratischen Gesellschaft nichts gemein habe, und diese Erklärung zugleich "soviel als möglich in deutsche Blätterzu bringen" 22• Die Erklärung sollte - durch die Aufzählung der Leitungsmitglieder des Arbeiterklubs, die mit Ausnahme von Born mit den Mitgliedern der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten identisch waren, sowie durch die Erwähnung von Engels (der damals zwar nicht in Paris war, aber dort erwartet wurde) - den Charakter einer offiziellen Demarche der Leitung des

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    http:geschlossen.21http:hervor.18http:entgegen.14

  • Bundes erhalten. Jedoch wurde die von Marx gewünschte Erklärung, soweit bisher bekannt ist, nicht in der deutschen Presse veröffentlicht.

    Da der erste Versuch einer öffentlichen Erklärung erfolglos geblieben war, unternahmen Marx, Engels, der etwa am 21. März nach Paris gekommen war, und ihre Freunde weitere Schritte in dieser Richtung. Am 24. März wurde ein Artikel über die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bund der Kommunisten und der Deutschen demokratischen Gesellschaft an die "Trier'sche Zeitung" geschickt, die ihn am 29. März als Korrespondenz aus Paris veröffentlichte. Wie Jakow Rokitjanski überzeugend nachwies, kam dieser Artikel aus der unmittelbaren Umgebung von Marx und wurde in seinem Auftrag geschrieben.23

    Gleichzeitig wurde eine von allen Mitgliedern der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten unterschriebene Erklärung an Etienne Cabet geschickt, den Führer einer der Richtungen des französischen utopischen Kommunismus und Redakteur der Pariser Zeitung "le Populaire". In dem Brief an Cabet, der - wie die Verfasser hervorhoben vertraulichen Charakter trug, ging es "um eine Maßnahme, um eine Erklärung im Interesse der kommunistischen Partei", das heißt des Bundes der Kommunisten, der im Brief und in der Erklärung "Bund der deutschen Arbeiter" genannt wurde. Diese Organisation trage internationalen Charakter, sie "setzt sich nur aus Kommunisten zusammen und bekennt sich offen zum Kommunismus". Hier sind offensichtlich die Beschlüsse des zweiten Kongresses des Bundes der Kommunisten und das "Manifest der Kommunistischen Partei" gemeint. Wichtig ist auch, daß Marx und Engels in ihrem Brief hervorhoben, daß ihre Meinungsverschiedenheiten mit Herwegh und seinen Anhängern nicht nur die Taktik, sondern auch programmatische Fragen betrafen. Sie stellten fest, daß die Deutsche demokratische Gesellschaft nicht kommunistisch sei, "da sie den Antagonismus und den Kampf zwischen der proletarischen und der bürgerlichen Klasse nicht anerkennt". Sie erklärten, daß die kommunistische Partei, das heißt der Bund der Kommunisten und der mit ihm verbundene Klub der deutschen Arbeiter, keinerlei Verantwortung für die Handlungsweise der kleinbürgerlichen Demokraten zu tragen bereit sei. Die dem Brief an Cabet beigefügte Erklärung trägt die Unterschriften der Mitglieder der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten - Marx, Schapper, Bauer, Engels, Moll und W. Wolff. (Übrigens sind die Unterschriften der Mitglieder der Zentralbehörde unter dem in jenen Tagen entstandenen Programmdokument des Bundes, "Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland", genau in der gleichen Reihenfolge angeordnet.) Die Erklärung ist an "alle Zweigstellen des Bundes der deutschen Arbeiter in den verschiedenen europäischen ländern", das heißt an die Kreise und Gemeinden des Bundes der Kommunisten, gerichtet. 24

    Der beharrliche Kampf von Marx und seinen Mitkämpfern gegen die beabsichtigte Organisation der legion trug Früchte. Es gelang ihnen, den

    deutschen Arbeitern die Fruchtlosigkeit und Schädlichkeit der Pläne Herzu beweisen. Außerdem förderten die Führer des Bundes der

    Kommunisten die Rückkehr fortschrittlicher deutscher Arbeiter nach Deutschland, die zu Organisatoren von Arbeitervereinen in ihrer Heimat wurden und aktiv an den revolutionären Massenbewegungen teilnahmen.

    Nach der Märzrevolution in Deutschland wurde die Ausarbeitung eines Aktionsprogramms für die Arbeiterklasse und ihre Vorhut zu einer dringenden Aufgabe für die Führer der proletarischen Partei. Ein solches Dokument waren die von Marx und Engels um den 25. März 1848 entworfenen "Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland".25 Das Hauptmerkmai der "Forderungen" ist die untrennbare Verbindung der Interessen des Proletariats mit den Volksinteressen. Die "Forderungen" enthalten ein umfassendes Programm demokratischer Umgestaltungen. Bei ihrer Erarbeitung gingen Marx und Engels von derzentralen Aufgabe der deutschen Revolution von 1848/49 aus, nämlich der Herstellung der Einheit Deutschlands als demokratische Republik und der völligen Demokratisierung der gesamten sozialen und politischen Ordnung im Lande. Diese siegreiche antifeudale Revolution sollte das Proletariat im Bündnis mit den werktätigen Bauern und dem städtischen Kleinbürgertum verwirklichen. Außerordentlich bedeutsam ist der Gedanke im Schlußteil der "Forderungen", daß der siegreiche Ausgang der deutschen bürgerlich-demokratischen Revolution und die Verwirklichung des Programms grundlegender Umgestaltungen die revolutionäre Herrschaft des Volkes voraussetzt.

    In den "Forderungen", die eine Konkretisierung der programmatischen Thesen des "Manifestes der Kommunistischen Partei" in Übereinstimmung mit den Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution in Deutschland darstellten, spiegelte sich die Theorie der permanenten Revolution von Marx und Engels wider, nach der die bürgerliche Revolution nur die erste Etappe des revolutionären Prozesses bildet. Dementsprechend war das umfassende Aktionsprogramm der "Forderungen" nicht nur auf den Sieg der bürgerlich-demokratischen Revolution gerichtet, sondern auch auf die Schaffung von Voraussetzungen für den Übergang zur sozialistischen Revolution.

    Dieses Programm berührte die wirklichen Interessen der deutschen Volksmassen und fand in den Jahren der Revolution einen lebhaften Wider-

    Die "Forderungen" wurden mehrfach als Flugblatt herausgegeben; Kommunisten und ihnen nahestehende Vertreter der Arbeiterbewegung propagierten sie in Arbeitervereinen und auf dem Kongreß der demokratischen Partei.26

    Im Frühjahr 1848 beginnt eine neue Phase des Kampfes für die Schaffung einer politischen Partei der Arbeiterklasse. Marx und Engels und ihre Mitkämpfer im Bund der Kommunisten unternahmen im April, sofort nach ihrer Rückkehr nach Deutschland, gleichzeitig nach zwei Richtungen

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    http:Partei.26http:Deutschland".25http:gerichtet.24http:geschrieben.23

  • Schritte zum Zusammenschluß der revolutionären Kräfte des Proletariats. Vor allem wurde die Aufgabe gestellt, den Bund der Kommunisten, die bewußtesten Kräfte des deutschen Proletariats, zu stärken. Seine Mitglieder sollten die politische Bildung und den klassenmäßigen Zusammenschluß der Arbeiter in erster linie durch Einflußnahme auf die damals überall entstehenden Arbeitervereine unterstützen. Emissäre, die von der Zentralbehörde des Bundes in verschiedene Orte Deutschlands entsandt wur: den, schufen neue Gemeinden oder belebten und ordneten die Tätigkeit schon früher entstandener. Zu jener Zeit wurde aber auch die Schaffung einer proletarischen Organisation für ganz Deutschland - die Vereinigung lokaler Arbeitervereine auf selbständiger politischer Grundlage - in Erwägung gezogen. Eine solche umfassende Organisation der Arbeiter sollte die Klasseninteressen und Forderungen des Proletariats im Gegensatz zur Bourgeoisie verteidigen. Dieses Programm wurde Anfang April 1848 in einem von Mitgliedern des Bundes der Kommunisten in Mainz erarbeiteten Aufruf "An alle Arbeiter Deutschlands" verkündetY Wie Walter Schmidt bemerkt, sah dieser Plan vor, durch Zusammenschluß der Arbeitervereine nach dem Beispiel der Chartisten eine politische Massenpartei des Proletariats im nationalen Maßstab zu schaffen.28 Dieser Plan sollte den Einfluß der Führer der kleinbürgerlichen Demokratie auf die Arbeiterbewegung paralysieren und die Verwandlung der Arbeitervereine in ein Anhängsel der demokratischen Partei verhindern.

    Der Plan zur Schaffung einer gesamtdeutschen Organisation der Arbeitervereine hat große historische Bedeutung: Es war der erste Versuch dieser Art, der von Marx und Engels zu Beginn der deutschen bürgerlich-demokratischen Revolution unternommen wurde. 29 Solange die Dokumente zur Geschichte ,des Bundes der Kommunisten noch nicht bekannt waren30, nahm man in der historischen Literatur gewöhnlich an, daß Marx und Engels

    1849, als die deutsche Revolution in ihre Endphase eintrat, die in Deutschland eine proletarische Massenpartei zu

    Jetzt ist klargestellt, daß dies ein Jahr früher geplant war, aber dieses Vorhaben scheiterte an der Rückständigkeit der deutschen Arbeiter. Der Mainzer Aufruf fand nur bei einigen Arbeitervereinen, hauptsächlich in Südwestdeutschland, Anklang. Schon gegen Ende April wurde deutlich, daß den vom Bund der Kommunisten unternommenen Maßnahmen zum Zusammenschluß der Arbeiterklasse kein Erfolg beschieden war.

    Die Analyse der Lage in Deutschland und des Entwicklungsstandes der Arbeiterbewegung spielten eine große Rolle bei der Festlegung der taktischen Linie der proletarischen Avantgarde in der beginnenden Revolution. Die Berichte der Emissäre des Bundes der Kommunisten an die Zentralbehörde im Frühjahr 1848 sind in bezug auf die Stimmung der Arbeiter in Deutschland und ihre politischen Ansichten außerordentlich aufschlußreich: Sogar in der Rheinprovinz, dem ökonomisch und politisch fort

    geschrittensten Gebiet des Landes, waren die Arbeiter voller Illusionen und Vorurteile. so daß nicht nur kommunistische, sondern sogar republikanische

    bei ihnen kein Verständnis gefunden hätten. So unterstützten die Arbeiter ein Programm - "Forderung des Volks" -, das von den Mitgliedern der Kölner Gemeinde des Bundes der Kommunisten, Gottschalk, Anneke und Willich, während der Massenkundgebung in Köln am 3. März 1848 vorgeschlagen worden war. Es enthielt nur sehr gemäßigte Forderungen nach bürgerlichen Freiheiten, nicht einmal die nach einer Republik. 31

    Engels' Briefe vom Frühjahr 1848 enthalten wichtige Beobachtungen über die Stimmung der Arbeiter und das Entwicklungsniveau der Arbeiterbewegung in Deutschland. Erschreibtan Marx' "Die Arbeiterfangen an sich etwas zu regen, noch sehr roh, aber massenhaft. Sie haben sofort Coalitionen gemacht. Das aber ist uns gerade im Wege.u32 So verweist Engels auf das unentwickelte Klassenbewußtsein der deutschen Arbeiter und den ökonomischen Charakter ihres Kampfes in der ersten Etappe der deutschen Revolution. Dadurch wurde ihre Einbeziehung in den Kampf für allgemeindemokratische Forderungen außerordentlich erschwert.

    Die von Engels und anderen Emissären im April/Mai 1848 vorgenommene Analyse der Lage in Deutschland hatte entscheidenden Einfluß auf die Ausarbeitung der Taktik von Marx und Engels im Frühjahr und Sommer 1848. Gerade damals überzeugten sie sich davon, wie Engels in späteren schrieb, daß die direkte Propaganda des kommunistischen Programms bei den Arbeitern keinen Widerhall finden würde.33 Marx und Engels kamen zu der Schlußfolgerung, daß es unter den gegebenen Bedingungen das einzig Richtige war, zunächst die Rolle des vorantreibenden, faktisch proletarischen, äußersten linken Flügels der demokratischen Bewegung zu übernehmen. Dadurch sollten die kleinbürgerlichen Führer der demokratischen Bewegung zu weitaus entschiedeneren Aktionen gedrängt und die Arbeiter nach und nach zum Bewußtsein ihrer Klassenaufgaben, zur Aufnahme der Ideen des Wissenschaftlichen Kommunismus vorbereitet werden. Später hat Engels mehrfach hervorgehoben, daß diese Taktik sich aus der realen Einschätzung des Niveaus der Arbeiterbewegung in Deutschland ergeben hatte und im Rahmen dieser Bewegung die Möglichkeit bot, auf die breiten Massen der Arbeiter Einfluß zu nehmen. "Ich denke, unsere ganze Praxis hat bewiesen, daß es wohl möglich ist, mit der allgemeinen Bewegung der Arbeiterklasse in jeder einzelnen Etappe zusammenzuarbeiten, ohne unsere eigne aparte Stellung oder gar Organisation aufzugeben" 34, schrieb er 1887. Der Entschtuß von Marx und Engels zur Teilnahme der Kommunisten an der demokratischen Bewegung war keineswegs, wie einige bürgerliche Autoren behaupten35, eine unerwartete Änderung ihrer Taktik, auch kein Manöver, das die wahren Absichten der Kommunisten verschleiern sollte. Die bürgerlichen Historiker sind nicht imstande, den dialektischen Zusammenhang der Hauptaufgaben der proletarischen Partei in der bürgerlichen Revolution

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    http:w�rde.33http:Republik.31http:wurde.29http:schaffen.28

  • des Kampfes für die Demokratie und für die klassen mäßige Konsolidierung und politische Selbständigkeit des Proletariats zu begreifen. Sie steilen beide Aufgaben einander gegenüber und werfen Marx entweder Geringschätzung der unmittelbaren Aufgaben der Arbeiterbewegung und der Interessen der Arbeiter oder die vorzeitige Propagierung sozialistischer Ziele, die zur Niederlage der Revolution beigetragen hätte, vor.

    Schon lange vor der Revolution beteiligten sich Marx und Engels und ihre Mitkämpfer aktiv an der demokratischen Bewegung in den europäischen Ländern. Sie unterhielten enge Verbindungen mit den Führern der internationalen Gesellschaft Fraternal Democrats seit ihrer Gründung in London im Jahre 1845. 1847 gehörten Marx und Engels zu den Organisatoren und Führern der Brüsseler Demokratischen Gesellschaft, der neben proletarischen Revolutionären auch bürgerliche und kleinbürgerliche Demokraten angehörten. Dieses Wirken in den demokratischen Organisationen der vierziger Jahre betrachteten Marx und Engels einerseits als Propagandamöglichkeit für die Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus und als Beeinflussung der zu diesen Organisationen gehörenden proletarischen Elemente, andererseits wollten sie dadurch enge Verbindungen mit den progressiven Vertretern der demokratischen Bewegung knüpfen, die sie als Verbündete im revolutionären Kampf des Proletariats ansahen.

    Welche Rolle sollte der Bund der Kommunisten im allgemeinen taktischen Plan während der Revolution spielen? Als Marx und Engels nach Deutschland zurückkehrten, hofften sie noch, den Bund der Kommunisten als Hebel zur Schaffung einer politischen Partei der Arbeiterklasse nutzen zu können. Daraus ergaben sich auch ihre organisatorischen Pläne im April 1848. Aber der historische Zeitraum zwischen der Gründung des Bundes und dem Ausbruch der Revolution war zu gering. In dieser Zeit gelang es nicht, in Deutschland eine feste Organisation des Bundes der Kommunisten zu schaffen, dessen Programm und Losungen bei den Arbeitern Verständnis und Unterstützung gefunden hätten.

    Dafür gab es eine Anzahl objektiver und subjektiver Gründe. Das deutsche Proletariat besaß zunächst nur das unklare Gefühl des Interessengegensatzes zur Bourgeoisie. Politisch befand es sich noch fast vollständig unter dem Einfluß der kleinbürgerlichen Demokraten. Da es sich unter den feudalabsolutistischen Verhältnissen im Deutschland des Vormärz mit dessen politischer Zerrissenheit und ökonomischer Rückständigkeit herausgebildet hatte, besaß es keine Erfahrung im selbständigen politischen Kampf und verspürte als Masse noch kaum dessen Notwendigkeit.

    Außerdem war der Bund der Kommunisten mit seiner Geheimorganisation für eine Tätigkeit in der Atmosphäre der auf den Barrikaden der Märzrevolution erkämpften politischen Freiheit überhaupt nicht geeignet. Das Fehlen fester und regelmäßiger Verbindungen zwischen den örtlichen Bundesgemeinden, Unterschiede in der politischen Lage und im Kräf

    teverhältnis in den verschiedenen Teilen Deutschlands führten zur Entwicklung separatistischer Tendenzen bei einem Teil der Bundesmitglieder, die von reformistischen und kleinbürgerlichen Ideen erfüllt waren.

    Die Gesamtheit dieser Bedingungen veranlaßte Marx, Engels und ihre engsten Kampfgefährten zu der Schlußfolgerung, daß der Bund der Kommunisten nicht imstande war, die Aufgaben der Kommunisten in der deutschen Revolution zu erfüllen, nämlich den Kampf des Proletariats und der breiten Volksschichten für den Sieg der bürgerlich-demokratischen Revolution zu leiten. Wie Engels später schrieb, "erwies sich der Bund, gegenüber der jetzt losgebrochenen Bewegung der Volksmassen, als ein viel zu schwacher Hebe1 1J36• In der Revolutionszeit verlor die bisherige geheime Organisationsform des Bundes ihren Sinn. Alle Kraft der Kommunisten mußte nun auf die Führung der Massenbewegung der Arbeiter und der demokratischen Kräfte konzentriert werden. Das bedeutete, die Errungenschaft der Revolution Freiheit des Wortes, der Presse, der Versammlung - in breitem Maße für die Einbeziehung der Arbeiter in die Vereine, Gesellschaften und Organisationen, die damals in ganz Deutschland entstanden, zu nutzen, aktiv an ihrer Tätigkeit teilzunehmen, den Arbeitern unermüdlich ihre Klasseninteressen und Aufgaben in der Revolution auseinanderzusetzen und die Manöver der Konterrevolution zu entlarven. Das war mit dem Übergang zu neuen Aufgaben und Organisationsformen verbunden. Jetzt ging es nicht mehr um Propaganda in einem engen Kreis von Mitgliedern einer streng konspirativen Geheimorganisation, sondern um Agitation unter den Arbeitermassen. Marx und Engels betrachteten die Teilnahme der Kommunisten an der demokratischen Bewegung als wirkungsvollstes Mittel der ideologischen und politischen Einflußnahme auf die Arbeiter und für die Überwindung des Einflusses der kleinbürgerlichen Ideologie.

    Im Verlauf der Revolution in Deutschland wurden neue effektivere Fc,rmen für die Leitung der Aktionen der proletarischen Avantgarde und für

    Propagierung der neuen taktischen Aufgaben der Arbeiterklasse notwendig. Dem entsprach am besten eine große politische Tageszeitung. Die unter der Redaktion von Marx seit Anfang Juni 1848 in Köln erscheinende "Neue Rheinische Zeitung" scharte viele Arbeiter, Bauern und Kleinbürger um ihr revolutionär-demokratisches Programm. Sie übte nicht nur in der Rheinprovinz, sondern in ganz Deutschland einen merklichen Einflußaufdie Tagesereignisse aus. Engels und andere führende Mitglieder des Bundes der Kommunisten gehörten der Redaktion an. Sie nutzten die Mittel der Massenagitation, um dem Volk die Losungen und Forderungen der Kommunisten zu erläutern. Durch die Analyse der Tagesereignisse half die Zeitung den Lesern, eine richtige Position im politischen und Klassenkampf einzunehmen. Die Redakteure bemühten sich beharrlich um größeren Ein-

    der Kommunisten in den demokratischen und Arbeitervereinen. Ge

    58 59

  • meinsam mit den sich um die Redaktion gruppierenden Persönlichkeiten der demokratischen und Arbeiterbewegung organisierten sie große Volksversammlungen und Banketts. Sie veranlaßten die Gründung von Kampforganen, die in entscheidenden Momenten der Revolution den Kampf der Volksmassen führen sollten, wie zum Beispiel den Sicherheitsausschuß, der im September 1848 in Köln gegründet wurde. Der Inhalt der Zeitung zeugt von ihrer Rolle als kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator.37

    Die "Neue Rheinische Zeitung" wurde im Verlauf der Revolution zum Stab der proletarischen Partei und übte faktisch die Funktion einer Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten aus. Die mit dem revolutionären Kampf der Volksmassen verbundene Redaktion vereinigte und führte die Tätigkeit der Mitglieder des Bundes, die das Erscheinen der Zeitung wichtige Parteiangelegenheit ansahen. Sie spielten eine bedeutende Rolle bei der Herausgabe und Verbreitung der Zeitung. Die besten intellektuellen Kräfte, über die die proletarische Avantgarde verfügte, waren in der Redaktion konzentriert oder unmittelbar mit ihr verbunden.3B

    Die Artikel in der "Neuen Rheinischen Zeitung", die von Marx, Engels und ihren engsten Mitkämpfern geschrieben oder redigiert wurden, erläuterten die Aufgaben des Proletariats in der deutschen Revolution wiesen Wege zur Verwirklichung dieser Aufgaben. Die Mitglieder des Bundes der Kommunisten, die in verschiedenen Teilen Deutschlands oder im Ausland tätig waren, hielten persönlich oder schriftlich direkten Kontakt mit Marx und Engels. Die Briefe und Berichte der Freunde und Gleichgesinnten, die nicht nur Augenzeugen, sondern Teilnehmer der revolutionären Ereignisse waren, wurden für Marx und Engels zur erstklassigen politischen Informationsquelle bei der Gestaltung der Zeitung.

    Der Briefwechsel der Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung", dessen größter Teil erstmals im 2. und 3. Band der 11. Abteilung der MEGA veröffentlicht wird, vermittelt eine anschaul iche Darstellung von der Tätigkeit der Redaktion, von ihrer täglichen Verbindung mit den fortgeschrittenen Kräften, der Arbeiter- und demokratischen Bewegung und den Vertretern der breitesten Gesellschaftsschichten in Deutschland. Nach diesem Briefwechsel kann man die Popularität der Zeitung beurteilen, die nicht nur in der Rheinprovinz, sondern in ganz Deutschland beliebt war und unterstützt wurde.

    Marx und seine Kampfgefährten sahen es als ihre wichtigste Aufgabe an, die Arbeiter in den politischen Kampf einzubeziehen und ihnen die Klassenziele des Proletariats auseinanderzusetzen. Marx und Engels gingen immer von der Position proletarischer Revolutionäre aus, wenn sie die strategischen und taktischen Aufgaben bestimmten, die Tagesereignisse beurteilten oder Losungen des revolutionären Kampfes aufstellten. Gerade deshalb kennzeichnete Engels die Taktik des linken Flügelsder Demokratie, den die Kommunisten in den Jahren der Revolution leiteten und dessen

    Organ die "Neue Rheinische Zeitung" war, als Taktik "einer Demokratie, die überall den spezifisch proletarischen Charakter im einzelnen hervorhob, den sie noch nicht ein für allema/aufs Banner schreiben konnte" 39.

    Diese Worte von Engels sind außerordentlich bedeutsam als Schlüssel zum Verständnis einer der wichtigsten Besonderheiten der sozialpolitischen Lage in Deutschland, die die Taktik der deutschen Kommunisten während der Revolution bestimmte. Da sich breite Schichten der Arbeiter noch stark unter dem Einfluß kleinbürgerlicher Illusionen befanden, waren sie für die Aufnahme kommunistischer Ideen nicht vorbereitet. Es bedurfte einer umfangreichen und geduldigen Aufklärungsarbeit, damit die Arbeiter diese Vorurteile überwinden konnten. Deshalb gehörte die Erziehung der Arbeiter im Geiste der revolutionären Demokratie zu den unumgänglichen Aufgaben der Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung". Marx und die anderen Redakteure überzeugten die Arbeiter davon, daß die Vollendung der bürgerlichen Revolution in Deutschland und die Sicherung der demokratischen Märzerrungenschaften ihren Klasseninteressen entsprachen. Deshalb nahmen die allgemeinpolitischen Probleme anfangs einen größeren Umfang in der Zeitung ein als die ökonomische Lage der Arbeiter und ihr Kampf zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen.

    Allerdings verlor die Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" in ihrem Kampf für die Demokratie niemals die unmittelbaren Interessen der Arbeiter aus den Augen. Vom Tage der Gründung an nahmen Themen, die

    Lage der verschiedenen Schichten des deutschen Proletariats und dem für seine Rechte gewidmet waren, einen bedeutenden Platz ein.4ü Die

    Zeitung veröffentlichte Berichte über die Streikbewegung und über den Kampf der Arbeiter und Handwerksgesellen für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen.

    Zu einer wichtigen Form der Einflußnahme der von Marx redigierten Zeitung auf die Entwicklung des Kampfes des deutschen Proletariats wurde

    unmittelbare Teilnahme ihrer Redakteure an der Arbeiterbewegung in der Rheinprovinz, insbesondere ihre Tätigkeit im Kölner Arbeiterverein. Der Arbeiterverein war eines der Bindeglieder zwischen der Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" und den proletarischen Massen. Das Wirken der Kommunisten in dieser Organisation förderte den Zusammenschluß und die revolutionäre Erziehung der fortschrittlichen Arbeiter im Geiste der kommunistischen Ideen und die Erläuterung der Taktik des Bundes der Kommunisten. Als Leitungsmitglieder des Arbeitervereins kämpften Man< und seine Freunde - vor allem Schapper und Moll für die Umwandlung des Vereins in eine auf revolutionären Prinzipien gegründete Massenorganisation, die als Beispiel für die Gründung proletarischer Organisationen in anderen Teilen Deutschlands hätte dienen können. Diese Tätigkeitwar eine wichtige Etappe im Kampf für die Festigung der Organisation der Arbeiterklasse.

    60 61

    http:verbunden.3Bhttp:Organisator.37

  • Entgegen allen dokumentarisch belegten Tatsachen über die Rolle von Marx und Engels in der Arbeiterbewegung von 1848/1849 vertritt die sozialdemokratische und bürgerliche Geschichtsschreibung weiterhin die bis zum Überdruß wiederholte Behauptung, daß Marx in der Revolution nicht als Führer der Arbeiterklasse, sondern als Demokrat aufgetreten sei. In den Arbeiten des westdeutschen Historikers Werner Conze wird arn deutlichsten die These verbreitet daß der Marxismus in der Revolution von 1848 keine Beziehung zur Arbeiterbewegung gehabt habe. Den Begründern des Marxismus wird ein gleichgültiges Verhältnis zur Arbeiterbewegung und Unverständnis für deren Bedürfnisse unterstellt. Entsprechend dieser Konzeption wird das Eindringen des Marxismus in die Arbeiterbewegung erst auf die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts bezogen. 41 Damit wird die Bedeutung des Bundes der Kommunisten in der Frühgeschichte der deutschen Arbeiterbewegung negiert.

    Auf den gleichen Positionen steht auch Wolfgang Schieder, der die marxistische Geschichtsschreibung der "Legendenbildung" beschuldigt, weil sie die Teilnahme von Marx und Engels an der Arbeiterbewegung, ihren Kampf für eine proletarische Partei in der Revolution hervorhebt.42

    Im Kölner Arbeiterverein mußten Marx und seine Mitkämpfer gegen den Einfluß und die Taktik Andreas Gottschalks kämpfen, der den Verein bis zum Juli 1848 leitete. Gottschalk war Mitglied der Kölner Gemeinde des Bundes der Kommunisten. Seine Ansichten und Positionen waren charakteristisch für die frühe Periode der deutschen Arbeiterbewegung. 43 Seine Weltanschauung hatte sich unter dem Einfluß der Ideen des "wahren" Sozialismus herausgebildet, er wurde von Heß beeinflußt. Beide hatten äußerst verworrene Vorstellungen von den Wegen zur Umgestaltung der herrschendenpolitischen und sozialen Ordnung. Gottschalk hatte eklektische, widersprüchliche Ansichten; er verband politisches Abenteurertum mit sozialer Demagogie und maß der Festigung der örtlichen Organisationen des Bundes der Kommunisten nur eine sehr geringe Bedeutung bei. Darauf machte Wilhelm Wolft, Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, aufmerksam, als er auf seiner Reise durch Deutschland als Emissär der Zentralbehörde im April 1848 Köln besuchte. In seinem Berichtvom 18. April bemerkte er: "Der B[und] vegetiert, wie es mir aus G[ottschalk]s Äußerungen hervorging, in großer Zusammenhanglosigkeit fort. Gottschalk versprach, die Sache etwas energischer anzugreifen."44 Der ideologische und organisatorische Bruch zwischen Marx und Gottschalk vollzog sich bald nach der Ankunft von Marx und Engels in Köln, wo sich nun die Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten aufhielt. Marx und seine Kampfgefährten kritisierten die Tätigkeit Gottschalks sehr heftig. Der Kölner Arbeiterverein, gegründet unter dessen Führung im April 1848, erreichte schnell eine für die damalige Zeit bedeutende Mitgliederzahl und gewann Einfluß unter den anderen Arbeitervereinen der Rheinprovinz. 45

    Das war dadurch zu erklären, daß die Tätigkeit des Bundes dem elementaren Streben der Arbeiter entsprach, sich zum Schutz ihrer unmittelbaren Interessen zu organisieren. Gottschalk und andere Führer des Vereins, der auf Rerufsgruppenbasis organisiert war, versuchten jedoch, seine Tätigkeit ausschließlich auf ökonomische Fragen zu beschränken und ihn von der Teilnahme am politischen Kampf fernzuhalten. Gottschalk kultivierte die politische Gleichgültigkeit der Arbeiter. So rief er sie im April/ Mai 1848 auf, die Wahlen zur Nationalversammlung zu boykottieren. Marx trat gegen diese sektiererische Linie auf, die den rückständigen Stimmungen der Arbeiter entsprach und die sie an der Entwicklung des Klassen- und politischen Bewußtseins hinderte. Die weiteren Einzelheiten über die damaligen Auseinandersetzungen im Bund der Kommunisten sind uns nicht bekannt. Aus den Aussagen des Bundesmitglieds Peter Röser46 kann man schließen, daß Gottschalk, als dem Leiter des Arbeitervereins, auf einer Beratung der Kölner Mitglieder des Bundes der Kommunisten "heftige Vorwürfe [...] über die Organisation des Arbeitervereins" gemacht wurden.47

    Bald erklärte Gottschalk seinen Austritt aus dem Bund der Kommunisten. Wie aus dem erhalten gebliebenen Sitzungsprotokoll der Kölner Gemeinde vom 11. Mai 1848 hervorgeht - Marx nahm an der Sitzung als Präsident der Zentralbehörde teil -, wandte sich Gottschalk vor allem gegen die Parteidisziplin46, da nach den Statuten jedes Bundesmitglied verpflichtet war, sich den Beschlüssen der Leitung unterzuordnen. Jedoch der Hauptgrund, der ihn zum Bruch mit dem Bund der Kommunisten veranlaßte, lag in den ideologischen und taktischen Meinungsverschiedenheiten, die damals zwischen ihm und der Leitung des Bundes auftraten.

    Gottschalk, dem stets das Verständnis für Marx' Lehren abging, trat bald darauf im Organ des Kölner Arbeitervereins mit direkten Angriffen gegen die "Neue Rheinische Zeitung" auf. Marx ignorierte jedoch diese verleumderischen Ausfälle. Bis zum Frühjahr 1849 verzichtete die Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" auf jede Polemik gegen ihn und seine Anhänger. Man mußte die Popularität und den Einfluß Gottschalks unter den Kölner Arbeitern berücksichtigen. Die Arbeiter sollten sich allmählich von der Haltlosigkeit und Schädlichkeit seiner Ansichten überzeugen; ihnen sollte das Verständnis für die eigenen Klasseninteressen und ihre Verwirklichung vermittelt werden.

    Die endgültige Trennung von den sektiererischen Elementen erfolgte gegen Ende April 1849, als der Kölner Arbeiterverein unter der Führung von Bundesmitgliedern Merkmale einer proletarischen Massenorganisation annahm. Im Beschluß einer der Filialen des Arbeitervereins wurde die Tätigkeit Gottschalks entschieden verurteilt. 49 Dieser Beschluß wurde vom Komitee des Kölner Arbeitervereins am 24. April 1849 gebilligt.

    Eine wichtige Seite der Taktik von Marx und Engels in der Revolution

    62 63

    http:verurteilt.49http:Rheinprovinz.45http:Arbeiterbewegung.43http:hervorhebt.42http:bezogen.41

  • betraf ihr Verhältnis zu Stephan Born und zu der von ihm geleiteten Richtung in der deutschen Arbeiterbewegung.

    Mitglied des Bundes der Gerechten und später des Bundes der Kommunisten, stand während seines Aufenthalts in Brüssel und Paris 1847/1848 in enger Verbindung zu Marx und Engels. Die Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus spielten bei der Herausbildung seiner Weltanschauung eine große Rolle. Unmittelbar nach der Märzrevolution ging er nach Berlin und beteiligte sich aktiv an der Arbeiterbewegung. Anfangs stand er mit Marx im Briefwechsel und nahm gern den Vorschlag an, Berliner Korrespondent der "Neuen Rheinischen Zeitung" zu werden. Im Mai/juni wurden dort Artikel Borns veröffentlicht.50

    Born distanzierte sich allerdings schon im Sommer 1848 vom Bund der Kommunisten und seiner taktischen Linie. Allmählich wurden die Verbindungen zwischen ihm und der Führung des Bundes schwächer. Er zeigte Bestrebungen, seine eigene Linie zu verfolgen. Dabei nahm er keine Rücksicht auf die allgemeine Taktik, die von der Führung des Bundes der Kommunisten unter Leitung von Marx ausgearbeitet worden war. Darauf machte schon Wilhelm Wolff aufmerksam, als er sich im April 1848 in Berlin aufhielt. In seinem Bericht wies er darauf hin, daß die Berliner Gemeinden völlig desorganisiert wären und keine Verbindung zur Zentralbehörde unterhielten.M Born selbst leugnete auch nicht, daß gar keine Absicht bestand, die Tätigkeit der Berliner Gemeinden wieder aufzunehmen. Er schrieb an Marx: "Über den B[un]d als solchen, wie er hier besteht, kann ich jetzt nichts berichten. Es hat noch niemand Zeit gehabt, ihn in der früheren Weise fest zu organisieren. Er ist aufgelöst, überall und nirgends."51

    Borns Tätigkeit als einer der Führer der Berliner Arbeiterbewegung war widersprüchlich. Die von ihm geführten Organisationen - im April 1848 wurde das Zentralkomitee für Arbeiter gegründet, und im September des gleichen jahres entstand auf seiner Grundlage die Arbeiterverbrüderung entsprachen dem elementaren Streben der Arbeiter nach Vereinigung und spielten so eine positive Rolle in der Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung.52 Einen gewissen Einfluß auf Born übten die Dokumente des Bundes der Kommunisten-das "Manifest der Kommunistischen Partei" und die "Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland" - aus. In einem programmatischen Artikel in der von Born herausgegebenen Zeitung "Das Volk" wurde Ende Mai 1848 hervorgehoben, daß die soziale und politische Befreiung der Arbeiterklasse nur im Ergebnis einertiefgreifenden Umwälzung der Lebensbedingungen der Gesellschaft möglich ist. Unter den bestehenden Verhältnissen müsse das deutsche Proletariat gemeinsam mit der Bourgeoisie gegen das Königtum und die Feudalaristokratie kämp'fen.53

    Das Programm Borns enthielt aber auch reformistische Thesen, die ervon

    Vertretern verschiedener Richtungen des kleinbürgerlichen Sozialismus aufgenommen hatte. Zur Lösung der sozialen Frage schlug er die sogenannte Organisation der Arbeit vor. Darunter verstand er, wie Louis Blanc, die Schaffung von Produktionsassoziationen mit staatlicher Hilfe. Er ging also davon aus, daß eine grundlegende Verbesserung der Lage der Arbeiter im Rahmen der vorhandenen sozialen und politischen Ordnung möglich sei. So lenkte er in der ersten Etappe der Revolution die Aufmerksamkeit der Arbeiter vom politischen Kampf, von der Teilnahme an der allgemeindemokratischen Bewegung ab und orientierte die von ihm geführten Organisationen vor allem auf die Befriedigung der ökonomischen Forderungen der Arbeiter. 54

    Die Ansichten von Born waren ein Gemisch von Ideen der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus und kleinbürgerlich-sozialistischer Vorstellungen.55 Wie Lenin betonte, vertrat Born 1848/1849 Auffassungen, dem Ökonomismus in der russischen Arbeiterbewegung um die jahrhundertwende nahekamen.56

    Das Verhältnis von Marx und Engels zu Born und den von ihm geleitet8n Arbeiterorganisationen war von verschiedenen Aspekten bestimmt. Er wurde von Arbeiter- und Handwerkerschichten unterstützt, die sich noch nicht der Notwendigkeit bewußt waren, ihre Klasseninteressen auf revolutionärem Wege zu vertreten. Damals nahm eine Reihe von Mitgliedern des Bundes der Kommunisten (Bühring, Bruhn, Gangloff, Crüger, Stechan und andere) aktiv an derTätigkeitder Arbeiterverbrüderung teil. Schließlich war Born, im Unterschied zu Gottschalk, Marx und Engels nicht feindlich gesinnt. Er erklärte seine Bereitschaft, mit der Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" zusammenzuarbeiten. Seine Zeitungen -"Das Volk" und später "Die Verbrüderung" - wurden von der "Neuen Rheinischen Zeitung" wesentlich beeinflußt und druckten häufig ihre Beiträge nach, Aus diesen Gründen hielten Marx und Engels es nicht für zweckmäßig, direkt gegen Borns Positionen aufzutreten. Sie nahmen an, daß er und die mit ihm gehenden Arbeiter im Verlauf der Revolution ihre fehlerhafte Taktik einsehen würden. Gleichzeitig hob die Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" eindeutig den wesentlichen Unterschied ihrer eigenen Plattform zum Programm Borns hervor.57

    Neue Tendenzen, die in der deutschen Arbeiterbewegung im Winter 1848/1849 sichtbar wurden, beeinflußten die Position Borns. Er wurde durch die Veränderung der Klassenverhältnisse, durch den Übergang der Konterrevolution zur Offensive, durch das erwachende Interesse der Arbeiter am politischen Kampf veranlaßt, seine Position etwas zu verändern. In seinen Reden in Arbeiterversammlungen und auf Kongressen der Arbeitervereine, in Artikeln in der "Verbrüderung", dem Presseorgan der Arbeiterverbrüderung, wird das Streben deutlich, die Grenzen des engen ökonomischen Kampfes zu überwinden und sich stärker politischen Fragen zuzuwenden.

    64 65

    http:hervor.57http:nahekamen.56http:stellungen.55http:Arbeiter.54http:bewegung.52http:ver�ffentlicht.50

  • Born begann zu begreifen, daß die Aufgaben des Proletariats auf revolutionärem Wege gelöst werden müssen. 58 Offensichtlich wurden er selbst und die von ihm geleitete Arbeiterverbrüderung durch die Bemühungen von Marx und seinen Kampfgefährten um den Zusammenschluß und die politische Erziehung der Arbeiter der Rheinprovinz beeinflußt. Ein Treffen Borns mit Marx und Engels in Köln im Winter 1848/1849 hat dabei vermutlich eine entscheidende Rolle gespielt.59

    Das alles wirkte sich auf d ie Einstellung der" Neuen Rheinischen Zeitung" zu ihm aus. Ab Anfang 1849 wird in der Zeitung zustimmend über seine Reden berichtet.60 Die Linkstendenzen, die im Frühjahr 1849 in der Position Borns und anderer Führer der Arbeiterverbrüderung sichtbar wurden, veranlaßten Marx und Engels zu der Schlußfolgerung, daß reale Möglichkeiten bestanden, auf die Arbeiterverbrüderung Einfluß zu nehmen und ihre Umwandlung in eine revolutionäre proletarische Massenorganisation zu fördern.

    Die Kompliziertheit und Widersprüchlichkeit in den Positionen Borns findet eine tendenziöse Auslegung und direkte Verfälschung in der lichen und sozialdemokratischen Geschichtsschreibung. Diese Art der Auslegung hat ihre Tradition. In den zwanziger Jahren pries Max Quarck ihn als einen Gründer der ersten Organisation deutschen Proletariats. Quarck versuchte, Born Marx und Engels gegenüberzustellen. Er nannte ihn einen Realpolitiker und echten Interessenvertreter der deutschen Arbeiter.61 Die gegenwärtige bürgerliche Geschichtsschreibung wiederholt im wesentlichen diese These mit geringfügigen Modifikationen. Conze unterstellt Born, daß er die Arbeiterklasse in die bürgerliche Gesellschaft integrieren wollte.52 Conzes Schülerin Frolinde Baiser und der israelische Historiker Shlomo Na'aman bezeichnen ihn als Stammvater der deutschen Arbeiterbewegung und stellen ihn Marx und Engels gegenüber. 63 Ernst Schraepler teilt diese Position vollständig. Er stellt den" Realpolitiker" Born weit höher als Marx.64 Schieder charakterisiert die Arbeiterverbrüderung als eine Organisation, die die Prinzipien der politischen und sozialen Demokratie verwirklichte, sowie als ersten Versuch einer politischen Organisation der deutschen Arbeiter. 65

    Sowjetische Marxforscher und Historiker der DDR leisteten in den letzten Jahren eine umfangreiche Arbeit zur Analyse der Tätigkeit Borns und zur Rolle der von ihm gegründeten Arbeiterverbrüderung in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung.56

    Daß in den Jahren der Revolution die Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" zum Zentrum für alle Kommunisten wurde und durch unzählige Kanäle mit dem revolutionären Kampf der Volksmassen in Deutschland verbunden war, erforderte keineswegs, wie westliche Marxologen behaupten, die Auflösung der existierenden Organisationen des Bundes der Kommunisten. Seinerzeit vertrat der frühere Menschewik Boris Ni

    kolajewski diese Konzeption. Er erhielt von den sowjetischen Historikern eine gebührende Abfuhr.67

    Nikolajewski berief sich auf die Aussagen von Röser. Aber die Analyse dieser Aussagen, ihre Gegenüberstellung mit den offiziellen Dokumenten des Bundes der Kommunisten, dem Briefwechsel und den Erinnerungen von Bundesmitgliedern sowie Materialien des Kölner Prozesses von 1852 decken in den Aussagen viele Widersprüche, Ungenauigkeiten und Fehler bei den Faktenangaben auf. Auch der Charakter der Aussagen spricht keineswegs für ihre historische Glaubwürdigkeit. Die Ereignisse sind nach dem Ge

    nicht selten nach Angaben Dritter und manchmal mit der offensichtlichen Absicht dargestellt, die exakte Darlegung von Tatsachen

    ihre chronologische Reihenfolge zu verschleiern. Nikolajewski behauptete ausdrücklich, Marx hätte unter Ausnutzung

    seiner Vollmacht im Sommer 1848 den Bund der Kommunisten aufgelöst. Na'aman ist in seinen Behauptungen weniger kategorisch. Er konnte die Dokumente nicht ignorieren, die von der Existenz der Organisation des Bundes der Kommunisten und ihrer Leitung im Sommer und Herbst 1848 in Köln zeugen. Dadurch war er zu verwirrenden und widersprüchlichen Konstruktionen gezwungen.68 Um die Widersprüche zwischen Rösers Aussagen und dem Bericht des Kreises London an die Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten in Köln vom 18. Juni 184869 aufzuheben, behauptet Na'aman, die von Röser beschriebene Beratung in der Redaktion der

    Rheinischen Zeitung" hätte später, das heißt Ende Juni, stattgefunden, obwohl Röser selbst darauf hingewiesen hatte, daß diese Beratung bald nach dem Erscheinen der Zeitung (die erste Nummer kam am 1. juni heraus) stattfand. Aus einem anderen wichtigen Dokument - dem Brief Ewerbecks an Heß vom 1. November 184870 ergibt sich unwiderlegbar, daß die Organisation des Bundes der Kommunisten und seine Zentralbehörde auch im Herbst 1848 weiterhin existierten. Im Gegensatz zu diesem dokumentarischen Beweis muß Na'aman zu einer ganzen Reihe sophistischer Erörterungen Zuflucht nehmen.71 Die "Neuheit" seiner Version im Vergleich zu den Mutmaßungen Nikolajewskis besteht in der Behauptung, daß Marx nicht den gesamten Bund der Kommunisten, sondern nur seine Kölner Organisation aufgelöst habe.72 Es ist aber völlig unwahrscheinlich, daß die Teilauflösung des Bundes den Mitgliedern verborgen

    konnte, die mit Marx ständig in Verbindung standen, wie zum Beispiel Ewerbeck in Paris oder Karl d'Ester in Berlin. Na'aman verfolgt hier faktisch dasselbe Ziel wie Nikolajewski: Marx als Diktator darzustellen, der alle demokratischen Bestimmungen völlig mißachtet, und ihm zu unterstellen, daß er in den Jahren der Revolution von der Schaffung einer proletarischen Partei absah.

    Im Winter 1848 entstand eine Diskussion über Fragen der Organisation und der Kampfziele des Bundes der Kommunisten. Nach der Ankunft Molls

    66 67

    http:nehmen.71http:gezwungen.68http:Abfuhr.67http:Arbeiterbewegung.56http:Arbeiter.65http:gegen�ber.63http:wollte.52http:berichtet.60http:gespielt.59http:m�ssen.58

  • aus Köln in London im Oktober 1848 wurden dort Schritte zur Reorganisation des Bundes der Kommunisten unternommen. In London wurde eine neue Zentralbehörde gebildet, der Moll, Bauer und Eccarius angehörten.73 Moll und seine Freunde (darunter Schapper, der von Köln aus engen Kontakt mit London unterhielt) waren mit der Taktik von Marx nicht einverstanden, nach der die offene und legale Propaganda des Programms und der Taktik der Kommunisten unter den fortgeschrittenen Arbeitern die Hauptaufgabe des Bundes in der Revolution sein sollte. Die Anhänger Molls waren nach wie vor der Meinung, daß der geheime Bund der Kommunisten die zweckmäßigste Form der Tätigkeit proletarischer Revolutionäre sei, und sahen die Wiederherstellung der illegalen Bundesorganisation als dringende Aufgabe an.

    Mit diesem Ziel entsandte die Londoner Zentralbehörde Ende November/ Anfang Dezember 1848 Moll nach Deutschland.74 Er sollte die Verbindungen mit den örtlichen Gemeinden wiederherstellen, neue Mitglieder für den Bund gewinnen und die von der Londoner Zentralbehörde ausgearbeiteten neuen Statuten bestätigen lassen. Diese sogenannten Bundesstatuten der revolutionären Partei75 bedeuteten im Vergleich zu denen von 1847 einen Schritt zurück. Im ersten Paragraphen wurde nicht, wie in den Statuten des zweiten Kongresses, der Sturz der Bourgeoisie und die Herrschaft des Proletariats, sondern die Schaffung einer sozialen Republik zum Ziel des Bundes erklärt. Die Veränderungen (zum Beispiel ein Artikel, der Verrat mit der Todesstrafe bedrohte) bedeuteten faktisch die Rückkehr zur alten geheimen Verschwörerorganisation des Bundes der Gerechten. Die Einwände von Marx, die in der Beratung der Kommunisten in der Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" von Engels und Wilhelm Wolft unterstützt wurden, richteten sich sowohl gegen die vorzeitige Reorganisation des Bundes der Kommunisten als auch gegen den neuen Entwurf der Statuten.76

    Im Winter 184877 waren trotz der Aktivierung der feudalmonarchistischen Reaktion noch nicht alle Möglichkeiten zur Verteidigung der Errungenschaften der Revolution erschöpft. So hielt es die Redaktion der "Neuen Rheinischen Zeitung" für notwendig, in den bevorstehenden Wahlen zur preußischen zweiten Kammer nicht nur die pläne der Berliner reaktionären Kamarilla zur Niederschlagung der Revolution, sondern auch die Manöver der bürgerlichen Liberalen, die diese Politik begünstigten, vor den Volks

    massen zu entlarven. Die Kommunisten in dieser Situation auf die Wieder-I

    herstellung der verschwörerischen Geheimorganisation des Bundes zu orientieren hieß, sie von ihrer Hauptaufgabe - nämlich am politischen Kampf des Proletariats und an der politischen Massenbewegung teilzunehmen - abzulenken. In der Beratung wurde der Plan der Londoner mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

    Die Meinungsverschiedenheiten in der Leitung des Bundes der Kommunisten im Winter 1848/1849 werden in der bürgerlichen und sozialdemokra

    tischen Geschichtsschreibung äußerst tendenziös ausgelegt. Schon Anfang der zwanziger Jahre bezeichnete der sozialdemokratische Historiker \I\Iilhelm Fehling in seiner Schapper-Biographie78 die Meinungsverschiedenheiten zwischen Marx und Engels einerseits und Moll und Schapper andererseits als tiefe ideologische Widersprüche zwischen dem "Handwerkerkommunismus" der früheren Führer des Bundes der Gerechten und der Lehre von Marx und Engels, die er als "politischen und ökonomischen Radikalismus" charakterisierte. Fehling war der Meinung, daß in diesen Meinungsverschiedenheiten die Ursachen für die späteren inneren Widersprüche im Bund zu suchen sind, die 1850 zu seiner Spaltung führten. Diese Konzeption vertrat auch Nikolajewski, der von einem Konflikt zwischen den "Theoretikern" Marx und Engels und den "Praktikern" Moll und Schapper sprach.79 Sie wird auch von Na'aman unterstützt, der die These von den Widersprüchen zwischen Schapper, Moll und Bauer, "den Londonern", und Marx und Engels und ihren Anhängern, die er "Partei der ,Neuen Rheinischen Zeitung'" nennt, ständig wiederholt. 80 Noch weiter geht Schieder. Er erkennt den großen Einfluß der Kommunisten auf die Arbeiterbewegung in der Revolution durchaus an, bemerkt aber zugleich, daß sich die Tätigkeit der Kommunisten in den Arbeiterorganisationen Deutschlands 1848/1849 ohne Marx' Wissen, ja sogar gegen seinen Willen vollzog. Er behauptet ohne jeden Beweis, daß der Mainzer Plan zur Vereinigung der Arbeitervereine Deutschlands im Frühjahr 1848 von Cluß und Wallau ohne Marx' Wissen gefaßt wurde und daß Schapper und Moll im Kölner Arbeiterverein auf eigene Faust handelten.8l

    Die Behauptung von angeblich unlösbaren Konflikten innerhalb des Bundes der Kommunisten sollen den Nachweis erbringen, daß Marx' Ansichten und seine Taktik von seiten der Führer des Bundes keine Zustimmung fanden und daß diese Organisation eine äußerst labile Vereinigung von verschiedenartigen Elementen darstellte. Daraufhin wird dann Marx' Rolle als Führer des Bundes der Kommunisten negiert und die berüchtigte These aufgestellt, daß der Marxismus nicht mit der Arbeiterbewegung verbunden gewesen sei und keinerlei Einfluß auf sie ausgeübt habe.

    Die Tatsachen waren völlig anders. Von den ersten Monaten der Revolution an arbeiteten Schapper und Moll eng mit Marx und Engelszusammen. Sowohl in Paris als auch in Köln unterstützten diese führenden Vertreter der deutschen Arbeiterbewegung ständig die politische Linie von Marx. Die gesamte Tätigkeit Schappers und Molls im Kölner Arbeiterverein, in der demokratischen und Arbeiterbewegung der Rheinprovinz vollzog sich in voller Übereinstimmung mit der Plattform der "Neuen Rheinischen Zeitung". Schapper und Marx waren Mitglieder des Rheinischen Kreisausschusses der Demokraten; sie unterschrieben gemeinsam Dokumente dieser Organisation, die die demokratische Bewegung der Rheinprovinz in den kritischsten Momenten der Revolution führte, wie zum Beispiel in der

    68 69

    http:handelten.8lhttp:wiederholt.80http:sprach.79http:Statuten.76http:Deutschland.74http:angeh�rten.73

  • Steuerverweigerungskampagne im November 1848.82 Schapper beteiligte sich als Korrektor und Mitarbeiter an der Herausgabe der "Neuen Rheinischen Zeitung". In der gemeinsamen Versammlung der Fraternal Democrats und des Bildungsvereins für deutsche Arbeiter in London am 4. 1848, an der auch der aus Köln gekommene Schapper teilgenommen hatte, wurde ein Trinkspruch "auf Karl Marx und Friedrich Engels und den Erfolg der ,Neuen Rheinischen Zeitung'" ausgebrachf3•

    Was Moll betrifft, so beteiligte er sich neben Engels und vielen Bundesmitgliedern am Maiaufstand 1849 in Südwestdeutschland; er fiel in einem der Treffen. Bis zu seinem Tode blieb er ein Freund von Marx und Engels, der ihm in seiner Arbeit "Die deutsche Reichsverfassungskampagne" tiefbewegende Erinnerungsworte widmete.84

    Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Marx und Engels einerseits Schapper und Moll andererseits betrafen vor allem die Organisations

    formen der Tätigkeit der Kommunisten in der Revolution. Marx und Engels sahen die "Neue Rheinische Zeitung" als Hauptwaffe der politischen Agitation an und verstanden sie als organisatorisches Zentrum der proletarischen Partei, das die Kommunisten in den verschiedenen Teilen Deutschlands mit politischen Richtlinien und Kampflosungen versehen sollte. Schapper und Moll bestanden auf einer Rückkehr zu den früheren Tätigkeits- und Organisationsformen des Bundes. Marx und Engels waren zu jener Zeit bestrebt, in Deutschland eine politische Massenorganisation des Proletariats zu schaffen, die sich auf einen Kern proletarischer Revolutionäre stützen konnte, während Schapper und Moll die Kommunisten auf dieselbe geheime Verschwörerorganisation orientierten, die unter den Bedingungen des absolutistischen Vormärzregimes durchaus eine notwendige Tätigkeitsform des Bundes gewesen war.85 Dieses Verharren Schappers und Molls auf den alten Organisationsformen ergab sich weitgehend aus den Traditionen des Bundes der Gerechten. Aber diese Meinungsverschiedenheiten führten keinesfalls zu einem ernsthaften Konflikt in der Führung des Bundes der Kommunisten. Die kameradschaftliche Diskussion hatte weder die Zuspitzung der Beziehungen noch die Schaffung von Spaltergruppen zur Folge.

    Eine Einschätzung der Tätigkeit der Londoner Zentralbehörde von Ende 1848 wurde in der Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850 gegeben. Dieses von Marx und Engels verfaßte Dokument widerspiegelt den kollektiven Standpunkt der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, die damals in London reorganisiert worden war. Ihr gehörten insbesondere Mitglieder der Londoner Zentralbehörde von 1848 wie Heinrich Bauer und Georg Eccarius an. In ihrer Einschätzung der Lage des Bundes während der Revolution unterstrichen die Autoren der Märzansprache einerseits das Auftreten von solchen Tendenzen bei einzelnen Kreisen und Gemeinden, die eine Schwächung ihrer Verbindung zur Leitung des Bundes

    zur Folge hatten. Auf der anderen Seite stellten sie fest: der Mitglieder, in der revolutionairen Bewegung die Zeit der geheimen Gesellschaften vorüber und das öffentliche Wirken allein hinreichend."s6 In dieser Feststellung kann man eine indirekte Kritik

    der Position von Marx und Engels bezüglich des Versuchs des Bundes im Jahre 1848 erblicken.

    Ausgehend von den Erfahrungen und Ergebnissen der Revolution sowie von der Hauptaufgabe, die vor der proletarischen Partei nach der Niederschlagung der Revolution stand, nämlich die Notwendigkeit der Befreiung der Arbeiter vom ideologischen und organisatorischen Einfluß der kleinbürgerlichen Demokratie und des selbständigen Auftretens des Proletariats, werteten Marx und Engels den Versuch der Londoner Zentralbehörde des Bundes vom Herbst 1848 - die Mission Molls als zeitgemäß. Zugleich wiesen sie auf die objektive Ursache ihres Mißerfolgs hin - das unzureichende Niveau des politischen Bewußtseins der Arbeiter.87

    Anfang 1849 traten in der Arbeiterbewegung Deutschlands einige sozialpolitische Veränderungen auf. Sie waren die Folgen der objektiven Entwicklung der Revolution, der revolutionären Propaganda der Rheinischen Zeitung" und der Tätigkeit der über ganz Deutschlana verstreuten Mitglieder des Bundes der Kommunisten, die als aktive Mitglieder in Arbeitervereinen und demokratischen Organisationen für die Entwicklung des Klassenbewußtseins der Arbeiter

    Die Erfahrungen des politischen Kampfes seit Beginn der Revolution in halfen den Arbeitern, sich von vielen Illusionen und falschen

    zu befreien. Ein bedeutender Teil begann zu begreifen, daß es unmöglich war, mit der Bourgeoisie und der staatlichen Obrigkeit zusammenzuarbeiten. Das Streben nach Zusammenschluß der Kräfte ging über

    Rahmen lokaler Arbeitervereine hinaus. Diese neue Tendenz fand auch ihren Ausdruck in einer Reihe von regionalen Arbeiterkongressen, die im Winter 1848/1849 und im Frühjahr 1849 in verschiedenen Teilen Deutschlands stattfanden. Über diese Kongresse wurde in der "Neuen Rheinischen Zeitung" umfassend berichtet, da ihre Korrespondenten häufig deren aktive Teilnehmer waren.BB Die Kongresse spiegelten die Tendenzen zur Vereinigung und Zentralisation der Arbeitervereine deutlich wider. Zugleich zeugten sie von bestimmten Veränderungen im politischen Bewußtsein der Arbeiter.

    Auch Marx und seine Mitkämpfer trugen wesentliCh zur politischen Aufklärung und zum organisatorischen Zusammenschluß der Arbeiter in Köln und in der Rheinprovinz bei. Dabei spielte der Kölner Arbeiterverein eine große Rolle, in dem die Kommunisten im Frühjahr 1849 feste Positionen gewannen.a9 Er wurde im Februar 1849 auf der Grundlage demokratischer Prinzipien reorganisiert und entwickelte sich zu einer

    Organisation.

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    http:gewannen.a9http:waren.BBhttp:Arbeiter.87http:widmete.84

  • Von großer Wichtigkeit war die Veröffentlichung von Marx' " und Kapital" in der "Neuen Rheinischen Zeitung" in der ersten 1849. Hier wurde in populärer Form das Wesen der beutung dargestellt. Diese Schrift vermittelte den Arbeitern das Bewußtsein des unversöhnlichen Gegensatzes zwischen ihren Klasseninteressen den Interessen der Bourgeoisie. In der Einleitung erklärte Marx, warum er

    zu diesem Zeitpunkt die Vorlesungen veröffentlichte, die er bereits 1847 im Brüsseler Deutschen Arbeiterverein gehalten hatte. Marx' Ar

    für den Wechsel der Taktik der Kommunisten 1849 dar. Die Redaktion hatte es in der ersten Zeit des Er-

    Zeitung als ihre erstrangige Aufgabe angesehen, den Verlauf und der politischen Konflikte zu untersuchen. Erst

    den Lesern das Wesen der politischen Tageskämpfe klargemacht war, das heißt, nachdem sie eine entsprechende politische Auserhalten hatten, war es möglich geworden, "näher einzugehn auf

    die ökonomischen Verhältnisse selbst, worauf die Existenz der Bourgeoisie und ihre Klassenherrschaft ebenso sich gründet wie die Sklaverei der Arbeiter" 90.

    Alle genannten Faktoren schufen insgesamt günstige objektive Voraussetzungen für die Gründung einer selbständigen proletarischen Massenpartei zunächst in der Rheinprovinz und in Westfalen, den industriell am weitesten entwickelten Gebieten Deutschlands, und danach im ganzen Land. Um diesen Plan zu verwirklichen, erklärten Marx und seine Mitkämpfer im April 1849 ihren Austritt aus dem Rheinischen Kreisausschuß der demokratischen Vereine. Gleichzeitig faßte der Kölner Arbeiterverein den Beschluß, aus dem Verband der demokratischen Vereine Deutschlands auszutreten und sich "dem Verband der deutschen Arbeitervereine, deren Zentralausschuß sich in Leipzig befindet, anzuschließen". Er über die bevorstehende Einberufung eines Kongresses der westfälischen Arbeitervereine und über die Teilnahme am Kongreß sämtlicher deutschen Arbeitervereine, der von der Arbeiterverbrüderung einberufen worden war. 91

    Die organisatorische Lösung von den kleinbürgerlichen Demokraten und die verschärfte Polemik gegen sie in politischen und ideologischen Fragen in der "Neuen Rheinischen Zeitung" bedeutete keinen Verzicht auf ein Zusammengehen gegen den gemeinsamen Feind. Allerdings änderten sich die Formen der gemeinsamen Aktionen mit den demokratischen Elementen. Sie entsprachen der neuen Entwicklungsetappe einer selbständigen proletarischen Bewegung. Alle auf Schaffung der neuen Organisation bezogenen Dokumente heben nicht nur ihren proletarischen Klassencharakter, sondern auch die sozialistische Orientierung ihres Programms hervor.

    Worin unterscheidet sich der Marxsche Plan zur Gründung einer selbOrganisation des deutschen Proletariats im Frühjahr 1849 vom

    Versuch der Führung des Bundes der Kommunisten im April 1848, sämtliche deutsche JI.rbeitervereine zusammenzuschließen? Ein ganzes Jahr trennt diese beiden Versuche, eine selbständige politische Organisation des Proletariats zu schaffen. I n dieser Zeit vollzogen sich große Wandlungen in der deutschen Arbeiterbewegung und in der politischen Bewußtheit und Organisiertheit des deutschen Proletariats. Der Plan des Zusammenschlusses der Arbeitervereine Deutschlands zu Beginn der revolutionären Kämpfe war darauf gerichtet, diese spontan im ganzen Lande entstehenden Organisationen zum einheitlichen Handeln zu bewegen. Dieser Versuch gelang nicht, weil noch ein einheitliches Zentrum fehlte, um das sich die Arbeitervereine hätten gruppieren können. Im Frühjahr 1849 war die Lage ganz anders. Jetzt bestand für die proletarischen Organisationen der Rheinprovinz und Westfalens die reale Möglichkeit, sich um den Kölner Arbeiterverein zusammenzuschließen. Auch der Beitritt von Marx und seinen Anhängern zur Arbeiterverbrüderung war nicht zufällig, weil diese sation bedeutenden Einfluß in den zentralen und nordöstlichen Gebieten Deutschlands hatte. Sie hielten die Teilnahme der Arbeitervereine an der Arbeiterverbrüderung um deren weitverzweigte Verbindungen in zu nutzen und revolutionierenden Einfluß auf ihre auszuüben. Nach den Erwartungen von Marx und Engels sollte sich die von ihnen angestrebte proletarische Organisation in ganz Deutschland unter dem Einfluß der Kommunisten in eine proletarische Massenpartei verwandeln.

    Die neue taktische Linie von Marx war eine wichtige Etappe im Kampf der Bearünder des wissenschaftlichen Kommunismus für die Schaffung

    Partei. Bürgerliche und sozialdemokratische "Marentstellen diese Bemühungen und nennen sie "verspätet" und

    92 Schieder macht den Versuch, Marx' Plan vom Frühjahr 1849 völlig zu negieren.93 Dabei sieht er in dem sich anbahnenden Zusammenschluß der Arbeitervereine Deutschlands nur den Beitritt des Kölner Arbeitervereins zur Arbeiterverbrüderung und behauptet (ohne jeglichen Grund), daß diese Schritte eher von Schapper als von Marx unternommen wurden. Untersuchungen von Historikern der DDR weisen überzeugend nach, daß die Führer des Bundes der Kommunisten und seine Mitglieder die Tätigkeit und das Programm der Arbeiterverbrüderung beeinflußten.94 Schieder ignoriert

    Bedeutung der "Neuen Rheinischen Zeitung" als Organ des revolutionären Proletariats und behauptet, daß Marx und Engels in der Revolution überhaupt nicht die Schaffung einer selbständigen proletarischen Organisation anstrebten.95 Der westdeutsche Historiker Hans Mommsen stimmt dieser Behauptung zu und beteuert, daß Marx und Engels der konkreten Organisierung der proletarischen Bewegung keinerlei Bedeutung beimaßen und auch nicht an der Schaffung einer proletarischen Partei wsren.96 Allerdings konnte der von Marx und Engels im Frühiahr 1849 aus

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    http:wsren.96http:anstrebten.95http:beeinflu�ten.94http:negieren.93

  • gearbeitete Plan zur Schaffung der proletarischen Partei nicht verwirklicht werden. Er war auf die Entwicklung der deutschen Revolution und die

    durch siegreiche Revolutionen in anderen europäischen berechnet. Jedoch im Mai 1849 kam es zu den letzten Kämpfen, die

    mit der Niederlage des Volkes und Ausschreitungen der Reaktion endeten.

    Nach der Niederlage der Revolution von 1848/49 wurde die Reorganisation des Bundes der Kommunisten unter neuen Verhältnissen zur dringenden Aufgabe. Im vorliegenden Artikel wird die abschließende Etappe der Geschichte des Bundes, der bis 1852 bestand, nicht behandelt.97

    Marx und Engels betrachteten den Bund der Kommunisten als Anfangsform einer proletarischen Organisation, als Kern der proletarischen Partei, die unter günstigeren historischen Bedingungen geschaffen werden 1852 schrieb Engels, unmittelbar nach der Auflösung des Bundes, daß sich seine Mitglieder "die Aufgabe stellten, sich zusammenzuschließen Partei, deren Kern sie bildeten, auf den letzten entscheidenden vorzubereiten"98. Dieser Gedanke wird in einer späteren Äußerung von Engels wiederholt: "die deutsche ,Kommunistische Partei', wie wir sie nannten, bestand nur aus einem kleinen Stamm, dem als geheime Propagandagesellschaft organisierten Bund der Kommunisten"g9.

    Die Lehre von Marx und Engels über die proletarische Partei wird von den Ideologen der Bourgeoisie auf das heftigste angegriffen. Es geht vor allem um die Entstellung ihrer revolutionären Idee. So behauptet der bürgerliche "Marxologe" Maximilian Rubel, daß Marx in der Arbeiterbewegung eine zwiespältige Rolle gespielt habe. Er sieht "Widersprüche" in den Ansichten von Marx zum Charakter der Partei im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft und in bezug auf das Endziel ihres Kampfes, die Befreiung der Arbeiterklasse. Dabei stellt er die politische Partei der Arbeiter und die

    einander gegenüber. Die Kommunisten stellt er als Elite dar, die außerhalb der Arbeiterbewegung steht und

    Dogmen diktiert. 1 °O Rubel sieht die Partei der Arbeiterklasse eine Sekte an, die außerhalb des revolutionären Kampfes der

    der oolitischen Bewegung steht und dem Proletariat Er stellt zwei Seiten der Tätigkeit

    der proletarischen Partei künstlich gegenüber: die Führung der proletarischen Massenbewegung und die Ausarbeitung der revolutionären Theorie. So leugnet er faktisch die Führungsrolle der Kommunistischen Partei und den Verschmelzungsprozeß des Marxismus mit der Arbeiterbewegung im Rahmen der proletarischen Partei. Mit dieser Konzeption solidarisiert sich faktisch Na'aman, der behauptet, daß Marx von Beginn der Revolution an, im Gegensatz zum Bund der Kommunisten, alle Anstrengungen auf die Festigung seiner eigenen Partei, der "Partei der ,Neuen Rheinischen Zeitung' ", richtete, um seine persönliche Macht und seinen Einfluß zu

    stärken.101 Nach der Behauptung dieses "Marxologen" besteht die ganze Geschichte des Bundes der Kommunisten aus dem Kampf zwischen Marx und seinen Anhängern gegen die ehemaligen Führer des Bundes der Ge

    rechten. Schieder muß gezwungenermaßen anerkennen, daß der Bund der

    Kommunisten die "Frühform einer politischen Arbeiterpartei" ist und daher als Bestandteil der deutschen Arbeiterbewegung betrachtet werden muß.102

    Allerdings negiert er nach wie vor die Rolle von Marx und Engels als revolutionäre Führer der Arbeiterklasse und behauptet weiterhin, daß sie sich in den Jahren der Revolution überhaupt nicht um die Schaffung einer selbständigen proletarischen Partei kümmerten.

    diese Äußerungen haben mit der Wirklichkeit nichts gemein. Sie sind charakteristisch für die allgemeine Tendenz der bürgerlichen Geschichtsschreibung über den Bund der Kommunisten. Sie führen zur Vulgarisierung der marxistischen Auffassung von der proletarischen Partei und zur Ne

    der Rolle der Kommunisten in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Dazu wird die Version verbreitet, daß Marx außerhalb der Arbeiter

    stand und bestrebt war, ihr seinen Willen aufzudrängen. Die Geschichtsschreibung der sozialistischen Länder, insbesondere in der

    der DDR, hat die Probleme der Frühgeschichte der Arbeiterbewegung gründlich erforscht. Dadurch waren die pro

    Ländern in der letzten Zeit veranlaßt, der bürgerlichen Geschichtsschreibung über die

    des Marxismus in der Arbeiterbewegung zu revidieren. So erkennt der westdeutsche Forscher Dieter Dowe die historische Bedeutung der Tätigkeit von Marx und seinen Anhängern im Bund der Kommunisten für die Entwicklung der Arbeiterbewegung und die Herausbildung des politischen und Klassenbewußtseins der Arbeiter an.103 Ausgehend von den Arbeiten der Historiker der DDR, kritisiert er die tendenziöse Darstellung dieser Fragen in den Arbeiten von Baiser, Mommsen und Schieder.104 Ein anderer westdeutscher Autor, Andreas Dorpalen, sieht es als Verdienst der DDR-Wissenschaftler an, daß sie die Haltlosigkeit der Behauptung )wlogen" aufgedeckt haben, Marx und Engels hätten 1848/1849 der Arbeiterbewegung gestanden. 105 Der englische Forscher Monty stone, der die Entwicklung der Auffassungen von Marx und Engels über die proletarische Partei untersucht, wendet sich gegen die Verfälschungen Nikolajewskis, Rubels und anderer westlicher "Marxologen".106

    Worin besteht die historische Besonderheit des Bundes der Kommunisten? Er war auf der ideologischen Grundlage des wissenschaftlichen Kommunismus entstanden und verkündete als sein Ziel die proletarische Revolution und die Schaffung einer klassenlosen Gesellschaft. So nahm die revolutionäre Avantgarde der Arbeiterklasse die grundlegenden Merkmale einer proletarischen Partei an. Dabei war der Bund der Kommunisten wegen

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    http:behandelt.97

  • der spezifischen Verhältnisse der Anfangsperiode der deutschen Arbeiterbewegung noch keine politische Massenpartei der Arbeiterklasse - und konnte es auch gar nicht sein. Darin besteht sein Hauptunterschied zu den proletarischen marxistischen Parteien, die in einer späteren Epoche entstanden. Unter den damaligen Verhältnissen mußte der Bund der Kommunisten illegal wirken. Er blieb während der längsten Zeit seines Bestehens eine geheime Organisation. Auf diese historische Besonderheit des Bundes wies Marx hin, als er ihn eine Gesellschaft nannte, Aie die Organisation der proletarischen Partei im geheimen bewerkstelligte" 107.

    Die Organisationsformen des Bundes betrachteten Marx und immer im engen Zusammenhang mit seinen historischen Bedingungen seiner TätiQkeit. Genau der Revolution 1848/49, als für

    entstand, die demokratischen Freiheiten zu nutzen, an der Massenbewegung der Arbeiter und der demokratischen Kräfte teilzunehmen und in der revolutionären Presse eine offene Agitation zu betreiben. Nach der Niederlage der Revolution entstanden unter dem Druck der Reaktion, wie schon im Vormärz, von neuem geheime Gemeinden des Bundes als hauptsächliche Organisationsformen. Dabei waren die Kommunisten bestrebt, die Tätigkeit der geheimen Organisation mit den legalen Möglichkeiten der Arbeiterbildungsvereine, der Turn- und Gesangsvereine zu verbinden. In seiner Arbeit "Herr Vogt" verweist Marx in einer kurzen Darstellung der Geschichte des Bundes der Kommunisten auf diese Verbindung von geheimer und öffentlicher Tätigkeit.1OB

    Hauptinhalt der Tätigkeit des Bundes war die Propagierung der des wissenschaftlichen Kommunismus unter den Überwindung des ideologischen Einflusses des Proletariat.109

    Ungeachtet und der historisch bedingten Kommunisten einen gewaltigen re

    auf die Arbeiterbewegung aus. Das wurde in der Revolution von 1848/49 besonders deutlich, als die in ganz Deutschland verstreuten Bundesmitglieder nach einem Wort von Mehring "ein sehr wirksames Ferment der revolutionären Bewegung" 110 wurden, indem sie zu den fortschrittlichsten Kämpfern für Demokratie zählten. Die Kommunisten gehörten überall zur Avantgarde der Massenbewegung : in den Arbeitervereinen und demokratischen Gesellschaften, auf deren Kongressen und auf Volksversammlungen, in den Redaktionen demokratischer Zeitungen und in revolutionären Machtorganen, das heißt in Sicherheitskomitees und zeitweiligen Regierungen, auf den Barrikaden der Volksaufstände und in den Kämpfen gegen die Armeen der vereinigten Konterrevolution. Immer waren die Kommunisten wirkliche Vertreter der Interessen und Hoffnungen des Volkes.

    Mit den Kommunisten verbündeten sich auch die revolutionären Demokraten, die unter ihrem Einfluß standen und mit ihnen gemeinsam kämpften. So standen die Mitglieder des Bundes der Kommunisten der Revolution in der ersten Reihe aller fortschrittlichen Kräfte Deutschlands.

    Der Bund der Kommunisten war eine hervorragende Schule revolutionären Handeins, in der zahlreiche proletarische Revolutionäre erzogen

    Es fehlen uns noch viele Kenntnisse über die Tätigkeit einzelner Die Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern der

    Sowjetunion und der DDR lassen jedoch den Schluß zu, daß die Kommunisten in den verschiedensten Orten Deutschlands aktive Teilnehmer an der demokratischen und Arbeiterbewegung waren. 111 Mit voller Berechtigung konnte Mehring sagen: "Wo die Bewegung irgendeinen kräftigen Aufschwung nahm, waren Bundesmitglieder ihre treibenden Kräfte.,,112

    Der Bund der Kommunisten war damals die erste internationale proletarische Organisation, die ohne Zweifel die Entwicklung der Arbeiterbewegung in einer Reihe von europäischen Ländern (Eng land, Frankreich, Belgien, Polen, Schweden, Schweiz) beeinflußte. Sein internationaler Charakter zeigte sich nicht nur darin, daß er proletarische verschiedener Länder vereinigte, sondern auch im Geist der imernatlon proletarischen Solidarität, der seine gesamte Tätigkeit durchdrang. Der Bund der Kommunisten hatte von den ersten Tagen seiner Existenz an die Devise auf sein Banner geschrieben: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" Er war ein echter Vorläufer der Internationalen Arbeiter-Assoziation,

    erste Form der proletarischen Partei, die auf den Prinzipien des wissenschaftlichen Kommunismus gegründet war und den Beginn der Vereinigung des Sozialismus mit der Arbeiterbewegung anzeigte.

    Das Verzeichnis der verwendeten Siglen befindet sich auf den Seiten 397-400. 1 Siehe Friedrich Engels: Die Lage der arbeitenden Klasse in England. In: MEW, Bd.2,

    S.505. 2 Friedrich Engels: Der Sozialismus in Deutschland. In: MEW, Bd.22, S.248. 3 Siehe Karl Marx: Herr Vogt. In: MEW, Bd.14, S.438/439. - Friedrich Enaels: Zur

    Geschichte des Bundes der Kommunisten. In: MEW, Bd.21, S.207. 4 Ausführlicher siehe dazu E. n. KaHr\ellb: MapKc 11 3HrenbC - OpraHI13aTOpbl COl{)3a

    KOMMYHI1CTOB. 1113 I1CTOPI1I1 60Pb6bl 3a peBOnl{)lJ,110HHoi1 napTl111 npOneTapl1aTa, MocKBa 1953, cTp.106-119. . Herwig Förder: Marx und Engels am Vorabend der Revolution. Die Ausarbeitung der politischen Richtlinien für die deutschen Kommunisten (1846 bis 1848), Berlin 1960, S.23-26. Ein anschauliches