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Gemeinsam am Mittagstisch: Die Paten ermöglichen es, den Schulkindern in Animadé und Worodé einmal am Tag eine warme Mahlzeit zu geben. J Fotos (4): privat Wenn die Ernte nicht reicht Wie die Jürgen-Wahn-Stiftung und die Paten in Togo helfen / Eine warme Mahlzeit für die Kinder SOEST J Die Vorräte sind er- schöpft. Noch ist es nicht an der Zeit, die neue Ernte einzubrin- gen, doch viele Familien wissen nicht mehr, wie sie satt werden sollen. „Die Gegend ist sehr, sehr arm“, schreibt Jacques M’Bata, der Kontaktmann der Jürgen-Wahn-Stiftung in Togo. Er schickt einen Hilferuf nach Soest. In seiner Nachricht an die hiesige Hilfsorganisation, die vor wenigen Wochen eintraf, beschreibt er, in welch schlimme Lage gut zwanzig Familien gerieten, „die wirk- lich nichts haben“. Wer die Zeilen liest, spürt, wie groß die Not in Animadé und Worodé ist, erfährt aber auch, dass er helfen kann, selbst wenn er nur einen klei- nen Betrag gibt. Fünf Säcke Mais und 200 Kilo Reis kosten gerade einmal 400 Euro – und Menschen die Hunger haben, bekommen zu essen. Die Wahn-Stiftung wirkt seit etlichen Jahren in einem der ärmsten Länder der Erde. Viele Paten leisten ihren Teil dazu, Kindern eine Chance zu geben. Mit 50 Euro pro Jahr tragen sie dafür Sorge, dass die Kinder lernen können. Sie finanzieren das Schulgeld, die Kleidung, Hefte und was die Mädchen und Jungen sonst noch für den Unterricht brauchen. Durch den Beitrag ist es möglich, den Kindern einmal am Tag eine warme Mahlzeit zu geben. Paten- schaftskoordinator Klaus Dehnert kennt die Verhält- nisse in den Dörfern der Berg- region der Montes Défalé aus eigener Anschauung. Dort, in Äquatornähe, brennt die Son- ne mittags fast senkrecht vom Himmel. Der karge Bo- den ist hart und steinig. Die Menschen bearbeiten ihn nur mit einer Hacke. Sie leben in Gehöften aus Lehm, ernäh- ren sich von Hirse, Mais und Jamswurzel. Was sie vom Feld holen, sammeln sie in Spei- chern; was drinnen liegt, muss für ein ganzes Jahr rei- chen, oft aber sind die Reser- ven schon früher verbraucht. Dehnert beschreibt in seinem Brief an die Paten Bilder des alltäglichen Lebens. So sah er etwa Maisvorräte, die von Kornkäfern zerfressen wa- ren. „Reis muss ohnehin zu- gekauft werden, da er nur im Süden des Landes angebaut werden kann, wo die klimati- schen Bedingungen besser sind.“ „Wovon sollen sie das Getreide bezahlen?“ „Wovon aber sollen die Fa- milien das nötige Geld neh- men, zumal die Getreide- händler, die in den Städten le- ben, gerade dann den Preis hochtreiben, wenn das Ge- treide knapp wird. Unsere Freunde in Togo wünschen, eine grundlegende Verbesse- rung der landwirtschaftli- chen Verhältnisse in Anima- dé zu erzielen. Das wird aber nicht so schnell zu erreichen sein“, so Dehnert. Die Notzeit von August bis Oktober fällt gerade in die Sommerferien der Kinder, wenn es keine Schulspeisung gibt. Damit die Teller trotz- dem nicht leer bleiben, müss- ten, so Dehnert, 3 000 Euro zusätzlich im Jahr bereitge- stellt werden. „Dazu müssten 200 Spender den Betrag von je 15 Euro erbringen.“ Er ist zuversichtlich, dass sich Men- schen finden, die bereit sind, diese – eigentlich geringe – Summe zu zahlen. J Köp. Konto 222 02, Sparkasse Soest; Konto-Nr.222 202 900, Volks- bank Hellweg. Paten Die Jürgen-Wahn-Stiftung lädt die Togo-Paten am Dienstag, 23. Oktober, 19 Uhr, zum Treffen in das Petrushaus ein. Sie sehen ein Video sowie Bilderfolgen, mit de- nen Schüler der weiterführenden Schule in Kpaha über ihren Alltag berichten. „Kinder sollen einen guten Start haben“

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16. OKTOBER 2012DIENSTAG ORTSGESPRÄCH SOEST

Gemeinsam am Mittagstisch: Die Paten ermöglichen es, den Schulkindern in Animadé und Worodé einmal am Tag eine warme Mahlzeit zu geben. J Fotos (4): privat

Hilfe in der NotDamit Menschen zu essen haben

SOEST J Der Welternährungs-tag oder Welthungertag am16. Oktober macht daraufaufmerksam, dass weltweitviele Millionen MenschenHunger leiden.

Das Datum wurde ausge-wählt, weil am 16. Oktober1945 die Ernährungs- undLandwirtschaftsorganisationFAO (Food and Agriculture

Organization) mit der Aufga-be, die weltweite Ernährungsicherzustellen, als Sonderor-ganisation der UNO gegrün-det wurde.

In Soest und Umgebungsetzten sich viele Menschendafür an, dass Kinder und Fa-milien in armen Ländern zuessen bekommen. Auf dieserSeite stellen wir drei Beispie-le vor, die zeigen, welcheMöglichkeiten der Hilfe esgibt und was die Unterstüt-zung bewirkt.

Ortsgespräch:

WELTHUNGERTAG

Wenn die Ernte nicht reichtWie die Jürgen-Wahn-Stiftung und die Paten in Togo helfen / Eine warme Mahlzeit für die Kinder

SOEST J Die Vorräte sind er-schöpft. Noch ist es nicht an derZeit, die neue Ernte einzubrin-gen, doch viele Familien wissennicht mehr, wie sie satt werdensollen. „Die Gegend ist sehr,sehr arm“, schreibt JacquesM’Bata, der Kontaktmann derJürgen-Wahn-Stiftung in Togo.Er schickt einen Hilferuf nachSoest.

In seiner Nachricht an diehiesige Hilfsorganisation, dievor wenigen Wochen eintraf,beschreibt er, in welchschlimme Lage gut zwanzigFamilien gerieten, „die wirk-lich nichts haben“.

Wer die Zeilen liest, spürt,wie groß die Not in Animadéund Worodé ist, erfährt aberauch, dass er helfen kann,selbst wenn er nur einen klei-nen Betrag gibt. Fünf Säcke

Mais und 200 Kilo Reis kostengerade einmal 400 Euro – undMenschen die Hunger haben,bekommen zu essen.

Die Wahn-Stiftung wirktseit etlichen Jahren in einemder ärmsten Länder der Erde.Viele Paten leisten ihren Teildazu, Kindern eine Chance zugeben. Mit 50 Euro pro Jahrtragen sie dafür Sorge, dassdie Kinder lernen können. Siefinanzieren das Schulgeld,die Kleidung, Hefte und wasdie Mädchen und Jungensonst noch für den Unterrichtbrauchen. Durch den Beitragist es möglich, den Kinderneinmal am Tag eine warmeMahlzeit zu geben. Paten-schaftskoordinator KlausDehnert kennt die Verhält-nisse in den Dörfern der Berg-region der Montes Défalé auseigener Anschauung. Dort, in

Äquatornähe, brennt die Son-ne mittags fast senkrechtvom Himmel. Der karge Bo-den ist hart und steinig. DieMenschen bearbeiten ihn nurmit einer Hacke. Sie leben inGehöften aus Lehm, ernäh-ren sich von Hirse, Mais undJamswurzel. Was sie vom Feldholen, sammeln sie in Spei-chern; was drinnen liegt,muss für ein ganzes Jahr rei-

chen, oft aber sind die Reser-ven schon früher verbraucht.Dehnert beschreibt in seinemBrief an die Paten Bilder desalltäglichen Lebens. So sah eretwa Maisvorräte, die vonKornkäfern zerfressen wa-ren. „Reis muss ohnehin zu-gekauft werden, da er nur imSüden des Landes angebautwerden kann, wo die klimati-schen Bedingungen bessersind.“

„Wovon sollen sie dasGetreide bezahlen?“

„Wovon aber sollen die Fa-milien das nötige Geld neh-men, zumal die Getreide-händler, die in den Städten le-ben, gerade dann den Preishochtreiben, wenn das Ge-treide knapp wird. UnsereFreunde in Togo wünschen,

eine grundlegende Verbesse-rung der landwirtschaftli-chen Verhältnisse in Anima-dé zu erzielen. Das wird abernicht so schnell zu erreichensein“, so Dehnert.

Die Notzeit von August bisOktober fällt gerade in dieSommerferien der Kinder,wenn es keine Schulspeisunggibt. Damit die Teller trotz-dem nicht leer bleiben, müss-ten, so Dehnert, 3000 Eurozusätzlich im Jahr bereitge-stellt werden. „Dazu müssten200 Spender den Betrag vonje 15 Euro erbringen.“ Er istzuversichtlich, dass sich Men-schen finden, die bereit sind,diese – eigentlich geringe –Summe zu zahlen. J Köp.

Konto 222 02, Sparkasse Soest;Konto-Nr.222 202 900, Volks-bank Hellweg.

PatenDie Jürgen-Wahn-Stiftung lädtdie Togo-Paten am Dienstag, 23.Oktober, 19 Uhr, zum Treffen indas Petrushaus ein. Sie sehen einVideo sowie Bilderfolgen, mit de-nen Schüler der weiterführendenSchule in Kpaha über ihren Alltagberichten.

„Kinder sollen einen guten Start haben“Erika Bhanji setzt sich für die Menschen am Victoriasee ein, und viele Spender unterstützen sie

SOEST J „Das vernünftige Es-sen ist das A und O“, davon istErika Bhanji überzeugt. IhrHerz schlägt für Afrika – undganz besonders für die Men-schen „ihres“ Dorfes Ntomain Tansania. Immer wiederkehrt die gelernte Kranken-schwester zum SchwarzenKontinent zurück, und bei al-lem, was sie – unterstützt vonvielen Spendern – tut, ist ihreines immer ganz besonderswichtig: „Die Kinder sollen ei-nen guten Start haben.“

Wie gut den Kleinen bei-spielsweise die regelmäßigeSchulspeisung tut, das seideutlich zu spüren, weiß diegelernte Krankenschwester.„Die Kinder sind viel lebhaf-ter und ganz anders drauf.“

Erika Bhanji leistet Hilfe zurSelbsthilfe. Es ist ihr wichtig,dass die Eltern für ihre Kin-der Verantwortung überneh-men, „denn sie sollen nichtvon Soest abhängig sein“.Zweitausend Kinder in vierGrundschulen bekommenbeispielsweise mittags etwaszu essen. Auch die Eltern leis-ten ihren Beitrag. Sie bringenMais mit, der an den Schulengemahlen wird.

„Hilfe zur Selbsthilfe“, dasist für „Ma Erika“ keinSchlagwort. „Ich meine dasbei meinem Einsatz in Tansa-nia wortwörtlich“, berichtetdie Amperin. Sie betreut seit1995 das Dorf am Victoriaseeund hat dort Jahr für Jahr mitProjekten in der Landwirt-

schaft oder der Heimarbeitdazu beigetragen, dass dieMenschen dort inzwischeneine Perspektive haben undfür ihr Leben selber sorgenkönnen.

Mit einfachen Mitteln Men-schen in die Lage versetzen,ihre Lebenssituation zu ver-bessern, ist ein Grundsatz ih-rer Arbeit. Sie geht den Wegder kleinen Schritte – und er-reicht unendlich viel. „Als ichdiese unterernährten undverwahrlosten Kinder sah,wusste ich, dass ich ge-braucht wurde“, macht ErikaBhanji deutlich, warum es sieimmer wieder nach Afrikazieht.

In ihrem Einsatz setzt sievor allem auf die Frauen. Sie ist stolz auf sie und freut sich,

wie sie allmählich lernen, ih-ren Weg zu gehen, zur Ver-sorgung ihrer Familien beizu-tragen, Geld zu verdienen,damit ihre Kinder zur Schulegehen können. Erika Bhanji

kann sich auf diese starke Ge-meinschaft verlassen: Kehrtsie nach ihrem alljährlichenBesuch wieder nach Hausezurück, darf sie sicher sein:Es läuft nun auch ohne sieweiter. J Köp.

Den Waisenkindern schmeckt’s. Sie greifen kräftig zu. „Die Kinder brauchen eine ausgewogene Kost“,sagt Erika Bhanji, „deshalb bekam das Waisenhaus auch Ziegen von uns, damit Milch da ist.“

Hilfe zur Selbsthilfe: Erika Bhanji zeigt den Frauen, die Produkte zuverarbeiten und haltbar zu machen.

Begeisterungwuchs ständig

Seit 36 Jahren Unterstützung für KasamaSOEST J „Kasama ist Teil un-seres Lebens. Davon kommenwir nicht mehr los“, sagt RitaGenuit und spricht auch fürihre Freundin Johanna Schel-letter. Die beiden Frauen hel-fen den Menschen in der Di-özese im fernen Sambia. Wieviele Pakete mögen es wohlgewesen sein, die von Westfa-len aus den Weg ins südlicheAfrika antraten? Wie vieleMenschen mögen Geld gege-ben haben, um ihren Beitragzur Linderung der Not zu leis-ten? Wie viele Ideen wurdenumgesetzt, um Spenden zusammeln?

Rita Genuit und JohannaSchelletter kehrten erst kürz-lich vom Schwarzen Konti-nent zurück, wo sie noch ein-mal mehrere Hilfsprojektebesuchten. Sie freuen sichüber die vielen persönlichenKontakte, die im Laufe derlangen Zeit entstanden undsich ständig vertieften. „DieBegeisterung wuchs von Jahrzu Jahr“, erzählt Rita Genuit.Ihr Antrieb: „Menschen hel-fen, die nicht auf der Sonnen-seite stehen.“

Die Soesterin erinnert sichnoch gut an den Beginn desBrückenbaus über Hundertevon Kilometern hinweg. Allesbegann im Jahr 1976 auf De-kanatsebene. Damals mach-ten sich mehrere Kirchenge-meinden in der Umgebungauf den Weg, ein Band mit Ka-sama zu knüpfen.

Rita Genuit, die zur Bruno-Gemeinde gehört, war erstskeptisch, sich aktiv einzu-bringen – dann aber sprangder Funke über. Oft denkt siean die Worte des damaligenBischofs der Diözese, den sie1979 erstmals in Soest be-grüßte: „Wir sind Brüder undSchwestern. Brüder undSchwestern teilen.“

Auf Kasama richteten im-mer wieder weitere Gruppenund Gemeinschaften ihrenBlick: Die Aktion „Zwei Stun-den Zeit“ in Körbecke gehörtdazu, ebenso die Jürgen-Wahn-Stiftung. Am Möhne-see engagiert sich der Freun-deskreis Kasama.

In 36 Jahren sahen undspürten Rita Genuit und Jo-hanna Schelletter, was sichalles bewegen und bewirkenlässt, wenn viele mitmachen.Die Brunoschüler etwa gin-gen mit ihrem Sponsorenlauf

mit gutem Beispiel voran. Sietrugen einige tausend Eurozusammen. So war es mög-lich, Bücher für Schüler in Ka-sama zu kaufen.

„Es gibt nochviel zu tun“

Rita Genuit könnte stun-denlang über bewegende Be-gegnungen in Afrika erzäh-len, über Menschen, die siekennenlernte, die sie freund-lich aufnahmen und sich im-mer wieder bedankten. Wassie besonders beeindruckteund stets anspornte, ist dieHerzlichkeit der Menschen:„Sie leben in großer Armut,doch sie jammern und sie kla-gen nicht.“ Und die Gottes-dienste? Rita Genuit: „Dassind wahre Feiern zum LobeGottes.“

Sie weiß: Manches hat sichverändert und zum Besserenentwickelt. „Doch es gibtnoch viel zu tun.“ J Köp.

Spenden-Konto: Nr. 1 526 599,Sparkasse Soest, Bankleitzahl41 450 075.

Kasama wurde Teil ihres Lebens:Rita Genuit, die sich mit ihrerFreundin Johanna Schelletter fürdie Diözese Kasama in Sambiaeinsetzt. J Foto: Niggemeier

Die Menschen sind arm, gegessen wird auf dem Boden. Mancheshat sich zum Besseren entwickelt, doch in Kasama gibt es immernoch viel zu tun für Menschen, die helfen wollen, Not zu lindern.

Ein Leben für AfrikaDort leben etwa 800 Menschen.Im Laufe der Jahre entstanden einDorfzentrum mit Schule, über 300Ziegen wurden angeschafft undihre Haltung unterrichtet, derAckerbau wurde verbessert, Hand-arbeitsprojekte und Unterrichtspro-gramme gehörten dazu.

Konto Nr. 50 556 729, Spar-kasse Soest, BLZ: 414 500 75.

1964 ging die gelernte Kranken-schwester Erika Bhanji im Auftragder Bethel-Mission nach Afrika undblieb dort bis 1975. Danach arbei-tete sie bis zu ihrer Pensionierungin Soest. 1995 gründete sie in ihrerzweiten Afrikadekade ihr eigenesHilfsprojekt in Tansania. Seitdembesucht sie jedes Jahr für mehrereWochen und Monate im Sommer„ihr“ Dorf Ntoma am Victoriasee.

ms
Schreibmaschinentext
Soester Anzeiger 16.10.2012