W. Hiddemann, München esonanz bild ge bungr des Ve dau ... · Bild ge bung 1973 durch P.C. Lau ter...

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Schwerpunkt: Neue diagnostische Verfahren O. Götze 1 · A. Steingötter 2 · W. Schwizer 1 · M. Fried 1 1 Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich 2 Institut für biomedizinische Technik, Universität und ETH Zürich Funktionelle Magnet- resonanzbildgebung des Verdauungstrakts Klinische Anwendungsmöglichkeiten? Internist 2006 · 47:28–38 DOI 10.1007/s00108-005-1527-1 Online publiziert: 29. Oktober 2005 © Springer Medizin Verlag 2005 Nach den ersten erfolgreichen Unter- suchungen zur Magnetresonanz 1946 durch F. Bloch und Anwendungen zur Bildgebung 1973 durch P.C. Lauterbur hat sich die Magnetresonanztomo- graphie (MRT) als jüngstes tomogra- phisches Bildgebungsverfahren zu ei- nem wichtigen Werkzeug in der klini- schen Praxis entwickelt. Organfunk- tionen wie z. B. die des Herzens oder des Gastrointestinaltrakts werden sel- tener untersucht. Durch die kontinu- ierliche Verbesserung von MRT-Gradi- entensystemen, der Entwicklung in- novativer Sequenzen kombiniert mit paralleler Bildgebung ist eine Bildak- quisition in Echtzeit möglich, was die MRT zu einer Erfolg versprechenden Methode in der gastrointestinalen Funktionsdiagnostik macht [1]. Analyse der gastrointestinalen Physiologie mittels MRT Die MRT stellt eine valide Methode zur Bestimmung einer Vielzahl physiologi- scher Funktionen des Gastrointestinal- (GI-) Trakts dar. So können nicht nur die Funktionen des Magens, wie z. B. die Ma- genentleerung, Akkommodation, Sekre- tion, Motilität und die intragastrale Ver- teilung von Nahrungsbestandteilen und Arzneistoffen erfasst, sondern auch die intestinale und anorektale Motilität unter- sucht werden. Neben der hohen Flexibili- tät in der Bildakquisition ermöglicht die Methode eine nichtinvasive, 3-dimensiona- le hochauflösende Bildgebung, die gleich- zeitig Motilität und intraluminale Flusser- eignisse erfasst. Magenentleerung Die Magenentleerung beinhaltet das Spei- chern der Mahlzeit, das Durchmischen mit gastralen Sekreten, die Homogenisie- rung fester Nahrung und den Transport in distale Abschnitte des GI-Trakts. Die Ma- genentleerung ist von einer Vielzahl ver- schiedener Parameter abhängig und wird zum einen durch die Charakteristiken der eingenommenen Mahlzeit (Kaloriendich- te, Volumen, Viskosität, Osmolarität), aber auch von anderen Faktoren wie der intraga- stralen Mahlzeitverteilung und der Körper- position bestimmt [2, 3]. Trotz der vielen bekannten Einflussgrößen ist auf Grund der erheblichen technischen Schwierigkei- ten, welche mit der Untersuchung der hu- manen gastralen Motilität verbunden sind, das Verständnis der mechanischen Fakto- ren, durch die der Magen seinen Inhalt in den Dünndarm entleert, begrenzt. Die Bestimmung der Magenentleerung war die erste mittels MRT untersuchte ga- strointestinale physiologische Funktion [4]. Hierbei erfolgt repetitiv die Akquisiti- on 20–40 paralleler (beliebig orientierter) Schichtbilder der Magenregion innerhalb von 15–25 s mittels schneller Spin-Echo- (TSE oder RARE) bzw. Gradienten-Echo- Sequenzen (FFE, FISP). Zur Minimierung von Bewegungsartefakten werden die Mes- sungen in einer Atempause durchgeführt. Magen- und Mahlzeiten volumina können durch den hervorragenden Bildkontrast identifiziert und mittels einer Bildsoftwa- re segmentiert, 3-dimensional rekonstru- iert und berechnet werden. Aus den ge- Abkürzungen und Glossar Lag-Phase: Zeitperiode bis 10% der Mahlzeit entleert ist. Larmor- Frequenz: Charakteristische Fre- quenz, mit der die Proto- nen eines Moleküls (z. B. Fett oder Wasser) im äußeren Magnetfeld präzedieren. SPECT: Single-Photon-Emissions- computertomographie. T 1 -Relaxation: Zeitkonstante, die dem Wiederaufbau der Longi- tudinalmagnetisierung bzw. der Ausgangs- magnetisierung (M 0 ) entspricht. T 2 -Relaxation: Zeitkonstante, die der De- phasierung der angereg- ten Protonen aufgrund ihrer unterschiedlichen Präzessionsfrequenzen, also der Abnahme der Transversalmagnetisie- rung entspricht. Schwerpunktherausgeber J. F. Riemann, Ludwigshafen W. Hiddemann, München 28 | Der Internist 1 · 2006

Transcript of W. Hiddemann, München esonanz bild ge bungr des Ve dau ... · Bild ge bung 1973 durch P.C. Lau ter...

Schwer punkt: Neue di ag nos ti sche Ver fah ren

O. Göt ze1 · A. Stein göt ter2 · W. Schwi zer1 · M. Fried1

1 Kli nik für Gast ro ente ro lo gie und He pa to lo gie, Uni ver si täts s pi tal Zü rich 2 In sti tut für bio me di zi ni sche Tech nik, Uni ver si tät und ETH Zü rich

Funk tio nel le Ma gne t-resonanz bild ge bung des Ver dau ungs traktsKli ni sche An wen dungs mög lich kei ten?

In ter nist 2006 · 47:28–38

DOI 10.1007/s00108-005-1527-1

On li ne pub li ziert: 29. Ok to ber 2005

© Sprin ger Me di zin Ver lag 2005

Nach den ers ten er folg rei chen Un ter-

su chun gen zur Mag net re so nanz 1946

durch F. Bloch und An wen dun gen zur

Bild ge bung 1973 durch P.C. Lau ter bur

hat sich die Ma gne tre so nanz to mo-

gra phie (MRT) als jüngs tes to mo gra-

phi sches Bild ge bungs ver fah ren zu ei-

nem wich ti gen Werk zeug in der kli ni-

schen Pra xis ent wi ckelt. Or gan funk-

tio nen wie z. B. die des Her zens oder

des Ga stro in tes tinal trakts wer den sel-

te ner un ter sucht. Durch die kon ti nu-

ier li che Ver bes se rung von MRT-Gra di-

en ten sys te men, der Ent wick lung in-

no va ti ver Se quen zen kom bi niert mit

par al le ler Bild ge bung ist eine Bildak-

qui si ti on in Echt zeit mög lich, was die

MRT zu ei ner Er folg ver spre chen den

Me tho de in der ga stro in tes tina len

Funk ti ons dia gno s tik macht [1].

An a ly se der ga stro in tes tina len Phy sio lo gie mit tels MRT

Die MRT stellt eine va li de Me tho de zur

Be stim mung ei ner Viel zahl phy sio lo gi-

scher Funk tio nen des Ga stro in tes tinal-

(GI-) Trakts dar. So kön nen nicht nur die

Funk tio nen des Ma gens, wie z. B. die Ma-

genent lee rung, Ak kom mo da ti on, Se kre-

ti on, Mo ti li tät und die in tra ga s tra le Ver-

tei lung von Nah rungs be stand tei len und

Arznei stof fen er fasst, son dern auch die

in tes tina le und ano rek tale Mo ti li tät un ter-

sucht wer den. Ne ben der ho hen Fle xi bi li-

tät in der Bildak qui si ti on er mög licht die

Me tho de eine nichtin va si ve, 3-di men sio na-

le hoch auf lö sen de Bild ge bung, die gleich-

zei tig Mo ti li tät und in tra lu mi na le Flus ser-

eig nis se er fasst.

Ma genent lee rung

Die Ma genent lee rung bein hal tet das Spei-

chern der Mahl zeit, das Durch mi schen

mit ga s tra len Se kre ten, die Ho mo ge ni sie-

rung fes ter Nah rung und den Trans port in

dis ta le Ab schnit te des GI-Trakts. Die Ma-

genent lee rung ist von ei ner Viel zahl ver-

schie de ner Pa ra me ter ab hän gig und wird

zum einen durch die Cha rak te ris ti ken der

ein ge nom me nen Mahl zeit (Ka lo ri en dich-

te, Vo lu men, Vis ko si tät, Os mo la ri tät), aber

auch von an de ren Fak to ren wie der in tra ga-

s tra len Mahl zeit ver tei lung und der Kör per-

po si ti on be stimmt [2, 3]. Trotz der vie len

be kann ten Ein fluss grö ßen ist auf Grund

der er heb li chen tech ni schen Schwie rig kei-

ten, wel che mit der Un ter su chung der hu-

ma nen ga s tra len Mo ti li tät ver bun den sind,

das Ver ständ nis der me cha ni schen Fak to-

ren, durch die der Ma gen sei nen In halt in

den Dünn darm ent leert, be grenzt.

Die Be stim mung der Ma genent lee rung

war die ers te mit tels MRT un ter such te ga-

stro in tes tina le phy sio lo gi sche Funk ti on

[4]. Hier bei er folgt re pe ti tiv die Ak qui si ti-

on 20–40 par al le ler (be lie big ori en tier ter)

Schicht bil der der Ma gen re gi on in ner halb

von 15–25 s mit tels schnel ler Spin-Echo-

(TSE oder RARE) bzw. Gra di en ten-Echo-

Se quen zen (FFE, FISP). Zur Mi ni mie rung

von Be we gungs ar te fak ten wer den die Mes-

sun gen in ei ner Atem pau se durch ge führt.

Ma gen- und Mahl zei ten vo lu mi na kön nen

durch den her vor ra gen den Bild kon trast

iden ti fi ziert und mit tels ei ner Bild soft wa-

re seg men tiert, 3-di men sio nal re kon stru-

iert und be rech net wer den. Aus den ge-

Ab kür zun gen und Glossar

Lag-Pha se: Zeit pe ri ode bis 10% der

Mahl zeit ent leert ist.

Lar mor-

Fre quenz:

Cha rak te ris ti sche Fre-

quenz, mit der die Pro to-

nen ei nes Mo le küls

(z. B. Fett oder Was ser)

im äu ße ren Ma gnet feld

prä ze die ren.

SPECT: Sin gle-Pho ton-Emis si ons-

com pu ter to mo gra phie.

T1-Re la xa ti on: Zeit kon stan te, die dem

Wie der auf bau der Lon gi-

tu di nal ma gne ti sie rung

bzw. der Aus gangs-

magneti sie rung (M0)

ent spricht.

T2-Re la xa ti on: Zeit kon stan te, die der De-

pha sie rung der an ge reg-

ten Pro to nen auf grund

ih rer un ter schied li chen

Prä zes si ons fre quen zen,

also der Ab nah me der

Trans ver sal ma gne ti sie-

rung ent spricht.

Schwerpunktherausgeber

J. F. Riemann, Ludwigshafen

W. Hiddemann, München

28 | Der Internist 1 · 2006

sie nach Fun dopli ka tio, die Dys pep sie bei

Pa ti en ten mit Dia be tes mel li tus und mög-

li cher wei se auch die Re flux krank heit wer-

den mit ei ner ge stör ten Ak kom mo da ti on

in Zu sam men hang ge bracht [11, 12].

Trotz des gro ßen kli ni schen In ter es ses

für eine ge stör te ga s tra le Ak kom mo da ti on

sind nur we ni ge Stu di en zu die sem The ma

pub li ziert, was in den be trächt li chen tech-

ni schen Schwie rig kei ten der Mes sung der

Ak kom mo da ti on des Ma gens be grün det

ist. In va si ve Ba ro stat tech ni ken (mo men ta-

ner Gold stan dard) und an de re ak tu ell an-

ge wand te Me tho den, wie die kon ven tio nel-

le So no gra phie, 3-D So no gra phie, SPECT

oder auch Trink tests wei sen Nach tei le auf

[13, 14]. Kei ne die ser Me tho den kann prä zi-

se, phy sio lo gisch und un ver fälscht die Ak-

kom mo da ti on des Ma gens mes sen.

Die ga s tra le Ak kom mo da ti on kann

nur in Re la ti on zum Magen to nus, in tra ga-

s tra lem Druck, zur Ma gen mo ti li tät und

F die zu sätz li che Be ur teil bar keit um ge-

ben der ana to mi scher Struk tu ren.

Dies ist mit her kömm li chen Me tho den

nicht oder nur be grenzt mög lich.

Ga s tra le Ak kom mo da ti on

Die Ein nah me hoch vo lu mi nöser Mahl zei-

ten wird durch die pro xi ma le ga s tra le Ak-

kom mo da ti on ohne Aus lö sung des Brech-

re fle xes oder an de rer kli ni scher Symp to-

me er mög licht. Die re zep ti ve va go va ga-

le Re flex re la xa ti on des Ma gens hat ih-

re phy sio lo gi sche Be deu tung in ei ner Re-

ser voir bil dung ohne An stieg des in tra ga-

s tra len Drucks [9]. Eine ge stör te Ak kom-

mo da ti on ist mit Symp to men wie frü hes

Sät ti gungs ge fühl, Übel keit, Ober bauch be-

schwer den, ab do mi nel les Span nungs ge-

fühl und Ge wichts ver lust as so zi iert [10].

Die funk tio nel le Dys pep sie, die Dys pep-

won ne nen Vo lu men da ten wer den Ent lee-

rungs pa ra me ter, wie die Ent lee rungs halb-

werts zeit (t50) und die Lag-Pha se di rekt be-

stimmt oder mit Re gres si ons mo del len be-

rech net (. Abb. 1).

Die Szin ti gra phie stellt die bild ge ben-

de Stan dard me tho de zur Be stim mung

der Ma genent lee rung dar [5]. MRT-Va li-

da ti ons stu di en für flüs si ge und fes te Mahl-

zei ten zeig ten eine ex zel len te Über ein stim-

mung ge gen über der Szin ti gra phie so wohl

für Ge sun de als auch für Pa ti en ten mit

z. B. dia be ti scher Ga stro pa re se [6, 7, 8].

Die Vor tei le der MR-to mo gra phi schen Be-

stim mung der Ma genent lee rung sind [1]:

F eine feh len de Strah len be las tung,

F die De tek ti on von Vo lu men än de run-

gen der Mahl zeit und des Ma gens in

ho her zeit li cher (bis zu 2 Mes sun gen/

min) und räum li cher Auf lö sung

Abb. 1 8 Ma gen (um ran det): Mahl zeit und in tra ga s tra le Luft in sa git ta len MRT-Bil dern prä- (t=–5 min) und post pran di al (t=0 min) und nach 45 min

30 | Der Internist 1 · 2006

Schwerpunkt: Neue diagnostische Verfahren

Ent lee rung be schrie ben und ver stan den

wer den. Die MRT ist so mit eine ge eig ne-

te Un ter su chungs tech nik, da sie gleich zei-

tig so wohl die mo to ri sche ga s tra le Ak ti vi-

tät als auch den Pro zess der Re ser voir bil-

dung und der Ent lee rung mit ho her zeit-

li cher und räum li cher Auf lö sung er fasst

[14]. Im Ver gleich zu in va si ven Un ter su-

chungs me tho den konn ten in ei nem of fe-

nen MRT-Sys tem in sit zen der Kör per po si-

ti on deut lich ge rin ge re post pran dia le Ma-

gen vo lu mi na nach Ein nah me ver schie den

zu sam men ge setz ter Er näh rungs lö sun gen

ge mes sen wer den. Zu sätz lich wur de, wie

in . Abb. 2 dar ge stellt ist, die schon wäh-

rend des Trin kens ein set zen de stär ke re

Ent lee rung ei ner fett hal ti gen oder prote-

in hal ti gen Lö sung mit folg lich ge rin ge ren

Ma gen- und Mahl zei ten vo lu mi na im Ver-

gleich zu ei ner Koh len hy drat lö sung un ter

phy sio lo gi schen Be din gun gen er fasst [15].

Zu künf tig könn ten in no va ti ve MRT-

Ver fah ren in Kom bi na ti on mit mi ni mal-

in va si ven Druck mes sun gen in ner halb des

Ma gens bes se re di ag nos ti sche Mög lich kei-

ten und ein er wei ter tes Ver ständ nis der

Sym pto ment ste hung der ge stör ten ga s tra-

len Ak kom mo da ti on er öff nen.

In tra ga s tra le Dis tri bu ti on von Mahl zei ten und Arz nei for men

Die Ver tei lung ei ner Mahl zeit und ein zel-

ner Nah rungs be stand tei le im pro xi ma-

len und dis ta len Ma gen be ein flusst die

Ma gen funk ti on und die ga stro in tes tina-

le Per zep ti on. Un ter An wen dung schnel-

ler MRT-Tech ni ken kann die Ver tei lung

von Mahl zei ten mit ver schie de nem ka lo-

ri schem Ge halt und wech seln der Kon sis-

tenz, das Durch mi schen mit ga s tra len Se-

kre ten und ihre Ent lee rung prä zi se und

an schau lich dar ge stellt wer den. Bei spiels-

wei se füh ren Mahl zei ten hö he rer Vis ko si-

tät zu ei nem stär ke ren post pran dia len Ma-

gen vo lu men des An trums, ver bun den mit

ei nem Völ le ge fühl [16].

Fett rei che Nah rung zeich net sich durch

eine hohe Ener gie dich te mit ei nem An teil

von bis zu 40 der Nah rungs zu sam men-

set zung west li cher Staa ten aus. Die Di ge s-

ti on und die Re sorp ti on von Fet ten stel len

einen kom ple xen ener gie ab hän gi gen Pro-

zess dar und er for dern prä zi se re gu la ti ve

Me cha nis men, um die ab sorp ti ve Ka pa zi-

tät des Dünn darms nicht zu über schrei ten.

Zusammenfassung · Abstract

In ter nist 2006 · 47:28–38

DOI 10.1007/s00108-005-1527-1

© Sprin ger Me di zin Ver lag 2005

O. Göt ze · A. Stein göt ter · W. Schwi zer · M. Fried

Funk tio nel le Ma gne tre so nanz bild ge bung des Ver dau ungs trakts. Kli ni sche An wen dungs mög lich kei ten?

Zu sam men fas sung

Die Ma gne tre so nanz to mo gra phie (MRT)

stellt eine viel sei ti ge bild ge ben de Me tho-

de in der Me di zin dar, für wel che ein Spekt-

rum neu er di ag nos ti scher Op tio nen ent wi-

ckelt wur de. Ne ben der in der kli ni schen

Pra xis etab lier ten Dar stel lung von Or gan-

struk tu ren, wird die MRT zu neh mend zur

Bild ge bung hu ma ner Or gan funk tio nen

wie zum Bei spiel des Her zen und des zent-

ra len Ner ven sys tems her an ge zo gen. Der

Ein satz zur funk tio nel len Bild ge bung des

Ver dau ungs trakts ist neu ar tig und er folgt

an we ni gen Zen tren im Be reich der Grund-

la gen- und kli ni schen For schung. Die hoch-

auf lö sen de kon trast rei che schnel le Bild ge-

bung, die feh len de Be las tung durch io ni sie-

ren de Strah lung und die Un ter su che ru n ab-

hän gig keit in der Bildak qui si ti on und An a-

ly se ma chen die MRT zu ei ner idea len Me-

tho de der Funk ti ons dia gno s tik des Ver dau-

ungs trakts.

In die ser Über sicht wer den ge gen wär-

ti ge An wen dun gen der MRT in der ga stro-

en te rol gi schen Funk ti ons dia gno s tik vor ge-

stellt und mit her kömm li chen di ag nos ti-

schen Me tho den ver gli chen.

Schlüs sel wör ter

Ma gne tre so nanz to mo gra phie ·

Funk tio nel le Bild ge bung ·

Ga stro in tes tina le Mo ti li tät ·

Ma gen se kre ti on · Ma gen ak ko mo da ti on

Ab stract

Mag net ic res o nance im ag ing (MRI) is a ver-

sa tile med i cal im ag ing tool for which sev er-

al new ap pli ca tions have been de vel oped.

Be side its broad clin i cal use for the de tec-

tion of an a tom i cal struc tures and patholo-

gies MRI has been suc cess ful ly ap plied for

the non-in va sive im ag ing of hu man or gan

func tions, in clud ing the brain and the car-

dio vas cu lar sys tem. The use of MRI for the

as sess ment and anal y sis of gas tro in tes ti-

nal (GI) func tion is a new ap proach that is

cur rent ly per formed in only a few re search

sites. Sev er al char ac ter is tics make MRI an

ide al tech nique for the di rect as sess ment

of GI phys i ol o gy: MRI ac quires high res o lu-

tion im ag es with ex cel lent soft tis sue con-

trast, it does not ex pose sub jects to ion iz-

ing ra di a tion, is non-in va sive, and the ac-

qui si tion and anal y sis of the im ag es can be

in de pen dent ly ver i fied. In this ar ti cle we

sum ma rize re cent de vel op ments of MRI

tech niques in GI re search. We will also dis-

cuss the ad van tages and lim i ta tions of MRI

for this pur pose in re la tion to es tab lished

med i cal im ag ing tools and in ves ti ga tions.

Key words

Mag net ic res o nance im ag ing · Func tion al

im ag ing · Gas tro in tes ti nal mo til i ty ·

Gas tric se cre tion · Ac co mo da tion

Mag net ic res o nance im ag ing of the gas tro in tes ti nal tract – clin i cal ap pli ca tions?

31Der Internist 1 · 2006 |

Es exis tie ren nur we ni ge Da ten zur in-

tra ga s tra len Ver tei lung und Pro zes sie rung

von Fet ten und Fet te mul sio nen. Auf grund

der un ter schied li chen Re so nanz- (Lar-

mor-) Fre quenz der pro to nen rei chen Fett-

säu ren im Ver gleich zu Was ser, kann die

Fett pha se ei ner Mahl zeit se lek tiv mit spe-

zi fi schen RF-Im pul sen an ge regt wer den.

Dies er laubt die Ef fek te der in tra ga s tra len

Fett ver tei lung auf die Ma genent lee rung

und An trum mo ti li tät so wie auf die Sta bi li-

tät von Fet te mul sio nen und die da mit ver-

bun de ne vis zera le Per zep ti on zu un ter su-

chen [17]. Durch Kennt nis der schon in-

tra ga s tral be gin nen den Ver ar bei tung von

Fet ten mit Aus bil dung von Ka lo ri en gra di-

en ten durch eine in ho mo ge ne Fett ver tei-

lung in ner halb der Mahl zeit (. Abb. 3)

kann die MRT zum Ver ständ nis von Sät-

ti gungs ver hal ten und ga stro in tes tina lem

Trans port fett rei cher Nah rungs mit tel zu be-

rei tun gen bei tra gen [18].

Wich ti ge Fak to ren für eine aus rei chen-

de Bio ver füg bar keit von oral ver ab reich ten

Phar ma ka stel len nicht nur die phy si ko che-

mi schen Ei gen schaf ten des Rein stof fes wie

z. B. die mo la re Mas se oder Fett lös lich keit,

son dern auch die in tra ga s tra le und in tes-

tina le che mi sche Sta bi li tät und Dis tri bu-

ti on des Arznei stoffs dar. Bis her wur den

szin ti gra phi sche Tech ni ken zur Un ter su-

chung der In-vivo-Ver tei lung neu ent wi-

ckel ter ora ler Arz nei for men ein ge setzt.

Die MRT wur de erst kürz lich als al ter na-

ti ve Me tho de va li diert. Pa ra ma gne ti sche

Kon trast mit tel wie ma kro zy kli sche Ga do-

li ni um che lat kom ple xe (GD-DOTA) kön-

nen in kol loi da le Wirk stoff for mu lie run-

gen (Li po so men) als Mo dell für schwer

lös li che li po phi le Sub stan zen ein ge bet tet

oder di rekt als was ser lös li ches Mo dell ga le-

ni scher Zu be rei tun gen be nutzt wer den [19,

20]. Für die Bildak qui si ti on wer den schnel-

le T1-ge wich te te Gra di en ten-Echo-Se quen-

zen (T1-FFE) be nutzt, wel che einen star-

ken Kon trast zwi schen dem mar kier ten

Me di ka men ten mo dell und der un mar kier-

ten Mahl zeit er zeu gen (. Abb. 4).

Die se Tech nik er mög licht eine ge naue

Dif fe ren zie rung und Be rech nung der Me-

di ka men ten ver tei lung.

Zu sam men fas send zei gen die se Stu di-

en das Po ten zi al des MRT für die In-vivo-

Di ag nos tik und Ent wick lung neu er ga le ni-

scher Zu be rei tungs for men, des Ein flus ses

der Mahl zei ten zu sam men set zung und der

mo to ri schen Funk ti on des Ma gens auf die

Bio ver füg bar keit und so mit auch auf die

Wirk sam keit von Arznei stof fen.

Ma gen se kre ti on

Wäh rend der ze pha len, in tes tina len und

ga s tra len Pha se gibt der Ma gen große Se-

kret men gen ab. Die se kre to ri sche Ma gen-

funk ti on konn te bis her nur durch in va si-

Abb. 2 8 Ma gen- (schwarz) und Mahl zei ten- (rot) Ent lee rungs kur ven von 3 Er näh rungs lö sun-gen (n=12, 375–400 kcal, 500 ml)

Abb. 3 8 Dar stel lung ei ner auf schwim men-den Fett schicht (3) nach Ein nah me ei ner fes ten Mahl zeit. 1: in tra ga s tra le Luft; 2: Mahl zeit; Ma gen gren zen um ran det

Abb. 4 8 Sa git ta les MRT-Bild und 3D-Re kon struk ti on der Frei set zung und Ver tei lung ei nes ora len Arznei stoff mo dells (rot) in ei ner fes ten Mahl zeit (gelb)

32 | Der Internist 1 · 2006

Schwerpunkt: Neue diagnostische Verfahren

ve Son den tech ni ken quan ti fi ziert wer den.

Mit tels MRT kann durch Ver gleich der Si-

gnal in ten si tät in tra ga s tra ler Mahl zei ten

ge gen einen au ßer halb am Kör per an ge-

brach ten Stan dard die ga s tra le Se kre ti on

ab ge schätzt wer den [7]. Al ter na tiv kann

die Ma gen se kre ti on in di rekt über die mit

der Än de rung der Vis ko si tät ei ner aus

Po ly sac cha ri den be ste hen den Test mahl-

zeit ein her ge hen den Än de run gen der T2-

(trans ver sa len) Re la xa ti ons zeit durch eine

zu vor er stell te In-vi tro-Ka li bra ti ons kur ve

be stimmt wer den [16].

Ge gen stand ak tu el ler For schung ist die

Be stim mung der Di lu ti on ei ner Mahl zeit

durch ga s tra le Se kre ti on und Mi schungs-

vor gän ge über die Quan ti fi zie rung der

lon gi tu di na len Re la xa ti ons zeit (T1-Re la xa-

ti on). Da die ses Ver fah ren auf den Zu sam-

men hang zwi schen der Kon zen tra ti ons än-

de rung ei nes pa ra ma gne ti schen Kon trast-

mit tels (Gd-DOTA) in der Mahl zeit und

der sich än dern den T1-Re la xa ti on ba siert,

ist die se Me tho de an kei ne spe zi fi sche Test-

mahl zeit ge bun den. Erst ma lig kann durch

wie der hol tes „Map ping“ der T1-Re la xa ti-

ons zei ten die Ma gen se kre ti on in ver schie-

de nen Ma gen re gio nen und Mi schungs vor-

gän ge der Mahl zeit mit der Ma gen säu re

dar ge stellt wer den (. Abb. 5; [21]).

Ga stro duo dena le Mo ti li tät

We sent li che Fort schrit te in den zur Ver-

fü gung ste hen den Me tho den er lau ben es

heu te, die Mo ti li tät des Ma gen darm trakts

un ter an nä hernd phy sio lo gi schen Be din-

gun gen zu un ter su chen.

Die trans ku ta ne 2-di men sio na le So no-

gra phie des Ma gens als hoch auf lö sen des

to mo gra phi sches Echt zeit ver fah ren wur-

de er folg reich zur Be stim mung der ga stro-

duo dena len Mo ti li tät und un ter Ver wen-

dung der Du plex so no gra phie zur An a ly se

von Fluss phä no me nen ein ge setzt [22]. Sie

kann zu ver läs sig ok klu si ve und nichtok-

klu si ve An trum kon trak tio nen und trans-

py lo ri sche Flus ser eig nis se er fas sen. Al ler-

dings er folgt die Be stim mung des Ma gen-

und des Mahl zei ten vo lu mens bei gleich zei-

ti ger Mes sung der Ma gen mo ti li tät nur in-

di rekt über den Durch mes ser von An trum

und Ma gen fun dus. Zu sätz lich ist die So no-

gra phie un ter su cher ab hän gig und ist bei

adipö sen Pa ti en ten nur be grenzt an wend-

bar [5]. We sent li che Tei le des Ma gens, wie

z. B. des Fun dus kön nen mit die ser Tech-

nik nicht aus rei chend ein ge se hen wer den.

Die 3-di men sio na le So no gra phie stellt Ul-

tra schall schnitt bil der zur vo lu me tri schen

Be stim mung des Ma gen vo lu mens zur Ver-

fü gung, er laubt es aber nicht si mul tan an-

de re Funk ti ons pa ra me ter, wie z. B. die Ma-

gen mo ti li tät zu un ter su chen.

Zur MR-to mo gra phi schen De tek ti on

der ga stro duo dena len Mo ti li tät wer den 1–

3 par al le le Bild schich ten, aus ge rich tet ent-

lang der Längsach se des dis ta len Ma gens,

se quen zi ell in kur z en Ab stän den von mi ni-

mal 300 ms bis ma xi mal 1 s mit schnel len

Gra di en ten-Echo-Se quen zen („ba lan ced

stea dy state free pre ces si on“, b-SSFP) auf ge-

nom men. Dies er laubt die Vi sua li sie rung

der auf den Py lo rus zu lau fen den Kon trak-

ti ons wel len (. Abb. 6). Mit die ser Me tho-

de kann die Fre quenz, die Ge schwin dig-

keit und Ok klu si on der Kon trak ti ons wel-

len im Ma gen er mit telt wer den. Vo lu men-

mes sun gen für eine gleich zei ti ge An a ly se

von Ma genent lee rung, Ak kom mo da ti on,

Dis tri bu ti on kön nen schnell und pro b lem-

los zwi schen Mo ti li täts mes sun gen durch-

ge führt wer den.

Eine we sent li che Li mi tie rung al ler ver-

füg ba ren Bild ge bungs me tho den ist die feh-

len de Mög lich keit zur Mes sung von in tra lu-

mi na len Drücken. Durch die an tro duo dena-

le Ma no me trie las sen sich Kon trak ti onser-

eig nis se im Ma gen und Dünn darm über

die ein her ge hen den Druck än de run gen er-

fas sen. Im Ver gleich zu den Bild ge bungs me-

tho den ist das Ver fah ren je doch zu we nig

sen si tiv für die De tek ti on nichtok klu si ver

Kon trak tio nen. Da her wur den MRT bzw.

So no gra phie in Stu di en zur Er for schung

der Me cha nis men der Ma genent lee rung

kom bi niert mit der Ma no me trie ein ge setzt.

Ers te Er geb nis se zei gen, dass die Ma genent-

lee rung flüs si ger Mahl zei ten über wie gend

wäh rend Pha sen her ab ge setz ter Kon trak ti li-

tät ein setzt und durch die Py lo rus öff nung

und mög li cher wei se durch Kon trak ti on

des Duo den ums re gu liert wird. Dies lässt

ver mu ten, dass die Ma genent lee rung von

Flüs sig kei ten eher durch den ga stro duo-

dena le Druck gra di en ten als durch die Pe-

ris tal tik er folgt [23].

In tes tina le Mo ti li tät

Pro pul si ve und sta tio näre Kon trak tio nen

sor gen für eine Durch mi schung des Dar-

min halts und sei nen Trans port. Im Nüch-

tern zu stand wird die Dünn darm mo to rik

vom wan dern den myo elek tri schen Mo tor-

kom plex be stimmt, wäh rend die ser post-

pran di al fehlt und es zu ei ner zeit lich un re-

gel mä ßi gen Auf ein an der fol ge sta tio närer

und pro pul si ver Kon trak tio nen kommt.

Die MRT kann den in tes tina len Tran sit,

die in tra lu mi na le Flüs sig keits ver tei lung

und ihre Dy na mik in ein zel nen Darm seg-

men ten prä- und post pran di al dar stel len.

Den noch ist auf grund der zeit li chen Un-

re gel mä ßig keit der Mo ti li täts er eig nis se

so wie des ge rin ge ren Durch mes sers des

Darm lu mens die Bild ge bung des Dünn-

darms tech nisch schwie rig. Un ter An wen-

dung von nicht ab sor bier ba ren, den Dünn-

darm dis ten die ren den Quell stof fen und

Kon trast mit teln wie Gd-DOTA wird die

Bild qua li tät (Bild kon trast) deut lich ver bes-

sert und da durch eine zu ver läs si ge Vi sua-

li sie rung der in tes tina len Mo ti li tät so wie

ih rer Be ein flus sung durch Spas mo ly ti ka

und Pro ki ne ti ka er reicht [24].

Mit die ser Tech nik er scheint die Ein-

füh rung ei ner funk tio nel len Dünn darm-

dia gno s tik für kli ni sche Fra ge stel lun gen

und für die phar ma ko lo gi sche For schung

in na her Zu kunft mög lich.

Funk tio nel le Ma gne tre so nanz-cholan gio pan krea ti ko gra phie

Die Ma gne tre so nanz cho lan gio pan krea ti-

ko gra phie (MRCP) ist heu te eine etab lier-

te nichtin va si ve Al ter na tiv me tho de zur di-

ag nos ti schen en do sko pi schen Gal len gang-

und Pan kre as gang dar stel lung (ERCP).

Die An wen dung der dy na mi schen se kre-

tin sti mu lier ten MRCP (S-MRCP) ver bes-

sert Bild qua li tät und Dar stel lung des Pan-

kre as gangs und der Sei tenäs te so wie von

ana to mi schen Va ri an ten wie z. B. ei nes

Pank re as di vi sum. Zu sätz lich er laubt die

dy na mi sche S-MRCP eine Er fas sung des

Fül lungs zu stands des Duo den ums und so-

mit eine se mi quan ti ta ti ve Mes sung der Vo-

lu men se kre ti on des exo kri nen Pank re as

(. Abb. 7; [25]). Bei der MRCP wird oh-

ne An wen dung von Kon trast mit teln eine

hohe Si gnal in ten si tät der Gal len gangs flüs-

sig keit mit tels stark T2-ge wich te ten Bild ge-

bungs se quen zen er reicht. Qua li ta tiv hoch-

wer ti ge Re kon struk tio nen des Gal len-

wegs- und Pan kre as gang sys tems wer den

hie rauf mit Ma xi mum-In ten si ty-Pro jec ti-

33Der Internist 1 · 2006 |

Abb. 5 9 „Map ping“ der T1-Re la xa ti ons zei ten in ei ner Mahl zeit im pro xi ma len Ma gen 5 und 20 min post pran di al. Durch Se kre ti on steigt die T1-Zeit im Ma gen (um ran det) an, bei kon-stan tem Sig nal des Fett ge we bes als in ter nem Stan dard

Abb. 6 8 An trum kon trak tio nen (Pfei le) in Zeit in ter val len von 10 s aus ei ner MRT-Film se quenz; ge neig te, ko ro na re Bil de be ne; L: Le ber; GB: Gal len bla se

34 | Der Internist 1 · 2006

Schwerpunkt: Neue diagnostische Verfahren

Abb. 7a–l 8 Dy na mi sche S-MRCP vor (a–f) und nach (g–l) The ra pie ei ner chro ni schen Pank re a ti-tis. Bildak qui si ti on vor (a, g) und nach 30 s (b, h), 2 min (c, i), 5 min (d, j), 10 min (e, k) und 15 min (f, l) nach Se kre tin ga be: Nach The ra pie deut li cher An stieg des se zer nier ten Vo lu mens [25]

36 | Der Internist 1 · 2006

Schwerpunkt: Neue diagnostische Verfahren

on- (MIP-) Al go rith men und „mul ti pla-

nar re for mat ting tech ni ques“ ge ne riert.

Auf grund der nichtin va si ven mor pho-

lo gi schen und funk tio nel len Dar stel lung

des Pank re as könn te die S-MRCP zur Me-

tho de der Wahl in der Di ag no se stel lung

und zur Ver laufs be ur tei lung nach en do-

sko pi schen In ter ven tio nen be stimm ter

Pa tho lo gi en des Pank re as wer den [25].

Eine wei te re Ver bes se rung und Va li die-

rung die ser Tech nik ge gen über Stan dard-

me tho den der quan ti ta ti ven Funk ti ons tes-

tung des exo kri nen Pank re as ist er for der-

lich, be vor mit der MRT eine kom bi nier-

te mor pho lo gi sche und funk tio nel le Eva-

lua ti on des Pank re as in der kli ni schen Pra-

xis mög lich wird.

MRT-De fä ko gra phie

Bei der De fä ka ti on kommt es durch zu neh-

men de Wand span nung im Rek tum zum

De fä ka ti ons reiz. Durch ein kom ple xes Zu-

sam men spiel meh re rer Or gan sys te me tritt

re flek to risch eine Ent span nung des un will-

kür li chen in ne ren Schließ mus kels und der

Be cken bo den mus ku la tur ein. Die will kür-

li che Ent span nung des äu ße ren Schließ-

mus kels und die Bauch pres se füh ren zum

Ab schluss die ses Vor gangs. Die Mehr zahl

der De fä ka ti ons be schwer den las sen sich

auf struk tu rel le Schä den des Sphink te r ap-

pa rats, Er kran kun gen des Ano rek tums

oder funk tio nel le Stö run gen zu rück füh-

ren.

Die fluo ro sko pi sche De fä ko gra phie ist

eine dy na mi sche Me tho de, mit der mor-

pho lo gi sche Ver än de run gen des Ano rek-

tums, wie z. B. En te ro- oder Rek to ze len

und funk tio nel le Ver än de run gen des Be-

cken bo dens, wie z. B. der Anis mus bei

der De fä ka ti on do ku men tiert wer den kön-

nen. Ne ben der Strah len be las tung und der

Über la ge rung vie ler Struk tu ren kann die-

se Me tho de den Be cken bo den nur ein ge-

schränkt ab bil den.

Die MR-De fä ko gra phie ist das ge eig ne-

te re funk tio nel le Ver fah ren, das Aus kunft

über zu sätz li che ana to mi sche Ver än de run-

gen des Be cken bo dens gibt. Hier zu wird

das Rek tum vor der Bild ge bung mit ei ner

hoch vis kö sen mar kier ten Test sub stanz ge-

füllt. In Ruhe und wäh rend der De fä ka ti-

on wer den dy na mi sche T1-ge wich te te Gra-

di en ten-Echo-Se quen zen ak qui riert. Ver-

schie de ne ana to mi sche Re gio nen und ty-

pi sche Pa tho lo gi en so wie ihre mor pho lo-

gi sche und funk tio nel le In te gri tät kön nen

si mul tan un ter sucht wer den. Dank die ser

neu en dy na mi schen Un ter su chung kann

zum Bei spiel ein ba na les Stuhl schmie ren

nicht sel ten auf eine kom ple xe Be cken bo-

den schwä che mit Be tei li gung ver schie-

de ner ana to mi scher Re gio nen zu rück ge-

führt wer den (. Abb. 8; [26]). Die Un ter-

su chung ist für den Pa ti en ten we nig be las-

tend und heu te in der kli ni schen Rou ti ne

des GI-Trakts etab liert.

Fa zit für die Pra xis

Die Neu- und Wei ter ent wick lun gen von

Auf nah me tech ni ken der MRT er mög li-

chen eine ef fi zi en te Be ant wor tung vie-

ler wich ti ger Fra ge stel lun gen der ga stro-

en te ro lo gi schen For schung. Erst ma lig

wer den nichtin va siv, prä zi se und si mul-

tan un ter schied li che Aspek te von Funk-

tio nen und Funk ti ons stö run gen des Ver-

dau ungs trakts und de ren Be ein flus sung

durch The ra pi en un ter phy sio lo gi schen

Be din gun gen er fasst. Trotz vie ler Vor tei-

le der MRT ge gen über an de ren funk ti ons-

dia gno s ti schen Me tho den sind – ne ben

der Kos ten fra ge – MR-Scan ner und auch

die Un ter su chungs zeit nicht über all frei

ver füg bar. Zu sätz lich er schwert das Feh-

len kla rer di ag nos ti scher Stan dard me tho-

den für be stimm te Funk ti ons stö run gen,

wie z. B. der ge stör ten ga s tra len Ak kom-

mo da ti on bei der funk tio nel len Dys pep-

sie, die Va li die rung der Me tho dik.

Zu sam men fas send be sitzt die MRT ein

großes Po ten zi al, sich in na her Zu kunft

als bild ge ben des Stan dard ver fah ren zur

Er fas sung der Phy sio lo gie und Pa tho phy-

sio lo gie des Ga stro in tes tinal trakts zu

etab lie ren und wert vol le Diens te in der

Ent wick lung neu er ora ler Arz nei for men

zu leis ten.

Kor re spon die ren der Au torProf. Dr. M. Fried

Kli nik für Gast ro ente ro lo gie und He pa to lo gie, De part ment In ne re Me di zin des Uni ver si täts s pi tals, Rä mi stra ße 100, 8091 Zü rich, SchweizE-Mail: Mi cha [email protected]

In ter es sen kon flikt: Der kor re spon die ren de Au tor ver si chert, dass kei ne Ver bin dun gen mit ei ner Fir ma, de ren Pro dukt in dem Ar ti kel ge-nannt ist, oder ei ner Fir ma, die ein Kon kur renz-pro dukt ver treibt, be ste hen.

Li te ra tur

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Abb. 8a, b 8 Pa ti en tin mit Stuhl schmie ren. a In Ruhe, b wäh rend der De fä ka ti on: Zy sto ze le als Zei chen ei ner leich ten In suf fi zi enz des vor de ren Kom par ti ments (hel ler Pfeil), Aus bil dung ei ner an te rio ren Rek to ze le (schwar zer Pfeil; ge punk te te Li nie: Pu bo kok zy ge al li nie) und ei ner En tero ze le; An al pro laps am Ende der De fä ka ti on

37Der Internist 1 · 2006 |

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38 | Der Internist 1 · 2006

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