W Steiger GCI Und CCS Zwei Neue Brennverfahren Von Volkswagen

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- 1 - 29. Internationales Wiener Motorensymposium 2008 Dr.-Ing. Wolfgang Steiger, Dr.-Ing. Christian Jelitto, Dipl.-Ing. Stefan Schmerbeck, VOLKSWAGEN AG, Wolfsburg GCI und CCS – Zwei neue Brennverfahren von Volkswagen GCI and CCS – Two new Combustion Systems from Volkswagen Kurzfassung Neben der Erfüllung zukünftiger Abgasgesetzgebungen werden neue Verbrennungs- motoren einen erheblichen Beitrag zur Senkung der CO 2 -Emissionen leisten. In der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft werden Konzepte zur Weiterentwicklung für Diesel- und Ottomotoren mit konventionellen Kraftstoffen intensiv bis zur Darstellung von Konzeptfahrzeugen untersucht. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Entwicklung homogener selbstzündender Brennverfahren, die im Teillastbereich bereits für Diesel- und Ottomotoren in fahrbaren Prototypen dargestellt wurden. Zur Ausweitung des selbstzündenden homogenen Betriebsbereichs wird zusätzlich intensiv an neuen, an diese Bedingungen angepasste, Kraftstoffspezifikationen geforscht. Hieraus entsteht das CCS -Brennverfahren, als Kombination der Vorteile des Diesel- und Otto-Brennverfahrens. Während bereits über die ersten Ergebnisse einer Verfahrens- und Kraftstoffoptimierung 2005 in Wien [1] berichtet wurde, werden jetzt Ergebnisse der zweiten Optimierung gezeigt. Nach umfangreichen Untersuchungen mit verschiedenen Kraftstoffspezi- fikationen, wird nun für ein selbstgezündetes homogenes Brennverfahren der sogenannte Kraftstoff Naphtha genutzt. Darüber hinaus wurde die dynamische Regelung auf Basis des Zylinderdrucksignals erheblich verfeinert. Der Kraftstoff Naphtha birgt das Potenzial die Ruß- und NO x -Emissionen weiter absenken zu können. Neben der Effizienzsteigerung aus dem (teil-) homogenen selbstgezündeten CCS - Brennverfahren ergibt sich durch ein günstiges H/C-Verhältnis des Naphtha im Vergleich zu Diesel zudem ein weiterer CO 2 -Vorteil. Alle Resultate wurden in einem Forschungsprototyp auf Basis eines VOLKSWAGEN TOURAN validiert. Vor dem Hintergrund eines zukünftig steigenden Dieselbedarfs in Europa und dem aktuellen Kraftstoffmix aus europäischen Raffinerien könnte eine neue Kraftstoff- spezifikation mit deutlich abgesenktem Siedebereich realistisch werden. - 35 -

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29. Internationales Wiener Motorensymposium 2008

Dr.-Ing. Wolfgang Steiger, Dr.-Ing. Christian Jelitto, Dipl.-Ing. Stefan Schmerbeck, VOLKSWAGEN AG, Wolfsburg

GCI und CCS – Zwei neue Brennverfahren von Volkswagen

GCI and CCS – Two new Combustion Systems from Volkswagen

Kurzfassung

Neben der Erfüllung zukünftiger Abgasgesetzgebungen werden neue Verbrennungs-motoren einen erheblichen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten. In der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft werden Konzepte zur Weiterentwicklung für Diesel- und Ottomotoren mit konventionellen Kraftstoffen intensiv bis zur Darstellung von Konzeptfahrzeugen untersucht. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Entwicklung homogener selbstzündender Brennverfahren, die im Teillastbereich bereits für Diesel- und Ottomotoren in fahrbaren Prototypen dargestellt wurden. Zur Ausweitung des selbstzündenden homogenen Betriebsbereichs wird zusätzlich intensiv an neuen, an diese Bedingungen angepasste, Kraftstoffspezifikationen geforscht. Hieraus entsteht das CCS-Brennverfahren, als Kombination der Vorteile des Diesel- und Otto-Brennverfahrens. Während bereits über die ersten Ergebnisse einer Verfahrens- und Kraftstoffoptimierung 2005 in Wien [1] berichtet wurde, werden jetzt Ergebnisse der zweiten Optimierung gezeigt. Nach umfangreichen Untersuchungen mit verschiedenen Kraftstoffspezi-fikationen, wird nun für ein selbstgezündetes homogenes Brennverfahren der sogenannte Kraftstoff Naphtha genutzt. Darüber hinaus wurde die dynamische Regelung auf Basis des Zylinderdrucksignals erheblich verfeinert. Der Kraftstoff Naphtha birgt das Potenzial die Ruß- und NOx-Emissionen weiter absenken zu können. Neben der Effizienzsteigerung aus dem (teil-) homogenen selbstgezündeten CCS-Brennverfahren ergibt sich durch ein günstiges H/C-Verhältnis des Naphtha im Vergleich zu Diesel zudem ein weiterer CO2-Vorteil. Alle Resultate wurden in einem Forschungsprototyp auf Basis eines VOLKSWAGEN TOURAN validiert. Vor dem Hintergrund eines zukünftig steigenden Dieselbedarfs in Europa und dem aktuellen Kraftstoffmix aus europäischen Raffinerien könnte eine neue Kraftstoff-spezifikation mit deutlich abgesenktem Siedebereich realistisch werden.

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Einleitung und Motivation

Aktuelle Motorentwicklungen bei Otto- und Dieselmotoren zeigen einen Trend hin zu hybriden Brennverfahren, die sich, wie in Bild 1 dargestellt, mehr und mehr angleichen. In der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft werden dazu Konzepte zur teilweisen Selbstzündung beim Ottomotor (GCI) und zur teilweisen Homogenisierung beim Dieselmotor intensiv untersucht. Beide Brennverfahren werden nachfolgend beschrieben und bewertet. Das Ziel ist, die Vorteile des emissionsarmen Ottobrennverfahrens mit der Effizienz des selbstzündenden Dieselbrennverfahrens zu kombinieren.

Direkteinspritzung

Wirbelkammer

Hochdruck-

einspritzung

teilweise

homogen

Aufladung

Saugrohreinspritzung

Direkteinspritzung

Aufladung

teilweise

selbstzündend

(Hoch-) Druck-

einspritzung

®®®®

Bild 1: Vom Diesel- und Ottomotor zum CCS-Brennverfahren

Die Zusammenführung beider Brennverfahren wird in der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft als CCS-Brennverfahren bezeichnet. Dazu werden im Besonderen auch Kraftstoffe eingesetzt, deren Eigenschaften die Anforderungen des Brennverfahrens erfüllen.

Das auf den Ottomotor basierende teilweise selbstzündende Brennverfahren (GCI)

Auf der Basis eines Ottomotors hat die Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft ein neues innovatives Brennverfahren, das GCI-Brennverfahren, entwickelt und im Jahre 2006 der Öffentlichkeit im Fahrzeug vorgestellt [5]. Das GCI-Brennverfahren ist sowohl an freisaugenden als auch an aufgeladenen Ottomotoren umgesetzt und bewertet worden. Alle erforderlichen technologischen Voraussetzungen für eine Serieneinführung werden erfüllt und der notwendige Aufwand ist bekannt. Die aufgebauten Versuchsträger erfüllen mit einem konventionellen 3-Wege-Katalysator trotz eines überstöchiometrischen GCI-Betriebs die gesetzlichen Abgasgrenzwerte. Bild 2 zeigt einen GCI-Prototypen mit voller Funktionalität im Straßenverkehr während einer Erprobung.

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Bild 2: GCI-Prototyp

Das Besondere am GCI-Brennverfahren, allgemein auch als HCCI-Brennverfahren bekannt, ist die stabile und kontrollierte Selbstzündung des Benzin-Luft-Gemisches in einem Teilbereich des Betriebskennfeldes eines Mehrzylinder-Ottomotors. Eine wesentliche Eigenschaft des ottomotorischen Kraftstoffes ist seine geringe Neigung zur Selbstzündung. Um trotzdem eine Selbstzündung des Benzin-Luft-Gemisches einzuleiten, sind hohe Temperaturen ab 1000 K notwendig. Im klassischen Motorbetrieb werden solche hohen Temperaturen erst während der Verbrennung erreicht. Daher muss der Zylinderladung von außen ausreichend Energie zugeführt werden, um so das Gemisch zur Selbstzündung zu bringen. Das GCI-Brennverfahren nutzt über die Ladungswechsel-strategie ‚Abgasrücksaugen’ [5], [6] die im Abgas vorhandene thermische Energie. Diese thermische Energie ist prozessbedingt ohnehin im Abgas vorhanden und wird bis heute überwiegend ungenutzt an die Umgebung abgegeben. Folglich ist es sinnvoll, diese thermische Energie in Form von interner oder externer Abgasrückführung zu nutzen. Die Ladungswechselstrategie ‚Abgasrücksaugen’ wird über die Serientechnologie ‚AVS’ (Audi valvelift system) des eigenen Volkswagen-Konzernbaukastens realisiert und kann auf fast jeden Konzernmotor übertragen werden [8]. Weitere Änderungen an der Motorhardware sind für die Realisierung des GCI-Betriebs nicht notwendig. Ausdrücklich sei das Verdichtungsverhältnis erwähnt, das bei einer Kompressionszündung prinzipbedingt eine entscheidende Rolle spielt. Es muss ebenfalls nicht angepasst werden. Gleichermaßen erfordert das GCI-Brennverfahren keine besonderen Kraftstoffspezifi-kationen und so kommt ein handelsüblicher Ottokraftstoff mit einer Oktanzahl (ROZ) von 95 zum Einsatz. Dementsprechend bleibt bei einem für GCI-Betrieb geeigneten Motor die vollständige Serienfunktion des Ausgangsaggregates erhalten.

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Selbstverständlich erfordert das Beherrschen eines solch hoch komplexen Brenn-verfahrens ein neues Motormanagement. Die hierfür neu entwickelten innovativen Steueralgorithmen verzichten auf das Eingangssignal eines Zylinderdrucksensors [5], [6], [7]. Dieses Konzept ist bis jetzt weltweit einmalig und seine Leistungsfähigkeit konnte im transienten Betrieb sowohl am Motorprüfstand als auch im Fahrzeug unter Beweis gestellt werden. Die Vorteile des GCI-Brennverfahrens gegenüber dem klassischen, mittels Zündfunken gesteuerten Brennverfahren, liegen in einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauches bei gleichzeitiger drastischer Verringerung der Rohemissionen. Die am Prüfstand im stationären Betrieb erzielten teilweise erheblichen Verbrauchsvorteile können auch im Fahrbetrieb nachgewiesen werden. Diese Verbrauchsvorteile sind vor allem auf die weitgehende Entdrosselung und auf die schnelle Energieumsetzung zurückzuführen. Nachdem das GCI-Brennverfahren zuerst an einem Saugmotor mit einem Verdichtungs-verhältnis ε = 12,0 dargestellt worden ist, wurde es jetzt auf den aufgeladenen 2,0 l TFSI Motor, der unter anderem im Golf GTI verbaut wird, übertragen Bild 3. Am Versuchsträger wurde für die Realisierung des GCI-Betriebs gegenüber der Serie nur die AVS-Technologie ergänzt. Dabei stellte das für ein aufgeladenes fremdgezündetes Brennverfahren relativ hohes, jedoch für ein HCCI-Brennverfahren relativ niedriges Verdichtungsverhältnis von ε = 9,9 bei der Auslegung der GCI-Ladungswechselstrategie eine besondere Herausforderung dar. Die hierfür notwendigen Ventilhubverläufe wurden mit Hilfe der bei der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft etablierten und hochentwickelten Simulationswerkzeuge im Voraus definiert.

Bild 3: GCI-Motor 2,0 l TFSI 147 kW, Verdichtungsverhältnis ε = 9,9

Trotz des relativ niedrigen Verdichtungsverhältnisses von ε = 9,9 ist es gelungen, einen vergleichsweise großen Bereich des Kennfeldes im Betrieb mit homogener Kompressions-zündung darzustellen, Bild 4. Dabei sind Kraftstoffverbrauchsvorteile von bis zu 14 % gegenüber der Serienabstimmung nachgewiesenen worden.

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Bild 4: Prozentuale Verbrauchsvorteile des GCI-Brennverfahrens gegenüber

Serienabstimmung 2,0 l TFSI 147 kW, Verdichtungsverhältnis ε = 9,9

Die Aufladung in Verbindung mit Benzindirekteinspritzung ist allgemein als das Brennverfahren mit den größten Potenzialen für die Zukunft anerkannt. Mit zunehmendem Grad des Downsizing verringert sich jedoch das Potenzial der Brennverfahren, die den Teillast-Kraftstoffverbrauch senken sollen. Ferner wird mit steigendem Grad des Downsizing das Verdichtungsverhältnis noch weiter sinken, was die Darstellung eines Brennverfahrens mit Kompressionszündung zu einer großen Herausforderungen gestaltet. Die Auswahl der Kraftstoffeigenschaften hat auf die Größe des GCI-Kennfeldes einen geringen Einfluss. Allgemein ist zu beobachten, dass Kraftstoffe mit einer größeren Neigung zur Selbstzündung das mögliche GCI-Kennfeld zu kleineren Mitteldrücken erweitern. Gleichzeitig werden jedoch Betriebspunkte mit hohen Mitteldrücken aufgrund zu hoher maximaler Druckgradienten nicht mehr beherrschbar. Nach unseren Erkenntnissen haben die spezifischen Motoreigenschaften wie z. B. die Ladungswechselstrategie oder das Verdichtungsverhältnis einen viel höheren Einfluss auf das GCI-Kennfeld als die Kraftstoffspezifikationen.

Das auf dem Dieselmotor basierte teilweise homogene Brennverfahren

Neben der evolutionären Weiterentwicklung der ottomotorischen Brennverfahren (vgl. Bild 1) werden in der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft ebenso teilweise homogene dieselmotorische Brennverfahren intensiv untersucht. Die Grundlagen zur Absenkung der Ruß- und NOx-Emissionen durch die Umsetzung einer früh-homogen Selbstzündung am Dieselmotor wurde bereits 2005 in Wien präsentiert [1]. Durch große Mengen zurückgeführter Abgase (AGR) kann die Entflammung des Kraftstoffs verzögert werden, wodurch genügend Zeit zur Homogenisierung bereitgestellt wird. Als Ergebnis können lokal fette Zonen im Brennraum vermieden werden, was zur Reduktion der Rußbildung führt. Gleichzeit kann durch die Anhebung der Wärmekapazität aufgrund der zurückgeführten Abgasbestandteile Kohlendioxyd und Wasser die lokale Flammentemperatur herabgesetzt, und somit die NOx-Bildung reduziert werden. Mit

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steigender Last werden jedoch die Möglichkeiten geringer, diesen Verbrennungsprozess aufrecht zu erhalten. Dies ist auf die zu kurze Zeit zurückzuführen, die mit zunehmender Einspritzmenge zur Homogenisierung verbleibt. Der Bereich höherer Lasten zwingt zu einem Übergang in das traditionelle Dieselbrennverfahren. Um den (teil-) homogenen Betriebsbereich bei Verwendung von handelsüblichem Dieselkraftstoff dennoch ausdehnen zu können, muss die Selbstentflammung verzögert werden. Dazu wird in der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesell-schaft an vollvariablen Ventiltrieben geforscht um die Zündbedingungen herabzusetzen. Hierzu werden über die Steuerzeiten z. B. das effektive Verdichtungsverhältnis oder die interne Restgasmengen beeinflusst.

Nachdem Voruntersuchungen zur Systemauswahl erfolgt sind, sowie erste Erfahrungen am Einzylinder-Motorprüfstand gemacht wurden, wird aktuell ein vollmotor- bzw. ein fahrzeugtaugliches System aufgebaut. Dieses System basiert auf einer elektromotorischen Ventilaktorik der Firma LSP (siehe Bild 5). Wesentliche Merkmale sind:

� Hohe Flexibilität in der Ventilhubgestaltung � Ausgezeichnete Regelbarkeit / Kontrolle der Ventilbewegung � Hohe Verstelldynamik (zyklussynchron) � Moderater Leistungsbedarf

Bild 5: Vollvariabler Ventiltrieb der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN

Aktiengesellschaft (Aktorik: Firma LSP, Ventile: Firma TRW)

Das CCS-Brennverfahren

Die Kombination der Vorteile des otto- und dieselmotorischen Brennverfahrens wird in der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft als CCS-Brenn-verfahren bezeichnet (vgl. Bild 1). Neben der Nutzung konventioneller Optimierungs-parameter wird intensiv nach Kraftstoffspezifikationen geforscht, die die Bedürfnisse eines

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optimalen Brennverfahrens erfüllen. Dabei wird das Ziel verfolgt, den selbstgezündeten homogen Betriebsbereich in Last und Drehzahl auszuweiten. Beim zuvor beschriebenen GCI-Brennverfahren könnte durch Nutzung alternativer Kraftstoffe der kompressionsgezündete Lastbereich zu kleineren Mitteldrücken hin ausgedehnt werden. Diese Maßnahme führt jedoch im oberen GCI-Lastbereich zu unzulässig hohen maximalen Druckgradienten. Auf Seiten des teilweise homogenisierten Dieselmotors kann dagegen mittels einer Absenkung der Zündwilligkeit des Kraftstoffes der homogene Lastbereich ausgedehnt werden, ohne dass Nachteile an der Volllast entstehen. Zudem wirkt sich der niedrigere Siedebereich positiv auf die Gemischbildung und somit wiederum auf die Homogenisierung aus [1]. Die bei diesen Untersuchungen zur Verbesserung des Brennverfahrens verwendeten Sonderkraftstoffe sind anhand spezieller Kraftstoffeigenschaften ausgewählt worden. Zur Unterscheidung werden sie ihrer Siedebereiche entsprechend hier als Kerosin und Naphtha bezeichnet. Ausgehend vom Referenzdieselkraftstoff (CEC-Diesel) wurde bislang Kerosin verwendet, welches eine abgesenkte Cetanzahl und gleichzeitig verbesserte Verdampfungseigenschaften besitzt. Beides führte zu einer besseren Homogenisierung und damit zu geringeren Emissionen und gesteigertem Wirkungsgrad (siehe [1]). In einem weiteren Optimierungsschritt wurde nun Naphtha untersucht. Gegenüber Kerosin hat Naphtha ein nochmals besseres Verdampfungsverhalten. Die wichtigsten Eigenschaften von CEC-Diesel, Kerosin und Naphtha sind in der nachfolgenden Tabelle 1 aufgeführt.

CEC-Diesel

Kerosin Naphtha

Cetanzahl CFR [-] 56 45 40

Siedebeginn 5 % [°C[ 200 160 81

Siedeende 95 % [°C] 350 210 146

Dichte [kg/m3] 835 778 730

Unterer Heizwert [MJ/kg] 42,8 43,5 44,0

Aromate [gew.-%] 20,4 < 1 < 1

Tabelle 1: Kraftstoffeigenschaften

Bei den Untersuchungen zur Auswahl geeigneter Kraftstoffqualitäten wurde ein vollkonditionierter Einzylinder-Forschungsmotor verwendet. Dieser ist mit einem fremdangetriebenen Common-Rail Einspritzsystem mit Einspritzdrücken bis zu 1800 bar ausgerüstet und hat zwei Einlassventile und ein Auslassventil, das Zylinder-Hubvolumen beträgt 492 cm3 und das Verdichtungsverhältnis ist ε = 16,5. Zur Sicherstellung reproduzierbarer Messergebnisse sind die Temperaturen von Motoröl und Kühlwasser, sowie Druck und Temperatur der Verbrennungsluft im Saugrohr konditionierbar. Der Abgasgegendruck wird mittels einer Stauklappe eingestellt. Die in Bild 6 und Bild 7 dargestellten Messergebnisse zeigen den Ruß-NOx-Trade-Off in den Betriebspunkten pmi = 6,9 bar bei 2000 1/min und pmi = 18,4 bar bei 3000 1/min für die

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in der Tabelle 1 aufgeführten Kraftstoffe. In beiden Lastpunkten wurde lediglich die Menge an extern zurückgeführtem Abgas variiert. Der Schwerpunkt der Verbrennung wurde konstant bei 10°KW nach dem oberen Totpunkt durch Anpassung des Einspritzbeginns eingeregelt.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

0% 20% 40% 60% 80% 100%NOx [%]

Ru

ßzah

l [%

]

CEC-Diesel

CCS-Kerosin

CCS-Naphtha

SteigerungAGR-Rate

Bild 6: Ruß-NOx-Trade-Off (pmi = 6,9 bar bei 2000 1/min)

In Bild 6 ist der Ruß-NOx-Trade-Off für die untersuchten Kraftstoffe dargestellt. Mit zunehmender AGR-Rate werden, unabhängig vom Kraftstoff, die NOx-Emissionen in gleicher Weise reduzieren. Dabei kommt es allerdings zu unterschiedlich stark ausgeprägter Rußbildung. Bei weiterer Steigerung der Abgasrückführmenge kommt es zum typischen Abknicken der Kurvenverläufe. Dieses gleichzeitige Absinken der Ruß- und NOx-Emissionen charakterisiert den Homogenisierungseffekt. Der Trade-Off von CEC-Diesel zeigt die höchsten Ruß-Emissionen. Während Kerosin bereits einen deutlichen Vorteil gegenüber CEC-Diesel zeigt, wird bei Verwendung von Naphtha die Rußbildung nahezu vollständig vermieden. Die NOx-Emissionen werden mit Hilfe der hier untersuchen Kraftstoffe kaum direkt beeinflusst. Vielmehr kann aufgrund der Rückführung von Abgas die Wärmekapazität erhöht werden, was zur Senkung der lokalen Flammentemperatur führt. Als Folge wird die NOx-Bildung in Abhängigkeit von der AGR-Rate deutlich verringert. Für Kerosin und Naphtha zeigt sich, dass durch die bessere Gemischbildung bei leichter siedenden Kraftstoffen der verbleibende Restsauerstoff besser ausgenutzt werden kann. Dies führt zu einer höheren möglichen AGR-Rate und damit zu geringeren NOx -Emissionen. Gleichzeitig kann die Zeit zwischen der Kraftstoffeinspritzung und der Verbrennung, der Zündverzug, durch AGR verlängert werden. Dadurch und durch Kraftstoffe mit geringerer Cetanzahl können lokale fette Zonen verringert werden. Es entsteht weniger Ruß.

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0%

20%

40%

60%

80%

100%

0% 20% 40% 60% 80% 100%NOx [%]

Ru

ßza

hl [%

]

CEC-Diesel

CCS-Kerosin

CCS-Naphtha

SteigerungAGR-Rate

Bild 7: Ruß-NOx-Trade-Off (pmi = 18,4 bar bei 3000 1/min)

Ausgehend von hohen NOx-Emissionen kann auch bei der höheren Last (pmi = 18,4 bar bei 3000 1/min) in Bild 7 durch AGR der Stickoxidausstoß unabhängig vom Kraftstoff reduziert werden. Eine Homogenisierung, wie in Bild 6, ist nicht mehr umsetzbar. Nahe der Volllast werden mit CEC-Diesel die höchsten Emissionen gemessen. Die Parabeln für Kerosin und Naphtha liegen näher am Ursprung. Die Vorteile der Kraftstoffe Kerosin und Naphtha ergeben sich aus deren spezifischen Kraftstoffeigenschaften. Die günstigeren Verdampfungseigenschaften und die niedrigere Zündwilligkeit dieser Kraftstoffe führen zu einer homogeneren Gemischbildung und damit zu einer erheblichen Minderung des Schadstoffausstoßes. Aufgrund dieser vielversprechenden Messergebnisse vom Einzylinder Forschungsmotor wurde schließlich Naphtha aufwändig am Vierzylinder-Vollmotor und im Prototypfahrzeug untersucht.

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Bild 8: CCS-Forschungsmotor 2,0 l, 3V, Common Rail, 103 kW

Der eingesetzte Vierzylinder-Forschungsmotor, siehe Bild 8, ist abgeleitet von einem 2,0 l 4V TDI-Serienmotor. Um zusätzliche Messtechnik applizieren zu können, wurde auf ein Auslassventil verzichtet. Das verbleibende Auslassventil wurde in Hub und Durchmesser jedoch angepasst, um eine dem Serienmotor entsprechend Füllung darstellen zu können. Darüber hinaus verfügt der Forschungsmotor über zwei Abgasrückführstrecken (Hochdruck- und Niederdruckstrecke) die bedarfsgerecht geregelt werden. Zur Sicherstellung einer optimalen Ansauglufttemperatur im Saugrohr wird ein motornaher wassergekühlter Ladeluftkühler verwendet. Der Motor ist mit Portliner-Katalysatoren und mit einem katalytisch beschichteten Partikelfilter ausgerüstet. In [1] wurden Messergebnisse vom Vierzylindermotor mit dem Kraftstoff Kerosin vorgestellt. Die dort beschriebene Applikationsstrategie wurde nun auf den Betrieb mit dem Kraftstoff Naphtha übertragen. Die verwendeten Funktionalitäten, Regelstrategien und insbesondere die früh-homogene Betriebsart werden nachfolgend erläutert. Beim konventionellen Dieselbrennverfahren kommt aus akustischen Gründen mindestens eine Voreinspritzung zur Anwendung. Die Reduzierung der limitierten Emissionen wird durch mäßige Mengen an zurückgeführten Abgasen und eine zunehmende Verschiebung des Verbrennungsschwerpunkts hinter den oberen Totpunkt erzielt. Teilweise können dabei Effekte der Zündverzugsverlängerung zur Homogenisierung und NOx-Reduktion genutzt werden, welche jedoch zu einem deutlichen Nachteil bezüglich der Effizienz und damit der CO2-Emissionen führen würden. Das früh-homogene Brennverfahren zeichnet sich durch eine Blockeinspritzung deutlich vor dem oberen Totpunkt aus. Durch sehr große Mengen zurückgeführter Abgase wird

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dabei eine thermodynamisch günstige Verbrennungslage kurz hinter dem oberen Totpunkt sichergestellt. Zudem wird durch die Abgasrückführung die Reaktionsgeschwindigkeit reduziert und damit das Verbrennungsgeräusch verringert. Der Emissionsvorteil des früh-homogenen Brennverfahrens wird durch eine lange Zündverzugszeit erreicht, welche zu einer verbesserten Gemischbildung führt. Wie oben beschrieben, ergibt sich bei einer Laststeigerung aufgrund der zunehmenden Einspritzmenge eine Grenze für die Darstellung des früh-homogenen Brennverfahrens. Daher muss eine Betriebsartenumschaltung vorgehalten werden, die momentneutral für den Fahrer erfolgt. Problematisch bei der Applikation wirken sich der grundsätzlich unterschiedliche Bedarf an zurückgeführter Abgasmenge für die konventionelle und die früh-homogene Betriebsart aus. Zudem werden unterschiedliche Strategien der Einspritzung genutzt. Vorraussetzung für eine Betriebsartenumschaltung von konventionell zu früh-homogen ist die Bereitstellung der notwendigen Menge an zurückgeführtem Abgas im Saugrohr. Zur Umsetzung der sehr großen Abgasrückführraten von bis zu 70 % wird neben der in Serie eingesetzten Hochdruck-AGR noch eine Niederdruck-AGR verwendet. Ist die notwendige AGR-Rate verfügbar, kann von der konventionellen in die früh-homogene Betriebsart umgeschaltet werden. Der Verbrennungsschwerpunkt wird dabei in Echtzeit auf eine wirkungsgradoptimale Lage kurz nach dem oberen Totpunkt geregelt. In Bild 9 ist der Effizienzvorteil als Differenzkennfeld zwischen konventioneller und früh-homogener Betriebsart dargestellt.

eff

ek

tive

s D

reh

mo

me

nt

[Nm

]

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Drehzahl [1/min]

1000 1500 2000 2500 3000

-12

-10

-8

-6

-4

-2

Bild 9: Prozentualer Verbrauchsvorteil des früh-homogenen Modus gegenüber dem

konventionellen Betrieb

Im Drehzahlband von 1000 1/min bis 3000 1/min und bis zu ca. 100 Nm schaltet die Motorsteuerung unter Bereitstellung der notwendigen AGR-Menge in die früh-homogene

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Betriebsart um. Oberhalb dieser Last wird der Motor zurzeit aufgrund der längeren Einspritzdauer noch im konventionellen Brennverfahren betrieben. Die Effizienzsteigerung im früh-homogenen Modus ergibt sich aus der wirkungs-gradoptimalen Verbrennungslage. Als Ergebnis kann bei Nutzung des früh-homogenen Betriebsbereichs die Effizienz im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) für den TOURAN Prototyp (Bild 10) um bis zu 8 % gesteigert werden. Im realen Betrieb wird bei Fahrten bis ca. 100 km/h die Effizienz um bis zu 12 % gesteigert – Dies führt zu einer erheblichen Reduktion der CO2-Emissionen. Bei Verwendung von Naphtha kann im Vergleich zu Kerosin der CO2-Vorteil nochmals verbessert werden, da bei konstantem Verbrennungsschwerpunkt das Brennende früher erreicht wird. Des Weiteren reduziert sich das Wasserstoff-Kohlenstoffverhältnis bei Nutzung von Naphtha deutlich, was direkt zur Reduktion von CO2 führt (CEC-Diesel: 1,85; Kerosin: 2,05; Naphtha: 2,10). Die spezifischen Eigenschaften des verwendeten Kraftstoffs bestimmen weitgehend den Lastbereich, in dem die verbrauchs- und emissionswirksame früh-homogene Betriebsart umgesetzt werden kann.

Bild 10: CCS-Prototyp auf der Challenge Bibendum 2007 in Shanghai

Neben der Effizienzsteigerung birgt die Umsetzung des CCS-Brennverfahrens bei Verwendung geeigneter Kraftstoffe das Potenzial einer Absenkung der Ruß- und NOx-Emissionen, wodurch sich ein beachtlicher Beitrag zur Erfüllung zukünftiger Emissions-grenzwerte ergeben kann. Weiterführende umfangreiche Untersuchungen für eine umfassende Bewertung dieser Strategie sind noch erforderlich.

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Kraftstoffverfügbarkeit

Rohöl ist ein Gemisch verschiedenster Kohlenwasserstoffverbindungen, dessen Zu-sammensetzung stark von der Herkunft des Erdöls abhängt. In Bild 11 ist die Zusammensetzung des Erdöls nach den erzielbaren Erdölfraktionen nach einer atmosphärischen Destillation in Abhängigkeit des Erdöl-Fördergebietes dargestellt.

0

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

Algerien GB Russland S.Arabien Venezuela

Gas/LPG

Naphtha

Mitteldestilate

Schweröle

Reststoffe

0

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

Algerien GB Russland S.Arabien Venezuela

Gas/LPG

Naphtha

Mitteldestilate

Schweröle

Reststoffe

Bild 11: Prozentuale Zusammensetzung von Rohölen nach Herkunft

Die atmosphärische Destillation (vgl. Bild 12) ist der erste Prozessschritt einer Raffinerie, der das Erdöl in seine Fraktionen trennt. Dabei werden die Fraktionen nach ihrem Siedebereich unterschieden. Die Fraktion im Siedebereich von 38 - 180°C wird Naphtha, oder auch Rohbenzin genannt. Naphtha besitzt damit die gleichen Siedeeigenschaften wie das spätere Endprodukt Benzin, und kann daher als Zwischenprodukt der Benzingewinnung angesehen werden. Naphtha enthält Kohlenwasserstoffverbindungen der Kohlenstoffzahl 5 bis 10 und besteht hauptsächlich aus n- und iso-Alkanen (58 –70 %), Cycloalkanen (20 – 39 %) sowie BTX-Aromaten (9 – 14 %; Benzol, Toluol und Xylol).

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47 %Naphtha

FCCØ Ausbeute

47 %Naphtha

FCCØ Ausbeute

Atmosphärische Destillation

Vakuum-destillation

Entschwefelung (Naphtha)

Entschwefelung (Kerosin)

Entschwefelung (Gasöle)

FCC / Hydrocracken

katalytischesReformieren

Isomerisierung

Benzin

Jet A

Gas/Flüssiggas

RückstandSchwer-destillat

Gasöle

Kerosin

Naphtha

Bitumen

Heizöl

DieselErdöl

SchwefelWasserstoff

Alkylierung

Bild 12: Vereinfachtes Schema der Erdölraffinerie

Nach der atmosphärischen Destillation wird der dort anfallende Reststoff der Vakuum-Destillation zugeführt. Dort wird die in Bild 11 als Reststoff bezeichnete Fraktion in Bitumen und Schwerdestillat getrennt. Letzteres wird in der Regel bei europäischen Raffinerien durch den Catalytic-Fluid-Cracking-(FCC)-Prozess in leichtere Fraktionen überführt (siehe Bild 13). Das FCC-Produkt besteht zu ca. 47 % aus einer Naphtha-Fraktion (FCC-Naphtha). Damit wird eine Gesamtausbeute an Naphtha aus Nordseeöl (Brent) von ca. 33 % in einer typischen europäischen Raffinerie erzielt.

2 % Gas / Flüssiggas

22 % Naphtha

38 % Mitteldestillat

24 % Vakuumgasöl

14% Vakuumrückstand

47 %Naphtha

FCCØ Ausbeute

47 %Naphtha

FCCØ Ausbeute

11 % FCC-Naphtha

ca. 33 % Naphtha

FCC

Bild 13: Fraktionen in der Erdölsorte Brent

Bevor Naphtha in der Raffinerie weiterverarbeitet wird, muss es entschwefelt werden. Sonst wirken die darin enthaltenen Schwefelverbindungen als Katalysatorgift und führen zur Katalysatordesaktivierung von nachgeschalteten Veredelungsschritten.

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Das aus dem Rohöl gewonnene Naphtha hat eine Oktanzahl im Bereich von 35 bis 65. Für Ottokraftstoffe werden aber Benzine mit ROZ ≥ 91 benötigt. Eine Oktanzahlanhebung des Naphthas wird durch das katalytische Reformieren erzielt, bei dem die n-Alkane zu iso-Alkanen, und die Cycloalkane zu Aromaten umgesetzt werden (Bild 14). Das Produkt des katalytischen Reformierens wird als Reformatbenzin bezeichnet, und stellt mit 30 % bis 50 % den Hauptbestandteil des Ottokraftstoffs dar. Die geforderten Spezifikationen der Benzinkraftstoffe werden durch Zumischung von Isoparaffine, Alkylatbenzin (iso-Oktan), Oktanzahl-Booster wie ETBE und Additive zum Reformatbenzin erzielt.

Ziel: Oktanzahlerhöhung

Gewinnung von Wasserstoff

Katalysator: Pt-Re/γ-Al2O3

Reaktionen:

Isomerisierung,

Cyclisierung und

Bildung von Aromaten

+ H2

+ 3 H2

Bild 14: Darstellung des katalytischen Reformierens

Neben der Weiterverarbeitung des Naphthas zu Benzin-Kraftstoffen wird auch ein Teil des Naphthastroms in Steamcrackern zu den petrochemischen Basischemikalien Ethylen, Propylen, Butylen und Butadien umgesetzt. Derzeit liegt der Bedarf an Rohbenzin für die Petrochemie bei 18 Millionen Tonnen (D in 2005) und wird aufgrund der steigenden Nachfrage für das Jahr 2025 auf 20 Millionen Tonnen prognostiziert (nach: MWV). Durch die Nutzung unterschiedlicher Rohöle und durch unterschiedliche Verarbeitungs-prozesse sowie Veredelungsprozesse und deren Interaktion innerhalb der Raffinerie wird eine gewisse Flexibilität in der Produktzusammensetzung der Raffinerie gewonnen. Dennoch sind die Verteilungen zwischen den einzelnen erzeugten Kraftstoffarten nur begrenzt veränderbar, da Steigerung der Variabilität im Produktspektrum mit finanziellen und energetischen Mehraufwand verbunden ist und letztlich physikalisch chemischen Randbedingungen unterliegt. Jeder Prozessschritt bedeutet einen Wirkungsgradverlust und reduziert die erzielbaren Kraftstoffausbeuten und damit deren Verfügbarkeit. Heutige moderne Raffinerien weisen einen Gesamtwirkungsgrad von über 90 % auf und erzeugen einen Produktmix wie im folgenden Bild 15 auf Daten des MWV beruhend, dargestellt.

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Grundstoffe für

die Chemie

Kraftstoffe für den Transport-

Sektor

Andere (*)

(*) Feste Brennstoffe,

Schmieröle, Asphalt, etc.

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LPG Naphtha Benzin Kerosin Diesel Heizöl Schweröl Bitumen

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Grundstoffe für

die Chemie

Kraftstoffe für den Transport-

Sektor

Andere (*)

(*) Feste Brennstoffe,

Schmieröle, Asphalt, etc.

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Grundstoffe für

die Chemie

Kraftstoffe für den Transport-

Sektor

Grundstoffe für

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Andere (*)

(*) Feste Brennstoffe,

Schmieröle, Asphalt, etc.

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LPG Naphtha Benzin Kerosin Diesel Heizöl Schweröl Bitumen

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Grundstoffe für

die Chemie

Kraftstoffe für den Transport-

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Grundstoffe für

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(*) Feste Brennstoffe,

Schmieröle, Asphalt, etc.

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Bild 15: Produktspektrum einer typischen Raffinerie in Europa

Muss in Zukunft auf Grund eines veränderten Kraftstoffmixes von dieser Zusammen-setzung abgewichen werden, kommt es zu deutlichen Einbußen bei der Effizienz der Raffinerien. Bild 16 zeigt, dass auch durch die zukünftigen synthetischen XTL-Kraftstoffe ein Kohlen-wasserstoffspektrum zur Verfügung steht, das von Naphtha bis zu schweren Bestandteilen reicht.

0

2

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Kettenlänge [C-Atome in Kette]

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Fischer Tropsch Rohprodukt

Fischer Tropsch Produkt nach Upgrading

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Fischer Tropsch Rohprodukt

Fischer Tropsch Produkt nach Upgrading

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Bild 16: Verteilung der HC-Ketten aus Fischer-Tropsch-Synthese

Es wird daher in Zukunft darauf ankommen den verfügbaren Kraftstoff in geänderten Anteilen dem Handel bzw. dem Endverbraucher anzubieten. Die Möglichkeit leicht siedende Bestandteile auch im Dieselmotor einsetzen zu können kann erheblich zur Effizienzsteigerung beitragen.

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29. Internationales Wiener Motorensymposium 2008

Zusammenfassung und Ausblick

Neben der Erfüllung derzeitiger und zukünftiger Abgasgesetzgebungen werden Verbrennungsmotoren einen erheblichen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten. In der Konzernforschung Antriebe der VOLKSWAGEN Aktiengesellschaft werden Konzepte zur Weiterentwicklung für Diesel- und Ottomotoren mit konventionellen Kraftstoffen intensiv bis zur Darstellung von Konzeptfahrzeugen untersucht [1], [2], [6]. Ein vielversprechender Ansatz ist das GCI-Brennverfahren. Mit dem GCI-Brennverfahren, das serienreife Technologien und einen handelsüblichen Kraftstoff nutzt, ist es gelungen, ein neues Teillastbrennverfahren für den Ottomotor zu entwickeln. Parallel werden Konzepte zur (teil-) homogenen Verbrennung beim Dieselmotor mit konventionellen Kraftstoffen untersucht. Zur Ausweitung des selbstgezündeten homogenen Betriebsbereichs wird zusätzlich intensiv an neuen Kraftstoffspezifikationen geforscht. Die Synergie der Vorteile des Diesel- und Ottomotors in Kombination mit angepassten Kraftstoffen wird als CCS-Brennverfahren bezeichnet. Konkret werden die Homogeni-sierung von Kraftstoff und Luft, als Merkmal des Ottomotors, mit der effizienten Selbstzündung des Dieselmotors kombiniert. In einem Forschungsprototyp auf Basis eines VOLKSWAGEN TOURAN wird das CCS-Brennverfahren dynamisch dargestellt. Kerosin und Naphtha bergen das Potentzial, den Kraftstoffverbrauch sowie die Ruß- und NOx-Emissionen weiter absenken zu können. Neben der Effizienzsteigerung des CCS-Brennverfahrens ergibt sich durch ein günstiges H/C-Verhältnis zudem ein weiterer CO2-Vorteil.

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Literatur

[1] Steiger, W.; Kohnen, C.

Neue Brennverfahren auf Basis einer neuen Kraftstoffspezifikation 26. Internationales Wiener Motorensymposium; 2005

[2] Steiger, W. Nachhaltige Antriebssysteme – Chancen und Herausforderungen 10. Handelsblatt Jahrestagung Automobiltechnologien; 2006

[3] Steiger, W.; Scholz, I. Entwicklungsmethodik aus Sicht des Hauses Volkswagen; 1. Internationales Symposium für Entwicklungsmethodik; Wiesbaden; 2005

[4] Steiger, W.; Stolte, U.; Scholz, I.; Schmerbeck, S.

Das CCS-Brennverfahren von Volkswagen; MTZ 03/2008

[5] Jelitto, Ch.; Willand, J.; Jakobs, J.; Magnor, O.; Schultalbers, M.;

Schnaubelt, M. Herausforderungen für einen Gasoline Compression Ignition-Demonstrator; 5. VDI-Tagung Innovative Fahrzeugantriebe Dresden, November 2006

[6] Jelitto, Ch.; Willand, J.; Jakobs, J.; Magnor, O.; Schultalbers, M.; Millich, E.;

Gasoline Compression Ignition – Aus den Forschungslabors in die Anwendung; 16. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik; 2007

[7] Jeinsch, T.; Schultalbers, M.; Magnor, O.; Jelitto, Ch.; Jakobs, J.; Willand, J.

Die Anforderungen neuer Brennverfahren an die Motorsteuerung 6. Symposium: Steuerungssysteme für den Antriebsstrang von Kraftfahrzeugen; Berlin, Juni 2007

[8] Wurms, R.; Dengler, S.; Budack, R.; Mendl, G.; Dicke, T.; Eiser, A. Audi valvelift system – ein neues innovatives Ventiltriebssystem von Audi ; 15. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik Aachen, Oktober 2006

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