Wahlheimat und Muttererde - StädteRegion · ich freue mich sehr, Sie auch im Namen der...

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Nachhaltige Region Soziale Region Aktive Region Dokumentation „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ BildungsRegion Kommunales Integrationszentrum StädteRegion Aachen

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Nachhaltige Region

Soziale Region

Aktive Region

Dokumentation

„Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“

BildungsRegion

Kommunales Integrationszentrum

StädteRegion Aachen

1Inhalt

Die Veranstalter 3

• Kommunales Integrationszentrum Städte Region Aachen 3• Integrationsrat der Stadt Herzogenrath 3

Einleitung 4

Programmablauf 4

Grußwort 5

• Christoph von den Driesch, Bürgermeister der Stadt Herzogenrath 5• Günter Schabram, Dezernent für Soziales und Integration StädteRegion Aachen 6

Vorträge 7

• „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ – Bekir Alboga (Theologe und Dialogsprecher des Koordinierungsrates der Muslime) 7

• Novellierung des Bestattungsgesetzes NRW – Knut Micke (Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Plege und Alter des Landes NRW) 15

• Würdiger Umgang mit Tod und Sterben - Karl Steenebrügge (Bestattungshaus Bakonyi) 17

Expertenrunde 38

Moderation Mehmet Soyhun 39

• Engin Sakal – Geschäftsführer des Landesintegrationsrates NRW 39• Abdurrahman Kol – DITIB Aachen 39• Wolfgang Berg – Friedhofsverwaltung Stadt Aachen 39• Mehmed Jakubovic – Islamische Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V. 39

Moscheebesichtigung und Führung 40

Anhänge 41

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„Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ 3

Dokumentation

der Fachkonferenz vom Mittwoch, 11.06.2014 in der Emir-Sultan-Moschee in Herzogenrath-Merkstein

Veranstalter

Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen

Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen hat zum 01. Juli 2013 seine Arbeit aufgenommen.

Im Februar 2012 hat der Landtag mit großer Mehrheit das „Gesetz zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen“ beschlossen. Nordrhein-Westfalen ist damit das erste Flächenbundesland, das ein Inte-grationsgesetz verabschiedet hat. Mit dem Gesetz bringt das Land NRW den hohen gesellschaftspolitischen Stellenwert zum Ausdruck, den es der Integrationsarbeit beimisst.

Ziel des Gesetzes ist es unter anderem, eine Grundlage für ein gedeihliches und friedvolles Zusammenleben der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu schafen und eine Kultur der Anerkennung und des gleichberechtigten Mitein-anders zu prägen. Darüber hinaus geht es darum, die Integ-rationsarbeit in NRW zu stärken und strukturell auf ein festes Fundament zu stellen.

Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen bearbeitet zwei inhaltliche Schwerpunkte, neben dem Bil-dungssektor ist „Integration als Querschnittsaufgabe“ ein wei-terer wichtiger Aufgabenbereich.

Jeweils für zwei Jahre wählen die Kommunalen Integrations-zentren hierzu zwei Schwerpunkt-Themen, die sie besonders in den Blick nehmen und bearbeiten. Im Bereich Querschnitt wird bis Ende des Jahres 2015 das Thema „Älter werden in der Migrationsgesellschaft“ vorrangig behandelt.

In diesem Rahmen fand die Fachkonferenz „Islamische Be-stattung – Wahlheimat und Muttererde“ am 11.06.2014 in der Emir-Sultan-Moschee statt.

Integrationsrat der Stadt Herzogenrath

Der Integrationsrat der Stadt Herzogenrath vertritt die Inter-essen ausländischer Mitbürger/innen auf kommunaler Ebene und setzt sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen in Herzogenrath ein. Dazu gehören Chancengleich-heit, Toleranz und Akzeptanz auf allen Ebenen des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens.

Der Integrationsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Die Mitglieder des Integrationsrates werden zu 2/3 von den wahlberechtig-ten Migrant/innen in freier und geheimer Wahl gewählt.Die übrigen Mitglieder ernennt der Rat der Stadt Herzogen-rath aus dem Stadtrat.

Die Mitglieder dieses Gremiums arbeiten mit dem Rat und der Stadtverwaltung zusammen und gewährleisten eine kontinu-ierliche und aktive Integrationspolitik in der Stadt Herzogen-rath.

Ziele des Integrationsrates ist eine Verbesserung des gemein-samen Zusammenlebens zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte und eine Stärkung des WIR-Gefühls in der Stadt Herzogenrath.

4 Einleitung und Programmablauf

„Die Würde des Menschen endet nicht mit dem Tod“

In der StädteRegion Aachen leben Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Religionen friedlich zusammen.

Jeder Mensch hat ein Recht, nach seinen Vorstellungen, Wünschen und Werten respektiert zu werden. Die Würde des Menschen gebietet es, dass sein Wille auch nach dem Tod geachtet wird.

Die Bestattung von Toten und die Bewältigung von Trauer sind zentrale Kulturgüter jeder Gesellschaft.

Wie die meisten religiösen Bestattungsrituale, folgt auch die islamische Bestattung jahrhunderteralten Ritualen. Dabei sind nicht nur die Handlungen, die an dem Verstorbenen vorgenommen werden, sondern auch die Zeitpunkte klar deiniert.

Muslimische Bestattungen werden in der StädteRegion Aachen immer häuiger gewünscht, weil Musliminnen und Muslime in Wohnortnähe bei ihren Familien nach ihren Glaubensvorstellungen bestattet werden möchten.

Lange Zeit waren Beisetzungen nach islamischem Brauch kaum möglich, da einige Besonderheiten den deutschen Friedhofsver-ordnungen widersprachen. Inzwischen gibt es politische Bestrebungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen den gewandelten gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen.

Programm

15:00 Uhr Grußwort Christoph von den Driesch

Bürgermeister der Stadt Herzogenrath

15:10 Uhr Begrüßung Günter Schabram

Dezernent für Soziales und Integration, StädteRegion Aachen

15:20 Uhr Einführung „Islamische Bestattung – Wahlheimat und

Muttererde“ Bekir Alboga

Theologe und Dialogsprecher des Koordi-nierungsrates der Muslime

16:15 Uhr Vortrag Novellierung des Bestattungsgesetzes NRW Knut Micke

Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Plege und Alter des Landes NRW

Pause

17:00 Uhr Präsentation Karl Steenebrügge

Bestattungshaus Bakonyi

17:30 Uhr Expertenrunde

Moderation Mehmet Soyhun

Engin Sakal

Geschäftsführer des Landesintegrationsrates NRW Abdurrahman Kol

DITIB Aachen Wolfgang Berg

Friedhofsverwaltung Stadt Aachen Mehmed Jakubovic

Islamische Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V.

18:30 Uhr Ausklang

Möglichkeit der Moscheebesichtigung

Tagesmoderation durch Fattaneh Afkhami und Timur Bozkir

Islamische Bestattung Wahlheimat und Muttererde

BildungsRegionNachhaltige RegionSoziale RegionAktive Region

Fachkonferenzam Mittwoch, den 11.06.2014in der Emir-Sultan-Moschee

Kommunales Integrationszentrum

StädteRegion Aachen

Stadt Herzogenrath

5Grußwort

Stadt HerzogenrathGrußwort von Christoph von den Driesch (Bürgermeister)

„Es gilt das gesprochene Wort!“

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Schabram,

verehrte Frau Afkhami, verehrter Herr Bozkir,

ich begrüße Sie alle ganz herzlich zur Eröfnung der Fachkonferenz „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ - einer Gemeinschaftsveranstaltung des Kommunalen Integrationszentrums der StädteRegion Aachen, des Integrationsrates und der Stadt Herzogenrath sowie der Emir-Sultan-Moschee.

In Nordrhein-Westfalen leben ca. 1,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens und damit rund ein Drittel der Musliminnen und Muslime in Deutschland.

Der Wunsch nach einer Bestattung in Deutschland wächst in dem Maße, wie Kinder von islamischen Migranten in Deutschland geboren werden und wie die Muslime insgesamt den Bezug zu den Herkunftsländern ihrer Familien verlieren.

Der Umgang mit der Endlichkeit des menschlichen Lebens ist in allen Religionen ein Thema. Die Vorstellungen und Bräuche dazu haben sich unterschiedlich entwickelt. Jede Religion hat ihre eigenen Trauerrituale und ihre Bestattungskultur.

Dem Grundsatz nach schließt das deutsche Bestattungsrecht islamische Begräbnisse aus.

Basierend auf möglichen Ausnahmeregelungen sind in den letzten Jahren auf öfentlichen Friedhöfen jedoch mehr und mehr islamische Grabfelder entstanden. Damit soll eine Bestattung auch in dem Land ermöglicht werden, das für die zweite und dritte Generation zur neuen Heimat geworden ist.

Verehrte Damen und Herren,

Transparenz und Aufklärung tragen – wie in vielen anderen Bereichen des Lebens - zum allgemeinen Verständnis bei. Diese Fachkonferenz ist ein weiterer Baustein in unserer kontinuierlichen Integrationsarbeit.

Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für ihr Engagement und ich bin mir sicher, dass der fachliche Austausch zu dieser Thematik für die künftige Vorgehensweise in der StädteRegion Aachen richtungsweisend sein wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Bürgermeister Christoph von den Driesch

6 Grußwort

StädteRegion AachenGünter Schabram, Dezernent für Soziales und Integration StädteRegion Aachen

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Gäste,

ich freue mich sehr, Sie auch im Namen der StädteRegion Aachen heute hier in der Emir-Sultan-Moschee begrüßen zu dürfen.

Der Umgang mit Sterben und dem Tod ist allen Kulturen von besonderer Bedeutung. Jede Religion kennt bestimmte Rituale und Gebräuche für diese besondere Zeit. Diese geben einerseits dem Sterbenden Sicherheit und Ruhe, um Abschied nehmen zu können. Sie helfen aber auch den Angehörigen, indem sie Trost und Hofnung spenden.

Früher war es nahezu selbstverständlich, dass Muslime – vor allem Türken – nach ihrem Tod in ihr Heimatland überführt und dort bestattet wurden. Das hatte unterschiedliche Gründe. Einer von ihnen mag sein, dass die muslimische Beisetzung nicht den deutschen Gesetzen entspricht.

Immer mehr Muslime aber wollen in Deutschland beerdigt werden.

Ich halte das für eine gute Entwicklung. Denn ich glaube, sie zeigt, dass die Menschen Deutschland als ihr Zuhause ansehen. Ihr Lebensmittelpunkt und ihre Familie sind in Deutschland und deswegen wollen sie auch hier bestattet werden.

Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung reagiert. Ein Mitarbeiter des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Plege und Alter, wird im Folgenden noch ausführlich auf dieses Thema eingehen. Für viele Muslime ist es keine leichte Entscheidung, wo sie ihre letzte Ruhe inden wollen. Den inneren Zwiespalt bringt auch der Titel der heutigen Veranstaltung „Wahlheimat und Muttererde“ zum Ausdruck.

Auch die christlich-deutsche Seite wird durch den Wunsch nach islamischen Bestattungen vor Herausforderungen gestellt.

Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen hat sich deshalb dieses wichtigen Themas angenommen, um zu informieren und aufzuklären. Die heutige Fachkonferenz greift die aktuelle Diskussion auf und möchte einen Überblick über bereits bestehende Möglich-keiten und Regelungen zu islamischen Bestattungen geben. Gleichzeitig will sie beleuchten, wie und wo Muslime bestattet werden möchten. Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen werden miteinander diskutieren und ihre Erfahrungen austauschen. Langfristi-ges Ziel sollte es sein, eine gemeinsame Vorgehensweise für die StädteRegion Aachen zu entwickeln.

Ich bedanke mich ganz herzlich für die Unterstützung des Integrationsrates und der Stadt Herzogenrath, die diese Veranstal-tung mit ermöglicht haben. Darüber hinaus richte ich einen großen Dank an die Mitglieder und Mitarbeiter der Emir-Sultan-Moschee. Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass wir heute hier zu Gast sein dürfen.

Ich wünsche Ihnen allen einen informativen Nachmittag und gute Gespräche.

Dezernent Günter Schabram

Vorträge 7

Vortrag: Bekir Alboga

„Islamische Bestattung - Wahlheimat und Muttererde“

Bekir Albogastudierte an der Selcuk-Universität in der Türkei Germanistik und anschließend in Göttingen Islam-wissenschaften, Publizistik, Kommunikationswissenschaften und Osmanistik-Altaistik.

In Mannheim war er 1997 als Imam tätig bis er 2004 in die „Dialog-Abteilung“ der DITIB Zentrale nach Köln wechselte, um dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsch-türkische Integrations studien zu arbeiten. Darüber hinaus ist er seit 2007 in den Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland als Sprecher gewählt worden.

Im Folgenden wird der Vortrag von Herrn Alboga dokumentiert:

Hauptreferat zum Thema „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“

Mal sahibi mülk sahibi

Hani bunun ilk sahibi

Mal da yalan mülk de yalan

Var biraz da sen oyalan

Zu Deutsch:

Gutsbesitzer Grundbesitzer

Wo ist denn der Urbesitzer

Grund und Güter sind Lügen

Laß auch du dich ablenken1

Mit diesem Vierzeiler seines Gedichts beschreibt der türkische Mystiker und Dichter Yunus Emre aus Mittelanatolien des 13./14. Jahrhunderts das Leben. Wir sind alle nur Gäste bzw. Fremde auf dieser Erde und ziehen früher oder später über die Muttererde in die Heimat der Ewigkeit zu, gewollt oder nicht. Yunus meint über dieses Ende des Fremden: „Sie sagen ein Fremder ist gestorben / Drei Tage später vernehmen sie’s / Baden ihn mit kaltem Wasser / Einen fremder noch als mich.“ Man könnte die letzte Zeile auch übersetzen „der so fremd ist wie ich oder den so einen Fremden wie mich.“2

1 Yunus Emre: Das Kummerrad / Dertli Dolap, aus dem Türkischen übersetzt von Zafer Şenocak, S. 5, Köln o. J.2 Ebenda S. 95

8 Vorträge

Um die Wahrnehmung des Phänomens „Wahlheimat und Muttererde“ und „das Leben und Sterben“ aus islamisch-theologischer Sicht zu verdeutlichen bzw. zu verstehen, hilft uns der Dialog zwischen Allah (Gott) und Seinen Gesandten Moses zusammen mit seinem Bruder und Propheten Aaron im Kur’an-ı Kerim, dem edlen Koran. 3

Wir gehen davon aus, dass Heimat das Erdstück oder das Land ist, woraus die Kernmaterien des Menschen sich zusammenstel-len und wo der Mensch als freies Individuum und Stellvertreter (Statthalter) Gottes auf der Erde zur Welt kommt, sein Leben in Freiheit, Würde und nach seiner religiösen oder weltanschaulichen Weltsicht auslebt und würdevoll stirbt sowie seinen religiösen oder weltanschaulichen Riten und Brauchtümern gemäß bestattet wird.

Als der Pharao die Kinder Israels in Ägypten massiv unterdrückte, versklavte und ausbeutete war dieses Erdstück für sie keine Heimat mehr, wo sie würdevoll weiterleben konnten. Sie sollten in die Freiheit gerettet werden. Genauso mussten der Prophet Muhammed, Friede über ihn, und die ersten Muslime in Mekka ihre Geburtsstadt also ihre ursprüngliche Heimat 622 n. Chr. verlassen, um von der Unterdrückung der Götzenanbeter des Polytheismus in die Freiheit in der neuen Heimat in Medina aus-zuwandern.

Aus der langen Passage im heiligen Kur’an el-Kerim in der Fußnote, in der dieser Dialog anschaulich dargestellt wird, haben die Verse von 47 bis 55 dieser Sura (d. h. des Kapitels 20) für dieses Thema Relevanz. Allah beauftragt Moses und Aaron mit folgender Aufgabe:

47. So gehet denn beide hin zu ihm und sprecht: „Wir sind zwei Gesandte deines Herrn; so lasse die Kinder Israels mit uns ziehen; und bedränge sie nicht. Wir haben dir in Wahrheit ein Zeichen von deinem Herrn gebracht; und Frieden auf den, der der Führung folgt! 48. Es ist uns ofenbart worden, dass Strafe über den kommen wird der verwirft und sich abwendet.“» 49. (Pharao) sprach; «Wer ist euer beider Herr, o Moses?» 50. Er sprach: «Unser Herr ist Der, Der jedem Ding seine Gestalt gab (und es) dann (zu seiner Bestimmung) leitete.» 51. (Pharao) sprach: «Und wie steht es dann um die früheren Geschlechter?» 52. Er sprach: «Das Wissen davon ist bei meinem Herrn in einem Buch. Weder irrt mein Herr, noch vergisst Er.» 53. (Er ist es) Der die Erde für euch gemacht hat als eine Wiege und Straßen über sie hinlaufen lässt für euch und Regen hernieder sendet vom Himmel; und damit bringen Wir mannigfache Arten von Planzen hervor. 54. Esset denn und weidet euer Vieh. Wahrlich, hierin sind Zeichen für Leute von Vernunft. 55. Aus ihr haben Wir euch erschafen, und in sie werden Wir euch zurückkehren lassen, und aus ihr bringen Wir euch abermals hervor.4

3 11. Und wie er näher heran kam, ward er angerufen: «O Moses! 12. Siehe, Ich bin dein Herr. So zieh deine Schuhe aus, denn du bist in dem heiligen Tale Tuwá. 13. Ich habe dich erwählt; höre denn auf das, was ofenbart wird. 14. Siehe, Ich bin Allah; es ist kein Gott außer Mir. Darum bete mich an und verrichte das Gebet zu Meinem Gedächtnis. 15. Siehe, die „Stunde“ kommt fürwahr; bald werde Ich sie enthüllen, daß jede Seele belohnt werde nach ihrem Bemühen. 16. Drum laß nicht den, der hieran nicht glaubt und seinen bösen Gelüsten folgt, dich davon abwendig machen, damit du nicht untergehst. 17. Und was ist das in deiner Rechten, o Moses?» 18. Er antwortete: «Das ist mein Stab: ich stütze mich darauf und schlage damit Laub herab für meine Schafe, und ich habe noch andere Verwendung dafür.» 19. Er sprach: «Wirf ihn hin, o Moses!» 20. Da warf er ihn hin, und siehe, er ward eine laufende Schlange. 21. (Gott) sprach: «Ergreife ihn und fürchte dich nicht. Wir werden ihn in seinen früheren Zustand zurückbringen. 22. Und stecke deine Hand dicht unter deinen Arm, sie wird weiß hervor-kommen, ohne ein Übel - ein weiteres Zeichen, 23. Auf daß Wir dir Unsere größeren Zeichen zeigen. 24. Gehe zu Pharao, denn er hat das Maß überschritten.» 25.

Er sprach: «Mein Herr, öfne mir meine Brust, 26. Und erleichtere mir meine Aufgabe, 27. Und löse den Knoten meiner Zunge, 28. Daß sie meine Rede verstehen. 29. Und gib mir einen Helfer von meiner Sippe, 30. Aaron, meinen Bruder; 31. Mehre meine Kraft durch ihn, 32. Und laß ihn Anteil haben an meinem Werk, 33.

Auf daß wir Dich oft preisen mögen 34. Und Deiner oft gedenken; 35. Denn Du siehst uns wohl.» 36. (Gott) sprach: «Dein Wunsch ist gewährt, o Moses! 37. Und sicherlich haben Wir dir ein andermal Gnade erwiesen, 38. Als Wir deiner Mutter eine klare Ofenbarung sandten: 39. „Lege ihn in einen Kasten und wirf ihn in den Fluß, dann wird der Fluß ihn ans Ufer spülen, so daß ein Feind von Mir und ein Feind von ihm (Moses) ihn aufnehmen wird.“ Und Ich hüllte dich ein in Meine Liebe; und (das tat Ich) damit du unter Meinem Auge aufgezogen würdest. 40. Da deine Schwester gegangen kam und sprach: „Soll ich euch jemanden weisen, der ihn betreuen würde?“ So gaben Wir dich deiner Mutter wieder, daß ihr Auge gekühlt werde und sie sich nicht gräme. Und du erschlugst einen Menschen, Wir aber erretteten dich aus der Trübsal. Dann prüften Wir dich auf mannigfache Art. Und du verweiltest jahrelang unter dem Volke von Midian. Dann gelangtest du zu der Stufe, o Moses. 41. Also habe Ich dich für Mich auserwählt. 42. Gehe denn hin, du und dein Bruder, mit Meinen Zeichen, und seid nicht schlaf darin, Meiner zu gedenken. 43. Gehet beide zu Pharao, denn er hat das Maß überschritten. 44. Jedoch redet zu ihm auf milde Art; vielleicht läßt er sich mahnen oder fürchtet sich.» 45. Sie antworteten: «Unser Herr, wir fürchten, er möchte sich an uns vergreifen oder noch ärger werden im Übertreten.» 46. Er sprach: «Fürchtet euch nicht; denn Ich bin mit euch beiden. Ich höre und Ich sehe. 47. So gehet denn beide hin zu ihm und sprecht: „Wir sind zwei Gesandte deines Herrn; so lasse die Kinder Israels mit uns ziehn; und bedränge sie nicht. Wir haben dir in Wahrheit ein Zeichen von deinem Herrn gebracht; und Frieden auf den, der der Füh-rung folgt! 48. Es ist uns ofenbart worden, daß Strafe über den kommen wird der verwirft und sich abwendet.“» 49. (Pharao) sprach; «Wer ist euer beider Herr, o Moses?» 50. Er sprach: «Unser Herr ist Der, Der jedem Ding seine Gestalt gab (und es) dann (zu seiner Bestimmung) leitete.» 51. (Pharao) sprach: «Und wie steht es dann um die früheren Geschlechter?» 52. Er sprach: «Das Wissen davon ist bei meinem Herrn in einem Buch. Weder irrt mein Herr, noch vergißt Er.» 53. (Er ist es) Der die Erde für euch gemacht hat als eine Wiege und Straßen über sie hinlaufen läßt für euch und Regen hernieder sendet vom Himmel; und damit bringen Wir mannigfache Arten von Planzen hervor. 54. Esset denn und weidet euer Vieh. Wahrlich, hierin sind Zeichen für Leute von Vernunft. 55. Aus ihr haben Wir euch erschafen, und in sie werden Wir euch zurückkehren lassen, und aus ihr bringen Wir euch abermals hervor.4 Vgl. auch Sura 7, Vers 24-25: 24. Er sprach: «Hinab mit euch; die einen von euch sind den anderen feind. Und es sei euch auf der Erde ein Aufent-haltsort und eine Versorgung auf Zeit.» 25. Er sprach: «Dort sollt ihr leben, und dort sollt ihr sterben, und von dort sollt ihr hervorgebracht werden.»

9Vorträge

Im Kur’an al-Kerim und in der Schrift- und Ofenbarungstradition des Islam symbolisieren Pharao und Nimrod zwei Tyrannen, die sich ofensichtlich gegen den Schöpfer aulehnten. Sie stehen symbolisch für alle Tyrannen der Welt. Vor allem der Pharao erklärte sich zu Gott und akzeptierte nicht den Schöpfergott. Moses und Aaron erhielten von Allah, dem Erschafer gesamter Schöpfung im Universum den Auftrag, den Pharao daran zu erinnern, dass er selbst aus der Muttererde erschafen ist und kein Gott sein könne. Sie sollten ihm verkünden, dass auch er ein sterblicher Mensch ist, der ebenfalls aus der Erde erschafen wurde. Denn in seinem Größenwahn hatte der Pharao sich selbst und die Tatsache vergessen, dass er vor Gott ein winziges Geschöpf war. Daran sollte er erinnert werden.5

Nach islamischer Tradition wollte Allah (Gott) nicht ein verborgener Schatz bleiben. Vielmehr wollte er ein vernunftbegabtes We-sen, d. h. den Menschen schafen, um von ihm erkannt zu werden. Aus reiner Liebe und Barmherzigkeit formte er zunächst den Menschen aus der Erde. D. h. die Urmaterie des menschlichen Leibes ist die Erde oder irdischer Staub. Damit aus diesem seelen- und leblosen Geschöpf ein Mensch wurde, der fähig war, Gott zu erkennen, hauchte er ihm seinen Geist ein. Der Mensch wurde zum Mensch durch diesen göttlichen Hauch, womit ihm auch die Menschenwürde verliehen wurde. Damit trägt jeder Mensch einen göttlichen Hauch in seinem Brustkorb und verdient Respekt und Achtung.

Zu dem Teil des Verses „Aus ihr haben Wir euch erschafen, und in sie werden Wir euch zurückkehren lassen, und aus ihr bringen Wir euch abermals hervor.“ (20:55) meinen die Interpreten, dass der Urvater Adam aus dem Leben dieser Erde erschafen worden ist. Zur Erde kehren seine Kinder eines Tages zurück, wenn sie gestorben sind und aus ihr werden sie wieder hervorgebracht.Sie meinen, dass die Erwähnung der Erde als ein Teil des Disputs mit dem Pharao ihre Bewandtnis habe: Dieser Pharao, der sich zur Gottheit erhebt, entstammt nämlich auch aus dieser Erde und wird ebenso zu ihr zurückkehren, genau so wie bei der ur-sprünglichen Ersterschafung.Sie weisen daraufhin, dass dies eine allgemeine und unveränderliche Gesetzmäßigkeit und dieses Leben lediglich ein Vorspiel für die Ewigkeit ist, wo uns ein neues Leben und ein neuer Zustand der Dinge erwartet.

Bei der Beerdigung tragen wir als Muslime diesen Vers vor, wenn der verstorbene Muslim ins Grab gesenkt wird.

Die Kommentatoren sind ferner der Meinung, dass „Zur Erde zurückkehren“ die Aulösung des Körpers nach dem Tod in die or-ganischen und anorganischen Grundbestandteile bezeichnet, aus denen er sich zusammensetzt. „Alle diese Tatsachen – Schöp-fung, Fortbestand und Aulösung – enthalten die Botschaft von Gottes Allmacht, der Vergänglichkeit des irdischen Lebens und der Auferstehung.“ 6

Die Frage ist nun, was und wo ist die Urheimat und wo die Wahlheimat des Menschen ist?Der Mensch hat zweierlei Urheimat: da die Kernmaterie des Menschenleibes die Erde ist, ist der Mensch leiblich auf der Erde zu-hause. Die Seele ist jedoch göttlichen Ursprungs, für die es keinen festen Platz gibt, wo man sie orten könnte. Das bedeutet, dass die Muttererde nur relativ bzw. einerseits Urheimat ist. Denn der erste Mensch und seine Frau wurden zwar aus der Erde aber nicht auf der Erde sondern im Paradies erschafen. Danach wurden sie in die Heimat des Menschenleibes für eine beschränkte Zeit als Statthalter Gottes aufgesetzt. Der Menschenleib fühlt sich auf dieser Erde wohl und ist mit ihr verbunden, Er will die Erde gar nicht verlassen. Dementsprechend wird er auch in der Erde bestattet und er verwest in ihr. Die Seele sehnt sich jedoch nach ihrer Heimat und nach Freiheit bei Allah und möchte gerne von der Erde, wo sie im „Käig“ Menschenleib eingesperrt ist in die Heimat der Ewigkeit auswandern. Damit sie sich vom Leib völlig loslösen und die Erde umgehend verlassen kann ist in der isla-mischen Praxis der Bestattung nach dem Tod die Eile geboten.

Auch die Situation vieler Zuwanderer in Deutschland ist diesem Phänomen ähnlich. Viele von ihnen kamen z. B. in der Türkei zur Welt, wurden dort auch groß gezogen, setzen aber ihr Leben seit einigen Generationen in Deutschland fort. Emotionell sehnen sich viele vielleicht noch nach alter Heimat, doch der Leib möchte dort bleiben, wo man sich lange aufgehalten und gelebt bzw. sich in der neuen Heimat eingelebt hat.

5 Vgl. Die ungefähre Bedeutung des Korans, Sure 20, Vers 44, Teil 16, S. 113f., Fußnote 77 auf S. 114, München, 1992, Bavaria Verlag & Handel GmbH6 Ebenda Vers 55, Teil 16, S. 118, Fußnote 104

10 Vorträge

Sterben, Tod und der Glaube an ein WeiterlebenNach muslimischer Wahrnehmung ist das Leben so kurz wie die kurze Zeit zwischen Ädhään und Iqaame, d. h. dem öfentlichen Gebetsruf (Ädhään) aus dem Minarett und dem darauf im Gebetsaal der Moschee folgenden zweiten Gebetsruf mit schnellerem Rezitationstempo (Iqaame), kurz vor dem Beginn des gemeinschaftlichen Plichtteils des täglich fünfmaligem Gebets. So werden die beiden Texte mit kleiner Hinzufügung zum Haupttext in dem zweiten Teil im Gebetsaal „Das Gebet beginnt oder es geht mit dem gemeinschaftlichen Plichtteil des Gebets los“(2 Mal). Es sind wenige Minuten, dass die Gemeinde Schulter an Schulter ihre Reihe bildet und sich wie ein einziger Leib und Seele der Verrichtung des Gebets widmet. Mit dem türkisch-islamischen Weisheitsspruch „das Leben beginnt mit einem Gebetsruf ohne Gebet und endet mit einem Gebet ohne Gebetsruf“ fängt das Zentrum für Soziale Unterstützung mit Verfassung ihrer Broschüre: Sterbebegleitung und Tod im Islam, die mit der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) um soziale Unterstützung ihrer muslimischen Mitglieder zusammenarbeitet. Demgemäß ist es eine große Aufgabe und Herausforderung für insgesamt alle muslimischen Religionsgemeinschaften als eine beachtenswerte religiöse Minderheit in Deutschland, dass das Sterben und der Tod als eine das menschliche Leben begleitende Realität im öfentlichen Geist präsent bleiben. Dafür muss die Kommunikationskultur im Privaten wie im Öfentlichen geplegt und vital gehalten werden. Muslimische Religionsgemeinschaften beinden sich in einem Entfaltungs- und Gleichstellungspro-zess, in dem auch darüber nachgedacht wird, wie man die muslimischen Gläubigen beim Umgang mit dem Tod betreuen könn-te. In der Zeitspanne, in der der Tod sich vollzieht benötigen die nahen Verwandten ideelle Betreuung sowohl seitens der Famili-enangehörigen und Verwandten als auch seitens religiöser islamischer Würdenträger.

Vor allem von den religiösen Würdenträgern (Imame, auch Hoca (zu Deutsch: Hodscha) in der Gemeinde erwartet man Unter-stützung in den letzten Momenten des Lebenden bzw. des Sterbenden. Damit dienen sie auch dem Leben, indem sie den Um-gang mit den Verstorbenen würdig gestalten.

Vor dem Tod kommt das SterbenMuslimische Gemeinden und ihre Imame sorgen dafür, dass die Tradition der Plege und Unterstützung nicht verlernt und verges-sen werden. Sie bemühen sich darum, dass das Sterben in der Mitte der Familie und der Gemeinschaft sowie auch im gegebenen Fall im Krankenhaus würdig stattindet. Sie unterstützen Sterbende in der Familie oder im Krankenhaus mit ihrer Anwesenheit und ihrem Gebet. Immer mehr Muslime nehmen an Ausbildungsseminaren für Seelsorge teil, um sich die Betreuungsfähigkeit anzueignen, damit sie wie die Imame als ausgebildetes religiöses Personal die Haltung, den Sterbenden loszulassen, damit dieser in eine neue Dimension des Lebens in einer anderen Welt eingehen kann, einzuüben und die Imame dabei zu unterstützen bzw. zu begleiten.

Eine der 6 Grundsätze des islamischen Glaubensbekenntnisses ist der feste Glaube an den Jüngsten Tag und die feste Überzeu-gung über die Auferstehung nach dem Tod mit Leib und Seele. „Ich glaube an den Jüngsten Tag und an die Auferweckung nach dem Tod“ lautet dieser Grundsatz. Sterben und Auferstehen von den Toten bedeutet für die Muslime die ewige Rückkehr zu Allah, dem einzigen und barmherzigen Schöpfer.

Auch der Mensch hat ein befristetes Leben und kehrt nach seinem Ableben zu seinem Schöpfer zurück. Diese Frist des Univer-sums ist vorher bestimmt. Wann sie abläuft weißt nur sein Schöpfer. Die Geburt macht nur einen Teil eines Ganzen. Das Sterben ist der andere Teil und der Zugang zur Ganzheit. Beide, sowohl das Leben als auch der Tod sind von Gott, dem Erhabenen und Barmherzigen erschafen. Mit dem Tod ist das irdische Leben beendet, das Leben als Persönlichkeit geht aber weiter. Muslime nehmen an, dass der Verstorbene weiterhin eine Wahrnehmung hat. Das Sterben und der anschließende Tod ist ein Prozess des Übergangs vom Irdischen zum Ewigen, vom Vergänglichen zur ewigen Barmherzigkeit Allahs, des Allerbarmenden, des Gnädi-gen. Der befristete Aufenthalt im Grab ist eine Zwischenstation zur unbefristeten Gegenwart beim schafenden Erschafer, wie die Entstehung des menschlichen Lebens durch seine Erschafung und Ermöglichung im Mutterleib vor der Geburt. Gläubige berichten davon, dass sie durch ihre Träume mit ihren verstorbenen Verwandten gelegentlichen Dialog und Verbindung erleben. So bleibt der Tod ein treuer Begleiter. Den Verstorbenen übergeben seine Liebsten nicht in eine Leere sondern in die Hände des Barmherzigen, des höchsten Freundes und Begleiters. Nach seinem Tod und seiner Beisetzung wird der Verstorbene schon im Grab von zwei Engeln empfangen, die den Verstorbenen über die Grundlagen des Glaubens befragen. Es indet eine Art Befragung (Prüfung, das letzte Vorstellungsgespräch vor dem Eintritt in die Ewigkeit), die letzte Kontrolle vor dem Einstieg in die Ewigkeit und Zutritt zur Gottes Barmherzigkeit in Ewigkeit statt (Koran 41, 30–32). Diese ermöglicht dem Verstorbenen eine Einsicht darin, ob der Verstorbene einen Eindruck von der Hölle und damit dem Fernbleiben der Gegenwart Gottes oder einen Vorgeschmack des Paradieses, die Nähe der Gegenwart Gottes erhält. – Wenn die Stunde gekommen ist und jede Seele, Mensch, Tier, Planze, Engel, den Tod gekostet hat und das Universum zu seinem Schöpfer allesamt zurückgekehrt ist, werden die Toten

11Vorträge

durch Posaunen des damit beauftragten Engels (Israil) auferweckt. Dann ist die Zeit des Tages der Auferstehung und des Jüngs-ten Gerichtes angebrochen. Im Leben wendet sich der Gläubige freiwillig Gott zu, wenn er will. Nun (am Tag des Gerichts) ist die Auferstehung unwiderrulich die Rückkehr zu Gott. Da gibt es keinen Ausweg.7

„Sprich: «Wessen ist, was in den Himmeln und was auf Erden ist?» Sprich: «Allahs.» Er hat Sich Selbst Barmherzigkeit vorgeschrie-ben. Er wird euch gewisslich weiter versammeln bis zum Tage der Auferstehung. Daran ist kein Zweifel. Jene aber, die ihre Seelen verderben, die wollen nicht glauben.“ (Koran 6:12)

Einige muslimische Gelehrte und Philosophen verstehen die oft bunten Bilder vom Jenseits nicht wörtlich, sondern eher als gleichnishafte Beschreibungen des Unvorstellbaren. Manche von ihnen beschäftigen sich sogar mit der Frage, ob die Auferste-hung der Toten im leiblichen Sinne zu verstehen ist. Für die muslimische Lehre ist das klar mit einem Ja zu beantworten. Ortho-doxe Theologen streiten sich daher mit Vertretern der muslimischen Philosophie um das rechte Verständnis.Alle stimmen jedoch darüber ein, dass nach dem Tod die Auferweckung der Toten wahr ist und Gott als gerechter, für seine Die-ner als barmherziger Gott am Tag des Gerichtes richten wird.

Yunus Emres mystische Philosophie baut auf die Vergänglichkeit des sinnlich Erfassbaren und auf die Ewigkeit der alles umfas-senden Idee der Liebe auf. Der Mensch als die beseelte Materie hat die Fähigkeit, die Ewigkeit zu erlangen, während alles Ver-gängliche nur Schein ist, das jeden Moment neugeschafen und wieder zerstört wird. Das ganze Leben ist ein Streben nach der Ewigkeit, die Gott verkörpert. Die wahre Wissenschaft ist diejenige, die die Gotteserkenntnis entschlüsselt. Der Weg, der dahin führt, ist nur über das Herz zu gehen, denn der Verstand allein ist ungenügend. Im Herzen des Menschen aber brennt das göttli-che Feuer, und sein Brennmaterial ist die Liebe. So ruft Yunus: ´´Trenn mein Herz auf trenn es / schau nach was drin ist.’’Mevlana Celaleddin ar-Rumi ist der Überzeugung, dass die Suche nach Gott den Menschen zum wahren Liebenden macht, der stets nach seiner Geliebten sucht. So wie die Schöpfung Trennung von Gott bedeutet, ist das irdische Leben für den Menschen ein Exil, stellt die wiedererlangte Einheit mit Gott eine Heimkehr da. Der Tod erscheint als ein erfreuliches Ereignis: „Heimatliebe leitet mich / o Freund ruf ich beim Gehen.“8

„Einssein wollen und nicht können, das ist die Tragik der Liebe. Die eigene Geschafenheit steht der Vereinigung mit anderer Schöpfung im Wege. Um unbedingt und grenzenlos die Liebe zu erleben, bedarf der Mensch einer absoluten Entgrenzung. Man müsste sich trotz aller Geschafenheit aulösen, sich in den anderen ergießen können und in einer Gottheit aufgehoben werden, davon träumen die Menschen und darauf hofen sie Zeit ihres Lebens. Doch nur der Tod verspricht Erfüllung. Hier wird das Rufen Rumis emphatisch:

<<Tötet mich, o meine Freunde!

Denn mein Tod nur ist mein Leben.

Denn im Leben nur ist Tod,

und im Sterben ist mein Leben…>>

Während ein Muslim stirbt sind bei ihm mehrere Angehörige anwesend. Das gehört mit großer Selbstverständlichkeit zum Umgang mit Kranken und Sterbenden dazu. Auch Kinder sind da. Kranke im Krankenhaus werden gerne besucht. Die Besucher bringen gerne Speisen mit, die nach islamischen Speise- und Essvorschriften vorbereitet sind und den Gaumengeschmack ihrer traditionellen Küche tragen.

In den meisten Fällen verlangen muslimische Sterbende oder ihre engen Verwandten, dass ein Imam / Hoca (zu Deutsch: Hod-scha) geholt wird, der mit ihnen bzw. für sie betet. Das geschieht auch in den meisten Sterbefällen, auch und gerade im Kranken-haus. Sterbende werden, wenn ihnen dies möglich ist, auf die rechte Körperseite gelegt, also mit dem Gesicht in Blickrichtung nach Mekka (in Deutschland südöstliche Richtung). Wenn dies krankheitsbedingt nicht möglich ist, soll die sterbende Person in die Lage gebracht werden, dass der Oberkörper leicht aufgehoben und der Blick nach Mekka gebracht wird. Falls auch dies nicht möglich ist, sollte sie in eine für sie bequeme Position gebracht werden. Leise kann Kur’an al-Kerim, der edle Koran rezitiert werden. Es gibt nicht eine bestimmte Stelle, die der Imam oder die Verwand-ten unbedingt vortragen müssen. Bevorzugt wird jedoch meistens die Sure Yasin (Kapitel 36) rezitiert. Diese Sure spricht in meh-reren Versen von der Auferstehung. Im Vers 83 heißt es: „Und preis dem, in dessen Hand die Herrschaft aller Dinge ist! Und zu Ihm kehrt ihr zurück.“

7 Vgl im Kur’an-ı Kerim, dem edlen Koran, 3,185; 62,8; 41,30-318 Yunus Emre: Das Kummerrad/Dertli Dolap, übersetzt von Zafer Şenocak, S. 94-95, Köln, o. J.

12 Vorträge

Wenn für die Anwesenden deutlich wird, dass der Sterbende „nun ihre Welt wechseln muss“, sprechen sie ihm das Glaubens-bekenntnis leise vor. Dabei ist seine Begleitung durch enge Familienangehörige und / oder eines Imams bei seinem Übergang im letzten Atemzug wichtig. So wurde es getan, als er gerade geboren war. Damals wurde das Glaubensbekenntnis in sein Ohr gesprochen. Dieses Glaubensbekenntnis Laa ilaahe illallah Muhammedurrasuulullaah, es gibt keine Gottheit außer Allah und Muhammed ist sein Gesandter, hat ihn ein Leben lang begleitet. Nun wird es noch einmal mit ihm und für ihn gesprochen. Mög-licherweise kann er es noch nachsprechen, hofentlich / vielleicht sind das seine letzten Worte: „Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah, und ich bezeuge, Muhammed ist sein Prophet.“ Gemäß der Aussage des Propheten Muhammed gehört derjenige zu den Paradiesbewohnern, dessen letztes Wort dieses Bekenntnis ist.

Wie sollte man sich in einer Intensivstation bei einem schwerkranken Patient im Endstadium verhalten und wie

lange soll/muss/darf die künstliche Beatmung weitergeführt werden?

Nach islamischer Vorstellung sollte, so lange der Patient lebt, die künstliche Beatmung weitergeführt werden. Der Islam ist die Religion der Hofnung und die Redewendung: „zuletzt stirbt die Hofnung“ trift für diese Religion gerade zu. Solange die Be-handlung fortgesetzt werden kann, sollte sie gewährleistet werden. Um einem Menschen das Leben zu verlängern sollten die Ärzte und ihre Helfe im Krankenhaus jeden legitimen Weg und jede Methode so lange es geht gewährleisten. Allah verlangt im Kur’an el-Kerim (dem edlen Koran) das Leben zu retten und sagt: Wer ein Menschenleben rettet ist so, als ob er der ganzen Menschheit das Leben gerettet hat.9 „Jede Form der sogenannten aktiven Sterbehilfe ist nach dem Prinzip der Erhaltung des Lebens und wegen dem Monopol Gottes, über Leben und Tod zu entscheiden, nicht erlaubt. Die passive Sterbehilfe in Form von Abschalten lebenserhaltender Medizingeräte ist nur dann erlaubt, wenn die Gehirnfunktionen vollständig erloschen sind, das Herz und die Atmung vollständig aufgehört haben zu funktionieren und eine Verbesserung dieses Zustandes durch Experten ausgeschlossen ist.“10

Muslimische Patienten essen kein Schweinleisch und Speisen, in denen Schweinleischprodukte enthalten sind. Sie essen nur das Fleisch des nach islamischen Speisevorschriften geschächteten Rindes oder Schafes sowie nach islamischen Vorschriften ge-schächtetes Hähnchenleisch. Fisch und vegetarisches Essen ohne alkoholhaltige Zutaten können sie immer verzehren. Um für die muslimischen Kranken und Patienten im Krankenhaus eine angenehme Atmosphäre zu schafen, die den Genesungsprozess der Behandelten tatkräftig fördert und kürzt, könnten die Verantwortlichen für die Krankenhausverwaltung bzw. die Zustän-digen für die Küche entweder mit der nächstliegenden Moscheeleitung kommunizieren, um Halal-Fleisch zu besorgen oder Fischgerichte anbieten. Damit können sie unnötige Unannehmlichkeiten vermeiden und die Patienten moralisch unterstützen. Empathie, Entgegenkommen und Verständnis spielen bei der Genesung eine äußerst große Rolle.

Für die gläubigen Muslime steht fest, dass irgendwann die Zeit des Gerichtes kommt. Dieser „Tag des Gerichtes“ wird als „Jüngster Tag“ oder „Jüngstes Gericht“ bezeichnet. Hier geht es um Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Wird er unmittelbar in die Gegenwart Gottes, in den Himmel, aufgenommen oder bedarf es für ihn noch einer Zeit der Vervollkommnung und Reinigung? Daher gehört zur muslimischen Sterbebegleitung eindeutig das Gebet. Und wenn ein Muslim gestorben ist, dann ist die nö-tige Eile geboten. Nach islamischer Tradition soll ein Begräbnis möglichst bald stattinden. Hilfreich wird es sein, einen Imam zu rufen und ihn um Unterstützung zu bitten.

Vorgeschrieben ist zunächst die rituelle Ganz-Waschung des Verstorbenen, ein Liebesdienst der nächsten Angehörigen, die allerdings auch vom Bestatter vorgenommen werden kann. Nach der Waschung wird der Verstorbene in weiße Tücher, die Kefen: Totenhemd genannt, gewickelt. Danach ist das gemeinschaftliche Totengebet verplichtend. Gemeindeglieder, die am Toten-gebet teilnehmen, vollziehen die rituelle Waschung, bevor sie dem Gebet aktiv beiwohnen und das Totengebet mit der Gemein-de zusammen verrichten. Dieses Gebet indet in Deutschland meistens im Vorhof der Moschee oder auf einem Gebetsplatz statt, kann aber auch (in Schuhen) auf dem Friedhof stattinden. Hiernach wird der Tote im Sarg von anwesenden Muslimen, die das Totengebet mit verrichten, auf den Schultern zum Grab getragen. Bei dieser Verabschiedung und dem Gang zur Grabstätte hal-ten sich männliche und weibliche Gläubige getrennt voneinander auf.

9 Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Israels verordnet, daß wenn jemand einen Menschen tötet - es sei denn für (Mord) an einem andern oder für Gewalttat im Land -, so soll es sein, als hatte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so soll es sein, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten. Und Unsere Gesandten kamen zu ihnen mit deutlichen Zeichen; dennoch, selbst nach diesem, begehen viele von ihnen Ausschreitungen im Land. (Kur’an-ı Kerim, der edle Koran, 5:32)10 Sterbebegleitung und Tod im Islam, S. 42, Köln 2013 (DIVAN Verlag)

13Vorträge

Der Verstorbene wird auf seine rechte Seite gelegt und soll nach Mekka blicken. Direkt im Anschluss daran wird von den An-wesenden das Grab mit Erde gefüllt. Die Trauergemeinschaft bittet um Vergebung für die Verstorbene bzw. den Verstorbenen. Verschiedene Korantexte und das Glaubensbekenntnis werden rezitiert. So werden dem oder der Verstorbenen noch einmal die Antworten eingeschärft, die er bzw. sie zu geben hat, wenn die Grabesengel die wichtigen und entscheidenden Fragen stellen.

Die Einäscherung des Leichnams üben die Muslimen nicht aus, da jegliche Form der Feuerbestattung verboten ist. Es ist nur die Erdbestattung erlaubt. Das gilt auch für Fehlgeburten und auch für Menschen, die keine Verwandten mehr haben, die über die Art und Weise ihrer Bestattung Entscheidungen trefen könnten. Man darf als Sparmaßnahme mit dem Menschenkörper nicht pietätlos umgehen. Selbst wenn der Mensch nicht mehr lebt, verliert sein Körper nicht die von Gott verliehene Würde.11

Gräber sollen möglichst schlicht gestaltet werden. Große Grabsteine und eine aufwendige Grabbeplanzung wie auch die spä-tere Grabplege sind unüblich. Muslime besuchen Gräber später immer wieder und beten für die Toten: „Friede sei mit euch, ihr Bewohner der Gräber! Gott vergebe uns und euch. Ihr seid vorausgegangen und wir folgen euch.“ (Gebet des Propheten Muham-med, Friede sei mit ihm.)

Wo können die Toten bestattet werden?

Immer noch fehlen in vielen Städten in Deutschland eigene muslimische Friedhöfe bzw. Grabfelder, die von Muslimen so ange-legt werden können, dass eine Ausrichtung aller Gräber nach Mekka möglich ist. Auch ist es generell nicht möglich, verstorbene Muslime im unmittelbaren Totenkleid aus nicht genähten Tüchern, also ohne Sarg zu bestatten. – Inzwischen ist seit 2003 in Nordrhein-Westfalen die Sargplicht aufgehoben worden. Dort, wo das die örtlichen Bedingungen ermöglichen und wo dies auch zugelassen ist, kann der Verstorbene in Tüchern gewickelt begraben werden.

Diesseits und Jenseits: Dimensionen der Existenz „Tod und Jenseits ist ein Bereich der menschlichen Existenz, der den Menschen immer bewegte. Er versuchte immer dieses ewige Neuland zu beschreiben; wenn er ihn aber mit einer Vorstellung der Rechenschaftsablegung in Verbindung brachte, so hatte dies Konsequenzen für sein irdisches Dasein.

Aus der Sicht der monotheistischen Religionen überbrachten die Propheten Kunde aus dem Jenseits, standen so in Kontakt mit dem Schöpfer. Was sie unfehlbar und vertrauenswürdig machte, beruht auf dieser Verbindung zu Gott und ihrer Charakterstärke, die sie in der Konfrontation mit dem Alltäglichen zeigen konnten. Der Islam macht diesen Glauben an die Propheten, die von ihnen übermittelten Ofenbarungstexte und die Existenz des Jenseits zu unabdingbaren Bestandteilen des Glaubens. Der im-merwährend mit Gott in Kontakt zu bleibende Mensch vergegenwärtigt sich, unabhängig von seinem Geschlecht, immer des Todes, dessen Existenz all die Assoziationen über seine Vergänglichkeit in Erinnerung ruft. Einige Sui-Orden haben diesen Akt der Todesvergegenwärtigung sogar zu einem Bestandteil der geistigen Kontemplationsübungen gemacht. Aus dieser imaginä-ren Erfahrung des Todes kehren sie zum irdischen Leben zurück – im Besitz geistiger Kräfte, die ihnen bei der Überwindung der verführerischen und unersättlichen irdischen Wünsche und Begierden, die sich in verantwortungslosem Konsum und Habgier äußern, gottgefällig und islamkonform helfen.

Alle Menschen, auch Atheisten entwickeln Zeremonien und Rituale, was Beisetzung, Bestattung oder Einäscherung betrift. Auch Muslime haben ihre Rituale, die sie in „imitation muhammedi“, im Nachfolgen des Gesandten Allahs, Friede und Heil auf ihn, praktizieren.

Muslime fassen ihre Gefühle und Trauer aber auch Bestürzung in einem Vers (aus dem Kur’an el-Kerim, dem edlen Koran) zusam-men, wenn sie eine Todesnachricht erreicht: „Inna lillahi we inna ilayhi radschi’uun „ („Wir gehören Gott und zu Ihm kehren wir zurück“). (Sura 2, Vers 156) Dadurch erklären sie ihre Zugehörigkeit zum einzigen, einzigartigen Schöpfer; dem Schöpfer, der ewig ist. Somit wird auch das irdische Leben in Verbindung mit Gott gebracht und abgeschlossen.

Das Erbarmen des einzig Ewigen, des Unsterblichen erhofend.“ 12

11 Vgl. Sterbebegleitung und Tod im Islam, S. 40, Köln 2013 DIVAN Verlag12 Sterbebegleitung und Tod im Islam, S. 44, Köln 2013 (DIVAN Verlag)

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Buchempfehlung zu Fragen des respektvollen Umgangs mit muslimischen Patienten und Patientinnen, ferner zur Frage der Sterbebegleitung und der Sorge für die Toten:

Sterbebegleitung und Tod im Islam, DIVAN Verlag, Köln 2013 / www.zsu.euZum Bestellen: DITIB-ZSU GmbH / DIVAN Verlag Köln, Subbelrather Str. 17, 50823 Köln

Ilhan Ilkilic, Begegnung und Umgang mit muslimischen Patienten. Eine Handreichung für die Gesundheitsberufe. Bochum 2005 (5. Aulage). Zu bestellen: Zentrum für Medizinische Ethik, Institut für Philosophie GA 3/53, Ruhr Universität Bochum, 44780 Bochum, E-Mail: [email protected] Alboğa / Georg Bienemann / Werner Höbsch: Christen und Muslime Tür an Tür / Basiswissen kompakt, Don Bosco Verlag, München 2008, S. 89-96

Vorträge 15

Vortrag: Knut Micke, Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Plege und Alter des Landes NRW

„Novellierung des Bestattungsgesetzes NRW“

Knut Mickebearbeitet im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Plege und Alter des Landes Nordrhein-West-falen neben dem Berufszulassungsrecht der Apotheker und Zahnärzte insbesondere das Sachgebiet Bestattungswesen und hat an dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes mit-gearbeitet.

Herr Micke berichtete zu bereits bestehenden Möglichkeiten „islamischer“ Bestattungen in NRW und zum Gesetzentwurf und den geplanten Änderungen des Bestattungsgesetzes NRW.

Kommunen in Nordrhein-Westfalen sollen gemeinnützigen Religionsgemeinschaften oder religiösen Vereinen die Errichtung und den Betrieb eines Friedhofes übertragen können. Dadurch können nach dem speziischen Brauch-tum ausgerichtete Bestattungen „aus einer Hand“ angeboten werden. Bislang sind in Nordrhein-Westfalen islamische Bestattun-gen zwar möglich, nicht aber der selbständige Betrieb eines Friedhofes durch Religionsgemeinschaften, die keine Körperschaf-ten des öfentlichen Rechts sind. Dazu zählen zum Beispiel religiöse Vereine.

Mit der Novellierung des Bestattungsgesetzes sollen auch rechtliche Grundlagen zu einer Verbesserung der Leichenschau ge-schafen werden. Ziel ist zunächst die Durchführung von Modellvorhaben, um – erstmals – belastbare Fakten und Zahlen über die Qualität von Leichenschauen zu erhalten.

Zu geplanten Novellierung des Bestattungsgesetzes wurden im vergangenen Jahr verschiedene Verbände in Nordrhein-Westfa-len angehört. Möglichkeit zur Stellungnahme hatten die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Bestatterverband NRW, die Bezirksregierungen, die kommunalen Spitzenverbände, die Islamischen Verbänden, der Landesintegrationsrat NRW sowie Religionsgemeinschaften, die als Körperschaften des öfentlichen Rechts organisiert sind.

Informationen und Download unter: www.mgepa.nrw.de

16 Vorträge

17Vorträge

Vortrag: Karl Steenebrügge vom Bestattungshaus Bakonyi

„Würdiger Umgang mit Tod und Sterben“

Karl Steenebrüggearbeitet als Diplom-Kaufmann in eines der ältesten Bestattungshäuser im Rheinland, des Bestattungs-hauses Bakonyi in Aachen, welches 1846 gegründet wurde.

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hoch-schule Aachen und der Universität zu Köln hat er seine Diplomarbeit auf Wunsch seines Professors zum Thema: „Wettbewerb auf dem Markt für Bestattungsleistungen“ gewählt.

Herr Steenebrügge hat als Referent bei Fachtagungen und Podiumsdiskussionen vielfältige Erfahrungen und Wissen weiterge-geben. Er ist sowohl Gründungsmitglied der Aachener Hospizgespräche und der Erbauer des ersten privaten Abschiedsraumes im Großraum Aachen 1990. Besonders hervorzuheben ist seine Arbeit als Autor des Buches „Mit Kindern über den Tod sprechen –Trauerarbeit mit Kindern“

18 Vorträge

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Jeder Mensch, der eine Bestattung in Auftrag geben muß befindet sich in einer Ausnahmesituation.

Sie oder er ist in Trauer.

Todesfälle richten sich, ebenso wie Geburten nicht nach üblichen Arbeitszeiten.

Deshalb kann man bei uns 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr mit einer Beraterin oder einem Berater sprechen.

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Die Beratung kann nach Wahl der Familie entweder in der vertrauten heimischen Umgebung oder im Bestattungshaus stattfinden.

Das erste Beratungsgespräch dauert bei uns etwa zwei Stunden und geht oft weit über reine Bestattungsfragen hinaus.

Wenn nötig nehmen sich unsere Beraterinnen und Berater auch drei, vier oder fünf Stunden Zeit.

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In unserer Zeit wird oft vergessen, dass Trauer etwas ganz natürliches ist. Jeder Mensch hat das elementare Recht zu trauern.

Trauer erleben wir Menschen immer, wenn wir von liebgewonnenem Abschied nehmen müssen.

Um in einen heilsamen Trauerprozeß zu gelangen ist es extrem wichtig, sich den Tod bewußt zu machen. Das geht nicht durch einen Telefonanruf oder eine E-Mail. Unsere Psyche muß sehen und begreifen. Deshalb ist es für die Angehörigen wichtig, einen Verstorbenen gesehen und angefaßt zu haben.

Aus diesem Grund beginnen unsere Beratungsgespräche immer mit der Frage, wie wann und wo sich die engsten Angehörigen persönlich verabschieden können und wollen.

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Präsentation

Karl Steenebrügge

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• 56 Jahre

• verheiratet

• 2 Kinder

• Geschäftsführer des Bestattungshauses Bakonyi in fünfter Familiengeneration

• Studium der Betriebswirtschaftslehre an der RWTH Aachen und der Universität zu Köln

• 1983 volkswirtschaftliche Diplomarbeit „Wettbewerb auf dem Markt für Bestattungsleistungen“

KarlSteenebrügge

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Über den Tod zu sprechen fällt nicht leicht

trotzdem muss es Menschen geben, die helfen, wenn jemand gestorben ist.

19Vorträge

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Die beste Möglichkeit zum Abschied ist die vertraute heimische Umgebung.

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Ist die Frage des persönlichen Abschieds geklärt, werden im Beratungsgespräch alle möglichen Varianten einer Bestattung erläutert.

Wir suchen gemeinsam mit den Angehörigen eine individuelle Lösung, die den persönlichen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten entspricht.

Oft sind auch auf den ersten Blick ungewöhnliche Wünsche des Verstorbenen oder der Familie realisierbar.

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TotenscheinLeichenpaß

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Lade ich zur Bestattung alle die teilnehmen möchten ein

oder soll es ein Abschied in aller Stille sein ?

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In 21 Jahren kann sich viel ändern.

Frau Lubond Va Kindamba verstarb am 3.12.1993

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Bestattungsrituale in verschiedenen Kulturen

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Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in Die Bestattung ist in erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie erster Linie

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Vorträge

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Todesanzeige für Loriotin der FAZ v. 25.8.2011

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Welche Art der Bestattung ?

21Vorträge

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In fast allen Kultur begegnen uns immer wieder die gleichen Grundelemente beim Abschied von einem Menschen.

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Die Nachricht vom Tod wird verbreitet

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Man versammelt sich Man versammelt sich

zur Totenwachezur Totenwache

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Trost für die Hinterbliebenen

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Vorträge

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Bestattungsarten

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Versammlung nach der Bestattung

● Bei uns Gratias oder Beerdigungskaffee genannt

● gemeinsames Totengedenken nach 40 Tagen

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Nähere Informationen beim Bestattungshaus Bakonyi.

28 28Expertenrunde

2929 Expertenrunde

Moderation: Mehmet Soyhun

Mehmet Soyhun studierte an der Selcuk-Universität (Türkei) Islamische Theologie und ist seit 2007 beim DITIB Regionalverband Essen als Beauftragter für interreligiöse und interkulturelle Zusammen-arbeit tätig.

Engin Sakal

Geschäftsführer des Landesintegrationsrates NRW

Die Stellungnahme des Landesintegrationsrates ist der Broschüre im Anhang beigefügt.

Abdurrahman Kol

ist seit 2007 Gemeinde-Vorsitzender der DITIB-Gemeinde in Aachen

Wolfgang Berg

Arbeitet als Bereichsleiter in der Friedhofsverwaltung der Stadt Aachen.

Der städtische Friedhof Hüls hat zu Beginn der 80er Jahre mit Bestattungen von muslimischen Menschen begonnen.

Mehmed Jakubovic

ist der Imam der Islamischen Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V. und darüber hinaus aktiv als Seelsorger und Religionslehrer tätig.

30 Moscheebesichtigung und Führung

Mustafa Koc studiert an der Universität Duisburg Politische Wissenschaften und hat im Rahmen seines Praktikums beim Kommunalen Integrationszentrum die Moscheebesichtigung angeboten und durch-geführt.

Vielen herzlichen Dank an Herrn Koc

Begriffserklärungen:

• Mihrab Gebetsnische Zeigt die Gebetsrichtung (Kible) an Vorbeter (Imam): akustische Wirkung (halbrunde oder vieleckige Form)

• Mahil Empore Im Arabischen auch Dikka/Dakka genannt Plattform für den Muezzin (früher „Adlige“)

• Muezzin Ausrufer Ruft die Muslime zum Gebet Kein Geistlicher, „Personal“ der Moschee Die Aufgabe kann jeder Gläubige übernehmen wenn der Muezzin nicht anwesend ist

• Kürsü Lehrstuhl, Lesepult Im Arabischen auch Kursi genannt Ort, wo der Imam seine Predigt hält Erhöht, damit alle den Imam sehen und hören können

• Minbar Kanzel Ort, wo der Imam seine Predigt im Freitagsgebet hält Erhöht, damit alle den Imam sehen und hören können

• Minarett Ort, wo der Muezzin den Gebetsruf ausübt, inzwischen durch Lautsprecher ersetzt• Tesbih Gebetskette

Im Arabischen auch Misbaha genannt Gängige Form: 99 Perlen 33x subhanallah: „gepriesen sei Gott“ 33x elhamdulillah: „gelobt sei Gott“, „Gott sei dank“ 33x allahuekber: „Allah ist der Größte“, „Allah ist größer“

31Anhänge

Stellungnahme des Integrationsrates des Landes NRWzum Gesetzentwurf zur Änderung des Bestattungsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/2723Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Sozialesund des Ausschusses für Kommunalpolitik am 26.06.2013

Der Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen begrüßt, dass der Landtag NRW ein Gesetz zur Änderung des Bestattungsgeset-zes beschließen will. Diese Änderung würde der Entwicklung unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Schließlich ist Nordrhein-Westfalen das erste Flächenbundesland in Deutschland, das ein Teilhabe- und Integrationsgesetz verabschiedet hat. Es gilt im Sinne dieses Gesetzes entsprechende weitere Schritte in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens einzuleiten und weiter-zuentwickeln. In Nordrhein-Westfalen leben über 1,4 Millionen Muslime. Davon sind über die Hälfte deutsche Staatsangehörige. Das bedeutet, dass diese Gruppe auf Dauer in Deutschland geblieben ist.

Das derzeitige Bestattungsgesetz sieht keine Regelung zur Einrichtung und Betrieb von islamischen Friedhöfen vor. In Anbe-tracht der Lage, dass der Großteil der Muslime bereits in der dritten und vierten Generation in unserem Land lebt, müssen auch deren Belange im Bereich der Bestattung geregelt werden. Bisher lässt sich der Großteil der Muslime beim Ableben in ihre Ur-sprungsländer überführen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Bestattungsrichtlinien in Deutschland nicht mit den religiö-sen Bestimmungen des Islams konform sind. Obwohl bereits seit Anfang der 1990‘er Jahre sogenannte muslimische Grabfelder in vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen eingerichtet wurden, ist die Inanspruchnahme jedoch nicht ausreichend. Die Ände-rung des § 4 Abs. 5 kommt den Menschen muslimischen Glaubens sehr entgegen. Die Möglichkeit der Übertragung vom Fried-hofsbetrieb an Religionsgemeinschaften kann zu höherer Akzeptanz führen. Es ist anzunehmen, dass die Betreiber sich an den islamischen Vorschriften orientieren werden und damit die Akzeptanz steigt. Damit dieses gelingt muss der rechtliche Rahmen ebenfalls mit den islamischen Vorschriften übereinstimmen.

Die Identiikation mit diesem Land erfordert derartige Schritte. Aus der Sicht des Landesintegrationsrates ist es nicht tragbar Menschen ihr Leben lang in diesem Land leben zu lassen und nach ihrem Tod ins Ausland zu schicken. Deren Nachfahren werden weiterhin in Deutschland verbleiben.

Helmholtzstraße 28 D-40215 DüsseldorfTel. 0211-994160 Fax 0211-9941615info@landesintegrationsrat-nrw.dewww.landesintegrationsrat-nrw.de

Ebenso begrüßt der Landesintegrationsrat die Änderung des § 4 Abs. 1. Die Vorschrift, dass nur Grabsteine und Grabeinfassun-gen aufgestellt werden dürfen, die nachweislich in Übereinstimmung mit der Konvention 182 der internationalen Arbeitsorgani-sation stehen, ist von großer Bedeutung. Die Ausbeutung der Kinder muss ein Ende nehmen.

Des Weiteren sind die Ergänzungen und Änderungen des § 9 Abs 3 a bis 3 c für die Durchführung der Leichenschau richtig und wichtig. Es wird darauf hinweisen, dass die Durchführung der Leichenschau den religiösen Vorschriften entsprechen soll. Diese können mit den Theologen abgestimmt werden. Im Übrigen bittet der Landesintegrationsrat darum, dass die Fristen der Freiga-be der Leichen bei Todesfällen entsprechend der religiösen Vorschriften berücksichtigt werden.

Außerdem würde sich der Landesintegrationsrat über eine Ergänzung des § 13 hinsichtlich der Bestattungsfristen freuen. Die Fristen sollten die religiösen Vorschriften der jeweiligen Glaubensgemeinschaften primär berücksichtigen. Dieser Hinweis könn-te im Abs 2 des Paragraphen erfolgen.

Bewertung des Gesetzes:

Der Landesintegrationsrat NRW ist der Ansicht, dass auf Grund dieser neuen Regelung eine Steigerung des Identiikationsaspekts der Migrantinnen und Migranten muslimischen Glaubens einerseits und andererseits die Zugehörigkeit der Muslime zu diesem Land, einschließlich der deutschen Muslime ohne Migrationshintergrund, dokumentiert wird. Es ist unstrittig, dass die Muslime zu unserem Land gehören. Dieser Diskussion kann auch mit diesem Gesetz ein Ende gesetzt werden. Über den Gesetzentwurf

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hinausgehend plädiert der Landesintegrationsrat NRW für die Regelung der Gräber im Hinblick auf die religiösen Vorschriften. D.h. die Dauer der Grabbelegung in den Friedhöfen muss den Belangen der Muslime angepasst werden. Das ist ein Aspekt, der sehr oft die Betrofenen davor abhält sich in Deutschland beerdigen zu lassen.

Den Migrantinnen und Migranten islamischen Glaubens und künftigen Zuwanderern mit diesem Glauben soll im bevölkerungs-reichsten Bundesland erleichtert werden sich heimisch zu fühlen und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Auch dieser Integra-tionsaspekt des Gesetzes ist für die Gesellschaft von Relevanz.

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Niemand spricht gern über den Tod

- aber Kinder haben viele Fragen

●Wie spricht man mit Kindern über den Tod

●Antworten auf typische Kinderfragen

●Wie sollte man sich Kindern gegenüber verhalten wenn ein Mensch oder ein Haustier gestorben ist

So war es früher

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Heute leben wir in einer optisch jungen

Gesellschaft.

Viele Enkel und Urenkel erleben die Großeltern nicht

mehr als weltabgewandte Greise

Mit Kindern über den Tod sprechen

●Vertrauen der Kinder haben

●offen und ehrlich antworten

●Trennungsangst der Kinder berücksichtigen

●altersgerecht antworten

●keine ausweichenden Antworten geben

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Keine ausweichenden Antworten geben

„Oma ist tot“

und nicht

„Oma ist verreist“

Tod ist nicht schlafen

Im Gespräch mit dem Kind darf man den Tod

niemals mit schlafen vergleichen, sonst bekommt

das Kind panische Angst vor dem Einschlafen

Kleinkinder

●Können „Tod“ nicht begreifen

●haben aber schon Verluste erlebt

●können Trauerreaktionen zeigen

●Nur wenn das Kind fragt oder wenn eine Bezugsperson gestorben ist

Vorschulalter

●kennt Tod aus Märchen

●begreift Veränderungen

●glaubt, es könnte Umwelt selbst beeinflussen

●keine langen Erklärungen

Kinder in der Grundschule

●Kind versucht, den Tod für sich begreifbar zu machen

●Ab 8 -9 Jahren kann das Kind genauere Erklärungen verstehen

Ältere Kinder und Jugendliche

●Interesse an den Gefühlen der Mitmenschen

●wachsende Fähigkeit, den Tod vom Standpunkt des Erwachsenen zu sehen

●In der Pubertät Abgrenzung von den Eltern und Gespräche unter Gleichaltrigen

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Wenn jemand gestorben ist

Der Tod ist eigentlich - wie die Geburt - ein ganz natürlichesEreignis, das für jeden Menschen zum Leben dazugehört. Trotzdemsind Sterben und Tod heute zu einem Tabuthema geworden ist.

Die Trauer des Erwachsenen

●aktiv Abschied nehmen

●Zeit lassen

●Tote nicht sofort abholen lassen

●allen Angehörigen und Freunden Gelegenheit

geben, die Toten zu sehen.

●Weinen hilft !

Trauernde brauchen Freunde

●Es ist nicht leicht, einem Trauernden beizustehen

●Hilfsangebote nicht vergessen wenn der Alltag

wieder eingekehrt ist

●Tiefpunkt der Trauer etwa 6 Wochen nach dem

Tod

Trauernde Kinder

Die Todesnachricht

●Kinder sollten eine Todesnachricht immer von der

engsten Bezugsperson erfahren

●Vorsicht! Kinder haben Augen und Ohren

●Kinder nicht wegschicken

●Alle Fragen offen und ehrlich beantworten

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Trauerreaktionen des Kindes

●Jedes Kind kann anders reagieren

●Tränen sind natürlich

●Jede Reaktion des Kindes kann eine

Trauerreaktion sein

●Niemals für Trauerreaktionen bestrafen oder

sagen „sei tapfer“

Kinder aktiv beteiligen

●Die Kinder aktiv an den

Bestattungsvorbereitungen teilhaben lassen

●Wünsche der Kinder berücksichtigen

●Teilnahme an der Bestattung ermöglichen aber

nicht erzwingen

Das Buch „Mit Kindern über den Tod sprechen“ ist im Bestattungshaus Bakonyi, Augustastraße 25, 52070 Aachen, Telefon (0241) 50 50 04 erhältlich.

Aktueller Hinweis 37

Wir Veranstalter freuen uns über das große Interesse an der Fachkonferenz und die anregenden vielfältigen Wortbeiträge und den intensiven fachlichen Austausch. Besonders danken wir allen Beteiligten, die auf unterschiedlicher Weise durch ihr Engage-ment zum Gelingen der Fachkonferenz beigetragen haben.

Die Fachkonferenz hat die aktuelle Diskussion zu „Islamischen Bestattungen“ aufgegrifen und einen Überblick über bereits be-stehende Möglichkeiten und Regelungen gegeben und zu der Frage, wie und wo Muslime bestattet werden möchten, informiert.

Die mehrsprachige Broschüre „Islamische Bestattungen“ in den Sprachen arabisch, deutsch, englisch und türkisch ist beim Kommunalen Integrationszentrum der StädteRegion Aachen erhältlich.

Das Kommunale Integrationszentrum hat mit Freude auf die Verabschiedung des neuen NRW-Bestattungsgesetzes reagiert. Der Landtag in NRW hat am 02.07.2014 das neue Bestattungsgesetz verabschiedet und künftig dürfen in Nordrhein-Westfalen neben Kirchen und Kommunen ebenso Religionsgemeinschaften Friedhöfe betreiben.

Alle verfügbaren Informationen dazu sind unter: www.landtag.nrw.de/portal zu erhalten.

Auch zukünftig werden wir bei Bedarf an dem Thema „Islamische Bestattung“ weiterarbeiten und stehen für Fragen und Anre-gungen gerne zur Verfügung.

Die große Resonanz und Beteiligung an der Fachkonferenz und die Verabschiedung des Gesetzes zeigen, dass durch die Zusam-menarbeit und das Engagement aller Beteiligten ein weiterer Schritt in der kontinuierlichen Integrationsarbeit erreicht wurde.

Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion bedankt sich herzlich für die gute Zusammenarbeit mit dem Integrationsrat der Stadt Herzogenrath und der Stadt Herzogenrath, durch die diese Veranstaltung erst möglich wurde.

Darüber hinaus gilt unser großer Dank an die Mitglieder und Mitarbeiter der Emir-Sultan-Moschee für Ihre Unterstützung und Gastfreundschaft.

Wir freuen uns auch weiterhin auf eine anregende und fruchtbare Zusammenarbeit mit Ihnen.

Fattaneh Afkhami(Fachbereich Querschnitt Integration)

Sie haben Fragen?

StädteRegion Aachen

Der Städteregionsrat

Dezernat für Soziales und Integration

A 46 – Kommunales Integrationszentrum

Zollernstraße 10 52070 Aachen

[email protected]

Damit Zukunft passiert. www.staedteregion-aachen.de

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