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UBS outlook Impulse zur Unternehmensführung Informationstechnologie Wo steht die Schweiz? Analyse Informatik als Schlüssel zum Erfolg Ausblick Herausforderungen und Chancen Lösungen Finanzierung und Beratung

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  • InformationstechnologieWo steht die Schweiz?

    UBS outlookImpulse zur Unternehmensführung

    AnalyseInformatik als Schlüssel zum Erfolg

    AusblickHerausforderungen und Chancen

    LösungenFinanzierung und Beratung

    InformationstechnologieWo steht die Schweiz?

    AnalyseInformatik als Schlüssel zum Erfolg

    AusblickHerausforderungen und Chancen

    LösungenFinanzierung und Beratung

  • UBS outlookUBS outlook 322

    InhaltEditorial

    Die Schweiz – ein IT-Player mit Gewicht

    Geschätzte Leserin, geschätzter Leser

    Bei der Einführung neuer Technologien hat die Schweiz im weltweiten Vergleich die Nase vorn. Denken wir nur an das World Wide Web, dessen Basis am CERN in Genf gelegt wurde, oder an den Token Ring, einen Standard für lokale Netzwerke, der von IBM-Spezialisten in Zürich entwickelt wurde: Die hiesigen Zentren für Forschung und Entwicklung bringen seit Jahren immer wieder bahnbrechende technische Neuerungen hervor.

    Schweizweit sind derzeit über 16 000 Informatikfirmen aktiv, mit einem Talentpool, der sich aus 250 000 hoch qualifizierten IT-Spezialisten zusammensetzt. Zwei Drittel davon beschäftigen sich mit der Entwicklung massgeschneiderter Software-Programme, was unserem Land in Nischensegmenten wie Bioinformatik, digitalen Medien, künstlicher Intelligenz oder Informa-tionssicherheit eine herausragende Wettbewerbsposition verleiht.

    Natürlich ist dieses einzigartige Know-how auch den weltweit führenden IT-Firmen nicht ver-borgen geblieben. Aufgrund des unkomplizierten Zugangs zur Spitzentechnologie und der unternehmensfreundlichen Politik haben Branchenriesen wie Google, eBay, HP, Yahoo oder Sony die Schweiz zu ihrem regionalen Hauptsitz erkoren.

    Die meisten ihrer Kunden sehen sich heute mit enormen Datenmengen konfrontiert, die sie spei-chern, verwahren und auswerten müssen. Neue, noch effizientere Lösungen auf diesem Gebiet verspricht das sogenannte Cloud Computing, auf welches schon heute gegen 5 Prozent der inländischen Informatik-Ausgaben entfallen. Dass die Schweiz auch hier beste Chancen besitzt, sich an der Weltspitze zu etablieren, verdankt sie ihrer politischen Stabilität und einer lückenlo-sen Stromverfügbarkeit – zwei grundlegende Voraussetzungen für den zuverlässigen Betrieb von Datenzentren.

    Die Ausgangslage, in der sich die Schweiz in Sachen IT-Entwicklung befindet, ist exzellent. Machen wir das Beste daraus!

    In diesem Sinn wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre

    Christine Novakovic, Leiterin Corporate & Institutional Clients

    Titelbild: Violess / Photocase

    www.ubs.com/outlook

    SAP-Nr.

    83418D-1201

    83418F-1201

    Editorial ..........................................................................................................................3Auf einen Blick ...............................................................................................................4

    Teil 1 – AnalyseInformatik als Schlüssel zum ErfolgDie Schweizer IT-Branche ................................................................................................6IT-Cluster Schweiz .........................................................................................................10Börsenkotierte Technologiefirmen .................................................................................13Klein, aber innovativ .....................................................................................................14

    Teil 2 – AusblickHerausforderungen und ChancenZwischen Mainstreet, Tornado und Abgrund .................................................................16Exkursion ins Land der Schweizer Software ...................................................................22Interview mit Ruedi Noser, Präsident ITCswitzerland ......................................................26Security .........................................................................................................................30Interview mit Stefan Arn ...............................................................................................32

    Teil 3 – LösungenFinanzierung und BeratungPrivate Equity als alternative Finanzierungsform ............................................................36Banken und Informatik – eine Symbiose ........................................................................40Ansprechpartner für kleine und mittelgrosse Unternehmenstransaktionen ....................44

  • UBS outlook

    Informatik als Schlüssel Thema

    UBS outlook 54

    Auf einen BlickInformatik als Schlüssel zum Erfolg

    Die Informatik boomt – auch in der Schweiz. Als Standort renommierter Hochschulen und Wahlheimat von Branchen riesen wie Google und IBM verfügt das Land über beste Voraus-setzungen, um die rasante Entwicklung auf diesem Gebiet aktiv mitzugestalten. Der Struk-turwandel in der IT-Branche wird sich zweifellos fortsetzen, was von den Unternehmen fort-laufend Anpassungen verlangt. Tendenziell werden es Hard-ware-Anbieter in der Schweiz schwer haben, während kleine innovationsbasierte Software-Entwickler an Bedeutung ge-winnen könnten.

    Analyse

    Teil 1 – Analyse:Informatik als Schlüssel zum Erfolg

    Die Schweizer IT-BrancheDie Informatikindustrie ist eine Boombranche. Auch in der Schweiz entwickelt sich die Branche über-aus dynamisch. In keinem anderen Wirtschaftszweig hat die Beschäf-tigung in den letzten 20 Jahren so stark zugenommen. Seite 6

    Im Wettbewerb mit London und BerlinAls Standort renommierter Hoch-schulen und Wahlheimat von Unternehmen wie Google und IBM verfügt Zürich über eine solide Basis für einen IT-Cluster. Doch die Limmatstadt steht in harter Konkurrenz mit anderen euro-päischen Metropolen.Seite 10

    Erfolgreiche NischenstrategieAn der Schweizer Börse wird das Segment der Telekom- und IT-Unternehmen von Swisscom dominiert. Doch im Schatten des nationalen Telekomriesen florie-ren auch kleinere, international erfolgreiche Nischenanbieter.Seite 13

    Teil 2 – Ausblick:Herausforderungen und Chan-cen für Schweizer IT-Firmen

    Lebenszyklen in der InformatikWie kaum ein zweiter Wirtschafts-sektor unterliegt der IT-Markt dem Gesetz von Aufstieg, Verdrängung und Niedergang. Neue, bahnbre-chende Technologien wie das so-genannte Cloud Computing sind für die Anbieter Risiko und Chance zugleich.Seite 16

    Die Zukunft von «swiss made» im IT-BereichWerden Schweizer Software-An-bieter wie Abacus, Appway, oder Netcetera nur als Nischenplayer überleben können? Oder haben sie das Potenzial, international er-folgreich zu sein?Seite 22

    Führend bei Datenzentren, App-Entwicklung und Security«Punkto Kreativität, Ideenreich-tum und Motivation müssen wir uns nicht einmal vor Silicon Valley verstecken», sagt Branchenpräsi-dent Ruedi Noser, einer der ein-flussreichsten Schweizer IT-Unter-nehmer, im Gespräch mit UBS outlook.Seite 26

    Teil 3 – Lösungen:Finanzierung und Beratung

    Private Equity auf dem VormarschGründer, Start-up-Firmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sehen sich oft mit der Herausforderung konfrontiert, Kapital zu beschaffen. Im Mittel-punkt steht dabei die Frage nach der geeigneten Finanzierungs-form.Seite 36

    Banken und Informatik – eine SymbioseEine Vielzahl von IT-Unternehmen unterstützt heute die Finanzindus-trie bei der Erfüllung ihrer Aufga-ben. Umgekehrt ist aber auch je-der IT-Anbieter eine Firma, die in Sachen finanzielle Dienstleistungen ihre spezifischen Bedürfnisse hat.Seite 40

    Anlaufstelle für kleine und mittlere DealmakerBei Nachfolgeregelungen oder Firmenübernahmen sind KMU auf professionelle Unterstützung angewiesen. Zu diesem Zweck betreibt die UBS seit Mitte 2011 in Zürich, Bern und Lausanne drei sogenannte «Transaction Advisory Hubs».Seite 44

  • UBS outlookUBS outlook 76

    Informatik als Schlüssel zum Erfolg AnalyseAnalyse Informatik als Schlüssel zum Erfolg

    Sibille DussÖkonomin, UBS AG

    «Der Frauenanteil in der IT-Branche verharrt bei einem Fünftel.

    Die grosse Lohnschere von 24% zwischen den Geschlechtern

    könnte ein Grund für diese Situation sein.»Die Schweizer IT-Branche

    Die Informatikindustrie entwickelt sich dank hoher Innovationsfähigkeit äusserst dynamisch. IT-Unternehmen gelten als wichtiger Motor des Schweizer Wirt-schaftslebens. Eine grosse Herausforde-rung bleibt der Strukturwandel, der sich innerhalb der Branche vollzieht. Die Er-schliessung neuer Geschäftsfelder ist be-sonders wichtig.

    Die schwelende Schuldenkrise in Europa und die damit verbundene Unsicherheit haben sich auch auf die Geschäftslage in der Informatik-industrie niedergeschlagen. Während Griechen-land oder Spanien 2011 mit einer Schrump-fung des IT-Marktes von 12 respektive 5% zu kämpfen hatten, erwies sich der Schweizer IT-Markt hingegen als relativ robust. Dies liegt daran, dass diese Dienstleistungsbranche zu einem grossen Teil binnenorientiert ist und so durch die anhaltende Nachfrage im Inland gestützt wurde.

    Branche mit stärkstem Wachstum an ArbeitsplätzenHeute beschäftigt die Schweizer IT-Branche 72 000 Mitarbeiter. Dies entspricht einer Ver-dreifachung in den letzten 20 Jahren. Da viele Unternehmen eigene Informatikabteilungen unterhalten und diese Angestellten nicht als IT-Mitarbeiter erfasst werden, ist die Zahl der in der IT beschäftigten Personen tatsächlich viel höher. Insbesondere das Banken- und Versicherungswesen unterhält IT-Abteilungen mit schweizweit mehreren Tausend Arbeits-plätzen. In keiner anderen Branche wuchs die Zahl der Beschäftigten im gleichen Zeitraum schneller. Der grosse Boom in der IT-Branche fand vor allem in den späten 1990er-Jahren statt, seither ist die Stellenzahl (auf Vollzeit-stellen umgerechnet) im Nachgang der ge-platzten Dotcom-Blase in der Schweiz wieder etwas gesunken. Der vorläufige Tiefpunkt wurde im Jahr 2003 erreicht; seither ist die Beschäftigtenzahl kontinuierlich, wenn auch langsamer als in den 90er-Jahren gestiegen. Lediglich 2% der IT-Unternehmen sind Gross-unternehmen. Die meisten IT-Unternehmen

    sind lokal tätig und beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter.

    Heute generiert die IT-Branche eine Brutto-wertschöpfung von rund 14 Milliarden Fran-ken, was 2,5% des gesamten Bruttoinlands-produktes (BIP) entspricht. Wichtige Abnehmer sind die Verwaltung und die Sozialversiche - rungen. Durch die hohe Selbstversorgung fra-gen Finanzinstitute verhältnismässig wenig Informatikdienste nach. Gemessen an der Ent-wicklung der realen Bruttowertschöpfung in den letzten 30 Jahren gehört die IT-Branche mit einem Wachstum von 255% bei den Bran-chen im Dienstleistungssektor zu den Gewin-nern. Nur die Unternehmen in der Nachrichten-übermittlung mit einem Wachstum von 460% und in der Forschung und Entwicklung mit 260% sind im Beobachtungszeitraum stärker gewachsen.

    Unterschiedliche Herausforderungen und TendenzenDie Informatikbranche ist ausserordentlich viel-fältig. Selbst nach einer Unterteilung in die ein-zelnen Teilsegmente bleibt ein sehr heterogenes Bild. So gibt es im Software-Bereich einerseits die internationalen Schwergewichte, die ihren Hauptsitz in die Schweiz verlegt haben. Ande-rerseits kennt die schweizerische Softwareindus-trie weit über 10 000 kleinere Unternehmen, die erfolgreich Software entwickeln.

    Im Markt für Hardware und für Consumer Electronics (TV, Video, Hi-Fi etc.) ist seit gerau-mer Zeit ein starker Preiszerfall zu beobachten. So leidet das Segment Consumer Electronics seit 2007 unter einem rückläufigen Gesamt-umsatz, der heute auf dem Niveau von 2004 liegt. Die Wechselkurssituation hat den Preis-druck zusätzlich verstärkt, indem Anbieter aus dem grenznahen Ausland den Konkurrenz-druck erhöhen. Neben Rentabilitätsherausfor-derungen unterliegt der Hardware-Markt zu-dem einem einschneidenden Strukturwandel. So macht sich etwa eine Abschwächung der

    1991 1994 1997 2000 2003 2006 2009

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    Zunahme der Beschäigten in der IT-Branche am höchsten

    Abbildung 1

    Beschäigung in Vollzeitäquivalenten, indexiert 3. Quartal 1991 = 100

    Verkehr und LagereiTelekommunikationErbringung von Finanz- undVersicherungsdienstleistungenErbringung von sonstigenwirtschalichen Dienstleistungen

    Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie

    Erbringung von freiberuflichen, wissenscha-lichen und technischen Dienstleistungen

    Informationstechnologie und Informations-dienstleistungen

    Erziehung und UnterrichtKunst, Unterhaltung und Erholung

    Quellen: BfS, UBS

    Gesundheits- und Sozialwesen

    Nachfrage nach PCs bemerkbar. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der Verschie-bung hin zu mobilen Geräten, indem Compu-ter zunehmend durch Tablets und Smartphones ersetzt werden. Zudem bemühen sich Unter-nehmen vermehrt, Ausgaben in Infrastruktur-Hardware zu reduzieren, was das Geschäft mit Servern stagnieren lässt. Verstärkt durch die schwelende Krise bleibt die Nachfrage insbe-sondere von wichtigen Abnehmermärkten wie der Bankbranche aus. Wachstum hingegen verspüren weiterhin die service- und software-lastigen Segmente. Während Unternehmen in konjunkturell schwierigen Zeiten Investitionen in die Hardware oft aufschieben, sind Soft-ware-Lösungen nach wie vor gefragt. Viele Unternehmen sehen wohl gerade in der IT die Möglichkeit, Kosten durch die Optimierung der Prozesse einzusparen. Auch erhoffen sie durch innovative IT-Lösungen Wettbewerbsvorteile zu generieren und sich von Konkurrenten ab-zuheben. Dabei stehen Business-Intelligence-Lösungen im Vordergrund. Von diesen Impul-sen kann gleichermassen das Consulting profitieren.

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    IT-Branche an dritter Stelle beim Wachstum der realen Bruttowertschöpfung

    Abbildung 2

    Reale Bruttowertschöpfung, indexiert 1980 = 100

    Grosshandel

    Gastgewerbe

    Quellen: BAK Basel, UBS

    Banken

    Informatikdienste

    Unternehmensbezogene Dienstleistungen

    Gesundheits- und Sozialwesen

    Detailhandel

    Nachrichtenübermittlung

    Versicherungen

    Forschung und Entwicklung

    Unterrichtswesen

    Persönliche Dienstleistungen

    1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998 20102001 2004 2007

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  • UBS outlookUBS outlook 98

    Ein anderer Wachstumstreiber ist das Cloud Computing, welches rasant wächst (siehe Artikel auf Seite 16). Viele Unternehmen sind heute mit riesigen Datenmengen konfrontiert, die sie spei-chern, verwahren und auswerten müssen. In der Nutzung von Cloud Services sehen sie eine Mög-lichkeit, Kosten einzusparen. Bis 2015 wollen 65% der Unternehmen auf Cloud Computing umstellen. Cloud Computing allerdings setzt turnhallengrosse Rechenzentren voraus. Dass die Schweiz hier beste Voraussetzungen hat, sich als Land der Rechenzentren zu etablieren, liegt an der Stabilität und der lückenlosen Stromverfüg-barkeit, welche die wichtigsten Elemente für Rechenzentren bilden.

    Fachkräftemangel nach wie vor akutZwischen 5000 und 6000 freie Stellen in der IT-Branche, die monatlich auf Stellenportalen ausgeschrieben werden, sind ein Indiz dafür, dass die Branche seit geraumer Zeit unter aku-tem Fachkräftemangel leidet. Eine Beruhigung der Lage ist nicht in Sicht. Allein der demo-grafische Wandel führt zu einer Reduktion des

    Arbeitskräfteangebots. Die starken Jahrgänge gehen ins Pensionsalter und gleichzeitig kom-men die geburtenschwachen Jahrgänge ins Berufsbildungsalter. Entsprechend muss die Branche vermehrt auf ausländische Arbeitskräf-te zurückgreifen. 2010 wurde vom Bundesrat auf Verlangen der Schweizer IT-Branche das Einreisekontingent für Fachleute aus Nicht-EU-Ländern erhöht. Gemäss einer Studie von ICT fehlen der Schweiz in fünf Jahren rund 32 000 IT-Fachkräfte. Betroffen vom ausgetrockneten Personalmarkt sind insbesondere die Teilseg-mente Software-Entwicklung und Consulting. Dass die Wirtschaft ihre Schmerzensgrenze allmählich erreicht hat, zeigt die zunehmende Bereitschaft der Betriebe, mittels Schaffung von Lehrstellen selber Personal auszubilden. Bis anhin hatten IT-Firmen nämlich nur geringe Anreize, das Nachwuchsproblem selbst anzu-packen. Der organisatorische Aufwand wurde als zu hoch eingeschätzt und die Eignung des Betriebs für Auszubildende oftmals infrage gestellt. So kamen bis anhin lediglich 3,7 Lehr-linge auf 100 Fachpersonen, was deutlich

    unter dem schweizerischen Durchschnittswert von 5,4 liegt. In Zürich, dem Kanton mit den meisten IT-Stellen, hat die Zahl der Ausbil-dungsplätze 2011 um beeindruckende 23% zugenommen. Dieser Trend ist als äusserst positiv zu werten. Denn Lehrstellen bilden oftmals die Basis für eine anschliessende höhe-re Berufsbildung oder einen Fachhochschul-abschluss, was wiederum die Zahl der höher qualifizierten Fachkräfte steigen lässt.

    Was macht die Informatikausbildung bei jungen Schweizern so unattraktiv? Für die Informatiklehre müssen ähnliche schulische Anforderungen erfüllt werden wie für das Gymnasium. Somit steht die Informatiklehre klar in Konkurrenz zum Maturitätsabschluss. Hinzu kommt, dass Frauen in der Informatik-branche stark untervertreten sind. Der Frauen-anteil verharrt auf einem Fünftel. Die grosse Lohnschere von 24% zwischen Mann und Frau könnte ein Grund für diese Situation sein, doch lässt sich dies nicht nachweisen. Betrach-tet man die Durchschnitts-Bruttolöhne der Informatikbranche insgesamt, so liegen diese mit 8456 Franken (2010) höher als in den meis-ten Branchen. 2011 sind die Löhne in der IT-Branche nominal um 2,5% angestiegen. Im gleichen Zeitraum verzeichnete der Dienstleis-tungssektor ein Wachstum von 1%.

    Wohin bewegt sich die Informatik-branche?Die IT-Produkte und -Dienstleistungen sind für den heutigen Anwender immer weniger greif-bar. Der Strukturwandel innerhalb der IT wird sich fortsetzen, was von den Unternehmen fortlaufend Anpassungen verlangt. Der Hard-ware-Bereich dürfte dabei ins Hintertreffen geraten, während kleine innovationsbasierte Unternehmen an Bedeutung gewinnen könn-ten. Insgesamt ist zu erwarten, dass die IT-Branche in Zukunft zusätzliche Wertschöpfung generiert und übergreifend auf andere Bran-chen auch dort Wachstums- und Effizienzim-pulse setzt.

    Quellen: BFS, EITO, IDC, ZLI, Swico, ICTswitzerland

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    Informatik als Schlüssel zum Erfolg AnalyseAnalyse Informatik als Schlüssel zum Erfolg

  • UBS outlookUBS outlook 1110

    IT-Cluster Schweiz: Im Wettbewerb mit London und Berlin

    Als Standort von Unternehmen wie Google und IBM sowie der ETH und der Universität verfügt Zürich über eine solide Basis für einen IT-Cluster. Dazu kommen die Finanz-branche und zahlreiche Start-ups, die eine wachsende Zahl von IT-Spezialisten be-schäftigen. Die Limmatstadt steht aber in harter Konkurrenz mit anderen europäi-schen Metropolen.

    Die IT-Branche gehört zu den am schnellsten wachsenden Industrien und bietet in der Schweiz 72 000 Stellen an (auf Vollzeitbasis gerechnet). Die Arbeitsplätze sind regional sehr unterschiedlich verteilt. Die Abbildung zeigt den Anteil der Beschäftigung in der IT-Branche an der Gesamtbeschäftigung der jeweiligen Wirtschaftsregion. Es lassen sich klar zwei Cluster identifizieren, auf die zusammen über 50 Prozent der Beschäftigung entfallen: der Informatik-Hub am Genferseebogen und die Region Zürich.

    Der Cluster um Zürich erstreckt sich über weite Teile des Kantonsgebiets, schliesst aber auch den Kanton Zug, die March im Kanton Schwyz und die angrenzenden Wirtschafts regionen des Kantons Aargau mit ein. Wir schätzen, dass im Gebiet um Zürich gegen 30 000 Personen im IT-Sektor beschäftigt sind. Der Grossteil dieser Informatiker erbringt Dienstleistungen für lokale Unternehmen. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt aber auch die Beschäftigung in der Ent-wicklung von innovativen Anwendungen.

    Die enge Betrachtung der Kernbranche unter-schätzt die in der Informatik tätigen Personen, denn viele Unternehmen ausserhalb der Infor-matikbranche verfügen über eine eigene IT-Abteilung, speziell in der Finanzindustrie, einem der grössten Nachfrager von Informatikdienst-leistungen. So beschäftigen alleine UBS, Credit Suisse und ZKB hierzulande zusammen gegen 10 000 Informatiker. Bezogen auf die Gesamt-belegschaft arbeitet im Durchschnitt jeder

    Elias HafnerÖkonom, UBS AG

    «Technische Hilfsmittel erleichtern unseren Alltag – und Zürich

    mischt bei dieser Entwicklung vorne mit.»

    fünfte Mitarbeiter in der Informatik. Rechnet man dieses Verhältnis auf die gesamte Finanz- und Versicherungsbranche hoch, so ergibt dies schweizweit rund 40 000 zusätzliche Informati-ker. Etwa die Hälfte davon dürfte im Cluster der Region Zürich tätig sein.

    Zürich als InnovationsstandortBereits in den 1950er-Jahren entstand im Raum Zürich ein IBM-Forschungszentrum. Dieses gelangte vor allem in den 1980er-Jahren zu Ruhm, als zwei Mitarbeiter mit ihren For-schungsprojekten Physik-Nobelpreise erhielten. Doch leider hat es die Schweiz in der Folge verpasst, im Zuge der Computerrevolution eine führende Rolle einzunehmen. Einen entschei-denden Schritt nach vorne konnte Zürich mit der Ansiedelung von Google im Jahre 2004 tun. Das US-Unternehmen, das die weltweit meistbenutzte Suchmaschine entwickelt hat, unterhält in Zürich ihr bedeutendstes europäi-sches Forschungszentrum, wo mitunter ent-scheidende Beiträge für die Weiterentwicklung von YouTube-Anwendungen, Gmail oder Google Maps erarbeitet werden (siehe Box).

    Die Anwesenheit von grossen und bekannten Namen führt zu einer positiven Dynamik. Einer-seits geben Google & Co. dem IT-Cluster Zü-rich ein Gesicht und erhöhen so den Anreiz für ausländische Talente, ihrerseits in die Schweiz zu kommen. Andererseits bilden die IT-For-schungszentren Mitarbeiter aus, die sich später oftmals selbstständig machen, indem sie ihre eigenen Start-ups gründen. Mögliche negative Folgen dieser Entwicklung sollten aber nicht ausser Acht gelassen werden: Die beschränkte Verfügbarkeit von Fachkräften – die besten unter ihnen werden meist von den Branchen-führern absorbiert – erschwert es den kleinen Firmen, ihre Ideen umzusetzen. Auch macht sich Zürich zu einem bestimmten Grade abhän-gig von klingenden Namen, sodass der plötzli-che Wegzug eines renommierten Anbieters unabsehbare Folgen für den IT-Standort Zürich mit sich bringen könnte. Es stellt sich somit die Frage, wie sich die Schweiz und der IT-Cluster Zürich im Speziellen am wirkungsvollsten ge-

    Karten, Notizen, Termine und Adressen

    Technische Hilfsmittel erleichtern unseren Alltag – und die Region Zürich mischt bei dieser Entwicklung vorne mit. Infolge der Übernahme des Kartenspezialisten Endoxon hat Google einen Teil der Entwicklung von Google Maps nach Zürich verlegt. Der neueste Clou ist die Einführung von Indoor Maps in der Schweiz, eine Anwendung, die bisher nur in den USA und in Japan verfügbar war. Anhand interaktiver Gebäude-pläne soll die Orientierung in grossen Gebäuden, wie Einkaufszentren, erleichtert werden. Weitere Innova-tionen aus der Limmatstadt sind beispielsweise die Adressbuchverwaltungs-Applikation von Connex.io, das Terminfindungswerkzeug Doodle oder das On-line-Notizbuch Memonic der Zürcher Firma Nektoon AG. Letzteres macht es möglich, Texte, Bilder oder Notizen aus Internet-Recherchen online zu speichern, sodass später von überall her darauf zugegriffen wer-den kann.

    Zwei IT-ClusterBeschäftigungsanteil in der IT-Branche, in Prozent

    Quellen: BFS, UBS

    n ≤ 0,5%n ≤ 1,0%n ≤ 1,75%n ≤ 2,5%n > 2,5%

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    Informatik als Schlüssel zum Erfolg AnalyseAnalyse Informatik als Schlüssel zum Erfolg

  • UBS outlookUBS outlook 1312

    Börsenkotierte Technologiefirmen

    An der Schweizer Börse wird das Seg -ment der Telekommunikations- und IT-Firmen von Swisscom dominiert. Im Schatten des nationalen Telekomriesen findet man aber auch international füh-rende Nischenanbieter wie den Compu-terzubehör-Anbieter Logitech oder den Finanzsoftware-Spezialisten Temenos.

    An der Schweizer Börse kommt man bei Tele-kommunikations- und Informationstechnologie-unternehmen nicht an Swisscom vorbei: Ge-messen am Aktienmarktwert repräsentiert der Schweizer Telekomriese gut drei Viertel aller kotierten Telekom- und IT-Unternehmen. Die aggregierten Umsätze der kotierten Schweizer Technologiefirmen fielen in den vergangenen zehn Jahren um 24%, und die Nettomarge lag bei durchschnittlich 14%. Während Swisscom eine Aktie mit unterdurchschnittlicher Aktien-kursbewegung ist, zählen die übrigen Aktien aus dem Bereich Telekommunikation und Infor-mationstechnologie zu den Aktienanlagen mit einer überdurchschnittlichen Volatilität (Schwan-kungsanfälligkeit).

    Ohne die 2004 verkaufte 95%-Beteiligung am deutschen Mobilfunkunternehmen debitel hätte Swisscom in den vergangenen zehn Jahren einen praktisch unveränderten Umsatz ausgewiesen. Wegen des Verkaufs der Beteili-gung an debitel sank der Gruppenumsatz zwischen 2002 und 2011 aber um 21%. Auch sonst ist in den vergangenen Jahren viel pas-siert: Swisscom verlor seine Monopolposition und musste sich nicht nur der Konkurrenz stellen, sondern auch signifikanten technologi-schen Fortschritten. Heute kontrolliert Swiss-com rund 65% des Schweizer Telekommarktes und generiert solide Cashflows. Für Anleger-innen und Anleger ist das Unternehmen eine Renditeperle ohne nennenswertes Wachstums-potenzial.

    Logitech wies seit der Gründung im Jahre 1981 bis 2007 ein rasantes Wachstum auf. Um die Expansion zu finanzieren, gab das Unternehmen bis ins Jahr 2002 regelmässig

    neue Aktien aus. Obwohl Logitech in den letzten Jahren wichtige Branchentrends wie die Einführung von Touchscreens verpasste, gilt die Firma nach wie vor als Weltmarktführer bei kabellosen Peripherie geräten mit digitaler Funktechnik und arbeitet hart, um das Verpass-te rasch nachzuholen. Der König der Compu-termäuse setzt gegenwärtig alles daran, die Lancierung von innovativen Produkten zu be-schleunigen und gleichzeitig seine Kostenbasis um 80 Mio. USD pro Jahr zu senken. Für In-vestorinnen und Investoren ist Logitech somit eine Wette auf einen neuerlichen Wachstums-kurs und die Rückkehr zweistelliger Nettomar-gen wie vor 2008.

    1993 kaufte der emigrierte Grieche George Koukis eine kleine, ums Überleben kämpfende Schweizer Firma. Zusammen mit Wagniskapital-partnern entstand daraus die heutige Temenos. Eine ausgeprägte Wachstumsdynamik brachte die Gruppe ab 2008 im Bereich Bankensoftware an die Weltspitze. Trotz Spitzenmarktposition und der in Europa und den USA schwelenden Bankenkrise befindet sich Temenos nach wie vor auf Wachstumskurs: Mögliche Akquisitionen und Fusionen bleiben für die Firma weiterhin ein Thema. Temenos ist eine volatile Wachstums-aktie. Für risikofähige Anleger stellt das Papier eine Wette auf eine mittelfristige Erholung der Marktnachfrage für Finanzsoftware dar.

    gen die internationale Konkurrenz wappnen kann.

    Internationalität als TreiberSich direkt mit den USA zu vergleichen, macht unseres Erachtens nur beschränkt Sinn. Zu weit erscheint der technologische Vorsprung und zu unterschiedlich sind die Grössenverhältnisse, speziell wenn man das Silicon Valley heran-zieht. Zürich sollte sich daher vermehrt mit der Konkurrenz in Europa messen.

    Zu den schweizerischen Standortvorteilen zählen die rechtliche und politische Stabilität, das tiefe Steuerniveau, die unternehmerfreund-liche Umgebung und der Zugang zu Kapital. Nicht zuletzt beeinflussen aber auch die zent-rale Lage in Europa und die hohe Lebensquali-tät – Attraktivitätsfaktoren für qualifizierte Arbeitskräfte – die Chancen der Schweiz bei der Standortwahl positiv. Regional bieten der Genferseebogen und der Raum Zürich mit ihren international renommierten technischen Hochschulen EPFL und ETH die besten Voraus-setzungen für die Weiterentwicklung der hiesi-gen IT-Industrie. Immer wieder entspringen den Hochschulen sogenannte Start-ups oder Spin-offs – neu gegründete Firmen, deren Ziel es meist ist, Forschungsergebnisse kommerziell auszuwerten. Für die Informatikindustrie ist die ausgeprägte internationale Ausrichtung der nationalen Forschungsanstalten ein ent-scheidender Vorteil. Die technischen Hoch-schulen ziehen Talente aus der ganzen Welt an, was neue Lösungsansätze fördert, die aus dem Zusammenspiel von unterschiedlichen Denkweisen und dem Wissensaustausch zwi-schen verschiedenen Kulturen entstehen. Durch die Ansiedelung von grossen Namen besitzt Zürich darüber hinaus einen First-Mo-ver-Vorteil.

    Doch die anderen Städte schlafen nicht. Lon-don gilt schon lange als europäisches IT-Zent-rum, und seit geraumer Zeit wird in diesem Zusammenhang auch immer wieder Berlin genannt. Ein Vorteil dieser Standorte gegen-über Zürich besteht vor allem in deren grossem

    Stefan R. MeyerAnalyst, UBS AG

    Heimmarkt. Aber auch andere Länder wie Dänemark, Estland oder Polen verfügen über einen entwickelten IT-Cluster. Speziell Osteuro-pa lockt mit einem wesentlich tieferen Lohn-niveau als die Schweiz. Dies verleitet Firmen dazu, arbeitsintensive Aufgaben im IT-Support von der Schweiz ins Ausland zu verlagern. Bei komplexeren und kapitalintensiveren Arbeiten spielen Salärkosten indes eine untergeordnete Rolle. So gab Google unlängst bekannt, dass das Lohnniveau für den Konzern kein entschei-dendes Kriterium sei, was längerfristig für Zü-rich sprechen könnte. Dass sich andere Stand-orte entwickeln, muss auch nicht zwangsläufig gegen Zürich sprechen. Die IT-Industrie bietet genügend Platz für verschiedene Nischen.

    Die Konkurrenz zum Feierabendbier treffenWichtig für den Erfolg von Zürich wird sein, dass die Nähe zwischen den bereits hier an-sässigen Unternehmen genutzt wird und der Clustermechanismus richtig funktioniert. So sagte etwa Phil Libin, CEO von Evernote – eine amerikanische IT-Firma, die ihre Europazentrale kürzlich in Zürich aufgeschlagen hat –, in der NZZ über einen seiner grössten Mitbewerber: «Es wird klasse sein, nun in der gleichen Ge-gend zu arbeiten und effektiver miteinander zu kommunizieren, zum Beispiel beim Feierabend-bier.»

    Börsenkotierte Telekom- und Informationstechnologiefirmen

    Marktsegment Börsen- kapitalisierung

    in Mrd. CHF

    Umsatz-wachstum 2002–2011

    Netto marge Median

    2004–2011

    Swisscom Telekomdienstlei-stungen

    19,2 – 21% 16,0%

    Logitech Computerzubehör 2,0 45% 5,8%

    Temenos Bankensoftware 1,2 183% 16,0%

    ams Halbleitertechnik 0,9 159% 13,2%

    Huber+Suhner Kommunikationstechnik 0,8 29% 7,0%

    Kudelski Sicherheitssysteme 0,7 123% 5,4%

    Ascom Kommunikationstechnik 0,3 – 79% 5,5%

    Quellen: FactSet, UBS

    Informatik als Schlüssel zum Erfolg AnalyseAnalyse Informatik als Schlüssel zum Erfolg

  • UBS outlook

    Informatik als Schlüssel Thema

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    Rang der Schweiz im weltweiten Vergleich

    Quellen: WEF, UBS

    NetworkReadiness

    Mobilfunk-abdeckung

    Verfügbarkeit modernster Technologien

    Schutz des geistigen Eigentums

    Übernahme von Techno-logien durch Unternehmen

    PC-Dichtein Privat-

    haushalten

    Internet-anschlussin Privat-

    haushalten

    Priorisierung der IT

    durch die Regierung

    Klein, aber innovativ

    Trotz seiner beschränkten Grösse nimmt der schweizerische IT-Markt im internatio-nalen Vergleich eine einzigartige Stellung ein. Der Einsatz von Spitzentechnologie und die Rolle des Landes als Innovations-standort verleihen der Schweiz eine füh-rende Rolle.

    Gemäss Schätzungen des amerikanischen Bera-tungsunternehmens Gartner beliefen sich die IT-Ausgaben von Schweizer Firmen 2011 auf insgesamt 25 Mrd. US-Dollar, was gerade ein-mal 1% der globalen IT-Ausgaben entspricht. Es verwundert nicht, dass die Nachfrage haupt-sächlich aus den beiden hierzulande dominie-renden Wirtschaftssektoren Finanzdienstleistun-gen und Gesundheitswesen stammt: Zusammen entfallen fast 33% der IT-Gesamtausgaben auf diese beiden Branchen, während der globale Durchschnitt bei lediglich 20% liegt. Trotz ihrer geringen Grösse ist die Schweiz für die meisten globalen IT-Firmen ein wichtiger Zielmarkt, was hauptsächlich auf die hoch dotierten IT-Aufträ-ge von hier ansässigen Grossunternehmen zu-rückzuführen ist. Die steigende globale Präsenz dieser Unternehmen hat unter anderem zur Folge, dass IT-Aufträge immer öfter auch auf deren ausländische Tochtergesellschaften ausge-weitet werden. Neben neuen Trends wie mobi-len und «sozialen» Daten sowie Big Data bietet Cloud Computing, auf das bereits knapp 5% der inländischen IT-Ausgaben entfallen, in der Schweiz eine riesige Chance.

    Nicht nur in internationalen Innovations-Ranglis-ten belegt die Schweiz regelmässig den Spit-zenplatz (z.B. Nummer eins des Global Innova-tion Index der INSEAD im Jahr 2011). Auch bei der Einführung neuer Technologien hat sie im weltweiten Vergleich die Nase vorn. Laut dem Global Information Technology Report 2012 des World Economic Forum rangiert die Schweiz hinsichtlich der Bereitschaft zur Nut-zung moderner Technologien (Technology Network Readiness) auf Platz fünf. Bei den meisten Kriterien, die in der Studie untersucht wurden, schneidet die Schweiz ebenfalls sehr gut ab (Einzelheiten dazu siehe Abbildung).

    Aufgrund des Einsatzes von Spitzentechnolo-gie, ihrer führenden Kompetenz und der unter-nehmensfreundlichen Politik ist die Schweiz ein wichtiger Standort für Forschung und Entwick-lung und für den regionalen Hauptsitz zahlrei-cher internationaler Firmen wie eBay, HP, Yahoo, Sony und Alibaba. Ob das World Wide Web, das Rückgrat des Internets, das seine Ursprünge am CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) in Genf hat, oder der Token Ring, ein Standard für lokale Netzwerke, der vom IBM Research in Zürich entwickelt wurde: Die Schweizer Zentren für Forschung und Ent-wicklung haben als Pioniere bedeutende tech-nische Innovationen hervorgebracht.

    Wie diese Beispiele belegen, hat die heimische IT-Branche einen massgeblichen Einfluss auf bestimmte bahnbrechende Entwicklungen im globalen Technologiesektor. Die Schweiz beher-bergt fast 16 500 IT-Unternehmen mit einem ausserordentlich grossen Talentpool, der sich aus knapp 250 000 hoch qualifizierten und qua-litätsbewussten Erwerbstätigen zusammensetzt. Nahezu 70% dieser Arbeitskräfte sind in der innovationsgetriebenen Softwarebranche tätig, was die Schweiz zu einem starken globalen Mitbewerber in Nischensegmenten wie Bioinfor-matik, digitalen Medien, künstlicher Intelligenz und Informationssicherheit macht.

    Sundeep GantoriAnalyst, UBS AG

    Herausforderungen und Chancen

    Trotz ihrer beschränkten Grösse nimmt die Schweizer IT-Branche im internationalen Vergleich eine einzigartige Stellung ein. Beim Aufbau und beim Betrieb von grossen Datenzentren etwa oder bei der Entwicklung inno-vativer Sicherheitslösungen zählt sie heute unbestritten zur Weltspitze. Wie kaum ein zwei-ter Wirtschaftssektor unterliegt die IT-Industrie allerdings dem Diktat des technischen Fort-schritts. Neue, bahnbrechende Technologien wie das soge-nannte Cloud Computing drän-gen auf den Markt. Für die etablierten Anbieter stellt der permanente Wandel eine grosse Herausforderung dar, die aber gleichzeitig auch ausserge-wöhnliche Chancen bereithält.

    Ausblick

    Analyse Informatik als Schlüssel zum Erfolg

  • UBS outlookUBS outlook 1716

    Ausblick Herausforderungen und Chancen

    Zwischen Mainstreet, Tornado und Abgrund

    Die Informatikindustrie unterliegt ausge-prägten Lebenszyklen. Innovationen kom-men in rascher Folge auf den Markt, setzen sich bei den Anwendern durch und werden nach und nach durch neue, noch leistungs-fähigere Lösungen wieder verdrängt. Wie kaum ein zweiter Wirtschaftssektor unter-liegt der IT-Markt dem Gesetz von Aufstieg, Verdrängung und Niedergang.

    Um eine Aktienempfehlung abzugeben oder Investitionen zu tätigen, ist es unabdingbar, einen Sektor und dessen Marktgrundlagen umfassend zu verstehen. Genauso ist es not-wendig, zuerst zu ermitteln, wie die Dynamik und die weltweiten IT-«Kräfte» sich entwi-ckelt haben, bevor man sich mit den Chancen befasst, die einzelne Softwarefirmen bieten. Noch wichtiger ist indes das Verständnis da-für, wie sich diese Kräfte in Zukunft ent-wickeln werden. Daher werden wir unsere Analyse dieses Sektors zunächst aus der Vo-gelperspektive beginnen, bevor wir uns ins Detail begeben, um uns mit den Namen und Chancen der einzelnen Unternehmen zu be-fassen (siehe nächsten Artikel). Bitte beachten Sie, dass die in diesem Dokument erwähnten Unternehmen in privater Hand sind und Fi-nanzdaten als solche nicht publiziert werden. Das macht das Ab geben von Softwareemp-fehlungen jeglicher Art schwierig. Trotzdem: Die durchschnittliche Lebenserwartung von Anwendersoftware liegt bei etwa zehn bis fünfzehn Jahren, und der grosse Upgradezyk-lus ist in den späten 1990ern aufgrund der Millenniums-Umstellung erfolgt. Was wir während der nächsten fünf Jahre sehen wer-den, ist höchstwahrscheinlich ein Trend in der Anwendungsmodernisierung, die durch Er-satz- und Erweiterungszyklen sowohl bei B2B- als auch B2C-Implementierungen vorangetrie-ben wird. Insbesondere der CRM-Markt (Customer Relationship Management) dürfte Software-Anbietern das grösste zusätzliche Ertragswachstum bieten. Dabei können sich Schweizer Player sogar global etablieren und internationale Präsenz und Reputation erreichen.

    Kontinuierliche und diskontinuierliche InnovationDie Märkte florieren bei der Einführung inno-vativer Produkte, wenn diese das Kaufver halten vieler Konsumenten stimulieren, die das Inter-esse am bisherigen Sortiment verloren haben. In den meisten Industrien erfolgen diese Inno-vationen kontinuierlich. Um zum Beispiel die Vorteile eines Neuwagens zu geniessen, muss ein Kunde diesen nur kaufen und auf der Au-tobahn fahren. Der Kunde nutzt also die beste-henden Standards und Infrastrukturen. Auch wenn Sie etwa ein neues Telefon erwerben, sind Sie in der Lage, es sofort zu benutzen. Doch von Zeit zu Zeit ermöglicht ein technolo-gischer Durchbruch ein völlig neuartiges Ange-bot, und das ist, was man eine Diskontinuität von Innovationen nennt. Der erste Browser, das erste Tabellenkalkulationsprogramm oder der erste LTE-fähige, drahtlose Tablet-PC – all diese Produkte führten vollkommen neue und absolut unwiderstehliche Features ein. Um auch wirklich deren ganzen Funktionsumfang nutzen zu können, mussten die Anwender allerdings auf neue Technologien umstellen und eine neue Infrastruktur einführen, die mit der zu dieser Zeit vorherrschenden nicht kom-patibel war. Das heisst, sie mussten einerseits selber einen Lernprozess durchlaufen, um mit den neuen Produkten umgehen zu können, und andererseits warten, bis alle Lieferanten von komplementären Produkten und Dienst-leistungen auch ihren Teil des Gesamtsystems betriebsbereit hatten. Wer will schon für ein iPad mit LTE-Konnektivität bezahlen, wenn es von keinem Netz unterstützt wird? Oder für ein iPhone, wenn es dazu keine passenden Apps gibt? Das nebenstehende Diagramm, das in der Wirtschaftsliteratur weit verbreitet ist, bildet den Fortschritt der Entwicklung eines Hightechmarktes ab. Für die Erklärungen haben wir uns an Geoffrey A. Moore orien-tiert, dem Autor von «Crossing the Chasm» («Die Überwindung des Abgrunds») und «Inside the Tornado» («Das Tornado-Phäno-men»), denn unseres Erachtens zeichnen sie besser nach, wie IT-Märkte sich – stets von Neuem – entwickeln.

    Cesare ValeggiaAnalyst, UBS AG

    Herausforderungen und Chancen Ausblick

    Der EinführungsmarktDie erste kommerzielle Aktivität um eine dis-kontinuierliche Innovation wird von Technolo-gieenthusiasten unterstützt und von visionären Kunden vorangetrieben. Zusammen verfolgen sie das Ziel, die neue Technologie einzusetzen, um radikale Änderungen zu ermöglichen, die ihnen einen riesigen Wettbewerbsvorteil ge-genüber allen anderen Unternehmen in ihrer Kategorie verschaffen. Folglich ist die Haupt-charakteristik dieser Marktentwicklungsphase, dass der Markt um die einzelnen Kunden und nicht um Marktsegmente herum aufgebaut wird. Visionäre Kunden wollen nicht zusam-menarbeiten, um anderen Unternehmen in ihrem Wettbewerbsumfeld zu ermöglichen, in der neuen Technologie auf den neusten Stand zu kommen. Das Unternehmen, das die diskontinuierliche Innovation einführt, bietet eine Gelegenheit, die Durchführbarkeit seiner Technologie mittels einiger massgeschneiderter Projekte unter Beweis zu stellen. Es ist keine Quelle von bedeutender Ertrags- oder Gewinn-generierung, und sobald das Proof-of-Concept-Ziel erreicht worden ist, steigen diese Unter-

    nehmen aus dem Einführungsmarkt aus und gehen zum Mainstream-Markt über. Hier zeigt sich ein Hindernis: die «Abgrund» genannte Phase.

    Der AbgrundDer Abgrund ist die natürliche Folge der ent-gegengesetzten Pole zwischen dem Visionär – der bewusst vor der Herde daherschreitet, mit dem Ziel, einen Wettbewerbsvorteil zu haben – und den Konservativen. Letztere beobachten lieber, ob ihre Pragmatiker-Kollegen Erfolg mit der neuen Technologie haben. Das innovative Produkt in den Einführungsmärkten hat auch die Aufmerksamkeit der etablierten Anbieter auf sich gezogen: die Pfründenbesitzer, welche die alte Technologie gefördert haben und gro-sses Interesse daran haben, den Status quo zu verteidigen. Sie streben sogar danach, sich zusammenzuschliessen, um den Eindringling zu vertreiben. Dazu säen sie Keime des Zweifels über das neue Angebot, indem sie sich zum Beispiel über die Unreife des Produkts und die Unvollständigkeit der Integration lustig ma-chen. Falls sich der Innovator nicht relativ

    Die Mainstreet

    Die Elimination/der Verfall

    Die Bowlingbahn

    Der Einführungs-markt

    DerAbgrund

    Der Tornado

    Quelle: «Das Tornado-Phänomen»

    «Schweizer Player können sich im neuen Zyklus

    global etablieren und internationale Präsenz und

    Reputation erreichen.»

  • UBS outlookUBS outlook 1918

    Ausblick Herausforderungen und Chancen

    schnell eine Marktposition sichern kann, wird er im Abgrund verschwinden. Dies war der Fall bei den stiftbasierten Computern oder beim Desktop-Videoconferencing in den frü-hen 2000er-Jahren. In beiden Fällen waren die Produkte für die Visionäre nicht neuartig genug, die sich nur für diskontinuierliche Inno-vationen interessierten, und liessen die Prag-matiker kalt. In den meisten Fällen hielten sich die Produkte eine Zeit lang und generierten jedes Jahr mehr Kosten als Umsätze, bis die Anbieter sie schliesslich einstellten.

    Die BowlingbahnDie Bowlingbahn steht für den Teil der Markt-penetration innerhalb der Akzeptanzphase des Technologielebenszyklus. Sie grenzt an den Mainstream-Markt und damit gerade an die andere Seite des Abgrunds, um genau zu sein. Die Bowlingbahn-Marktsegmente bauen sich typischerweise um Unternehmensfunktionen herum auf, deren Verantwortliche sich in einer Position befinden, in der sie einen fehlerhaf-ten, missionskritischen Geschäftsprozess korri-gieren müssen, und dies mit höchster Dring-lichkeit. Wall-Street-Trader standen zum Beispiel stets unter Druck, schnellere und mit besserer Marktreaktion ausgestattete Handels-systeme zu finden, und setzten auf Lösungen von Sun Microsystems. Die Bowlingbahnphase ist damit der früheste Zeitpunkt, in dem ein Hightechunternehmen wirklich von einer Unter-nehmensfortführung ausgehen kann, denn zum ersten Mal kann auf die Unterstützung durch zugewandte Kunden und einen ge-schützten Platz im Markt gezählt werden. Eini-ge dieser Innovationen bleiben allerdings in einem Nischenmarkt. Dies war der Fall bei Autodesk und parametrischer Technologie in CAD-Software für den Mechanikeinsatz oder einigen Finanzsoftwarefirmen wie Reuters, die es niemals über die Nische hinaus brachten.

    Der TornadomarktDie Hyper-Wachstumsphase oder Tornado-phase repräsentiert die Phase des Lebenszyk-lus, während der sich der Paradigmenwechsel überall zu manifestieren scheint, oder die

    Phase, in welcher der Kaufwiderstand der Konservativen schliesslich zusammenbricht und sich alle beeilen, um en masse auf die neue Technologie umzusteigen. Die im Früh-stadium erreichten Wachstumsraten können für einen längeren Zeitraum gut über 100% pro Jahr betragen, denn jeder Lieferant in der Kategorie strebt danach, seine Kapazitäten hochzufahren, um von diesem aussergewöhn-lichen Wachstum zu profitieren. Typischer-weise gibt es von Anfang an einige zwingen-de Kandidaten für den Spitzenplatz, die alle sehr nahe beieinander liegen. Doch über kurz oder lang wird einer dieser Anbieter einen Spurt hinlegen und sich rasch einen Vor-sprung gegenüber dem Rest des Mitstreiter-feldes verschaffen. Das waren die Microsofts, Intels, IBMs und Ciscos in den 90er-Jahren. Der Grund ist, dass der Markt verzweifelt Technologiestandards anstrebt, um die neuen Produkte über Schnittstellen in die existieren-de Systeminfrastruktur einzubinden. Wenn zum Beispiel jemand die Standarddatenbank hat, dann wollen alle Hardware- oder Soft-ware-Anbieter, dass diese auch auf ihren Sys-temen läuft. Und alle Kunden möchten sie kaufen, weil ihre Systeme mit dem künftigen Release all dieser Unternehmen kompatibel sein werden. Als zum Beispiel IBM den Gross-rechnerkampf gewann, war die Position des «Blauen Riesen» gegenüber dem Feld der Konkurrenten, dem «BUNCH» (Burroughs, Univac, NCR, Control Data und Honeywell), dermassen überflügelnd, dass IBM nie mehr in Bedrängnis kam. Das war nicht allein das Verdienst von IBM, sondern lag auch daran, dass so viele Unternehmen involviert waren, dass es schlicht nicht infrage kam, die Position von IBM zu schwächen: all die Softwarefir-men, unterstützenden Hardwareanbieter und Berater sowie all jene Kunden, die auf die Systeme 360 und 370 gesetzt und jeden Pro-gramm-code in einige andere Standards kon-vertiert hatten. Eines nach dem anderen stie-gen die «BUNCH»-Unternehmen aus dem Markt aus oder verschwanden gänzlich, wie im Falle von UNISYS (dem Merger zwischen Burroughs und Univac).

    Herausforderungen und Chancen Ausblick

    Die MainstreetDa die Zeit nicht stehen bleibt, wird die Pro-duktkategorie schliesslich den Mainstream erreichen und die Penetrationsrate entlang der «S»-Kurve ansteigen. Während dieser Phase beginnen sich Technologieaktien wie diejenigen anderer Branchen zu verhalten, wie wir es anlässlich der grossen Herabstufung des IT-Sektors in diesem Jahr gesehen haben. Wie ein Mikroprozessor in einem PC wird die Technologie jetzt im Produkt konstruiert. Die Marktteilnehmer sorgen sich dabei weniger um Marktakzeptanz und Normen; das Ziel der Übung besteht lediglich darin, an den anfänglichen Standards einige Variationen oder kleinere kosmetische Änderungen vor-zunehmen, um das Umsatzwachstum zu er-höhen. Ein gutes Beispiel für ein solches Vor-gehen ist Microsoft Vista: Es braucht nur eine minime Variation – klein genug, um von Kun-den und Partnern akzeptiert zu werden, und gleichzeitig ausreichend, um Chaos bei auf-strebenden Konkurrenten anzurichten, welche die totale Angleichung zu erreichen versuch-ten. Dabei gilt es zu beachten, dass der Gross-teil der Erträge und Gewinne erzeugt wird, lange nachdem die Technologie völlig assimi-liert worden ist.

    Die Elimination/der VerfallWie alles im Leben endet auch die Main-street-Phase. Die Strategie der kleinen Varia-tionen kann nicht auf ewig halten, besonders in einer Welt, die gekennzeichnet ist von einem steigenden Bedarf an Performance, einer Reduktion des Betriebsaufwands und eines sich verändernden Kundenverhaltens. Das erklärt, warum Microsoft die Grösse und Bedeutung des Internet-Marktes unterschätzt hat oder warum es für Intel eine Herausforde-rung war, im Mobilfunkgeschäft gegen die ARM-Architektur (Advanced Risk Machines) anzutreten.

    Die Elimination einer Kategorie beginnt aller-dings üblicherweise dann, wenn eine alterna-tive, verdrängende Technologie in den Tornado vordringt. Michael E. Porter, der Autor von

    «Competitive Advantage» («Wettbewerbs-vorteile»), hat den Begriff der «Bedrohung durch Ersatzprodukte» geprägt, womit der Angriff auf die Produktkategorie gemeint ist, der nicht von innen kommt, sondern vom Markt ausserhalb. Wie einleitend erwähnt, geschieht dies im Hightechsektor durch diskontinuier liche Innovation und ist ein relativ häufiges Phänomen. UNIX-Server haben pro-prietäre Minicomputer verdrängt, die ihrer-seits zuvor proprietäre Grossrechner als domi-nierende Serverplattform verdrängt hatten. «Wintel»-Server (also Server, die Intel-kompa-tible Prozessoren mit Microsoft Windows verwenden) haben dann die UNIX-Server er-setzt. Für die Geschäftsführer von IT-Firmen oder etablierten Unternehmen ist es der Er-satzeffekt, der sie am meisten beunruhigt. Es überrascht daher nicht, wenn Andrew S. Grove, Mitbegründer und ehemaliger CEO von Intel, in seiner Autobiografie feststellt: «Nur die Paranoiden überleben.»

    Der Aufstieg des Cloud ComputingIm Laufe der 1990er-Jahre wurden Personal Computer (PCs) immer leistungsfähiger. Die Arbeit und die Aufgaben, zu denen früher nur Server oder Grossrechner fähig waren, wur-den fortan mit PCs erledigt. Folglich begannen die Software-Lieferanten, Anwendungen zu ent wickeln, die die Verarbeitung zwischen dem PC (Client) und dem Server aufteilen konnten. Solche Architekturen wurden Client-Server-Datenverarbeitungsarchitekturen genannt. SAP, eine frühere Grossrechnersoftwarefirma, nutzte diese Entwicklung aus, indem sie sich neu erfand und der dominierende Anbieter von Client-Server-Anwendungen wurde. Oracle erwarb eine Handvoll Anwendersoftwareun-ternehmen, deren Produkte sich noch heute verkaufen. Der Verkauf von Software in Client-Server-Architekturen ist beschwerlich, denn die Software-Lieferanten müssen ihre Anwendun-gen an die speziellen Bedürfnisse jedes Kunden anpassen. Anwendersoftware muss auf je-dem Desktop installiert werden, was die Zahl der Benutzer, die davon profitieren können, beschränkt und die Wartungskosten erhöht.

    «Für die Geschäftsführer von IT-Firmen oder etablierten Unternehmen

    ist es der Ersatzeffekt, der sie am meisten beunruhigt.»

  • UBS outlookUBS outlook 2120

    Ausblick Herausforderungen und Chancen

    Daher verzeichneten diese Software-Lieferan-ten ein ansehnliches Wachstum und wurden sehr profitabel, indem sie im Voraus Lizenz-gebühren für ihre Software verlangten und jährliche Wartungskosten für technische Unterstützung in Rechnung stellten. Sie waren bedeutende Nutzniesser des Client-Server-Modells.

    Mit der verbreiteten Nutzung des Internets und der weiten Verfügbarkeit von schnellen Breitbandanschlüssen wurden vermehrt Appli-kationen für die Verwendung über das Internet programmiert, wobei ein grösseres Publikum angesprochen wurde. Es war auch ein Ver-dienst von Google Apps und Salesforce.com, dass solche Anwendungen entwickelt werden konnten. Viele erfolgreiche Anwendungen wie Facebook oder das Cloud-basierte Gmail zie-len auf den Verbrauchermarkt ab. Aber es gibt auch eine Reihe von On-Demand-Software-Applikationen für den Unternehmensmarkt. Zum Beispiel bietet Netsuite Enterprise- Resource-Planning-Funktionen (ERP) wie Buch-

    haltung, Verkauf und Inventarverwaltung so-wie E-Commerce an, während Salesforce.com Customer-Relationship-Management-Anwen-dungen (CRM) anbietet. Solche Dienste wer-den über das Internet von Shared-Servern in Datencentern, als «Clouds» bekannt, erbracht, die von Google, Microsoft, Amazon und ande-ren Dritten betrieben werden. Diese Anwen-dungen beseitigen einen Grossteil des Bedarfs an Client-Software und reduzieren damit die im Voraus zu bezahlenden Lizenz-, Implemen-tierungs- (durch Bündelung der verschiedenen Softwarelizenzen) und Wartungskosten. Da die Kunden normalerweise nur für die effek-tive Nutzung zahlen, müssen sie nicht im grossen Stil in Hardware und Ausstattung investieren. In der Tat sind sich die Anwender üblicherweise nicht des Typs der Infrastruktur bewusst, die eingesetzt wird, um die ge-wünschte Dienstleistung zu erbringen. Sie nehmen nur die Anwendungen wahr, die sie erwerben wollen, denn diese werden einfach über das Internet – das Kernstück der Cloud – zur Verfügung gestellt.

    Herausforderungen und Chancen Ausblick

    Während fast jeder Anbieter anerkennt, dass die Daten in der Cloud Eigentum des Kunden sind, machen sich IT-Chefs immer noch Sorgen darüber, wie sicher die Daten jenseits der Unternehmensfirewall sind. Zudem bezweifeln sie, dass es einfach wäre, ihre Daten aus einer Cloud zurückzuziehen, falls sie es vorziehen sollten, diese wieder inhouse zu speichern oder auf ein konkurrenzfähigeres Angebot umzusteigen.

    Angesichts des weiterhin wahrgenommenen Mangels an Kontrolle und der Bedenken, dass die Nutzungsgebühren anwachsen oder sich im Laufe der Zeit ändern könnten und eine Vermischung der Daten erfolgt, dürfte die Akzeptanz von Cloud-Diensten bei den gros-sen Unternehmen unseres Erachtens limitiert bleiben. Auch wenn die Infrastrukturen von Amazon, Google und Salesforce.com nun schon seit Jahren laufen, besteht immer noch Besorgnis um deren Zuverlässigkeit, falls sol-che Systeme zeitweilig ausfallen sollten, sowie um die Fähigkeit der Systemadministratoren, Probleme sofort zu beseitigen.

    Die Kontrolle über ein Datencenter zu haben, kann sich als vorteilhafter erweisen, besonders für missionskri tische Anwendungen. Es ist damit wahrschein licher, dass grosse Organisa-tionen wie Finanzdienstleistungsunternehmen anfangen werden, ihre eigenen, privaten Cloud-Infrastrukturen aufzubauen, die ihnen mehr Kontrolle über die ganze Systemumge-bung erlauben, und später einige der bewähr-ten Anwendungen auf einen externen Cloud-Betreiber migrieren.

    Trotzdem, nach Jahren enger werdender Korrelationen des Absatzes von Anwender-software mit dem BIP-Wachstum, dem Ein-kaufsmanagerindex (PMI) und der Beschäft i-gungs quote im Anschluss an das Platzen der Internet-Blase beginnen sich die Trends nun allmählich zu entkoppeln, wobei die Ausgaben für Unternehmenssoftware oder die gesamte IT die Konjunkturindikatoren bei Weitem überflügeln. Tatsächlich war 2011 für viele

    führende Anbieter ein starkes Jahr mit Blick auf die Anwendersoftwareausgaben, trotz der Kreditkrise in Europa, der erhöhten Arbeits-losigkeit in den Vereinigten Staaten und dem Erdbeben in Asien, denn sie verzeichneten gegenüber dem Vorjahr ein Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich. Wir gehen daher davon aus, dass viele Geschäftsführer ein gros-ses Bedürfnis haben, den Umsatz zu erhöhen, um die Zielvorgaben zu erfüllen, die Wartungs-kosten zu reduzieren und die Unflexibilität dieser älteren Systeme drastisch zu reduzieren und gleichzeitig eine Differenzierung über eine Anwendungsmodernisierung zu erreichen.

    Zudem erachten die Top-Manager die Volatili-tät im neuen Wirtschaftsumfeld als ihr gröss-tes Problem. Besonders im Zusammenhang mit komplexeren, schnelleren Bearbeitungs-zyklen wie Orders-to-Cash und Procure-to-Pay sowie Supply-Chain-Management wird eine Investition in Software zu einer Notwendig-keit. Die zunehmende Beliebtheit und Leis-tungsfähigkeit mobiler Geräte hat jüngst von den Erfolgen der Smartphone-Anbieter profi-tiert, das Mobile-Computing-Paradigma in Richtung einer «Consumerization» der IT neu zu definieren.

    Consumerization ist die Tendenz, dass sich IT-Produkte zuerst im Konsumentenlager durchsetzen, um sich dann in Unternehmen und Regierungsorganisationen auszubreiten. Die Mitarbeitenden wollen die neuen Geräte auch bei der Arbeit benutzen, und das Unter-nehmen muss bestehende Informationsres-sourcen einführen und in einer sicheren Weise zur Verfügung stellen. Viele Unternehmen erachten das Arbeiten von zu Hause aus oder unterwegs als Teil ihrer erweiterten Organisa-tionskultur. Bald müssen die Anwendungen notwendigerweise umdefiniert werden, um dem zunehmenden Bedarf an Flexibilität und Mobilität Rechnung zu tragen; dabei gilt es, die Lebenszyklusmuster vieler Anwendungen zu überdenken.

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    «Viele Unternehmen erachten das Arbeiten von zu Hause aus oder

    unterwegs als Teil ihrer erweiterten Organisationskultur.»

  • UBS outlookUBS outlook 2322

    Ausblick Herausforderungen und Chancen

    Angesichts der tief greifenden Umwälzun-gen im Informatiksektor stellt sich die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Software-Anbietern. Werden diese nur als Nischenplayer für spezifische Anwendungen oder innerhalb einer be-grenzten Marktregion überleben können? Oder haben sie das Potenzial, internatio-nal erfolgreich zu sein (und die Tornado-Stufe zu erreichen, siehe Artikel Seite 16)?

    Rückblickend war die Präsenz der Schweizer IT auf globaler Ebene nicht sehr bedeutend. So konnte kein Schweizer Unternehmen, mit Ausnahme von Logitech, in Silicon Valley eine Präsenz aufbauen, und keines von ihnen war eine Softwarefirma. Dennoch wurde hin und wieder ein sehr überzeugendes Start-up über-nommen, wie im Falle von Day Software, das von Adobe erworben wurde. Das Bild ist nicht viel eindrücklicher, wenn wir den Radius auf ganz Europa erweitern. Mit Ausnahme von vor allem SAP und Software AG konnte es keine europäische Softwarefirma mit den US-Blue-Chips aufnehmen. Warum aber ist das so?

    «Swiss Made Software – das Buch, Vol. I» sprach dieses Thema 2011 bereits an und er-klärte, warum US-Softwarefirmen einen Wett-bewerbsvorteil gegenüber Schweizer und europäischen Firmen haben. Einige Aspekte, welche die Autoren in dem Buch erwähnten, möchten wir hier gerne wiedergeben. Zualler-erst gibt es im Silicon Valley sehr viele Elite-Akademiker, die an den renommierten Univer-sitäten Stanford und Berkeley studiert haben. Kulturell bedingt wollen nicht sehr viele Infor-matiker für ein Start-up in unseren Breitengra-den arbeiten, besonders wenn sie einen «si-chereren» Job innerhalb einer IT-Abteilung eines multi nationalen Konzerns finden können. Viele IT-Leute, die ihr eigenes Start-up gegrün-det haben, waren vorher für eine etablierte Softwarefirma tätig. Dort haben sie die notwen digen Kompetenzen erlangt, bevor sie den Schritt ins Unternehmertum wagten. Hinzu kommt: Auch wenn jemand im Silicon Valley nicht sofort erfolgreich ist, so kann er sich

    doch auf die Unterstützung durch Risikokapi-talfirmen verlassen. Diese Firmen liefern jedoch nicht nur Kapital. Sie stellen auch Know-how zur Verfügung, wie man das Start-up erfolg-reich führt, bringen Talente in das junge Unter-nehmen und, wenn nötig, auch andere Inves-toren. Falls die Jungunternehmerin oder der Jungunternehmer gezwungen ist, eine Initiati-ve aufzugeben, bietet sich letztlich noch die Möglichkeit, anderswo eine zweite Chance zu nutzen, nur schon aufgrund der reichlich vorhandenen IT-Firmen und der Grösse des Marktes. Es bleibt anzumerken, dass im Silicon Valley Software-Ingenieure mit Charakterei-genschaften von Branchengrössen wie Steve Jobs, die sich in der IT-Szene austoben, nicht selten sind. Und dies dürfte im Silicon Valley noch lange der Fall sein.

    Chancen für Schweizer Software - unter nehmenAllerdings hat das neue Software-Paradigma als eine Dienstleistung (d.h. Cloud Computing) auch wichtige Barrieren beseitigt und so den Traum der Software-Engineering-Unternehmer, eine Firma mit internationaler Präsenz zu grün-den, realistischer gemacht. Nach dem bisheri-gen Software-Distributions-Modell einer Fir-ma, die im B2C-Geschäft tätig war, war eine lokale Präsenz nicht zwingend. Doch aufgrund der Bedeutung von Supportdienstleistungen, Installationen usw. wurde im bisherigen Soft-ware-Modell fürs B2B-Geschäft eine lokale Präsenz erforderlich, was enorme zusätzliche Anfangskosten mit sich brachte und eine gros-se Expansion ziemlich schwierig machte. Die-ser Support vor Ort ist heutzutage weniger wichtig, wie salesforce.com uns gezeigt hat. Im neuen Betriebsmodell gibt es auch keinen gesi-cherten Lieferantenstatus, denn die neuen Anwendungen sind abonnementsbasiert, und die Kunden können jederzeit entscheiden, ihr Abonnement nicht zu erneuern, falls sie mit der Lösung nicht zufrieden sind. Dies führt für die neuen Schweizer Software-Lieferanten zum Beispiel dazu, dass sie für ihre Lösungen in grösserem Masse rechenschaftspflichtig sind. Dieser Aspekt ist äusserst wichtig für sehr gro-

    Herausforderungen und Chancen Ausblick

    sse Unternehmen, bei denen die Wartefrist für die Genehmigung von neuen Lieferanten äu-sserst lang und hinderlich sein kann. In ähnli-cher Weise erfordert das neue Softwaremodell keine grossen Anfangs investitionen. Die Kosten für Online-Lösungen flies sen potenziell direkt in den Betriebsaufwand des Kunden ein – an-statt als Kapitalkosten betrachtet zu werden, bei denen es länger dauert, bis man sie über-wälzen kann, wie Concur Technology. Veraltete Lösungsanwendungen werden schnell erneu-ert. Der Grund dafür ist, dass die Entwickler eher auf das fokussiert sind, was als Nächstes kommt, statt etwas Neues zu programmieren, das auf älterem Code aufbaut. Neue Anbieter können auch schneller die sich bietenden Ge-legenheiten nutzen, denn sie verwenden jetzt die gleiche Technologiearchitektur wie die besten Consumer-Web-Unternehmen, darun-ter eBay, Google und Yahoo, was das gleiche Niveau kontinuierlicher Innovation ermöglicht.

    Aussichtsreiche Schweizer AnbieterEinige herausragende Unternehmen im Schwei-

    zer Softwaremarkt haben das Potenzial, sich als Global Player zu etablieren und internatio-nal anerkannt zu werden. Appway, zum Bei-spiel, hat von Anfang an die Art und Weise vollkommen «ignoriert», wie die grössten Soft-ware-Lieferanten der Welt ihre Angebote in gesondert aufgelegte Angebotspaletten (z.B. Module) aufteilen, indem das Unternehmen seine eigene komplexe, geschäftskritische Un-ternehmenssoftware entwickelt, welche die nahtlose Benutzererfahrung anstelle separat aufgelegter Module als Kern aufweist. In der Tat hat Appway vom Zeitpunkt der Systemein-richtung bis zur Runtime eine 100%ige Brow-serstrategie implementiert. Dadurch kann von einer normalen Desktopworkstation oder di-rekt von der Cloud aus mit mobilen Geräten auf die Applikation zugegriffen werden. Ferner können Unternehmen, die Appway einführen, die Umstellung aus langfristigen Entwicklungs-zykluslösungen, die auf unveränderten Lang-zeiteinsatz ausgelegt waren, hin zu inkrementell aufgebauten, verteilten und laufend weiterent-wickelten Applikationen vollziehen. Damit bringt

    Exkursion ins Land der Schweizer Software

    Cesare ValeggiaAnalyst, UBS AG

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    ages

    «Einige herausragende Unternehmen im Schweizer Softwaremarkt,

    wie z.B. Appway, haben das Potenzial, sich als Global Player zu

    etablieren.»

  • UBS outlookUBS outlook 2524

    Appway eine Software auf den Markt, die bes-ser auf komplexe Organisationen wie Finanz-institute – den Hauptmarkt des Unternehmens – zugeschnitten ist. Die Treiber sind kontinuierli- che Verbesserung und konstante Veränderung.

    Das Unternehmen stellt viele vorprogrammierte und bereits gebündelte Lösungen für die unter-schiedlichen Märkte und Segmente im Finanz-dienstleistungssektor bereit. Diese portierbaren Appway-Resource-Templates sind Ausgangs-punkt für die massgeschneiderte Anpassung. Neue Software muss folglich flexibel genug sein, um auf neues Geschäftsverhalten und veränderte Endbenutzermuster wie etwa Geräte mit berührungsempfindlicher Oberfläche ange-passt zu werden. Doch dies erfordert einen neuen, unterschiedlichen Ansatz, Software zu programmieren und anzuwenden – und genau hier kommt Appway ins Spiel. Die Buchstaben im Namen «Appway» haben folgende Bedeu-tung: «A» steht für «application/Anwendung», das erste «p» steht für «process/Prozess», das zweite «p» bedeutet «platform/Plattform», und «way» («Art und Weise») steht für kontinuierli-che Verbesserungen.

    Appway bedient Kunden auf der ganzen Welt, von Japan und China bis Europa und Nordamerika, einschliesslich Hawaii. Aller-dings wird der Grossteil ihres Geschäfts an den Finanzplätzen der Welt wie Zürich, Genf, London, Singapur, Tokio, Toronto und New York abgewickelt. Die Einsätze umfassen Ver-mögensverwaltungsboutiquen bis zu den grössten Banken der Welt.

    Bei der Entwicklung von Applikationen für den Konsumentenbereich spielen zusätzliche Hardware-Funktionen wie eingebaute Kame-ras, Ortungsmöglichkeiten (GPS) oder die Erhöhung der Bandbreitenkapazität eine wichtige Rolle. Wemlin von Netcetera bei-spielsweise ist eine einfache und intuitive Applikation für Apple-Benutzer, die einhändig bedient werden kann und äusserst praktisch ist, wenn man unterwegs ist und öffentliche Verkehrsmittel benutzen möchte. Das Pro-

    gramm teilt dem Reisenden auf Grundlage seines aktuellen Standorts mit, wo sich die am nächsten gelegenen Zughaltestellen befinden. Darüber hinaus bietet es eine übersichtliche Liste der nächsten Abfahrtszeiten an einer bestimmten Haltestelle sowie weiterführende Informationen zu den Umsteigehaltestellen und Verbindungen. Das Programm Netcetera NeTS hilft Bahninfra-strukturbetreibern dabei, die steigenden An-forderungen im Passagier- und Güterverkehr zu erfüllen, indem es die Kapazitäten ihrer Infrastrukturen effizient nutzt und die Fahr-pläne optimiert. Speziell für den Finanzbereich hat Netcetera MyCardaccount entwickelt. Mit dem Pro-gramm gestaltet sich die Verwaltung von Kreditkarten so einfach wie Online-Banking. Beispielsweise teilt MyCardaccount dem Be-nutzer mit, ob ein kürzlich getätigter Kauf vom Konto abgebucht wurde oder ob die Limite ausreicht. Und da die Applikation mobil ist, können derartige Informationen unter-wegs abgerufen werden, ohne dass man bis zum Abend oder gar bis zum Ende des Ur-laubs warten muss. Wichtige Wachstumstreiber für Netcetera sind Grossunternehmen sowie der Bankensektor im Speziellen. Die heutigen Software-Lösun-gen für Banken sind oftmals rudimentär und nicht mehr auf dem neuesten Stand der Tech-nik. E-Banking hat den Zahlungsprozess zwar mitunter wesentlich beschleunigt und zu einer deutlichen Verringerung der Kosten im Mid-dle- und Backoffice von Banken beigetragen. Dies ist jedoch erst der Anfang. Was aktuelle Banking-Plattformen beispielsweise noch nicht bieten, ist eine Steuerberatung für Ein-zelpersonen, bei der alle Variablen berücksich-tigt werden, welche sich auf die individuelle Steuererklärung auswirken. Ausserdem kön-nen wir in Zukunft erwarten, dass auf die Anlageziele von Kunden zugeschnittene Port-foliolösungen besser überwacht und die meis-ten Interaktionen effektiver ausgeführt wer-

    den können – auch von entfernten Standorten aus. Mobile Geräte haben auch die Benutzer-schnittstelle wesentlich verbessert. So hat sich das Niveau, auf dem umfassendere geschäftli-che Trans aktionen auf praktische und produk-tive Weise abgewickelt werden können, merk-lich erhöht. Kurzum: Für Grossbanken können Software-Verbesserungen zu einem Unter-scheidungsmerkmal und zu einem Geschäfts-treiber werden. Und Netcetera könnte für sie in diesem Bereich zu einem wichtigen Partner werden.

    Abacus mit seinem umfassenden Aba-shop hat sich als wichtiger Schweizer ERP-Lieferant etabliert, der eine breite Palette von Buchhal-tungslösungen anbietet. Diese beinhalten Produkte für die ganze Bandbreite von den Front-Office- bis zu den Back-Office-Abteilun-gen. Die ERP-Produktsuite ist so konzipiert, dass die Verwaltung aller Unternehmensakti-vitäten optimiert werden dürfte. Diese «ERP-Werkbank» kann mittels Hinzufügen neuer oder Weglassen bestehender Optionen indivi-duell auf die richtige Grösse angepasst wer-den. Die Tatsache, dass sie skalierbar ist, macht sie zur perfekten Lösung für Unterneh-men jeder Grösse. Wie die Suite besteht sie aus mehreren Modulen, die jederzeit eine Expansion unterstützen. Abacus ist es stets gelungen, erfolgreich und mit dem nötigen Geschick massgeschneiderte Produkte für den Immobilien- und Tiefbausektor zu entwickeln. Indem die Firma relativ früh im Markt agiert und mit Fachleuten von Tiefbaufirmen zusam-mengearbeitet hat, genoss sie natürlich den Vorteil, erster Akteur in der Branche zu sein. Dieser kann nicht so einfach von anderen Mitbewerbern reproduziert werden. Wie die meisten etablierten Firmen hat das Unterneh-men auch angefangen, unter dem Namen «Abacus vi» eine Internetversion seiner Pro-dukte anzubieten. Diese erlaubt es den An-wendern, die Abacus-Produkte online zu nut-zen, was den Implementierungsprozess vereinfacht. Die Expansion seines Produkt-angebots über mehrere Marktsegmente und die Fähigkeit von Abacus, zeitgemässe

    Lösungen anzubieten, dürften dem Unterneh-men ermöglichen, in den kommenden Jahren ein robustes Umsatzwachstum zu erzielen.

    Auf dem Weg zur globalen PräsenzDer IT-Sektor ist Wellen von Transformationen gefolgt, und zuweilen wirkten tief greifende Kräfte auf ihn ein. Unlängst sprengte das Cloud Computing das klassische Software konzept. Die Unternehmen haben Cloud-Lösungen als Methode angenommen, um die Abhängigkeit von kostspieligen Softwarelösungen zu redu-zieren, ihre Fixkosten zu senken und ihre Res-sourcen besser zu verwalten. Trotz des ver-ständlichen anfänglichen Widerstands aufgrund geringerer Datensicherheit hat die Akzeptanz der Cloud auch in der Schweiz deutlich zuge-nommen. Smartphones und Tablet-PCs über-holen den Browser, und die Apps dominieren zunehmend. Der klassische Desktop verliert deshalb schnell an Boden. Dies schafft eine Ausgangslage, in der sogar einigen Schweizer Software-Start-ups (wie Appway oder Netcete-ra) die Chance winkt, sich eine globale Präsenz zu sichern.

    Ausblick Herausforderungen und Chancen Herausforderungen und Chancen Ausblick

    «Entweder die Banken nutzen den Wandel gezielt als

    Chance, oder sie werden von ihm eingeholt.»

    Mike Franz, Head of Sales & Business Development, Netcetera

    «Die neue Kundengeneration stellt für Banken und

    ihre IT eine grosse Herausforderung dar.»

    Andrej Vckovski, CEO Netcetera

  • UBS outlookUBS outlook 2726

    Ausblick Herausforderungen und Chancen

    «Es gibt heute nur gerade einen IT-Bereich, in dem die Schweiz weltweit führend ist»Mit Ruedi Noser sprachen Cesare Valeggia und Pierre WeillFotos: Linda Sutter

    Ausbildungsplätze schaffen, sich für offene Grenzen einsetzen und vermehrt Präsenz auf dem politi-schen Parkett in Bern markieren. Das sind die wichtigsten Ziele von ICTswitzerland, der Dachorganisa-tion der wichtigsten Verbände und Organisationen des schweize-rischen Informatik- und Telekom-sektors. Dies sagt der Präsident des Dachverbandes, Ruedi Noser, im Interview.

    Ruedi Noser, als Präsident von ICTswitzerland und Eigentümer der Noser Gruppe, was sind die wichtigsten Probleme der IT-Bran-che in der Schweiz?Ruedi Noser: Da gibt es drei Punkte. Erstens haben wir eine Ausbildungs-pflicht, die wir erfüllen müssen. Wir können nicht nur die politische Forde-rung nach offenen Grenzen stellen, um Mitarbeitende aus dem Ausland engagieren zu können, wenn wir

    selbst verglichen zur Maschinen- und Elektroindustrie wenig Ausbildungs-plätze anbieten. ICTswitzerland lan-ciert eine Initiative, damit innerhalb der Informatik mehr für die Berufs-ausbildung unternommen wird. Zwei-tens wollen wir uns dafür einsetzen, dass die Grenzen offen bleiben. Doch kann es nicht das Ziel sein, 100 000 Arbeitnehmende beispielsweise aus Indien in die Schweiz zu holen. Gewis-se Dinge kann und will man in der

    Herausforderungen und Chancen Ausblick

    Schweiz machen, andere kann man nach Indien, China und die USA aus-lagern. Schliesslich müssen wir drit-tens unsere Präsenz auf dem politi-schen Parkett in Bern verbessern. So wie wir jetzt als Branchenvertreter arbeiten, sind wir nahezu inexistent in der Bundespolitik.

    Aber Sie sind doch als Nationalrat, ICTswitzerland-Präsident und Unternehmer ein geeigneter Bran-chenvertreter.Dies mag schon sein, doch bin ich der einzige Parlamentarier aus der IT-Branche auf Bundesebene, und in vielen Kantonen sieht es ähnlich aus. Wir müssen uns stärker einbringen bei Themen wie E-Health (Vernetzung der Beteiligten und Verbesserung der Abläufe im Gesundheitswesen) und E-Democracy (elektronische Verbin-dung zwischen staatlichen Institutio-nen und Bürgerinnen und Bürgern). Die Schweiz ist das einzige Land, das jetzt ein E-Health-Gesetz einführt, wir machen eine Government Cloud (sicheres Verwalten und Speichern für Verwaltung). Derzeit läuft eine Ver-nehmlassung zu diesen Themen und ich befürchte, dass die Prozesse in der Politik länger dauern werden, als diese Technologie überhaupt bestehen wird. Da braucht es mehr Einfluss von Exper-ten. Ein anderer Teilbereich betrifft den Datenschutz, der in der Schweiz ein sehr heikles Thema ist. Bei diesem auch für die Wirtschaft wichtigen Thema muss man die richtige Balance zwi-schen allen Interessengruppen finden.

    Welche Massnahmen haben Sie ergriffen, um ICT effizienter zu machen?Wir haben die Statuten geändert, sodass wir in Zukunft mehr Mittel zur Verfügung haben. Neu können grosse Unternehmen Direktmitglied von ICT-switzerland werden. Dies war bisher nicht möglich. Als Dachorganisation der wichtigsten Verbände und Orga-nisationen des schweizerischen Infor-matik- und Telekomsektors nahm ICTswitzerland früher nur Verbände als Mitglieder auf. Bisher hatte ICT-

    switzerland nicht einmal ein ausge-bautes, professionelles Sekretariat. Dies ist nicht haltbar für eine Branche mit ähnlich grosser Wertschöpfung wie die Chemie oder die Versicherun-gen. Wir brauchen eine Struktur, damit die politische Vertretung der Branche auch funktioniert, wenn ihr Präsident nicht Nationalrat ist.

    «Wir müssen in der Schweiz mehr 16-Jährige für unsere Branche begeistern, sodass wir zu einer Erst-ausbildungsbranche werden und keine Zweitausbildungs-branche bleiben.»

    Tatsächlich ist die IT-Branche mit 170 000 Mitarbeitenden eine der grössten Arbeitgeberinnen in der Schweiz. Dennoch ist sie in der Politik schlecht vertreten, beispiels-weise verglichen mit der Landwirt-schaft. Bei leicht weniger Beschäf-tigten sind es dort 28 Bauern respektive der Landwirtschaft nahe stehende Nationalräte. Warum?Ein Grund ist, dass über zwei Drittel der IT-Angestellten nicht in einer Fir-ma arbeiten, deren Hauptprodukt IT ist. Man denke an die Finanzindustrie, Nestlé oder die Pharmabranche. Ein grosser Teil der IT-Bereiche wird gar nicht als IT wahrgenommen. Ein wei-terer Grund ist, dass internationale Konzerne einen grossen Teil der IT-Branche in der Schweiz ausmachen. Diese mischen sich nicht in die schwei-zerische Politik ein. Schliesslich gibt es noch eine kleine, aber wachsende Zahl von IT-Unternehmen, die in der

    Schweiz gegründet wurden. Diese sind allerdings noch relativ klein. Es gibt sehr wenige derartige Firmen mit mehr als 300 Mitarbeitenden. Ich weiss nicht, ob es zehn gibt, wenn man Swisscom und andere Kommuni-kationsriesen nicht dazu zählt, son-dern sich auf IT-Unternehmen im engeren Sinne beschränkt. Sie finden keine Firma mit 1000 Mitarbeitenden, die in der Schweiz gegründet wurde.

    Zählt Ihre Firma, die Noser Gruppe zu den grössten IT-Firmen in der Schweiz? Wir beschäftigen zurzeit rund 500 Personen, womit wir sicher zu den zehn bis zwanzig grössten Schweizer Unternehmen zählen.

    Die Schweiz hat proportional zur Bevölkerung am meisten Computer in Europa, beim Informatikeinsatz liegt sie auf Rang zwei, und doch spricht man von Nachwuchsproble-men. ICTswitzerland schätzt, dass bis 2017 rund 32 000 zusätzliche Informatikerinnen und Informati-ker fehlen werden. Warum dieser Mangel?Jährlich gehen 6000 IT-Spezialisten in Pension, aber wir bilden höchstens 3500 Lernende pro Jahr aus. Da stellt sich die Frage, wie wir die entstehende Lücke von 2500 schliessen können, dabei ist das mögliche Wachstum nicht einmal mitkalkuliert. Bisher konnten wir die Lücke mit Fachleuten aus dem Ausland sowie mit Quereinsteigern füllen. Wir müssen uns allerdings fra-gen, ob wir als Branche geeignet sind, um Quereinsteiger zu beschäftigen.

    Wo liegt das Problem?Wir können nicht behaupten, dass diejenigen Mühe haben werden, sich in die Informatik einzuarbeiten, die sich nicht schon in jungen Jahren mit der Materie befasst haben, und uns gleichzeitig auf Quereinsteiger abstüt-zen. Wir müssen in der Schweiz mehr 16-Jährige für unsere Branche begeis-tern, sodass wir zu einer Erstausbil-dungsbranche werden und keine Zweitausbildungsbranche bleiben.

  • UBS outlookUBS outlook 2928

    Ausblick Herausforderungen und Chancen

    Anstatt also zuerst zum Beispiel eine kaufmännische Lehre zu absolvieren, mit dem Gedanken später in die IT-Branche einzusteigen, müssten Ju-gendliche vermehrt ihre Ausbildung in der IT-Branche beginnen.

    Dabei ist heute alles IT: Smart-phone, Computer, Pads und so weiter. Wieso interessieren sich junge Menschen nicht vermehrt für eine Ausbildung in diesem Bereich?Unser Problem ist nicht, dass die jun-gen Menschen nicht wollen, unser Problem ist, dass wir zu wenig Ausbil-dungsplätze haben. Wir müssen die Branche dazu bewegen, den 16-Jähri-gen Lehrstellen anzubieten und sie einzustellen. Die Teilnahme von 16-, 17-Jährigen an einem Projekt ist eine Bereicherung. Dies zeigt sich nur schon darin, wie sie Fragen stellen und eine Sache angehen, auch wenn sie von der Materie her noch nicht alles begreifen. Unternehmer sollten die Lehrlingsausbildung nicht nur als Kostenfaktor betrachten. Vielmehr hilft die Lehrlingsausbildung dem Unternehmen, am Puls der Zeit zu bleiben. Lehrstellen anzubieten, moti-viert gleichzeitig die Mitarbeitenden, da viele auch Eltern sind und sich für ihre Kinder gute Ausbildungsplätze wünschen.

    Viele IT-Unternehmen entspre-chen nicht den typischen kleinen und mittleren Unternehmen, wie wir sie in der Schweiz kennen.Das stimmt. Da gibt es kleine Unter-nehmen, die Games entwickeln, die sie sofort in der ganzen Welt anbieten können. Eine Grossbank mit 60 000 Mitarbeitenden weltweit kann eine solche Dynamik nicht bie-ten, da zuerst eine Unzahl regulatori-scher Fragen gelöst werden muss.

    Denken Sie an Doodle, die ihr Ter-minfindungstool auf einen Schlag weltweit anbieten konnten. Das ist eine von Kreativität sprühende, in gewissem Sinne gar wilde Indust-rie. Dies macht die Branche für viele Menschen derart attraktiv.

    Wie kann eine kleine Firma gegen-über den grossen Unternehmen bestehen?Die Entwicklung ist vergleichbar mit jener in der Pharmabranche. Die Gros-sen forschen und entwickeln selber, doch kaufen sie neue Produkte auch bei kleinen spezialisierten Unterneh-men ein. So läuft es auch in der IT-Branche.

    «Die IT-Branche ist eine von Kreativi-tät sprühende, in gewissem Sinne gar wilde Industrie.»

    Sind Sie mit Blick auf die Schweizer IT-Unternehmen zuversichtlich?Punkto Kreativität, Ideenreichtum und Motivation müssen wir uns nicht einmal vor Silicon Valley verstecken. Selbstverständlich ist es nicht einfach, ein neues «Google» zu entwickeln. Doch kann ein Grosskonzern genau so erfolgreiche Entwicklungen lancieren wie ein kreativer Chaot. Es ist er-staunlich, was in der Schweiz erreicht wurde, wenn man bedenkt, dass die Lync-Technologie zur Optimierung der Unternehmenskommunikation von Microsoft in der Schweiz entwickelt wurde, wenn man weiss, wie viel Schweizer Technologie in Google

    Maps steckt oder was Doodle erreicht hat, und man bedenkt, dass die Basler Softwarefirma Day Software von Adobe gekauft wurde. Viele Schwei-zer Firmen haben den Weltmarkt be-einflusst. Allerdings werden zahlreiche Firmen schnell aufgekauft. Es gibt wenige, die unabhängig bleiben.

    Wie erklären Sie sich dieses erfolgreiche Wirken?Einerseits legt die Schweiz Wert auf eine gute Ausbildung, dazu kommt die enge internationale Verknüpfung. Der Schweizer Forschungsplatz ist international gut positioniert und die Jungen werden aufgrund der zahl-reichen ausländischen Studierenden und Arbeitnehmenden sehr schnell international gefordert. Die Schwei-zer entwickeln sehr viele Anwendun-gen im App-Bereich und im Bereich Sicherheit.

    Was hindert den Fortschritt in der IT in der Schweiz?In gewissen Bereichen wie dem Ge-sundheitswesen ist alles verboten, was nicht explizit erlaubt ist. Dies ist nicht sehr innovationsfreudig, man müsste sagen, was nicht gesetzlich verboten ist, ist erlaubt, und nicht umgekehrt. So sollte jede und jeder individuell entscheiden dürfen, welche Informa-tionen zum Gesundheitszustand die Krankenkassen erhalten dürfen. Bei uns wird dies aber gesetzlich für alle grundsätzlich verboten. Da müssten wir mehr Mut haben, und den einzel-nen mehr Verantwortung überlassen. Dieses defensive Verhalten bremst auch die Forschung.

    Die technische Entwicklung er-zwingt aber oft eine Anpassung?Ja, aber diese kommt oft vom Ausland und wird einfach von der Schweiz übernommen. Solange wir nur immer

    Herausforderungen und Chancen Ausblick

    übernehmen, ohne selbst voranzu-gehen, wird aus der Schweiz aber nie ein Weltmarktführer. Dabei sollten wir vermehrt auch die Marktführerschaft anstreben. Es gibt heute nur gerade einen Bereich, in dem die Schweiz weltweit führend ist, das sind Daten-zentren. Hier sind wir, pro Kopf ge-messen, Weltmarktführer.

    Wie kommt das?Wir haben noch immer relativ tiefe Energiekosten und eine hohe Rechtssi-cherheit, insbesondere bei den Daten. In der Schweiz müssen bestimmte Prozesse eingehalten werden. Auf Daten zugreifen kann man nur, wenn man erfolgreich ein Rekursverfahren geführt hat.

    Wenn wir die Schweiz anschauen – ist Zürich ein IT-Cluster?Da muss man Zürich und den Arc lémanique als gleichwertig anschau-en. Die IT-Unternehmen in den zwei Regionen machen zwar nicht genau dasselbe, aber sie sind sicher gleich-wertig. Dabei spreche ich von den Regionen Genf-Lausanne und Zürich-Basel, das sind die zwei Schwerpunk-te. Beide Regionen sind gross genug, um in Europa eine Rolle spielen zu können.

    Der Geschäftsverlauf der IT-Branche war seit jeher sehr zyklisch. Bleibt dies so?Ja, denn die Branche lebt von Ent-wicklungen, die Halbwertszeit von Soft- und Hardware ist sehr kurz. Entsprechend erfolgt eine Nachrüs-tung auf breiter Front, worauf wieder eine Beruhigung eintritt. Jetzt erleben wir ein Riesenhype im Bereich Social Media Mobile. Ich bin überzeugt, dass wir da bereits eine Überhitzung ha-ben. Der Konsument wird nicht bereit sein, dafür Geld zu zahlen, und die

    Werbung wird dann auch nicht die erhofften Einnah-men bringen. Möglicherwei-se führt die Erfahrung, die Facebook mit dem Börsen-gang gemacht hat, zu einer weicheren Landung.

    Ein Problem, das an Bedeutung gewinnt, ist die Sicherheit von Applikationen.Das ist ein Problem, doch stellt sich die Frage, worin der Unterschied zwischen der realen und der virtuellen Welt liegt. Jede und jeder fühlt sich sicherer, tagsüber auf einer belebten Strasse Geld am Bankomaten abzu-heben als mitten in der Nacht, wenn die Strasse leer ist. Am Computer ist die Situation ähnlich. Auch dort muss man sein Verhalten anpassen, um zu vermeiden, Opfer krimineller Machen-schaften zu werden. Der Unterschied zwischen der realen und der virtuellen Welt ist der, dass die Nutzer sich in der virtuellen Welt nicht oder noch nicht be-wusst sind, dass die Techno-logie kriminelles Verhalten nicht verhindern kann. Die Konsumenten tragen auch Eigenverantwortung. Sicher-heit ist nicht nur eine techni-sches Problem, sondern auch kulturell bedingt, und kann durch das Verhalten beein-flusst werden. Wir haben Airbags, Fussgängerstreifen und Verkehrsampeln, doch ist jeder Einzelne dafür ver-antwortlich, dass er keinen Unfall verursacht.

    Unternehmer, Branchenvertreter und NationalratRuedi Noser (51) ist diplomierter Elektro-ingenieur und Unternehmer. Er ist Inhaber der Noser Gruppe, Präsident von ICTswit-zerland, der Dachorganisation der wichtigs-ten Verbände und Organisationen des schweizerischen Informatik- und Telekom-sektors, und sitzt seit 2003 im Nationalrat (FDP/ZH). Zur Noser Gruppe gehören meh-rere Firmen in der Schweiz, Deutschland und Kanada mit insgesamt annähernd 500 Mitarbeitenden und einem jährlichen Umsatz von rund 80 Millionen Franken. Die Gruppen kompetenz liegt im Bereich Telekommunikation und Informatik.

  • UBS outlookUBS outlook 3130

    Name, Adresse, Kreditkartennummer eingeben und rasch mit einem Code be-stätigen: Wer im Internet einkauft, ver-traut darauf, dass seine Daten vertraulich behandelt werden und dass die im Voraus per Kreditkarte bezahlten Bücher, Flug-tickets oder Gartenmöbel umgehend ge-liefert werden. Doch nur wenigen Nutzern ist bewusst, dass sie die Sicherheit ihrer Daten selbst beeinflussen können.

    Mit jeder Transaktion wächst der Berg an ge-sammelten Kundendaten auf den Servern der Unternehmen. Diese sind gefordert, die riesige Masse an Kundeninformationen, die ihnen elektronisch übertragen werden, sicher und vertraulich aufzubewahren. Denn mit der Men-ge an sensiblen Daten, die es zu stehlen gibt, haben auch die Versuche und Methoden zuge-nommen, widerrechtlich an diese zu gelangen.

    Jedes Unternehmen kann das Ziel einer digita-len Attacke werden, wobei Grossunternehmen besonders gefährdet sind. Einige dieser Angriffe sind branchenspezifisch. So ziehen elektronische Angriffe auf Chemie- und Pharma-Unterneh-men eher auf den Diebstahl von Geschäfts-geheimnissen ab, während in der Unterhal-tungsbranche Urheberrechtsverletzungen die Hauptrolle spielen. Allgemein gilt: Branchen mit grossen Vertragsvolumen und spezifischem technischem Know-how wie zum Beispiel die Maschinenindustrie oder der Flugzeugbau wer-den öfter zum Ziel von Industriespionage. Auch der Bankensektor ist von bestimmten Formen der Internetkriminalität stärker betroffen, bei denen sich Hacker durch Phising, Banktrojaner und andere Methoden des Computerbetrugs (siehe auch Box) Zugriff auf Finanztransaktionen und Vermögen verschaffen.

    Vielfältige Malware, sorglose NutzerHacker sind agil. Im Wettlauf mit ihren legalen Gegenspielern in den Unternehmen und bei der Polizei entwickeln sie ihre Methoden, um neue Technologien und verbesserte Schutz-mechanismen angreifen und überwinden zu können.

    Schädliche Software – sogenannte Malware – kann zwei Ziele haben: Geld oder Information entwenden oder die Kontrolle über ein Gerät übernehmen. Beide Phänomene nehmen der-zeit stark zu.

    Weil private Nutzer eher sorglos mit dem Thema Internet-Sicherheit umgehen – ausser sie haben bereits aus Schaden gelernt –, liegt es vor allem an den Unternehmen, sicherzustel-len, dass ihre Kunden oder sie selber nicht zu Schaden kommen. Die effektive Anzahl von Angriffen auf Firmennetzwerke ist nicht be-kannt, da die betroffenen Unternehmen meist kein Interesse daran haben, publik zu machen, dass sie das Ziel einer kriminellen Attacken geworden sind.

    IT-Security: ein wachsender MarktDer weltweite Markt für IT-Security beläuft sich heute auf 32 Mrd. USD. Darunter fallen sämtli-che Ausgaben für Software und Hardware, nicht mit eingerechnet sind jedoch Beratungs-dienstleistungen. Diese dürften noch einmal für rund 10 Mrd. USD zusätzlichen Umsatz sorgen. Der Sicherheitsmarkt wächst derzeit mit rund 9% jährlich und dürfte in den kom-menden Jahren weiter kräftig zulegen. Aller-dings wird diese eindrückliche Wachstumsrate dadurch relativiert, dass Unternehmen, gemes-sen an den Gesamtausgaben für Informations-technologie, durchschnittlich nur gerade etwa 2% für die Sicherheit ausgeben. Bei Banken und Versicherungen liegt dieser Anteil höher.

    Mit der wachsenden Bedrohung durch Cyber-Kriminelle werden auch die Ausgaben für IT-Sicherheit zunehmen, nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zum gesamten IT-Budget. Vor allem Hacker aus China stellen ein Bedrohung dar – aufgrund ihrer schieren Anzahl, aber auch weil sie besonders geschickt agieren. Gleichzeitig nehmen aber auch die Regulierung und die Anforderungen an die Vertraulichkeit von Daten und an die Daten-sicherheit zu. Auch das bedingt Investitionen und somit höhere Kosten