Warten bis das Wasser kommt? - Armutsbekämpfung in Zeiten des Klimawandels
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Warten, bis das Wasser kommt?Armutsbekämpfung in Zeiten des Klimawandels
Dr. Fabian Scholtes, ZEFDr. Anna-Katharina Hornidge (Fallstudie Indonesien), ZEF
HerAuSgeber: CAre DeutSCHlAnD-luxemburg, Zentrum Für entwiCKlungSForSCHung (ZeF), 2009
Warten, bis das Wasser kommt?Armutsbekämpfung in Zeiten des Klimawandels
CARE 3
Vorwort 4 Zusammenfassung 6
i. einleitung: Klimawandel und Armutsbekämpfung sind untrennbar 7 ii. Klimawandel 9
II.1 KlimatischeAuswirkungenderglobalenErwärmung 9
II.2 PhysischeAuswirkungenjenseitsvonKlimaveränderungen 11
II.3 FolgeeffekteundExtremwirkungendesKlimawandels:RückkopplungenundKippelemente 13
II.4 AuswirkungenaufWirtschaftundGesundheit 14
iii. mit welchem Klimawandel und welchen Folgen ist in Zukunft zu rechnen? 15
III.1 GlobaleProjektionen:Folgen 18
iV. Klimawandel und Armutsbekämpfung 18
IV.1 Klimawandel,ArmutundArmutsbekämpfung:welcheBeziehungengibtes? 18
IV.2 AnpassungandieFolgendesKlimawandels 21
IV.3 FörderungvonWiderstandsfähigkeit 22
IV.4 KriterienerfolgreicherAnpassungsmaßnahmen 23
IV.5 Maßnahmen 25
V. Armutsbekämpfung und lebenssicherungsstrategien: Fallbeispiele und lektionen 27
V.1 KleinbauerninTansania:SpezialisierungundUnabhängigkeitvonderLandwirtschaft 27
V.2 MikroversicherungeninIndien:ArmesichernsichselbstgegenRisikenab 29
Vi. Fallstudie west-timor, indonesien 31
VI.1 AuswirkungendesKlimawandelsin(Ost-)Indonesien 31
VI.2 Toineke,Westtimor:WirtschaftundGesellschaft 31
VI.3 LokalwahrnehmbareFolgendesKlimawandels 32
VI.4 Bewältigungs-undAnpassungsstrategien 35
VI.5 Toineke:EinBeispielfürdasLebeninArmutunterBedingungenvonKlimawandel 41
Vii. empfehlungen: Armutsbekämpfung in Zeiten des Klimawandels 42
Literaturverzeichnis 44
Impressum 46
Inhalt
4 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
erKlimawandel stellt fürdieMenschheit ein,wieUlrichBeckesnennt,globalesRisikodar,und
prägt unsere Gegenwart und Zukunft in einem bisher unterschätzten Ausmaß.Während Länder
desnordensvornehmlichzudenKlimawandel-Verursachernzählen,treffeneinigederFolgendieLänder
desSüdensproportionalstärker.dieserelativstärkereBetroffenheitwirdauchdurchdiehöherenaturab-
hängigkeitvielerMenschen inEntwicklungsländernbedingt.dabei sinddiejenigenbesonderenRisiken
ausgesetzt, dieweder Verursacher des Klimawandels, nochnutznießer der Errungenschaften sind, die
zurVeränderungdesWeltklimasbeitragen.ArmeMenscheninEntwicklungsländernsindgezwungen,auf
UmweltproblemewiedürreundÜberschwemmungen,WasserknappheitundveränderteRegenzeitenzu
reagieren,diesiekaumnochkalkulierenkönnenunddiezueinerstetigenZunahmevonUnsicherheitfüh-
ren.EntsprechendsteigtderBedarfnachinter-undtransdisziplinärerarbeitetenForschungsergebnissen,
diealsPlanungshilfendienenkönnen.
das Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) derUniversität Bonnwill durch seinen interdisziplinären
ForschungsansatzzurArmutsbekämpfungundnachhaltigerEntwicklungbeitragen.demZEFgehtesauch
darum, lokaleLösungenzufinden,umglobalverursachtenProblemenzubegegnenunddenaktuellen
ForschungsstandmitdemWissenunddenErfahrungenderMenschenvorOrtzuverbinden.dievorlie-
gendeStudiemachtsichebendieseIntegrationvoninterdisziplinärerForschungserfahrungimEntwick-
lungskontext(ZEF)undarmutsorientierter,praktischerEntwicklungszusammenarbeit(CARE)zurAufgabe.
Alssolchegelingtesihr,denmomentanenStandderForschungzuKlimawandelundArmutsbekämpfung
aufzuarbeitenundmitdemlokalenWissenundvorOrtentwickeltenInnovationenderMenscheninOst-
Indonesienzuverbinden.
MitdieserStudiewollenCAREundZEFdaherauchdieRichtungaufzeigen,inderinZukunftForschungin
ZusammenarbeitmitOrganisationenderArmutsbekämpfungaussehenkann–dennnurwennpraktisches
undwissenschaftliches, lokalesundgrenzüberschreitendesWissenzusammenfinden,werdendieanste-
hendenAnpassungenandieFolgenvonKlimawandelAussichtenaufErfolghaben.
Prof.dr.SolvayGerke
direktorinZEF,AbteilungpolitischerundkulturellerWandel
Vorwort
D
CARE 5
limawandel vollzieht sich global, heftig und unmittelbar – vor allem für die ärmstenMenschen
derWelt,dieamwenigstenfürdieUrsachenverantwortlichsind.derdurchmenschlicheAktivitäten
beschleunigteKlimawandelverändertdieüberkommenenAbläufevonWetterphänomenenwiedürren,
Fluten undWirbelstürmen. Allgemeinwird davon ausgegangen, dass der Klimawandel die Armut ver-
schärft.AberistdieseAnnahmeauchfundiert?WiegenausehendieZusammenhängeausundwasbedeu-
tetdasfüreineOrganisationwieCARE,dieweltweitgegenArmutankämpft?
ZielderhiervorgelegtenStudieistes,einenÜberblicküberdenStandderdiskussionzurArmutsbekämp-
fungvordemHintergrunddesKlimawandels zugeben.dabeihabendieAutorendieZusammenhänge
konkretuntersuchtundsinddenFragestellungenmitHilfeeinerFallstudieinIndonesiennachgegangen.
Siewählten bewusst ein Land, das besonders vomKlimawandel betroffen ist, aber gleichzeitig als ein
VerursacherderglobalenErwärmungimBlickfeldsteht.Eswirddeutlich:derKlimawandelerschwertdie
Armutsbekämpfung.Undesistzubefürchten,dassimmermehrMenschendurchdiesichänderndenUm-
weltbedingungenindieArmutabrutschen.
derhumanitäreAuftragderSicherungderLebensgrundlagenderMenschenziehtsichals„roterFaden“
durchdieStudie,dennderkleinstegemeinsamenennerdesweltweitenKlimawandelsundseinerFolgen
istimmerdereinzelneMenschinseinemLebensumfeld.ObinAsien,AfrikaoderLateinamerika–über-
allsinddieÄrmstenderArmenvomKlimawandelbetroffenundmüssensichdenFolgenanpassen.Wie
erfolgreichsiediestun,hängtnichtzuletztvonihremWissenundihremKapital,aberauchvonderHilfe
ab,diesiezurBewältigungderSituationbekommen.FürHilfsorganisationenwieCAREistdienachhaltige
ArmutsbekämpfunginZeitendesKlimawandelseineHerausforderung,derwirunsmitallerKraftstellen
müssen.
CAREunterstütztMillionenvonMenschenaufderganzenWelt,dieunterdenKonsequenzendesKlima-
wandels leiden.diesenMenschengeht esumsÜberleben.Und ihre täglichenErfahrungen solltenuns
daranerinnern,dassderKlimawandeleinmenschlichesGesichthat.
dr.AntonMarkmiller
HauptgeschäftsführerCAREdeutschland-Luxemburg
K
Vorwort
6 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
Zusammenfa ssung
dieAuswirkungendesKlimawandelsbetreffenarmeMenschen
besonders stark. Sie sind oft unmittelbar von der natürlichen
UmweltabhängigundkönnensichdenFolgenderVeränderun-
gen – Ernterückgänge,Wasserknappheit, Krankheiten – kaum
entziehen. IhreStrategienderLebenssicherungundBedürfnis-
befriedigung(Livelihoods)sindteilweiseakutgefährdet.
Klimawandel erschwert die Armutsbekämpfung. Einerseits
wird es schwieriger, unter zunehmend unsicheren Bedingun-
genMenschenausderArmutherauszuhelfen.Klimaprojektio-
nensindinvielerHinsichtunsicher.Entsprechendungewissist,
wiewirksamAnpassungsmaßnahmensind.Andererseits ist zu
befürchten,dassderKlimawandelnochmehrMenschenindie
Armut stürzenwird.denbegrenztenKapazitäten derArmuts-
bekämpfungwirddanneineimmergrößerwerdendeZahlvon
Menschengegenüberstehen,dieHilfebenötigen.
die Studie legtdar,worindie Folgen vonKlimawandel beste-
hen, mit welchem Klimawandel in Zukunft gerechnet werden
mussundwiedieArmendemgegenüberbesondersanfälligund
verwundbarsind.ImVordergrundstehendieMöglichkeitender
Menschen, ihre Liveli-hood-StrategienunterdenBedingungen
desKlimawandelsaufrechtzuerhaltenundanzupassen.
Eswirdgezeigt,wieArmutsbekämpfungmitKlimawandelver-
bundenist,anwelchenZielenundKriteriensiesichorientieren
sollteundwiesiealsAnpassunganKlimawandelfolgenkonkret
aussehenkann.VerschiedeneFallbeispieleausTansania,Indien
undIndonesienillustrierenausführlich,inwieferneinerseitsdie
AnpassungsweisenderMenschenselbst,andererseitsdieArbeit
von Organisationen wie CARE erfolgreich auf die Folgen des
Klimawandels reagieren. Abschließend werden Empfehlungen
fürOrganisationenwieCAREabgeleitet.
empFeHlungen Für orgAniSAtionen Zur beKämpFung Der Armut
1. ArmutsbekämpfungsolltevorrangigaufdieAnpassunganklimabedingteVeränderungen(undnichtnurderenBewäl-tigung) zielen und sich auf existierende lokale Strategienstützen.
2. Sie sollte das lokale Wissen zu klimawandelbezogenenZusammenhängen und Anpassungsoptionen systematischeinbindenunddessenErneuerungfördern.
3. Allerdings solltendieexistierendenPraktikenanhandvonfünfKriterien (Wirksamkeit, Flexibilität, Fairness,Effizienzund nachhaltigkeit) ebenso kritisch geprüft werden wieneueStrategien.
4. Armutsbekämpfung solltedasBewusstseinunddieeigen-ständigelokaleAnpassunggeradeauchhinsichtlichbisherwenigbeachteterKlimawandelfolgenfördern.
5. die konkreten Auswirkungen von Klimawandel sind inhohemMaßeungewiss.dassolltenichtdadurchübergan-genwerden, dass bei Anpassungsmaßnahmen die derzeitmöglichenProjektionenals„sichere“Erwartungenzugrun-degelegtwerden.
6. diedringlichkeitderAnpassunganKlimawandelsolltenichtdazu führen,dassAnpassungüberdie lokaleBevölkerunghinweg (etwa inForm forcierterUmsiedelung) vorgenom-menwird.
7. ArmutsbekämpfungsollteimSinneeinerrealistischenAus-richtungundBündelungderKräftedieallgemeineWider-standsfähigkeitundHandlungsfähigkeitderÄrmstenerhal-ten.
8. dieReichweitevonKlimawandelfolgenundvonAnpassungs-maßnahmensolltetiefgehend,breitundkritischanalysiertwerden.EinschlägigeEmpfehlungenwieEinkommensdiver-sifizierunghabensichteilweisealsun-oderkontraproduk-tivimSinnevonArmutsbekämpfungerwiesen.
CARE 7
eInleItung
Arme Menschen sind den Folgen des Klimawandels stark
ausgesetztundkönnen ihnenzugleichwenigentgegensetzen.
HiervonistinderKlimawandeldiskussionzunehmenddieRede.
dochwasbedeutetdieskonkret?UndwiewirktsichdieseTat-
sacheaufdieArbeitvonOrganisationenaus,diegegendieArmut
ankämpfen? diese Überlegungen waren Ausgangspunkte für
dieseStudie.dieAutorensinddabeivonfolgendenHypothesen
ausgegangen:
i. Klimawandel und Armutsbekämpfung sind untrennbarArme menSCHen SinD Vom KlimAwAnDel beSonDerS betroFFen unD Für Seine Folgen beSonDerS AnFällig
WiestarkdasLebeneinesEinzelnenvomKlimawandelundsei-
nen Auswirkungen letztlich beeinträchtigt wird, hängt davon
ab,wieverwundbarsie/ergegenüberdiesenFolgentatsächlich
ist.dabeispielenmehrereFaktorenzusammen:
1. Globaler Klimawandel schlägt sich räumlich unterschied-
lichnieder.WieMenschenbetroffensind,hängtdavonab,
welche lokalenklimatischenAuswirkungenbei ihnenauf-
treten, wie beispielsweise Temperaturanstiege oder nie-
derschlagsänderungen. Lokale Klimaveränderungen, etwa
inFormvonHitzewellen,könnenMenschenbereitsunmit-
telbarbetreffen.
2. die lokalen ökologischen und gesellschaftlichen Systeme
sindunterschiedlichempfindlichgegenüberdenlokalenkli-
matischen Veränderungen. durch eine Veränderung ihrer
UmweltwerdendieMenschendirektbetroffen:Wennder
BodendurchTemperaturerhöhungaustrocknet, erschwert
diesdielandwirtschaftlicheProduktion.EbensoistvonBe-
deutung,wieempfindlichdie lokale Infrastruktur ist–ob
beispielsweise StraßenheftigenRegenfällenwiderstehen.
dieseEffektekönnenzusammenspielenundsichdabeials
Teufelskreislaufverschärfen.
3. Inwiefern einzelne Menschen hierdurch tatsächlich be-
einträchtigt werden, hängt davon ab, wie stark sie den
Folgen jeweilsausgesetztsind (z.B.wiestarksievonder
Landwirtschaft abhängig sind) und wie sie diese abweh-
ren,bewältigenodersichdaraufeinstellenkönnen.diese
Bewältigungs-undAnpassungskapazitätenbestehenetwa
darin, ob die Menschen mit technologischen Mitteln die
landwirtschaftliche Produktion aufrechterhalten können,
obsiegenugKaufkrafthaben,umstattdessenLebensmittel
zuimportierenoderauchobsieandereEinkommensquel-
lennutzenkönnen.
Zusammenfassend lässt sichalso sagen: Je stärkerdie lokalen
Auswirkungen vom Klimawandel für die Menschen sind und
jeweniger sie sich an dessen Folgen anpassen können, umso
stärkerkannderKlimawandelihrLebenbeeinträchtigen.Arme
MenschenlebenhäufiginbesondersgefährdetenGebieten(Re-
gionenmit extremen klimatischen Bedingungen, Küstennähe,
GebietedievonperiodischenÜberschwemmungendurchFlüsse
betroffensind).InEntwicklungsländernistdasRisiko,voneiner
Klimakatastrophebetroffenzusein,etwaachtzigMalsohoch
wieinMitgliedsländernderOECd(HdR2008:20/21).Weiterhin
sind es gerade armeMenschen in ländlichenGebieten, deren
Lebensgrundlage unmittelbar auf natürlichen Ressourcen ba-
siertunddurchKlimawandelerschüttertwird.
Klimawandel ist nicht die einzige Ursache von Armut. Aber
im Zusammenspiel mit anderen Armutsursachen verschärft
der Klimawandel die Teufelskreise, die Menschen in Armut
gefangen halten. damit wird es erstens schwerer, Menschen,
die bereits in einer solchen Armutsspirale stecken, daraus
herauszuhelfen. Zweitens ist damit zu rechnen, dass mehr
8 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
Kl Imawandel und armutsbeK ämpfung sInd untrennbar
MenscheninArmutgeraten,weildieFolgendesKlimawandels
ihr bisheriges Auskommen untergraben. dem Stern-Report
(Stern2006)zufolgekönnen145bis220Mio.MenscheninAfrika
undSüdasienbiszumJahr2100neu indieArmutabrutschen.
„KlimawandeluntergräbtdieinternationalenBemühungenzur
Armutsbekämpfung.“(HdR2008:10)
dieBedeutungdesKlimawandelsfürdieArbeitvonHilfsorga-
nisationenfolgtausdiesenbeidensichgegenseitigverstärken-
denZusammenhängen:Klimawandel lässtdieZahlderArmen
steigen und erschwert die Armutsbekämpfung. diese Studie
stellt genauerdar,worinKlimawandelbesteht,wie sich seine
physischen und sozioökonomischen Folgen auf Armut auswir-
kenundwasdiesfürdieArmutsbekämpfungbedeutet.Eswird
gezeigt,wieKlimawandeldieMöglichkeitenundStrategiender
Menschen beeinflusst, ihre eigene Existenz zu sichern (live-li-
hoodstrategies).Hieranzeigtsich,wieHilfsorganisationenauf
dieVeränderungendurchKlimawandel reagierenkönnen.die
Studie zeigt dies anhand von Beispielen, in denen Menschen
versuchten,sichanKlimawandelanzupassen.dieFallstudiezum
dorfToinekezeigtdabeinebensehrkonkretenStrategienund
einzelnen Schicksalen auch die Rolle, die Armutsbekämpfung
durchHilfs-undEntwicklungsorganisationenspielenkann.Auf
dieserBasiswerdenEmpfehlungengegeben,wieerfolgreiche
Armutsbekämpfung unter den erschwerenden Bedingungen
vonKlimawandelfunktionierenkann.
Auch in einerÜberblicksstudie können nicht alle Aspekte des
Themas berücksichtigt werden. Migration und Konflikte über
natürlicheRessourcenwurden z. B. imGutachtendesWissen-
schaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltver-
änderungen (WBGU 2007) ausführlich behandelt und werden
daher hier vernachlässigt. Technische Formen der Anpassung,
Frühwarnsystemeusw.werdenerwähnt, jedochnicht vertieft.
dieAuswahlderFallbeispieleresultiertausdemFokusaufLive-
lihood-Strategien und Anpassungsweisen der Menschen, vor
allemderArmen.bis zu 220 millionen menschen könnten durch den Klimawandel neu in armut geraten
© Care
CARE 9
ii. KlimawandelFolgen unD projeKtionen DeS KlimAwAnDelS
Klimawandel bedeutet zunächst die in den vergangenen Jahr-
zehntenbeobachteteErwärmungderAtmosphäreundderOze-
ane.WährendsichdasglobaleKlimastetsimWandelbefunden
hat, sindes vor allemmenschlich verursachteEmissionen von
sogenannten Treibhausgasen – vor allem Kohlendioxid, aber
auchMethanund Lachgas –, diedennatürlichen Treibhausef-
fektheuteverstärkenundsodieErwärmungverursachen.diese
EmissionenstammtenimJahr2004zu31%ausderLand-und
Forstwirtschaft,zu40%aus Industrie,VerkehrundGebäuden
sowiezu26%ausderEnergieversorgung(IPCC2007c:29).der
natürlicheTreibhauseffektbewirkteinebodennaheLufttempe-
raturvonca.15°C.ErmachtLeben,sowiewireskennen,erst
möglich.derzusätzlicheanthropogeneTreibhauseffektführtzu
einergefährlichenErhöhungdieserTemperatur.Erbestehtda-
rin,dasssichdieemittiertenTreibhausgaseinderAtmosphäre
stärker konzentrieren, von der InfrarotRückstrahlung der Erde
stärkererwärmtwerdenunddaherselbstmehrStrahlungemit-
tieren. diese „atmosphärische Gegenstrahlung“ erreicht dann
zusätzlichzurSonnenstrahlungdieErdeundheiztsieauf(Phili-
ponaetal.2004).
ii.1.KlimAtiSCHe AuSwirKungen Der globAlen erwärmung
Klimawandel bedeutet insofern zunächst eine globale Tempe-
raturerhöhung. damit verbunden sind Prozesse, in denen sich
KlimawandelaufdienatürlicheUmweltunddieMenschenaus-
wirkt.darunterfallenvorallemWetterveränderungen.Klimaim
Sinneeines„durchschnittlichenWetters“ineinerRegionumfasst
dabeiinersterLinieTemperatur,niederschlägeundWind.
Lufttemperaturen steigen nicht nur im durchschnitt, sondern
können auch häufiger extremeAusschläge haben. Sehr heiße
Tage treten häufiger auf; es gibt häufiger Hitzewellen und
voraussichtlich seltener Kältewellen. Temperaturerhöhungen
betreffenMenschenbereitsdirekt, etwadurchHerz-Kreislauf-
Versagen.ArmeMenscheninheißenLändernwerdenbesonders
betroffen und verwundbar sein: Sie haben meist keinen
Zugang zu Schutzmaßnahmenwie Klimaanlagen.Oft sind die
Menschen unter- oder mangelernährt und können der Hitze
nichtstandhalten.
Indirekte Folgen der Temperaturerhöhung können verschie-
dene Formen annehmen. Zeitlich verschieben sich die Jahres-
zeiten.diewarmenJahreszeitenfangenfrüheranunddauern
länger.InvielenRegionenbedeutetdiesimZusammenspielmit
niederschlagsänderungen eine Verlängerung der Trockenzeit.
damit einhergehen wachsende Wasserknappheit, die Verkür-
zung der landwirtschaftlichen Anbauperiode und verringerte
Erträge.WiedieFallstudiezeigt,stehendiesenVeränderungen
auch die Menschen in Toineke/Westtimor gegenüber. Räum-
lich gesehen verschieben sich die Klimazonen und damit die
Vegetationszonen.IndenbisherigenTropenetwadrohenganz
neueörtlicheKlimate.WiesichdieseVerschiebungkonkret in
Vor- undnachteile für dieMenschen übersetzen, ist oft nicht
zuermessen.Gewissistaber,dasseineVerdrängungvonWäl-
derndurchSavannenundvonSavannendurchWüsten,etwain
denTrockengebieten imsüdlichenAfrika (Scholz/Bauer2006),In vielen regionen sind niedrigere niederschlagsmengen zu erwarten, die böden trocknen aus
© kava
10 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
geradefürdieMenschenproblematischseinwird,derenLeben
unmittelbarvondernaturabhängigist.
Klimawandelführtauchzuniederschlagsänderungen.dieglo-
baleniederschlagsmengenimmtineinemwärmerenKlimazu.
die Temperaturerhöhung bewirkt eine erhöhte Verdunstung
vonWasser,dasabregnet.Wenndiesnichtsoschnellabregnet
wie inÄquatornähe, transportierenWolkendasWasser inhö-
hereBreiten.Abgenommenhabendaherdieniederschläge in
derSahelzone,imMittelmeerraum,imsüdlichenAfrikaundin
TeilenSüdasiens(IPCC2007a).EsfindetalsoeineräumlicheVer-
schiebungstatt,indersubtropischeGebieteweiteraustrocknen
und höhere Breitengrade feuchter werden (WBGU 2007: 62).
Zeitlich ist mit einer Konzentration der gesamten Menge auf
weniger,dafürintensivereniederschlägezurechnen.derRegen
fälltanwenigenTagen;esgibtmehrStarkregenundregenlose
Periodenwerdenlänger.HierdurchkanneszuhäufigerenWet-
terextremen kommen, etwa Überschwemmungen bzw. Fluss-
hochwasserdurchheftigenRegenoderauchdürren.
dieseVeränderungenfallenlokalsehrunterschiedlichaus.die
dürregefahr nimmt im Mittelmeerraum, im südlichen Afrika
und im brasilianischen Amazonasgebiet besonders zu. Aller-
dingswirdauchinGebieten,wodieniederschlägezunehmen,
denMenschenwenigerOberflächenwasserzurVerfügungste-
hen–aufgrundderhöherenVerdunstung.Außerdemfindetdie
ZunahmeoftwährendderRegenzeitstatt,erhöhtalsogerade
nicht die Wasserverfügbarkeit in Trockenzeiten (Arnell 2004).
Vor allem armeMenschen sind davon betroffen: Sie verlieren
den Zugang zu knapperemWasser als erste, könnenunreines
WasserwenigeraufbereitenundsindsomitanfälligerfürKrank-
heiten.
die Wetteränderungen entziehen Menschen buchstäblich die
GrundlagedesWirtschaftens.ErstensgeschiehtdiesdurchEro-
sion, die durch Austrocknung des Bodens ebenso begünstigt
wirdwiedurchheftigeRegenfälle.diesistumsomehrderFall,
wenn durch Überweidung oder Entwaldung der Boden nicht
mehrgeschütztist.ZweitenswirddiedegradationdesBodens
zunehmen,beispielsweisedurchVersalzung,wennwegender
zunehmenden Verdunstung zu intensiv Bewässerungsfeldbau
betriebenwird (WBGU2007: 74). Eine abnehmendeProdukti-
vitätderLandwirtschaftistdieFolge.Menschen,dievorallem
vomAnbauihrerFelderleben,sinddavonbesondersbetroffen.
AberauchdieärmereStadtbevölkerungwirduntersteigenden
Lebensmittelpreisen leiden, wenn landwirtschaftlicher Boden
verlorengeht.
die niederschlagsänderungen sind schwer abzuschätzen. Sie
sind charakteristisch für das zentrale Problem, das Klimawan-
del fürArmutsbekämpfungaufwirft:dieZukunft isteinerseits
Kl Imawandel
höhere niederschläge können schnell zu Überschwemmungen führen
© Care
CARE 11
arme mensChen sInd Vom KlImawandel besonders betroffen und fÜr seIne folgen besonders anfällIg
nichtmehroffen,sieistvorbestimmt,weilProzesse,aufdiedie
Menschen sich einstellen müssen, unwiderruflich angestoßen
wurden.SieistandererseitsauffataleWeiseoffen.dennbishe-
rigesWissen,etwaüberdieVerfügbarkeitvonWasserressour-
cen,istnichtmehraufdieZukunftübertragbar.neuereErkennt-
nissehierzu entstehenhingegenerst nochund sindunsicher;
oftfehltdenbetroffenenMenschendasBewusstseinumdiese
globalenProzesse.AlldasverringertdieHandlungsfähigkeitder
Menschen.BisherhabensichSchwankungenineinemRahmen
bewegt, in dem sie z. B. durchWassermanagement bewältigt
werden konnten. Klimawandel hat diesen Rahmen jedoch so
erschüttert, dass man sich nicht mehr auf ihn verlassen kann
(Milly et al. 2008). Beides –Vorbestimmtheitundnichtabseh-
barkeit – macht die Zukunft weniger gestaltbar. So wissen
z.B.dieMenschenimindonesischenToinekenicht,obdieÜber-
schwemmungenauchinZukunftwiederkehrenwerden.daher
entscheidensiesich fürkostengünstigereProvisorienstatt für
längerfristigeAnpassungen.StattHäuserlangfristigaufStelzen
anzuheben,werdenvorerstlediglichSchlaf-undKochstättenso-
wieViehställeangehoben.damitbleibensiejedochdenÜber-
schwemmungenausgesetzt.derKerndesProblemsistinsofern
die „Verschlechterung der naturräumlichen Planungsgrundla-
ge“(WBGU2007:70)–fürdieLebenssicherungsstrategiender
MenschenselbstwieauchfürdieArbeitimBereichderArmuts-
bekämpfung.
MitBlickaufWindwerdenvorallemdiegrößereHäufigkeitund
IntensitättropischerWirbelstürmediskutiert,diedurchhöhere
Meerestemperaturen verursacht werden. Allerdings ist es
schwierig,einenklarenZusammenhangzwischenKlimawandel
und der Zunahme von Stürmen herzustellen (WMO 2006).
Voraussichtlich werden zukünftige Temperaturanstiege die
ZunahmevonWirbelstürmenfördern(WBGU2007),dochselbst
dem widersprechen manche Studien (Knutson et al. 2008).
SchließlichlebenzunehmendvieleMenschenindengefährdeten
Küstengebieten,wodurchdiesozialenAuswirkungenderStürme
zunehmen.
ii.2 pHySiSCHe AuSwirKungen jenSeitS Von KlimAVeränDerungen
die Temperaturerhöhung wirkt sich nicht nur auf das Klima
selbst, sondernz.B.auchaufdieMeereaus.derbekannteste
EffektistderAnstiegdesMeeresspiegels,deraufzweiFaktoren
zurückgeht.
Zum einen dehnt sich das Wasser durch die Erwärmung aus.
ZumanderenerhöhtSchmelzwasserausGletschernundInland-
EisschildendieWassermenge.Besondersgefährdetdurchden
AnstiegsindtiefliegendeInseln,KüstenregionenundFlussdel-
tas.dieÜberschwemmungenbringenKüstenerosionen,Beschä-
digungenderInfrastrukturundVeränderungendesGrund-und
Trinkwassers mit sich, aber auch Krankheiten, die durch un-
reines Wasser hervorgerufen werden. Hiervon werden schon
deshalb viele Menschen betroffen sein, weil in diesen Gebie-
tenca.70%derWeltbevölkerung leben.Armewerdendavon
umsomehrbetroffensein,dasieoftinweniggeschütztenBe-
reichenundBehausungenlebenundvondennatürlichenRes-
sourcen abhängig sind, die von Überschwemmungen zerstört
werden. Selbst wenn es ihnen möglich ist, aus den betroffe-
nenGebietenabzuwandern,verlierensiewichtigeGrundlagen
ihrerExistenz–undfindenhäufig,selbstinStädten,keineneue
Lebensgrundlage(IISd2003:14).SchonbeieinemAnstiegum
40 Zentimeterwürdenweltweit jährlich die Lebensräume von
95Mio.Menschenüberflutetwerden,einFünftelhiervonwird
inSüdostasienleben(Wassmannetal.2004).
dieErwärmungbewirkt,dassdieMeeredaszusätzlicheCO2der
Atmosphäreteilweiseaufnehmen.damitdienensiealsKohlen-
stoffsenke, die dem Klimawandel entgegenwirkt. Andererseits
versauernsie,wennsichdasCO2mitdemWasserverbindet.das
gefährdet die artenreichen Korallenriffs und Kleinstlebewesen,
diedennahrungskettenimMeerzugrundeliegen(WBGU2006).
Es verändern sich auch die Meeresströmungen. Bisher wurde
befürchtet,dassdurchdenKlimawandeldernordatlantikstrom,
12 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
dereinebeständigeWasserzirkulationbewirkt,abgeschwächt
oder gar unterbrochen wird. Ein massiver Kälteeinbruch in
West-undnordeuropawäredieFolge.Möglicherweiseverstär-
ken sich aber auchdieMeeresströmungen (Toggweiler/Russel
2008).SowohldieVersauerungalsauchdieStrömungsänderun-
genbetreffendieFischereiwirtschaft.AuchhierwerdenArme
stärkerbetroffensein,dasieaufgrundihrerkleinenBootekaum
Möglichkeiten haben, den verbleibenden Fischreserven zu
folgen.Klimawandelhat letztlichFolgen füralleökologischen
Systeme. Voraussichtlich droht ein massiver Verlust an biolo-
gischer Vielfalt. Allerdings ist auch diese Auswirkung wieder
Kl Imawandel
box 1: KASKADeneFFeKte: ein DAmmbruCH-SZenArio
Eine Studie des Feinstein International Center (2008) illust-
riert den Kaskadeneffekt mit einem Katastrophenszenario.
darinlässtdieErwärmungGletscherimtibetischenHochland
schmelzen.dasWasserfülltzusammenmitextremennieder-
schlägendendrei-Schluchten-Staudammso,dassdieWasser-
massenseismischeAktivitätauslösen,diezusammenmitdem
druckdendammbrechenundflussabwärts liegende Städte
mit2,5Mio.Menschenüberfluten.EsfolgenpolitischeUnru-
hen; Investoren ziehen sich zurück; einwirtschaftlicherAus-
nahmezustandresultiertusw.AmEndederKaskadestünden
über1Mio.Tote,4Mio.VertriebeneundHunderteMrd.US-
dollaranwirtschaftlichenFolgeschäden.
Weniger dramatisch, aber ebenfalls folgenreich sind vom
Klimawandel verursachte schleichende Katastrophenketten,
z.B.Ernteausfälle,ausdenenArbeitsmigrationfolgt,wodurch
der Bevölkerungsdruck in den Städten zunimmt und gleich-
zeitigderländlicheRaumvereinsamt–wasindenStädtenzu
einer Überlastung der Infrastruktur und auf dem Land zum
ZusammenbruchderlokalenWirtschaftführenkann.
das risiko von ernteausfällen erhöht sich weltweit
© Care
CARE 13
Klimawandel kann auch Entwicklungen auslösen, die das glo-
baleSystemnichtstetig,sondernmassivundgrundlegendver-
ändern.dasKlimasystemhatKipppunkte,andenenkaummehr
steuerbareEigendynamikeneinsetzen.BeispielesindderAma-
zonas-Regenwald,derabeinerbestimmtenSchwelleunwider-
ruflichaustrocknet,eineAbschwächungdesnordatlantikstroms
oderauchdergrönländischeEisschild,derabeinerbestimmten
Erwärmungunwiderruflichbeginnt,vollständigabzuschmelzen
(WBGU2007:77ff.).WeitereEffekte,diegeradeärmereLänder
betreffen, sind der Rückgang der Monsunregenfälle in Indien
und Westafrika oder auch die Verstärkung der Intensität und
HäufigkeitdesEl-niño-Phänomens.Letzteresbringtu.a.heftige
Regenfälle in LändernamöstlichenRanddesPazifiksmit sich
(Lentonetal.2008).
regional unterschiedlich. In polarenGebieten kanndie Erwär-
mung eine Zunahme bewirken (Weller 2007: 1017). die be-
schleunigten Veränderungen der Biodiversität, vor allem die
Artenverluste,könnenökologischeSystemeausihremGleichge-
wichtbringen.Hiervonsindnichtnurnaturliebhaberbetroffen.
VielmehrtrifftdiesalleMenschen,dasievondiesenSystemen
abhängen.
ii.3 FolgeeFFeKte unD extremwirKungen DeS KlimAwAnDelS: rüCKKopplungen unD Kippelemente
KlimawandelwirktnichtnurindieRichtung,dassdieTempera-
turerhöhungdasWetteroderdieMeereverändert.Esgibtauch
Rückkopplungen,indenenFolgendesKlimawandelsaufihnzu-
rückwirken,undzwarhäufigverstärkend.
BeispielsweiseführtdasSchmelzenderEisdeckeinderArktisdazu,
dasswenigerSonnenenergiezurückinsAllgestrahltwird,sodass
dieAtmosphäreaufgeheiztwird.dasEiswirdzuMeerwasser.Weil
diesesdunkler ist,nimmtesmehrSonnenenergieauf,erwärmt
sichundführtzuweiteremSchmelzen–einenegativeRückkopp-
lungalso.BesondersbrisantsinddieriesigenMethanvorkommen
im sibirischen Permafrost und in der Tiefsee, die dort als Gas-
hydrategebundensind.WerdensiedurchdenKlimawandelfrei,
verstärkensiedenTreibhauseffektmassiv.
Folgeeffekte betreffen nicht nur das globale Klima, sondern
auch gesellschaftliche Bereiche. Eine Wetteränderung kann
eineKaskadevonwirtschaftlichenundsozialenAuswirkungen
auslösen(vgl.Box1),diesichnichtmehrbewältigenlässt.Ein
ProblemvonKaskadeneffektenist,dassoftunsicherist,wasals
nächstesgeschehenwird.EinanderesProblemsindSimultan-
effekte,beidenenzahlreicheEffektezugleichauftreten.Wenn
eineHitzewelleundeineFlutzeitgleichauftreten,werdendie
Süßwasserreservenvonzwei Seitenangegriffen.daskanndie
ReaktionsfähigkeitderGesellschaftüberfordern.
VoraussIChtlICh droht eIn massIVer Verlust an bIologIsCher VIelfalt
ab einer bestimmten temperatursteigerung kann das abschmel-zen großer eisflächen nicht mehr verhindert werden
© kava
14 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
ii.4 AuSwirKungen AuF wirtSCHAFt unD geSunDHeit
die beschriebenen Auswirkungen des Klimawandels betreffen
wiederum in besonderem Maße arme Menschen. Etwa 60 bis
70%derArmenweltweit lebenaufdemLandundweitgehend
von Landwirtschaft. diese ist der wohl am meisten betroffene
Wirtschaftssektor (vgl. Grafik 1, aus: HdR 2008: 23). Vor allem
Subsistenzbauernsindgefährdet,wennsiekeinealternativenEin-
kommensquellenhaben.
Inwiefern andere Wirtschaftssektoren betroffen sein werden,
lässt sich bisher kaum sagen (WBGU 2007: 75). Absehbar ist,
dass langfristig der Energiebedarf insgesamt zunehmenwird,
jemehr die Temperaturen steigen, da der Bedarf an Kühlung
mehr zunimmt, als der Bedarf an Heizung nachlässt. Entspre-
chendsteigendeEnergiepreisewirkensichauchaufdieArmuts-
bekämpfungaus.derVersicherungssektorwirddurchWetter-
extremeebenfallsbetroffensein.dasgefährdetdieVersuche,
Armen den Zugang zu Mikroversicherungen zu ermöglichen,
mitdenensiesichgegenWetterschädenabsichernkönnen(siehe
auchdasFallbeispiel IndienSeite29).AuchdieAuswirkungen
desKlimawandelsaufdenTourismussektorkönnenArmutver-
schärfen. Voraussichtlich verschieben sich die Besucherzahlen
unddamitEinkommensquellenvonEntwicklungsländerninhö-
hereBreiten.
Jenseits solcher Trends ist unklar, wie die einzelnen Sektoren
durch Klimawandel beeinträchtigtwerden. Eswird jedoch zu-
nehmend diskutiert, wie sich der Klimawandel auf die Volks-
wirtschafteninsgesamtauswirkenwird.diewohlprominentes-
teRechnunghatdabeidersogenannteStern-Report(Stern2006)
vorgelegt.dessenAnalysenzufolgewürdeeinungebremsterKli-
mawandelmitSicherheiteinenVerlustvon5%,möglicherweise
jedochsogarvon20%desglobalenBruttoinlandsprodukts(BIP)
bedeuten.dieseZahlensindumstritten.demWeltklimaratzu-
folgesindsichallerdingsdiemeistenBerechnungeneinig,dass
eineErwärmungumnurwenigeGradCelsiusbereitseinenVer-
lustvonmehrerenProzentdesglobalenBIPbedeutet.Auchhier
werdenmancheLänderüberproportionalbetroffensein,v.a.in
niedrigenBreiten. InmanchenkleinenVolkswirtschaftenwird
bereits bei einer globalen Zunahmeum2° C bis zu 30%Ver-
lustbefürchtet (WBGU2007:76).VonrückläufigemWachstum
sinddieArmennichtnurgeografischstärkerbetroffen,sondern
auch dadurch, dass Staaten bei schrumpfenden Steuereinnah-
men noch weniger finanzielle Mittel für Sozial- und Entwick-
lungspolitikübrighaben(Cordetal.2008).
Mit erhöhten niederschlägen, Überflutungen und dürren
gehen Krankheiten einher, deren Erreger über das Wasser
transportiertwerden,vorallemdurchfallerkrankungen(diarrhö),
Cholera und Typhus.Wie dieMenschen in Toineke berichten,
breiten sich durchfallerkrankungen innerhalb von wenigen
Wochen aus. Mit einer Zunahme dieser Krankheiten wird
vor allem in Ost-, Süd- und Südostasien gerechnet. dabei
wirken der Mangel an sauberem Wasser, die Verschmutzung
vorhandenenWassers, aberauchallgemeineLebensumstände
Kl Imawandel
grafik 1. Quelle: human development report (hdr 2008, s. 23)
Industrieländer
Welt
Entwicklungsländer
Asien
Naher Osten und Nordafrika
Lateinamerika
Afrika
Veränderung des landwirtschaftlichen produktions-potenzials (2080er, in % des potenzials von 2000)
-20 -10 0 10 20
CARE 15
bzw.Hygienebedingungenzusammen.MitVeränderungender
lokalen Wassersituation sind auch Krankheiten verbunden,
derenErregervonMoskitostransportiertwerden.diesebrüten
in Ansammlungen von (unreinem) Oberflächenwasser, die
z. B. durch erhöhteniederschlägeoder auch denAusbau von
Bewässerungsanlagenzunehmen.dieVerbreitungsgebieteund
zeiträume dieser Krankheiten werden sich ausdehnen. Eine
Zunahme vonMalaria droht z. B. im südlichenAfrika und am
Horn von Afrika (Cord et al. 2008), aber auch in Zentralasien
(IPCC2007b:408).denguefieberwirdindenStädtenzunehmen,
wofehlendeAbwasserentsorgungdenMückenBrutplätzebietet.
Opfer werden vor allem städtische Arme, Subsistenzbauern,
Gruppenmit schwächerenAbwehrsystemen (Alte,Kinder)und
Küstenbewohnersein(WBGU2007:77).
Zur Zusammenfassung illustriertdieGrafik2 (nachCordet al.
2008)einigeAuswirkungendesKlimawandelsundderenviel-
fältige,komplexeWirkungsbeziehungen.Siedeutetdabeiauch
an,wieArmedemgegenüberbesondersverwundbarsind.
Bisherlässtsichkaumsagen,wiediebeschriebenenFolgenvon
KlimawandelineinzelnenRegionentatsächlicheintretenwerden.
dabeisindzweiAspektewichtig(C.Müller2009:9ff.).Erstens
istdasglobaleKlimaein sokomplexesGeschehen,dass seine
Modellierungnursehrvereinfachend–d.h.nurteilweiseund/
odernurrelativgrob–möglichist.dienachträglicheModellierung
derglobalenTemperaturenimzwanzigstenJahrhundertgelingt
relativgut;niederschlagsmusterundregionaledetailshingegen
werden schlechter reproduziert. die Hälfte aller Modelle zeigt
fürAfrika geringere Temperaturerhöhungen, als sie tatsächlich
beobachtet wurden. niederschläge werden in den Modellen
gegenüber der Wirklichkeit zwischen 30 % unter- und 79 %
iii. mit welchem Klimawandel und welchen Folgen ist in Zukunft zu rechnen?
mIt erhöhten nIedersChlägen, Überflutungen und dÜrren gehen KranK-heIten eInher, deren erreger Über das wasser transportIert werden
Zunehmende Verbreitungvon umweltverursachten
Krankheiten
grafik 2: folgen des Klimawandels. Quelle: Cord et al. 2008
16 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
entwickeln, wenn eines von sechs Szenarien
des Weltklimarats eintritt. Sie zeigt außer-
dem,wiehochdiegesamteEmissionssumme
ausfallendarfundwiegroßentsprechenddas
klimafreundliche CO2-Budget dieses Jahrhun-
dertsist,damitgefährlicherKlimawandelver-
miedenwird.Hierausfolgt,dassgefährlicher
Klimawandel nur verhindert werden kann,
fallsbis2050dieweiterenEmissionengegen-
überderMengevon1990halbiertunddanach
weitergesenktwerden.
überschätzt(ebd.,S.17).ProjektionenindieZukunft,diemitdiesen
Modellengewonnenwerden,sindentsprechendunzuverlässig.
ZweitensverändernsichauchdieAntreiberdesKlimawandels,
inersterLiniedieTreibhausgasemissionen,undzwarabhängig
vonmenschlichenEntscheidungen–dienichtvorhergesagtwer-
denkönnen.daherwerdenSzenarienverwendet,diealternati-
veEmissionsverläufebeschreiben.dieSzenariensindauchdes-
halbwichtig,weilsieandeuten,welchealternativeEntwicklung
notwendigist,umgefährlichenKlimawandelzuvermeiden.die
SzenariendesWeltklimaratszeichnenZukünftemitjeweilsun-
terschiedlichemBevölkerungswachstum,Wirtschaftswachstum,
technologischem Wandel, Energieverbrauch und Energiequel-
len sowie Landnutzung (nakicenovic/Swart 2000). diese Fak-
torenbeeinflussenwesentlichdasAusmaßderEmissionenund
desKlimawandels.
InderimSeptember2008veröffentlichtenStudie„CarbonBud-
get2007“(TheGlobalCarbonProject2008)habendieCO2-Emis-
sionenindenletztenJahrenweiterzugenommen,undzwarseit
demJahr2000viermalschnelleralszuvor.diefolgendeGrafik
ausdem„BerichtüberdiemenschlicheEntwicklung2007/2008“
(HdR2008:20)zeigt,wiesichdiegesamten inderAtmosphä-
re angesammelten CO2-Emissionen im 21. Jahrhundert jeweils
Kl Imawandel und dessen folgen
grafik 3: szenarien des weltklimarats. Quelle: human development report (hdr) 2008, s. 20
CARE 17
Temperaturenohnehinschonhochsind.Hitzewellenwiejenevon
2003inEuropawerdenimJahr2050dienormalitätdarstellen.
LängerfristigsindsehrverschiedeneTemperaturanstiegemög-
lich, je nachdemwelches Emissionsszenario eintritt. Bei einer
Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration von unterhalb
von450ppm(„partspermillion“,dasgängigeMaßfürdieKon-
zentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre) ließe sich
dieErwärmungauf insgesamt2°Cgegenüberdemvorindust-
riellen niveau begrenzen. Jenseits dieser Erhöhung steigt die
Wahrscheinlichkeit,dassderKlimawandelgefährlicheAusmaße
annimmt, auf über 50 %. Ohne Klimaschutz sind bis zu 7° C
Erwärmungzubefürchten.diessinddieglobalenMittelwerte.
AufdenKontinentenundvorallemindenbesondersbetroffe-
nenRegionenfallendieWertebedeutendhöheraus.Indenzwei
extremen Szenarien des Weltklimarats sind bis zum Jahr 2100
ohne KlImasChutZ sInd bIs Zu 7° C erwärmung Zu befÜrChten
AlsweitererTemperaturanstiegvon2005bis2030werden0,4
bis 0,6° C erwartet. dies wird durch bereits emittierte Treib-
hausgasebewirktundistunabhängigdavon,welcheEmissions-
entwicklung in den nächsten Jahren eintritt. Laut demWBGU
(2007: 60) könnten nur sehr einschneidende Veränderungen,
etwaeinMeteoriteneinschlag,zueinerAbweichungvondieser
Prognose führen.dabeierwärmensichdieKontinentestärker
alsdieOzeane.HöhereBreitenerwärmensichstärker,weildort
Schnee-undEisdecken schmelzen, sodassmehrSonnenstrah-
lungaufgenommenstattreflektiertwird.
Betroffen sind daher einerseits vor allemMenschen in polaren
Gebieten, wo die Temperaturen rasch steigen. Einen raschen
Anstieg verkraften natur und Menschen wesentlich schwerer
als einengleichenAnstiegüber längereZeit.Andererseits sind
Menschen in solchen Gebieten besonders betroffen, wo die
Vermehrte Überschwemmungen gehören zu den folgen des Klimawandels
© Care
18 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
Temperaturerhöhungenvon2,4bis6,4°C(schlechtesterFall)oder
1,1bis2,9°C(besterFall)zuerwarten(IPCC2007a:749).
dieniederschlagsänderungensindwesentlichschwierigerein-
zuschätzen.RelativklaristderTrend,dassarideSubtropenso-
wiederMittelmeerraumunddassüdlicheAfrikanochtrockener
werden,wogegenbereitsniederschlagsreicheBereiche inden
Tropenund inhöherenBreiten feuchterwerden (WBGU2007:
62).Unklaristhingegen,wiesichinderSahelzonedienieder-
schläge entwickeln. Hinsichtlich der längerfristigen Entwick-
lungvonWirbelstürmenbestehtebenfallsgroßeUngewissheit.
dergesamteAnstiegdesMeeresspiegelsistvorallemdeshalb
schwer einzuschätzen, weil er maßgeblich von der Größe der
schmelzenden Inlandeismassen abhängt. Ohne Klimaschutz
wirderbis2100voraussichtlichgegenüber1990bis zueinem
halbenMeteransteigen,möglicherweiseaberauchbiszu140
Zentimeter(Rahmstorf2007).BeieinerStabilisierungderErwär-
mungbei3°CgegenüberdemvorindustriellenglobalenMittel
istbis2300einAnstiegum3bis5Meterzuerwarten(WBGU
2006:38).
BeidenregionalspezifischenProjektionen(etwainIPCC2007a:
Kap.11,2007b:Kap.9–16;WBGU2007:Kap.7)istzubeachten,
dass bestenfallsWetteränderungenprojiziertwerden können.
Regionale oder gar nationale Projektionen dessen, wie Men-
schendiesenVeränderungengegenüberverwundbarseinwer-
den, sindderzeitnochsehrunsicherundwerdenteilweiseals
„reineSpekulation“(FeinsteinIC2008:7)angesehen.
iii.1 globAle projeKtionen: Folgen
dieGrafik4desWissenschaftlichenBeiratsGlobaleUmweltver-
änderungen(WBGU2007:176)zeigt,welcheFolgenderglobale
Temperaturanstieghabenkann.
ImMärz2009wurdeeineAktualisierungderReasonsforConcern
veröffentlicht, die der Weltklimarat 2001 beschrieben hatte
(Smithetal.2009).dieseKlimasorgenbetreffenu.a.bedrohte
Systeme (Inselstaaten, tropische Gletscher usw.), extreme
Wetterereignisse, die ungleiche Verteilung der Auswirkungen
von Klimawandel und massive Veränderungen im Erdsystem
(Kippelemente). der Aktualisierung zufolge reagieren die
ökologischen Systeme schneller und treten Wetterereignisse
häufigerundheftigeraufalsbisherangenommen.
HinsichtlichallerAspektemussmitgrößerenRisikenundschon
bei geringeren Temperaturanstiegen mit schweren Folgen
gerechnet werden. Auch der International Scientific Congress
on Climate Change bestätigt, dass schon jetzt die jeweils
schlimmsten Szenarien des Weltklimarats eintreten und dass
Gesellschaften selbst gegenüber moderatem Klimawandel in
hohemMaßeverwundbarsind.
iV.1 KlimAwAnDel, Armut unD ArmutSbeKämp-Fung: welCHe beZieHungen gibt eS?
BisherwurdediewohlwichtigsteBeziehungzwischenKlimawan-
del und Armutsbekämpfung gezeigt: Klimawandel verursacht
und verschärft Armut. Zugleich erschwert er Entwicklung und
Armutsbekämpfung,indemdieweitereVerfügbarkeitnatürlicher
Ressourcen unsicherer wird. Von der anderen Seite betrachtet,
schränken Armut und fehlende Entwicklung die Fähigkeit der
Menschenein, aufKlimawandel zu reagieren.Armut verschärft
alsoauchdieFolgenvonKlimawandelfürdieBetroffenen.
Kl Imawandel und armutsbeK ämpfung
iV. Klimawandel und Armuts- bekämpfung
CARE 19
Nahrungsmittel
Wasser
Ökosysteme
Wetterextreme
Risiko eines schnellenKlimawandels und großerirreversiblen Auswirkungen
Endgültige Temperaturänderung (im Vergleich zum vorindustriellen Niveau)0° C 1° C 2° C 3° C 4° C 5° C
Kleine Berggletscherverschwinden weltweit –potenzielle Bedrohung derWasserversorgung in mehrerenRegionen
Erhebliche Änderungen der Wasserverfügbarkeit
Über 30% Abnahme desOberflächenabflusses in der Mittelmeerregion und imsüdlichen Afrika
Meeresspiegelanstieg bedrohtgroße Städte wie London, Shanghai,New York, Tokio oder Hong Kong
Korallenriffökosystemeweitgehend und schließlichirreversibel geschädigt
Möglicher Beginn desZusammenbruchs von Teilenoder des ganzen Amazonas-Regenwaldes
Großer Anteil von Ökosystemen, die ihre derzeitige Gestalt nicht bewahren können
Viele Arten vomAussterben bedroht
Steigende Intensität von Stürmen, Waldbränden, Dürren, Überflutungen und Hitzewellen
Geringe Zunahme derHurrikanintensitäten verursacht Verdopplung derSchadenskosten in USA
Gefahr einer Schwächung der natürlichen Kohlenstoffsenken und der atlantischenthermohalinen Zirkulation, mögliche Zunahme der Freisetzung natürlichen Methans
Beginn irreversiblen Schmelzensdes Grönland-Eisschilds
Erhöhtes Risiko von abrupten, großen Verschiebungenim Klimasystem (z.B. Zusammenbruch der atlantischen thermo-halinen Zirkulation oder des westantarktischen Eisschilds)
Schwerwiegen-de Auswirkungenin der Sahel-Region
Steig. Ernteerträge in entwickeltenLändern in hohen Breitengradenbei starkem CO2-Düngeeffekt
Rückgang der Erträge in vielen entwickeltenRegionen selbst bei starkem CO2-Düngeeffekt
Sinkende Ernteerträge in vielen Entwicklungsregionen
Steigende Zahl der von Hungerbedrohten Menschen. Stärkste Zunahmein Afrika und Westasien
Starker Rückgang der Ernteerträgein ganzen Regionen (z.B. bis zu einem Drittel in Afrika)
grafik 4. Quelle: wbgu 2007, s. 176
KlImawandel VerursaCht und VersChärft armut. ZugleICh ersChwert er entwICKlung und armutsbeKämpfung, Indem dIe weItere VerfÜgbarKeIt natÜrlICher ressourCen unsICherer wIrd
20 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
AllerdingsgibtesweitereBeziehungenzwischenKlimawandel,
ArmutsbekämpfungundEntwicklung,diezubeachtensind.Ver-
ursachtArmutauchdenKlimawandel?daswäredannderFall,
wennArmut beispielsweise zu einer nicht nachhaltigen Land-
nutzungbeiträgt,diehoheTreibhausgasemissionenverursacht.
ImbrasilianischenAmazonasgebietetwasindarmeKleinbauern
zwar an der Zerstörung des Regenwalds beteiligt, doch sind
sienurdasschwächsteGliedineinemZusammenhang,dervor
allemvonmächtigerenAkteurengetragenwird–etwaderHolz,
Rind-undSojaindustrie.Esistalsojeweilsgenauzuklären,ob
ArmutEmissionenverursacht.
Verringert Armutsbekämpfung Emissionen? dann wäre nicht
nur„KlimaschutzgleichArmutsbekämpfung“,indemzumindest
zukünftig Arme von geringerem Klimawandel betroffen sein
werden. Sondern es wäre „Armutsbekämpfung gleich Klima-
schutz“.Allerdingsistindie-semZusammenhangvorallemdie
EmissionsvermeidungbeidengroßenEmittentenwichtig–ob
nuninIndustrie-,Schwellen-oderEntwicklungsländern.
HatArmutsbekämpfungVorrangvorKlimaschutz?denndurch
die Intensivierung der Wirtschaft und ihre Industrialisierung
könnenEntwicklungundArmutsbekämpfung ihrerseitsKlima-
wandel verursachen. Andersherum wird argumentiert, Klima-
schutzwürdeArmutsbekämpfung erschweren, indemdie Ver-
meidung vonEmissionendasWachstumausbremst, dasnötig
sei,umArmutzuüberwinden.
Manchmalistesmöglich,durchWin-win-Optionen,beidenen
aufmehrerenSeitenGewinneresultieren,einenachhaltigeEnt-
wicklungzubewirken:ArmutundEmissionenwerdenzugleich
verringert. EinBeispiel ist,Armeanunmittelbarenwirtschaft-
lichen Gewinnen durch Klimaschutz zu beteiligen. In diesem
Fallist„KlimaschutzgleichArmutsbekämpfung“undverhindert
nicht nur die Armut, die von Klimawandel verursacht würde,
sondern reduziert die schon bestehende Armut. Oft könnten
Arme mit relativ einfachen Mitteln CO2-Emissionen einsparen
oderinBiomasse(z.B.Baumpflanzungen)binden.Wennihnen
Märktezugänglichgemachtwerden,aufdenensiedieseEinspa-
rungenverkaufenkönnen,könnensiedaranverdienen–zumal
dann, wenn sie aus diesen Aktivitäten schon ein Einkommen
gewinnen(vgl.Box2).
Kl Imawandel und armutsbeK ämpfung
box 2: mi boSque. KlimASCHutZ = ArmutSbeKämpFung
dasCARE-ProjektMiBosque(MeinWald)verbindetimwestli-
chenGuatemaladiecommunity-basierteAnpassunganFolgen
desKlimawandelsmitderVermeidungweiterenKlimawandels:
dasPflanzenvonBäumendientzurErosionsverhinderung,der
Produktion von essbaren und vermarktbaren Früchten und
derVerbesserungderBodenqualität.dieseAufforstungwirkt
nicht nur der Entwaldung und der damit verbundenen CO2-
Emissionentgegen,sondernbindetzusätzlichesCO2,dassonst
denTreibhauseffektverstärkenwürde.
Heutewerdenüber200tproHektargebunden.Folgeeffekte
diesernachhaltigenLandnutzungsindaußerdemeineverbes-
sertelandwirtschaftlicheProduktivität,entsprechendgeringe-
reMigrationhinzuLohnarbeitundEinkünfteausderVermark-
tungdesHolzes.derzeitwirddarangearbeitet,dieMessungen
undZertifizierungderCO2-Einsparungenzuverbessernundzu
vermarkten.
dasProjektisteinBeispielfürdasKonzeptdesReducingEmis-
sionsfromdeforestationanddegradation(REdd).Entwaldung
undWaldschädigungverursachenbiszu25%dermenschlich
bedingtenTreibhausgase.WaldschutzzurVermeidungdieser
Emissionen ist eine kostengünstige Form des Klimaschutzes
(Stern2006).derzeitistnochunklar,wiederErhaltderWälder
finanziert, d. h. belohntwird.Möglich sind dasAnerkennen
derEmissionsvermeidungaufMärktenfürEmissionszertifikate
oderdiefreiwilligeFinanzierungüberFonds.
CARE 21
iV.2 AnpASSung An Die Folgen DeS KlimAwAnDelS
dasBeispieldesCARE-ProjektsMiBosque(Box2)zeigt,dasssich
das Vermeiden von Klimawandel und das Anpassen an seine
Folgenverbindenlassen.LangeZeitwurdevorallemVermeidung
diskutiert.SeiteinigenJahrenjedochtrittdieFragederAnpassung
gleichermaßen in den Vordergrund. dies hat folgende Gründe
(Füssel/Klein2002):
1. BereitsemittierteTreibhausgasewirkensicherstnochaus.
daher lässt sich Klimawandel nicht mehr verhindern. An
dessen Folgen müssen sich Menschen ohnehin anpassen.
AucheineerfolgreicheVermeidungwirdsicherstineinigen
Jahrzehntenauswirken.
2. Anpassungsmaßnahmen können Menschen direkter vor
FolgendesKlimawandelsschützen.Siekönnenauflokaler,
regionalerodernationaler Ebene stattfinden.BeiVermei-
dungsmaßnahmen hängt der Erfolg stärker davon ab, ob
andereLändermitziehen.
3. Anpassungsmaßnahmen schützenMenschen auch vor Fol-
genderKlimavariabilität–alsokurzfristigenSchwankungen,
dieheutedasLebengeradederArmenbeeinträchtigen.
Emissionsvermeidungen sind unbestritten notwendig. Jedoch
reichensienichtaus,umdienegativenEffektedesKlimawan-
delszuvermeiden.dieimFolgendendargestelltenMöglichkei-
ten, um Armutsbekämpfung und Klimawandel zu verbinden,
konzentrierensichaufdieAnpassungaufderlokalenEbene,die
unmittelbar von der jeweiligen Gemeinschaft sowie von Pro-
jekten und Organisationen der Armutsbekämpfung getragen
wird.
AnpassungandenKlimawandelfindetnichtnuringesteuerter
Form, sondernohnehin statt.dahermussArmutsbekämpfung
einbeziehen, wie die Menschen selbst bereits auf Umwelt-
veränderungen und lokale Auswirkungen des Klimawandels
reagieren. Menschen können dabei einerseits aufgrund ihrer
Lage zu nicht nachhaltigen Maßnahmen gezwungen sein. In
ToinekehabenmancheFamiliendieProduktionvonSalzdurch
emIssIonsVermeIdungen reIChen nICht aus, um dIe negatIVen effeKte des KlImawandels Zu VermeIden
anpassung an den Klimawandel: das kann auch bedeuten, enten statt hühner zu halten
© Care
22 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
„Salzkochen“verstärkt.dafüristvielBrennholznötig–waszur
Übernutzung des umliegenden Waldes führt, der dann nicht
mehr als Erosionsschutz und nahrungslieferant dienen kann.
Solche „Schlechtanpassung“ (maladaptation) kann durch ent-
sprechende Unterstützung vermieden werden. Andererseits
verfügendieMenschenvorOrtzumeistübereingutesWissen
überlokaleZusammenhänge.dieUnterstützungderMenschen
inihrenAnpassungsmaßnahmenmussmitdiesemWissenkom-
patibelseinundkanndamitbereichertwerden.
iV.3 FörDerung Von wiDerStAnDSFäHigKeit
ArmutsbekämpfungmussMenschendaher imZusammenhang
mit Klimawandel als aktiv Handelnde verstehen. dieses Ver-
ständnis liegt dem Konzept der Lebenssicherung (livelihood)
zugrunde.diesesKonzeptistinderEntwicklungsforschungund
beiOrganisationenderArmutsbekämpfungweitverbreitet.
Es erfasst, mit welchen Strategien es Menschen gelingt, auf
Basis der ihnen verfügbaren Fähigkeiten und Ressourcen ihr
ÜberlebenzusichernundihreBedürfnissezuerfüllen.Teildie-
serStrategienist,sichdenZugangzubestimmtenRessourcenzu
erhalten.darunter fallensozialesKapital (z.B.dieEinbindung
inSolidargemeinschaften),Humankapital(z.B.Wissen,Gesund-
heit), physisches Kapital (Unterkunft) und finanzielles Kapital
(Ersparnisse).VorallemabergehörtnatürlichesKapitaldazu–
fruchtbarerBoden,regelmäßigeniederschlägeundandereso-
genannteökologischedienstleistungen.
diePerspektiveder Livelihoods erfasst,wie sichdieVerände-
rungenderverfügbarenRessourcenaufdieMöglichkeitender
Menschen auswirken, ihr Leben selbst aktiv zu bestreiten. Zu
dieser Perspektive gehören drei weitere Aspekte von Armut.
derersteistdieerwähnteVerwundbarkeit(vulnerability)oder
AnfälligkeitvonMenschengegenüberKlimawandelfolgen.Ver-
wundbarkeitbedeutetdamit,wiestarkdieseFolgendiebeste-
henden Livelihood-Möglichkeiten der Menschen beeinträchti-
gen.Armutsbekämpfungbedeutetdann,dieseVerwundbarkeit
zubeheben.
derzweiteAspektistdieWiderstandsfähigkeit(resilience).Wie
verwundbarMenschensind,hängtauchdavonab,wiegutsie
daraufreagierenkönnen,wennKlimawandelfolgenihreLebens-
grundlagenerschüttern,inFormpunktuellerSchocks(z.B.eines
Unwetters)oderandauernderBelastungenwiez.B.abnehmen-
Kl Imawandel und armutsbeK ämpfung
die nutzung von brennholz wirkt sich auf die umliegenden ökosysteme aus
© Care
CARE 23
deWasserverfügbarkeit.Widerstandsfähigkeitbestehtdarin,1.
dieseProblemebewältigenund2.sichandieneuenUmstände
anpassenzukönnen(Handmer/dovers1996).WennMenschen
nurreagierenkönnen, indemsiedieVeränderungenabfedern
– z. B. indem sie bei ErnterückgängendenGürtel noch enger
schnallen–,sowirdsichihreVerwundbarkeitletztlichnichtän-
dern.BeständigesAbfedernundBewältigen(coping)sindinso-
fernnichtnachhaltig(davies1993).dieAnpassungandieneuen
Umstände(adaptation)hingegenkanndieVerwundbarkeitder
Menschen verringen.Umgekehrt gilt:wird ihregrundlegende
Verwundbarkeit verringert, so kann dies den Menschen neue
Spielräumeeröffnen,um sicheigenständigandieneuenUm-
ständeanzupassen (Kelly/Adger 2000).Werdenbeispielsweise
mit externer Unterstützung die Verfügbarkeit von Süßwasser
sichergestellt und Speichermöglichkeiten verbessert, so kann
zusätzliche Lebensmittelproduktion möglich werden, die als
Puffer dient. Widerstandsfähigkeit speist sich daher aus den
verfügbarenRessourcen,aberauchausdemZugangzuexterner
Hilfe(IISd2003:6).
die Stärkung der Widerstandsfähigkeit ist ein zentraler
Ansatzpunkt fürArmutsbekämpfung.dieseStärkungkannbe-
drohungsspezifischsein:WennKlimawandelTrockenheitbringt,
kann man Kleinbauern Zugang zu trockenheitsresistenten
Getreidesorten verschaffen. das setzt allerdings voraus, dass
sowohldiekonkreteBedrohungalsauchdieWirksamkeitder
MaßnahmegegendieseBedrohungfeststehen.Letztereistetwa
dann nicht gegeben,wenn die neu eingeführten Sorten zwar
trockenheitsresistent sind, ihr Anbau aber nicht mit anderen
AktivitätenderBauernvereinbarist.
Weiterhin wird jedoch die generelle Stärkung der Menschen
große Bedeutung haben. Gerade weil man nicht weiß, was
genau die Folgen von Klimawandel sind und wie effektiv die
spezielleStärkungderWiderstandsfähigkeit ist, isteswichtig,
die allgemeine Handlungs- und Reaktionsfähigkeit der Men-
schenzuerhalten.dasumfasstGesundheitalsgrundlegendste
Voraussetzung,EinkommenalsZugangzuweiterenRessourcen
undsozialenetzwerke,dieunvorhersehbareVerwundbarkeiten
ausgleichenkönnen(IISd2003:7).
Als letzterAspekt istSicherheit zunennen.BeiderArmutsbe-
kämpfungdurchCAREundandereOrganisationengehtesnicht
nurdarum,dassMenschenausreichendenundwirksamenZu-
gangzuRessourcenhaben,mitdenensieihrLebensichernund
ihreBedürfnissebefriedigenkönnen.Esgehtauchdarum,dass
dieserZuganggesichertistunddenMenschenerhaltenbleibt.
doch Klimawandel und seine Folgen unterlaufen dies. daher
müssen die Strategien und Aktivitäten der Menschen selbst,
aberauchjenederArmutsbekämpfungklimasicherwerden:Sie
müssen auch bei stärkeren und/oder anderen als den erwar-
teten Folgen vonKlimawandel funktionieren.Und siemüssen
auchschonohneKlimawandel,alsoinjedemFallnützlichsein
(no-Regret-Maßnahmen).
iV.4 Kriterien erFolgreiCHer AnpASSungSmASSnAHmen
Eine Studie aus dem Jahr 2007 hat 130 Fallstudien analysiert,
in denen durch Anpassungs- und Entwicklungspolitik auf den
Klimawandelreagiertwird.dieStudieordnetdieMaßnahmen
ineinemSpektruman(McGrayetal.2007:18,vgl.Grafik4).
AufdereinenSeitestehensolcheAktivitäten,diesichaufstruk-
turelleUrsachenderArmutundVerwundbarkeitallgemeinkon-
zentrieren(links).AufderanderenSeitestehensolche,diesich
aufdieKlimawandelfolgenselbstbeziehen(rechts).dazwischen
liegen Maßnahmen, die die Reaktionsfähigkeit der Menschen
speziellgegenüberKlimawandelfolgenstärkenundsolche,die
Klimarisikenvorausschauendinwirtschaftliche,politischeu.a.
Entscheidungenintegrieren.
derSinndieserdarstellungliegtwenigerdarin,dassMaßnah-
men eindeutig in eine Kategorie passen oder passen sollten.
wIderstandsfähIgKeIt speIst sICh aus den VerfÜgbaren ressourCen, aber auCh aus dem Zugang Zu externer hIlfe
24 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
Vielmehr zeigt das Spektrum systematisch verschiedene As-
pekteundHerangehensweisen,dieimIdealfallzusammenum-
gesetztwerden. Berücksichtigtman ineinemProjekt all diese
Aspektezugleich,wirddieZielgenauigkeithinsichtlicheinzelner
Aspekteabnehmen.dochkanndiesvorteilhaftseingegenüber
einer zu starken Fokussierung auf einen Einzelaspekt. Ganz-
heitlichkeitwirdinsoferneffektiverseinalsPräzision,dalokale
Klimawandelfolgen Menschen auf verschiedenste Weisen
zugleichbetreffen.
Effektivität ist eines von mehreren Kriterien, die Anpassungs-
maßnahmenimSinneeinerLive-lihood-orientiertenArmutsbe-
kämpfungerfüllensollten.EineÜbersichtsstudie,inderbisherige
Anpassungsweisenausgewertetwurden(IdS2008:27f.),schlägt
fünfKriterienvor,diesichwiefolgtkonkretisierenlassen.
die Kriterien sind nicht nur wichtig für die Betrachtung ge-
planter Maßnahmen. Auch die Art und Weise, wie sich Men-
schen selbst an Klimawandelfolgen anpassen und zuwelchen
Verschiebungen dies auf gesellschaftlicher Ebene führt (z. B.
zu steigendem Energiebedarf wegen erhöhtem Einsatz von
Klimaanlagen),kannmitdiesenKriteriengeprüftwerden.Eben-
sosollteAnpassungspolitikaufnationalerEbeneanihnenaus-
gerichtetwerden.
Kl Imawandel und armutsbeK ämpfung
grafik 5: verschiedene formen von anpassungsmaßnahmen. Quelle: mcgray et al. 2007, s. 18
1 2 3 4
UGANDA: Providingwomenwithcrossbredgoatsandinstructioningraze-freefee-ding(KaramojaAgropastoraldevelopmentProgramme)
BANGLADESH:diversificationoflivelihoodstrategiesinareasvulnerabletoflooding(SouthSouthnorth)
CUBA: Vaccinationprogramtoeradicatediseasesinlow-incomeareas(CubanMinistryofHealth)
Addressing Drivers of Vulnerability
Building Response Capacity
Managing Climate Risk
Confronting Climate Change
BRAZIL:Participatoryrefo-restationinRiodeJaneiro’shillsidefavelastocombatflood-inducedlandslides(CityofRiodeJaneiro)
MONGOLIA:Reinstatingpastoralnetworkstofosterappropriaterangelandmanagementpracticesinaridregions(nationalUniversityofMongolia)
TANZANIA:Revivingtraditio-nalenclosurestoencouragevegetationregenerationandreducelanddegradation(MinistryofnaturalResourcesandTourism,Tanzania)
TANZANIA:Monitoringsalini-zationofdrinkingwateranddrillingnewwellstoreplacethosethatarenolongerusab-le(SouthSouthnorth)
MALI: Teachingfarmerstocoll-ectclimatedataandintegrateitintotheirplantingdecisions(GovernmentofMali/SwissAgencyfordevelopmentandCooperation)
BANGLADESH:Usingnatio-nallystandardizedriskassess-mentprocedurestodevelopacommunityadaptionplanofaction(localgovernment)
INDONESIA: Managingcoralreefsinresponsetowides-preadcoralbleaching(WWF)
NEPAL:ReducingtheriskofglaciallakeoutburstfloodsfromTshoRolpaLake(Govern-mentofnepal)
VULNERABILITY FOCUS IMPACTS FOCUS
© Care © kava © kava © kava
CARE 25
iV.5 mASSnAHmen
CARE unterscheidet nach zunehmender dringlichkeit Maßnah-
men1.derFörderung,2.desSchutzesund3.derBereitstellung
vonLivelihoods(CARE1998).Letzteresbeziehtsichaufnothilfe,
mitderMenschenunmittelbaramLebengehaltenwerden.
Längerfristige Anpassung an den Klimawandel beinhaltet die
ersten zwei Kategorien. In der folgenden Tabelle wird diese
Unterscheidungaufgegriffen;dieMaßnahmenzurErnährungs-
sicherungwurdenhinzurallgemeinenAnpassungandenKlima-
wandelergänzt(CARE1998,Cordetal.2008,IdS2008).
Kriterium beSCHreibung
wirK-SAmKeit
Flexibilität
FAirneSS
eFFiZienZ
nACH-HAltigKeit
die Verwundbarkeit der Menschen wird tatsächlich vermindert, ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt, ihrZugang zu Ressourcen gesichert. Effektivität hängt auch davon ab, wie kompatibel Maßnahmen mit denLebensumständen,StrategienundkulturellenVorstellungenderMenschensind.daheristdiePartizipationderMenschenanderEntwicklungundUmsetzungderMaßnahmenunerlässlich.AußerdemsolltenMaßnahmenuntereinandernichtinKonfliktstehen.
MaßnahmensolltenwegendervielenUngewissheitenhinsichtlichderZukunftsoflexibelsein,dasssiebeiverschiedenen Ausprägungen des Klimawandels und seiner Folgen positiv wirken (no regret). Außerdemsollten sie mit geringen Aufwendungen verbunden sein, die in jedem Fall „verloren sind“ (sogenannteversunkeneKosten).
Maßnahmen der Armutsbekämpfung helfen verschiedenen Gruppen unterschiedlich. Sie sollten dabeibestehendeUngleichheitennichtverstärken–auchwennesinmanchenFällenleichterseinkann,wenigerverwundbare Gruppen zu stärken. Aus ethischen Gründen muss Armutsbekämpfung ihre Anstrengungenohnehingerechtverteilen.AusstrategischenGründensolltendieWirkungenvonMaßnahmenfairverteiltsein,weildenMaßnahmensonstUnterstützungundlangfristigeWirkungfehlen.
Schlechte Anpassung (maladaptation) liegt auch vor, wenn von möglichen Maßnahmen nicht diekostengünstigste verfolgt wird und/oder wenn die Kosten der Anpassung höher sind als ihr nutzen. dernutzen istallerdingsschwerzuquantifizieren–wieviel isteswert,dassMenschen ihreLebensgrundlageerhaltenbleibt?diesePerspektivewirdalsAnpassungsökonomie(economicsofadaptation)diskutiert.
Maßnahmensolltenberücksichtigen,wiesiesichlangfristigauswirkenkönnen,obihreWirkungenBestandhabenwerdenundobsieauchauf langeSichteffizientsind.nachhaltigkeitbeinhaltetauch,dasssichdieMaßnahmenihrerseitsnichtnachteiligaufdieörtlichenÖkosysteme,aufdensozialenZusammenhaltusw.auswirken.Sieberuhtvorallemdarauf,dassMaßnahmenimAlltagderMenschensoverankertwerden,dasssiefortbestehen,wenndieUnterstützungdurcheineHilfsorganisationendet.
tabelle 1. Quelle: verändert nach Ids 2008, 27f.
es gIlt, bestehende strategIen KlImasICher Zu maChen
26 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
Kl Imawandel und armutsbeK ämpfung
SCHutZ unD bewAHrung Von liVeliHooDS FörDerung Von liVeliHooDS
• Allgemein:Schutz/WiederherstellungdessicherenZugangszuRessourcenbzw.Produktionsmitteln.
• GrundlegendeBewusstseinsbildung:wasgeschiehtaufgrundvonKlimawandelundwiebetrifftesdieMenschen?dabeidurchPartizipationdaslokaleWissenüberEffekteeinholenundmitexternemWissenverbinden.
• denUmgangmitKlimawandelalsneuenormalitätimBewusstseinverankern,sodassMenschenihreLiveli-hood-Strategienvonsichausanpassen.
• MitHilfszahlungenverhindern,dassMenscheninKrisenihreProduktionsmittelveräußern.
• FrühwarnsystemeeinrichtenundKlimaänderungenver-folgen;PrognosenüberRisikenundderenAuswirkungenverfügbarmachen(Radiousw.).
• notfallpläne,umaufunerwarteteEreignisseschnellundeffektivreagierenzukönnen.
• ManagementderverbleibendenRisiken,z.B.inFormvonMikro-Wetterversicherungen.
• MaterielleInfrastruktur,diedenunmittelbarenFolgenvonKlimawandelentgegensteht(z.B.deiche,Bauvorschriften/-technologien;Bewässerungsanlagen;WasserspeicherinTrockengebieten).
• VerbesserungvonBoden-,Wald-,Wassermanagement,sodassu.a.dieLandwirtschafterhaltenbleibt
(z.B.ErosionsschutzdurchBaumpflanzungen).• Gesundheitlicheu.a.Maßnahmen,damitMenschen
durchKrankheitenoderMangelernährungnichthandlungs-undreaktionsunfähigwerden.
• Institutionalisierungund„Automatisierung“lokalerSchutzmaßnahmen:weristwofürverantwortlich,wiefindetdieKommunikationzwischendiesenPersonenundInstitutionenstattusw.
• damitverbunden:AusbildungderlokalenVerantwortlichenfürdiesespeziellenRollen.
• StabilisierungderErnteerträgedurchdiversifizierungderAnbaufrüchteundihreAnpassungandaszuerwartendeKlima.
• EntwicklungalternativerEinkommensaktivitäten,v.a.solche,diewenigerabhängigvondernatürlichenUmweltsind(z.B.nichtlandwirtschaftliche)oderdiewenigervonKlimawandelbetroffenseinwerden.
• RahmenbedingungenundAnreize,zusolchenalternativenStrategienüberzugehen.
• AlsVoraussetzungfürneuePraktiken:ZugangzuneuenTechnologien,GetreidesortenundanderenInnovationenschaffen.
• StärkungvonBewältigungsstrategien,diesichalsnach- haltigerwiesenhabenundkeine„Schlechtanpassung“ darstellen,z.B.saisonaleArbeitsmigration.• VerbesserungvonLagerungskapazitätenfürReservenbei
Ertragsausfällen.• VerbesserungdesManagementsvongemeinschaftlichen
Gütern,dievonKlimawandelbetroffenseinwerden,abernichtohneWeiteresvonindividuellenEigentümerngeschütztwerden.
• Bildung,diedieHandlungs-undReaktionsfähigkeitderMenschenverbessert.
• ZugangzupolitischenEntscheidungenverbessern,damitgemeinschaftlicheAnpassungentsprechendderkonkretenBedürfnisseerfolgt.
• Stärkung(empowerment)z.B.vonFrauen,sichmehrinEntscheidungeneinbringenzukönnen.
tabelle 2. Quelle: Care 1998, Cord et al. 2008, Ids 2008
CARE 27
V. Armutsbekämpfung und lebenssicherungsstrategien: Fallbeispiele und lektionen
WieTabelle2zeigt,sinddieInstrumentederLivelihood-orien-
tiertenArmutsbekämpfungaufdieAnpassunganKlimawandel-
folgen übertragbar. Insofern ist keine neue FormderArmuts-
bekämpfungnotwendig,sondernesgilt,bestehendeStrategien
klimasicher zu machen. Gelingt dies, so sind die Instrumente
auchbesondersgeeignet,weilsiedieSelbsterhaltungsfähigkeit
derArmenstärken.dieseFähigkeit istdurchKlimawandelge-
fährdet–undzugleicheinwichtigerTeilderLösung.dezentrale,
gemeinschaftsbasierteAnpassungkannnichtnurdietatsächli-
chenBedürfnisseerfassen,sondernauchdievorhandenenloka-
lenAnpassungskapazitätennutzen.
Im Folgenden werden Fälle geschildert, in denen auf Klima-
wandelfolgenreagiertwird.OftreagierendieMenschenselbst.
WährendKlimaveränderungenfürsiemeistnichtsneuessind,
sindjedochderungewöhnlicheUmfangunddiehoheGeschwin-
digkeitdesheutigenKlimawandelsHerausforderungen,dieihre
Anpassungsfähigkeitenstarkstrapazieren.dajedochAnpassung
ohnehinstattfindet,mussArmutsbekämpfungsieunterstützen
undgegebenenfallsAlternativenbieten.Eswirdhierbeigenau-
ergezeigt,wiedieseReaktionenundAnpassungendieArmut
bekämpfenundwas hieraus zu lernen ist. dabeiwird auf die
zuvorgenanntenKriterien–Wirksamkeit,Flexibilität,Fairness,
Effizienz und nachhaltigkeit – zurückgegriffen. die Fallstudie
zumdorf Toineke inWesttimor/Indonesienwurde von ZEF in
ZusammenarbeitmitCAREeigensfürdievorliegendeStudieer-
stellt.
V.1 KleinbAuern in tAnSAniA: SpeZiAliSierung unD unAbHängigKeit Von Der lAnDwirtSCHAFt
In der Livelihood-orientierten Armutsbekämpfung wird die
diversifizierung von wirtschaftlichen Aktivitäten betont (Ellis
1998). diese reduziert die Verwundbarkeit der Menschen,
indemsienotfallsaufandereEinkommensquellenausweichen
können.
Allerdingsheißtdiesauch,dasssiedieAktivitätengleichzeitig
aufrechterhaltenmüssenundsieentsprechendweniger inten-
sivbetreibenkönnen.Manchmalerscheintessinnvoller,sichzu
spezialisieren.BeobachtetwurdediesbeiKleinbauerninKenia
undTansania(Eriksen/Brown/Kelly2005).
CAREhateineLänderstudieüberFolgendesKlimawandelsund
AnpassunginTansaniaerstellt(Ehrhart/Twena2006).Tansania
istdasgrößteundbevölkerungsreichste,aberauchdasärmste
LandOstafrikas.AlsvorrangigeBedrohungwirdangenommen,
dassdieHäufigkeitundIntensitätvonExtremwetterereignissen
zunimmt.Etwa80%derBevölkerunglebenvonregenbewässer-
ter (Subsistenz-)Landwirtschaft, die anfällig für Klimaschwan-
kungen ist.Unterernährung istweit verbreitet undnahrungs-
hilfehäufignotwendig.
ImdistriktSaweniimnordostendesLandeswurdeuntersucht,
wie Kleinbauern mit dürren umgehen, um ihre Ernährungs-
sicherheit zuerhalten (Eriksen/Brown/Kelly 2005).dort treten
trockenheitsbedingte Ernteausfälle regelmäßig auf. Wasser,
WeidelandundBrennholzsindknapp.Kleinbauernbaueneine
relativgroßeVielfaltanFeldfrüchtenan,wobeiMaisdominiert.
dieViehhaltunghatindenletztenJahrzehntendrastischabge-
nommen. Seit den 1970er-Jahren wurden zunehmend zusätz-
licheErzeugnisseausderUmgebungimportiert.dieRollenicht
landwirtschaftlicherEinkommennimmtzu,auchwenndiemeis-
tenHaushaltedieLandwirtschaftbeibehalten.JungeLeutestre-
bennachLohnarbeit,jungeMännerwandernhäufigab.
IndürrezeitenwurdeninderVergangenheitFrüchtegesammelt
der ungewöhnlIChe umfang und dIe hohe gesChwIndIgKeIt des KlImawandels strapaZIeren dIe anpassungsfähIgKeIt der mensChen
28 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
und auf Knollengewächse zurückgegriffen, Vieh und Geflügel
wurden verkauft. Gelegenheitsarbeit, familiäre Unterstützung
und nothilfe waren weitere Bewältigungsformen. die Men-
schenselbstunterscheidenHaupt-undnebenstrategien.Erstere
sind regelmäßigeAktivitäten, die zuverlässig Einkommenher-
vorbringen,auchüberlängerePhasen,unddieLandwirtschaft
ersetzen. Häufig genannte Beispielewaren Kleinunternehmen
(z.B.einLaden)oderHandarbeitwieTeppichknüpfen.neben-
strategien bestehen darin, einzelneGelegenheiten zu nutzen,
z.B.Seileherzustellenundzuverkaufen,wenndieHauptstra-
tegien nicht möglich sind. die Hauptstrategien sind intensiv,
spezialisiertundmitGeldeinkommenverbunden.Geldistwich-
tiggeworden, v. a. fürdenZukauf von Lebensmittelnund für
Gesundheitsleistungen.
dieAutorenmachendiezunehmendeMonetarisierungundden
BedeutungsverlustlokalerProduktealsUrsachendafüraus,dass
sichdieMenschen,umdürrephasenzubewältigen,aufwenige
Aktivitätenspezialisieren.dasschließtauchdieMöglichkeitein,
dasssichverschiedenePersonendesgleichenHaushalts–und
nicht der gesamte Haushalt – auf eine Sache konzentrieren.
Auchwenn nachwie vor Landwirtschaft diemeistfavorisierte
Aktivitätist,setzenMenschensolchespezialisierten,geldorien-
tiertenAktivitätenfort,umsienichtzuverlierenundindürre-
zeiten weiterhin Zugang zu ihnen zu haben (Eriksen/Brown/
Kelly2005).
Es handelt sichwiederumumeinen von der lokalen Bevölke-
rung selbst getragenen Umgang mit Klimawandelfolgen. der
Zugang zu den favorisierten Livelihood-Formen, die speziali-
siertundmitGeldeinkommenverbundensind,istungleich,z.B.
leichterfürdiebesserQualifizierten.EffektivistdieseFormder
Bewältigunginsofern,alsdieMenschenohnehinmehralsfrü-
heraufGeldangewiesensind.MöglicherweisemachtsieGeld
auchflexibler,weilesvariablereinsetzbar istalsdie landwirt-
schaftlichennaturalien.
AllerdingsistBewältigungnichtgleichAnpassung.dieständige
Bewältigung von umweltbedingtem Stress bzw. druck auf die
armutsbeK ämpfung und lebenssICherungsstr ategIen: fallbeIspIele und leK t Ionen
der Klimawandel verstärkt den weltweiten hunger
© Care
CARE 29
Livelihood-AktivitätenistnichtnachhaltigundstelltkeineVer-
ringerungderstrukturellenVerwundbarkeitderMenschendar.
Möglicherweise ist der in Tansania beobachtete Umgang mit
dürren keine „Schlechtanpassung“. Jedoch können bei gerin-
gemWirtschaftswachstumlokaleArbeitsmärktenichtlandwirt-
schaftlicheTätigkeitennurbegrenztaufnehmen.JemehrMen-
schensichaufdieseBewältigungsstrategiekonzentrieren,umso
geringerwirdderenEffektivität,dadasmöglicheEinkommen
abnimmt. Außerdem verlieren Menschen mit der Spezialisie-
rungaufnicht landwirtschaftlicheTätigkeitenauchdieErnäh-
rungssicherheit, die mit Subsistenzwirtschaft trotz der Belas-
tungdurchKlimawandelverbundenseinkann.Geldeinkommen
könnenausbleibenoder anKaufkraft verlieren, etwaweil die
Lebensmittelpreise global ansteigen. die Strategie, sich ange-
sichtsvonKlimawandelunabhängigvonderLandwirtschaftund
natürlichenRessourcenzumachen,enthältRisiken.Auchande-
re Wirtschaftssektoren werden von Folgen des Klimawandels
betroffen sein. dann wird die Verwundbarkeit der Menschen
möglicherweisenurverschobenundnichtverringert.
V.2 miKroVerSiCHerungen in inDien: Arme SiCHern SiCH SelbSt gegen riSiKen Ab
Seit vielen Jahren unterstützen Mikro-Finanzdienstleistungen
Menschen darin, aus der Armutsfalle auszubrechen. Kleinst-
kredite ermöglichen es beispielsweise, kleine Unternehmen
aufzubauen.
neuerdingswerdenauchMikroversicherungeneingesetzt.Mit
diesen können sich Menschen absichern, die wenig Besitz zu
versichernhabenundnurgeringePrämienzahlenkönnen. In-
sofernhandeltessicheinerseitsumeineFormdesLivelihood-
Schutzes: wenn plötzliche oder auch dauernde Ereignisse –
Stürme,dürren–Produktionsmittel zerstören,kanndurchdie
AuszahlungdasgefährdeteEinkommengesichertwerden.
AndererseitshabenVersicherungenauchdenVorteil, dass sie
Risikovorsorge belohnen. Vor allem bei indexbasierten Ver-
sicherungen ist dies der Fall: die Auszahlung ist durch einen
physischenAuslöserbedingt,z.B.Regenfalleinerbestimmten
Stärke,undnichtdurchdietatsächlichenSchäden,dieeinBau-
er dadurch erleidet. diese Schäden kann er durch den Anbau
robusterer Pflanzen verringern (Arnold 2008). Insofern stellen
dieVersicherungenaucheinenAnreizdar,deneigenenLebens-
unterhaltklimasicherzumachen.
box 3: miKroVerSiCHerungen unD wetterKAtAStropHen: CAre inDien unD bAjAj-AlliAnZ
CARE Indien und das indische Versicherungsunternehmen
Bajaj-Allianzversicherngemeinsametwa92.000Menschenin
den Küstengebieten des indischen Bundesstaats Tamil nadu
mitMikroversicherungen. RnMohanty, der Leiter von CARE
India Microinsurance, sieht die wichtigste Herausforderung
des Konzepts darin, die Menschen zu überzeugen, solche
Risikovorsorgein ihreLivelihood-Strategieneinzubindenund
eineVorsorgekulturzuentwickeln:„Fast90%derKundensind
Erstversicherer.[…]diemeisteArbeitliegtinderBildungund
AusbildungderMenschen.“
dafür muss das System Vertrauen erhalten – entsprechend
wichtig ist es,dassVersichertenansprüchegutgeregeltwer-
den.darinwurdedasSystemkürzlichaufdieProbegestellt.
Imnovember2008trafderWirbelsturmnishadieKüstedes
Bundesstaats Tamil nadu und machte Tausende obdachlos.
MitarbeiterdesProjektsreistenumgehendindiebetroffenen
Gebiete,umdieSchädenschnellprüfenunddieVersicherten
auszahlen zu können. das zeigte den Menschen, wie sinn-
volleswar, indieVersicherungzuinvestieren.Entsprechend
wächstnundasInteresse.
VersICherungen stellen auCh eInen anreIZ dar, den eIgenen lebensunterhalt KlImasICher Zu maChen
30 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
RisikominderungermöglichtArmenSpielräume fürdieAnpas-
sung an Klimawandelfolgen (Lemos/Tompkins 2008). Indem
MikroversicherungenbestehendeLivelihood-Systemeabsichern
undihreVerbesserungfördern,sindsiegeeignet,Menschenvor
einem (erneuten) Abrutschen in dieArmut zu bewahren oder
ihnenlängerfristigeinenAufstiegzuermöglichen.Werjedoch
arm ist, kann sich diese Absicherung oft nicht leisten (Reiner
2008).BishererreichennurwenigeVersicherungendieArmen
(Arnold 2008, Pierro/desai 2008). dem lässt sich begegnen,
indem man die Menschen in der Prämienzahlung unterstützt
–beispielsweisevonseitenderLänder,diedenanthropogenen
Klimawandelwesentlichverursachen.Umfürdienutzergeeig-
netzusein,müssendieVersicherungenunkompliziertundver-
ständlichsein;auchmussesmöglichsein,diePrämienzahlung
flexibelzuhalten.AndernfallsfallenMenschenmitunregelmä-
ßigenEinkommenschnellwiederausdemSystem.
Versicherungen sind nicht die einzige Form,wie Arme klima-
wandelbedingte Risiken, etwa Schäden durch naturkatastro-
phen, handhaben können. Finanzielles und soziales Kapital
(Ersparnisse,WissenundAusbildung,familiärerZusammenhalt)
gehörenalswichtigeKomponentenderLivelihood-Ressourcen
ebensodazu.Allerdingskönnendieseüberlastetwerden,wenn
Schäden in schnellerFolgeauftreten.dannkönnenMenschen
gezwungensein,Besitzzuverkaufen,Krediteaufzunehmenund
sowiederinArmutzufallen(Arnold2008).Hinzukommt,dass
bei naturkatastrophen oft alle Mitglieder einer Gemeinschaft
betroffensind.Umzufunktionieren,mussdaherdasRisikobrei-
tergestreutwerden– sonstwerdendiePrämienentweder zu
teueroderdieVersichererkönnendieAuszahlungnichtleisten.
dabei erschwert Klimawandel seinerseits diese Systeme. die
potenziellen Schäden etwa durch Extremwetterereignisse
werdenhäufigerundgrößer,sodassVersicherersichausdem
Marktzurückziehen.Beobachtetwurdediesbereits inKüsten-
regionen.dasSystemwirdsichdahererstlängerfristigundmit
großerFlächendeckungundentsprechenderRisikostreuungloh-
nen.AußerdemmüssenRückversicherungenaufgebautwerden
undesmussinbessereInfrastrukturinvestiertwerden,umden
Versicherungsbedarfzusenken.
Schließlichwerdenneue,demlokalenBedarfgenauangemes-
seneVersicherungen ausprobiert, damit die Kosten desVersi-
chererstragbarbleiben.EinBeispielistdieGesundheitsversiche-
rung,dievonBajaj-AllianzinIndienangebotenwird.Zusammen
mit CARE wurde ein Kooperationssystem entwickelt, in dem
dielokaleGemeinschaftdieVersicherungselbstverwaltetund
67%derPrämieneinbehält.HiermitwerdendiemeistenAnsprü-
cheabgegolten.ErstwennFälledieKapazitätderGemeinschaft
übersteigen, übernimmt Bajaj-Allianz die Ansprüche. nach
einemJahrLaufzeitzeichnetsichab,dass80bis90%derFälle
vonderGemeinschaftgetragenwerdenkönnen(Allianz2009).
mikroversicherungen sind eine innovative form der anpassung
armutsbeK ämpfung und lebenssICherungsstr ategIen: fallbeIspIele und leK t Ionen
© sandra bulling
CARE 31
Vi. Fallstudie westtimor, indonesiendas folgendeBeispiel desdorfes Toineke inWesttimor (Indo-
nesien)zeigtaufgreifbareWeise,wieMenschenvomglobalen
KlimawandelinihrenÜberlebensstrategienbetroffensindund
wiesiedamit–mehroderwenigererfolgreich–umgehen.
Vi.1 AuSwirKungen DeS KlimAwAnDelSin (oSt-)inDoneSien
ImerstenTeilwurdeaufdieUnsicherheithinsichtlichkonkreter
Auswirkungen des Klimawandels auf das lokale Wetter hinge-
wiesen.TrotzdemgibtesregionalspezifischeProjektionen(IPCC
2007a:Kap.11,2007b:Kap.9–16;WBGU2007:Kap.7).
Mit ca. 2,5° C wird die Erwärmung in Südostasien dem globa-
len Mittel ähnlich sein. niederschläge werden um etwa 7 %
zunehmen, sich dabei aber auf bestimmte Regionen konzent-
rieren (Boer/Faqih 2004). Indonesien wird voraussichtlich stark
vom Meeresspiegelanstieg betroffen sein: Bei einem Anstieg
von einem Meter werden 2.000 Inseln und 400.000 Hektar
Land verloren gehen (IPCC 2007b: 485). Wegen der komple-
xen Landschaft der Region können lokale Entwicklungen stark
von diesen regionalen Trends abweichen; Temperaturerhö-
hungen können im Landesinneren wesentlich höher ausfallen.
Vor allem Ostindonesien ist vom El-nino-Southern-Oscillation-
Phänomen (EnSO-Phänomen) betroffen. Reduzierte nieder-
schläge führen zu längeren Trockenzeitenunddürren; so etwa
1982/1983, 1991, 1994 sowie 1997/1998 (Hulme/Sheard 1999).
Woniederschlägezunehmen,nimmtauchdieTendenzplötzlich
heftigerniederschläge zu (IPCC2007a:886),dieErosionenund
ÜberschwemmungenzurFolgehaben.Zwar istunklar,wie sich
tropischeWirbelstürmeentwickeln,diebesondersinOstindone-
sienauftreten.JedochwirdeineZunahmeihrerIntensitäterwar-
tet(bei2bis4°CErwärmungderMeeresoberflächentemperatur
um etwa 10 bis 20%, IPCC 2007b: 479); ihreHäufigkeit nimmt
möglicherweisesogarab.Indonesienwird,alsweltweitdrittgröß-
terTreibhausgasemittent,vorallemalsKlimasünderwahrgenom-
men(Weck2007,J.Müller2008).dieseFallstudiezeigthingegen,
wie in IndonesienundweltweitdieArmen–diezumeistkaum
vomUmweltraubbauprofitieren–dessenFolgentragen.
Vi.2 toineKe, weSttimor: wirtSCHAFt unD geSellSCHAFt
dasdorf Toineke liegt anderMündungdes Flussesnoemuke
in den Indischen Ozean. Es umfasst 680 Haushalte (ca. 3.000
Einwohner), zwei Grundschulen, fünf Kirchen und vier lokale
Gesundheitszentren.
die Menschen leben seit Generationen von Subsistenzland-
wirtschaft, sindalsostarkvondernaturabhängig.Außerdem
fall studIe west t Imor, IndonesIen
Allgemeine DAten Zu weSttimor, inDoneSien
Provinz: nusaTenggaraTimur
Provinzhauptstadt: Kupang
Insel:Timor
Fläche:14.394,90km²
Einwohner:1,7Mio.
Ethnien:AtoinMeto,Tetum,Bunak,Kemak
Sprachen:Indonesisch,UabMeto,Helong,Rotinesisch,Tetum
Religionen:55%Katholiken,34%Evangelen,8%Muslime;
AhnenkultundGeisterglaubeverbreitet
Klima: Westmonsun/Regenzeit (nov. bis April), Ostmonsun/
Trockenzeit(MaibisOkt.)
Wirtschaftssektoren:Landwirtschaft (40%d.BSP;68,5%d.
arb.Bevölkerung),Handel(15,9%;6,5%),Baugewerbe(7%;
2,4%),TransportundKommunkation(6,2%;4%),Verarbei-
tendeIndustrie(1,7%,8,2%),Bergbau(1,3%;0,8%),Strom
undGas(0,4%;0,1%)
Quelle: badan pusat statistik, ntt 2008
beI eInem meeresspIegelanstIeg Von eInem meter werden In IndonesIen 2.000 Inseln und 400.000 heKtar land Verloren gehen
32 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
betreibensieGemüse-undObstgärten,Viehzucht,Kleinhandel
und Heimindustrie. nur wenige Familien betreiben Fischfang
imnahegelegenenMeer.nebendenProduktenausLandwirt-
schaft und Viehzucht werden Webarbeiten, Behälter aus Pal-
menblättern,Kunsthandwerk,KokosnussölundSüßigkeitenfür
denVerkaufangefertigt.AußerdemwerdenSchreinerarbeiten
und Baumaterial von der Putak-Palme, Feuerholz, Kokosnuss-
setzlinge,BetelnüsseundZigarettengehandelt.EinzelneFami-
liennutzendennur inAbend-undnachtstundenverfügbaren
StromfürdieProduktionvonSpeiseeis.AndereverkaufenSalz,
das durch stundenlanges Kochen von Meerwasser hergestellt
wird.dieses „Salzkochen“hatweitreichendenBaumschlag für
FeuerholzzurFolge.
der ursprünglich sehr fruchtbare Boden bewirkte seit den
1960er-Jahren stetigen Bevölkerungszuwachs. Während 1960
dieAnzahlderHaushalte78betrug,stiegdieseZahlinnerhalb
von10 Jahrenbereits auf180. Folglich setzt sichdieBevölke-
rung vonToinekeaus verschiedenenethnischenGruppenund
Herkunftsorten zusammen. die überwiegende Mehrheit der
dorfbewohnerwohntinkleinenein-bisdreiräumigenHäusern,
gefertigt aus Holz (Rahmen und dachgestell), getrockneten
Zweigen der Curypha Utan Palme (Wände), umgangssprach-
lichundimFolgendengenanntPutak-Palme,undPalmzweigen
derPutak-Palme (dachbedeckung).derBoden ist inderRegel
gestampfte Erde. Gekocht wird auf drei im Feuer liegenden
SteinenaufdemBoden.ModernereHäuserausHolzsowie(teil-
weise)ausSteinundBetonbildendieAusnahme.
fall studIe west t Imor, IndonesIen
V.3 loKAl wAHrneHmbAre Folgen DeS KlimAwAnDelS
dasKlimaWesttimorszeichnetesichbisindie1980er-Jahredurch
eine relativ verlässlicheAufteilung in eine Trockenzeit vonMai
bisOktoberundeineRegenzeitvonnovemberbisAprilaus.Als
sicheresZeichenfürdenBeginnderRegenzeitgaltdermehrere
Tage hintereinander fallende Regen. nach zwei bis drei Tagen
kontinuierlichemRegenbegannendieBauernzupflanzen.
SeitBeginnder1990er-JahrejedochbeobachtetdieBevölkerung
Toinekesmassive lokaleKlimaveränderungen. SeitAnfangder
1990er-Jahrewurde die Trockenzeit länger und in zahlreichen
Jahren(1992,1994,1995,1997,1998sowie2006,2007und2008)
littdasdorfuntermassiver,dasgesamteJahranhaltenderdürre.
VoninsgesamtsiebendorfbrunnentrocknetenvierimZeitraum
von1992bis1995aus.FolglichnahmderAufwandzumWasser-
holen massiv zu. der zusätzliche Zeitaufwand beeinträchtig-
te Heimindustrien, Wassermangel führte zu Ernteausfällen in
Gemüse-undObstgärtensowiezugesundheitlichenEinbußen
beiMenschundTier.HinzukamenmassiveErnteausfälleaufden
Feldern.das folgendeÜberangebotanKleinvieh zumVerkauf
führtezumPreisverfall.Zwischen1997und2006erholtesichdie
Situationetwas,mit jeweilszwei JahrenverlängerterTrocken-
zeitundeinemJahrguterRegenzeitfürdieLandwirtschaft.
AmAbenddes16.Mai2000überschwemmteeineschnellauf-
steigendeFlutwelledasdorf.Bis zu zweiMonate standendie
ebenerdigen Häuser im mit lehmigen, teilweise salzhaltigen
seIt begInn der 1990er-Jahre beobaChtet toIneKe massIVe loKale KlImaVeränderungen
Karte toineke, Quelle: google-maps
CARE 33
Sedimenten angereicherten Wasser. die Flut zerstörte Fel-
der, Gemüsegärten, Heimindustrien, beschädigte Häuser und
schwemmte Besitz davon; zahlreichenutztiere ertranken.Mit
demstehendenWasserkamenMoskitosundKrankheiten, ins-
besondereMalariaunddurchfallerkrankungen,aberauchden-
guefieber.InTeilendesdorfesversalztenBrunnenundBoden.
ZuvorwardasdorflediglichindenJahren1972und1990über-
schwemmt worden. doch beide Überschwemmungen seien,
lautdendorfbewohnern,nicht zuvergleichenmitderFlut im
Jahr 2000. Seitdem wird das dorf jedes Jahr in den Monaten
dezemberbisMaimehrmalsüberschwemmt,wennauchnicht
imAusmaßvon2000.JenachLageimdorfbleibenWasserund
SedimentebiszudreiWochenstehen.IndenAuswirkungender
ÜberschwemmungenaufdieLandwirtschaftunterscheidetdie
Bevölkerung zwischenWasserund Sedimenten vomBergund
vomFluss.WährenddasWasservomBergalspositivundfrucht-
bar empfunden wird, schadet das mit Meerwasser gemischte
FlusswasserderLandwirtschaft.
mehrere extreme dürren trafen toineke in den 90er Jahren; massive ernte-ausfälle auf feldern und gärten waren die folge
FAllbeiSpiel: ibu yAnSe ton
Seit2000hatsichdieFamilieaufdieÜberschwemmungenein-
gestellt,unternimmtjedochkeinevorbeugendenMaßnahmen
oder verfolgt längerfristige Strategien derAnpassung. Statt-
dessenverlässtIbuYanseihrHaus,wenndasWasserkommt
undgehtzuhöherwohnendenVerwandten.WenndasWas-
serihrHausverlassenhat,kehrtsiezurückundbefreitesvon
SedimentenundWasserresten. IbuYansebegründetdasmit
demMangelanfinanziellemundHumankapital.„Selbstunser
täglichesEssenzubeschaffen ist schonschwer.Wiekönnen
wir zusätzlich den Bau eines sicheren Hauses planen?“ Vor
den Überschwemmungen hielt sie Kleinvieh (insbesondere
Hühner).„HeuteaberwerdenalleunsereBemühungen,etwas
dazuzuverdienen, von den Überschwemmungen erschwert.“
WenndieErnteeinmalmehrvomWasserunddenSedimenten
zerstörtwird,suchtsieimWaldnachwilderKassavaundden
Samen der Tamarinde als nahrungsmittelersatz. doch auch
daswirdzunehmendschwerer.WildeKassavagibtesimmer
wenigerimWald,berichtetIbuYanse.
IbuYanseTon (Alterunbekannt,2 JahreGrundschule, verwit-
wet, 4 erwachseneKinder), lebt gemeinsammit ihrem Sohn,
seinerFrauundseinenzweiKindernineinemstarkwetterbe-
schädigten,auslokalenMaterialienebenerdiggebautenHaus,
im regelmäßig starküberflutetenBereichdesdorfes. Im Jahr
2000wuschdieFlutallihreBesitzständeweg,ihrViehertrank,
Teile des Hauses fielen zusammen. Ihre Familie erkrankte an
MalariaunddiarrhömiteinwöchigemKrankenhausaufenthalt.
© anna-Katharina hornidge
© anna-Katharina hornidge
34 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
Im Vergleich zu den Trockenperioden in den 1990er-Jahren
kommt die Regenzeit seit 2000 wieder zuverlässiger. der ge-
naueZeitpunktunddiedauer jedochsindnichtverlässlich. In
manchenJahrenbeginntesbereitsimOktoberzuregnen,hört
dann jedochwiederauf.PakMartinusTaneobeschreibt:„Frü-
her,wenndieRegenzeitanfing,hörtederRegennichtmehrauf.
Heute regnet es,wir pflanzen und dann setzt der Regen aus,
manchmalbisJanuaroderFebruar.“InderfolgendenHitzege-
hendiegeradegesätenPflanzenein,sodassimdezemberoder
Januar,wennderRegenzurückkehrt,neuesSaatgutgekauftund
gepflanztwerdenmuss.derBirch-Effect,alsodiehöherenähr-
stoffabgabe der Erde an die Pflanzen nach erstemRegen, die
fürca.30%derErnteverantwortlichist,gehtverloren(Wood
1995:76).InanderenJahrenkommtderRegenerstinderzwei-
tenWochedesdezembersoder im JanuarundbleibtbisMai.
Seit2005beobachtendieMenschen,dassdieRegenzeitwieder
längerwirdundmanchmal vonOktoberbisMai anhält.doch
währenddieserZeitfälltderRegeninkurzen,abruptenPhasen,
gefolgtvonTagenderTrockenheit.diesgehthäufigeinhermit
Überschwemmungen.IndenvergangenendreiJahrenhingegen
warendieTrockenzeitenähnlichdendürreninden1990er-Jah-
renextremheißundlang.Trotzdemregneteshinundwieder,
wasunüblichfürdieTrockenzeitist.
fall studIe west t Imor, IndonesIen
Im mai 2000 erlebte toineke eine der schwersten Überschwemmungen der dorfgeschichte, bis zu zwei monate standen die häuser unter wasser
dIe Zunehmenden unregelmässIgKeIten des wetters gefährden dIe landwIrtsChaft und somIt dIe sICherung des lebensunterhalts
© Care Indonesien
CARE 35
Vi.4 bewältigungS- unD AnpASSungSStrAtegien
diesezunehmendenUnregelmäßigkeitendesWettersgefährden
dieLandwirtschaftundsomitdieSicherungdesLebensunterhalts.
die Menschen sehen diese Veränderungen allerdings nicht im
LichtedesglobalenKlimawandels. Sienehmen sie als konkrete
VeränderungeninderlokalennaturundimWetterwahrunddis-
kutierensiealssolche.ZweihierbeiregelmäßigverwendeteSätze
lauten„alamsudahberubah“(dienaturhatsichgewandelt)und
„musimsudahberubah“(dieJahreszeitenhabensichgewandelt).
EinigeBewohnersehendieVeränderungenauchalsHerausforde-
rungGottes,Wegezufinden,mitdiesenverändertenBedingun-
genauchinZukunftzuleben.
Bisher unternahm die dorfbevölkerung eine Reihe kollekti-
ver, jedoch weitgehend misslungener Versuche, um die Über-
schwemmungen abzuwenden. Eine das gesamte dorf umfas-
sende langfristige Strategie der Anpassung existiert nicht; es
werdenjedochmitUnterstützungdrittermöglichediskutiert.
AufindividuellerEbenewurdeeineReiheerfolgreicherkurzfris-
tiger Bewältigungsstrategien entwickelt,Maßnahmen, umdie
WetterveränderungenzuantizipierensowieStrategienderlang-
fristigen Anpassung. Gerade in der kurzfristigen Bewältigung
greiftdieBevölkerungauftraditionelleFormenderErnährungs-
sicherungwährendHungerphasenzurück.Weildies jedoch in
den letzten Jahren immerhäufigernotwendig ist,werdendie
dafürnötigenRessourcenzunehmendüberstrapaziert.
a. Vorbeugende maßnahmen zum Abwenden der Klimawandelfolgen
Mit einigen Maßnahmen versucht die dorfbevölkerung, die
umliegendenaturunddiePositiondesdorfesdarinsozube-
einflussen,dassdasdorfvondenaktuellenKlimawandelfolgen
wenigerbetroffenwird– soetwa,dasdorf vorÜberschwem-
mungen zu schützen. Im Juli 2000beispielsweise strebtendie
dorfältesten eine Umsiedlung des dorfes an. dies scheiterte
FAllbeiSpiel: pAK AuguStinuS lebiSA unD ibu nAemA bAnoet
PakAugustinusLebisaundIbu
naema Banoet (Alter unbe-
kannt,verheiratet,keineKin-
der) leben in einem kleinen,
aus lokalen Baumaterialien
gefertigten Ein-Raum-Haus
mit einer Holzbank, hölzer-
nenSchlafstätteundKochbe-
reichmitoffenemFeuer.derMaiswird,wie traditionellüblich,unterdemdachgelagert.
UrsprünglichausKollbanaundnununamat,bautensiesichin
ToinekeeinLebenauf.dochleiderbliebenKinderaus.Heute
istIbunaema(keineSchulbildung)seitzweiJahrenerblindet
undPakAugustinus(dreiJahreGrundschulbesuch)leidetunter
Schwerhörigkeit. Ihr einHektar großes Land auf demHügel
bewirtschaften entfernte Verwandte gegen 20 Kilogramm
MaisimJahr.diesreichtnichtaus,dochPakAugustinusund
IbunaemakönnendasLandnichtmehrbewirtschaften.Statt-
dessenhaltensieKleinvieh.ImJahr2000ertrankenihnenfünf
Kühe.HeutehaltensieeinSchweinundzweiHühner.
Ibunaemaerzählt: „Alswir jungwaren, pflanztenwirMais
undergedieh.Heuteisteszuheissundtrocken,gefolgtvon
Überschwemmungen.“WennPakAugustinusspürt,dassder
Regenkommt,bautereinenViehstallaufStelzen.Erundseine
Frau jedochwartenbisdasWasserkommtundkletternerst
dannaufdasdachihresHauses.HäufigreichendievomWas-
serangespültenSedimenteihnenbisandieKnie,dasWasser
biszurBrust,sodassIbunaematagelangaufdemdachkocht.
SiewürdengernihrHausaufStelzenbauen,dochesfehlendie
nötigenBaumaterialienundKraft.
PakAugustinusundIbunaemaverfügenwederüberZugang
zum staatlichen noch zum innerfamiliären System sozialer
Absicherung.IhreMöglichkeiten,sichaufdieverändertenBe-
dingungeneinzustellen,sindäußerstgering.PakAugustinus
erläutert:„Wirsindalt.WirhabenkeinGeld.Wirwarten,bis
wirsterben.“
© anna-Katharina hornidge
36 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
jedoch an der notwendigkeit,mit demMinisterium für Land-
undForstwirtschaftinJakartazuverhandeln,daszuständigfür
dasanvisierteGebietist.dermomentanedorfvorsteherbegrün-
det:„ZumeinenhabenwirnichtdasGeld,umdorthinzufliegen
undzumandernsindwirkleineLeutemitkleinerBildung.Wir
können nicht die intelligenten und reichen Leute treffen.“ Im
gleichen Jahr begann die distriktregierung, in jährlichem Ab-
standdenFlussauszuheben.dadieSedimentejedochdastiefe-
reFlussbettimmerwiederauffüllen,werdendieÜberschwem-
mungendadurchnichtverhindert.
Im Jahr 2004 baute die dorfbevölkerung mit der finanziellen
Unterstützung einer indonesischen nichtregierungsorganisati-
on einen 5.600 Meter langen Kanal oberhalb des dorfes, um
Sedimente und Wassermassen der Überschwemmungen vom
dorf fernzuhalten.der inHandarbeiterstellte,einMeter tiefe
Wall war jedoch bereits nach einer Überschwemmung zuge-
schwemmt. Auch war er nach Meinung des derzeitigen dorf-
vorstehersfalschausgerichtet,sodasssichdasWasserimWall
sammelte,stattdirektinRichtungFlussabzulaufen.
IndenJahren2006/2007pflanztediedorfbevölkerungamFuß
desBergeshinterdemdorf,woderWaldindenvergangenen
Jahrzehntennachundnachabgeholztwordenwar, ca.20.000
Bäume. In der darauffolgenden Trockenzeit starb die Hälfte.
SeitdemplantderdorfvorsteherkeineweiterenBaumpflanzun-
genoberhalbdesBereichsvonToineke.
b. reaktiv-kurzfristige bewältigungsstrategien
AndereMaßnahmenwarenreaktivundbestandeninderunmit-
telbaren,kurzfristigenReaktionaufakuteGefahren.diemeisten
derhier genannten Strategien sind traditionell überlieferteBe-
wältigungsstrategieninZeitenderKnappheit.Siesindintraditio-
nellePraktikenundlokalesWisseneingebettet.Sieentsprechen
teilweise den alltäglichen Strategien der Lebenssicherung, die
jedochinZeitenderKnappheitverstärktgenutztwerden:
• wenndieFlutkommt,aufdasdachsteigenoderzunicht
betroffenenVerwandtenziehen;
• imWaldnahrungsuchen(z.B.dasInnerederPutak-Palme,
SamenderTamarinde,wildeKassava);
• Vieh verkaufen, umnahrungsmittel zu kaufen – Aufgabe
längerfristigenKapitalszumkurzfristigenÜberleben;
• Produktion undVerkauf vonKokosnussöl, Salz und Palm-
wein(IrisTuak),Kapok(pflanzlicherFüllstofffürMatratzen)
undPelepah(BaumaterialderPutak-Palme);
• FischenimMeer
• zeitlichbegrenzteSuchenachArbeitinumliegendenStäd-
ten(alsHausgehilfInnen,Motorradtaxifahrer,Tofuverkäu-
ferusw.);
• Kinder von der Schule nehmen; das Büchergeld für nah-
rungsmittelaufwenden;
• während Überschwemmungen: Kinder nicht zur Schule
schicken,ausAngstvorweitererFlutwelleundErtrinkungs-
gefahr.
c. Zukunftsorientierte bewältigungsstrategien
ZukunftsorientierteBewältigungsstrategienwerdenbereitsvor
einerÜberschwemmung/dürre durchgeführt, umdiese Zeiten
der Knappheit vorzubereiten. Siewerden allerdings auch des-
halbgewählt,weilsieimVergleichzulangfristigenAnpassungs-
strategienrelativwenigAufwanderfordern.dieMenschenwis-
sen nicht, ob undwann die Überschwemmungen unddürren
wiederkehrenundobdasneueKlimadauerhaftbleibtodersich
weiter verändert. Entsprechend entscheiden sie sich für das
kostengünstigereProvisorium,stattderaufwendigerenAnpas-
sung.Während fürdieBewältigungderdürreperiodenvoral-
lemreaktiv-kurzfristigeStrategiengenanntwurden,spielendie
zukunftsorientiertenBewältigungsstrategienimLebenmitden
FluteneinewichtigeRolle:
• „WennichdiedickenWolkensehe,tueichallunserenBe-
sitz,Steuerabrechnung,Heiratsurkunde,Taufbrief,Konfir-
fall studIe west t Imor, IndonesIen
CARE 37
„wenn ICh dIe dICKen wolKen sehe, tue ICh all unseren besItZ Ins daCh”
mationsurkunde,SchulzeugnisseundKleidunginsdach.”
• AnhebenderKoch- und Schlafstelle sowiedesBereiches
fürdasVieh;
• Sauberkeitwahren,umAnsteckungsgefahrzuminimieren;
• Kayuular(Schlangenholz,lat.:Strychnoslucida)fürMala-
riaausbruchvorrätighaben(wird inWassergekocht,Sud
getrunken);
• Bereitstellen von Feuerholz, Trinkwasser in verschließ-
barenBehältern,Putzwasser,PetroleumfürLampen;
• GemüseinGartenteilepflanzen,dienichtüberschwemmt
werden;
• ViehinhöhergelegeneLagen(zuVerwandten)bringen.
d. langfristige Strategien der Anpassung
dadie langfristigenStrategienderAnpassungan (stattnurBe-
wältigung von) Folgen des Klimawandels aufwendiger sind,
hängtesvonvielemab,obdieMenschensieergreifenkönnen:
Einkommenssituation,sozialeVernetztheit,Zugangzuanderem
Land,nötigesWissen,aberauchpersönlicheEntscheidungs-und
Innovationsfreudigkeit. InWortenderVerwundbarkeitsperspek-
tive(vgl.AbschnittIV.3):vomzurVerfügungstehendenfinanziel-
len,sozialen,physischenHuman-undnatürlichemKapital.
diehäufigstelangfristigeAnpassungsstrategieinToinekeistein
WandelindenAnbaupflanzenundzeiten.Stattdemtraditionel-
len Maisanbau wird zunehmend nassreis angebaut. Während
derMaiszwarimWasserderÜberschwemmungengutwächst,
fälltdieErntegeringaus.dagegengediehdasSaatgutfürnass-
reis(paddygorah)imvergangenenJahrgut.Entsprechendden-
keneinigeüberTerrassen-undBewässerungssystemenach.
MaiswirdweiterhinaufhöhergelegenemLandangebaut.Auch
grüneBohnensindfürdieLebensmittelsicherungzentral.Inder
Regenzeitangebaut,wurdendiePflanzenindenvergangenen
JahrenindenüberflutetenGebietenentwederertränkt,vonSe-
dimentenzerstörtoderversalzen.Umdemvorzubeugen,bauen
Zunehmend bauen die dorfbewohner nassreis an, denn dieser gedeiht im stehenden wasser besser als mais
während der trockenzeit liegen die so genutzten gärten jedoch brach
© anna-Katharina hornidge © Care Indonesien
38 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
diedorfbewohnerzuBeginnderRegenzeitsowiewährendder
Regenzeit in gering überschwemmten Bereichen eine schnell
wachsende Bohnenart an, um sie noch vor der ersten Flut zu
erntenundsievorSedimentenzuschützen.
In der Gemüseproduktion berichteten Bäuerinnen von einer
diversifizierungimArtenanbau.HochwachsendeObstvarianten,
wieBananen,KokosnüsseundZuckerrohr,habenanBedeutung
gewonnen.daGemüsedenÜberschwemmungennichtstandhält,
bauenesinderRegenzeitnurBauernmithöhergelegenemLand
an;inderTrockenzeitbauenesdiejenigenmitZugangzugutem
Wasseran.UmdasRisikoderTrockenheitabzufangen,wirdeine
größereBandbreiteverschiedenerArtenangepflanzt.
dieMenschenhabenauchbeideninHeimarbeitproduzierten
WarenihreProduktpaletteerweitert;insbesondereinBezugauf
Produkte,dieausRessourcengewonnenwerden,die vonden
Fluten nicht beeinträchtigt werden (z. B. Kokosnussöl, Kokos-
nusssetzlinge,Kokosnusslampenschirme).
Schließlich haben Teile der dorfbevölkerung begonnen, sich
fall studIe west t Imor, IndonesIen
In heimarbeit produzieren die einwohner toinekes unter anderem lampen-schirme und behälter aus Kokosnussschalen oder blättern der putak-palme
FAllbeiSpiel: ibu yAnSe lAKAbu
inihremHausentlangder„jalanair“,einerderWassertrassen,
die sich die jährlichenÜberschwemmungen gebahnt haben.
Sieplant,ihrenGartengegenBezahlungterrassierenzulassen
unddasanihremHausvorbeifließendeWasserfürdenAnbau
vonnassreiszunutzen.
IhrerAnsichtnachsinddieVeränderungenindernaturvon
Gottgesandtundes istnunAufgabederdorfbevölkerung,
adäquat darauf zu reagieren. durch die Terrassierung des
dorfes könnten die gottgesandten Überschwemmungen
auchdasvomBupatiformulierteZielunterstützen,nassreis
zuproduzieren.
ImUmgangmitdendürrezeitenundÜberschwemmungenistfür
IbuYanseausschlaggebend,dasssiehandlungsfähigbleibt.Als
Erstesgiltes,dienahrungfürMenschundTierzusichern.Eine
zentraleRollespieltfürsieWissen:„Ichhabevieledinge,dieich
verkaufenkann,dochwennichdiePreisenichtkenne,werdeich
vondenJavanernoderMenschenausFloresübersOhrgehauen.“
IhrerAnsichtnachisthandlungs-undlösungsorientiertesWissen
sehr viel ausschlaggebender im erfolgreichen Anpassen und
LebenmitdenverändertenBedingungen,alsfinanzielleMittel
(z.B.zumAnhebenderHäuser)oderpersönlichenetzwerke(z.B.
fürhöhergelegenesLand).
IbuYanseLakabu(62)gehört
als Tochter eines evangeli-
schen Pfarrers, Witwe des
ehemaligen dorfpolizisten,
pensionierte Lehrerin und
Mutter der heutigen Lehre-
rinderdorfschulezurbesser
gestellten Einkommens- und
Bildungsschicht von Toineke.
Gemeinsam mit ihrer Tochter
undihrenzweiEnkelnlebtsie
© anna-Katharina hornidge
© anna-Katharina hornidge
CARE 39
zusätzlich zur Subsistenzlandwirtschaft als Schreiner, Motor-
radtaxifahreroderKioskbetreibereinzweitesStandbeinaufzu-
bauen.dies zeigt,dassdie lokaleBevölkerungdieFolgendes
Klimawandelsteilweisesodeutlichwahrnimmt,dassihnenihre
AbhängigkeitvonderLandwirtschaftzuriskanterscheint.
dieser Zuverdienst zur landwirtschaftlichen Subsistenzproduk-
tion durch Kleinhandel undHeimindustrie ist zwar nicht neu.
dochdeutetdiewachsendeBedeutungdieserEinkommensquel-
lendenhäufigprognostiziertenExodusausderLandwirtschaft
an.dieserbeginnttypischerweisemitderEntwicklungalterna-
tiverEinkommenszweigeinderländlichenGegend(vorersteine
Strategie, um die sofortige Abwanderung zu vermeiden) und
endetmitmassiverLand-Stadt-MigrationjungerMenschenindie
MetropolenihrerLänder.
ImGegensatz zum Länderbeispiel Tansania scheint in Toineke
diediversifizierungvonAnbaupflanzen,AnbauzeitenundEin-
kommensquellen bedeutender zu sein als die Spezialisierung
auf wenige, ertragreiche aber auch riskantere Einkommens-
quellen. Zusätzlichkonntenvornehmlichdreiweitere langfris-
tige Anpassungsstrategien beobachtet werden: 1. Umzug von
Mensch,ViehundAnbaufläche;2.AnhebendesHausesund3.
SchutzderAnbauflächedurchUmzäunung.Voraussetzung für
denUmzugvonMensch,ViehundAnbauflächeistderZugang
zuhöhergelegenemLandimdorf.diemeistendorfbewohner
haben jedochkeineMöglichkeit, anhöhergelegenesBauland
zukommenundkonzentrierensichaufdieSicherunghöherge-
legener landwirtschaftlicher nutzflächen oder bitten Besitzer,
ihrLandfürsiebewirtschaftenzudürfenundsichdieErntezu
teilen.dabeihängtderErfolgvomsozialenKapitalwieFamili-
enzugehörigkeitundpersönlichenetzwerkeab.ZumAnheben
derHäuserwurdenbisher, jenachEinkommenssituation, lokale
Baumaterialien(Holzstelzen)oderselbstgefertigteZementsteine
gewählt.dieUmzäunungderAnbauflächesolldenGemüsegar-
tengegenWassermassen,SedimenteundmitgespülteHolzrück-
ständeschützen.
neben diesen positiven Formen der langfristigen Anpassungdie umzäunung der anbaufläche schützt pak martinus’ gemüse-garten gegen wasser, sedimente und mitgespülte holzrückstände
der sicherste schutz vor Überschwemmungen ist ein haus aus stein und Zement, wie dieses von pak alexander und Ibu Johanna. den bau können allerdings nur besser verdienende einwohner finanzieren
das anheben der häuser schützt vor wasser. obwohl hierfür lokale baumaterialien genutzt werden, können sich die ärmeren dorfbewohner dies nicht leisten
© anna-Katharina hornidge
© anna-Katharina hornidge
© anna-Katharina hornidge
40 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
gibt es auch Formen negativer Anpassung, der Maladaption
(siehe Teil IV.2). Ein Beispiel ist das erwähnte „Salzkochen“
wofürgroßeMengenanFeuerholzbenötigtwerden.Paknoh
Hun(45)berichtet,wieseineFamilietraditionellnebenderSalz-
produktion Subsistenzlandwirtschaft betreibt. Aufgrund der
Überschwemmungenjedochseidiesesoerschwert,dasssiezu-
nehmendvonSalzproduktionleben.IndemderWaldumdasdorf
herumalsFeuerholzgenutztwird,entstehennichtnurzusätz-
licheCO2-Emissionen,sonderndaslokaleÖkosystemwirdweiter
belastetunddasdorfistwenigervorErosionengeschützt.Eine
weitere fatalenegativanpassung ist es, Kinder ausder Schule
zunehmen,ummitdemerspartenSchulgeldnahrungsmittelzu
kaufen.damitwirddie langfristigeBefähigungderKinderge-
schmälert,sichdenzukünftigenHerausforderungenzustellen;
wobeidochgeradeWissenundinnovativesdenkenzurBewälti-
gungvonKlimawandelfolgenund-unsicherheitzentralsind.
FAllbeiSpiel: pAK yAnDri A. neno unD ibu AntoniA miSA
Sicherheit.AmkommendenMorgentrugersiedreiKilometer
weitbiszuhöhergelegenemLand.Ernannteseineneugebore-
neTochterAitiMena,wasaufUabMetosovielheißtwie„wer
wirdsietragen?“. IhrHauswurdevonderFlutwellezerstört;
Kuh,Kalb,HühnerundZiegenertrankenoderstarbenanFolge-
beschwerden.damalswandtesichPakYandrierfolgreichan
den damaligen dorfvorsteher, um oberhalb des dorfes, auf
einem ehemals seinem Vater gehörenden Land, ein neues
Hauszubauen.HeutegehörenihmeinViertelHektarLandum
seinneuesHausherum(nutzgarten),einHektaramHügelfür
MaisundeinViertelHektarLandimBereichdesehemaligen
Hauses.HiermöchteerabderkommendenRegenzeitnassreis
anpflanzen. Über soziales Kapital in Form von Beziehungen
undfamiliäreBesitzverhältnissegelangesihm,langfristigdas
EinkommenseinerFamiliezusichern.
Für Pak Yandri stellt die Suche nach Geldeinkommen für
SchulgebühreneinregelmäßigesProblemdar.diefürsolche
ZweckegedachtestaatlicheUnterstützung„ProgramKeluarga
Harapan“erhälterohneersichtlichenGrundnicht(114der680
HaushalteerhaltendieihnenzustehendenRp.200.000,00pro
KindundJahresquartal).FolglichverkaufenerundIbuMiaKas-
savaWurzelnundBlätteraufdemWochenmarkt,PakYandri
arbeitetalsFeldarbeiterundSchreiner.derWegzugausdem
dorfzentrum jedoch erschwert die Jobsuche. Immer wieder
musser sichbeimöglichenAuftraggebernvorstellen; früher
hatmansichohnehintäglichgesehen.
PakYandriA.neno(47,Gym-
nasialabschluss), IbuAntonia
Misa(43)undihrevierKinder
wurden am Abend des 16.
Mai2000,dreiTagenachder
Geburt ihres vierten Kindes,
in ihrem Haus von der Flut-
welle überrascht. Innerhalb
weniger Minuten stieg das
WasserbisBrusthöhean.Pak
YandribrachteFrauundneu-
geborenes auf einem zwei
Meter hohen dachbalken in
fall studIe west t Imor, IndonesIen
„salz kochen“ ist ein beispiel der negativanpassung. große mengen an feuerholz werden benötigt und führen zu massivem baumschlag, Co
2-freigabe und steigender erosionsgefahr
© anna-Katharina hornidge
© anna-Katharina hornidge
CARE 41
Vi.5 toineKe: ein beiSpiel Für DAS leben in Armut unter beDingungen Von KlimAwAnDel
dieMenschen in Toineke lebenderzeit unter sich stetigwan-
delnden klimatischen Bedingungen und mit sehr unmittelbar
spürbaren Folgen für ihre Existenzgrundlage, die Landwirt-
schaft.IhrUmgangdamitverdeutlichteineReihederangespro-
chenenZusammenhängevonArmutundKlimawandel.
Wie invielenanderenLändernsinddieSubsistenzbauernvon
Toineke extrem naturabhängig. Klimawandel bedeutet für sie
neben den konkreten Schäden durch Fluten und dürren eine
zunehmendeklimatischeUnsicherheit.daunsicher ist,worauf
siewieambestenreagierensollten,aberauchdaihnendafür
schlichtwegdieMittelfehlen,werdensiegegenüberdenFolgen
von Klimawandel immer verwundbarer. nur teilweise gelingt
es ihnen,denVeränderungenetwasentgegenzusetzen:kleine
Innovationen (etwa die Schutzzäune um ihre Felder), die Ver-
minderung ihres Risikos durch mehr bzw. andere Feldfrüchte
usw.
UmhandlungsfähigzubleibenunddievomKlimawandelher-
vorgerufeneUnsicherheitzubewältigen,sindverschiedeneFor-
menvonWissenausschlaggebend.EinerseitsistlokalesWissen
in Form althergebrachter Strategien für Zeiten der Knappheit
wichtig(z.B.Putak-PalmezurErnährungnutzen).Andererseits
sind lokale Innovationen (z. B. Schutz der Gärten durch hohe
Zäune;AnhebenderHäuserauf Stelzen)undexternesWissen
(z.B.neuentwickeltesSaatgut)wichtig.Hinzukommteingrund-
sätzliches Anpassungswissen oder -bewusstsein darum, dass
sich die Lebensbedingungen weitreichender und längerfristig
ändern,alsdieMenschendasbisherkennen.dasfehlendeBe-
wusstseinumdenKlimawandelalsglobalenProzessverzögert
und erschwert die Entwicklung lokaler Anpassungsstrategien.
MankonzentriertseineknappenRessourcenaufkurzfristigeBe-
wältigungsstrategienundProvisorien.
diese verschiedenen Formen von Wissen kommen im alltäg-
lichenUmgangmitdenKlimawandelfolgenmehroderweniger
erfolgreichzusammen.Siebereichernsichgegenseitigundbe-
fähigen die Menschen, Bewältigungs- und Anpassungsstrate-
gienzuentwickeln.damitpasstsichdas lokaleWissenandie
Anforderungen der Klimawandelfolgen an. Ausschlaggebend
hierfür ist,wieflexibelund innovativdieMenschenüber ihre
Situation nachdenken. die präsentierten Fallstudien machen
deutlich,dassdies starkmitder formalenBildungzusammen-
hängt,diedieMenschenerfahrenhaben:dieMehrzahlderer,
die neue Strategien und Techniken entwickelt haben, hatten
eineweiterführendeSchulebesucht. InsofernsollteArmutsbe-
kämpfungdenMenschendieBildungermöglichen,mitdersie
ihrbereitsvorhandenesundneuesWissensowieihreVerände-
rungsbereitschaftinStrategienumsetzenkönnen.
Wie gut Menschen auf Klimawandelfolgen reagieren können,
hängtdavonab,wiegutesihnenohnehinschongeht.Sover-
stärktKlimawandelArmutsgefälleundführtzuneuenUngleich-
heiten,innerhalbvondorfgemeinschaftenebensowiezwischen
dörfern,RegionenundLändern.dieohnehinschonbesserge-
stelltenFamilienkönnenihrKapital–soziales,finanzielles(siehe
AbschnittIV.3)–denverändertenBedingungenofterfolgreich
entgegensetzenunddieseteilweisesogarpositivnutzen.Ande-
re,etwaIbuYanseTonsowiePakAugustinusundIbunaema),
verlieren ihrebereits sehrdünneExistenzgrundlage.Hier füh-
ren Klimawandelfolgen zu einer massiven Überbelastung der
Lebenssicherungs-undBewältigungskapazitäten.
dIe pflanZen wurden In den Vergangenen Jahren entweder ertränKt, Von sedImenten Zerstört oder VersalZen
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diefolgendenachtEmpfehlungenbeziehensichvorrangigauf
dieArbeitvonOrganisationenwieCAREInternational,undzwar
voralleminlokalenMaßnahmenundProjekten,dieunmittelbar
inZusammenarbeitmitderärmerenBevölkerungdurchgeführt
werden. Trotzdem sind damit auch verschiedene Folgerungen
fürdienationaleoderinternationaleEbeneverbunden.
1. Community-basierte Anpassung. Armutsbekämpfung soll-
te die Anpassung an neue Lebens- undWirtschaftsbedin-
gungenfördern.SiesolltediesnichtnurauflokalerEbene
undmitBeteiligungderlokalenBevölkerungtun,sondern
vorallemaufBasisbestehenderlokalerBewältigungs-und
Anpassungsstrategien. diese können, müssen aber nicht
zwangsläufig gute Ausgangspunkte für die lokalen Maß-
nahmenund„vonselbstgewachsene“bewährtePraktiken
(Best Practices) für andere Organisationen und Projekte
darstellen.
2. Förderung lokalenWissens. LokalesWissenüberökologi-
sche Zusammenhänge und Ausweichoptionen sollte ge-
sammelt, aber auch aktualisiert werden. Es muss neues
WissensüberAnpassungsoptionenvorOrtaufgebautwer-
den.Wichtig ist auch, ein Bewusstsein dafür zu schaffen,
dass die heutigenWetterveränderungen Teil eines globa-
lenProzessessind,deranhaltenwird.dorfgemeinschaften
wiedievonToinekemüssendarinunterstütztwerden, ihr
Wissen zuüberprüfen, ob es ihnennochhilft, die Folgen
von Klimawandel zu handhaben. Auch Erfahrungen von
anderen Regionen im Umgang mit Überschwemmungen
oder Trockenheiten müssen zugänglich gemacht werden.
dieVerbindungvon lokalemmit„globalem“Wissen,z.B.
aus der Klimaforschung, muss erleichtert werden. diese
AktualisierungdeslokalenKlimamanagementwissensmuss
anhaltendsein,weilmiteinerStabilisierungdesKlimasvor-
erstnichtgerechnetwerdenkann.
3. Kritische Analyse bestehender Praktiken. Existierende
Bewältigungs- und Anpassungsformen mögen sich zwar
durchgesetzthaben,undesistzuvermuten,dasssieimIn-
teressezumindestmancherGruppensind.Obsieaberden
obenaufgeführten fünfKriterien–Wirksamkeit,Flexibili-
tät, Fairness, Effizienz und nachhaltigkeit – entsprechen
(gerademitBlickaufdieÄrmsten),istjeweilserstnochzu
prüfen. Beispielsweise kann eine Anpassungsweise zwar
erfolgreich und außerdem „von unten gewachsen“ sein.
Zugleich kann sie jedoch Ungleichheiten verschärfen und
damitauchabsoluteArmuterhöhen.Siemaggesellschaft-
lichverankert,abermöglicherweisebeimächtigerenGrup-
penundzumnachteilvonFrauenoderRandgruppensein.
4. BewusstseinfürnochnichtakuteKlimawandelfolgenschaf-
fen. Schließlich sollten Anpassungsprozesse begünstigt
werden, auch wenn sie noch nicht dringlich erscheinen.
KlimawandeläußertsichnichtimmerindramatischenFor-
men,sondernauchschleichend.Hierfürmussvorallemdas
Bewusstsein geschaffenwerden.MancheKlimawandelfol-
gen sinddenMenschen jetzt schonbewusst.Andere sind
noch nicht bekannt oder werden angesichts – zumindest
vordergründig–dringendererAnliegenzurückgestellt.
empfehlungen
Vii. empfehlungen: Armutsbekämpfung in Zeiten des Klimawandels
CARE 43
5. Anerkennung der Ungewissheiten. Projektionen von Kli-
mawandelverläufenund-folgensuggerieren,dasssichAr-
mutsbekämpfung auf konkrete Wetterentwicklungen ein-
stellenkönnte.dajedochdieModelleunsichersindundder
KlimawandelverlaufauchvomweiterenmenschlichenHan-
delnabhängigist, isthierVorsichtnötig.Maßnahmender
Armutsbekämpfungklimasicherzumachen,darfnichthei-
ßen,sieaufeinenerwartetenVerlaufauszurichten.Zumei-
nenistnichtklar,wieMenschenaufMaßnahmenreagieren
undobdieseselbstbeiEintretendeserwartetenVerlaufs
wirksamsind.ZumanderenkönnenandereKlimaentwick-
lungen eintreten. Armutsbekämpfung ist erst klimasicher,
wenn sieunter verschiedenen SzenarienpositiveWirkun-
genhat(no-Regret-Kriterium).
6. dringlichkeit der Anpassung an Klimawandelfolgen klug
handhaben.derenormedruck,MittelzurAnpassungeinzu-
setzen,darfnichtdazuführen,dassüberdielokaleBevölke-
rung(undderenWissenundderzeitigeAnpassungspraxis)
hinweg gehandelt wird. Auch darf er nicht dazu führen,
dass zu leichtfertigbestimmteSzenarien zugrundegelegt
werden,umschnellundmitscheinbarerSicherheithandeln
zukönnen.dasbedeutetnicht,diedringlichkeitvonKlima-
wandel zu unterschätzen. Im Gegenteil: es bedeutet, die
tatsächlicheWirksamkeitundnachhaltigkeitvonMaßnah-
menzugewährleisten.
7. Armutsbekämpfung als Erhaltung grundlegender Hand-
lungsfähigkeit.UmrealistischzuseinunddieKräftebündeln
zukönnen,solltesichArmutsbekämpfungaufdieÄrmsten
konzentrieren und deren grundlegende Handlungsfähig-
keit erhalten. die Widerstandsfähigkeit der Menschen
solltenichtnurrisikospezifisch,sondernvorallemgenerell
gestärktwerden.Esistzubefürchten,dassKlimawandelin
Zukunft immer schnellere Reaktionen bei den Menschen
auslösen wird. Besonderes Augenmerk sollte daher auf
kurzsichtige „Schlechtanpassung“ (maladaptation) gelegt
werden.Auch istdieHandlungsfähigkeitderRegierungen
zu erhalten, um Klimawandel und Armut zu bewältigen.
daher muss verhindert werden, dass die wirtschaftlichen
FolgenvonKlimawandeldiestaatlichenMittelfürArmuts-
bekämpfungweiterschrumpfenlassen.ZuZeiteneinerglo-
balenWirtschafts-undFinanzkrisekannEntwicklungshilfe
dabeivorübergehendaushelfen.
armutsbeKämpfung sollte dIe anpassung an neue lebens- und wIrtsChaftsbedIngungen fördern
© Care
bei der anpassung an den Klimawandel spielt lokales wissen eine entscheidende rolle
44 CARE – WARTEn,BISdASWASSERKOMMT?
8. BreiteundtiefgehendeAnalysevonKlimawandelfolgenund
Maßnahmen. Wie die Fallbeispiele gezeigt haben, haben
KlimawandelfolgenundAnpassungsmaßnahmenoftuner-
warteteFolgewirkungen.MancheeinschlägigeAnpassungs-
empfehlungen wie etwa die Einkommensdiversifizierung
habensichimnachhineinalsteilweisekontraproduktiver-
wiesen.Armutsbekämpfungsolltegenugdarininvestieren,
umdiekomplexenFolgewirkungenabzuschätzen.Siesoll-
tenochmalsmehraufWissenüberdie speziellen lokalen
BedingungenundökologischenundsozialenWirkungszu-
sammenhängebasieren.UmdieWirkungszusammenhänge
möglichstvollständig,wennvielleichtauchnichtpräzisezu
erfassen,istdieGanzheitlichkeitderAnalysenzentral.
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Redaktion:SandraBulling
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Druck:MoekerMerkur
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level riseaffecting theVietnameseMekongdelta:waterelevationinthefloodseasonandimplicationsforriceproduction.”In:ClimaticChange66,pp.89–107.WBGU (2006):dieZukunftderMeere–zuwarm,zuhoch,zusauer.SondergutachtendesWissenschaftlichenBeiratsderBundesregierungGlobaleUmweltveränderungen,Berlin,Heidelberg:Springer-Verlaghttp://www.wbgu.de/wbgu_sn2006.pdfWBGU (2007): Welt im Wandel – Sicherheitsrisiko Klimawandel.HauptgutachtendesWissenschaftlichenBeiratsderBundesregierungGlobaleUmweltveränderungen,Berlin,Heidelberg:Springer-Verlag.www.wbgu.de/wbgu_jg2007.htmlWeck, Winfried (2007): Indonesien. In: Klimareport International.Konrad-Adenauer-Stiftung,Berlin,pp.63–65.Weller, Gunter (2007):SummaryandSynthesisoftheArcticClimateImpact Assessment. www.acia.uaf.edu/PdFs/ACIA_Science_Chapters_Final/ACIA_Ch18_Final.pdfWMO (2006): World Meteorological Organization: SummaryStatementonTropicalCyclonesandClimateChange,www.wmo.int/pages/prog/arep/press_releases/2006/pdf/iwtc_summary.pdfWood, Martin (1995):EnvironmentalSoilBiology,Glasgow:BlackieAcademic&Professional.
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